Liebe - nur zum Schein?

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Was für ein aufregendes Spiel! Seit sich die hübsche Gärtnerin Lily West von dem gut aussehenden Millionär Rick Faulkner überreden ließ, bei seinem Plan mitzumachen, kommt sie kaum noch zur Ruhe. Er will sie auf einer exklusiven Party als seine Verlobte vorstellen - natürlich nur zum Schein! Denn Rick hat es satt, ständig mit irgendwelchen heiratswilligen jungen Damen konfrontiert zu werden. Doch der Plan scheint gründlich schief zu gehen, denn es knistert so gewaltig zwischen Lily und Rick, dass sie schon bald zusammen im Bett landen. Und jetzt wird alles erst richtig kompliziert ...


  • Erscheinungstag 08.04.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783733716431
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Lily West stürmte geradewegs zum Empfang von Restoration Specialists, Inc., kurz RSI genannt. Sie war wild entschlossen, den Schuft zur Rede zur stellen, der ihren Bruder so infam übers Ohr hauen wollte. RSI mochte einen hervorragenden Ruf haben bei der denkmalgerechten Restaurierung historischer Gebäude, die sie trotzdem mit allen Finessen modernisierten. Das änderte aber nichts daran, dass der Vertrag, den ihr Bruder leichtfertig unterschrieben hatte, Nepp war. Ein Verlustgeschäft, das sie sich nicht leisten konnte, wenn sie die Farm ihrer Familie halten wollte.

Als sie energisch auf den Tresen zuging, musste sie trotz aller Entrüstung bewundern, wie die historische Baumwollfabrik zu einem modernen Unternehmenssitz umgebaut worden war. Die hohen Fenster ließen sehr viel Licht herein, ideal für Pflanzen, von denen Lily allerdings keine einzige entdecken konnte. Daher wirkte die große Halle unangenehm kahl und kühl. Der Empfang war unbesetzt und der Computer ausgeschaltet. Sie trommelte frustriert mit den Fingern auf das antike Holz der Theke. Wenn sie es nicht schaffte, diesen Vertrag innerhalb der nächsten halben Stunde ändern zu lassen, würde Gemini ihn erfüllen müssen, denn um fünf Uhr endete die Dreitagesfrist. Trent hatte ihr erst von dem Geschäft erzählt, als es schon fast zu spät war. Wie üblich hatte ihr Bruder sich nur für den großen Wurf interessiert und sich nicht um die kleinen Details gekümmert.

„Hallo?“, rief sie, erhielt aber keine Antwort. Ungeduldig umklammerte Lily den zusammengerollten Vertrag in ihrer Hand und musterte die hohe, dreistöckige Lobby. Im zweiten Stockwerk sah sie in einem Büro noch Licht brennen, also stieg sie die gewundene Eisentreppe hinauf und ging darauf zu. Die Tür stand offen. Drinnen stand über einen Schreibtisch gebeugt, auf dem es vor Akten nur so wimmelte, ein breitschultriger Mann mit kurzen blonden kurzen Haaren. Sie klopfte an den Türrahmen. Der Mann schaute hoch, und Lily hielt den Atem an. Mit den großen blauen Augen, der klassischen geraden Nase und dem sinnlichen Mund war er ein Bild von einem Mann.

„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte er.

Seine tiefe Stimme jagte Lily einen angenehmen Schauer über den Rücken. Nimm dich zusammen! befahl sie sich. „Ich bin Lily West von der Gärtnerei Gemini Landscape. Es geht um einen Vertrag, den wir mit Restoration Specialists abgeschlossen haben.“

Der Prachtkerl erhob sich geschmeidig wie ein sanfter Tiger aus seinem Stuhl und kam um den Schreibtisch herum. Trotz ihrer Größe musste sie zu ihm aufsehen. Der Mann maß mindestens eins sechsundachtzig, er war fast so groß wie ihr Bruder. Seine athletische Statur war geradezu einschüchternd, und Lily fühlte sich klein und zierlich, obwohl sie das gar nicht war. Er trug ein legeres Baumwollhemd mit dem Unternehmenslogo auf der Brusttasche, dazu Jeans und Stiefel. Die Muskeln, die sich unter dem Hemd abzeichneten, ließen eher auf körperliche Arbeit schließen als auf Bürotätigkeit. „Ich muss dringend einen der Chefs sprechen.“

„Das tun Sie bereits.“ Er musste ihren skeptischen Blick bemerkt haben und streckte ihr die Hand hin. „Ich bin Rick Faulkner und leite die Abteilung Architektur und Design.“

Sein Name kam Lily bekannt vor, obwohl sie ihm noch nie begegnet war. Als er ihre Hand schüttelte, atmete sie seinen frischen, würzigen Duft ein.

Er musterte sie eingehend und ließ den Blick von ihren kurzen, dunklen Haaren, um die sie sich seit dem Morgen nicht mehr gekümmert hatte, bis hinunter zu den abgetragenen Arbeitsstiefeln wandern, bevor er ihr wieder in die Augen sah.

Lilys Haut prickelte. Sie bedauerte, dass sie nicht mehr getan hatte, als sich kurz das Gesicht zu waschen, bevor sie hergekommen war. Aber für Make-up hatte sie nicht viel übrig. Außerdem hätte sie auf einen so blendend aussehenden Mann auch perfekt geschminkt wohl keinen großen Eindruck gemacht.

„Gibt es ein Problem, Miss West?“

Seine knappe Frage machte ihr bewusst, dass sie ihn immer noch anstarrte. Sie entzog ihm ihre Finger und spürte erneut ein Kribbeln auf der Haut, als sie seine Hand streifte. „Dieser Vertrag stinkt zum Himmel. Er muss entweder geändert oder zerrissen werden.“

Sein Lächeln war umwerfend. Es brachte seine makellosen weißen Zähne zur Geltung und zauberte ein sexy Funkeln in seine blauen Augen. „Sie möchten keine Geschäfte mit uns machen?“

„Nicht wenn die Nachteile allein zu meinen Lasten gehen.“

Er wurde wieder ernst. „Ist etwas mit dem Vertrag nicht in Ordnung?“

„Das kann man wohl sagen.“

„Ist er das?“ Er deutete auf die zusammengerollten Papiere in ihrer Hand.

Sie reichte sie ihm. „Ich habe die Passagen markiert, die zu beanstanden sind. Ihr Mitarbeiter, der den Vertrag aufgesetzt hat, hat darin alle möglichen kleine Extras aufgeführt, die den Auftrag für uns völlig unrentabel machen.“

Während er sich den Vertrag ansah, lehnte er sich gegen den Schreibtisch, was Lilys Aufmerksamkeit auf seine muskulösen Oberschenkel lenkte.

Sofort rief sie sich zur Ordnung und musterte stattdessen seinen Zeichentisch, die Bücherregale mit der Fachliteratur, die wertvollen Bilder an den Wänden und die exklusiven Büromöbel. Ihr mit sparsamsten Mitteln eingerichtetes Büro konnte da in keiner Weise mithalten.

„Nehmen Sie doch bitte Platz und geben Sie mir ein paar Minuten, damit ich mir das hier in Ruhe durchlesen kann, Miss West.“ Er wartete, bis sie sich auf einen alten Eichenstuhl am Fenster gesetzt hatte, bevor er einen der Aktenordner auf dem Schreibtisch aufschlug. Er nahm ein Papier heraus, las darin, runzelte die Stirn und fing wieder von vorne an.

Lily sah währenddessen durch die großen Fenster nach draußen. Sie verbrachte die meiste Zeit des Tages im Freien. Doch dieser spektakuläre Ausblick auf Chapel Hill und die Berge und Täler rund um die kleine Universitätsstadt wogen mühelos auf, dass sie gerade nicht an der frischen Luft war. Es war erst Ende August, aber von den Bäumen fielen schon die ersten Blätter. In einem Monat würde alles von rotem und gelbem Laub bedeckt sein. Mit etwas Glück hatte Lily dann eine Menge Arbeit, weil wie jeden Herbst überall Laub zusammengeharkt werden musste. Auch die Pflanzen mussten zurückgeschnitten werden. Und seit dem Tod ihres Stiefvaters im letzten Jahr zählte für Lily jeder Job, den sie bekommen konnte. So große Aufträge wie der von RSI waren rar. Und noch dazu würde er ihr nichts als Ärger einbringen. Was hatte sich Trent nur dabei gedacht?

„Haben Sie an diesem Vertrag irgendetwas verändert?“

Sie drehte sich zu Faulkner um, der ihr prüfend in die Augen sah. „Natürlich nicht.“

Er nickte und konzentrierte sich wieder auf das Papier.

Lily zwang sich, den Blick von ihm abzuwenden, und studierte seine Diplome, die an der Wand hingen. Faulkner. Plötzlich fiel ihr ein, woher sie den Namen kannte. „Sie sind mit dem Unternehmer verwandt?“

„Der Geschäftsführer des Unternehmens ist mein Vater.“

Kein Wunder, dass Broderick III. keinen Anzug trägt, überlegte sie. Der Sohn des Firmenchefs musste sich nicht an Regeln oder eine Kleiderordnung halten. Aber er war offensichtlich klug genug gewesen, ein Diplom als Architekt zu machen. Nach dem Geburtsdatum darauf zu urteilen, war er 34 Jahre alt. Sie musterte die Kollektion kleiner Modellbauten aus Holz auf dem Regal, sehr detailgetreu gefertigte Häuser und Industriegebäude.

„Unser Vertragsmanager ist heute Morgen für zwei Wochen in Urlaub gefahren“, wendete sich Faulkner wieder an Lily. „Möchten Sie den Vertrag aufheben oder neu verhandeln?“

Sie dachte daran, wie sehr Gemini diesen Job brauchte, und beugte sich vor. „Wenn wir uns auf bestimmte Bedingungen einigen können, würde ich sehr gern mit RSI ins Geschäft kommen, Mister Faulkner.“

„Sind das auf dem Rand des Vertrages Ihre Bedingungen dafür?“

„Ja.“

Ohne weitere Einwände bestätigte er Lilys Veränderungen mit Datum und Unterschrift und blätterte dann zur letzten Seite. „Ist Trent West Ihr Ehemann?“

„Er ist mein Bruder und Partner.“

„Ihr Bruder sollte vorsichtiger sein. Und Sie auch, wenn er Ihr Partner ist.“ Rick schob ihr den Vertrag hin und reichte ihr seinen Stift.

Als sich ihre Finger berührten, sprühten die Funken. Erschrocken ließ sie den Stift auf die Schreibtischplatte fallen. Der Mann spielt nicht in deiner Liga, sagte sie sich. „Sollten wir nicht alle misstrauisch sein? Der schöne Schein trügt meistens.“

Nachdem er den Stift aufgehoben hatte, reichte er ihn ihr erneut. „Das ist eine bittere Erkenntnis für jemand, der so jung ist wie Sie. Signieren Sie die Änderungen, bitte.“

„Ich bin fünfundzwanzig Jahre alt und lerne schnell.“ Sie unterschrieb und lehnte sich zurück, um ihn zu mustern. Diese Vertragsänderungen waren viel zu glatt über die Bühne gegangen. Nach Lilys Erfahrung übernahmen reiche Männer nicht die Verantwortung für ihre Fehler. An der Sache musste ein Haken sein. „Sind Sie sicher, dass Sie dazu autorisiert sind?“

Rick presste die Lippen zusammen, was ihre Aufmerksamkeit auf seinen sinnlichen Mund lenkte. „Ich werde den Vertrag so bald wie möglich meinem Vater vorlegen.“

Sie senkte den Kopf, um ihren spöttischen Gesichtsausdruck zu verbergen. Klar, Daddy hat die Macht, dachte sie. Rick ist wahrscheinlich nichts weiter als ein sehr gut aussehendes Aushängeschild mit einem Titel.

„Ist mir irgendetwas entgangen?“

„Was denn?“

Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Sie haben ein ausdrucksstarkes Gesicht.“

„Ich frage mich, ob ich nicht direkt mit Ihrem Vater verhandeln sollte“, meinte sie ehrlich. „Ich weiß nicht, ob ich einem weiteren Vertragsmanager vertrauen sollte.“

Rick versteifte sich und saß plötzlich ganz aufrecht. Sein Kiefermuskel zuckte leicht. „Mein Vater ist bis Dienstag verreist. Entweder Sie verhandeln mit mir, oder wir stornieren den Auftrag. Oder Sie verhandeln neu mit meinem Cousin, unserem Vertragsmanager, wenn er in zwei Wochen zurückkommt.“

„Schon gut, ich verhandele mit Ihnen.“ Mir bleibt ja keine andere Wahl, dachte Lily.

Er erhob sich und streckte die Hand aus. Sie stand ebenfalls auf, zögerte aber, weil sie eine weitere elektrisierende Berührung vermeiden wollte. Rick Faulkner war nun mal attraktiver, als für sie gut sein konnte. Ihre Mutter hatte sie immer davor gewarnt, nach den Sternen zu greifen. Oder nach unerreichbaren Männern

„Ich muss eine Kopie von dem geänderten Vertrag machen.“

Verlegen reichte sie ihm die Papiere. „Natürlich.“

Das Telefon klingelte. Er nahm ab. „Rick Faulkner.“ Er verzog das Gesicht, legte kurz die Hand auf die Sprechmuschel und entschuldigte sich bei Lily.

Sie drehte sich zum Fenster, um ihn nicht zu stören.

„Nein, ich habe die Party nicht vergessen.“ Er senkte die Stimme und hörte sich plötzlich überhaupt nicht mehr an wie der kühle Geschäftsmann, den Lily gerade kennengelernt hatte.

Überrascht und verblüfft darüber, wie seine tiefe Samtstimme ihren Puls schneller schlagen ließ, warf Lily einen Blick über die Schulter und bemerkte, wie er das Gespräch nur mit Widerwillen über sich ergehen ließ.

„Ja, ich werde in weiblicher Begleitung kommen … Nein, ich werde dir nicht sagen, wer sie ist … Nein, du kennst sie nicht.“ Offenbar stand er unter Stress, denn er legte angespannt den Kopf in den Nacken. „Ich kann jetzt nicht länger reden. Ich bin mitten in einer Besprechung. Ich melde mich nachher, Mom. Bis später.“ Er legte auf und fuhr sich durch die blonden Haare. „Entschuldigen Sie die Unterbrechung. Ich kopiere nur noch schnell den Vertrag.“

„Ihre Mutter will Sie wohl unter die Haube bringen?“ Lily war das alles nur zu bekannt vorgekommen.

Ricks ironisches Grinsen nahm ihr den Atem. „Ja, und sie ist unerbittlich in ihrer Forderung nach Enkelkindern.“

Lily lächelte. „Meine Mom ist genauso, und es kostet mich sehr viel Mühe, ihren Kuppeleien aus dem Weg zu gehen. Im Moment habe ich sozusagen Ferien, weil meine Mutter zwei Monate bei einer Freundin in Arizona verbringt. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich liebe meine Mutter. Aber es ist wirklich schön, abends nach Hause zu kommen, ohne dass unerwartet ein Neffe oder Cousin von irgendjemand mit am Esstisch sitzt und einen anstarrt. Blind Dates sind wirklich furchtbar.“ Warum erzähle ich das nur? Der Mann interessiert sich nicht für mein klägliches Liebesleben.

Er musterte sie, und ihr Herzschlag schien bei seinem forschen Blick einen Moment auszusetzen. „Was machen Sie morgen in zwei Wochen?“

„Ich? Wieso?“

„Mein Vater gibt anlässlich seines Rückzugs aus dem Unternehmen eine große Party. Ich brauche eine weibliche Begleiterin, die sich darauf versteht, Müttern auszuweichen, die ihre Kinder verheiraten wollen. Dafür könnten sie genau die Richtige sein.“

Lilys Hochgefühl wich sofort wieder ihrem Realitätssinn, und sie verdrehte die Augen. „Oh ja, richtig. Dann müsste ich ja nur noch für Ihre feine Gesellschaft passend hergerichtet werden.“

Er ließ den Blick über ihre zerzausten Haare bis zu ihren Arbeitsstiefeln und wieder hinauf zu ihren Augen gleiten. Sie errötete prompt und wünschte sich wieder, sie hätte sich vorher die Haare gekämmt. „Warum eigentlich nicht?“, fragte er.

Sie lachte ungläubig, aber ums Herz wurde ihr ganz warm. „Ich stehe hier in dreckigen Jeans und Stiefeln vor Ihnen. Die Ladys, mit denen Sie befreundet sind, bevorzugen Designerroben und Diamanten.“

Rick hob die Augenbrauen. „Und woher wissen Sie das?“

Weil ich regelmäßig in der Zeitung die Gesellschaftskolumne lese, um einen Hinweis auf eine Nachricht über einen Mann zu finden, der angeblich nicht existiert, dachte sie. „Ich kenne Ihren Typ.“

„Entdecke ich da einen Hauch Snobismus bei Ihnen, Miss West?“

„Kaum. Ich bin nur realistisch.“

„Realität ist das, was man daraus macht. Also, Lily, werden Sie mich zur Abschiedsparty meines Vaters begleiten?“

„Auf keinen Fall, Mister Faulkner. Außerdem besitze ich nicht einmal ein Kleid.“

„Mein Name ist Rick, und ich werde Ihnen ein Kleid kaufen.“

Verblüfft trat sie einen Schritt zurück. „Nein, das werden Sie nicht.“

Er schien die Herausforderung zu genießen. In seinen Augen glitzerte es gefährlich, und Lilys Puls schlug schneller. „Haben Sie Angst, Ihre Beine zu zeigen?“

„Nein. Ich habe tolle Beine, keine Sorge. Das sagt mir meine Katze jedes Mal, wenn sie ihr Köpfchen daran reibt. Sie schnurrt dann.“

Rick lachte leise. „Essen Sie heute mit mir zu Abend und geben Sie mir die Chance, Ihre Meinung zu ändern.“

Sein Charme und sein ansteckendes Lachen brachten sie in Versuchung, alle Vorsicht in den Wind zu schlagen. Doch sie und Trent waren lebende Beispiele dafür, welche Probleme reiche Männer mit zu viel Sex-Appeal verursachen konnten. „Hängt von meiner Antwort unser Vertrag ab?“

„Keineswegs“, erklärte er. „Kommen Sie mit.“

In einem anderen Büro kopierte er den Vertrag und reichte ihr das Original. „Jetzt halten Sie den unterschriebenen Vertrag in den Händen. Werden Sie nun mit mir essen gehen, Lily?“

„Ich bin nicht danach angezogen“, erklärte sie, aber ihr Herz klopfte, als wollte es ihr etwas sagen. Warum sollte dieser Mann aus einer der reichsten und angesehensten Familien von Chapel Hill mit ihr ausgehen wollen? Und welche Frau, die bei Verstand war, würde Rick Faulkner einen Korb geben? Eine, die sich keinen Liebeskummer einhandeln will, sagte sie sich.

„Kurz vor der Abfahrt zum Highway 86 gibt es ein Barbecue-Lokal, in dem sich niemand um unsere Garderobe kümmert.“

Bei der Erwähnung ihres Lieblingsrestaurants lief Lily das Wasser im Mund zusammen. Aber sie zögerte. Denn zum einen war das Lokal auch das Lieblingsrestaurant ihres Stiefvaters gewesen, und Lily hatte dort seit seinem Tod nicht mehr gegessen. Und zum anderen hatte sie als uneheliches und verleugnetes Kind eines Milliardärs auf die harte Tour lernen müssen, dass die Begüterten und die Habenichtse in dieser kleinen Universitätsstadt besser keinen näheren Kontakt miteinander pflegten. „Ich lasse mich nie auf persönliche Beziehungen mit Geschäftspartnern ein.“

„Es geht um eine geschäftliche Angelegenheit. Ich werde es Ihnen während des Essens erklären. Werden Sie außer von Ihrer Katze von jemand zu Hause erwartet, Lily?“

Sie redete sich ein, nicht enttäuscht zu sein, dass es sich um ein reines Geschäftsessen handeln sollte. „Nein, aber ich warne Sie. Ich bleibe bei meiner Entscheidung, Sie nicht zur Party Ihres Vaters zu begleiten.“

Rick sah sie mit einem herausfordernden Funkeln in den Augen an. „Aber Sie werden mich nicht mutterseelenallein essen lassen, oder?“

Lily schnaubte. „Ach, kommen Sie. Ich wette, dass Sie sich vor Frauen kaum retten können.“

„Das einzige weibliche Wesen, mit dem ich regelmäßig esse, ist meine Hündin. Und Maggie verbringt die Nacht in der Tierklinik, weil sie heute sterilisiert wurde. Mein Haus ist leer.“

Oh verdammt, fluchte Lily insgeheim. Sie konnte Männern, die ein Herz für Tiere hatten, fast nie widerstehen. „Aber nur ein Abendessen.“

„Ohne Dessert?“ Rick hob verschmitzt die Augenbrauen, und ihr Herz klopfte schon wieder besonders laut. Seine Art, sie zu necken, war sehr verführerisch.

„Nur eins, das auf der Karte steht.“ Sein jungenhaftes Grinsen ließ Lily schwach werden.

„Okay, abgemacht. Lassen Sie mich nur schnell die Kopien abheften.“ Danach verstaute er den Aktenordner in seiner Schreibtischschublade und schloss sie ab. „Mein Wagen steht vor der Tür.“

„Meiner auch.“

Rick hielt inne. „Bieten Sie mir an, mich zum Restaurant zu bringen?“

„Nein. Wir treffen uns dort. Ich kenne das Lokal.“ Sie war doch nicht so dumm, zu einem Mann ins Auto zu steigen, den sie nicht kannte. Ganz egal, aus welcher Familie er stammte.

„Werden Sie auch darauf bestehen, dass wir uns die Rechnung teilen?“

Lily zuckte die Achseln. „Möglicherweise. Das hängt davon ab, wie Ihr geschäftliches Angebot aussieht.“

Er starrte sie so überrascht an, dass sie fast laut gelacht hätte. Rick Faulkner war offensichtlich Frauen gewöhnt, die vor ihm auf die Knie fielen.

Lily West war ganz anders als die gestylten und eleganten Frauen, mit denen Rick normalerweise ausging. Faszinierte sie ihn deshalb so? Er lehnte sich im Stuhl zurück und betrachtete die Frau, die ihm gegenübersaß. Sie war auch ungeschminkt hübsch und wirkte sehr natürlich mit ihren kurzen mahagonifarbenen Haaren, dem hübschen Mund, ihren langen Wimpern und dem frischen Pfirsichteint. Als sie die Papierserviette aufrollte und das Besteck neben den Teller legte, fiel ihm auf, wie schmal und graziös ihre Hände waren. Außer winzigen goldenen Ohrsteckern und einer Männeruhr trug sie keinen Schmuck. Und anscheinend hatte sie auch kein Parfüm aufgelegt. Er nahm nur ihren sehr weiblichen Duft wahr. Sie hatte das Dressing nicht extra geordert, sondern sich für dasselbe Grillgericht entschieden wie er. Plus einer zusätzlichen Portion Zwiebelringe. Lily West hatte einen gesunden Appetit. Eine natürliche, sinnliche Frau, die gern aß, und Rick musste unwillkürlich an nackte Haut, zerwühlte Laken und heißen Sex denken.

Sie sah hoch und bemerkte, dass er sie anstarrte. „Warum ist diese Party denn so wichtig?“

Er biss in sein Sandwich und überlegte, was er antworten sollte. Mit der Beanstandung des Vertrages hatte Lily ihm unabsichtlich Munition geliefert. Doch es war nur ein Vertrag. Er brauchte aber noch mehr Beweise und am besten ein Geständnis, sonst würde sein aalglatter Cousin, wie schon so oft, einen Weg finden, die Schuld einem anderen in die Schuhe zu schieben. Lilys Liste der manipulierten Vertragsklauseln war noch gar nichts im Vergleich zu dem, was Alan heute Morgen im Meeting gesagt hatte. Alan hatte behauptet, dass die Gärtnerei ein fünftausend Dollar höheres Honorar bekommen würde, als der Vertrag tatsächlich vorsah. Gab es in den Akten noch mehr solcher betrügerischen Verträge? Und wenn ja, wie kam Rick an Alans Aktenschränke, um sie ausfindig zu machen? Und was würde sein Vater dazu sagen, falls sich herausstellte, dass Alan einen Teil der Firmenhonorare für sich abzweigte? Schließlich war Broderick Faulkner sen. der Ruf seines Unternehmens sehr wichtig. „Mein Vater wird auf der Party seinen Nachfolger ernennen.“

„Und Sie wollen, dass er Sie auswählt?“ Sie biss in einen Maiskrapfen und schleckte sich die Honigsoße von den Lippen.

Der Anblick versetzte seinen Hormonen einen enormen Kick, was ihn verblüffte. Was war nur los mit ihm? Er war bei Geschäftspartnern bisher noch nie auf erotische Gedanken gekommen. Schon seit Monaten hatte ihm überhaupt niemand mehr so viel Lust gemacht. Aber vielleicht war das ja das Problem, und er brauchte einfach eine Gespielin im Bett. Er trank einen Schluck Eistee. „Ja, ich möchte gern den Platz meines Vaters bei RSI übernehmen.“

„Ist der Ihnen denn nicht ohnehin sicher?“

„Nein. Mein Großvater hat das Unternehmen vor fünfzig Jahren gegründet. Nach seinem Tod ging die Firma zu gleichen Teilen an meine Tante und meinen Vater. Da meine Tante und mein Onkel sich schon vor Jahren aus dem Unternehmen zurückgezogen haben, hat mein Cousin dieselben Rechte auf den Posten wie ich.“ Doch Rick wusste, dass nicht Alan, sondern er der richtige Mann für diesen Job war. Sein Großvater hatte ihn schon zum zukünftigen Firmenchef erkoren, als er noch ein Junge gewesen war. Rick würde es nicht zulassen, dass Alan die Geschäftsführung übernehmen, das Unternehmen ruinieren und den Traum seines Großvaters zerstören würde.

„Ihr Vater wird doch bestimmt Sie vorziehen?“

Rick lachte bitter. „Für meinen Vater steht Geld an erster Stelle.“ Diese Lektion hatte Rick als Kind schmerzhaft am eigenen Leib erfahren müssen. „Er wird denjenigen benennen, von dem er annimmt, dass er das Unternehmen profitabler führen wird. Oder denjenigen, der ihm solider erscheint.“

„Was ist unter solide zu verstehen?“ Sie leckte sich einen Krümel von der Fingerspitze.

Rick spürte erneut eine Welle der Erregung und ermahnte sich, nicht die Kontrolle zu verlieren. Bisher hatte er Geschäft und Vergnügen ja auch immer säuberlich getrennt.

„Dass er verheiratet ist.“

„Aua. Es ist schlimm genug, wenn man eine Mom hat, die in dieses Horn bläst. Aber wenn auch noch der Vater einstimmt …“ Ihr schauderte.

„Allerdings.“ Seine Mutter glaubte wenigstens an die Liebe. Sein Vater dagegen nur an passende Verbindungen. Nach seiner Meinung hatten Gefühle in einer Ehe keinen Platz. Er hatte Rick mehrmals dazu aufgefordert, sich eine Braut mit den richtigen Beziehungen zu suchen. Rick vermutete, dass sein Vater nie einen Menschen geliebt hatte. Und da Rick im Laufe der Jahre keiner Frau begegnet war, in die er sich wirklich verliebt hatte, befürchtete er, dass er genauso kaltherzig war wie sein Vater. Seine belanglosen Beziehungen, die alle in die Brüche gegangen waren, hatten ihn darin bestärkt.

„Ist Ihr Cousin verheiratet?“ Lilys riss ihm aus seinen Gedanken.

„Nein, aber er hat seit geraumer Zeit eine Beziehung.“ Und eine mit einer passenden Frau noch dazu, dachte Rick.

„Und Sie nicht?“

„Nein.“ Er hatte die Frauen satt, die weniger ihn als das Vermögen der Faulkners heiraten wollten. „Was hat Sie und Ihren Bruder dazu veranlasst, sich geschäftlich zusammenzutun?“ Rick wechselte das Thema.

Lily wartete, bis die Kellnerin ihre Gläser aufgefüllt hatte und sie wieder allein waren. Sie sah ihn traurig an. „Meiner Familie gehört hier in Orange County eine Farm. Vor anderthalb Jahren ist mein Stiefvater durch einen Unfall ganz plötzlich gestorben, und meine Mutter wollte das Haus nicht aufgeben. Trent und ich haben Gartenbau studiert und uns das Geld fürs College mit Aufträgen für verschiedene Gärtnereien in der Gegend verdient. Nach Walts Tod haben wir dann unsere Jobs gekündigt und uns auf der Farm mit einer eigenen Gärtnerei selbstständig gemacht.“

„Und wie läuft es?“

„Gut, aber nicht berauschend. Im ersten Jahr nach einer Firmengründung ist es finanziell immer etwas eng.“

Lily hob den Kopf und lenkte so Ricks Aufmerksamkeit auf ihren zarten, anmutigen Hals. Sie war hoch gewachsen. Er schätzte sie auf über einssiebzig. Ihr weites Baumwollhemd und die Jeans ließen ihre Kurven allenfalls erahnen. Doch durch ihre Antwort wusste Rick jetzt, was er wissen musste. Lily West war genauso wie jede andere Frau, die er kannte. Sie brauchte Geld, und Rick hatte von seinem Vater immer wieder eingetrichtert bekommen, dass alles seinen Preis hatte. Also musste er einfach nur herausfinden, wie viel es ihn kosten würde, damit Lily seine Freundin spielte und ihm half, seinen Cousin zu überführen.

Autor

Emilie Rose
Ihre Liebe zu romantischen Geschichten hat Emilie bereits im Alter von zwölf Jahren entdeckt. Zu der Zeit las sie einen Liebesroman nach dem anderen, sodass ihre Mutter die Bücher bald unter den Sofakissen versteckte, sobald Emilie ins Wohnzimmer kam.

Dabei verbrachte sie damals viel Zeit in der freien Natur, wenn sie...
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