Mehr als ein süßes Spiel

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Beim Wiedersehen erkennt Jay, dass er immer noch tiefe Gefühle für die hinreißende Rebecca hegt. Dabei verließ seine große Liebe ihn einst ohne ein Wort der Erklärung. Obwohl die Schatten der Vergangenheit über ihnen schweben, lodern die Flammen der Begierde erneut auf.


  • Erscheinungstag 09.10.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733727833
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Rebecca blickte blass und unbewegt auf den Anzeigenteil der überregionalen Tageszeitung, die aufgeschlagen vor ihr lag.

„Was wirst du tun?“, fragte Christina vorsichtig.

Es war früh am Morgen, der Arbeitstag hatte gerade erst begonnen. Jenseits der Tür ihres kleinen Büros hörte Rebecca das beruhigende Surren mehrerer Nähmaschinen und die gedämpften Stimmen ihrer fünf Angestellten.

„Ich weiß es nicht“, antwortete sie, ohne den Blick von der großen, schwarz umrandeten Anzeige zu wenden, die ihr bedrohlich ins Gesicht zu springen schien:

Miss Rebecca Shaw, letzte bekannte Adresse im Dorf Thornley in South Yorkshire, wird dringend gebeten, folgende Telefonnummer anzurufen, da ihre Mutter ernsthaft erkrankt ist.

Nein! Ich werde es nicht tun! schoss es ihr durch den Kopf. Wie konnte man überhaupt nur wagen, ihr so etwas vorzuschlagen? Sie wandte sich ab und blickte zum Fenster hinaus in den grauen Wintermorgen, während sie sich zehn Jahre zurückversetzt fühlte und wieder das achtzehnjährige Mädchen war, dessen verzweifelte Bitten niemand hören wollte.

Draußen war es bitterkalt. Der scharfe Nordwind fegte über die Schneereste und wirbelte sie wie Puderzucker auf. Eine Coca-Cola-Dose kullerte scheppernd über die Straße, vom Wind getrieben, und eine alte Frau, die völlig durchfroren aussah, kämpfte mit ihren schweren Einkaufstaschen gegen die Böen an.

Ein Junge kam auf seinem Rad um die Ecke. Die kräftigen Beine traten unbeirrt in die Pedale. Ein Lächeln huschte über Rebeccas Gesicht, das erste, seit Christina ihr die Zeitung hingelegt hatte. Die Nase des Jungen war rot von der beißenden Kälte, aber die blauen Augen funkelten vor Vergnügen. Er hatte Spaß am Kampf mit dem Wind.

„Rebecca? Sie ist deine Mutter“, gab Christina zu bedenken. „Anscheinend ist sie krank und fragt nach dir. Du kannst das nicht einfach ignorieren.“

Das Lächeln verschwand. Die grauen Augen blickten starr. Im Geiste hörte sie die Stimme ihrer Mutter. Du wirst es tun, Rebecca, oder du brauchst mir nie wieder unter die Augen zu kommen! „Nein, vermutlich kann ich das nicht“, stimmte sie ihrer Freundin resigniert zu.

„Ich könnte bei der Nummer für dich anrufen, wenn dir das lieber ist“, schlug Christina ihr vor. „Um erst einmal herauszufinden, wie krank sie wirklich ist.“

„Nein.“ Rebecca schüttelte den Kopf. Sie wusste genau, wessen Telefonnummer das war. Selbst nach zehn langen Jahren kannte sie sie immer noch auswendig. Es war der Privatanschluss von Thornley Hall. Jays Nummer.

Wieder hörte sie die Stimme ihrer Mutter. Jay liebt dich nicht, du Närrin! Er hat sich nur genommen, was du ihm so freigiebig angeboten hast! Du hast dich ihm den ganzen Sommer über ja förmlich an den Hals geworfen!

Und wie vor zehn Jahren tat es unvorstellbar weh. Damals hatte sie den Worten ihrer Mutter natürlich nicht geglaubt. Sie war gerade erst achtzehn gewesen, blind vor Liebe und völlig verängstigt. Nein, es hatte des Beweises aus einer anderen Quelle bedurft, damit sie die Dinge akzeptieren konnte, wie sie waren. Dann aber hatte sie jedes einzelne, grausame, demütigende Wort geglaubt.

Sie hörte das Zuschlagen der Haustür. Ein Schrammen und Scheppern verriet, dass sich jemand in der engen Diele bemühte, ein Fahrrad seitlich an den Treppenaufgang zu lehnen. Im nächsten Moment wurde die Bürotür aufgerissen und das grinsende Gesicht eines Schuljungen mit roten Wangen und windzerzaustem Haar erschien. „Hallo, Mom!“, begrüßte der Junge Rebecca aufgeregt. „Wow, hast du gesehen, wie stürmisch es draußen ist? Es hat mich fast vom Rad geweht!“

Ein überwältigendes Gefühl von Liebe stieg in ihr auf, sogleich gefolgt von einer ebenso starken wie unerklärlichen Angst, die ihr die Kehle zuschnürte. Sie räusperte sich. „Kit“, wandte sie sich ruhig an ihren Sohn, „ich muss einige Tage verreisen. Macht es dir etwas aus, solange bei Christina und Tom zu bleiben?“

„Natürlich nicht!“ Er betrat den Raum und brachte einen frischen Lufthauch mit herein. „Onkel Tom wird mich zum Angeln mitnehmen, wenn ich ihn freundlich bitte.“ Bei diesen Worten lächelte er Christina spitzbübisch zu und offenbarte dabei seinen unwiderstehlichen Charme, der seiner Mutter erneut einen Stich durchs Herz versetzte. „Aber wo musst du hin? Doch nicht schon wieder auf Stoffsuche, oder?“

Rebecca nahm diese Ausrede dankbar an. „Ich fürchte, das ist es wirklich“, antwortete sie und warf Christina einen bezeichnenden Blick zu. „Wir haben gerade von einer neuen Weberei in Yorkshire erfahren, und Christina meint, es würde sich lohnen, sie sich einmal anzusehen.“

„Okay.“ Kit zuckte gleichmütig die Schultern. Er war es gewohnt, dass seine Mutter ihn immer wieder einmal bei Christina und Tom ließ, wenn sie sich auf die Suche nach guten, aber preiswerten Stoffen für ihre smarten Modelle machte. Und Christina und Tom, selber kinderlos, nahmen ihn immer gern bei sich auf.

„Da gerade Schulferien sind, könnten wir vielleicht einen Besuch bei McDonald’s und im Kino einplanen“, schlug Christina fröhlich vor.

„Toll! O ja, bitte, Tante Chrissy!“ Er drückte Christina überschwänglich an sich. „Wann musst du los?“, wandte er sich dann an seine Mutter, und sein argloser Eifer, sie loszuwerden, ließ sie lächeln.

Doch das Lächeln verschwand rasch wieder, und Rebecca wandte sich ab, damit Kit ihren sorgenvollen Ausdruck nicht bemerkte. „Ich weiß es noch nicht, aber vielleicht sofort. Ich muss vorher noch einige Anrufe machen.“

„Du liebe Güte, wie spät es schon ist!“, kam Christina ihr zu Hilfe. „Komm, Kit, hilf mir, den Tee für die Mannschaft zu machen. Dabei können wir unsere Pläne schmieden, während deine Mutter sich um ihre kümmert.“

Rebecca blickte den beiden wehmütig nach, als sie das Büro verließen. Ihr Sohn war groß und kräftig und so sehr Jays jüngeres Ebenbild, dass sie sich oftmals fragte, wie sie den Sohn so vorbehaltlos lieben konnte, wo sie den Vater doch aus tiefstem Herzen verachtete. Sie setzte sich an den Schreibtisch und barg das Gesicht in den Händen, während die Erinnerungen auf sie einstürmten. „Lieber Himmel!“, flüsterte sie. „Warum konnten sie mich nicht in Frieden lassen?“

Es war zehn Jahre her, seit Rebecca Jay zum ersten Mal als Frau begegnet war, erblüht aus einem wilden und unbändigen Kind. Gerade achtzehn und so voller Lebenslust, dass ihr junges Gesicht förmlich glühte, als Jay sie in jenem fatalen Sommer aufsuchte.

Er war mit dem Universitätsdiplom in der Tasche zurückgekehrt, ungeduldig bestrebt, seinen Platz an der Seite seines Vaters in dem Multimillionen-Pfund-Imperium einzunehmen, das dieser von Harrogate aus mit eiserner Hand leitete.

Die Familie Lorence, wohlhabende Großgrundbesitzer seit Alters her, galt in dieser Gegend als die Spitze der gesellschaftlichen Elite. Doch trotz des Klassenunterschieds hatte Jay immer eine wichtige Rolle in Rebeccas Leben gespielt. Jay hatte ihr das Reiten beigebracht und damit einen Weg aufgezeigt, wie sie ihr lebhaftes Temperament in der reinen Freude darüber ausleben konnte, auf dem Rücken von einem von Jays prachtvollen Pferden durch die herrliche Landschaft von Yorkshire zu galoppieren. Lachend hatte sie das Gesicht in den Wind gehalten, der ihr die rotbraune Haarmähne zerzauste, und dieses Gefühl von Freiheit genossen. Frei zu sein vor allem von den strengen Verboten ihrer peniblen Mutter und der verletzenden Erkenntnis, dass dem Vater die Rosen mehr galten als seine Tochter. Eine Tochter, die ein wahrer Wildfang war und es schwer hatte mit einer nörgelnden Haushälterin als Mutter und einem in sich gekehrten Gärtner als Vater.

Jay war immer da gewesen, wenn sie in Schwierigkeiten steckte. Er hatte sie aus dem Fluss gezogen, als sie im Frühjahrshochwasser geschwommen und fast ertrunken war, und ihr die fällige Gardinenpredigt gehalten. Jay hatte sie in den Arm genommen und getröstet, als ihr Vater unerwartet und viel zu früh an einem Herzinfarkt gestorben war. Und er hatte sie vor dem Zorn ihrer Mutter beschützt, wenn sie wieder einmal in ihrem Drang, aus der Enge auszubrechen und das Leben zu genießen, über die Stränge geschlagen hatte.

So war es auch Jay gewesen, der sie ein Jahr vor jenem fatalen Sommer aus Joe Tyndells Wagen gezerrt hatte, als sie es für an der Zeit hielt, herauszufinden, was ihre Freundinnen in der Schule bereits längst wussten.

„Genügt es nicht, dass du sowieso schon als nicht zu bändigen giltst? Muss man dich auch noch für schamlos halten?“, schimpfte er und trieb sie vor sich her zum Haus.

„Du liebe Güte, Jay, wir haben uns doch nur geküsst!“, entgegnete sie heftig, wobei es ihr insgeheim sehr unangenehm war, dass ausgerechnet Jay sie in dieser peinlichen Situation ertappt hatte. „Irgendwann muss ein Mädchen das doch lernen.“

Er hatte sich ihr wütend zugewandt, fünf Jahre älter als sie und damals schon ein erwachsener Mann – groß, schlank und unglaublich attraktiv. Sein schwarzes Haar glänzte im Mondlicht, während er den Blick seiner blauen Augen verächtlich über ihre zarte Gestalt gleiten ließ, die mit einer weißen Sommerbluse und einem Wickelrock bekleidet war. „Sieh dich doch nur an!“, fuhr er sie an. „Es ist ein bisschen mehr als nur ein Kuss nötig, um deine Bluse aufzuknöpfen.“

Entsetzt blickte sie an sich herab und stellte fest, dass er recht hatte.

„Du trägst nicht einmal einen BH!“, fügte er hinzu.

„Das tun die Mädchen heute nicht mehr“, entgegnete sie trotzig und versuchte, die Bluse zusammenzuhalten.

„Du aber nicht!“ Und ehe Rebecca wusste, wie ihr geschah, hatte Jay sie zornig gepackt und an sich gezogen. „Wenn du unbedingt Unterricht im Küssen haben wolltest, hättest du zu mir kommen sollen, Becky“, flüsterte er. „Schließlich habe ich dir auch sonst alles beigebracht, oder nicht?“

Rebecca erinnerte sich noch gut, wie es sie heiß durchzuckt hatte, als sie zögernd zu ihm aufgeblickt und seine Absicht gespürt hatte. „Nicht, Jay“, protestierte sie halbherzig, dann nahm er schon von ihren Lippen Besitz, und sie vergaß alles um sich her. Nichts in ihren wildesten, kühnsten Träumen hatte sie auf die alles verzehrende Leidenschaft vorbereitet, die zwischen ihnen entflammte, als Jay sie küsste und ihre nackten Brüste umfasste und liebkoste. Es hatte sie erschreckt und erregt zugleich.

Dann hatte er sie fortgeschoben, war einen Schritt zurückgewichen und hatte sie wütend betrachtet, wie sie völlig benommen und atemlos vor ihm gestanden hatte. „Du hältst dich fern von den Jungen, Becky!“, befahl er rau. „Hast du mich verstanden?“ Dann machte er auf dem Absatz kehrt, ging durch das Tor zum Herrenhaus hinauf und war schon am Pförtnerhaus vorbei, wo sie mit ihrer Mutter wohnte, ehe es ihr in den Sinn kam, ihm zu folgen.

Am nächsten Tag war er fort, zurück zur Universität, und Rebecca hatte ihn fast ein Jahr lang nicht gesehen. Als Jay sie jedoch im darauf folgenden Sommer aufsuchte, fand er eine andere Rebecca vor. Sie war zur Frau gereift und hatte sich aus einer wilden Range zu einer exotischen Schönheit entwickelt.

Er fand sie unten am Fluss, wo sie auf einer Decke saß, ganz vertieft in den neuesten Sex-and-Crime-Bestseller. Es war ein strahlender, heißer Sommertag. Die Oberfläche des Flusses war fast spiegelglatt, weil sich kaum ein Lüftchen regte. Rebecca trug sehr kurze hellblaue Shorts und ein weißes Westentop, was Jay erlaubte, ihre sanft gebräunten schlanken Arme und wohl geformten Beine zu bewundern.

Sie hatte keine Ahnung, wie lange er dort im Schatten eines Baumes gestanden hatte, aber plötzlich merkte sie, dass sie beobachtet wurde, drehte sich um und erblickte ihn. Er lehnte am Stamm des Baumes, die Hände in den Taschen seiner engen Jeans, die Miene unergründlich.

„Hallo“, grüßte er fast zögernd.

„Hallo“, antwortete sie und lächelte scheu. „Ich habe schon gehört, dass du wieder da bist.“

Einen Moment lang sahen sie sich schweigend an. Dann kam er zu ihr, ließ sich neben ihr auf der Decke nieder und warf einen prüfenden Blick auf das Buch, das sie bei seinem Anblick beiseite gelegt hatte. „Ist das nicht ein bisschen gewagt für dich?“, meinte er skeptisch, als er den Titel las.

„Ja.“ Ihre grauen Augen funkelten übermütig. Aber etwas in Jays Blick machte sie plötzlich befangen, und sie wechselte das Thema. „Übrigens, herzlichen Glückwunsch. Ich habe gehört, du hast dein Examen mit Auszeichnung bestanden.“

Er nickte. „Ich gelte jetzt tatsächlich als Mann.“ Sein spöttischer Ton fand Rebeccas Mitgefühl. Ihr ungestümes Wesen mochte sich immer wieder gegen die vielen Beschränkungen und Verbote auflehnen. Aber Jay hatte trotz des Reichtums und aller Privilegien nicht weniger Probleme, weil es nahezu unmöglich war, den hohen Erwartungen seines despotischen Vaters gerecht zu werden.

„Einen ganzen Sommer zu Hause …“ Er seufzte zufrieden und streckte sich neben ihr aus. „Danach gehe ich für ein Jahr nach Amerika, um das Geschäft von Grund auf zu lernen, bevor mein Vater mich auf irgendeine seiner Firmen loslässt.“

Rebecca blickte wehmütig zur Seite. „Wir alle müssen wohl irgendwann erwachsen werden.“

„Ja.“ Jay betrachtete ihr feines Profil. „Du hast schon längst damit angefangen.“ Er streckte die Hand aus und ließ den Zeigefinger sacht über ihr Kinn gleiten. „Warst du auch brav, während ich fort war?“

Ihre Augen blitzten amüsiert. „O ja. Wenigstens so brav, wie es mir möglich ist. Außerdem hatte ich auch kaum Zeit für etwas anderes, weil meine Mutter mir einen Job besorgt hat. An drei Nachmittagen in der Woche helfe ich Mrs. Lumley im Gutshaus aus.“

„Im Gutshaus?“ Jay setzte sich überrascht auf. „Du solltest da nicht arbeiten, Rebecca“, meinte er ärgerlich. „Anders als deine Mutter bist du nicht dafür gemacht, andere Menschen zu bedienen.“

Rebecca glaubte, eine Spur von Geringschätzung für die Tätigkeit ihrer Mutter herauszuhören, und richtete sich stolz auf. „Ich bin weder besser noch schlechter als meine Mutter, Jay“, entgegnete sie frostig. „Ich schäme mich nicht, Betten zu machen oder Böden zu schrubben, um mir meinen Lebensunterhalt zu verdienen.“

„Wenn du schon Betten machen und Böden schrubben musst, dann wäre es mir lieber, du würdest es auf Thornley Hall tun und nicht für die Hamers!“

„Ist das nicht reizend?“ Rebecca kniete sich wütend hin und begann, ihre Sachen einzusammeln. Das rotbraune Haar fiel ihr wie ein seidiger Vorhang ins Gesicht. „Mit anderen Worten, es ist in Ordnung, wenn ich deine Böden schrubbe, aber nicht die von jemand anderem!“ Oft genug hatte sie ihrer Mutter schon geholfen, wie es von der Tochter der Haushälterin erwartet wurde.

„Das habe ich nicht gemeint.“ Er packte sie am Handgelenk, um sie am Aufstehen zu hindern. „Verdammt, Becky!“ Er ließ sich wieder auf die Decke zurückfallen und blickte zu ihr auf. „Olivia Hamer wird sich freuen, dich herumkommandieren zu können.“

„Mit Olivia komme ich schon klar.“ Rebecca wich jedoch seinem Blick aus, weil es sie tatsächlich sehr in ihrem Stolz kränkte, wie dieses Biest Olivia ihre Position ihr gegenüber ausspielte.

Olivia Hamer war zwei Jahre älter als Rebecca, eine hellblonde Schönheit, die einer ähnlich privilegierten Familie entstammte wie Jay. Doch sie war wahnsinnig eifersüchtig auf das spezielle Band zwischen Jay und Rebecca. Umso mehr genoss sie es, die Rivalin jetzt an drei Nachmittagen in der Woche unter ihrer Knute zu haben.

Obwohl Jay sie nur noch ganz lose festhielt, entzog ihm Rebecca ihre Hand nicht, sondern blickte reglos und nachdenklich auf den Fluss hinaus, während Jay ebenfalls seinen Gedanken nachhing.

„Du trägst immer noch keinen BH“, bemerkte er unvermittelt, was Rebecca veranlasste, ihn errötend anzusehen.

„Es ist zu heiß“, versuchte sie sich zu verteidigen und errötete noch mehr, als Jay den Blick vielsagend über ihre hohen, straffen Brüste schweifen ließ, die sich unter dem dünnen Stoff ihres Tops abzeichneten.

„Wunderschön“, flüsterte er. „Wunderschön …“ Er blickte auf und sah sie eindringlich an. „Ich habe den Anblick deiner wunderschönen Brüste nicht vergessen können, Becky, seit ich sie in jener Vollmondnacht gesehen habe.“

„Bitte, Jay, nicht …“ Sie wollte zurückweichen, verharrte aber wie gebannt. Jay hob die noch freie Hand, umfasste damit eine ihrer Brüste und ließ den Daumen sacht über die harte Spitze gleiten. Er spürte, wie Rebecca erschauerte. Kurz verweilte sein Blick auf ihrem verlockenden, halb geöffneten Mund, bevor er sie leidenschaftlich ansah.

„Wunderschöne Brüste. Ein wunderschöner Mund. Ich habe auch diesen Kuss nicht vergessen können“, flüsterte er. „Und ich habe ein ganzes Jahr darauf gewartet, dich wieder zu küssen!“

Mit einem Ruck zog er sie zu sich herab. Rebecca kam seinen Lippen ohne Gegenwehr entgegen und verlor sich ganz in seinen heißen Küssen und leidenschaftlichen Zärtlichkeiten. Dort im Schatten des großen Ahornbaumes am Ufer des Flusses, der träge in der Sonne glitzerte, führte Jay sie in die Kunst der Liebe ein und weckte endgültig die leidenschaftliche und heißblütige Frau in ihr.

„Ich liebe dich, Becky“, flüsterte er, als sie kurz zögerte. „Ich glaube, ich habe dich schon immer geliebt.“

Und im Vertrauen auf diese Liebeserklärung gab sie sich ihm hin. Nicht eine Sekunde zweifelte sie an der Aufrichtigkeit seiner Worte, niemals hätte sie geglaubt, dass ausgerechnet Jay sie belügen könnte. Einen ganzen, wundervollen Sommer lang waren sie praktisch unzertrennlich, trafen sich heimlich, sooft es eben ging, und schwelgten in ihrer jungen Liebe. Sie liebten sich, wann immer und wo immer es möglich war, und kamen sich so nahe, dass oftmals ein bloßer Blick oder ein Lächeln genügte, um ihre Leidenschaft anzuheizen.

Am Ende dieses Sommers war Rebecca dann furchtbar traurig, weil Jay sie verlassen und für ein ganzes Jahr nach Amerika musste.

Jay drückte sie fest an sich. „Ich muss mich vor meinem Vater beweisen, bevor ich etwas von ihm fordern kann“, versuchte er es ihr zu erklären. „Und du bist noch so jung … Aber ich verspreche dir, wenn ich zurückkomme, werden wir heiraten.“

Er ging für ein Jahr fort, und sie sah ihn nie wieder.

Mit diesem bitteren Gedanken tauchte Rebecca aus ihren Erinnerungen wieder auf. Nicht lange danach hatte auch sie Yorkshire verlassen, schwanger mit Jays Sohn. Die grausame Reaktion seines Vaters war ihr unauslöschlich im Herzen eingebrannt.

„Niemand erpresst diese Familie zu einer Heirat, meine Liebe! Sie behaupten, es sei Jays Kind, aber er streitet es ab. Tatsächlich zweifelt er sogar grundsätzlich an, dass Sie überhaupt wissen können, von wem sie schwanger sind, weil es allgemein bekannt ist, dass Sie für jeden zu haben sind!“ Mit verächtlicher Miene hatte er ihr einen Scheck in die Hand gedrückt. „Sehen Sie zu, dass Sie es loswerden. Das ist heutzutage kein Problem, und das Geld hier sollte mehr als genug sein dafür. Ich will keinen Skandal im Zusammenhang mit meiner Familie. Mein Sohn wird Olivia Hamer heiraten, wie es immer geplant war. Deshalb werden Sie das Baby los, oder ich werde Sie und Ihre Mutter vor die Tür setzen, wobei sie Mühe haben wird, eine neue Stelle zu finden, weil Sie darauf wetten dürfen, dass ich ihr keine guten Referenzen geben werde!“ Und während sie wie am Boden zerstört vor ihm gestanden hatte, hatte er noch unbarmherzig hinzugefügt: „Davon abgesehen, möchte ich Sie hier nie wieder sehen. Verschwinden Sie mir aus den Augen und aus dem Leben meines Sohnes. Er will mit Ihresgleichen nichts tun zu haben!“

Die Reaktion ihrer Mutter war nicht weniger brutal gewesen. „Du musst tun, was er sagt, Rebecca“, hatte sie hysterisch geschrien. „Ich arbeite seit über zwanzig Jahren für die Lorences. Wer gibt mir noch einen neuen Job, wenn er mich feuert? Und ich will auch keinen anderen! Verschwinde. Sieh zu, dass du das Baby loswirst, und komm nie wieder zurück! Du hast mir genug Schande bereitet! Mehr als genug!“

Komm nie wieder zurück …

Rebecca blickte auf die aufgeschlagene Zeitung, wo die Anzeige sie jetzt genau um das Gegenteil bat. Ein ironisches Lächeln huschte über ihr Gesicht. Eigentlich hätte sie die Bitte ignorieren müssen, so wie man all ihre flehentlichen Bitten vor zehn Jahren ignoriert hatte. Resigniert atmete sie tief ein, griff nach dem Telefon und wählte die Vorwahl von Yorkshire.

2. KAPITEL

Es war bereits dunkel, als der Zug in den Bahnhof von Harrogate einfuhr. Erschöpft von der langen Fahrt, war Rebecca froh, endlich aufstehen und ihren kleinen Koffer aus dem Gepäcknetz heben zu können. Sie war sich immer noch nicht sicher, warum sie überhaupt gekommen war oder was sie noch für ihre Mutter empfand.

Der Anruf in Thornley Hall war sehr kurz und rein sachlich gewesen. Zu ihrer Erleichterung hatte sich eine ihr völlig unbekannte Mrs. Musgrove gemeldet, die Rebecca, sobald sie ihr Anliegen nannte, bereitwillig alle nötigen Informationen gegeben hatte. Ihre Mutter lag anscheinend auf der Intensivstation des Krankenhauses in Harrogate. „Ein Schlaganfall“, hatte ihr die fremde Frau in dem sanften Dialekt von Yorkshire erklärt, der sofort Heimweh in Rebecca weckte. „Sie fragt ständig nach Ihnen, die Ärmste. Aber ich glaube, am besten erklärt Mr. Jay Ihnen alles. Wenn Sie einen Moment warten …“

„Nein!“, hatte sie sofort abgewiegelt. Allein bei dem Gedanken, mit Jay sprechen zu müssen, geriet sie in Panik. „Es wird nicht nötig sein, Mr. … Lorence zu stören.“ Rasch hatte sie der Frau die Einzelheiten ihrer Reisepläne durchgegeben. „Ich hoffe also, dass ich bis zur Teezeit im Krankenhaus eintreffen werde“, hatte sie geschlossen und das Gespräch schnell beendet. Ihre Hände hatten gezittert, als sie das Telefon auf die Station zurückgelegt hatte. Es war eine Sache, dem Ruf ihrer Mutter ans Krankenbett zu folgen. Das war zumindest ihre Pflicht. Aber mit dem Mann zu sprechen, der der eigentliche Grund dafür war, dass sie sich überhaupt in der Lage befand, sich zu fragen, ob sie ihre eigene Mutter noch einmal wiedersehen wollte, war ihr eine unerträgliche Vorstellung.

Die bedrohlichen Wettervorhersagen hatten sie veranlasst, mit der Bahn und nicht mit dem Auto zu fahren. Yorkshires überraschende Schneestürme waren berüchtigt, und sie hatte keine Lust, mitten im einsamen Moor stecken zu bleiben.

„Pass auf dich auf, Mom“, hatte ihr Sohn sie fürsorglich ermahnt. „Und ruf mich an, wenn du angekommen bist. Manchmal kann so ein Schneesturm sogar einen Zug zum Halten zwingen, weißt du“, fügte er altklug hinzu.

Rebecca hatte ihm fest versprochen anzurufen, und Kit hatte ihr nachgewinkt, bis der Zug den Bahnhof verlassen hatte. Und neben dem etwas rundlichen, untersetzten Tom hatte ihr hoch gewachsener, kräftiger Sohn so sehr wie Jay ausgesehen, dass die Erinnerung an vergangene Zeiten geweckt wurde und schmerzliche Sehnsucht in ihr wachrief.

Der Zug kam nun mit einem Ruck zum Stehen. Rebecca zog ihren dunklen Wollmantel über. Ärgerlich bemerkte sie, dass ihre Finger zitterten, als sie die großen schwarzen Knöpfe zumachte. Sie streifte die schwarzen Lederhandschuhe über und atmete tief ein. Trotz der ermüdenden Reise und des ernsten Anlasses sah sie gut aus. Noch eine halbe Stunde zuvor hatte sie sich auf der Zugtoilette frisch gemacht und ihr langes rotbraunes Haar noch einmal neu zu einer eleganten Frisur hochgesteckt. Doch die zittrigen Finger sprachen für sich. Rebecca fürchtete insgeheim, dass sie sich mehr um ihre Mutter sorgte, als sie sich eingestehen wollte.

Als eine von vielen Reisenden stieg sie aus dem Zug und ragte doch aus der Gruppe heraus, ohne sich dessen bewusst zu sein. Es mochte etwas mit ihrer kühlen, beherrschten Ausstrahlung zu tun haben, die sie sich vor Jahren als Teil ihrer Überlebensstrategie angeeignet hatte. Dazu war sie für eine Frau ungewöhnlich groß und von einer so natürlichen Anmut, dass man sich überall nach ihr umdrehte – vor allem natürlich die Männer.

Der Mann, der mit unbewegter Miene eingangs des Bahnsteigs wartete, erstarrte jedenfalls sichtlich bei ihrem Anblick. Denn obwohl er sie hatte aufwachsen sehen und miterlebt hatte, wie sie sich von einer wilden Range zu einer schönen jungen Frau entwickelt hatte, und obwohl er sich in all den Jahren, in denen er sie nicht gesehen hatte, immer wieder gefragt hatte, wie sie wohl aussehen mochte, war er nicht darauf vorbereitet, wie schön sie jetzt war.

Er presste die Lippen zusammen und beobachtete, wie sie sich umdrehte und den Koffer aus dem Zug holte. Dann kam sie langsam und anmutig auf ihn zu. Jeder ihrer gemessenen Schritte brachte sie näher. Sein Herz schlug schneller.

Sie hatte ihn noch nicht bemerkt. Hoch gewachsen und gertenschlank, bewegte sie sich noch mit der gleichen Sinnlichkeit, wie er es in Erinnerung hatte. Das zarte, ovale Gesicht wirkte noch genauso täuschend zerbrechlich, das dichte rotbraune Haar war zwar elegant hochgesteckt, wie es die frühere Rebecca nie getan hätte, aber man brauchte nur die Haarnadeln herauszuziehen, und die unbändige Lockenmähne war wieder da.

Ja, dachte er verbittert. Ihre Schönheit übertraf seine kühnsten Träume und weckte in ihm ein Verlangen, das er längst für tot gehalten hatte.

Das also war Rebecca nach zehn Jahren.

Sie hatte jetzt die Sperre erreicht und zeigte dem Bediensteten mit behandschuhter Hand ihre Fahrkarte. Mit klarer, heller Stimme erkundigte sie sich nach dem Taxistand und bedankte sich mit einem Lächeln, das ihre grauen Augen kurz aufleuchten ließ. Dann ging sie durch die Sperre.

„Hallo, Rebecca“, begrüßte er sie ruhig.

Rebecca schreckte aus den Gedanken hoch, als sie ihren Namen von dieser ihr so vertrauten Stimme ausgesprochen hörte. Zögernd blickte sie auf. Sein unerwarteter Anblick machte sie für einen Moment sprachlos. Er wirkte kühl und Furcht einflößend, aber auch irgendwie angespannt. Rebecca blickte in seine blauen Augen und dachte nur: Liebe Güte, er ist Kit so ähnlich! Er sieht aus wie sein Sohn!

Die ganze Verbitterung der letzten Jahre stieg in ihr hoch und schnürte ihr die Kehle zu. Zehn Jahre, dachte sie, und er hat sich kaum verändert. Er war immer noch schlank und athletisch, das Haar dicht und pechschwarz. Immer noch dieselbe hoch aufgerichtete, leicht arrogante Haltung, dieselbe unglaublich männliche Ausstrahlung, die ihn so attraktiv und sexy machte.

Sogar jetzt, trotz ihrer schmerzlichen Erfahrung mit seiner Gefühllosigkeit, übte dieser Mann, der da in dem eleganten schwarzen Kaschmirmantel über dem dunklen Maßanzug vor ihr stand, eine geradezu magische Wirkung auf sie aus. Sein markantes, geradezu sündhaft attraktives Gesicht hatte sich kaum verändert. Es war lediglich etwas hagerer und die Züge durch die Jahre etwas schärfer geworden.

„Hallo, Jay“, erwiderte Rebecca mit einiger Verspätung seinen Gruß und fügte kühl hinzu: „Ich hatte nicht erwartet, dass mich jemand abholen würde.“

Autor

Michelle Reid
Michelle Reid ist eine populäre britische Autorin, seit 1988 hat sie etwa 40 Liebesromane veröffentlicht. Mit ihren vier Geschwistern wuchs Michelle Reid in Manchester in England auf. Als Kind freute sie sich, wenn ihre Mutter Bücher mit nach Hause brachte, die sie in der Leihbücherei für Michelle und ihre Geschwister...
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