Lass mich dein Sklave sein

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Als Sicherheitsexpertin Ellen im Central Park gekidnapped und auf ein geheimes Luxus-Anwesen in New Mexico gebracht wird, hat sie keine Sekunde Angst. Sie weiß: Der aufregende Rudi will sie in seinem Bett haben und verwöhnen! Ellen beschließt, den Verstand auszuschalten …


  • Erscheinungstag 21.09.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733727628
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Sie hatte ihn endlich gefunden. Er saß an der Bar, und seine weißen Zähne blitzten, als er irgendeine Brünette anstrahlte. In dem zu einem Nachtclub umgebauten alten Lagerhaus in dem ehemaligen Viertel der New Yorker Textilindustrie kreisten die Spotlights und tauchten die stark geschminkten Besucher in grelle Farben. Der Mann, auf den sie es heute Nacht abgesehen hatte, war nicht geschminkt. Der Scheich von Qarif. Zumindest war das sein Titel.

Als sie sich langsam und möglichst unauffällig in seine Richtung bewegte, sah Ellen, dass die flackernden Spotlights sein Gesicht erst rosa färbten, dann in ein fahles Grün tauchten, dann blau sprenkelten. Was seine Attraktivität aber nicht beeinträchtigte. Und das wusste er auch.

Er warf leicht den Kopf zurück, lachte und wirkte dabei unübertrefflich. Augen wie schwarzer Samt, gerade weiße Zähne und hohe Wangenknochen. Das Foto wurde ihm bei weitem nicht gerecht.

Zwar war auch darauf deutlich zu erkennen, dass er aussah wie ein Filmstar, aber es zeigte nicht seine enorm erotische Ausstrahlung, die selbst aus dieser Entfernung zu spüren war. Doch auch wenn er der attraktivste Mann war, den sie in den letzten zehn Jahren gesehen hatte, so durfte sie nicht vergessen, dass er nur ihr Observationsobjekt war und sie einen Auftrag zu erfüllen hatte. Was er natürlich nicht merken durfte.

Außerdem kannte sie verwöhnte reiche Playboys. Einige sogar sehr gut. Und so wusste sie mittlerweile, der äußere Schein konnte täuschen.

Davis Lowe, zum Beispiel, war bereits mit einem silbernen Löffel im Mund geboren und hatte immer Erfolg gehabt. Mit seinem Charme und seinem Geld hatte er sie sofort für sich eingenommen, als sie noch sehr jung gewesen war. Sie hatte viele seiner verwöhnten Freunde aus ebenfalls reichem Hause kennengelernt, und ihr war schnell klar geworden, dass die sich alle sehr ähnlich waren. Ob sie nun aus New York oder aus New Delhi kamen, alle erwarteten, dass die ganze Welt sie bewunderte und ihnen jeden Wunsch von den Augen ablas.

Dieser Vertreter seiner Gattung war wenigstens ansehnlich.

Endlich reagierte er auf ihren herausfordernden Blick und sah zu ihr rüber. Ellen lächelte kurz, wandte sich dann ab und zählte die Sekunden.

Eins … Sie fand einen leeren Barhocker neben ihm, setzte sich und bestellte einen Gin Tonic. Sieben, acht, neun … Musste sie ihm etwa noch einen Blick zuwerfen? Schöne Männer brauchten manchmal etwas länger, bis sie begriffen. Ellen warf das Haar zurück. Lang, glatt und goldblond, war es eine ihrer wirksamsten Waffen.

„Hallo.“

Bingo. Sie hatte ihn am Haken. Genau vierzehn Sekunden hatte sie gebraucht. Sie hatte es schon mal schneller geschafft, aber immerhin. Wenn es mit dem Augenkontakt nicht klappte, dann meistens mit dem Haar.

Sie drehte sich um und unterzog ihren Scheich einer genaueren Musterung. Aus der Nähe merkte sie, dass sein strahlendes Lächeln vielleicht sogar ihr gefährlich werden könnte. Sie hob abschätzend eine Augenbraue, um sich ganz cool zu geben, aber die Wirkung verpuffte, weil sie sich wegen der lauten Musik zu ihm neigen und fast schreien musste, um sich verständlich zu machen.

„Nur hallo?“, meinte sie. „Mehr haben Sie nicht zu bieten? Was für ein Flirt soll das werden?“

Er schüttelte lächelnd den Kopf. „Gar keiner, nur ein Hallo. Aber sicher sind eine Menge Männer hier gern zu mehr bereit.“

Er sprach ein tadelloses Englisch, wenn auch mit einem leichten Südstaaten-Akzent, und trug ein offenes, kurzärmeliges Navy-Hemd über einem weißen T-Shirt. So eng wie das T-Shirt um seinen schlanken, aber durchaus muskulösen Oberkörper lag, musste es eine Nummer zu klein sein. Eine Kakihose rundete sein Outfit ab. Alles in allem nicht gerade das, was man von dem Spross einer Königsfamilie erwarten würde, aber es sah gut an ihm aus. Sehr gut sogar. War das wirklich der Mann, den sie suchte?

Ellen musterte aufmerksam sein Gesicht noch einmal und verglich es in Gedanken mit dem Foto. Ja, das war er zweifellos.

Sie hob lässig eine Schulter. Bei diesem Mann, der gewohnt war, dass alle Frauen ihn anhimmelten, kam sie sicher weiter, wenn sie sich kühl und überlegen gab.

„Kein Interesse“, erwiderte sie. Sie nahm den Drink an, den der Barkeeper ihr reichte, und nippte daran, ohne bei dem bitteren Geschmack das Gesicht zu verziehen. Sie mochte lieber Fruchtcocktails, aber zu einer coolen Frau passten keine Getränke mit bunten Papierschirmchen.

Er grinste und strich sein tiefschwarzes Haar zurück. „Das ist mir nur recht, denn ich habe keine Ahnung, was ich jetzt Tolles sagen soll.“

Ellen war beeindruckt von seiner Offenheit, sagte sich aber schnell, dass das bestimmt nur eine Masche von ihm war. Ein Mann mit blauem Blut in den Adern konnte unmöglich so natürlich sein.

„Haben Sie irgendwelche Vorschläge?“ Er stützte sich leicht auf den Tresen und beugte sich etwas vor. Sein Lächeln wurde herzlicher.

„Ich heiße Ellen.“ Sie reichte ihm die Hand. Schließlich durfte sie ihn nicht vom Haken lassen, bis sie ihn an Land gezogen hatte.

„Sie wollen meinen Namen wissen? Na gut.“ Er nahm ihre Hand und drückte sie leicht. „Nennen Sie mich Rudi.“

Rudy? Eilig ging sie in Gedanken die Namen durch, die man ihr genannt hatte. Mindestens unter sechs war dieser Mann, den sie sich schnappen sollte, bekannt. Darunter war auch Rashid, aber das hörte sich ganz anders an als Rudy. Die übrigen hatten noch weniger Ähnlichkeit.

„Rudi mit i“, sagte er. „Ich finde, das sieht geschrieben irgendwie besser aus.“

Sie erwiderte seinen Händedruck. „Sehr erfreut, Sie kennenzulernen, Rudi mit i.“

Es war ihr vollkommen egal, wie er sich nannte, wenn es sie auch ein wenig verwunderte. Warum benutzte er nicht seinen richtigen Namen? War er doch mehr auf seine Sicherheit bedacht, als sie vermutete? Sie konnte sich gerade noch davon abhalten, sich suchend nach seinen Bodyguards umzuschauen. Denn schließlich wusste sie, wo die sich aufhielten. Sie hatte sie ja selbst dorthin geschickt.

„Also …“ Er blickte auf ihre Hand, die er immer noch umfasst hielt, und bei dem Lächeln, das in dem Moment in seinen Augen aufblitzte, wurde ihr plötzlich heiß bis in die Zehen. „Da wir die Formalitäten nun erledigt haben, könnten wir doch …“ Er ließ den Satz unbeendet, zog ihre Hand an die Lippen und küsste ihren Handrücken.

Es war ein Kuss, bei dem es ihr wie Feuer über die Haut lief und der ein Begehren in ihr weckte, das sie längst begraben glaubte.

Könnten wir doch … was? Prickelnde Neugier entfachte dieses schlummernde Begehren noch weiter. So etwas war ihr seit Jahren nicht mehr passiert.

„Tanzen“, sagte Rudi.

„Tanzen?“ War das alles, was er tun wollte?

Sie fühlte sich benommen und war gleichzeitig wie elektrisiert. Ohne sich zu sträuben, ließ sie sich von ihm auf die Tanzfläche führen. Rudi legte sanft, aber bestimmt die Arme um sie. Die Band spielte einen schnellen südamerikanischen Titel, und die Spotlights flackerten entsprechend dem furiosen Rhythmus der Musik noch hektischer als vorher. Er hatte sie dicht an sich gezogen und bewegte sich mit ihr in einem Stil, der eine Mischung aus Tango, Salsa und Sex in bekleidetem Zustand war.

Den Sex bildete sie sich vielleicht auch nur ein.

Nüchtern betrachtet sah dieser Tanz kaum anders aus als andere, die Ellen schon x-mal in ihrem Leben getanzt hatte. Er hatte die Hände leicht um ihre Taille gelegt, ihre Hände lagen auf seinen Schultern. Er und sie bewegten sich nach der Musik, soweit die Enge des Raums das erlaubte. Aber jedes Mal, wenn Rudi mit den Hüften ihre berührte, wurde ihr noch ein paar Grade heißer.

Selbstvergessen fuhr sie mit den Händen über seine Schultern, die sehr gerade und breit waren. Er war schlank und stark zugleich, schön und edel wie die Rassepferde, die man dort, wo er herkam, züchtete.

Plötzlich lachte er – es war ein wohlklingendes, anziehendes Lachen –, und ihr fiel nun auf, dass ihre Hände tiefer gerutscht waren und mittlerweile über seine breite Brust strichen. Lachend streifte er schnell das offene Hemd ab, so dass seine Figur in dem engen T-Shirt noch besser zur Geltung kam. Und sie musste zugeben, dass er wirklich sehr gut gebaut war.

Er behielt einen Hemdzipfel in der Hand, legte ihr den anderen von hinten um die Taille und zog sie dann an beiden Hemdzipfeln wie mit einem Seil zu sich, bis sie Hüfte an Hüfte standen, und wiegte sich lässig hin und her. Seine Augen funkelten.

„Machen Sie mit!“ Er musste fast schreien, um die dröhnende Musik zu übertönen. „Wissen Sie nicht, wie man Rumba tanzt?“

Ellen versuchte, ihn von sich zu schieben. „Für mich hört sich das nicht nach einer Rumba an!“

Rudi bewegte sich eine Spur heftiger, so dass er mit den Hüften ganz leicht, aber sehr sinnlich an ihre stieß. „Den Rhythmus haben Sie im Blut. Sie fühlen ihn tief in sich.“

Wieso wurde es hier immer heißer? Oder lag das daran, dass Rudi sie verrückt machte?

Er beugte sich vor. Seine Lippen streiften ihr Ohr. „Überlassen Sie sich einfach Ihren Gefühlen. Lassen sie sie heraus.“

Ohne dass Ellen wusste, wie er das geschafft hatte, lag sein Hemd plötzlich ein paar Zentimeter höher um ihren Körper, und er zog sie langsam näher, so dass ihre Brustspitzen unweigerlich sein T-Shirt berührten.

Sie war vollkommen verwirrt. In einer solchen Situation war sie noch nie gewesen. Ihre Absicht war, ihn anzulocken, bis die Falle zuschnappen konnte. Stattdessen geriet sie nun selbst in Versuchung. Sie wollte ihn berühren, sich mit den Brüsten an ihn pressen. Sie hatte Wünsche, die, solange sie im Dienst war, äußerst unpassend waren. Es war nicht zulässig, dass sie Gefühle für die Zielpersonen entwickelte.

Die Band machte eine Pause, und Ellen stürzte in dem Moment der Stille vor, um Rudi das Hemd aus den Händen zu nehmen. Sie starrte ihn an und fühlte sich atemlos, als habe sie ebenso wie die Band gerade Schwerstarbeit geleistet. Warum? Sie hatte doch gar nichts Anstrengendes getan.

Rudis Lächeln erstarb einen Moment, um dann sofort wiederzukehren. „Kommen Sie, ich bestelle uns was zu trinken.“

Das strahlende Weiß des T-Shirts bildete einen tollen Kontrast zu seiner dunklen Haut. Doch dieser Mann sah nicht nur hinreißend aus, er war auch noch nett. Eine gefährliche Kombination. Sie musste diese Sache umgehend zu Ende bringen, bevor sie sich in etwas verstricken würde, das ihrer Kontrolle entglitt. Für sie beide konnte es nur von Vorteil sein, wenn sie das Ganze schnell durchzog.

„Ich habe eine bessere Idee.“ Sie nahm seine Hand und zog ihn von der Tanzfläche.

„Was haben Sie vor?“

„Warten Sie ab.“ Sie schenkte ihm ihr berühmtes geheimnisvolles Lächeln und warf den Kopf zurück, so dass ihr das lange Haar locker um die Schultern fiel.

Rudi ließ sich von ihr aus dem Nachtclub führen. Er konnte sein Glück gar nicht fassen. Ellen war die schönste Frau, die er je in seinem Leben gesehen hatte, und das wollte wirklich etwas heißen. Aber sie waren nicht so schnell zu beeindrucken gewesen wie Ellen. Nicht von Rudi.

Bei Rashid ibn Saqr ibn Faruq al Mukhtar Qarif war das anders. Da brauchte er nur mit den Fingern zu schnippen, und schon waren alle Frauen willig. Geld und Macht wirkten eben sehr anziehend. Der Mann dahinter war dabei Nebensache.

Aber Geld und Macht waren in seinem Fall eine Illusion, vielleicht war auch Rashid nur ein Phantom. Oder Rudi. Manchmal wusste er selbst nicht, wer er war. Aber eins war sicher: Geld und Macht hatte sein Vater, nicht er.

Draußen hielt Ellen ein Taxi an. Als sie einstieg, blickte Rudi hingerissen auf ihre langen schlanken Beine, die im Licht der Straßenlaternen schimmerten. Er stand wie angewurzelt da, bis Ellen sich aus der offenen Wagentür lehnte.

„Wollen Sie nicht einsteigen?“, fragte sie, ein Lächeln auf den rosa Lippen. Ein Lächeln, das ebenso alles wie nichts versprach, so dass er nur noch herausfinden wollte, was sich dahinter verbarg.

Dabei sollte er auf der Hut sein. Auch wenn er einfach verschwunden war, was seine Familie mit Sicherheit in helle Aufregung versetzt hatte, blieben die Bomben in Qarif eine Realität. Und die Terroristen waren auch nicht seiner Fantasie entsprungen. Aber die Terroristen, die die Macht an sich reißen wollten, waren in Qarif. Diese Frau hier war ganz sicher keine Terroristin. Man brauchte sie ja nur anzusehen.

Sie sah aus wie eine Göttin. Das glatte goldblonde Haar fiel ihr über die Schultern, lange dunkle Wimpern beschatteten Augen, deren Farbe eine interessante Mischung aus Grün und ein bisschen Braun war. Sie hatte eine hohe Stirn, eine gerade schmale Nase, ausgeprägte Wangenknochen und volle, sinnliche Lippen. Ja, sie war eine klassische Schönheit.

Im Grunde waren es aber weniger ihr schönes Gesicht und die schlanke Figur, die ihn anzogen. Ein gewisser Übermut lag in ihren Augen, und ihr Lächeln war geheimnisvoll, als spiele sie ein Spiel mit ihm, dessen Regeln er nicht kannte. Sie provozierte ihn und forderte ihn heraus, auf ihr Spiel einzugehen. Und Herausforderungen hatte er noch nie widerstehen können.

Er stieg ein. Ein Ausdruck von Genugtuung erschien auf ihrem Gesicht. Gut, die erste Runde war vielleicht an sie gegangen, aber er würde das Spiel gewinnen.

„Also, Rudi …“, sie lehnte sich in die Polster zurück, „… was machen Sie denn sonst so?“

„Ich grabe Löcher.“ Das zumindest würde er gern tun. Aber seine Familie gab sich alle Mühe, ihn in einem sauberen aufgeräumten Büro zu halten, wo er nicht in der Erde wühlen konnte.

„Tatsächlich?“ Sie hob die Augenbrauen.

Würde sie sich jetzt von ihm zurückziehen, weil sie ihn für einen Bauarbeiter hielt?

„Löcher, so wie für den Lincoln-Tunnel?“, fragte sie. „Oder Löcher wie diese hier?“ Sie wies auf eine Baustelle, wo die Bulldozer gerade ein Fundament aushoben.

„Keines von beidem. Ich bohre Löcher, wie man sie für Brunnen braucht. Oder um Ölquellen zu erschließen.“

Ihr Gesichtsausdruck wechselte, als habe er sie überrascht. Zumindest wollte er es so deuten.

„Sie bohren nach Öl?“ Mit einer eleganten Bewegung legte sie den schlanken Arm auf die Rücklehne.

Er wollte zustimmen, entschied sich dann aber, ihr die Wahrheit zu sagen, um zu sehen, wie sie darauf reagierte. „Wenn ich ehrlich bin, bohre ich lieber nach Wasser. Öl kann man nicht trinken.“

„Aber ein Auto fährt nicht mit Wasser.“

„Noch nicht.“ Er grinste. „Die Wissenschaftler sind noch nicht ganz so weit. Aber ich denke, irgendwann werden sie so weit sein, Wasserstoff als Energie zu nutzen, und dann werden wir den Gartenschlauch benutzen können, um unsere Autos zu betanken.“

Sie sah ihn erneut mit diesem rätselhaften Lächeln an, sagte aber nichts, und er fügte hinzu: „Natürlich kann man mit Öl mehr Geld verdienen, aber …“, er hob kurz die Schultern, „… normalerweise braucht man Wasser sehr viel dringender.“

Ihr Lächeln veränderte sich plötzlich, wurde herzlicher und gleichzeitig ernsthafter. Er wurde aus ihr nicht schlau.

„Sie sind nett, Rudi“, sagte sie, „Sie gefallen mir.“

Rudi war über Ellens Bemerkung so verblüfft, dass er nicht merkte, dass das Taxi anhielt. Erst als Ellen die Tür öffnete, sah er, dass sie vor einem der New Yorker Luxushotels standen. Ellen nahm ihn beim Arm und zog ihn am Portier vorbei in die große marmorne Empfangshalle. Sie führte ihn an der Rezeption vorbei, an schweren Ledersesseln, an dem Eingang zu einer schummerig beleuchteten Bar, bis sie vor dem Fahrstuhl standen. Ohne zu zögern, drückte sie auf den Knopf.

Er hatte zwar nichts dagegen, von Ellen mit auf ihr Zimmer genommen zu werden, um sie „besser kennenzulernen“, aber Tatsache war nun einmal, dass er keine Ahnung hatte, wer sie war. Wahrscheinlich war sie tatsächlich keine Terroristin, aber sicher konnte er sich da nicht sein. Vielleicht war sie eine Diebin, deren Komplize schon in ihrem Zimmer lauerte, um ihm, dem ahnungslosen Rudi, nach einem kräftigen Schlag auf den Kopf alles abzunehmen, was er bei sich trug. Das war allerdings momentan nicht sehr viel.

Vielleicht war sie aber auch das Beste, was ihm bisher in seinem Leben widerfahren war.

Er war gewohnt, dass Frauen seine Nähe suchten, weil sie mit ihm gesehen werden wollten. Meistens zog sein Name sie an, manchmal auch sein Aussehen. Solche Frauen waren leicht zu durchschauen, und meistens hatte er sich auch bereitwillig auf ihr Spiel eingelassen. Sie hatten sich zusammen vergnügt, die Frauen hatten ein bisschen Aufregung gehabt, ein paar Geschenke. Doch alles war so simpel und offensichtlich, dass er in letzter Zeit keine Lust mehr hatte, dieses Spiel mitzuspielen.

Aber diese Frau hier war anders. Sie war eine reizvolle Herausforderung, weil sie ihr Geheimnis für sich behielt. Sie war schwer zu durchschauen, und doch schienen alle Möglichkeiten offen zu stehen.

Vielleicht hätte er mehr davon, wenn er nicht so schnell mit ihr ins Bett ging und sie erst wirklich besser kennenlernte. Was ging in ihrem Kopf vor? Was brachte sie zum Lachen, was zum Weinen? Doch das herauszufinden brauchte Zeit.

„Ellen, lassen Sie uns in die Bar gehen und etwas trinken. Wir könnten uns da in Ruhe unterhalten.“ Er wies mit dem Kopf zum Eingang der Bar, der hinter ihnen lag.

Für einen Moment schien sie überrascht zu sein, dann zeigte sie wieder dieses mysteriöse Lächeln, das ihn allmählich irritierte.

„Warum?“, fragte sie und strich Rudi langsam über den Arm und über die Brust.

„Ich möchte mit Ihnen sprechen.“ Er nahm ihre Hand und küsste die Fingerspitzen.

Ihr Lächeln veränderte sich kaum wahrnehmbar.

„Ich möchte wissen, was für eine Frau hinter diesem Lächeln steckt“, sagte er leise. „Wenn wir aber gleich nach oben gehen, werden wir vielleicht nicht viel zum Reden kommen.“

„Wahrscheinlich nicht. Aber wenn nun gar nicht viel dahinter steckt?“

„Das kann ich mir nicht vorstellen. Man braucht sich nur den Ausdruck Ihrer Augen anzusehen.“

Ihre grünen Augen flackerten kurz auf, als sei sie durch irgendetwas alarmiert. Dann öffnete sie leicht die Lippen, und ein sinnliches Lächeln spielte um ihre Mundwinkel. „Durchs Reden kann man sich auch nur begrenzt kennenlernen.“ Sie nahm seine Hände und zog ihn rückwärts gehend in den Fahrstuhl. „Wir können uns doch später unterhalten.“

„Versprochen?“

Die Fahrstuhltüren schlossen sich. Sie streifte ihn kurz, als sie sich vorbeugte und auf den Knopf drückte. Er erschauerte und legte ihr die Hand auf den Rücken.

„Versprochen“, sagte sie.

Versprochen? Was? Dann fiel es ihm wieder ein.

„Wenn Sie immer noch reden möchten, dann können wir das tun. Später, wenn Sie dann noch wollen.“

Der Fahrstuhl hielt, die Türen öffneten sich. Sie nahm wieder seine Hand. Vor einer der Zimmertüren blieb sie stehen. Sie sah zu ihm hoch, und jetzt lächelte sie wieder herzlich und ernsthaft zugleich. Dann legte sie ihre Hand auf seine Brust, hob sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die Wange. Ihm wurde in sehr angenehmer Weise bedeutend wärmer.

Sie zog die Schlüsselkarte durch, und als es grün aufleuchtete, blickte sie ihn an. „Tut mir leid“, sagte sie leise, „aber es ist nur zu Ihrem Besten.“

Er war aufs Höchste alarmiert. War sie etwa doch eine Terroristin?

Die Tür wurde aufgerissen, und Omar, sein langjähriger Bodyguard, zog ihn schnell ins Zimmer. Frank, der für einen privaten Sicherheitsdienst arbeitete, den seine Familie immer engagierte, wenn er in New York war, stand hinter Omar, und noch ein dritter bulliger Mann, offenbar auch ein Bodyguard.

„Danke, Miss Sheffield“, sagte Frank. „Ich wusste, wenn jemand ihn finden kann, dann Sie.“

Sie lächelte nicht mehr, sondern starrte die drei Männer düster an. „Das wäre nicht nötig gewesen, wenn Ihr Idioten ihn nicht verloren hättet.“

„Sind Sie etwa Bodyguard?“, fragte er fassungslos.

„Nein, Rudi, aber ich bin Sicherheitsberaterin und arbeite auch für ‚Swainson Security‘. Die Bodyguards sind Frank und George.“ Sie wandte sich an die beiden Männer. „Ich hoffe, Ihr lasst ihn jetzt nicht mehr aus den Augen.“

Damit drehte sie sich um und knallte die Tür hinter sich zu.

Die Frau seiner Träume hatte nichts anderes im Sinn gehabt, als ihn im Auftrag seiner Familie ausfindig zu machen und ihn wieder der wenig zuverlässigen Obhut seiner Bodyguards zu übergeben.

Rudi musste lachen. Ellen hatte ihn auf raffinierte Art und Weise überlistet, das musste er ihr lassen. Diese Runde hatte eindeutig sie gewonnen. Aber das Spiel war noch nicht vorbei.

Sie hatte ihm versprochen, dass sie reden würden. Später, wenn er dann noch wolle.

Und er wollte unbedingt. Denn er hatte noch sehr viel mit Miss Ellen Sheffield zu besprechen.

2. KAPITEL

Ellen Sheffield war in allem, was sie tat, perfekt.

Zumindest war sie das gewesen, bevor sie diesen Scheichsohn getroffen hatte. Immer wieder sah sie plötzlich sein Gesicht vor sich, attraktiv wie das eines Filmstars und mit diesem bezwingenden Lächeln, das ihn noch unwiderstehlicher machte. Doch sosehr sie sich auch bemühte, ihn als charakterliches Leichtgewicht abzutun, ein Satz von ihm ging ihr nicht aus dem Kopf: „Öl kann man nicht trinken.“

Ob er sich wohl immer noch mit ihr unterhalten wollte?

Sooft sie sich auch sagte, dass sie an ihm überhaupt nicht interessiert sei, immer wieder musste sie daran denken. Er war der erste Mann seit Jahren, wenn nicht überhaupt in ihrem Leben, der sie als Person hatte kennenlernen wollen und sie nicht nur als Sexobjekt oder Vorzeigefrau betrachtet hatte.

Als kleines Mädchen war sie immer nur die „Schwester der Sheffield-Brüder“ gewesen. Als sie älter wurde und weibliche Rundungen entwickelte, hatten die Freunde ihrer Brüder ihr immer nur auf den Busen gestarrt. Bis es ihren Brüdern zu viel wurde und sie die Kerle verprügelten.

In der High School hatte es deshalb niemand gewagt, sich mit ihr zu verabreden, und später während der Ausbildung auf der Polizeiakademie auch nicht, denn ihr einer Bruder war auch Polizist und hatte eifersüchtig über sie, „die kleine Schwester“, gewacht. So hatte sie keinerlei Erfahrungen machen können und Davis‘ Verführungskünsten nichts entgegenzusetzen gehabt. Davis hatte sie so beeindruckt, dass sie zugestimmt hatte, ihn zu heiraten, noch bevor sie wusste, was für ein Mann er eigentlich war – und was für einen Typ Frau er suchte. Er hatte ein dekoratives Spielzeug haben wollen, mit dem er bei seinen Freunden angeben konnte, nicht eine eigenständige Frau. Ihre Wünsche, Gedanken und Sehnsüchte hatten ihn nicht interessiert, ihre Arbeit war ihm gleichgültig gewesen. Davis hatte von ihr erwartet, dass sie alles hintenan stellte und nach seiner Pfeife tanzte.

Als sie die Verlobung löste, wurde sie von seinen so genannten Freunden belagert, die alle dasselbe wie er suchten: eine Vorzeigefrau. Sie hatte schnell gelernt, wie sie ihre Erscheinung nutzen konnte – als Werkzeug und Waffe gegen Männer. Das war gut für ihre Karriere, erst bei der Polizei, nun bei dem privaten Sicherheitsdienst. Vic Campanello, mit dem sie eng zusammenarbeitete und der momentan ihr Vorgesetzter war, nannte sie seine Geheimwaffe. Deshalb war sie auch darauf angesetzt worden, Prinz Rudi, den Schönen, zu finden – den sie nun endlich aus ihrem Kopf verbannen wollte. Sicher war er an ihr auch nicht mehr interessiert, denn er hatte es schließlich ihr zu verdanken, dass er wieder in seinen goldenen Käfig gesperrt worden war.

Sie stieg aus dem Taxi und knallte die Tür zu. Doch sie hatte Rudi oder Rashid, oder wie auch immer er hieß, nicht betrogen, sie hatte ihm wahrscheinlich das Leben gerettet. Es war viel zu gefährlich für ihn, auf eigene Faust in New York unterwegs zu sein. Er wusste doch genau, dass das Herrscherhaus von Qarif von Terroristen verfolgt wurde. Selbst wenn er an terroristische Drohungen gewöhnt war und nicht daran glaubte, dass auch er persönlich gefährdet sei, bedeutete das nicht, dass für ihn keine Gefahr bestand. Ihre Aufgabe hatte darin bestanden, ihn vor dieser Gefahr zu schützen, und sie hatte keinen Grund, deshalb ein schlechtes Gewissen zu haben.

Auf den Beeten entlang der Straße blühten die Sommerblumen, aber Ellen achtete nicht darauf, als sie jetzt schnell in Richtung Central Park ging. Kurz blickte sie auf die Uhr und beschleunigte dann ihren Schritt.

„Swainson Security“ war beauftragt worden, für den sicheren Ablauf eines Videoclips zu sorgen, der im Central Park gedreht werden sollten. Das sollte irgendwann im nächsten Monat sein, und sie musste sich heute mit dem Produzenten, dem Regisseur, dem Manager der Gruppe und wer sonst noch damit zu tun hatte, treffen, um die genauen Drehorte festzulegen. So etwas war ihr sehr viel lieber, als verwöhnte Wüstensöhne ausfindig zu machen. Obwohl sie zugeben musste, dass es eine Herausforderung gewesen war, Rudi auf die Spur zu kommen. Und sie liebte spannende Herausforderungen.

Campanello hatte ihr heute Morgen erzählt, dass er einen neuen Auftrag für sie habe, um den sie sich unmittelbar nach diesem Treffen im Central Park kümmern sollte. Hoffentlich war das etwas, was sie von ihren Gedanken an diesen Prinz von Qarif ablenken würde.

Ellen zog die Mundwinkel hoch, als der Manager auf sie zukam. Hoffentlich sah das wie ein Lächeln aus. Sie musste sich auf ihren jetzigen Job konzentrieren.

Rudi starrte auf das Blatt Papier, das vor ihm auf dem glänzend polierten Tisch lag, ohne wahrzunehmen, was darauf stand. Es war Mittwoch, der Wochentag, den sie auf dem College in Texas immer heiß ersehnt hatten, denn damit war die Hälfte der Woche endlich geschafft. In seiner jetzigen Situation war vom Wochenende allerdings nichts Spannendes zu erwarten. Die Bodyguards und sein großer Bruder Ibrahim würden schon dafür sorgen, dass er hier festsaß.

Rudi fühlte Ibrahims wachsamen Blick auf sich ruhen und ließ sich nichts anmerken. Er zog die Hand in den Ärmel seiner Djellaba zurück und kratzte sich verstohlen den Oberschenkel. Ibrahim hatte darauf bestanden, dass sie für die heutige Besprechung die traditionellen Gewänder anzogen, um den Gesprächspartnern deutlich zu machen, wer ihnen gegenübersaß. Rudi streckte die Hand wieder vor und griff nach dem Wasserglas.

Er hatte keine Ahnung, warum er bei diesem elenden Treffen anwesend sein musste. Er könnte sowieso nichts dazu sagen, war einfach nur eine Person mehr auf dieser Seite des Tisches. Ibrahims Frau oder eins seiner Kinder, die gerade in New York zu Besuch waren, hätten genauso gut den Stuhl besetzen können. Diese Besprechungen langweilten ihn zu Tode, denn es ging nur um Dollars und Yens und Zahlen. Davon verstand er nichts, und davon wollte er auch nichts verstehen.

Aber wenn man ihm einen Bohrturm gab und ein paar kräftige Männer, um das Ganze aufzubauen, dann war er dabei. Er konnte sogar vorhersagen, ob man Öl, Erdgas oder Wasser finden würde. Aber Gespräche über Geld konnte er nicht ausstehen. Wenn er hier nicht bald herauskam, dann würde er einschlafen. Ibrahim würde ihn umbringen, sollte er sich unterstehen, das zu tun!

Er hatte sich geschworen, nicht mehr an Ellen zu denken. Diesen Schwur hatte er genauso lange gehalten wie den davor – vielleicht eine Stunde. Aber irgendwie musste er sich wach halten, und so fing er an, zu überlegen, wie er sich an ihr rächen könnte. Er dachte dabei an ein einsames Luxuszelt in der Wüste mit dicken weichen Teppichen und vielen Seidenkissen. Er würde sie zwingen, Sachen zu tragen, die so gut wie durchsichtige Sachen waren. Nein, lieber gar nichts.

Autor

Gail Dayton
Mehr erfahren