Mein Geliebter, mein Wüstenprinz

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Tariq! Ungläubig sieht Jessa den feurigen Scheich an – den Mann, mit dem sie vor fünf Jahren sinnliche Stunden erlebte. Warum tritt der heißblütige Wüstenprinz nach dieser langen Zeit wieder in ihr Leben? Ist er etwa hinter ihr größtes Geheimnis gekommen: ihren gemeinsamen Sohn?


  • Erscheinungstag 19.03.2022
  • ISBN / Artikelnummer 9783751513944
  • Seitenanzahl 130
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Leseprobe

1. KAPITEL

Jessa sah von ihrem Schreibtisch hoch, als die Tür zum Immobilienbüro aufgestoßen wurde. Sie erstarrte.

Es war wie ein Traum, den sie schon viele Male geträumt hatte. Er schlenderte herein. Nässe und Kälte, die an diesem Abend in Yorkshire herrschten, umfingen ihn wie ein großer schwarzer Umhang.

Sie war aufgestanden, ohne sich dessen bewusst zu sein, die Hände von sich gestreckt, als könne sie ihn so davon abhalten, noch weiter in das kleine Büro vorzudringen. In ihr Leben. Denn sie konnte – und wollte – ihm nie wieder erlauben, sich dort Zutritt zu verschaffen.

„Da bist du also“, sagte er mit sonorer, befehlsgewohnter Stimme. Als ob er schon damit zufrieden wäre, seinen kalten Blick auf sie zu richten – als ob er unerklärlicherweise nach ihr gesucht hatte.

Jessas Herz pochte wild. In ihrem Kopf drehte sich alles. Stand ein Gespenst vor ihr, jetzt, nach fünf Jahren? War all das ein böser Traum?

„Tariq“, sagte sie benommen, als ob das bloße Nennen seines Namens die Erscheinung vertreiben könnte.

Doch Tariq bin Khaled Al-Nur sah so gar nicht wie ein Traum aus. Da war nichts Unwirkliches an ihm. Nichts, was man bei Tageslicht hätte verbannen können. Damals, als sie zusammen waren, hatte er sich lediglich als ein vermögendes Mitglied der Elite seines Landes ausgegeben; inzwischen aber wusste sie, dass er der Herrscher war. Insgeheim hasste sie sich dafür, denn sie konnte es nicht verbergen. Wie in einem offenen Buch stand ihr ins Gesicht geschrieben, dass sie sein Leben über all die Jahre verfolgt hatte. Dabei hatte sie ihn eigentlich vergessen wollen.

Aber es gelang ihr nicht, die Augen von ihm abzuwenden.

Es schien Jessa, dass ihre Erinnerung nach all den Jahren jedes Detail mit schockierender Deutlichkeit festgehalten hatte. Obgleich sie feststellen musste, dass das Original, das jetzt vor ihr stand, weit schärfere Züge trug als der Tariq, den sie in ihrer Erinnerung bewahrte. Und er war härter, abgeklärter geworden. War es denn möglich, dass ihre Erinnerung sie derart trog? Der Tariq, der nun vor ihr stand, bot eine überwältigende, machtvolle Erscheinung.

Ein gefährliches Bild.

Auf diese Bedrohung versuchte Jessa sich zu konzentrieren. Es spielte keine Rolle, dass ihr Herz einen Sprung machte, als sie ihn nun vor sich stehen sah. Wichtig war allein, dass es ihr gelingen würde, ihr ganz persönliches Geheimnis vor ihm zu bewahren. Es war dumm von ihr gewesen zu hoffen, dieser Tag der Abrechnung würde niemals kommen.

Tariq war muskulös, gleichzeitig schlank. Geballte Kraft, verborgen unter einer Haut von der Farbe frischen Muskats. Die Zeit schien stillzustehen, als Jessa die strengen Linien in seinem Gesicht musterte. Sie waren ausgeprägter, als sie sie in Erinnerung behalten hatte – der dunkle Bogen seiner Brauen unter dem dichten schwarzen Haar, die markante Nase. Die hohen Wangenknochen, die von seiner königlichen Herkunft zeugten, ebenso wie seine überaus selbstbewusste, majestätische Haltung. Wie konnte sie diese Merkmale vergessen haben? Wie hatte sie ihm damals seine Behauptung abnehmen können, eine unbedeutende Person zu sein?

Jessa blickte in seine jadegrünen Augen, die im Licht des frühen Abends in geheimnisvolles Schwarz getaucht waren. Sie rührten an einen Teil von ihr, von dem sie geglaubt hatte, sie hätte ihn vor Jahren schon begraben. Jener Teil, der ihm jede Lüge abnahm, die er ihr je erzählt hatte. Jener Teil, der anscheinend vergessen hatte, dass er auf eine üble Art und Weise mit ihr gespielt und sie meisterlich manipuliert hatte. Jener Teil schließlich, der ihn ohne Einschränkung geliebt hatte, und – das stand zu befürchten – der ihn weiterhin lieben würde.

In seiner Nähe vergaß sie sich völlig.

Leise fiel die Tür hinter ihm ins Schloss. Doch für Jessa klang es wie ein Schuss. Beinahe wäre sie geflüchtet. Doch sie durfte sich keine Schwäche erlauben. Nicht, wenn so viel auf dem Spiel stand! Er musste über das Geschehene Bescheid wissen. Einen anderen Grund für sein plötzliches Auftauchen konnte es nicht geben. Warum sonst sollte er sich wohl in diese verlassene Gegend begeben? Das läge vollkommen unter seiner königlichen Würde.

Er muss es wissen.

Bei geschlossener Tür war der abendliche Trubel in Yorks Fußgängerzone wie ausgeblendet. Ein angespanntes, unangenehmes Schweigen umfing beide. Das Büro war ohnehin nicht sehr geräumig, und nun fühlte es sich noch winziger an. Jessas Herz schlug bis zum Hals. Panische Angst erfasste sie. Tariqs bloße Anwesenheit überwältigte sie.

Weder bewegte er sich noch sprach er. Er hielt ihren Blick fest und gestattete ihr nicht wegzusehen. Er forderte sie heraus. Selbst mit seinem Schweigen hatte er Gewalt über sie. Arrogant war er. Grimmig.

Dies war nicht mehr der lockere Playboy von einst. Sein unwiderstehliches Lächeln, sein lässiger Charme – all das war verflogen. Mit dem Mann, der vor ihr stand, war nicht zu spaßen. Ein kalter Schauer durchfuhr sie.

Er muss es wissen.

Das Blut pulsierte in ihren Ohren. Einmal mehr wurde sie mit den Wirren der damaligen Trennung konfrontiert. Doch heute gab es mehr für sie zu beschützen als nur sich selbst. Auf Jeremy musste sie achten und darauf, was für ihn am besten war. Doch hatte sie das nicht schon immer getan, egal, was es kostete?

Ihre Augen wanderten über Tariq hinweg. Sie zwang sich in Erinnerung zu rufen, dass auch ein König nur ein Mensch war. Doch damals war er ohne ein Wort verschwunden, und sie wusste nicht wohin. Er war Furcht und Respekt einflößend zugleich, wie die Wüste, aus der er kam. Seine edle Kleidung aus Seide und Kaschmir, die seine Männlichkeit noch betonte, konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass er im Grunde seines Herzens ein Krieger war. Ungezähmt und wild, ein blendender Farbfleck mitten im Grau und Braun der Umgebung. Wie ein Tier war er ständig auf Beute aus. Sie hatte das damals instinktiv begriffen, obwohl er gelächelt, Scherze gemacht und versucht hatte, seinen wahren Charakter zu überspielen. Zu ihrem Entsetzen reagierte ihr Körper auch in diesem Augenblick wieder. Sie musste ihr Begehren unterdrücken und rang nach Luft, als ob Tariq dem Raum sämtlichen Sauerstoff entzogen hätte.

Nie wieder! Sie hatte ihn nie wiedersehen wollen.

Und nun, da er nach all den Jahren vor ihr stand, wusste sie nicht, wie sie reagieren sollte.

„Nein“, sagte sie, und wunderte sich über die Ruhe, mit der sie sprach, obgleich die Welt um sie herum aus den Fugen zu geraten schien. Diese Ruhe machte ihr Mut und verlieh ihr Stärke. „Nein, das darf nicht wahr sein!“

Seine dunklen Brauen hoben sich in Arroganz und Stolz. Sein dichtes, schwarzes Haar, das eine Spur zu lang war, glänzte vom Herbstregen draußen. Seine Augen waren immerfort forschend auf ihr Gesicht gerichtet. Wie hatte sie diese Augen einmal geliebt, diese traurigen, Schutz suchenden Augen. Doch heute ruhte sein Blick fast gleichgültig auf Jessa, als sei sie nicht vorhanden.

„Hier bin ich.“ Er sprach mit tiefer, belegter Stimme und mit nur sehr wenig Akzent. Es klang wie Seide und Schokolade. Gefahr! Und doch – eine unmissverständliche Herausforderung. Sie traf Jessa wie eine Faust in den Magen.

„Ohne Einladung“, betonte sie kurz angebunden. Es sollte stärker klingen, als sie sich fühlte. Sie wollte sich auch insgesamt stärker geben.

Alles war erlaubt, um Jeremy zu schützen.

„Bedarf es einer Einladung, um das Büro eines Immobilienmaklers zu betreten?“, fragte er unbeeindruckt. „Entschuldige, wenn ich mich über britische Manieren hinwegsetze. Ich meinte mich zu erinnern, dass solche Büros vom Publikumsverkehr leben.“

„Nun, hast du einen Termin?“, fragte Jessa. Sie hatte Mühe, die Worte herauszubringen. Aber sie würde das jede andere Person auch fragen. Und warum sollte sie Tariq bin Khaled Al-Nur anders behandeln?

„In gewisser Weise, ja“, antwortete er.

Sein Blick wanderte über ihren Körper. Anscheinend verglich auch er sie mit der Jessa seiner Erinnerungen. Sie spürte, wie ihre Wangen in einer Mischung aus Verwirrung und Zorn Feuer fingen. Doch was, in aller Welt, sollte das alles? Nichts würde die Tatsache erschüttern können, dass sie ein gewöhnliches Mädchen aus Yorkshire war und er ein König.

„Es ist schön, dich wiederzusehen, Jessa“, sagte Tariq. Seine übertriebene Höflichkeit vermochte die Strenge nicht zu überdecken, die hinter den freundlichen Worten lauerten. Auch gefiel es ihr nicht, dass er sie bei ihrem Namen nannte. Es hörte sich wie eine Liebkosung an, die ihr zärtlich über die Schultern strich, durch die Blutbahn wirbelte und ihre Haut erglühen ließ.

„Ich fürchte, das kann ich umgekehrt nicht behaupten“, gab sie kühl zurück. Sie zeigte Rückgrat. Sie musste ihn loswerden und dafür sorgen, dass er ihr nie wieder unter die Augen kam. Die Vergangenheit durfte sie nie mehr einholen. „Von allen Menschen dieser Erde möchte ich dich als letzten wiedersehen. Wenn du sofort wieder gehst, können wir so tun, als hätte diese Begegnung nie stattgefunden.“

Tariqs Blick wurde stählern. Mit unglaublicher Gelassenheit schob er die langen, eleganten Hände in die Hosentaschen. Der Tariq, den sie kannte, hatte damals schon durch seine lockere Lässigkeit bestochen. Aber dieser Mann hatte aufgehört zu existieren, oder nicht?

„Ich sehe, dass deine Zunge über die Jahre schärfer geworden ist.“ Er hielt kurz inne. „Was hat sich noch verändert?“

Es gab nur eine einzige Besonderheit, die sie ihm allerdings unter keinen Umständen offenbaren durfte. Oder wusste er bereits davon? Wollte er sie ködern?

„Ich habe mich verändert“, erklärte Jessa. Während sie Tariq fest im Auge behielt, entschied sie sich, in die Offensive zu gehen. Doch sie musste vorsichtig sein. Dieser ihr auf rätselhafte Weise vertraute Mann war weit härter als jener Liebhaber in ihrer Erinnerung. „Man nennt es erwachsen werden.“ Trotzig hob sie das Kinn. Sie spürte, wie sich ihre Hände zu Fäusten ballten. „Die Zeit, als ich um Anerkennung gebuhlt habe, ist vorbei.“

Aus dem Augenwinkel sah sie, wie sich seine Gestalt straffte. Als ob er sich bereit machte zum Gefecht. Sie hatte Mühe, Haltung zu bewahren, während seine Augen mit angedeutetem Spott auf ihr ruhten. Ein skrupelloses Lächeln kräuselte sich um seine Lippen.

„Ich kann mich an kein einziges Mal erinnern, dass du mich um etwas gebeten hättest“, erwiderte Tariq mit Schärfe in der Stimme. „Außer in meinem Bett natürlich.“ Er ließ die Bemerkung einen Moment im Raum stehen. Sprachlos sah Jessa ihn an. „Du brauchst mir nur zu sagen, ob du solch eine Szene mit mir nachspielen möchtest.“

„Bestimmt nicht“, brachte sie mühsam heraus. Sie wollte nicht an sein Bett denken und auch nicht, was darin geschehen war. Sie wollte nicht. „Die Tage, in denen ich mich an bemitleidenswerte Playboys gehängt habe, sind längst vorbei.“

Ihre Anspannung wuchs. Seine dunkelgrünen Augen verengten sich zu Schlitzen, und wieder einmal fühlte sie sich daran erinnert, dass er alles andere als ein berechenbarer Mensch war. Nicht einmal der Mann war es gewesen, den sie einst gekannt hatte. Er war zu ungezähmt, zu wenig beherrschbar, und sie wäre dumm, ihn zu unterschätzen – oder sich selbst zu überschätzen.

Jessa konnte es – konnte ihn – in ihrem ganzen Körper fühlen, als ob sich rein gar nichts verändert hätte. Obwohl in Wahrheit alles anders geworden war. Als ob er noch immer Besitz von ihr ergriffen hätte und sie ebenso wirkungsvoll wie rücksichtslos kontrollieren würde wie in den Jahren zuvor. Ihre Brüste fühlten sich straff unter der Bluse an, ihre Haut war angenehm gerötet, und sie hatte wieder dieses altvertraute, verlockende, heiße Ziehen im Unterleib. Sie biss sich auf die Unterlippe, um die aufkeimende Hitze zu unterdrücken. Ihre Augen würden sonst wieder diesen verräterischen Glanz annehmen.

Es durfte einfach nicht passieren, was immer „es“ bedeutete. Sie wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben. Alles, was in ihrer Macht stand, wollte sie tun, um es abzuwenden. Es war doch nur Chemie: eine einfache chemische und körperliche Reaktion.

Tariq bin Khaled Al-Nur war kein Mann, der an Geister glaubte. Und doch hatten sie ihn die ganze Zeit verfolgt.

Er konnte die Augen nicht von der Frau lassen, deren Bild ihn über die Jahre gepeinigt hatte, egal, wohin er sich wandte und mit wem er unterwegs war. Die Frau, die sich nun erdreistete, ihn ohne Rücksicht auf ihre eigene Sicherheit herauszufordern. Tariq hielt sich für einen modernen Menschen, einen aufgeschlossenen König. Doch in diesem Augenblick hätte er am liebsten eines seiner Lieblingspferde aufzäumen lassen, hätte Jessa Heath vor sich über den Rücken des Tieres geworfen und wäre mit ihr durch die Wüste zu seinem Zelt geritten. Die weite Wüste verkörperte seine Heimat auf der arabischen Halbinsel am stärksten.

Tatsächlich würde er daran großen Gefallen finden.

Es war richtig gewesen, herzukommen und dieser Frau endlich in die Augen zu sehen. Obwohl sie ihn nun beschimpfte und ablehnte, empfand er seine Entscheidung als korrekt. Ein wenig recht hatte sie ja. Auch er selbst hatte sie schlecht behandelt vor Jahren. Sein Mund verzog sich zu einem kühlen Lächeln.

Andererseits hatte er jeden Grund, aufgebracht zu sein. Zornig zu sein über die Frau, die ihn auf Armeslänge von sich halten wollte. Das Weib, das es wagte, ihn wie einen abgehalfterten Schwächling herumzustoßen. Er wusste, es war eine Schmach für ihn, dass er, Scheich Tariq bin Khaled Al-Nur, König von Nur, zu der einzigen Frau zurückgekrochen kam, die es jemals gewagt hatte, ihn einfach stehen zu lassen. Zu der einzigen Frau, die er je vermisst hatte. Die nun in unangemessener Kleidung vor ihm stand und ihn wie einen seiner Diener behandelte, anstatt ihn willkommen zu heißen. Außer sich sollte er sein über diese Beleidigung.

Stattdessen begehrte er sie heiß und innig.

So einfach war das. Er hatte es aufgegeben, dagegen anzukämpfen.

Ein einziger Blick auf ihren kurvenreichen Körper, in ihre großen Augen von der Farbe des Zimts, auf ihren sündhaft weichen Mund – und schon war er voll heißem Begehren. Im Geist konnte er ihre Haut ertasten, die Glut auch ihres Begehrens spüren. Oder war es nur die Erinnerung? Wie dem auch sei, er musste sie haben. Wie damals.

„Ein bemitleidenswerter Playboy bin ich also?“, fragte er leichthin. Diese Frau erinnerte ihn an das ausschweifende Leben, das hinter ihm lag, und doch – er wollte sie besitzen. Und normalerweise bekam er, was er wollte. „Wie interessant, mir so einen Vorwurf zu machen“, sagte er lasziv.

Die Gereiztheit war Jessa anzumerken. Sie tauchte ihre Wangen in eine Farbskala von Elfenbein bis Pfirsich. „Das ist kein Vorwurf“, blaffte sie. „Es ist die pure Wahrheit.“

Tariq musterte sie lange. Natürlich konnte sie nicht wissen, wie tief sich die Scham über seine ausschweifende Vergangenheit in sein Herz gebohrt hatte. Wie sehr er sie mit all dem in Zusammenhang brachte, was er hinter sich gelassen und weggeworfen hatte. Jahrelang hatte er sich gegen die Gefühle für sie gewehrt – vergeblich. Hatte sich eingeredet, dass sie nur deshalb durch seine Gedanken vagabundierte, weil sie ihn verlassen hatte. Dass auch er sie verlassen hätte, wenn sie nicht gegangen wäre, so wie er es immer wieder tat.

Doch nun war er bei ihr.

„Wenn es richtig ist, dass ich ein Playboy bin, dann wärst du demnach eine meiner Bettgespielinnen, richtig?“ Er fand Gefallen an der Art, wie immer wieder Farbe ihre Wangen überzog, wenn sie wütend war. Der Krieger in ihm erwachte und wollte zur Tat schreiten. „Gefällt dir diese Vorstellung?“

„Es erstaunt mich keinesfalls, von dir als deine Bettgespielin eingestuft zu werden.“ Sie verzog das Gesicht. „Aber das war ich nie.“

„Das hast du bereits vor fünf Jahren deutlich gemacht“, gab er trocken zurück. Er bemerkte, wie sie sich verkrampfte. „Aber ist das eine Art, wie sich alte Freunde nach langer Zeit begrüßen?“ Er machte ein paar Schritte auf sie zu. Vor ihrem Schreibtisch blieb er stehen.

„Freunde?“, wiederholte sie und schüttelte den Kopf. „Sind wir Freunde?“

Nur eine Armeslänge waren sie voneinander entfernt. Nervös schluckte sie. Tariq lächelte. Genauso hatte sie in seiner Erinnerung gelebt. Kupferlocken und Zimtaugen, Sommersprossen um die Nase und ein verführerischer Mund, wie geschaffen für die Sünde. Und – sie war noch immer empfänglich für ihn, das konnte er über den Tisch hinweg spüren. Würde sie auch jetzt noch unter seiner Berührung erglühen? Er konnte es nicht erwarten, das herauszufinden.

„Was schlägst du vor?“, fragte sie und sah ihm direkt in die Augen. „Sollen wir einen Kaffee trinken gehen? Über alte Zeiten reden? Das ist nicht mein Ding.“

„Ich bin am Boden zerstört“, sagte er. Sein Blick ließ sie nicht los. „Meine bisherigen Gespielinnen waren wesentlich einfühlsamer als du.“

Seine Worte gefielen ihr nicht. Ihre Wangen glühten, ihre Augen verdunkelten sich. Sie straffte sich.

„Warum, in aller Welt, bist du herkommen, Tariq?“, fragte sie ihn forsch. Gleichzeitig irritiert und belustigt verschränkte sie die Arme vor der Brust. „Möchtest du eine Wohnung anmieten? Dann komm doch bitte wieder, wenn die Makler im Büro sind. Momentan sind sie mit Kunden unterwegs, und ich bin hier nur die Büroleiterin.“

„Was glaubst du wohl, warum ich gekommen bin, Jessa?“

Er beobachtete ihr Gesicht genau, um herauszufinden, wie sie reagierte. Sie legte ihre Hand an den Hals, als wollte sie den eigenen Pulsschlag erfühlen.

„Mir fällt kein einziger Grund für deine Anwesenheit ein“, sagte sie erregt. Sie hüstelte und straffte die Schultern, als würde sie sich auf einen Kampf mit ihm vorbereiten. „Du solltest gehen. Und zwar jetzt.“

Was war das? Sie warf ihn wie einen Diener hinaus? Tariq balancierte auf den Hacken und dachte kurz nach, wie er ihr diese Kränkung heimzahlen könnte. Er war schließlich ein König und sollte sie lehren, wie man mit einem König umzugehen hat. Vielleicht sollte sie vor ihm auf die Knie fallen. Und ihm Lust bereiten, verführerisch und zärtlich zugleich. Wäre das nicht ein guter Anfang?

„Wenn du mir nicht sagen kannst, was du wirklich willst …“, meinte sie mit gerunzelter Stirn.

„Dich“, unterbrach er sie. Er setzte sein charmantestes Lächeln auf. „Dich will ich.“

2. KAPITEL

„Mich?“ Jessa war sprachlos. Sie war unfähig, sich zu bewegen. „Du bist wegen mir hierher gekommen?“

Sie konnte es nicht glauben. Nicht mit dem Ärger in Tariqs Augen und seinem Lächeln, das nichts Freundliches an sich hatte. Und trotzdem hatte ihr Herz einen Sprung getan.

„Selbstverständlich!“, bestätigte er. Seine Augen sprühten Feuer. „Oder hältst du es für reinen Zufall, dass ich ausgerechnet in ein Immobilienbüro in der Grafschaft York hineinstolpere?“

„Vor fünf Jahren konnte es dir nicht schnell genug gehen, aus meinem Blickfeld zu verschwinden“, erklärte sie. „Nun ist es dir offensichtlich gelungen, die Gegend auszukundschaften und mich ausfindig zu machen. Du wirst verstehen, dass es mir schwerfällt, diesen Sinneswandel zu begreifen.“

„Da muss eine Verwechslung vorliegen“, brachte Tariq mit seidenweicher Stimme vor. „Du warst diejenige, die verschwunden ist, Jessa. Nicht ich.“

Jessa blinzelte. Einen Moment lang wusste sie nichts zu erwidern. Doch dann holte die Vergangenheit sie wieder ein. Bei einer Routineuntersuchung hatte sie erfahren, dass sie schwanger war. Schwanger! Sie hatte sich keine Illusionen über Tariqs Einstellung dazu gemacht. Er würde es, gelinde ausgedrückt, nicht begrüßen. Damals hatte sie ein paar Tage Auszeit nehmen müssen, um nachzudenken.

Kann sein, dass sie ihn nicht informiert hatte. Aber ihn verlassen? Nein.

„Wovon sprichst du eigentlich?“, fragte sie. „Ich war doch nicht diejenige, die das Land verlassen hat.“

Sein Mund wurde schmal. „Du wolltest einen Arzt aufsuchen. Danach warst du verschwunden. Tagelang bliebst du verschollen, und – ja, dann habe ich das Land verlassen, wie du es nennst.“

„Ich bin zurückgekommen“, sagte Jessa. In ihrer Stimme klang der Herzschlag mit und der längst vergessen geglaubte Schmerz. „Du hingegen bliebst weg.“

Erwartungsvolle Stille.

„Du hast selbstverständlich vom Tod meines Onkels gelesen“, meinte Tariq schließlich mit verschleiertem Blick. Sein Ton verriet nichts über seinen Gefühlszustand.

„Ja“, räumte sie ein. „Es stand in allen Zeitungen. Es muss ein schrecklicher Unfall gewesen sein.“ Sie bemühte sich um einen unbeteiligten Tonfall. „Und stell dir meine Überraschung vor, als ich hören musste, dass der Mann, der sich mir als einfacher Sohn eines Doktors vorgestellt hatte, nichts weniger war als ein Mitglied der königlichen Familie und nun der neue König von Nur ist.“

„Mein Vater war tatsächlich Arzt.“ Er hob die Brauen. „Oder denkst du, ich würde nach seinem Tod seine Ehre beschmutzen nur des Vergnügens wegen?“

„Ich bin überzeugt, du hast mich absichtlich getäuscht“, erwiderte sie unnatürlich leise. Keinesfalls wollte sie die Beherrschung verlieren. „Ja, dein Vater war Arzt. Aber er war auch der jüngere Bruder des Königs!“

Autor

Caitlin Crews
<p>Caitlin Crews wuchs in der Nähe von New York auf. Seit sie mit 12 Jahren ihren ersten Liebesroman las, ist sie dem Genre mit Haut und Haaren verfallen und von den Helden absolut hingerissen. Ihren Lieblingsfilm „Stolz und Vorurteil“ mit Keira Knightly hat sie sich mindestens achtmal im Kino angeschaut....
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