Mein Ex, der sinnliche Verführer

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Wir heiraten. Mein Sohn braucht einen Vater! Das könnte diesem arroganten Kerl so passen, denkt Caitlyn. Kaum ist Luke Kilgore wieder in der Stadt, will er schon über ihr Leben bestimmen. Inzwischen ist er ein erfolgreicher Geschäftsmann - und immer noch atemberaubend sexy. Doch Caitlyn kann nicht vergessen, dass Luke ihr schon einmal das Herz gebrochen hat. Deshalb darf sie dem erotischen Knistern zwischen ihnen keine Beachtung schenken. Nur aus Pflichtgefühl soll er sie nicht vor den Altar führen! Und für eine Liebesheirat scheint es zu spät zu sein … oder etwa nicht?


  • Erscheinungstag 20.11.2012
  • Bandnummer 1742
  • ISBN / Artikelnummer 9783954461660
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Verzweifelt betrachtete Caitlyn Wakefield ihre Kontoauszüge. Sie sah nicht die geringste Möglichkeit, Scheich Hassan Bin Najjar die nächste Hypothekenrate zu bezahlen.

Was sollte sie seinem geheimnisvollen Adoptivsohn Raffi Bin Najjar sagen, wenn der gleich hier auftauchte?

Caitlyn hatte keine Ahnung.

Viele Male war sie die Bücher durchgegangen, ob es irgendeine Möglichkeit gab, die fällige Zahlung zu leisten und gleichzeitig das Überleben der Ranch zu sichern. Aber wie sie es auch drehte und wendete, die Fixkosten waren zu hoch und die Einnahmen zu niedrig.

Wenn sie Hassan um Aufschub bat, würde der ihn ihr wahrscheinlich sogar gewähren. Aber selbst dann musste sie schmerzliche Einschnitte vornehmen, um nicht noch tiefer in die roten Zahlen zu geraten. Schließlich konnte Hassan ihr nicht ewig aushelfen.

Sie hasste es, ihn zu enttäuschen. Er sollte doch stolz auf sie sein!

Leider waren die Verkäufe, auf die sie gehofft hatte, nicht zustande gekommen. Sie seufzte. Im Grunde stand sie jetzt am selben Punkt wie ein halbes Jahr zuvor, als Hassan die Hypothek übernommen und ihr damit kurzfristig aus der Patsche geholfen hatte.

Es war ohnehin ein Wunder, dass Hassan, einer der reichsten Scheichs der Welt, ihr Freund, Banker und Wohltäter geworden war. Und dies umso mehr, wenn man bedachte, dass er im Mittleren Osten und in Europa, sie dagegen in Texas lebte.

Ohne ihre gemeinsame Leidenschaft für edle Pferde hätten sie einander nie kennengelernt.

Vor mehr als einem Jahr, im September, waren sie sich bei der großen Jährlingsauktion in Keeneland in Virginia zufällig begegnet. Damals hatte sie mit ihrem Sachverstand den Scheich vor einem Fehlkauf bewahrt.

Darüber freute er sich so sehr, dass er ihr sogar ein Dankesschreiben schickte.

Ein paar Monate später rief er sie an, weil Sahara, eines seiner hoffnungsvollsten Nachwuchspferde, vor Startboxen scheute.

Zu ihrer Überraschung lud er sie nach Deauville ein, damit sie mit dem Tier trainierte – für ein Dreifaches ihres üblichen Honorars.

Nach dem erfolgreichen Abschluss ihrer Arbeit führte er sie zum Essen aus und erfuhr dabei von ihrer finanziellen Misere. Nicht lange danach hatte er ihrer Bank die Forderungen gegen sie abgekauft, um selbst ihr Gläubiger zu werden und ihr so durch flexiblere Ratenzahlungen unter die Arme zu greifen.

Noch immer konnte sie so viel Glück kaum fassen!

Nach allem, was er für sie getan hatte, wollte sie sich seines Vertrauens so gern als würdig erweisen. Aber wie sollte ihr das unter diesen Umständen gelingen? Was sollte sie Hassan Beruhigendes ausrichten lassen?

Entmutigt klappte sie die Ordner zu. Als ihr Blick auf das Foto fiel, das ihren Sohn Daniel ohne Sattel auf einem Pferd zeigte, lächelte sie – trotz ihrer finanziellen Misere.

Natürlich durfte er eigentlich nicht ohne Aufsicht reiten. Aber auch wenn es sie verrückt machte, wie unternehmungslustig und unvorsichtig er manchmal war, war der fünfjährige Knirps doch der Sonnenschein in ihrem Leben.

Im vergangenen Jahr in Keeneland war sie ganz besonders stolz auf ihn gewesen, und auch Hassan hatte er beeindruckt. So sehr, dass er erzählt hatte, wie er Kalil, seinen einzigen leiblichen Sohn, ein paar Jahre zuvor in Paris beinah durch Kidnapping verloren hätte.

„Damals habe ich Raffi, seinen Retter, ehrenhalber adoptiert.“

Caitlyn hatte höflich gelächelt, während sie in Gedanken bei ihren Pferden auf den Koppeln und bei dem umherspringenden Daniel gewesen war.

„Ihr Sohn hat Ähnlichkeit mit Raffi. Er ist genauso munter und voller Energie und wird einmal ein vortrefflicher Mann werden.“

„Wirklich?“, hatte sie geistesabwesend gefragt.

„Ja, sogar seine Augen gleichen Raffis. Es ist derselbe Grünton. Da, wo ich herkomme, ist das eine sehr seltene Augenfarbe.“

„Bei uns auch. Er hat sie von seinem Vater geerbt.“

Sie hatten sich noch weiter über Texas, die Ranch und Pferdezucht im Allgemeinen unterhalten, bevor der Scheich sie um ihre Visitenkarte gebeten hatte.

„Raffi hat früher auch in Texas gelebt, soviel ich weiß, sogar ganz in Ihrer Nähe.“ Und noch eingehender als zuvor hatte er Daniel betrachtet.

Seit dieser ersten Begegnung in Keeneland hatte sich Hassan in all seinen Briefen und Anrufen nach Daniel erkundigt. Und gerade dieses fast großväterlich anmutende Interesse an ihrem Sohn war einer der Hauptgründe, warum sie den Scheich so sehr mochte.

Zärtlich strich sie über das Foto und dachte wieder über ihre finanziellen Probleme nach. Aber ihr fiel beim besten Willen nichts ein, was die Wild Horse Ranch retten konnte. Dabei kannte sie Geldsorgen bereits aus der Kindheit. Nie würde sie vergessen, wie ihr Vater ihr und ihrer Mutter eröffnet hatte, dass sie die Ranch verlassen und in die Stadt ziehen mussten.

Sie hatte sich schrecklich gefühlt, erschüttert bis in die Grundfesten ihrer Persönlichkeit.

Jetzt blieb ihr nur eines: inständig zu hoffen, dass sie die Sympathie von Raffi Bin Najjar gewinnen würde.

Langsam ging sie zum Fenster hinüber und sah hinaus auf das weite trockene Grasland. Als sie an diesem Dezembermorgen eine Stunde vor Sonnenaufgang aufgestanden war, war es noch ziemlich kalt gewesen. Sie hatte sich nur schnell eine Tasse Kaffee gemacht und war sofort in ihr Büro gegangen.

Wie sollte sie einem Fremden, der von einer Ranch wahrscheinlich nicht das Geringste verstand, ihre Lage begreiflich machen? Einem gebildeten reichen Mann, der in London lebte?

Selbst wenn es stimmte, dass er Texas von früher kannte – die Auswirkungen der schlimmsten Dürre seit Jahrzehnten konnte er sich wohl kaum vorstellen.

Wie sollte ein Junggeselle verstehen, welchen Einschnitt der Tod ihres Mannes bedeutet hatte? Und wie sehr ihr – ganz abgesehen von ihrer Trauer – seine Arbeitskraft auf der Ranch fehlte?

Was wusste ein Milliardär schon von den Folgen einer Wirtschaftskrise, die das ganze Land erfasst hatte?

Viele Rancher und Pferdezüchter wollten ihre Tiere verkaufen – ganz im Unterschied zu ihr selbst. Auch wenn ihre Einnahmen gesunken und die Kosten gestiegen waren, ging es allmählich wieder aufwärts. Nur leider nicht schnell genug.

Während sie den letzten Schluck ihres inzwischen kalten Kaffees trank, versuchte sie, ihre Befürchtungen zu verdrängen. Würde die Familie Cooper die Ranch erneut verlieren? Trotz all ihrer persönlichen Opfer? Das größte Opfer hatte für sie die Heirat mit Robert bedeutet, als sie sechs Jahre zuvor schwanger und allein gewesen war.

An die Gründe für ihre Hochzeit mochte sie gar nicht denken! Schnell sprang sie auf und floh regelrecht in den Stall zu ihren geliebten Pferden.

Die Absätze ihrer Stiefel hallten auf dem Betonboden wider. Angel und die anderen Pferde schienen ihre Unruhe zu bemerken und betrachteten sie besorgt aus ihren großen braunen Augen.

Seltsam, wie ruhig Caitlyn sich in der Nähe der Tiere fühlte. Sobald sie einen warmen Pferdekörper berührte, fühlte sie sich sofort geborgen. Die Nähe zu den Tieren tröstete sie immer wieder aufs Neue.

Vorsichtig knabberte Angel an ihrer Hand. „Robert war kein guter Manager“, flüsterte Caitlyn. „Und ich bin es leider auch nicht. Ich gebe zu viel Geld für euch aus, meine Lieblinge. Jetzt kann uns nur noch ein Wunder retten.“

Angel nickte, als ob sie jedes Wort verstand.

„Vielleicht führt der Weg über Raffi! Hassan hat erzählt, sein Sohn hat sein Vermögen in nur fünf Jahren aufgebaut, indem er marode Unternehmen aufgekauft hat.“

Konnte dieser Mann ihr neue Möglichkeiten aufzeigen? Sie spürte einen Funken Hoffnung in sich aufkeimen.

Hassan hielt große Stücke auf sie. Er fand, eine Frau wie sie sollte sich nicht so viel Gedanken über Geld machen müssen. „Ich schicke dir meinen Sohn. Er ist ein brillanter Geschäftsmann“, hatte er am Telefon gesagt. „Wenn er sich deine Bücher ansieht, fällt ihm sicher etwas ein.“

Eigentlich hätte sie Raffi schon vor einem halben Jahr treffen sollen, als Hassan sie nach Deauville geflogen hatte, damit sie mit Sahara arbeitete. Aber damals war Raffi ein wichtiger geschäftlicher Termin dazwischengekommen.

Um sich auf das heutige Gespräch vorzubereiten, hatte sie versucht, etwas über ihn herauszubekommen, aber sie hatte nur wenige Artikel und gar kein Foto von ihm im Internet gefunden. Die meisten Berichte handelten davon, wie Hassan und Raffi zusammengefunden hatten.

Damals hatte es Raffi ganz allein mit drei Terroristen aufgenommen, um Kalil zu befreien. Hassan hatte ihn angestellt und als Sohn angenommen. Wegen seiner Tüchtigkeit und mit dem Geld des Scheichs im Hintergrund war Raffi in kurzer Zeit überaus erfolgreich geworden.

Wie er ihr in Deauville anvertraut hatte, wünschte sich Hassan, dass Raffi bald eine Familie gründete.

Wenn man dem glauben konnte, was im Internet über das Privatleben von Mr Bin Najjar jr. stand, war er Frauen sehr zugetan. Aber für sie – eine Pferdetrainerin in abgewetzten Jeans – würde er sich wohl kaum interessieren.

„Was meinst du, Angel? Soll ich Lippenstift auflegen?“ Sie hielt dem Tier eine Karotte hin, was ihm ein freundliches Wiehern entlockte.

„Also gut. Dann mit Lippenstift. Wer weiß, vielleicht verbringt Mr Raffi Bin Najjar ja tatsächlich ein Wunder.“

Später am Tag sollte sie sich darüber klar werden, dass es eher verwunderlich war, dass ihr nicht der leiseste Verdacht gekommen war, dieser Raffi könne gar kein Fremder sein – weder auf der Wild Horse Ranch noch für sie.

Am Nachmittag hatte Caitlyn andere Sorgen als ihren Lippenstift. Dafür sorgte ein Anruf ihrer Freundin Lisa, der Besitzerin der Nachbarranch.

„Ramblin’ Man ist letzte Woche im Pferdeanhänger von einer Biene gestochen worden, und seitdem ist er nur noch ein Schatten seiner selbst. Ich wollte ihn zu meiner Mom fahren, damit er eine Stute deckt, aber ich krieg ihn nicht in den Hänger. Was soll ich denn jetzt machen? Hilfst du mir?“

„Ja, wenn du ihn hierher reiten kannst und jemand deinen Hänger auf meine große Koppel bringt. Daniel ist mit Manuel weggeritten. Und ich habe einen wichtigen Termin. Ich treffe mich mit Hassans Sohn.“

„Ach ja, wegen der Hypothek.“

„Der Fahrer hat schon angerufen, dass sie auf dem Weg vom Flughafen hierher sind. Das heißt, ich kann hier nicht weg.“

„Okay, alles klar“, sagte Lisa. „Ich denke, das krieg ich hin.“

Statt sich also auf die wichtige Begegnung vorzubereiten – nochmals die Bücher durchzugehen oder sich hübsch zu machen –, stand Caitlyn jetzt mit einer Führleine in der Hand im Pferdeanhänger.

Einen Huf im Hänger, stand Ramblin’ Man mit aufgerissenen Augen wie erstarrt da.

„Schon gut, mein Schöner. Du brauchst keine Angst zu haben“, sagte Caitlyn sanft und löste die Leine vom Halfter. „Gut gemacht, mit einem Bein warst du schon drin.“

Sie gab ihm das Kommando zurückzugehen. Sichtlich erleichtert sprengte der Hengst über die Wiese.

Caitlyn sah ihm nach und sprang aus dem Hänger. In ein paar Minuten würde sie es nochmals versuchen, um das Pferd nicht zu überfordern.

„Caitlyn!“, rief Lisa von der anderen Seite der Koppel. „Warum hast du mir nicht gesagt, dass Luke Kilgore kommt?“

Als sie den Namen des Mannes hörte, den sie einmal geliebt hatte, krampfte sich Caitlyn das Herz zusammen.

Luke? Der sie verlassen hatte, als sie einundzwanzig und schwanger gewesen war? Er kam hierher? Aber weshalb? Und warum, in drei Teufels Namen, ausgerechnet auch noch … jetzt?

Sie wandte den Kopf und sah den großen, schlanken dunkelhaarigen Mann in einem eleganten Anzug lässig am Gatter lehnen.

Caitlyn schluckte.

Luke! Er wirkte unbeschreiblich männlich und anziehender denn je.

Wie oft hatte sie sich in der Vergangenheit nach ihm gesehnt! Von ihm geträumt … Aber jetzt, da er gekommen war, erschien ihr das Ganze wie ein Albtraum.

Die grünen Augen, das markante Gesicht mit dem klassischen Profil und vor allem die sinnlichen Lippen – das war unverwechselbar Luke.

Jäh überflutete sie die Erinnerung an zärtliche Stunden mit ihm.

Seine Ausstrahlung war noch immer genauso elektrisierend wie damals – aber war dieser Mann im Maßanzug tatsächlich der Cowboy, den sie einst so geliebt hatte?

„Was machst du denn hier?“, fragte sie entgeistert.

„Mein Fahrer hat mich doch angekündigt. Du und ich haben einen Termin.“

„Du bist Raffi Bin Najjar?“

Er nickte. „Ja, so nennt man mich.“

„Ungewöhnlich für einen Mann, seinen Namen zu ändern.“

„Ich habe zwei Namen. Den einen habe ich bei meiner Geburt bekommen, den anderen hat Hassan mir gegeben, als er mich zu seinem Sohn gemacht hat. Warum soll er mich nicht Raffi nennen, wenn es ihm gefällt? Es war schon immer eine Schwäche von mir, den Menschen, die ich mag, entgegenzukommen.“

„Du bist zu alt, um adoptiert zu werden.“

Seine Lippen umspielte ein Lächeln, aber die Augen blieben ernst. Ohne Zweifel, aus ihm war ein Mann von Welt geworden. „Eine Adoption im eigentlichen Sinne ist es nicht. Wenn du es genau wissen willst, musst du Hassan fragen. Er hat sich das Ganze ausgedacht.“

Lachend stieß Luke sich vom Gatter ab. „Ich glaube, ich bin weltweit der einzige Mann, der ehrenhalber als Sohn angenommen wurde.“ Für einen Moment hielt er inne. „Tut mir übrigens leid, dass mein Auftauchen dich erschreckt hat.“

„Tut es nicht!“, widersprach Caitlyn. „Du hast mich absichtlich ins offene Messer laufen lassen.“

„Ach, glaub doch, was du magst.“

„Ich wüsste nicht, was ich an dieser Situation mögen sollte!“

„Glaub mir, mir geht es nicht anders“, versicherte er.

Obwohl sie im Grunde ganz andere Sorgen hatte, spürte sie deutlich, wie sie von seiner dunklen und nur allzu vertrauten Stimme geradezu magisch angezogen wurde. Genau wie damals auf der Veranda vor dem Haus, als er nach ihrem Vater gefragt hatte. Wer außer ihrem Dad hätte Bubba Kilgores Sohn einen Job gegeben?

Sie selbst war noch ein Teenager gewesen und fasziniert von allem Verbotenen oder Ungewöhnlichen. Mehrere Jahre waren sie zusammengeblieben – bis sie ein Kind von ihm erwartet und er für immer das Land verlassen hatte. Nach alldem sollte sie jetzt, mit sechsundzwanzig, eigentlich immun gegen seinen Charme sein!

Nur warum klopfte ihr Herz dann zum Zerspringen?

Sie sah zum Haus und hoffte inständig, dass Daniel nicht ausgerechnet jetzt von seinem Ausritt zurückkam. Zuerst musste sie Luke unbedingt wieder loswerden.

„Du siehst gut aus, Caitlyn“, bemerkte er, allerdings ohne dabei so unwiderstehlich zu lächeln wie damals.

Nicht, dass ihr das fehlte …

„Du auch“, antwortete sie zögernd, denn hofieren wollte sie ihn auf keinen Fall. „Wie ist das nur möglich?“

„Was? Dass es der Sohn eines Trinkers zu etwas gebracht hat?“

Lisa, die zu ihnen getreten war, lachte kokett auf. „Jetzt mach dich nicht selbst klein, Luke“, sagte sie. „Das ist lange her, und du hast viel erreicht. Keine falsche Bescheidenheit! Du warst schon immer anders als Bubba.“

„Danke.“

„Caitlyn hat mir erzählt, wie reich dein Adoptivvater ist. Und wie reich du bist!“ Sie strich sich mit der Zungenspitze über die Lippen und sah ihn aus den Augenwinkeln unter ihren dichten Wimpern an.

Er wandte den Blick ab.

Unwillkürlich zog Caitlyn die Brauen zusammen. Sie ärgerte sich über das auffällige Interesse ihrer Freundin an Luke.

Caitlyn wusste, dass er sich sehr für seine Herkunft geschämt hatte. Jetzt war er ein reicher und mächtiger Mann – aber war er glücklich?

Sie ermahnte sich, dass sein Glück sie nichts anging. Schließlich hatte er sie sitzen lassen und sich vermutlich anderen, attraktiveren Frauen zugewandt.

Sie hatte ihn schrecklich vermisst – aber er hatte sicher keinen weiteren Gedanken an sie verschwendet.

Oder doch? Die Begegnung schien ihm genauso zuzusetzen wie ihr, was sie mit Genugtuung erfüllte.

Luke hatte die Ellbogen auf das Gatter gelegt, und als Lisa unauffällig näher zu ihm rücken wollte, stellte sich Caitlyn dazwischen. „Du bist also tatsächlich Raffi Bin Najjar?“, fragte sie. „Ich habe versucht, etwas über dich herauszufinden, aber nicht viel gefunden.“

Luke richtete sich auf. Er hatte etwas zugenommen, aber das stand ihm ausgesprochen gut. Sicherlich fühlte er sich muskulös und stark an …

Sie spürte, wie ihr heiß wurde.

„Ich habe Leute, die ich dafür bezahle, dass sie für mich Dinge aus dem Internet entfernen, die mir nicht gefallen.“

Caitlyn staunte. „So was gibt’s?“

„Ja, und meistens klappt es auch. Ich bin ja kein Filmstar, und in der Regel lassen die Paparazzi mich in Ruhe – außer wenn ich mit Berühmtheiten zusammen gesehen werde.“

„Zum Beispiel mit Topmodels?“

Er verzog den Mund zu einem Grinsen. „Bist du etwa eifersüchtig?“

„Natürlich nicht! Aber du hättest mir ruhig sagen können, wer du bist.“

„Wozu? Ich bin hier, weil Hassan mich darum gebeten hat. Und nicht, um dir das Leben leichter zu machen. Aus irgendeinem Grund scheint er von dir und deinen Angelegenheiten ganz fasziniert zu sein.“

„Er hat mir wirklich schon sehr geholfen.“

„Ja, und ich wüsste gern, warum.“

„Er hat mir zwar erzählt, dass sein Adoptivsohn mal hier gelebt hat, aber ich habe mir nichts dabei gedacht.“

„Was seine Motive betrifft, tappe ich genauso im Dunkeln wie du. Habt ihr damals in Frankreich beim Dinner über mich gesprochen?“

„Nicht viel.“

„Hat er dir erzählt, dass ich auch eingeladen war?“

„Ja, aber ich wusste ja nicht, wer du bist. Also bin ich darauf nicht weiter eingegangen.“

„Ich habe mit dem Fernglas gesehen, wie du mit Sahara gearbeitet hast, und es vorgezogen, nicht zu kommen.“

Also hatte er sie mit Absicht sitzen lassen. Zum zweiten Mal.

Die ganze Situation fühlte sich unwirklich an, wie eine Inszenierung.

Plötzlich sah sie Hassans Interesse an Daniel mit anderen Augen: die Bemerkung über seine Augenfarbe, die vielen Fragen …

Hatte sie vor lauter Stolz auf ihren Sohn zu viel preisgegeben?

Sogar ein Foto hatte Hassan behalten.

Womöglich ahnte er, wer Daniels Vater war? Mit seinem Geld war es sicher kein Problem, die nötigen Nachforschungen anzustellen. Und natürlich nahm er regen Anteil am Leben seines Adoptivsohns.

Hatte er Luke womöglich hierher geschickt, damit er Daniel kennenlernte?

Jetzt ärgerte sie sich über ihre Naivität. Schon Hassans Brief nach der Begegnung in Keeneland hatte sie verwundert, ebenso die Bitte, ihm bei Sahara zu helfen. Ein so bedeutender Mann nahm ausgerechnet Kontakt zu ihr auf und bat sie auch noch um Unterstützung?

Aber schon wegen ihrer Geldnot hatte sie nicht lange überlegt und zugesagt. In Frankreich dann war sie vom Glanz seines Châteaus und den großzügigen Stallungen vollkommen geblendet gewesen.

„So tiefschürfend unterhalten sich Hassan und ich nun auch wieder nicht“, sagte sie – und verschwieg Daniel.

„Aber nach dem Dinner hat er deine Hypothek übernommen. Wie kann das sein? Nach einem bloßen … Essen?“ Langsam ließ er den Blick über sie gleiten.

Und obwohl sie sich ärgerte, konnte sie nichts gegen die erotisierende Wirkung ausrichten, die er noch immer auf sie hatte. Dachte er womöglich, dass sie und Hassan …?

„Wenn du glaubst, dass dein ‚Vater‘ und ich etwas miteinander haben, liegst du falsch. Er ist nett zu mir, das ist alles.“

„Und das lässt er sich eine halbe Million Dollar kosten?“

„Beim Essen habe ich ihm von meiner Ranch erzählt. Dabei sind wir auch auf die finanziellen Belange zu sprechen gekommen, und ich war ehrlich. Er hat sich für meine Arbeit mit Sahara bedankt und mir seine Hilfe angeboten. Zu meiner Überraschung hat er gesagt, dass er mir helfen und die Hypothek übernehmen will.“

„Einfach so? Auch wenn er großzügig ist – als reinen Wohltäter der Menschheit kenne ich ihn nicht.“

„Dich hat er doch auch als Sohn angenommen!“

„Weil ich seinem Jungen das Leben gerettet habe. Dabei bin ich sogar angeschossen worden.“ Er schüttelte den Kopf. „Und du? Kümmerst dich ein, zwei Stunden um sein Pferd, und er löst deine Hypothek ab. Dafür muss es doch einen Grund geben …“

Ja, den Verdacht hegte sie inzwischen allerdings auch.

„Ich habe nicht lang überlegt, sondern das Angebot angenommen. Hättest du dich an meiner Stelle anders verhalten? Wohl kaum.“

„Er hat mich sehr unterstützt und mir viele Wege geebnet“, gab Luke nachdenklich zu.

„Ja, das glaube ich, denn nach fünf Jahren warst du Milliardär.“

Ramblin’ Man kam über die Koppel gelaufen und steckte den Kopf in den Hänger.

Caitlyn sah es, konnte sich aber nicht darüber freuen, solange Luke hier war.

„Stimmt. Ich verdanke ihm alles. Und ich glaube, er hat dir nur meinetwegen geholfen“, erklärte Luke.

„Deinetwegen? Wie meinst du das?“

„Wahrscheinlich hat er irgendwie herausgefunden, dass wir zusammen waren. Familie bedeutet ihm alles, und wenn du ihm gesagt hast, dass du dich noch immer zu mir …“

„Aber das habe ich nicht!“

Mit wachsendem Unbehagen dachte Caitlyn an Hassans Bemerkung über Daniels Augen. Betont unbefangen schlug sie vor: „Wenn es dich so sehr interessiert, warum er mir geholfen hat, warum fragst du ihn dann nicht einfach?“

„Habe ich ja. Er ist mir ausgewichen. Aber jetzt bin ich ja hier, vielleicht finde ich hier die Antwort. Um ehrlich zu sein: Diese Ranch ist der letzte Ort, den ich aufsuchen würde. Und du bist die letzte Person, der ich helfen würde. Ich bin nur Hassan zuliebe hergekommen. Ja, jetzt bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als irgendwie mit der Situation klarzukommen.“

„Warum fährst du nicht einfach wieder?“

„Was soll ich dann Hassan sagen? Nein, ich bleibe hier und gehe den Dingen auf den Grund. Ich tue es für ihn.“

Mit seinen grünen Augen sah er sie durchdringend an. Seine Worte taten weh. Die letzte Person, der ich helfen würde …

Offenbar war er wütend. Aber warum? Schließlich war er es gewesen, der sie hatte sitzen lassen. Ihre Möglichkeiten hatten sich dadurch drastisch verringert – während er zu einem arroganten Geschäftsmann aufgestiegen war. Für seine Wut gab es keinen Grund. Jedenfalls nicht, solange er nichts von Daniel wusste …

Erneut sah sie unruhig zum Haus hinüber.

Jetzt hieß es, Ruhe zu bewahren und Luke höflich hinauszukomplimentieren. Wie schwer durfte es werden, einen Mann loszuwerden, der ohnehin nicht hier sein wollte?

Schade, aus dem erhofften Wunder war nichts geworden. Im Gegenteil, sie steckte in größeren Schwierigkeiten als je zuvor.

Nervös wandte sie sich Lisa zu. „Ich muss mit Luke reden. Unter vier Augen. Mach du doch schon mal mit Ramblin’ Man ein bisschen Grundlagenarbeit, so wie ich es dir gezeigt habe.“

Lisa konnte sich offenbar nicht recht von Luke losreißen, erwiderte aber zögernd: „Na ja, wenn du meinst …“

Bei aller Freundschaft musste Lisa nicht jedes Wort mitbekommen. Außerdem bestand die Gefahr, dass sie – einfach so – Daniel erwähnte. Und ihr Geflirte nervte auch.

Luke nickte Lisa kurz zu und folgte dann Caitlyn Richtung Haus. „Wenn du erst den Hengst in den Hänger verladen willst, mach das ruhig. Ich kann warten. Ich habe einen Geschäftsbericht dabei, den kann ich mir in der Zwischenzeit anschauen. Lisa hat mir das mit der Biene erzählt.“

Hatte er sich tatsächlich die Zeit genommen, mit Lisa zu plaudern? Sie verspürte einen Stich der Eifersucht.

Im Schatten der Scheune blieb sie stehen und wirbelte zu ihm herum. „Ich sage unseren Termin ab!“

„Nichts tust du! Ich bin extra den weiten Weg aus London hergekommen.“

„Mir egal! Von mir aus auch aus einer anderen Galaxie. Es ist so unverschämt von dir, dich unter falschen Angaben hier einzuschleichen.“

„Ich habe Hassan versprochen, dir zu helfen.“

„Ich will deine Hilfe nicht. Du kommst zu spät, Luke Kilgore. sechs Jahre, um genau zu sein. Ich habe es ohne dich geschafft, und so soll es auch bleiben.“

Überrascht sah er sie an. „Was willst du damit sagen?“

Caitlyn schlug sich die Hand vor den Mund. Fast hätte sie zu viel gesagt! Sie reckte das Kinn. „Nichts. Ich will, dass du jetzt gehst. Du bist hier schon lange nicht mehr willkommen.“

„Nicht?“ Er sah zur Scheune. „Das habe ich aber anders in Erinnerung. Es gab eine Zeit, da konntest du nicht genug von mir bekommen.“

Oh ja, sie erinnerte sich nur zu gut daran. Sie hatten sich wild, süß und hemmungslos auf dem Heuboden geliebt. Seitdem hatte sie nicht aufgehört, von ihm zu träumen. Mit diesen Erfahrungen hatte ihre Ehe nicht mithalten können.

„Du bist mir buchstäblich auf Schritt und Tritt gefolgt“, sagte er. „Ich konnte nicht mal einen Heuballen aufladen, ohne dass du mir zugesehen hast.“

„Ich war jung und dumm!“, platzte sie heraus. Peinlich, dass sie damals aus ihren Gefühlen so gar keinen Hehl gemacht hatte.

„Der Dummkopf war ich. Zum Teufel, wahrscheinlich bin ich es immer noch.“ Er legte den Arm um sie und zog sie an sich. „Und wenn es das Letzte ist, was ich tue, ich finde heraus, warum Hassan mich hergeschickt hat. Dabei dachte ich immer, er will, dass ich Teresa heirate.“

Caitlyn riss sich los. „Der Grund ist, dass du mir bei meinen Geldproblemen helfen sollst.“

„Da steckt mehr dahinter, da bin ich mir sicher. Irgendwie hast du ihn auf die Idee gebracht, dass es zwischen uns noch immer eine Verbindung gibt.“

„Sicher nicht.“ Sie schüttelte den Kopf. „Wer ist diese Teresa? Ein Topmodel?“

„Nein. Eine Countess.“

Autor

Ann Major

Ann Major wird nicht nur von ihren Leserinnen sehr geschätzt, sondern bekommt auch von anderen Romance-Autorinnen wie Nora Roberts und Sandra Brown tolle Kritiken.

Aber ihr Erfolg ist hart erarbeitet, denn sie sagt von sich selbst, dass sie keine Autorin ist, der alles zufliegt. Sie braucht die täglichen kleinen Rituale...

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