Lust auf Liebe wie noch nie

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Verführerische Berührungen auf ihrer Haut, hungrige Lippen auf ihrem Mund - noch nie zuvor hat Sunny solche Lust auf Liebe verspürt wie bei Duncan! Seit die junge FBI-Agentin mit dem Detektiv zusammenarbeitet, will sie ihn am liebsten jede Nacht in ihrem Bett. Doch was wird aus ihrer erotischen Affäre, wenn der Fall geklärt ist?


  • Erscheinungstag 25.10.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733753740
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„He, Mac!“, rief FBI-Agent Jack Caruso aus dem weißen Van, in dem sein Kollege und er Überwachungen durchführten. „Sag mal, wie frustriert muss eine Frau sein, um eine halbe Million für Sex auszugeben?“

Special Agent Sunny MacGregor ertappte sich dabei, dass sie über Carusos Frage ernsthaft nachdachte, während sie aus ihrem Wagen stieg und zu den beiden Kollegen ging, die zum jüngsten Tatort des „Verführers“ beordert worden waren. Obwohl sie sich nicht in die gleiche Kategorie wie das Opfer, mit dem sie sprechen sollte, einstufte, war sie anscheinend schon zu lange abstinent, da sie sich nicht mehr an ihre letzte Nacht mit einem Mann erinnern konnte. Allerdings hieß das nicht, dass sie so verzweifelt war, für Sex zu bezahlen.

„Ich bin hier, um an dem Fall zu arbeiten“, erklärte sie Caruso, als sie die offenen Hecktüren des Vans erreicht hatte. „Nicht, um über das Opfer zu urteilen.“ Natürlich hatte sie eine Meinung dazu, wollte sie aber lieber nicht ihren Kollegen mitteilen, die vor dem schmiedeeisernen Tor des Wilder-Anwesens Wache schoben.

Carusos Partner, Walt Weidman, ein Grünschnabel, stieg aus dem Van. „Ich muss Ihren Ausweis sehen, Mac.“

„Du meine Güte, Weidman“, beschwerte Caruso sich. „Sie leitet doch die Ermittlungen!“

Weidman ignorierte Caruso. „Tut mir Leid, Mac. Ich muss mich nach den Vorschriften richten.“

Sunny zog ihren Dienstausweis aus der Innentasche ihres marineblauen Blazers und reichte ihn Weidman. „Lassen Sie sich von Jack nicht ärgern“, sagte sie zu dem jungen Polizisten. „Er ist eine Nervensäge, solange er nicht ein paar Kannen von der schwarzen Tinte, die er Kaffee nennt, runtergekippt hat.“

„Ja, und danach ist er eine aufgedrehte Nervensäge.“

Sie verkniff sich ein Grinsen und schaute sich um, ehe sie sich wieder an Caruso wandte. Er saß auf einer gepolsterten Sitzbank im Van vor den Monitoren diverser Geräte und überwachte die unmittelbare Umgebung, wobei er im Kontakt mit einem zweiten FBI-Van auf der anderen Seite des Anwesens blieb. „Habt ihr irgendetwas Ungewöhnliches gehört oder gesehen?“

Caruso griff nach der Packung Zigaretten neben sich. „Ich bin morgens um drei schon auf Friedhöfen gewesen, auf denen mehr los war. Die Labortechniker sind vor einer Stunde gegangen. Die konnten uns auch nichts sagen.“

Sunny sparte sich die Bemerkung, dass das Rauchen in Dienstfahrzeugen strikt untersagt war. Gewöhnliche Überwachungen konnten schon öde sein, aber den Tatort eines gewaltfreien Verbrechens zu beobachten, war eine Strafe, die manchmal von Vorgesetzten verhängt wurde. Da sie in ihrer Zeit im Außendienst beim FBI mit Caruso zusammengearbeitet hatte, nahm sie an, dass er derjenige war und nicht Weidman, der ihren alten Vorgesetzten Gib Russell verärgert hatte.

Caruso zündete das Feuerzeug an. Weidman gab Sunny ihren Ausweis zurück und warf dem älteren Kollegen einen missbilligenden Blick zu. „Muss du hier drinnen rauchen?“

Caruso blies ihm eine Qualmwolke ins Gesicht und stieg aus dem Wagen. „Geh und lies eine Bedienungsanleitung oder so was“, knurrte er. Zu Sunny sagte er: „Von wegen Nervensäge! Du solltest mal eine Stunde mit diesem Jammerlappen verbringen, dagegen bin ich der reinste Sonnenschein.“ Er beschattete seine Augen vor der grellen Julisonne. „Und wen hast du verärgert, dass dir dieser verdammte Fall aufgehalst wurde?“

Sunny strich sich eine lockige Strähne hinters Ohr und straffte die Schultern. „Ich habe darum gebeten, dass mir dieser Fall zugeteilt wurde.“

Caruso zog an seiner Zigarette und lachte rau. „Du bist noch immer die reinste Masochistin. Es gibt Therapien dafür.“

Bis jetzt hatte es landesweit sieben ähnliche Betrugsfälle gegeben. Nur weil Sunny um die Ermittlung gebeten hatte, hieß das nicht, dass sie masochistisch war. Was sie vor allem wollte, war die Aufmerksamkeit ihres Vorgesetzten, des Leiters der Abteilung für gewaltlose Verbrechen.

Ein großer schwarzer Geländewagen, der den Kies der Auffahrt aufwirbelte, hielt sie davon ab, Caruso die Meinung zu sagen. Der Wagen wurde langsamer und stoppte, da Caruso sich ihm in den Weg stellte. Er wechselte ein paar Worte mit dem Fahrer, die Sunny nicht verstehen konnte.

„Wahrscheinlich ein Reporter“, bemerkte Weidman angewidert, zog ein weißes Taschentuch aus der Hosentasche und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Wir warten schon den ganzen Vormittag darauf, dass sie anrücken.“

„Ein Betrugsfall, bei dem eine reiche Erbin von einem geschickten Betrüger um eine halbe Million Dollar in bar und Besitztümern gebracht wurde und in dem das FBI ermittelt, ist ein gefundenes Fressen für die Reporter.“ Sunny machte sich jedoch deswegen keine Sorgen, da sie Erfahrung im Umgang mit der Presse hatte.

Sie sah, wie der Fahrer des Geländewagens ausstieg. Zusammen mit Caruso kam er auf sie zu. Sunny starrte den Neuankömmling fasziniert an. Gewöhnlich waren ihr Intelligenz und Tiefe wichtiger als Attraktivität und Muskelkraft, doch in diesem Fall zog sie ernsthaft in Erwägung, eine Ausnahme zu machen. Nicht, dass sie etwa sexuell frustriert war. Oh nein, keineswegs!

Das weiße Hemd mit den feinen Nadelstreifen betonte die breiten Schultern und die schmale Taille des Mannes. Die Ärmel waren aufgekrempelt und gaben den Blick frei auf gebräunte muskulöse Unterarme. Seine Krawatte war gelockert, der oberste Hemdknopf offen. Er trug eine gebügelte Khakihose und wirkte zwar ordentlich gekleidet, aber auch ein wenig zerzaust, und zwar auf eine durchaus anziehende Art.

Während sie ihn betrachtete, fragte sie sich, wann sie so oberflächlich geworden war, dass sie dermaßen auf Äußerlichkeiten abfuhr. Wahrscheinlich in dem Moment, als ihr klar wurde, dass sie seit Monaten nicht mehr mit einem Mann im Bett gewesen war.

Sein schwarzes Haar glänzte in der hellen Vormittagssonne. Sunny musste sich zusammenreißen. Nur half der Anblick seines markanten Gesichts nicht gerade, sie aus dem Zustand lüsterner Bewunderung zu reißen, ebenso wenig wie seine blaugrauen Augen, mit denen er sie ansah, nachdem er die Sonnenbrille abgenommen hatte.

Der Anflug eines Lächelns huschte über sein Gesicht. Er schob die Sonnenbrille in die Brusttasche seines Hemdes. „Duncan Chamberlain“, stellte er mit einer tiefen, aufregenden Stimme vor, die ein sinnliches Prickeln auf Sunnys Haut auslöste. Oder wurde dieses Prickeln durch seinen festen Händedruck ausgelöst?

Sie wusste es nicht, aber es spielte auch keine Rolle. Kurz nachdem sie FBI-Agentin geworden war, hatte sie feststellen müssen, dass ihr Job die meisten Männer einschüchterte. Wenigstens einmal wollte sie einen Mann kennen lernen, der ihre 9 mm Glock, die sie im Schulterhalfter trug, ignorierte und sie als Frau sah.

Andererseits würde es die Sache erheblich erleichtern, wenn sie endlich mal einen Mann fände, der ihr Interesse länger als zwei Minuten weckte. Für ein sexy Exemplar wie Duncan Chamberlain wäre das sicher kein Problem.

„Sunny MacGregor.“ Sie zog ihre Hand zurück. „Agent Caruso haben Sie ja schon kennen gelernt. Dies ist Agent Weidman“, erklärte sie und deutete auf Carusos Partner, der aus dem Van gestiegen war.

Duncans Lippen zuckten erneut, als wäre er amüsiert. Sie bemerkte es, weil sie ohnehin auf seine sinnlichen Lippen starrte und sich unwillkürlich fragte, ob sie so wundervoll schmeckten, wie sie aussahen.

„Sie sind Agent MacGregor?“, fragte er und schaute Bestätigung suchend zu Caruso. „Sie ist Mac?“

Caruso grinste. „Sie ist es.“

Die Amüsiertheit der Männer gefiel ihr ganz und gar nicht, obwohl sie sich in den sechs Jahren, seit sie beim FBI war, daran gewöhnt hatte. Es gab eben nicht viele ein Meter sechzig große Frauen bei der Bundespolizei.

„Special Agent MacGregor“, korrigierte sie ihn. Ein relativ neuer Titel, für den sie hart gearbeitet hatte. Der Aufstieg in die Abteilung für gewaltlose Verbrechen vor zwei Jahren war nach ihrer erfolgreichen Beteiligung an einem schwer zu lösenden Fall möglich gewesen. Für Sunny war die Beförderung ein weiterer Schritt hin zu ihrem eigentlichen Ziel – die Aufnahme ins Eliteteam der FBI-Profiler.

„Was führt Sie denn hierher, Mr. Chamberlain?“, erkundigte sie sich.

Er zog eine Brieftasche aus der Hüfttasche und nahm eine Visitenkarte heraus. „Meine Firma wurde von Miss Wilders Versicherung beauftragt.“

Er gab ihr die Karte, und wieder ließ sein Lächeln Sunny erschauern. Um ihre Fassung wiederzugewinnen, konzentrierte sie sich auf die schlichte Karte.

„Und nennen Sie mich bitte Duncan“, fügte er hinzu.

Seinem Akzent nach tippte Sunny auf Texas oder Oklahoma.

Weidman spähte über ihre Schulter, um die Karte lesen zu können. „Womit hat man Sie beauftragt?“, wollte er wissen.

„Mit der Auffindung des letzte Woche gestohlenen Besitzes von Miss Wilder.“ Duncan ließ seinen ganzen Charme spielen. „Agent Caruso meinte, um Zutritt zum Anwesen zu bekommen, brauche ich die Zustimmung des Beamten, der die Ermittlungen leitet. Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mich hier ein wenig umsehe?“

Trotz seines sexy Lächelns erwachte Sunnys Misstrauen. Ihrer Erfahrung nach waren solche Wiederbeschaffungsfirmen nicht gerade seriös. Sie standen in dem Ruf, die gestohlenen Besitztümer manchmal auf äußerst fragwürdige Art zurückzuholen. Das Letzte, was sie brauchte, war ein selbst ernannter Wiederbeschaffungsexperte, der ihre Ermittlungen störte, noch dazu einer, der sich den Zugang zum Tatort zu erschleichen versuchte.

„Ich bin hier, um mit dem Opfer zu sprechen“, sagte sie. „Da der Fall heikel ist, bin ich nicht sicher, ob Miss Wilder Publikum möchte.“ Im Grunde wollte Sunny das Gespräch nicht gern in seinem Beisein führen. „Besonders wenn es sich um einen Mann handelt.“

Der Wind frischte auf und fuhr raschelnd durch die Blätter in den Bäumen, ohne jedoch echte Kühlung zu bringen. Eine Haarsträhne fiel Duncan in die Stirn.

„Das ist verständlich. Ich denke, je weniger das Opfer die Demütigung noch einmal durchleben muss, desto besser.“ Er strich sich die Haare aus dem Gesicht. „Kommen Sie schon, Mac. Sie wollen doch nicht, dass ich bettle?“

Sie bezweifelte, dass ein so attraktiver Mann wie Duncan Chamberlain jemals um irgendetwas betteln musste, schon gar nicht bei einer Frau. Die Zusammenarbeit mit privaten Ermittlern war nichts Ungewöhnliches, außerdem standen Sunny und er in gewisser Weise auf der gleichen Seite. Spielte es da eine Rolle, dass dies nicht der einzige Grund war, weshalb sie in Erwägung zog, ihn bei der Befragung des Opfers dabei sein zu lassen?

„Na schön“, lenkte sie ein. „Um der Zusammenarbeit willen gestatte ich es, vorausgesetzt, das Opfer hat nichts dagegen.“ Sie gab sich Mühe, die harte Ermittlerin herauszukehren. „Aber ich führe die Befragung durch. Sollten Sie das vergessen, lasse ich Sie rausschmeißen.“

Trotz ihrer Drohung wurde sein Lächeln breiter. „Sie werden gar nicht merken, dass ich da bin“, versprach er.

Sunny bekam Herzklopfen. In Anbetracht ihrer Reaktion auf ihn bezweifelte sie es stark, dass sie seine Anwesenheit vergessen würde. Aber dass ihre sexuelle Lust nach langer Zeit erwacht war, musste noch längst nicht heißen, dass sie ihr nachgeben würde, oder? Die Vorstellung war allerdings faszinierend.

„Ich muss Ihren Ausweis sehen“, verkündete Weidman.

Während Weidman Duncans Daten in sein sorgfältig geführtes Notizbuch eintrug, erinnerte Sunny Caruso daran, keine Informationen an die Presse zu geben, falls diese auftauchte.

Weidman händigte Duncan den Ausweis wieder aus, und Sunny ging zu Fuß zum Haupttor. Duncan holte sie ein und ging neben ihr. Sofort erwachte ihr Verlangen wieder. Sie hatte zwar einen Job zu erledigen, doch war die Versuchung, sich auf eine Affäre einzulassen, sehr groß.

Duncan folgte Sunny und dem Butler, der sie durch die Eingangshalle mit ihrer geschwungenen Treppe einen mit Rosenholz getäfelten Gang entlangführte. Während Sunny sich aufmerksam umsah, genoss Duncan den Anblick ihres niedlichen Pos in der dunkelblauen Hose.

Acht Jahre hatte Duncan in Dallas für das FBI gearbeitet, davon die letzten drei undercover. Während der gesamten Zeit war ihm nie eine Agentin begegnet, die auch nur annähernd so anziehend gewesen wäre wie Sunny und ihn dazu gebracht hätte, sich für etwas anderes als für seine Arbeit zu interessieren.

Zu schade, dass sie für ihn tabu war.

Er schätzte sie auf Anfang dreißig. Ziemlich jung für eine Spezialagentin, was darauf schließen ließ, dass sie einen Mentor hatte. Ein ehrgeiziger, aufstrebender Special Agent würde sich nicht dabei erwischen lassen, dass er sich mit jemandem zusammentat, der wegen groben Fehlverhaltens vom FBI entlassen worden war. Solange sie es jedoch nicht wusste, stand einem Kennenlernen nichts im Weg. Doch wenn sie die Wahrheit herausfand, würde sie ihn vermutlich fallen lassen wie eine heiße Kartoffel.

Sie wurden in einen eleganten Salon geführt, wo es nach edlem Whiskey duftete, und dessen Möbeln, schweren Samtvorhängen und dicken Perserteppichen noch schwach der Geruch teurer Zigarren anhaftete. Der Immobilienmogul Jerome Wilder war seit drei Monaten tot, doch das Zimmer roch noch immer nach ihm. Duncan fragte sich unwillkürlich, was der alte Mann wohl dazu gesagt hätte, dass seine Nichte und Alleinerbin eine halbe Million an einen Betrüger verloren hatte.

„Miss Wilder wurde aufgehalten und bittet um Verzeihung. Sie wird in Kürze bei Ihnen sein“, erklärte der Butler. „Darf ich Ihnen eine Erfrischung anbieten, solange Sie warten?“

Sunny stellte ihren Aktenkoffer neben ein Zweiersofa und setzte sich. „Nein danke.“

Duncan setzte sich in den schweren Ledersessel ihr gegenüber, beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf die Knie. „Wollen Sie mir verraten, weshalb sich das FBI mit diesem Fall beschäftigt?“, fragte er, sobald der Butler verschwunden war. „Ein einzelner Betrugsfall fällt nicht gerade in Ihren Zuständigkeitsbereich.“

„Nun, Mr. Chamberlain, Sie versuchen doch wohl nicht, mir Informationen über eine laufende Ermittlung zu entlocken, oder?“

Er musste über ihre gespielte Empörung lächeln. Diese Frau war süß und kratzbürstig, was eine unwiderstehliche Mischung ergab. „Doch, Ma’am, genau das versuche ich.“

Sie setzte eine entschlossene Miene auf. „Versuchen Sie nicht, mit mir zu spielen, dann werde ich nicht versuchen, Ihnen irgendwelchen Mist aufzutischen.“

„Na schön. Ich würde trotzdem gern wissen, was das FBI hier macht.“

„Ich wüsste nicht, inwieweit die FBI-Ermittlungen für Ihre Untersuchung von Bedeutung sind“, erwiderte sie kühl.

„Mir ist klar, dass ich mein Hiersein nur Ihrer Freundlichkeit zu verdanken habe. Ich denke, es hat etwas zu bedeuten, dass man jemandem wie Ihnen diesen Fall übertragen hat. Meine Firma untersucht derzeit zwei ähnliche Fälle, bei denen Frauen um beträchtliche Geldsummen gebracht wurden. Ich vermute daher, dass Wilder nicht das einzige Opfer ist, mit dem sich das FBI beschäftigt.“ Sunny verfügte über Informationen, an die er nicht herankam, und das machte sie wertvoll. Er musste also behutsam vorgehen.

Für den Bruchteil einer Sekunde wandte sie den Blick ab. Um sich ihre Antwort zu überlegen, nahm er an, oder um sich eine auszudenken.

„Mir fehlen die Beweise, um die Fälle miteinander in Verbindung zu bringen“, gab er zu und warf damit den Köder aus. „Die Vorgehensweise ist nahezu identisch, obwohl wir bisher nicht viel wissen.“

„Was wissen Sie genau?“

„Drei sehr reiche Damen sind betroffen, und es gibt auf den ersten Blick drei verschiedene Täter. Wenn Sie mit dem Fall beschäftigt sind, nehme ich an, dass Sie handfeste Beweise für eine Verbindung der Fälle haben.“ Er wartete darauf, dass sie anbiss.

„Weiter.“

„Und dass Sie nach einem einzigen Täter suchen.“ Geschickt legte er den Köder aus. „Möglicherweise habe ich genau das, was Sie brauchen, um den Bastard zur Strecke zu bringen.“

„Vielleicht gebe ich Ihnen einige Informationen“, meinte Sunny vorsichtig. „Vorausgesetzt, Sie gewähren mir Zugang zu Ihren gesamten Ermittlungsunterlagen.“

Sie hatte den Köder so leicht geschluckt, dass er fast ein schlechtes Gewissen bekam. „Ich zeige Ihnen meins, wenn Sie mir Ihres zeigen.“

Ihre grünen Augen verdunkelten sich, und sein Magen zog sich zusammen. Ein rascher Blick verriet, dass sich ihre Brustspitzen unter der weißen Bluse aufgerichtet hatten. Ihm fielen plötzlich eine ganze Menge Dinge ein, die sie sich gegenseitig zeigen könnten, und von denen kein einziges mit ihrem Job zu tun hatte.

Ein sinnliches Lächeln erschien auf Sunnys Gesicht, das seine erhitzte Fantasie noch mehr beflügelte. „Nur wenn Sie versprechen, mir Ihres zuerst zu zeigen“, sagte sie mit rauer Stimme.

Zum ersten Mal in seinem Leben verschlug es Duncan die Sprache.

2. KAPITEL

So leicht ließ Sunny nicht locker, wenn sie etwas wollte, und schon gar nicht, wenn es um ihre Karriere ging. Momentan wollte sie zwei Dinge – Duncans Informationen, die ihr möglicherweise bei ihren eigenen Ermittlungen helfen konnten, und den Mann selbst. Je eher, desto besser. Das galt für beides.

Ihr Gewissen meldete sich, denn Duncan bedeutete zweifellos Ärger, so verlockend er auch war. Sie sollte sich über den drohenden Interessenkonflikt Gedanken machen, doch solange ein Abenteuer mit ihm ihre Arbeit nicht beeinträchtigte, sah sie darin kein Problem. Endlich hatte ein Mann es geschafft, ihre Aufmerksamkeit länger als zwei Minuten zu fesseln. Wenn der hungrige Ausdruck in seinen Augen ein Hinweis war, hatte er keine Schwierigkeiten damit, sie trotz des Schulterhalfters als Frau zu sehen. Sie fragte sich, ob er überhaupt bemerkt hatte, dass sie eine Waffe trug.

Ihre Gedanken wurden unterbrochen, da in diesem Moment Margo Wilder majestätisch wie eine Königin hereinschwebte. Sunny und Duncan standen auf.

„Es tut mir Leid, dass ich Sie warten ließ.“ Margo reichte Sunny die Hand. „Es gab eine kleine Krise im Planungskomitee der Wohltätigkeitsauktion, die die Wilder-Stiftung sponsert.“ Sie schüttelte Duncan die Hand, ehe sie ihnen beiden mit einer anmutigen Geste bedeutete, sich wieder zu setzen.

Sunny schätzte Margo Wilder auf Ende vierzig. Sie war eine attraktive Frau mit aschblonden Haaren, die noch keine Spur von Grau aufwiesen. Sie war perfekt frisiert und trug eine elfenbeinfarbene Seidenhose, dazu eine eisblaue Bluse. Die beigefarbene Strickjacke aus Kaschmir, die sie sich um die schmalen Schultern gelegt hatte, hatte sicher mehr gekostet, als Sunny in einem Monat verdiente. Ein paar Lunchmeetings zu viel im Country Club waren vermutlich für die zehn Pfund zu viel an ihrer sonst so mustergültigen Figur verantwortlich. Die ganze Frau wirkte wie ein wandelndes Beispiel für geschickt durchgeführte Schönheitskorrekturen, bei denen an einigen Stellen etwas weggenommen und an anderen etwas hinzugefügt worden war.

„Miss Wilder“, begann Sunny, sobald sie sich alle gesetzt hatten. „ich weiß, dass Sie bereits durch die örtliche Polizei befragt wurden, aber ich bin hier, weil ich noch einige Punkte für die FBI-Ermittlungen klären muss.“ Sie sprach in ruhigem, sachlichem Ton, der Selbstbewusstsein vermitteln und das Vertrauen der Zeugin gewinnen sollte, denn es würde zu sehr intimen Fragen kommen. „Mr. Chamberlain ist im Auftrag Ihrer Versicherung hier“, fuhr sie fort. „Ich hoffe, das ist Ihnen nicht unangenehm, denn jede Information von Ihnen könnte ihm helfen, Ihren gestohlenen Besitz wiederzubekommen.“

„Ich verstehe“, sagte Margo.

Sunny nahm einen kleines Aufnahmegerät aus ihrem Aktenkoffer und legte es auf den runden Couchtisch aus Rosenholz. „Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich unser Gespräch aufnehme?

Margo schüttelte den Kopf. „Überhaupt nicht.“

Sunny nannte Datum, Zeit, Ort und Zweck der Befragung sowie die anwesenden Personen. Dann holte sie ihren Notizblock heraus und klappte ihn bei der Liste ihrer Fragen auf, die sie gestern Abend notiert hatte. Sie hatte sich ihren Lieblingspyjama angezogen, es sich in ihrer neu erworbenen Eigentumswohnung vor dem Fernseher gemütlich gemacht und hatte versucht, sich in die Gedankengänge eines Betrügers hineinzuversetzen, der ahnungslose, gutgläubige Frauen hereinlegte.

Dieser Gedanke bestärkte sie in ihrer Entschlossenheit, den lukrativen kriminellen Aktivitäten des „Verführers“, wie sie ihn beim FBI nannten, ein Ende zu bereiten. Mit etwas Glück würde sie ihn erwischen, bevor er sich an sein nächstes Opfer heranmachte.

Mit Miss Wilder waren es insgesamt sieben Fälle, in denen das FBI ermittelte. Als verschiedene Bundesstaaten unabhängig voneinander das FBI um Unterstützung bei der Identifizierung von am Tatort sichergestellten DNA-Spuren baten, hatte jemand im Labor aufgepasst und die Fälle dem Chef der Abteilung für gewaltlose Verbrechen vorgelegt. In allen Fällen war das Ergebnis dasselbe: Die DNA-Probe war nicht identifizierbar. Das bedeutete aber lediglich, dass der Unbekannte nie im Gefängnis gesessen hatte, denn sonst hätte sich seine DNA-Analyse unter den FBI-Daten befunden. Sunnys Ansicht nach war der Unbekannte entweder sehr clever, oder er hatte großes Glück. Wahrscheinlich beides, da seine kriminellen Aktivitäten sich mittlerweile über zehn Monate erstreckten.

Lächelnd wandte sie sich an Margo. „Fangen wir mit dem Tag an, an dem Sie dem Mann, den Sie als Justin Abbott kannten, zum ersten Mal begegnet sind. Bei der ersten Befragung am Morgen, nachdem Sie den Diebstahl entdeckt hatten, gaben Sie an, dass Sie nach einem Treffen mit Ihren Anwälten zum Mittagessen ins Georgetown Café gefahren waren.“ Wenigstens hatte Margo sofort die Polizei verständigt, was nicht alle Opfer getan hatten. Aus Gründen, die Sunny nicht nachvollziehen konnte, hatte eine der Frauen sogar zwei Wochen gewartet, ehe sie sich an die Polizei wandte.

Margos goldbraune Augen leuchteten, und ihre kollagenverstärkten Lippen verzogen sich zu einem wehmütigen Lächeln. „Ja“, erwiderte sie mit sanfter Stimme. „Das Café war schrecklich voll, und Justin bot mir einen Platz an seinem Tisch an.“

„Erinnern Sie sich daran, Abbott vorher schon mal in dem Café gesehen zu haben?“

„Nein.“

„Sind Sie sicher?“

„Absolut.“

„Ihnen kam nichts an ihm bekannt vor?“, hakte Sunny nach. „Vielleicht war er schon einmal als Handwerker verkleidet bei Ihnen zu Hause oder hat eine Veranstaltung besucht, bei der Sie ihn vorher gesehen haben könnten.“

„Miss MacGregor“, sagte Margo geduldig, „ich versichere Ihnen, ich hätte mich daran erinnert, wenn ich Justin vorher schon einmal begegnet wäre.“

„Warum?“

„Wegen seiner Ausstrahlung. Die vergisst man halt nicht so schnell.“

Das war eine Erklärung, die Sunny nachvollziehen konnte, dank des Mannes, der ihr gegenüber saß. Ihre Blicke trafen sich, und sofort war die Luft wie elektrisch aufgeladen. Sunnys Herz schlug schneller, und ein Kribbeln breitete sich in ihrem Bauch aus.

Rasch schaute sie wieder auf ihren Block und tat, als würde sie ihre Fragen durchgehen. Sie musste sich auf die Arbeit konzentrieren. Sie räusperte sich. „Wann nach Ihrer ersten Begegnung mit Abbott haben Sie ihn wiedergesehen?“

„Am selben Abend“, antwortete Margo. „Er fragte mich, ob ich ihn zu einem Konzert begleite. Er hatte eine Privatloge.“

„Hat Sie sonst noch jemand an dem Abend begleitet? Hatte Mr. Abbott einen Fahrer?“

„Er fuhr selbst.“ Eine leichte Röte erschien auf Margos unnatürlich glatten Wangen. „Wir waren allein.“

Wieso verloren vollkommen vernünftige Frauen den Verstand, wenn es um Männer ging? Sunny würde niemals so dumm sein, einen Mann zu sich nach Hause einzuladen, den sie nicht kannte. Las diese reiche Frau denn keine Zeitung? Die Welt war voller Psychopathen. Aber war sie, Sunny, nicht vorhin noch bereit gewesen, Duncan mit zu sich nach Hause zu nehmen? Was wusste sie denn von ihm?

„Und nach dem Konzert?“, fragte sie.

„Da brachte er mich heim.“ Margo errötete noch stärker. „Wir tranken nur ein Glas Sherry, und nachdem wir uns für den nächsten Abend in einer Kunstgalerie verabredet hatten, ging er.“

Sunny runzelte die Stirn und schaute erneut in ihre Notizen. In der Ermittlungsakte fand sich kein einziger Hinweis darauf, dass Margo mit dem Unbekannten eine Kunstgalerie besucht hatte. „Haben Sie damals der Polizei den Namen der Galerie genannt?“

„Man hat mich nicht danach gefragt. Aber es war das Fifth Street Art Center.“

„War Ihnen klar, dass es seit sechs Monaten geschlossen ist?“, warf Duncan ein.

„Ja, das wusste ich“, antwortete Margo. „Justin hatte eine private Ausstellung organisiert.“

„Mag sein, dass er eine private Ausstellung organisiert hat, Miss Wilder“, sagte Duncan und sah die Zeugin mit durchdringendem Blick an, „allerdings nicht mit Erlaubnis des Besitzers. Das Fifth Street Art Center hat dichtgemacht.“

Margos Miene verdüsterte sich, was dank regelmäßiger Botoxspritzen kaum auffiel. „Das ist unmöglich. Ich war dort. Ich habe sogar eines der Bilder gekauft.“

Das alles war Sunny neu, und es ärgerte sie, dass die örtliche Polizei bei ihren Ermittlungen nicht gründlicher gewesen war. „Haben Sie das Bild?“, fragte sie, ahnte die Antwort jedoch schon.

Margos Miene verfinsterte sich ein wenig. „Noch nicht.“

Und sie würde es auch nie bekommen. „Sind Sie sicher, dass an jenem Abend außer Ihnen beiden niemand sonst in der Galerie war?“

Autor

Jamie Denton

Jamie Denton schmiss ihre lange Karriere als Rechtsanwaltsfachangestellte hin, um ihrer Leidenschaft fürs Schreiben nachzugehen. Der Impuls dazu war, dass ihr allererster Versuch sofort fruchtete: Harlequin Books kaufte Jamies Manuskript vier Tage vor Weihnachten 1994.

Seitdem war Jamie Denton nicht mehr zu stoppen: Sie schrieb weiter, mit großem Erfolg und...

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