Mit dir am Strand der Liebe

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Joanna will nur noch eins von Millionär Matt: die Scheidung! Doch als sie ihren attraktiven Noch-Ehemann in seiner Luxusvilla am Atlantik trifft, verspürt sie gegen jede Vernunft immer noch heiße Lust - und eine letzte Nacht in seinen Armen hat ungeahnte Folgen …


  • Erscheinungstag 19.09.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783733719432
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Selbst am späten Nachmittag brannte die Sonne noch zu heiß.

Ungeduldig verlagerte Matt Novak sein Gewicht auf der gepolsterten Liege, die ein Hausmädchen auf Anweisung von Adrienne Novak in den Schatten der Terrasse gestellt hatte. Die kakifarbenen Shorts, die er zu seinem schwarzen T-Shirt trug, waren verschwitzt. Trotzdem wollte er nachher noch in den Fitnessraum gehen. Er hatte das Nichtstun gründlich satt.

Vor ihm glitzerten die Sonnenstrahlen auf dem Kanal, dessen Wellen gegen die Ufermauern plätscherten. In der Bucht dahinter schien das Licht so grell, dass sogar Matts dunkle Sonnenbrille es nicht vollständig ausblenden konnte.

Die knotigen Äste des mächtigen Bengalischen Feigenbaums neben der Terrasse blieben unter den Blütenranken fast unsichtbar. Sanft schaukelte das Segelboot von Matts Vater, das am Steg festgebunden war, auf dem Wasser. Matt roch die Pflanzen, die entlang des Kanals wuchsen, und den unverwechselbaren Duft des Meeres.

Zweifellos war das alles sehr schön und friedlich, doch er hatte genug davon, dass man ihn wie einen Invaliden behandelte. Anfangs war es ja ganz angenehm gewesen, von vorne bis hinten bedient zu werden, aber allmählich ging ihm seine Mutter auf die Nerven. Adrienne Novak machte keinen Hehl aus ihrer Missbilligung, wenn er im Fitnessraum beim Bankdrücken sein eigenes Körpergewicht stemmte. Sie wollte einfach nicht akzeptieren, dass er sich gut fühlte. Selbst an den Computer ließ sie ihn nur widerstrebend.

Laptop und Handy waren ihm im Krankenhaus in Caracas gestohlen worden. Während seiner Reise nach Venezuela hatte er sich ein tropisches Fieber eingefangen und seine ganze Kraft aufbieten müssen, es zu überstehen. Adrienne wollte nicht einsehen, dass er jetzt über den Berg war, und setzte alle Hebel in Bewegung, damit er hier in Coral Gables blieb.

Für sie gab es nur einen einzigen Wermutstropfen: Ihr Mann hatte seinen Ruhestand aufgegeben, um wieder das New Yorker Büro von Novak Oil Exploration and Shipping zu leiten. Bis vor drei Monaten hatte Matt das getan.

Der blickte mürrisch drein, allerdings nicht, weil sein Vater für ihn einsprang. Er hatte ja ohnehin beschlossen, nicht den Rest seines Lebens in der Vorstandsetage zu verbringen. Jetzt musste er nur noch seine Eltern davon überzeugen, dass er es ernst meinte.

Zu schaffen machte ihm jedoch etwas anderes: Obwohl er Adrienne etliche Male gebeten hatte, seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau E-Mails nach London zu schicken, kam einfach keine Antwort von Joanna.

Bestimmt war sie nach wie vor wütend auf ihn. Aber kümmerte es sie denn gar nicht, ob er tot oder lebendig war? Offensichtlich nicht. Und da sie sich nach der Trennung eine neue Handynummer zugelegt hatte, schied ein Telefonat aus.

Theoretisch konnte er in der Galerie anrufen, für die sie arbeitete, doch womöglich ging dann David Bellamy an den Apparat. Matt war zu stolz, um zuzugeben, dass er die aktuelle Telefonnummer seiner Frau nicht kannte. Ende der Woche flog er nach London. Je eher er persönlich mit Joanna redete, desto besser.

Motorgeräusche brachen die Stille, und Matt blickte auf. Erwartete Adrienne Besuch? Da fiel es ihm ein: Sophie, seine Schwester, hatte eine Freundin nach Miami zum Flughafen gefahren. Allerdings hörte er mehr als ein Paar Absätze auf dem gepflasterten Weg, der von der Vorderseite des Hauses zur Terrasse führte. Wen zum Teufel hatte Sophie mitgebracht?

Hoffentlich nicht noch eine Frau, die er bewundern sollte. Inzwischen hatte seine Mutter oft genug versucht, sein Interesse an Töchtern aus guten Familien zu wecken. Joanna und er mochten Probleme haben, waren aber immer noch verheiratet. Und er glaubte fest daran, dass sie ihre Differenzen ausräumen konnten.

Die Besucherin war keine Freundin von Sophie. Oder nur indirekt.

Ihm selbst war die junge Frau, die seiner Schwester folgte, viel vertrauter. Groß und schlank, mit Rundungen an den richtigen Stellen. In der Seidenbluse und dem schwingenden kniekurzen Rock kamen ihre Kurven hervorragend zur Geltung. Blonde Locken, die sich nie richtig bändigen ließen, fielen ihr auf die Schultern. Verdutzt blickte Matt ihr in die veilchenblauen Augen, in denen er Argwohn las.

Zuletzt hatte er seine Ehefrau bei der Beerdigung ihres Vaters vor neun Monaten gesehen. Damals wusste sie nichts von seiner Anwesenheit. Kurz vorher war sie aus dem gemeinsamen Londoner Appartement gestürmt. Hatte geschworen, sie wolle ihn nie wieder sehen. Und jetzt war sie hier.

Halleluja!

„Sieh mal, wem ich am Flughafen über den Weg gelaufen bin!“, rief Sophie betont fröhlich, während Matt aufstand.

Joanna war nervös. Sie musste mit ihrem Mann sprechen, natürlich musste sie das. Aber sie hatte ein Zimmer in einem Hotel in Miami Beach reserviert und gehofft, Matt heute zum Dinner dort einladen zu können. Es war nicht ihre Absicht gewesen, unangekündigt im Haus seiner Eltern aufzukreuzen.

Bis Sophie sie über seine schwere Erkrankung informiert hatte.

Heute früh war Joanna von New York nach Miami geflogen – ohne zu wissen, ob sie ihren Mann überhaupt antraf. Fest stand nur, dass er sich weder in London noch in New York aufhielt.

Die Novak Corporation – oder NovCo, wie das Unternehmen an der Börse hieß – besaß Niederlassungen auf der ganzen Welt. Normalerweise arbeitete Matt entweder in London oder New York. Zunächst war Joanna deshalb aus London nach New York geflogen. Als sie erfuhr, dass lediglich Mr. Novak senior im Büro die Stellung hielt, beschloss sie, es in Miami zu versuchen.

Natürlich wunderte sie sich, weil Oliver Novak arbeitete. Ihr Schwiegervater hatte sich vor ein paar Jahren in Florida zur Ruhe gesetzt. Wenn er die Firma jetzt wieder leitete, musste etwas im Argen liegen. Allerdings war ihr nicht der Gedanke gekommen, dass es mit Matt zusammenhängen könnte.

Ich hätte fragen sollen, ob Oliver zu sprechen ist, dachte sie. Das wäre vernünftig gewesen. Doch obwohl sie ihn mochte, wollte sie ihren Schwiegervater nicht in diese persönliche Angelegenheit hineinziehen. Darüber musste sie mit ihrem Mann selbst reden.

Florida war ihr letzter Versuch. Vielleicht las Matt seine E-Mails nicht. Schwer zu glauben. Vielleicht ignorierte er ihre Forderungen auch einfach.

Auf das Wiedersehen mit seiner Mutter freute sie sich jedenfalls kein bisschen. Adrienne Novak hatte sie nie gemocht und war garantiert entzückt über die Trennung. In ihren Augen war Joanna nie gut genug für Matt gewesen. Die ältere Frau hatte keine Gelegenheit ausgelassen, um Zwietracht zwischen den beiden zu säen.

Besonders schmerzhaft war das für Joanna gewesen, als sie und Matt versucht hatten, ein Baby zu bekommen. Trotz Fruchtbarkeitskalender und Temperaturmessungen war sie nicht schwanger geworden. Daraufhin hatte Adrienne angedeutet, Matt als einziger Sohn der Novaks wolle selbstverständlich einen Erben. Und falls er den mit Joanna nicht bekommen könne …

Zu Ende sprach sie den Satz zwar nicht, doch Joanna wusste genau, was sie meinte. Immer wieder hatte Adrienne ihr Nadelstiche versetzt.

Die Begegnung mit Sophie am Flughafen war reiner Zufall gewesen. Ihre Schwägerin hatte gerade eine Bekannte verabschiedet und freute sich sehr über das unverhoffte Treffen.

Zu ihren New Yorker Zeiten waren die beiden jungen Frauen gute Freundinnen gewesen. Matts ältere Schwester unterschied sich erheblich von ihrer Mutter und fühlte mit Joanna, weil eine Schwangerschaft ausblieb. Und das, obwohl ihre eigene, von Adrienne eingefädelte Ehe damals gerade den Bach runterging.

Als sie hörte, dass Joanna wegen Matt hier war, schlug sie ihr vor, sie mitzunehmen. Den Einwand, ein Hotelzimmer sei reserviert, ließ sie nicht gelten. „Matt ist schon fast wieder ganz gesund“, erzählte sie arglos. „Er wird so froh sein, dich zu sehen. Du kennst ja Mutter. Obwohl er das tropische Fieber überstanden hat, will sie ihn noch zu Hause behalten.“

Joanna wusste nicht, was ihre Schwägerin meinte. Bestürzt hörte sie, dass ihr Mann sich von einer schweren Krankheit erholte, mit der er sich in Südamerika angesteckt hatte. Das erklärte, warum Oliver Novak wieder das New Yorker Büro leitete. Sie wünschte, jemand hätte ihr Bescheid gegeben.

Matt würde nicht wollen, dass seine Frau im Hotel übernachtete, beharrte Sophie. Joanna las die Neugierde in den Augen ihrer Schwägerin. Was Matt wohl über die Trennung erzählt hatte? Bestimmt hatte er seinen Verwandten erklärt, warum Joanna versuchte, ihn zu kontaktieren?

Anscheinend nicht. Auf jeden Fall wusste sie, dass sie in Coral Gables nicht willkommen sein würde. Egal, ob Matt sich dort aufhielt. Wenn man berücksichtigte, dass die Trennung schon fast ein Jahr zurücklag, war es erstaunlich, dass Adrienne ihren Sohn nicht längst gedrängt hatte, selbst die Scheidung einzureichen.

Sophie zog ihre eigenen Schlüsse. Sie vermutete, Joanna sei hier, um sich mit Matt zu versöhnen. „Ich weiß, ihr beide hattet Probleme. Aber sicher habt ihr mittlerweile erkannt, dass ihr einander braucht. Seit seiner Rückkehr aus Venezuela ist Matt ziemlich niedergeschlagen.“

Muss an der Krankheit liegen, sagte sich Joanna resolut. Es war unwahrscheinlich, dass seine gedrückte Stimmung mit ihr zusammenhing. Andererseits wollte sie ihre Schwägerin nicht vor den Kopf stoßen. Vielleicht war es sogar besser, wenn sie die Konfrontation – falls ihr denn eine bevorstand – so rasch wie möglich hinter sich brachte.

Matt trug eine dunkle Sonnenbrille. Er hatte abgenommen. Auch mit seinen achtunddreißig Jahren schauen ihm garantiert noch die Frauen hinterher, dachte Joanna. Sie kannte keinen Mann, der mehr Sex-Appeal ausstrahlte.

Du bist nicht hier, um dich an seinem Anblick sattzusehen, rief sie sich verärgert zur Ordnung. Gewiss war er nicht zu krank gewesen, um ihre E-Mails zu lesen?

Trotz des Gewichtsverlustes wirkte er fit. Genauso verstörend attraktiv wie früher. Er besaß eine unterschwellige Sinnlichkeit, die in Joanna schon immer ein verheißungsvolles Prickeln ausgelöst hatte. Auch heute, trotz allem, was passiert war. Das gefiel ihr ganz und gar nicht.

Matt sah dermaßen erotisch aus, dass sie sich seinem Bann nicht entziehen konnte. Aus dem Grund hatte sie ihm ja auch die E-Mails geschickt und gehofft, er möge aus der Ferne in die Scheidung einwilligen.

Sie wollte ihn nicht sehen, denn sie wusste, wie verletzlich sie nach wie vor in seiner Gegenwart war.

Es ärgerte sie zutiefst, dass ihr Atem kurz stockte, als Matt jetzt auf sie zukam. Fass mich nicht an! dachte sie erschrocken und hätte am liebsten die Flucht ergriffen.

„Jo.“ Er nahm die Sonnenbrille ab. Seine tiefe Stimme war nicht gerade geeignet, um Joannas Nervosität zu lindern. „Wie nett von dir vorbeizuschauen.“

Ist das etwa ein sarkastischer Unterton? Sie war sich nicht ganz sicher und ignorierte seine ausgestreckte rechte Hand. Er sollte nicht herausfinden, wie schnell ihr Herz schlug. Auch nicht, dass ihr ganz heiß wurde und die Hitze vom Brustkorb Richtung Hals kroch. Beklommen merkte sie, dass Matts forschendem Blick die winzigen verräterischen Schweißperlen zwischen ihren Brüsten nicht entgingen.

„Sophie sagt, du warst krank“, begann sie hastig. Hätte sie auf der Fahrt vom Flughafen hierher bloß nicht ihre Bluse aufgeknöpft! Das Kamisol, das sie darunter trug, war zwar angemessen für die hohen Temperaturen, allerdings eher freizügig. „Das tut mir leid. Geht es dir inzwischen besser?“

Matt ließ die Hand sinken und betrachtete Joanna verblüfft. Er kniff die Augen leicht zusammen.

Ich habe etwas Falsches gesagt – und vermutlich auch getan, schoss es ihr durch den Kopf. Wusste er denn nicht, dass man sie nicht über seine Erkrankung informiert hatte?

„Ich bin überrascht, weil du erst heute kommst“, erwiderte er und beantwortete damit ihre Frage.

Sophie merkte, dass irgendetwas nicht stimmte. „Wir haben uns zufällig am Flughafen getroffen“, versuchte sie das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken. „Joanna ist gerade erst aus New York angekommen. Sie wollte in ein Hotel, aber ich habe sie überredet, mit mir herzufahren.“

„Tatsächlich?“, fragte Matt auf eine Art, die seiner Noch-Ehefrau signalisierte, dass er alles andere als erfreut war. Er sah sie scharf an. „Warum wolltest du denn in ein Hotel?“

„Ich hielt es für die beste Lösung“, antwortete sie möglichst leichthin. „Immerhin ist dies das Haus deiner Eltern, und ich komme unangekündigt.“

„Hast du gedacht, du müsstest uns vorwarnen?“

„Sicher.“ Joanna wusste nicht, worauf er hinauswollte.

„Aber du hast doch die E-Mails meiner Mutter bekommen“, sagte er ungeduldig. „Ich muss zugeben, dass ich eine – wie soll ich es ausdrücken – mitfühlendere Reaktion erwartet hatte.“

Sophie beschloss, das Paar sich selbst zu überlassen. „Bis später dann!“ Sie winkte verlegen und huschte ins Haus.

Das macht die Dinge nicht leichter, fand Joanna. Unwillkürlich trat sie einen Schritt zurück, weil die Atmosphäre zum Zerreißen gespannt war. Welche E-Mails meinte Matt? Ihre eigenen ja wohl nicht.

„Ob du es glaubst oder nicht: Bei meinem Abflug aus New York wusste ich nichts von deiner Krankheit“, erklärte sie kopfschüttelnd. „Sonst hätte ich mich früher gemeldet. Als ich hörte, dass du nicht im New Yorker Büro bist, konnte ich nur raten, wo ich dich finde.“

„Hat mein Vater dir nichts erzählt?“ Oliver hätte mich informiert, wenn er Joanna begegnet wäre, überlegte Matt.

„Wir haben gar nicht miteinander gesprochen. Ich wollte mit dir reden.“

„Verstehe ich das richtig? Du hast keine Nachricht von mir bekommen?“

„Keine.“ Sie straffte die Schultern. „Warum sollte ich lügen?“

„Das frage ich mich auch.“

„Hättest du dir die Mühe gemacht, auch nur eine einzige meiner Mails zu lesen, wüsstest du, warum ich hier bin“, entgegnete sie ärgerlich.

Deiner Mails?“

„Das ist doch lächerlich! Wir reden aneinander vorbei. Ich meine das halbe Dutzend E-Mails, das ich dir in den letzten Wochen geschickt habe.“ Sie wappnete sich, um Matt in die Augen zu sehen. „Ich kann nicht glauben, dass du keine davon kennst.“

„Aber genauso ist es. Erst war ich in Caracas im Krankenhaus, später in Miami. Anschließend hat sich meine Mutter um meine Korrespondenz gekümmert.“

Oh, warum nur überrascht mich das nicht? fragte sich Joanna mit einem Anflug von Bitterkeit. Jetzt fiel der Groschen. Welche Chance für Adrienne, einen weiteren Keil zwischen ihren Sohn und dessen Frau zu treiben!

„Darum ist mein Vater auch in New York. Als klar war, dass ich mich noch eine Weile erholen muss, hat er darauf bestanden, für mich einzuspringen. Ich schätze, der Ruhestand hat ihn gelangweilt. Er konnte es kaum erwarten, in das Flugzeug zu steigen und die Kontrolle zu übernehmen.“

Mit dem Kontrollieren kennen sich die Novaks bestens aus, dachte Joanna grimmig. Nach Olivers leichtem Schlaganfall vor zwei Jahren hatten die Ärzte ihm geraten, als Geschäftsführer von NovCo abzutreten.

Damals übernahm Matt den Posten. Joanna wollte ihren Vater, bei dem gerade Lungenkrebs diagnostiziert worden war, nicht allein lassen. Also beschloss Matt, zwischen der New Yorker Zentrale und der Londoner Niederlassung zu pendeln.

Ein zweischneidiges Schwert, räumte sie heute ein. Ihre Ehe hatte ohnehin darunter gelitten, dass sich kein Baby ankündigte und sie mit Matt nicht über ihre Gefühle sprechen mochte. Dass er oft Investoren und Investorinnen ausführte, war wenig hilfreich, obwohl diese Termine schon immer zu seinem Job gehört hatten.

Früher waren sie Joanna gleichgültig gewesen. Damals fühlte sie sich von Matt geliebt und vertraute ihm uneingeschränkt. Doch die Unfruchtbarkeit machte sie verletzlicher, als sie für möglich gehalten hatte.

„Davon wusste ich nichts.“ Sie schlang den Riemen ihrer Handtasche fester über die linke Schulter und blickte ihren Mann an. „Ich bin nämlich nicht gefühllos, weißt du?“

Sie konnte sich denken, was mit ihren E-Mails geschehen war: Adrienne musste sie gelesen haben. Allerdings erklärte das nicht, warum ihre Schwiegermutter Matt die Nachrichten vorenthalten hatte.

Wie dem auch sei, es änderte nichts an Joannas Gründen für diese Reise. Sie wollte die Scheidung. So einfach war das – und zugleich so kompliziert. Einfach, weil Matt lediglich erklären musste, die Scheidung nicht anzufechten. Und schwierig, weil er sie zur Aktionärin von NovCo gemacht hatte, als ihr Vater seine eigene kleine Firma an NovCo verkauft hatte.

Nicht, dass sie diese Aktien weiterhin behalten wollte. Trotzdem mussten die rechtlichen Aspekte geklärt werden.

Ich hätte auf David Bellamy hören sollen, dachte sie reumütig. David leitete die Galerie, in der sie gearbeitet hatte, als sie Matt begegnet war, und in der sie heute wieder ihre Brötchen verdiente. Ihr Chef hatte empfohlen, nur noch über einen Anwalt mit Matt zu kommunizieren. David mochte ihn nicht. Er hielt ihn für einen Mann, der daran gewöhnt war, dass ihm die Frauen zu Füßen lagen. Die Ehe wird nicht lange dauern, hatte er prophezeit.

Und recht behalten.

„Du kennst ihn doch“, hatte David mehr als einmal gesagt. „Er meint, er kann dich um den Finger wickeln. Willst du ihm wirklich Gelegenheit geben, dich umzustimmen?“

„Das schafft er auf keinen Fall“, hatte sie voller Überzeugung geantwortet.

Und es stimmt, sagte sie sich. Sie musste ja nur an ihren Vater denken, an dessen Qualen kurz vor dem Tod, um zu wissen, dass es kein Zurück gab.

Angus Carlyle war zwar schon vor neun Monaten gestorben, aber ihre Verbitterung Matt gegenüber existierte nach wie vor. Sie hatte sich sogar eingeredet, die Liebe zwischen ihnen wäre nichts als eine Illusion gewesen. Heute war Joanna eine selbstständige Frau, und so sollte es auch bleiben.

Deshalb die Scheidung.

Unabhängig davon traf sie die Nachricht von Matts Krankheit wie ein Schlag. Als sie am Flughafen davon erfuhr, strafte ihre Reaktion alle Vorsätze Lügen.

Joanna hatte tatsächlich geglaubt, immun gegen Matts Anziehungskraft zu sein. Ihn ansehen und mit ihm reden zu können, ohne seine verlockende Sinnlichkeit zu spüren.

Einmal mehr hatte sie sich geirrt.

2. KAPITEL

Was bedeutete das? War sie etwa unsicher? Nein, rief Joanna sich zur Ordnung. Ihr Körper reagierte bloß auf den Sex-Appeal dieses Mannes. Nicht auf irgendwelche Gefühle, die möglicherweise noch nicht vollständig abgeklungen waren.

Nachdenklich betrachtete Matt sie. Offenbar brachte die Situation auch ihn aus dem Konzept. „Setz dich doch. Ich lasse uns etwas zu trinken kommen. Wenn du nicht hier bist, um zu erfahren, ob ich noch lebe – warum dann?“

Sie zögerte. Wollte sie ernsthaft so tun, als wäre dies ein x-beliebiger Besuch? Was sonst konnte sie unter diesen Umständen machen?

„Also gut“, sagte sie spontan.

Er rief einen Angestellten, bestellte Kaffee und eine Karaffe Eistee. Dann schlug er Joanna vor, auf der Liege neben seiner unter der gestreiften Markise Platz zu nehmen.

Sie fügte sich. Ihr Körper spannte sich an, als Matt sich setzte, das Fußteil seiner Liege herunterklappte und den so entstandenen Stuhl zur Seite rückte. Jetzt befanden sich seine nackten Knie nur wenige Zentimeter neben ihren.

Joanna stellte ihre Handtasche auf den Boden und strich sich die Haare aus dem Gesicht. Auf der Fahrt hierher im Cabrio hatte der Wind ihre Locken durcheinandergewirbelt. Sie wünschte, sie hätte sich Zeit zum Kämmen genommen, und steckte ein paar widerspenstige Strähnen hinter die Ohren.

Unwillkürlich dachte Matt daran, wie seidig ihre Haare waren. Wie weich sich ihre Haut unter seinen Handflächen anfühlte. Viel zu lange waren sie getrennt gewesen. Er wollte ihr unbedingt sagen, dass ihm die Trennung leidtat – egal, was davor passiert war.

Aber würde sie es heute lieber hören als das letzte Mal?

Wäre ich am Flughafen bloß nicht Sophie über den Weg gelaufen, dachte Joanna im selben Moment. Ein Anruf bei den Novaks, und sie hätte bestimmt auch so von Matts Krankheit erfahren. Vielleicht hätte sie bis morgen gewartet, um ihren Mann zu kontaktieren. Wäre er ihrer Einladung in das Hotel gefolgt, hätte sie sich wie die treibende Kraft fühlen können.

„Also …“ Fragend zog er eine Braue hoch. „Du hast mir wohl nicht verziehen?“

Joanna presste die Lippen aufeinander. Seine Frage kam völlig unerwartet. „Dachtest du, ich hätte es getan?“

„Seit dem Tod deines Vaters sind neun Monate vergangen“, antwortete er leise. „Ich bedaure den ganzen Vorfall, aber es war nicht meine Schuld.“

Sie starrte ihn an und sagte kühl: „Das sagtest du bereits. Wie auch immer, mein Vater hat dir vertraut.“

„Und ich ihm“, konterte er brüsk, unfähig, sich zu beherrschen. „Was zeigt, wie töricht ich war. Angus Carlyle hat niemandem vertraut. Sogar deine Mutter wusste das.“

„Lass meine Mutter aus dem Spiel! Sie war ja wohl kaum ein Vorbild. Schließlich hatte sie eine Affäre.“

„Nicht während ihrer Ehe mit deinem Vater. Glenys ist Lionel Avery erst begegnet, nachdem sie die Scheidung eingereicht hatte. Ich hoffe, du hältst ihr diesen Schritt nicht immer noch vor.“

„Meine Beziehung zu meiner Mutter geht dich nichts an.“

„Richtig. Aber Angus war eifersüchtig, Jo. Ihr Glück passte ihm nicht. Genauso wenig wie unsere Ehe.“

„Das stimmt nicht!“

„Natürlich stimmt es. Du warst sein kleines Mädchen, und er wollte, dass du es bleibst. Erstaunlich, dass er dir überhaupt erlaubt hat, in Bellamys Galerie zu arbeiten. Sicher wusste er nicht, dass der Typ in dich verliebt ist.“

„Was sagst du da?“ Joannas Kinnlade klappte herunter. „Lächerlich! David ist nicht in mich verliebt.“

Matt seufzte resigniert. Er legte eine Hand auf ihre und streichelte sie behutsam mit den Fingerspitzen. „Lass uns nicht über Bellamy oder deinen Vater reden, Jo. Was geschehen ist, ist geschehen. Ich möchte an die Zukunft denken.“

Sie hatte sich wie erstarrt gefühlt, bis er sie berührte. Jetzt riss sie ihre Hand unter seiner weg. „Wir haben keine Zukunft. Das musst du doch wissen.“

Finster blickte er sie an. „Ich weiß nichts dergleichen. Willst du zulassen, dass die Lügen deines Vaters dein ganzes Leben zerstören?“

„Mein Vater hat mich nicht belogen“, widersprach sie steif. „Er hat mir die Wahrheit gesagt.“

Seine Wahrheit.“ Frustriert betrachtete Matt seine Frau. „Ich liebe dich, Jo. Sag mir, was ich tun kann, um alles in Ordnung zu bringen.“

Nur mit Mühe brach sie den Blickkontakt. „Ich bin nicht hier, um zu versuchen, unsere Differenzen zu überwinden.“

„Das habe ich mir schon gedacht.“

„Dann muss dir doch klar sein, dass …“

Bevor sie mit ihrem Wunsch nach einer Scheidung herausplatzen konnte, erschien der Angestellte mit den Getränken.

Er war nicht allein. Eine ältere Dame in legerer grauer Seidenhose und passender Tunika trat aus der Villa.

„Matt“, begann die Frau missbilligend. „Was erzählt Aaron da von einer Besucherin, die Sophie mitgebracht hat?“ Sie sah Joanna und stockte. „Meine Güte“, stieß sie hervor. „Was machst du denn hier?“

Ein paar Stunden später betrachtete Joanna sich im langen Badezimmerspiegel einer der Gästesuiten.

Wie war sie bloß in diesen Schlamassel geraten? Sie hatte doch nur so lange wie unbedingt nötig im Haus der Novaks bleiben wollen. Trotzdem stand sie jetzt hier und hatte für das Dinner mit Matt und dessen Familie zugesagt. Zugesagt, den Abend damit zu verbringen, Adriennes Anfeindungen ebenso abzuwehren wie Matts geradezu magnetische Anziehungskraft.

Andererseits ging es nur um einen einzigen Abend. Auf das Angebot ihres Noch-Ehemannes hin, in der Villa zu übernachten, hatte sie ihr Zimmer im Hotel Corcovado ins Feld geführt. Wer weiß, was er sonst von ihr erwartet hätte. Vielleicht, dass sie seine Suite mit ihm teilte? Bei dieser Vorstellung überlief sie ein unwillkommener, aber angenehmer Schauer.

Adrienne ist schuld, entschied sie. Anscheinend hatte ihre Schwiegermutter nicht damit gerechnet, dass sie nach Miami kommen würde.

Die Lage hatte sich nicht gerade entspannt, als Matt seiner Mutter vorwarf, sich eingemischt zu haben. „Du wusstest, dass Joanna mich kontaktieren wollte“, sagte er barsch und stand auf. „Wann wolltest du mir eigentlich davon erzählen? Oh, und was ist aus den E-Mails geworden, die du Joanna auf meine Bitte hin schicken solltest? Die haben ihr Ziel wohl auch nie erreicht?“

„Sei nicht sarkastisch, Matthew!“ Adriennes Gesicht wurde noch röter als beim Anblick ihrer Schwiegertochter. „Ich wollte nicht, dass du so kurz nach deiner schweren Erkrankung nach London fliegst. Bei all meinen Entscheidungen hatte ich nur dein Wohl im Auge.“

Na, das erklärt wenigstens, warum sie nichts gesagt hat, räumte Joanna ein. Vielleicht hatte Adrienne unter den gegebenen Umständen sogar richtig entschieden.

„Also hast du meine E-Mails gelesen.“ Matt war nicht versöhnlich gestimmt.

Aus Adriennes Blick auf ihre Schwiegertochter sprach etwas von der Wut, die sie unbedingt verbergen wollte.

Autor

Anne Mather
<p>Ich habe schon immer gern geschrieben, was nicht heißt, dass ich unbedingt Schriftstellerin werden wollte. Jahrelang tat ich es nur zu meinem Vergnügen, bis mein Mann vorschlug, ich solle doch meine Storys mal zu einem Verlag schicken – und das war’s. Mittlerweile habe ich über 140 Romances verfasst und wundere...
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