Liebe, Lügen, Leidenschaft

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Als sexy Brandon Danielson ihr im strömenden Regen bei einer Autopanne seine Hilfe anbietet, ist Hotelerbin Arden wie hypnotisiert. Um die Ehrlichkeit ihres unfassbar gut aussehenden Retters zu testen, verschweigt Arden ihm, wer sie wirklich ist. Und das hat fatale Folgen …


  • Erscheinungstag 26.12.2024
  • ISBN / Artikelnummer 9783751536226
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Arden Wexford schlug mit der flachen Hand auf das Lenkrad, dann drehte sie noch einmal den Zündschlüssel herum.

Nichts. Nicht beim dritten Versuch, beim zehnten und beim neunzehnten ebenso wenig. Schließlich gab sie es auf.

Sie seufzte schwer, stieg aus dem Auto und knallte die Tür hinter sich zu. Dann wagte sie einen Blick unter die Motorhaube, auch wenn sie keinen blassen Schimmer hatte, wonach sie dort überhaupt suchen sollte.

Ihr großes Abenteuer, wie sie dieses Desaster nannte, seit ihr geliebter Beetle liegen geblieben war, entpuppte sich langsam als große Katastrophe.

Immerhin hätte sie längst in Florida sein können – zumindest näher beim Haus ihrer Eltern, wo die Familie oft den Winter verbrachte. Stattdessen war sie hier im Nirgendwo gestrandet. Im Nirgendwo in North Carolina.

Hätte sie doch auf ihre Eltern gehört und den gediegenen, zuverlässigen Mercedes Sedan genommen, den sie ihr vor zwei Jahren zum Collegeabschluss geschenkt hatten.

Doch in diesem kirschroten Käfer zu sitzen fühlte sich jedes Mal an, als würden ihre Brüder sie einmal ganz dick umarmen. Dieses Auto hatte sie immer zum Lächeln gebracht, und vor allem nach der unschönen Geschichte mit Michael-dem-Mistkerl brauchte sie etwas, das ihre Laune hob.

Trotzdem wäre sie jetzt weitergekommen, wenn sie den Alte-Leute-Wagen bevorzugt hätte. Und sie wäre weiter weg von Baltimore, Maryland, und von Männern, die zu ziemlich schmutzigen Tricks griffen, um an ihr Vermögen zu gelangen.

Mit habgierigen Typen war sie fertig, ein für alle Mal.

Sie würde sich in der Winterresidenz ihrer Eltern verschanzen und in Zukunft allen menschlichen Schlangen aus dem Weg gehen – gesetzt den Fall, dass sie es ja aus North Carolina herausschaffte.

Zornig versetzte sie dem Vorderreifen einen Tritt, auch wenn er überhaupt nicht für ihre Misere verantwortlich war. Wenn doch bloß der Motor anspringen würde …

Für einen Augenblick wollte sie sich wieder hinter das Lenkrad klemmen und den Schlüssel zum zwanzigsten Mal herumdrehen, entschied sich aber dann dagegen. Heute würde doch kein Wunder mehr geschehen.

Sie nahm ihre Handtasche aus dem Auto, schloss es ab und suchte nach ihrem Handy.

Kein Empfang.

Ein weiteres lautes Seufzen entrang sich ihrer Brust. Wenn sie sich richtig erinnerte, hatte sie vor Kurzem ein Straßenschild passiert, das den nächstgelegenen Ort ankündigte – Small Briar oder so ähnlich. Das Städtchen sollte in sechs Meilen Entfernung liegen, und sie hatte seither mindestens anderthalb Meilen hinter sich gebracht.

Die restlichen Meilen würde sie also laufen müssen. Dies stellte kein Problem dar, immerhin ging sie regelmäßig joggen. Zum Joggen trug sie allerdings keine niedlichen Sandalen mit hohem Absatz.

Die Sandalen wären perfekt gewesen für den Flug, der ihr ursprünglich vorgeschwebt hatte – hätte ihr Bruder nicht im letzten Augenblick den Privatjet nach Monte Carlo geschickt, um ein Meeting in einem der Wexford Luxury Hotels abzuhalten.

Er hatte ihr angeboten, mitzukommen und sich etwas zu erholen, während er dort arbeitete, aber sie hatte dankend abgelehnt. Ihren Brüdern mochte es nichts ausmachen, in Klatschspalten aufzutauchen und regelmäßig auf Fotos der vermeintlich Reichen und Schönen abgebildet zu sein, doch darauf konnte Arden gut und gerne verzichten. Stattdessen hatte sie sich selbst ins Auto gesetzt.

Und das hatte sie nun davon. Der Highway entrollte sich vor ihr wie ein endloses graues Band, und keines der wenigen Autos, das an ihr vorbeifuhr, drosselte auch nur geringfügig die Geschwindigkeit.

Wurde nicht immer die Freundlichkeit der Südstaatler angepriesen? Allerdings hätte Arden auch keinen Fremden auf dem Highway aufgelesen. Und sie war sich nicht einmal sicher, ob sie selbst zu jemandem ins Auto steigen würde.

Bisher hatte sich der Tag freundlich gezeigt – warm mit einer angenehmen sanften Brise. Dementsprechend war Arden gekleidet: Mit dem leichten T-Shirt und dem farbenfrohen Rock glaubte sie sich gut für den Roadtrip gerüstet.

Das änderte sich jetzt, da sich am Horizont schwarze Wolken bedrohlich zusammenballten. Die Temperatur war während der vergangenen halben Stunde dramatisch gefallen, und sie sehnte sich nach einem warmen Pullover.

Schon lag der Geruch von Regen in der Luft und erinnerte sie an den Wetterbericht, den sie vorhin im Radio gehört hatte: Ein Sturm war erwähnt worden. Allerdings hatte sie die Worte nicht weiter beachtet, weil sie zu diesem Zeitpunkt längst im nächsten Bundesstaat sein wollte.

Arden beschleunigte ihre Schritte. Hoffentlich konnte sie sich zumindest irgendwo unterstellen, sobald der Regen einsetzte. Etwa eine Meile hatte sie bereits hinter sich gebracht. Immer wieder warf sie einen Blick auf das Display ihres Telefons, doch es zeigte keinen Empfang.

Erstaunlich, ihr guter alter Käfer hatte sie also direkt ins Mittelalter geschleudert – irgendwo zwischen Baltimore und Tampa.

Nun, es half alles nichts: Sie musste tapfer weitergehen, bis sich zum wiederholten Mal ein Steinchen in ihre Sandale verirrte und sich schmerzhaft in ihre Fußsohle bohrte.

Kopfschüttelnd blieb sie stehen, streifte den Schuh ab und schüttelte den Stein heraus. Von einem Paar Sandalen, das etwa eintausend Dollar gekostet hatte, konnte sie wohl nicht erwarten, dass es auch noch bequem war. Dafür waren die Schuhe wirklich hübsch anzuschauen.

Sobald sie die Zivilisation erreichte, würde sie ausgiebig ihre geschundenen Fußsohlen massieren, nahm sie sich vor, und versuchte sich zu neuer Kraft anzuspornen.

Sie war nur wenige Schritte gegangen, als sie hörte, wie ein Wagen seine Fahrt verlangsamte. Einige Meter vor ihr kam er zum Stehen. Es handelte sich um einen großen silberfarbenen Pick-up-Truck – ein neueres Modell in gut gepflegtem Zustand.

Gleich darauf wurde die Fahrertür geöffnet, und ein Mann stieg aus. Er war so groß, dass sein Kopf sogar über die Fahrerkabine des riesigen Trucks ragte.

Mit lässigen Schritten ging er um den Pick-up herum. Er trug das Haar zu Dreadlocks gedreht, die mit einem Gummiband zusammengefasst waren und bis auf die Mitte seines Rückens fielen.

Seine Schultern waren so breit, dass sich Arden unwillkürlich fragte, ob der Typ im Flugzeug wohl zwei Sitze benötigte. Und sie waren so breit, dass dadurch seine schmalen Hüften und der flache Bauch besonders gut zur Geltung kamen.

Er sah wirklich gut aus, mit Haut in der Farbe von dunkler Schokolade und einem ausgeprägten, charakterstarken Kinn. Seine Augen leuchteten beinahe schwarz und musterten sie mit einem schnellen, forschenden Blick von Kopf bis Fuß.

Ein Schauer lief über ihre Haut, doch dieses Mal hatte es nichts mit der Außentemperatur zu tun.

Auch wenn er sich nicht im Entferntesten bedrohlich verhielt, hallten in ihrem Kopf sämtliche Warnungen, die sie je von ihren Eltern und Brüdern gehört hatte. Und waren reiche Töchter nicht auch eine beliebte Beute für Entführer, um Lösegeld zu erpressen?

Ardens Blick huschte in alle Richtungen. Weit und breit sah sie keinen weiteren Wagen. Sie war hier draußen ganz allein – allein mit einem Fremden, der langsam auf sie zukam.

Hektisch machte sie einen Schritt rückwärts und wäre beinahe gestolpert.

Der Mann schien ihre Gedanken zu erraten. Sofort hob er die Hände und wich zurück, bis sein Rücken die Ladefläche des Trucks berührte. „Ich will Ihnen nichts tun. Ich will bloß helfen. Ich habe Ihr Auto am Straßenrand gesehen, das heißt, falls Sie einen roten Beetle fahren.“

Seine Stimme war angenehm tief und dunkel, außerdem redete er so sanft auf sie ein, als wolle er ein ängstliches Kind beruhigen. Arden nickte.

„Dann sind Sie bereits ganz schön weit gelaufen, aber bis nach Sweet Briar sind es immer noch zwei Meilen.“ Er blickte auf zum sich verfinsternden Himmel. „Für diese Gegend gab es eine ernst zu nehmende Sturmwarnung. Springen Sie in meinen Wagen, und ich nehme Sie mit in die Stadt.“

Er machte einen harmlosen Eindruck, aber die jahrelangen Ermahnungen vor Fremden hatten sich zu tief in ihr eingebrannt, als dass sie sie einfach zu ignorieren vermochte. Selbst seine samtweiche Stimme konnte sie nicht umstimmen.

Arden schüttelte den Kopf. „Danke. Das ist wirklich nett, aber ich laufe lieber. Ein bisschen Regen hat noch niemandem geschadet. Und noch ist es ja nicht so weit.“

Wie aufs Stichwort zerriss in diesem Augenblick ein lang gezogener Blitz den dunklen Himmel, gleich darauf grollte der Donner, und es begann zu regnen.

„Es macht mir wirklich nichts aus, Sie mitzunehmen.“

Arden legte den Kopf zur Seite und starrte ihn an. Irgendetwas war seltsam. Er klang aufrichtig, und seine Körperhaltung wirkte nicht gefährlich, dennoch schien er nicht sonderlich begeistert von dem Gedanken zu sein, sie tatsächlich mitzunehmen.

Er schien sich vielmehr zwingen zu müssen, das Angebot auszusprechen. In diesem Moment erinnerte er Arden an einen zwölfjährigen Jungen, der von seiner Mutter gezwungen wurde, ein Mädchen zum Tanzen aufzufordern.

Nicht gerade vertrauenerweckend.

„Nein, danke. Ich riskiere es, nass zu werden.“ Mit jeder Sekunde wurde der Regen heftiger, doch nass zu sein war immerhin besser, als tot zu sein – oder was auch immer der Fremde im Sinn hatte.

Brandon starrte die Frau an und fragte sich, ob sie noch ganz bei Trost war. Das Haar klebte ihr bereits regennass am Kopf, und die Tropfen rannen über ihr Gesicht und in ihre Augen.

Das hellgraue T-Shirt mit irgendeinem schicken, orange-pinkfarbenen Design darauf legte sich wie eine zweite Haut um ihre Brüste und ihre schmale Taille. Offenbar war ihr noch gar nicht bewusst, dass das Shirt im Regen fast durchsichtig wurde. Es enthüllte einen weißen, mit Spitze besetzten BH, und er versuchte, rasch den Blick abzuwenden.

Sie war bereits bis auf die Knochen durchnässt und wollte trotzdem laufen?

Natürlich wollte sie das. Das hier war noch das Sahnehäubchen auf einem ohnehin schon vergeudeten Tag.

Stundenlang hatte er bereits in der Bank verbracht, wo er von einem Angestellten zum nächsten geschickt worden war und aufgefordert wurde, irgendeinen vermeintlichen Fehler in der Abrechnung des Restaurants aufzuklären.

Und nun verschwendete er weitere Zeit, um einer starrsinnigen Frau aus der Patsche zu helfen.

Er war müde und gereizt und wollte den Tag bloß noch hinter sich bringen, aber trotz allem konnte er diese Frau nicht einfach im Regen stehen lassen. Das verboten ihm sein Gewissen, seine Moral und nicht zuletzt seine gute Erziehung. Sowohl seine Eltern als auch seine Großeltern hätten ihm die Hölle heißgemacht, wenn er diese Lady nicht aus ihrer Notlage befreit hätte.

Er rieb sich über den Nacken.

Die junge Frau reckte das niedliche kleine Kinn in wilder Entschlossenheit nach vorn.

„Hören Sie mal, ich kann Sie nicht einfach hier stehen lassen. Ich habe eine Schwester, und ich würde mir wünschen, dass ihr jemand zu Hilfe kommt, wenn ihr Auto auf dem Highway liegen bleiben würde – und dass sie vernünftig genug wäre, um Hilfe auch anzunehmen.“

„Selbst von einem Mann, den sie überhaupt nicht kennt?!“

Brandon schnaubte leise. Darauf ließ sich nur eines erwidern. „Mein Name ist Brandon Danielson. Mir gehört ein Restaurant in Sweet Briar.“ Mit diesen Worten griff er in die hintere Tasche seiner Jeans, nahm den Geldbeutel und zog aus diesem den Führerschein heraus und hielt ihn hoch – auch wenn er bezweifelte, dass sie den Namen auf diese Entfernung entziffern konnte.

„Das bin ich. Sie können den Schein behalten, wenn Sie sich dadurch besser fühlen. Himmel, meinetwegen können Sie selbst fahren, wenn Sie sich dadurch sicherer fühlen.“

Sie nickte, wirkte aber noch nicht vollständig überzeugt. „Okay“, sagte sie schließlich. „Danke.“

„Sie können mir danken, wenn wir es durch diesen Sturm geschafft haben.“

Auf dem unebenen, regennassen Randstreifen geriet die Frau mehrmals ins Stolpern, bis sie es zur Beifahrertür schaffte. Sie stellte den Fuß auf das Trittbrett und griff nach der Halteschlaufe, um in den hohen Truck zu steigen. Dabei rutschte die Sandale weg.

Instinktiv streckte er den Arm aus und umfing ihre unfassbar schmale Taille.

Das Gefühl ihres weichen Körpers an seinem ließ ihn zusammenzucken. Plötzlich war er sich ihrer Gegenwart überdeutlich bewusst, und er ließ Arden abrupt los.

Was war nur los mit ihm? Er hatte hier die Rolle des guten Samariters zu spielen, nicht die des Aufreißers, der Frauen auf der Straße auflas. Er musste jetzt einfach praktisch denken.

„Ich helfe Ihnen beim Einsteigen.“ Bevor sie etwas erwidern konnte, nahm er sie auf die Arme und setzte sie behutsam auf den Beifahrersitz. Selbst völlig durchnässt war sie wirklich ein Fliegengewicht. Sicher wog sie kaum mehr als fünfundfünfzig oder sechzig Kilo.

Er schlug die Autotür zu, ging um den Wagen herum und setzte sich hinters Steuer. Sobald er den Motor angelassen hatte, begann die Luft im Wageninneren zu zirkulieren, und ihr Duft wurde in seine Nase geweht.

Himmel, sie roch so gut. Nach Shampoo und nach Regen – wie nicht anders zu erwarten –, aber noch nach etwas anderem. Sie roch nach Blumen und Sonnenschein. Und nach Glück.

Du liebe Zeit, wo in aller Welt war dieser Gedanke hergekommen? Er schüttelte den Kopf, in der naiven Hoffnung, er könne damit weitere dumme Gedanken abschütteln. Dann spähte er auf den Beifahrersitz.

Obwohl der Regen ihr Make-up beinahe abgewaschen hatte, sah sie unglaublich schön aus. Ihre karamellfarbene Haut war bemerkenswert rein und samtig, und ihre Augen strahlten in einem sanften hellen Braun. Mit den hohen Wangenknochen und den perfekt geformten Lippen hätte sie wirklich das Zeug zum Model gehabt.

Allerdings hätte er ihre Schönheit vermutlich mehr zu schätzen gewusst, wenn sie sich weniger starrsinnig verhalten hätte. Außerdem, rief er sich in Erinnerung, betrachtete man schließlich auch ein schönes Kunstwerk stets mit einem gewissen Abstand.

Und daran würde er sich halten.

In diesem Moment wandte sie den Kopf und sah ihn mit weit geöffneten Augen an. Ihre Zähne hatten hörbar zu klappern begonnen. Ob dies allerdings ihren durchweichten Kleidern oder ihrer Nervosität geschuldet war, vermochte er nicht zu sagen.

Brandon drehte die Heizung an und lenkte den Wagen zurück auf die Straße. Obwohl die Scheibenwischer auf höchster Stufe arbeiteten, kamen sie kaum gegen den heftigen Regen an.

„Der Truck hat eine Sitzheizung“, sagte er und deutete auf einen Knopf. „Und auf dem Rücksitz liegt eine Jacke. Ziehen Sie sie über.“

Zögernd ließ sie den Türgriff los, an den sie sich bisher geklammert hatte, und drehte an besagtem Knopf. „Ich brauche Ihre Jacke nicht. Mir geht’s gut. Außerdem sind Sie genauso nass wie ich.“

„Möglich.“ Er griff nach hinten und bekam die Jeansjacke zu fassen. „Aber sehen Sie sich mal Ihr Shirt an. Vielleicht wollen Sie es sich noch anders überlegen.“

Sie sah auf ihr Dekolleté hinab und gab ein leises Quietschen von sich. „Oh, ich sehe aus, als käme ich gerade von einem Wet-T-Shirt-Contest“, sagte sie unglücklich. „Allerdings ohne Preis.“

Er konnte ein leises Lachen nicht zurückhalten. Es stimmte, bei einem Wet-T-Shirt-Wettbewerb hätten sicherlich Frauen mit mehr Oberweite gewonnen – immerhin ging es darum, besonders viel Brust zu sehen, nachdem die Teilnehmerinnen in ihren weißen Shirts mit kaltem Wasser übergossen wurden.

Aber erstens trugen die Ladies bei solchen Wettbewerben keine BHs unter den Shirts, und zweitens war an diesen Brüsten hier absolut nichts auszusetzen.

Nicht, dass er so genau hingesehen hätte. Nicht lange zumindest.

„Wie heißen Sie?“

Das war nun wirklich keine schwere Frage, dennoch schien sie zu zögern, als müsste sie darüber nachdenken. „Arden W… West. Einfach Arden“, fügte sie rasch hinzu.

Er hob die Braue. „Schön, Arden … Was führt dich nach North Carolina?“

Sie sah ihn misstrauisch an und lehnte sich in Richtung Tür. „Woher willst du wissen, dass ich nicht von hier bin?“

„Wegen des Akzents. Die Leute hier reden anders – Südstaatenslang.“

Sie nickte und schien sich wieder zu entspannen. „Stimmt.“

„Außerdem hab’ ich dein Auto gesehen, schon vergessen? Das Nummernschild war aus Maryland.“

„Oh.“ Nun wirkte sie beinahe zerknirscht.

„Und? Was bringt dich in unsere Gegend?“

„Mein Auto ist hier liegen geblieben.“ Um ihre Mundwinkel spielte ein schelmisches Lächeln, und irgendwie traf ihn dieses Lächeln mit unerwarteter Heftigkeit mitten in die Brust. Für einen Moment fiel es ihm schwer, Atem zu holen.

„Sweet Briar ist eine kleine Stadt, aber sie scheint so etwas wie eine magnetische Anziehungskraft zu haben, die Neuankömmlinge anlockt und nicht mehr loslässt. Ein bisschen wie in Hotel California.“

„Du kannst zwar auschecken, aber niemals wirklich gehen?“

Brandon nickte. Es gefiel ihm, dass sie den Klassiker der Eagles ebenso gut kannte wie er. Er hatte den Song schon immer gemocht.

„Bist du denn ursprünglich von hier?“

„Nein.“

Als er nichts weiter dazu sagte, sah sie ihn von der Seite an und hob fragend die Brauen.

„Chicago – ich bin vor drei Jahren hierhergezogen.“ Es war ihm lieber, nicht auf die Gründe einzugehen. Für gewöhnlich gab er nicht allzu großzügig Informationen über sein Leben preis. Schon gar nicht vor hübschen Fremden.

Allerdings schien es sie zu beruhigen, wenn er über sich selbst sprach, also konnte er ebenso gut weiterreden, solange er sich an Oberflächlichkeiten hielt.

Dann veränderte sich ihr Blick. Er hatte nun beinahe etwas Schelmisches. „Hat dich denn die magnetische Anziehungskraft hier festgehalten? Oder bist du freiwillig geblieben?“

„Freiwillig.“ Damals hatte er Chicago und diese verlogene Sylvia gar nicht schnell genug hinter sich lassen können. Und als ein Freund ihm davon berichtet hatte, wie gerne seine Cousins im ruhigen Sweet Briar lebten, war er in das erste verfügbare Flugzeug nach North Carolina gestiegen.

Arden nickte, dann sah sie aus dem Seitenfenster. Ein Blitz erhellte für den Bruchteil einer Sekunde die Szenerie, gleich darauf krachte der Donner. Der Regen fiel wie aus Eimern vom Himmel, und das Abwassersystem würde sicher nicht lange mit den Wassermassen mithalten können. Die Straßen in Sweet Briar waren gewiss schon überflutet.

Brandon wagte nicht, den Truck zu seiner gewohnten Geschwindigkeit auszufahren. Quälend langsam kamen sie auf der regengefluteten Straße entlang. Schließlich musste er sogar unter einer Fußgängerbrücke halten und warten, bis die nächste Sturmböe abgeflaut war.

Endlich erschien das Straßenschild im regengrauen Zwielicht, das den Eintritt in die Kleinstadt ankündigte: Sweet Briar – 1.976 Einwohner.

Vom Beifahrersitz kam ein erleichtertes Seufzen, und Brandon fragte sich, ob sie womöglich doch mehr Angst gehabt hatte, als sie sich anmerken ließ.

„Gibt es hier ein Hotel? Oder nein, besser wäre eine Autowerkstatt. Dann können sie gleich meinen Wagen holen“, sagte sie hoffnungsvoll.

„Kein Hotel. Wir haben nur ein paar Pensionen.“ Er beugte sich vor, kniff die Augen zusammen und versuchte, durch den Regenschleier etwas zu erkennen. Wie er bereits befürchtet hatte, stand das Wasser schon fast kniehoch in den Straßen der Stadt. „Es gibt eine Werkstatt, aber ich bin sicher, John hat für heute bereits dichtgemacht.“

Sie warf einen raschen Blick auf ihre Uhr und sah ihn ungläubig an. „Es ist erst fünf Uhr!“

„Für gewöhnlich schließt er zwischen vier und halb fünf. So ist das eben in der Kleinstadt.“

„Verstehe.“ Eine kleine steile Falte bildete sich zwischen ihren hübschen Brauen. „Gibt es noch einen anderen Mechaniker?“

„Nein, nur John. Und um ehrlich zu sein, glaube ich nicht, dass er dein Auto bei dem Wetter überhaupt holen würde. Du hast die Straßenverhältnisse ja selbst gesehen.“

Sie dachte einen Moment nach. „Okay. Kannst du mich dann bitte zu einer der Pensionen fahren?“

„Kein Problem. Das Sunrise B&B ist nur ein paar Blocks entfernt. Morgen früh kannst du John anrufen. Sag ihm, dass du es eilig hast, dann wird er sich bestimmt gleich um dich kümmern.“

„Danke.“

„Kristina wird dir Johns Nummer geben. Kristina gehört die Pension.“

„Apropos anrufen …“ Hektisch zog sie ein Handy aus der Tasche und prüfte das Display. Dann breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus. „Hier habe ich endlich wieder Empfang! Ich habe das düstere Mittelalter hinter mir gelassen!“

Brandon blinzelte. „Wie bitte?!“

Sie lachte. „Schon gut. Ich fühle mich wieder der Zivilisation verbunden.“

Kurz darauf lenkte Brandon den Truck in die Einfahrt eines mächtigen viktorianischen Herrenhauses.

Arden neigte den Oberkörper und spähte durch die Windschutzscheibe zu dem imposanten Haus auf, das in diesem Moment von einem Blitz erhellt wurde. „Das soll das Sunrise B&B sein?“

„Ja.“

„Es sieht aus wie ein Gruselhaus.“ Sie sah zum Haus, dann zurück in sein Gesicht. „Bist du sicher, dass hier nicht Herman und Lily wohnen?“

Er lachte überrascht auf. Demnach mochte sie ebenfalls die alte TV-Serie aus den Sechzigern, The Munsters, genau wie er. „Ganz sicher. Auch wenn die Straße Mockingbird Lane heißt.“

„Im Ernst? The Munsters wohnten in der Mockingbird Lane 1313!“

„War nur Spaß. Das hier ist die Rose Street.“

Sie schüttelte die kleine Faust in seine Richtung. „Oh, das ist nicht komisch!“

Brandon widerstand dem Impuls, laut loszulachen, doch ein Lächeln konnte er nicht aufhalten. „Doch, ist es.“

Sie grinste. „Na schön, ist es.“

„Es mag jetzt im Sturm unheimlich aussehen, aber es ist ein sehr schönes Haus. Gut erhalten und liebevoll eingerichtet. Du wirst dich sehr wohl darin fühlen.“

„Hast du hier je übernachtet?“

„Nein, ich habe selbst ein Haus in der Stadt. Aber vertrau mir. Kristina Harrison ist eine sehr nette Person. Und sie hat Geschmack. Die Pension wird dir gefallen.“

„Okay.“

„Bleib sitzen. Ich helfe dir.“ Er hatte den Truck zur Hälfte umrundet, als sich die Beifahrertür öffnete. Arden sprang aus dem Auto. Das Aufspritzen von Wasser war zu hören, gefolgt von einem leisen Aufschrei.

„Ich weiß, ich weiß – sag nichts.“ Sie lachte und machte einen großen Schritt aus der Pfütze in der Einfahrt. „Ich wollte dir eben keine Umstände machen.“

Darüber konnte er bloß den Kopf schütteln – als ob es Umstände gemacht hätte, ihr aus dem Wagen zu helfen und sie über ein paar Pfützen zu tragen. Doch es schien ihr lieber zu sein, mit ihren Sandalen den Spießrutenlauf über die Einfahrt aufzunehmen, als auf seine Hilfe zu warten.

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