Manche mögen's heißer

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Als Ex-Moderatorin Eve den attraktiven Mitch trifft, rast ihr Herz! Auf einen heftigen Flirt folgt prickelnder Sex. Überglücklich beginnt Eve von einer gemeinsamen Zukunft zu träumen - doch böse Zungen behaupten, Mitch hätte sie nur wegen seiner Karriere verführt!


  • Erscheinungstag 28.02.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733739515
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Also, wofür entscheiden wir uns? Sexy Secrets? Die Lügen der Lover? Oder sollen wir uns um einen Studiogast bemühen, der eine intime Beichte ablegen möchte?“

Eve Best, Moderatorin der erfolgreichen Nachmittagstalkshow „Just Between Us“ auf dem Kabelsender CATL-TV, schaute ihre Kolleginnen und Kollegen vom Produktionsteam einen nach dem anderen auffordernd an. Jeden Freitag um siebzehn Uhr setzten sie sich im Konferenzraum zusammen, um das Programm für die nächste Woche festzulegen.

Nur freitags stellten Eve oder Studiogäste sich den Fragen des Publikums. Für die vier Sendungen von Montag bis Donnerstag mit je zweiundzwanzig Minuten Länge mussten sie ihren Zuschauern in und um Atlanta die heißesten Themen rund um Sex und Partnerschaft bieten. Und egal wie viele Shows sie machten, ihnen schienen nie die Ideen auszugehen.

Lainie Kaye, die stellvertretende Redaktionsleiterin, wedelte mit einem Bündel Zeitungsausschnitte. „Wenn es auf einen Gast hinausläuft, habe ich eine Zusage von Dawn Penney. Sie ist die Schauspielerin, die durch diesen schrecklichen Horrorfilm bekannt wurde. Jetzt schreibt sie die Kolumne ‚Das perfekte Date‘ für den ‚Register‘.“

Eve machte sich einige Notizen. „Gut, sprich mit ihr. Versuch mal, sie für Donnerstag zu buchen.“

Cole Crawford, der Produzent, schaute von der Mappe auf, die er überall mit hinzunehmen schien. Eve hatte ihn einmal gefragt, ob er auch mit ihr ins Bett ging, doch es hatte ihr sofort leidgetan. Seit seine Frau ihn verlassen hatte, reagierte er bei Anspielungen auf sein Liebesleben allergisch. Für ihn drehte sich alles nur noch um seinen Beruf und seine beiden Kinder.

„Mittwoch wäre besser“, meinte er. „Um den Leuten über die Wochenmitte zu helfen.“

Eve schüttelte den Kopf. Technisch gesehen hatte Cole das letzte Wort bei der Programmgestaltung, doch dies war ihre Show, und je populärer die wurde, desto mehr Gewicht bekam Eves Meinung. Daher konnte sie sich meistens mit ihrer Vorstellung von dem, was am besten beim Publikum ankam, durchsetzen.

Nicht schlecht, wenn man bedachte, dass sie als Wetterfee begonnen hatte.

„Donnerstag“, wiederholte sie entschieden. „An dem Tag fangen die Leute an, Pläne fürs Wochenende zu machen. Der perfekte Zeitpunkt, ihnen Tipps für ein perfektes Date zu geben.“ Sie lehnte sich zufrieden zurück, als Cole zustimmend nickte.

„Okay, drei Themen stehen fest, eins fehlt noch“, fasste Eve zusammen. „Was schlagt ihr für Mittwoch vor?“

Nicole Reavis, die Redaktionsleiterin, hatte ebenfalls einen Stapel Zeitungsausschnitte mitgebracht. „Ich hatte neulich einen Einfall zu den Tücken männlich-weiblicher Verständigung“, begann sie. „Wie wäre es, wenn wir uns einen Sprachwissenschaftler ins Studio holen? Der könnte dann über die unterschiedlichen Kommunikationsstile reden und erklären, wieso Männer und Frauen dauernd aneinander vorbeireden – ein Umstand, an dem die meisten Beziehungen scheitern.“

„Die Idee gefällt mir“, meinte Eve. Cole beugte sich interessiert vor. Ein gutes Zeichen. „Lasst uns das machen. Nicole, du beauftragst bitte einen der Kontakter, einen passenden Studiogast zu suchen – möglichst jemanden aus Atlanta. Du und ich, wir arbeiten das Skript aus. Was haltet ihr davon, wenn wir das Thema Verständigungsprobleme in der Freitagsdiskussion wieder aufnehmen? Ich wette, jeder im Publikum kann etwas dazu beisteuern. Wir picken drei oder vier Zuschauer heraus, die jeweils ein Beispiel aus männlicher und weiblicher Sicht schildern.“

„Geht klar.“ Nicole kritzelte eifrig in ihr Notizbuch.

In dem Moment steckte John Haas den Kopf zur Tür herein. Mit Mitte zwanzig war er das jüngste Mitglied der Crew, dennoch war er ein erfahrener Kameramann. „Tut mir leid zu stören, Leute. Cole, wir können mit der Beleuchtungsprobe anfangen, wenn du so weit bist.“

„Danke, John“, antwortete Cole, und der junge Mann verschwand.

„Also, dann sind wir fertig?“ Eve schaute in die Runde. „Ja? Gut gemacht. Vielen Dank an alle. Wir sehen uns morgen wieder.“

Nachdem die Kollegen ihre Unterlagen eingesammelt und geräuschvoll die Stühle zurückgeschoben hatten, drängten sie zur Tür. Gleichzeitig zwängte sich Eves Assistent Dylan an ihnen vorbei in den Raum. „Eve …“

„Hey, Dylan.“

Dylan Moore war über einen Meter achtzig groß und schlaksig. Die Tinte auf seinem Abschlusszeugnis in Kommunikationswissenschaften war noch nicht trocken, doch er war fest entschlossen, Karriere im TV-Business zu machen. Es störte ihn nicht, ganz unten anzufangen. Eve war sich sicher, dass sie ihn eines Tages an Cole verlieren würde. Aber in der Zwischenzeit war er derjenige, der zuverlässig dafür sorgte, dass ihr Büro Minute für Minute funktionierte.

„Er ist da“, raunte Dylan ihr leise zu.

„Wer?“, fragte sie.

Dabei ahnte sie es bereits. Sie hatte seine Ankunft befürchtet, seit Cole ihr in der vergangenen Woche von ihm erzählt hatte.

„Mitchell Hayes von CWB.“

Als Dylan ihre Befürchtung bestätigte, spürte Eve ein unangenehmes Ziehen im Bauch.

„Der Mann, der dich abwerben will.“

Mitchell Hayes, in maßgeschneidertem Anzug, rollte mit den Schultern, um seinen verspannten Nacken zu lockern. Jeder Muskel war verhärtet, was es ihm erschwerte, gelöst und zuversichtlich zu wirken.

In der TV-Branche war Aussehen alles. Das galt in Atlanta ebenso wie in New York. An diesem Nachmittag war es entscheidend, dass er überzeugend auftrat, ohne arrogant zu wirken. Dazu freundlich und vertrauenswürdig, ohne den Eindruck zu vermitteln, ein Kriecher zu sein.

„Wir müssen die Show ‚Just Between Us‘ bekommen, um mehr weibliche Zuschauer an uns zu binden“, hatte Nelson Berg, sein Chef bei CWB – Communications and Wireless Broadcasting – vor zwei Tagen gesagt. „Wenn es dir gelingt, diese Eve Best für uns zu gewinnen, kannst du dich mit Gold aufwiegen lassen.“

„Und wenn es nicht klappt?“

Nelson hatte ihm einen langen Blick zugeworfen und seine Fingerspitzen über dem Bauch aneinandergelegt – ein untrügliches Zeichen, dass schlechte Nachrichten drohten. „Wir hatten dich gebeten, Jah-Redd Jones für uns zu holen, aber NBC hat ihn unter Vertrag genommen. Wir wollten Alistair McCall haben, und zwar unbedingt. Und was ist dabei herausgekommen?“

„OLN hatte einen Maulwurf in ihrem Sender“, hatte sich Mitch verteidigt. „McCall hatte den Vertrag schon bei der Konkurrenz unterzeichnet, bevor ich überhaupt ins Flugzeug gestiegen war.“

„Nun, bei CATL-TV gibt es niemanden, der gegen uns arbeitet“, hatte Nelson scharf erwidert, „doch das ist nur eine Frage der Zeit. Eve Best ist noch ein Geheimtipp, aber bald werden sich die großen Sender um sie reißen. Dass sie und ihre Freunde als Lottomillionäre in die Schlagzeilen gekommen sind, tut ihrer Einschaltquote zusätzlich gut. Du fliegst nach Atlanta, schmeichelst dich bei ihr ein und sorgst dafür, dass sie bei uns unterschreibt.“

„Oder?“

„Oder ich werde mir Ersatz für dich suchen“, hatte Nelson unverblümt verkündet. „Es hat nicht viel Sinn, einen Headhunter zu behalten, der nicht in der Lage ist, den Speck nach Hause zu holen, oder?“

Nein, da hatte Nelson wohl recht.

Auf Reisen wie diesen fragte Mitch sich oft, warum er das alles auf sich nahm und sich so von Nelson abspeisen ließ. Keiner im Team dieses Mannes hatte ein Privatleben. Alle waren so sehr damit beschäftigt, „Speck“ anzuschleppen, dass sie keine Zeit hatten, sich ein Zuhause zu schaffen, in dem sie nach getaner Arbeit auftanken konnten. Sie hatten Wohnungen, ja. Orte, an denen sie ihre Besitztümer aufbewahrten, klar. Aber ein Zuhause? Nein.

Die elektronisch gesicherte Glastür hinter dem Empfangstresen wurde mit einem leisen Klicken entsperrt, und ein junger Afroamerikaner trat heraus.

„Mr Hayes, ich bin Dylan Moore, der persönliche Assistent von Eve Best.“ Er gab Mitch die Hand. „Hier entlang, bitte.“

Mitch folgte ihm durch ein Labyrinth von Korridoren. Als sie hinter den Studios entlanggingen, musste er lächeln. Auch hier drehte sich alles um den äußeren Schein. Auf der Rückseite sah man, dass die aufwendigen Kulissen nur simple Bretterwände waren. Überall schlängelten sich zusammengebundene Kabelstränge entlang.

Hinter einem Treppenabsatz kamen sie an einem großen Raum vorbei, wo, dem Müll nach zu urteilen, gerade eine Redaktionskonferenz zu Ende gegangen war. Moore blieb an einer Tür daneben stehen, und Mitch unterdrückte den Drang, noch einmal seine Nackenmuskeln zu dehnen und seine Krawatte zu richten.

Er nickte Moore zu und betrat mit einem Lächeln und ausgestreckter Hand Eve Bests Büro.

Eine CWB-Schwestergesellschaft in Atlanta hatte ihm eine Box mit DVDs zukommen lassen, auf denen die Shows der vergangenen drei Monate aufgezeichnet waren. Obwohl er Eve Best insgesamt zwanzig Stunden auf dem Bildschirm studiert hatte, war er völlig überrascht von der faszinierenden Ausstrahlung, die von ihr ausging.

Sie schob ihren Stuhl zurück und kam um den Schreibtisch herum auf ihn zu. Mitch zuckte innerlich zusammen, so heftig reagierte sein Körper auf diese Frau. Die Tunika, die sie trug, war tief genug ausgeschnitten, um ein verführerisches Dekolleté zu zeigen, ohne die Grenzen des guten Geschmacks zu überschreiten. Mitch hatte das natürliche Lächeln erwartet, mit dem sie ihre Zuschauer bezauberte. Stattdessen blickte sie ihn mit ihren großen grünen Augen ernst an.

Sie schien nicht gerade erfreut, ihn zu sehen.

„Eve, dies ist Mitchell Hayes von CWB“, sagte Moore von der Tür her. „Mr Hayes, Eve Best.“

„Danke, Dylan.“

Ihre Stimme klang leicht heiser und ließ Mitch angenehm erschauern. Wann hatte er sich das letzte Mal derart spontan zu einer Frau hingezogen gefühlt?

Was hatte Nelson ihm mit auf den Weg gegeben? Er sollte diese Frau so lange umschmeicheln, bis sie Ja sagte.

Zu einem Vertrag bei CWB.

Mitch rief sich zur Ordnung. Er musste sich auf seinen Job konzentrieren, und zwar bald, sonst würde er in große Schwierigkeiten geraten, was seine Karriere betraf.

„Bitte, setzen Sie sich doch, Mr Hayes“, forderte Eve ihn höflich auf und kehrte an ihren Platz zurück.

Etwas verspätet wurde ihm bewusst, dass er etwas erwidern musste, um die Kontrolle über dieses Gespräch zu bekommen. Außerdem sollte er aufhören, Eve anzustarren wie ein Teenager die knackige Cheerleaderin in der ersten Reihe.

„Danke, dass Sie sich Zeit für mich genommen haben, Miss Best“, begann er. „Ich kann mir vorstellen, Ihr Kalender ist ziemlich voll.“

„Da haben Sie recht. Ich hatte nur noch diesen Termin für Sie frei, und auch der ist knapp bemessen. Ich weiß es zu schätzen, dass Sie die lange Reise auf sich genommen haben, um dieses Gespräch persönlich mit mir zu führen, aber ich besuche heute Abend eine Benefizveranstaltung und muss leider schon in einer halben Stunde aufbrechen.“

Was für eine wunderbare Stimme. Was für eine Ausstrahlung. Kein Wunder, dass die Zuschauer scharenweise bei „Just Between Us“ einschalteten. Er könnte dieser Frau den ganzen Tag zusehen. „Die Zeit wird genügen.“ Wieder versuchte er sich zu entspannen und sich gleichzeitig auf sein Ziel zu konzentrieren. Doch er war durch und durch fasziniert von ihr, sodass sein Auftrag, sie für seinen Sender zu verpflichten, immer mehr in den Hintergrund rückte.

Und dann lächelte sie. Es war ein Lächeln, das eine Ablehnung ankündigte, dennoch war er hingerissen.

„Es dauert nicht lange, um Nein zu sagen, nicht wahr?“, meinte sie betont liebenswürdig.

Reiß dich zusammen. Dein Job hängt von der nächsten halben Stunde ab. „Ich hoffe, dass ich Sie überzeugen kann, sich anders zu entscheiden, Miss Best. CWB würde sich sehr großzügig zeigen, wenn Sie bei uns, einem überregionalen Sender, unterzeichnen. Sie könnten sich damit vor einem Millionenpublikum beweisen.“

„Bitte nennen Sie mich Eve. Alle tun das.“

Er lächelte. Für einen Sekundenbruchteil fiel ihr Blick auf seinen Mund, und er registrierte es mit einem Funken Genugtuung. „Und ich bin Mitch.“

„Wie lange sind Sie schon bei CWB, Mitch?“

Er merkte, dass sie einer Antwort auswich. Trotzdem war er glücklich, mit ihr Smalltalk zu machen, solange er nur weiter ihrer Stimme lauschen konnte.

„An die fünf Jahre. Ich habe in der Produktion angefangen, aber dann habe ich erkannt, dass mir das Organisatorische besser liegt. Ich bin immer über Kabel gestolpert und im falschen Moment vor die Kameras gelaufen.“

Da war wieder dieses Lächeln. Diesmal etwas wärmer.

„Gefällt Ihnen Ihre Tätigkeit als Headhunter?“

„Ja.“ Jedenfalls war das mal so. Inzwischen bin ich mir nicht mehr sicher. „Ich finde es schön, Menschen, die Außergewöhnliches leisten, mit Leuten zusammenzuführen, die diese Fähigkeiten schätzen, fördern und vor allen Dingen honorieren. Menschen wie Sie, zum Beispiel, und CWB.“ Geschickt brachte er das Gespräch wieder auf den Punkt. „Wenn Sie Ihre Show bei uns machen, bieten wir Ihnen sechs Millionen Dollar für das erste Jahr, acht für das zweite und zehn für das dritte – vorausgesetzt, Sie sind bereit, sich langfristig zu binden.“

Ein langsamer Augenaufschlag war ihre einzige Reaktion. Für eine Frau, die vor der Kamera durch ihre Offenheit, Spontanität und Direktheit wirkte, hatte sie sich hervorragend in der Gewalt.

„Das ist sehr großzügig.“

„Ich glaube nicht, dass Sie ein besseres Angebot erhalten werden, auch nicht von den großen Sendern wie NBC oder SBN. Sind die bereits auf Sie zugekommen?“

„Wenn es so wäre, würde ich es Ihnen wohl kaum verraten, nicht wahr?“

Natürlich nicht. Doch auch wenn die Konkurrenz bisher noch nicht tätig geworden sein sollte, würde sie schnell reagieren, sobald sich herumsprach, dass CWB sich für Eve interessierte.

„Vielleicht nicht, aber Sie wissen ja, wie es ist. In dieser Branche kennt jeder jeden, und nichts bleibt lange geheim.“

„Nun, das wäre auch egal.“

Mit einem Blick auf die Uhr stand sie auf. Mitch erhob sich ebenfalls, als sie um den Schreibtisch herumkam und ihm die Hand hinstreckte. „Danke, dass Sie sich die Mühe gemacht haben, mir Ihr Angebot persönlich zu unterbreiten, Mitch. Es ist sehr schmeichelhaft, doch die Antwort lautet Nein.“

Er nahm ihre Hand. Dabei fielen ihm zwei Dinge auf. Erstens, dass ihre Finger schlank und warm waren. Und zweitens, dass sie größer war, als er angenommen hatte. Er maß eins neunzig, und mit ihren High Heels war sie nur einen halben Kopf kleiner als er.

Dann bemerkte er noch etwas. Sie duftete verführerisch. Nach einer Mischung aus Vanille und anderen exotischen Gewürzen. Unwillkürlich atmete er tief ein. Sie sah ihm in die Augen.

„Mitch?“

Er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Hastig stammelte er ein paar Dankesworte, weil sie sich Zeit für ihn genommen hatte, verließ ihr Büro und fand sich auf dem Fahrersitz seines Mietwagens wieder, ohne zu wissen, wie er dort hingekommen war.

Wenn er noch eine Sekunde länger in Eves Nähe geblieben wäre, hätte er sie an sich gezogen und sein Gesicht an ihre Halsbeuge geschmiegt, um ihren betörenden Duft einzuatmen. Und dann hätte er sie geküsst, bis sie alles um sich herum vergessen hätte.

Mitch konnte nur ahnen, wie sich das auf die Chancen ausgewirkt hätte, dass sie Ja zu ihm sagte.

Er schüttelte den Kopf. Ja zu CWB. Nicht zu ihm.

„War er das?“

Jane Kurtz erschien auf der Schwelle zu Eves Büro. Als sie sah, dass Eve allein war, schlüpfte sie hinein und schloss die Tür hinter sich.

„Ja, das war er.“ Eve lehnte sich zurück, während Jane sich auf den Stuhl setzte, den Mitch gerade erst verlassen hatte.

„Er heißt Mitchell Hayes und arbeitet für CWB.“

„Oh, den Sender mag ich. Ich sehe mir jede Woche ‚Dirty Secrets of Daylily Drive‘ an.“

„Jane, hier geht es nicht um deine Lieblingsserie. Wir werden nicht zu CWB wechseln. Ich habe ihm das klipp und klar gesagt, und er ist daraufhin so schnell verschwunden, dass es eine riesige Staubwolke gegeben hat. Aber er wird wiederkommen.“

„Woher weißt du das?“

„Ich habe so ein Prickeln in den Fingerspitzen.“ Ganz zu schweigen von dem Kribbeln in ihrem Bauch, wo es gar nichts zu suchen hatte.

„Wie genau sind denn deine Fingerspitzen?“ Jane rückte einen Stapel Zeitschriftenausschnitte auf der Ecke von Eves Schreibtisch gerade. Wann hattest du zum letzten Mal Sex? – so lautete die Schlagzeile des obersten Artikels.

Eve wollte nicht über diese Frage nachdenken. Sechzehn Stunden am Tag kreisten ihre Gedanken um Beziehungen zwischen Männern und Frauen, wer was bekam und warum, und ob sie Studiogäste finden würde, die bereit waren, darüber zu reden. Kein Außenstehender käme auf die Idee, dass sie, Atlantas Beziehungsexpertin schlechthin, nicht einmal eine Affäre hatte.

Mitchell Hayes hatte bestimmt eine. Vielleicht auch mehrere. Wahrscheinlich standen in New York begehrenswerte Models und aufstrebende Jungschauspielerinnen bei ihm Schlange. Nun, sie wünschte ihnen alles Gute. Mitchell Hayes würde ihre Show nicht bekommen – und auch nichts anderes von ihr.

„Eve?“

Sie blinzelte. „Ja?“

„Ich wollte wissen, wie zuverlässig dein Gefühl ist? Wird dieser Hayes dein Nein akzeptieren, oder werden wir Jenna beauftragen müssen, ein weiteres Kontaktverbot zu erwirken?“

Jenna Hamilton war die Rechtsanwältin des Senders. Nachdem kürzlich bekannt geworden war, dass Eve gemeinsam mit vier Kollegen achtunddreißig Millionen Dollar im Lotto gewonnen hatte, war sie schon zwei Mal gezwungen gewesen, allzu aufdringliche Neider per gerichtlicher Verfügung in die Schranken weisen zu lassen. Seit sich das konsequente Durchgreifen der Anwältin herumgesprochen hatte, hielten sich die Belästigungen in Grenzen. Zum Glück.

Selbst jetzt, zwei Monate nach dem Gewinn und dem damit verbundenen öffentlichen Wirbel, konnte Eve es immer noch kaum fassen, dass sie bald vielleicht mehrere Millionen Dollar besitzen würde. Mit so viel Geld könnte sie sich ein Grundstück außerhalb der Stadt leisten, weite Reisen unternehmen, mehr tun, als sich nur nebenher mit gemeinnützigen Projekten zu befassen. Das Problem war nur, dass ihre und Janes ehemalige Freundin Liza Skinner einen gleich hohen Anteil an der Gewinnsumme für sich beanspruchte, weil die Tippgemeinschaft angeblich „ihre“ Zahl gespielt hatte. Dabei hatte Liza schon lange vor dem Gewinn die Stadt verlassen, noch dazu, ohne sich zu verabschieden. Sie hatte sich auch nicht mehr an den Kosten für die Lotto-Tipps beteiligt. Eve hielt ihren Anspruch daher für absurd. Liza hatte einen Anwalt eingeschaltet, und die Lottogesellschaft hatte die Auszahlung des Gewinns noch nicht vorgenommen. Wenn sie sich nicht innerhalb einer bestimmten Frist einig wurden, würde der Gewinnanspruch sogar verfallen, und alle würden leer ausgehen. Die ganze Angelegenheit verursachte Eve Magenschmerzen, daher bemühte sie sich, nicht daran zu denken.

Wieder versuchte sie sich auf das Gespräch mit Jane zu konzentrieren. Was war nur mit ihr los? „Er hat einen Auftrag, und er wird alles tun, um sein Ziel zu erreichen. Eine Absage wird er nicht ohne Weiteres akzeptieren. Das sehe ich ihm an. Er hat ein markantes Kinn, das lässt auf Eigensinnigkeit schließen, und sein Blick war offen. Er meint es ernst. Der Sender lockt mit sehr viel Geld.“

Jane winkte ab. „Wer von uns braucht das? Wir haben bald ausgesorgt. Und was hast du überhaupt auf sein Kinn zu achten?“, fragte sie argwöhnisch.

Eve zuckte betont gleichmütig mit den Schultern. „Du kennst mich. Es ist eine Angewohnheit von mir, dass ich Leute genau beobachte.“

Dazu gehörte allerdings normalerweise nicht, auf die Lippen eines Mannes zu schauen und dabei zu überlegen, wie sie sich beim Küssen anfühlen mochten. Oder sich beim Anblick seiner schlanken Hände vorzustellen, wie er ihren nackten Körper streichelte.

Jane bohrte nicht weiter und stand auf. „Ich bin jedenfalls froh, dass ich nichts mit ihm zu tun habe. Du kannst dich immer noch unerreichbar machen und Jenna auf ihn hetzen.“

„Das habe ich bereits getan.“ Eve erhob sich ebenfalls und nahm ihre Aktentasche. „Mich unerreichbar gemacht, meine ich. Heute Abend gehe ich auf den Ball zugunsten von ‚Atlanta Reads‘, einem Förderprogramm für Erwachsene, die nicht lesen und schreiben können. Ich hoffe nur, es wird sich niemand daran erinnern, dass ich mein grünes Kleid auch auf der Spendengala der ‚Women of Power‘ getragen habe.“

„Befestige ein paar Pfauenfedern daran. So hat Nicole Kidman es bei einem ihrer Kleider gemacht“, rief Jane ihr über die Schulter zu, bereits auf dem Weg in ihr eigenes Büro. „Oder fahr in die Stadt und kauf dir schnell ein neues. Bis die Rechnung da ist, haben wir unsere Lottomillionen, und du kannst dir für jeden Abend des Jahres ein anderes Kleid kaufen.“

Eve lachte und schüttelte den Kopf. Sie verließ den Sender durch den Hinterausgang und ging zu ihrem Wagen. Das möchte ich erleben, dachte sie.

Ob sie nun Lottogewinnerin war oder nicht, sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie die Vorsicht ablegen würde, die typisch für jemanden war, der mit nicht viel mehr als dem Nötigsten aufgewachsen war. Isabel Calvert, ihre Großmutter mütterlicherseits, hatte sie als elfjähriges Mädchen bei sich aufgenommen. Damals war Eve völlig traumatisiert gewesen, denn ihre Eltern waren bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Nana, so hatte sie ihre Großmutter genannt, hatte sie liebevoll umsorgt.

Zwar hatten sie in Coral Gables in einer hübschen kleinen Villa gewohnt, doch Geld war immer knapp bei ihnen gewesen. Nach dem College war Eve von Florida nach Atlanta gezogen. Dies war seit Generationen die Heimatstadt der Familie ihres Vaters. Sie hatte ihren Verdienst besonnen investiert und genug erwirtschaftet, um die Anzahlung für ein Haus im Vinings District leisten zu können. Nana wäre stolz auf sie. Es war nicht besonders groß, dafür lag es in einer guten Gegend. Mit einer feinen Adresse war in Atlanta schon die halbe Schlacht geschlagen.

Da sich der Feierabendverkehr zügig auflöste, kam Eve bald zu Hause an. Nach dem Duschen begutachtete sie den Inhalt ihres Kleiderschranks und seufzte. Mit den paar schwarzen Kleidern und dem einen grünen, das sie besaß, kam sie nicht weit. Jetzt, da sie als prominente Talklady mit einem Millionenvermögen im Hintergrund zunehmend für die Presse interessant wurde, sollte sie vielleicht Janes Rat befolgen und ihre Garderobe um ein paar Abendroben aufstocken.

Sie beschloss, dass diesmal noch das grüne Kleid genügen musste. Es hatte einen weiten Rock, saß am Oberkörper jedoch hauteng. Eve musste streng auf ihre Figur achten, denn auf dem Bildschirm wirkte jeder um einige Pfund schwerer, als er in Wirklichkeit war. Noch etwas Haarspray und die Diamantohrringe ihrer Großmutter, und sie war fertig zum Ausgehen.

Die Veranstaltung zugunsten von „Atlanta Reads“ fand im Ashmere House statt, einer typischen alten Südstaatenvilla, die dem Ashmere Trust als Hauptsitz diente. Eve stieg aus dem Taxi und drapierte den grünen Chiffonschal über ihren linken Arm. Die warme Abendbrise strich um ihre nackten Schultern, und sie atmete tief den Duft von Farnen und Eukalyptus ein. Schließlich schritt sie die fächerförmig geschwungene Außentreppe hoch und tauchte in die Menge im Foyer ein.

„Eve. Ich freue mich, dass Sie hier sind.“

Eve drehte sich zu Dan Phillips um, dem sowohl der Sender CATL-TV gehörte als auch die Firma, die „Just Between Us“ produzierte. „Hallo Dan. Ich musste einfach kommen. Schließlich geht es um eine wirklich gute Sache. Wer wäre nicht dafür, dass alle Menschen lesen lernen?“

„Die Leute vom Fernsehen“, erwiderte er so ernst, dass sie sich nicht sicher war, ob das ein Scherz sein sollte oder nicht. „Meine Frau hat mich regelrecht gezwungen, mich in den Smoking zu werfen. Dann hat sie sich mit einer spitzen Nagelfeile bewaffnet und mich zur Tür hinausgedrängt.“

„Maya ist eine kluge Frau“, meinte Eve lächelnd. „Sie werden Ihr Kommen nicht bereuen. Ich habe gehört, dass Ambience für das Catering sorgt.“

„Wirklich?“ Seine Miene hellte sich auf. „Dann sollte ich mich wohl unters Volk mischen. Ich möchte zu gern wissen, wie die Menschen hinter Ihrem Rücken über Sie reden.“

Eve hob eine Hand. „Erzählen Sie es mir bloß nicht, wenn es negativ ist.“

„Das wird nicht der Fall sein. Jeder in Atlanta liebt Sie.“ Phillips hielt kurz inne. „Und ein paar Leute im Norden auch schon, wie ich erfahren habe.“

Eve machte sich gar nicht erst die Mühe, so zu tun, als hätte sie die Anspielung nicht verstanden. „Ich vermute, Sie haben mit Mitchell Hayes gesprochen.“

„Ja, das habe ich.“

„Und?“, drängte Eve, da er nur an seinem Martini nippte und nicht weiter ins Detail ging.

„Und nichts. Es ist nicht meine Entscheidung, sondern Ihre. Allerdings habe ich klargestellt, dass die Show zu Driver Productions gehört und dass wir Sie, falls es ihm gelingen sollte, Sie zu ködern, erst nach Ablauf Ihres Vertrags freigeben würden. Die Show aber bleibt hier, auch wenn es eine ganz andere Frage ist, was sie uns ohne ihre Gastgeberin nützen würde.“

Autor

Shannon Hollis
Die ersten positiven Reaktionen auf ihre Geschichten bekam Shannon im Alter von acht Jahren. Damals beeindruckte sie ihren Lehrer mit einer Novelle, die von einem Geist handelte, der auf dem Friedhof umgeht. Ihren ersten Roman schrieb Shannon mit siebzehn Jahren und schickte das Manuskript an einen Verlag. Vielleicht hat der...
Mehr erfahren