Mit dir kommt das Glück zurück

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Elle ist zurück aus Italien! Cam traut seinen Augen nicht: Der scheue Bücherwurm von einst hat sich in eine aufregende Schönheit verwandelt. Eine leidenschaftliche Romanze beginnt. Doch während Cam sein Glück laut hinausposaunen will, möchte Elle ihre Beziehung geheim halten …


  • Erscheinungstag 31.05.2021
  • ISBN / Artikelnummer 9783751506700
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Guten Morgen, liebe Leser! Heute habe ich ein saftiges Gerücht, das euch helfen wird, dem langweiligen Alltag in unserer kleinen Stadt zu entfliehen.

Man erzählt sich, dass eine der bekanntesten Bewohnerinnen von Bayside nach zehnjähriger Abwesenheit zurückgekehrt ist. Vielleicht erinnert ihr euch ja noch an das Mädchen, das unsterblich in Jasper Dumont verliebt gewesen war. Wer könnte vergessen, wie sie ihm damals in diesem Video ihre Liebe erklärt hat? Ihr habt es noch nicht gesehen? Bestimmt hat jemand eine Kopie für euch. *Grins*

Ich freue mich jedenfalls riesig, dass sie wieder da ist. Deshalb lasst mich, eure fabelhafte Bloggerin, die Erste sein, die sagt: Willkommen zurück in Bayside, Ellie Owens.

Elle stieg aus der Straßenbahn und stellte ihr Gepäck ab. Sie atmete einmal tief durch und roch sofort die vertraute frische Luft, die sie mit ihrer Heimat verband.

Sie brauchte einen Augenblick, um sich wieder zurechtzufinden. Der zentrale Platz war mit seinen bunten Geschäften und den blumengesäumten Straßen immer noch hübsch anzusehen. An einer Seite erstreckte sich die Bucht, und die Fischerboote kehrten gerade nach ihren Ausfahrten am frühen Morgen in den Hafen zurück.

Elle wusste, wenn sie die Augen zusammenkniff, könnte sie den kleinen Bungalow sehen, in dem sie bis zu ihrem achtzehnten Lebensjahr mit ihrem Vater gewohnt hatte. Danach war sie aufs College und anschließend nach Italien gegangen. Das strahlend gelb gestrichene Haus mit der windschiefen Terrasse und dem wackeligen Bootssteg gehörte zu den vielen Dingen, die sie vermisst hatte. Für sie war es einzigartig, auch wenn es zwischen den anderen Häusern an der Bucht gar nicht auffiel.

Sie wusste, dass sie vom Steg aus die viel größeren und imposanteren Häuser auf der anderen Seite der Bucht sehen könnte. Dort lebten unter anderem die Dumonts, umgeben von einem kleinen Park und diskreten Zäunen.

Wie oft hatte sie sich nach dem Zubettgehen in die Nacht hinausgeschlichen, um die Musik zu hören, die aus der hell erleuchteten Villa über den See gedrungen war? Die Dumonts schienen damals so oft zu feiern, wie anderen Menschen zum Einkaufen fuhren. Offenbar hatte es nichts Aufregenderes als eine ihrer Partys gegeben. Jeder in der Stadt hatte vom teuren Champagner, der Livemusik und den gelegentlichen Feuerwerken gehört. Aber all das war nicht überraschend bei einer Familie, die mit Immobilien ein sagenhaftes Vermögen gemacht hatte.

Noch faszinierender als der Luxus war für Ellie allerdings immer eine ganz bestimmte Person gewesen. Die Person, die in ihren Kindheitsträumen stets die Rolle des Märchenprinzen gespielt hatte.

Jasper Dumont!

Er war beliebt, unglaublich attraktiv, ein Superathlet in vielen Sportarten und der Star der Schule gewesen. Kein Wunder, dass Elle für ihn geschwärmt hatte.

Natürlich war sie nie zu den Dumonts eingeladen worden. Dabei hatte sie immer davon geträumt, mitten auf der Tanzfläche von Jasper geküsst zu werden.

Diese alberne Kindheitsfantasie würde sie wahrscheinlich niemals loswerden. Wer vergaß schon seine erste Liebe? Selbst wenn diese Liebe der Grund dafür gewesen war, wegen dem sie ihre Heimat hatte verlassen müssen.

Ein Hupen riss sie plötzlich aus ihren Erinnerungen. Ein großer, attraktiver Mann stieg aus einem silberfarbenen Pick-up und kam genau auf sie zu. Elles Augen wurden groß, als sie ihn erkannte.

Das kann nicht sein, dachte sie.

„Cam?“, rief sie fassungslos und winkte ihm zu, bevor sie die große Sonnenbrille auf den Kopf schob.

Er blieb abrupt stehen, dann steckte er die Hände in die Hosentaschen, legte den Kopf schräg und musterte sie. Erst als ein Autofahrer ihn anhupte, ging er weiter. Kopfschüttelnd machte er dem Wagen Platz.

„Ellie? Ellie Owens?“, fragte er.

„Ich ziehe jetzt Elle vor, aber ja, ich bin es. Schön, dich wiederzusehen.“

Wann hatte sie ihn das letzte Mal gesehen? Richtig, bei der Abschlussfeier. Mit zweiundzwanzig Jahren war er nicht nur der ältere Bruder ihres Schwarms gewesen, sondern bereits aufs College gegangen.

Er war ein Einzelgänger, stets am Rand stehend, alles beobachtend, mit einer gelassenen Selbstsicherheit, die kein anderer Mann seines Alters besessen hatte. Mit dem langen Haar und dem finsteren Blick hatte er gefährlich gewirkt. Noch dazu war er über eins neunzig und sehr muskulös.

Das war er auch jetzt noch. Elle fühlte sofort ein Kribbeln im Bauch, als sie das kantige Kinn, die breiten Schultern und die kräftigen Arme betrachtete.

„Willkommen zu Hause, Elle“, sagte er. „Du siehst toll aus.“

Sein Erstaunen wunderte sie nicht. Schließlich war sie früher nicht gerade glamourös gewesen. Sie hatte nie Make-up getragen, denn ihr Vater hätte es niemals erlaubt, und wenn dein Vater zufällig der Polizeichef war, gehorchte man ihm wohl. Ihre Outfits waren auch nicht sehr schmeichelhaft gewesen … Jeans, Flanellhemden, Sweatshirts. Absolut jungenhaft. Außerdem war sie etwas übergewichtig gewesen. Eine gute Schülerin, aber keine gute Sportlerin.

Irgendwann zwischen dem College und dem Umzug nach Italien hatte sie allerdings abgenommen, ihr glattes braunes Haar lang wachsen lassen und angefangen, Make-up aufzulegen.

„Danke“, erwiderte sie lächelnd.

„Hattest du die Grübchen schon immer?“

Was?“, fragte sie mit einem Lachen.

„Nichts. Entschuldige bitte.“

Sie hielt nach dem Wagen ihres Vaters Ausschau, bis ihr einfiel, dass sie gar keine Ahnung hatte, was für einen er jetzt fuhr.

„Ich bin gerade vom Flughafen gekommen und warte hier auf meinen Dad“, erklärte sie.

Er schüttelte den Kopf. „Dein Dad hat mich gebeten, dich abzuholen. Ihm ist etwas dazwischengekommen.“

„Ist er beim Arzt?“, fragte sie besorgt.

Cam nickte. „Lass mich dir helfen.“ Er griff nach ihren Reisetaschen.

Elle nahm ihr Bordcase und ihre Handtasche und folgte ihm zu einem Pick-up, an dessen Seite in großen schwarzen Buchstaben Bayside Builders stand. Er lud ihr Gepäck ein und überraschte sie damit, dass er ihr die Beifahrertür öffnete. Sie stieg ein, er setzte sich ans Steuer und startete den Motor.

„Es ist eine Ewigkeit her, Elle.“

Sie fühlte, wie sich ihre Wangen erwärmten. Spielte er etwa auf die Nacht an, die sie am liebsten vergessen würde?

„Das war vor sehr langer Zeit, Cam.“

Er runzelte die Stirn. „Was?“

„Du weißt genau, was ich meine.“ Offenbar doch nicht. „Das Video … über Jasper.“

Wenn sie die Augen schloss, sah sie immer noch das enttäuschte Gesicht ihres Vaters, als seine einzige Tochter auf dem Bildschirm mit schwerer Zunge verkündete, wie sehr sie Jasper Dumont liebte.

Wie hatte sie nur glauben können, dass sie Jasper mit dem Video dazu bringen könnte, sie zu beachten? Wahrscheinlich hatte der Alkohol ihren Verstand benebelt, dass ihr viel zu großes T-Shirt dabei von der Schulter gerutscht war, hatte den Auftritt noch peinlicher gemacht.

Ehrlich gesagt, war es nicht so, dass Elle die letzten zehn Jahre täglich an das Video gedacht hatte. Schon gar nicht, als sie in Italien gewesen war. Warum brauchte sie nur in ihrer Heimatstadt anzukommen und schon überfiel sie in leuchtenden Farben die Erinnerung an die peinlichste Geschichte ihres Lebens?

Cam lachte. „Das hatte ich ja ganz vergessen.“

Wie konnte er das Ereignis, das ihr fast einen Verweis von der Schule eingebracht und sie zum Gespött der ganzen Stadt gemacht hatte, einfach so abtun?

Er musste ihre Verlegenheit bemerkt haben. „Erzähl mir nicht, dass dieses alberne kleine Video der Grund dafür ist, dass du all die Jahre weggeblieben bist.“

Albern? Klein? Es war die erniedrigendste Erfahrung ihres gesamten Lebens gewesen. Vielleicht hatte ihr Vater sie nicht ausschließlich deshalb auf ein College in einer weit entfernten Galaxie verfrachtet, aber es hatte bestimmt eine Rolle gespielt.

Doch ihr Vater hatte – wie üblich – recht gehabt. Bayside zu verlassen und ihren eigenen Weg zu finden war gut für sie gewesen. Außerdem war sie gern aufs College gegangen, zumal sie auf diese Weise ein Jahr im Ausland hatte studieren können. Damals hatte sie sich in Italien verliebt, und später hatte sie sogar in Florenz ihren Master in Kunstgeschichte gemacht. Die Zeit in den faszinierenden Museen und Galerien hatte ihr zu vergessen geholfen, trotzdem hatte sie Heimweh gehabt.

„Freust du dich, wieder hier zu sein?“, fragte Cam.

„Ich habe bestimmte Dinge auf jeden Fall vermisst.“

„Deinen Dad.“

„Wie geht es ihm denn?“

Elle konnte es noch immer nicht fassen, dass ihr Vater ihr die Krebsdiagnose verheimlicht hatte. Als er ihr endlich davon erzählt hatte, war es fast beiläufig geschehen.

„Die Therapie war ziemlich hart für ihn, aber ich glaube, insgesamt geht es ihm gut. Bis auf ein paar Tage hat er nie aufgehört zu arbeiten.“

Vierundzwanzig Jahre lang war ihr Vater der Polizeichef von Bayside gewesen. Nach dem Tod ihrer Mutter waren sie in seine Heimatstadt zurückgekehrt, um noch einmal ganz von vorn zu beginnen. Vor ein paar Jahren hatte er sich dann zur Ruhe gesetzt. Seitdem half er beim Wachschutz in der örtlichen Highschool aus.

„Wirklich?“

Cam nickte. „Ich habe gehört, dass er erst letzte Woche zwei Streithähne getrennt hat.“

„Eine Prügelei? Sollte er sich nicht lieber schonen?“

„Keine Sorge. Die ganze Stadt passt auf ihn auf.“

So wie vor zehn Jahren? Doch Elle vertrieb die Erinnerung. Es war nicht die Schuld der Stadt gewesen, dass er nicht zum County Sheriff gewählt worden war. Das hatte sie ganz allein geschafft. Sie und das verdammte Video!

Cam bog nun auf die Bay View Road ein, weg von der Stadtmitte.

„Bitte sag mir die Wahrheit“, bat sie.

„Die Wahrheit ist, dass er Krebs hat.“

„Das habe ich schon verstanden.“

Elle wusste nicht, was sie erwartete. Dass er sie abgeholt hatte und nach Hause fuhr, war für den Cameron Dumont, den sie kannte, ein gewaltiger Schritt, und dann tat er plötzlich noch etwas, das sie überraschte. Er streckte den Arm aus und drückte aufmunternd ihre Hand.

Ihre Augen wurden groß. Hätte jemand sie gefragt, was los war, hätte sie geantwortet, dass seine Freundlichkeit sie verblüffte, aber es war in Wirklichkeit viel mehr als das. Die Berührung seiner schwieligen Hand hatte sie … etwas fühlen lassen.

„Er wird wieder gesund!“

Sie wusste nicht, warum es so war, aber seine Zuversicht tat ihr gut. „Also lebst du immer noch in Bayside?“

„Ja.“

„Und arbeitest in der Firma deiner Eltern?“

„Nein. Ich habe inzwischen meine eigene gegründet.“

„Wirklich?“ Cam war der älteste Sohn einer Familie, die seit vier Generationen ein Unternehmen betrieb. „Auch in der Immobilienbranche?“

„Ich bin Bauunternehmer.“

„‚Bayside Builders‘ steht auf deinem Wagen.“

„So heißt meine Firma.“

Sie wollte ihn eigentlich noch mehr fragen, aber inzwischen hatten sie 14 Bayview Street erreicht. Cam hielt an und stieg aus, doch Elle rührte sich nicht. Sie sog nun den Anblick des Hauses auf, in dem sie den größten Teil ihres Lebens verbracht hatte. Für sie sah es aus wie immer, auch wenn ihr Vater es frisch gestrichen und neue Fensterläden angebracht hatte.

„Willst du nicht aussteigen? Wir sind da.“

Sie lächelte ihn an. „Danke für den Hinweis.“

Als er ihren Gurt löste, nahm sie einen äußerst männlichen Duft wahr … Seife und Holz.

„Wann hast du dir denn den Bart abrasiert?“, fragte sie neugierig.

Verwirrt sah er sie an und strich sich über die Stoppeln. „Schon vor Jahren.“

Jetzt, da sie ihn genauer betrachtete, erkannte Elle, dass Cam und Jasper einander kaum ähnlich sahen. Jasper hatte helles Haar und blaue Augen, war groß, aber schlaksig. Cam war dunkelhaarig und kräftig. Beide Brüder waren attraktiv, aber auf unterschiedliche Weise.

„Hast du noch einen Schlüssel?“

Cams Frage riss sie aus ihren Gedanken, und nun stieg sie endlich aus.

„Keine Sorge.“ Sie ging zu der kleinen Veranda, bückte sich und musste lächeln, als ihre Finger den Schlüssel unter dem Keramikfrosch, der an der Haustür wachte, ertasteten.

Cam stellte ihr Gepäck auf den Boden. Sie drehte sich um und wollte ihm danken, aber bevor sie ein Wort herausbekam, ließ er den Blick über ihren ganzen Körper wandern, bis sie sich verlegen abwandte.

„Ich freue mich, dass du zurück bist, Elle“, sagte er, bevor er zu seinem Wagen ging.

Sie fragte sich, warum ihr plötzlich so warm wurde, dass sie tief durchatmen musste.

Cam hielt sich eigentlich für einen vernünftigen, nervenstarken Mann, aber als er Ellie Owens wiedergesehen hatte, war etwas mit ihm passiert. Eine Reaktion, die mit dem Verstand nicht zu erfassen war.

„Verdammt“, sagte er laut, als ihr Haus im Rückspiegel kleiner wurde. Kurz darauf fiel ihm ein, dass er den Akkubohrschrauber, mit dem er am liebsten arbeitete, am Abend zuvor bei seinen Eltern gelassen hatte.

Gerade noch rechtzeitig bog er nach rechts ab und steuerte das Ostufer der Bucht an. Seine Mutter hatte ihn gebeten, ein Regal zu reparieren. Als er mit seinem Werkzeug bei ihr erschienen war, hatte sich das Problem plötzlich erledigt. Stattdessen hatte – Überraschung – eine attraktive Frau in einem der Wohnzimmer gesessen. Dieses Mal war es die Innenarchitektin seiner Mutter gewesen.

Cam liebte seine Mutter, aber seit er dreißig war, versuchte sie, ihm Frauen ans Herz zu legen. Als er an Elle dachte, verzog er kurz das Lenkrad.

Die kleine Ellie Owens, die ihre Nase immer in einem Buch oder über einem Zeichenblock gehabt und Jeans mit geflickten Knien getragen hatte. Niemals war sie unangenehm aufgefallen … bis dieses idiotische Video die Runde gemacht hatte. Cam erinnerte sich daran, wie peinlich es Jasper gewesen war. Er selbst hatte es gar nicht so schlimm gefunden. Irgendwann aber war aus der langweiligen Musterschülerin eine atemberaubende und interessante Frau geworden.

Cam bog jetzt auf das Anwesen ein und winkte Stan, dem Obergärtner, zu. Er parkte den Pick-up und rannte hinein, um schnell den Akkuschrauber zu holen. Er wollte gerade wieder ins Auto steigen, als er bemerkte, dass außer den Wagen seiner Eltern auch noch der seines Bruders in der Einfahrt stand. Er ging daraufhin die Stufen der vorderen Veranda hinauf und betrat das imposante Gebäude, in dem er aufgewachsen war.

Noch bevor er den Wintergarten betrat, hörte er laute Stimmen.

„So eine große Sache ist es doch nicht.“

„Du denkst, du kannst einfach herkommen und Dinge verändern, als würde dir alles gehören?“, fragte sein Vater.

„Irgendwie gehört es mir doch.“

Noch nicht“, warf seine Mutter ein. „Noch haben dein Vater und ich das Kommando hier.“

Cam verdrehte die Augen. Seine Eltern und sein Bruder gerieten mittlerweile fast täglich aneinander.

„Wir brauchen einen besseren Auftritt in den sozialen Medien“, erklärte Jasper. „Unsere PR-Abteilung lebt noch in der Steinzeit.“

„Es kommt mir so vor, als wolltest du gar nicht mit uns zusammenarbeiten.“ Cam hörte, wie frustriert sein Vater klang.

„Natürlich will ich das“, widersprach ihm Jasper. „Wäre ich sonst hier?“

Cam entschied sich, seinem kleinen Bruder zu helfen. Er hustete kurz und betrat den Raum.

„Da ist ja mein gut aussehender Sohn.“ Lilah Dumont stand auf und umarmte ihn.

„Hey“, rief Jasper. „Ich dachte, ich bin dein gut aussehender Sohn.“

„Oh, das bist du, aber nur, wenn du mich nicht gerade mit neuen Ideen wie Hashtags ärgerst.“

„Hallo, Pops“, sagte Cam zu seinem Vater.

„Warum bist du denn nicht bei der Arbeit?“

„Warum seid ihr es nicht?“, konterte er.

„Wir arbeiten doch.“ Seine Mutter goss ein Glas Limonade ein und gab es ihm. „Wir diskutieren gerade die neueste Idee deines Bruders. Danach wollten wir über die nächste Spendengala reden.“

Cam zog eine Augenbraue hoch. „Spendengala?“

„Ja.“

„Aha, also eine Party.“ Seine Mutter liebte Partys. Aber Lilah Dumont war viel mehr als eine vergnügungssüchtige Lady der feinen Gesellschaft. Selbst im Abendkleid nutzte sie jede Gelegenheit, um über Geschäfte zu reden.

„Die sozialen Medien sind auch eine virtuelle Party, die uns mit den richtigen Leuten in Kontakt bringt“, warf Jasper ein.

„Warum muss denn nur immer alles über Computer, Smartphones oder Instagram laufen?“, fragte seine Mutter. „Die Leute mögen auch persönliche Gespräche.“

„Warum schuftest du denn nicht auf irgendeiner Baustelle?“, fragte sein Bruder. „Um diese Zeit steckst du doch normalerweise unter einer dicken Schicht aus Staub und Schweiß.“

„Ich habe mich mit einem Kunden getroffen.“ Cam nahm sich einen Apfel aus der Obstschale auf dem Tisch. „Aber du errätst nie, wen ich danach abgeholt habe.“

„Schlimm genug, dass du mit deiner alten Kiste durch die Gegend fährst“, begann sein Bruder.

„Hey, ich mag meinen Pick-up. Es gibt auch noch andere Autos als Lamborghinis. Jedenfalls habe ich Ted Owens heute Vormittag einen Gefallen getan.“

„Wegen seines Arzttermins?“, fragte sein Vater. „Ich muss ihn noch anrufen und fragen, wie es gelaufen ist.“

Es gab viele Dinge, die man an Collin Dumont kritisieren konnte, aber in einer Hinsicht fand Cam ihn vorbildlich. Er respektierte sein Personal, seine Freunde und die Bürger von Bayside. Er war seit Jahren mit Ted befreundet, und Cam hörte ihm an, wie besorgt er um ihn war.

„Ja, er hatte einen Termin, deshalb musste ich seine Tochter abholen.“

„Ellie?“, fragte seine Mutter verblüfft. „Ist sie aus Italien zurück?“

„Wer ist denn Ellie?“, wollte Jasper wissen.

Manchmal wusste Cam nicht, ob er sich über seinen Bruder ärgern oder ihn um seine Vergesslichkeit beneiden sollte.

„Ellie Owens, die Tochter von Ted, dem ehemaligen Polizeichef.“ Sein Bruder schien noch immer nicht zu wissen, von wem er sprach. „Ihr wart in der Schule in einer Klasse.“

„Waren wir ein Paar?“

Ihre Mutter lachte. „Ganz bestimmt nicht.“

„Hat sie nicht irgendein Video über dich gemacht, das beim Abschlussball gezeigt wurde?“, fragte sein Vater jetzt.

Cam hielt die Luft an. Er hatte nie verstanden, warum Elle das Video gemacht hatte. Die ganze Sache passte überhaupt nicht zu ihr. Rasch wechselte er deshalb das Thema. „Sie ist nun wieder hier und will sich um ihren Dad kümmern. Übrigens sieht sie toll aus.“

„Tatsächlich?“ Jetzt klang Jasper interessiert.

„Offenbar hat ihr Europa gutgetan.“

„Schön für sie. Ich fand sie immer ganz süß, und jeder wusste, wie schlau sie war. Sie hätte eine Auszeichnung bekommen, wenn …“

„Hat sie sich nicht nach dem Abschlussball in die Bucht gestürzt?“, fragte Collin.

Noch ein Aspekt der Geschichte, der für Cam keinen Sinn ergab. Angeblich war sie nach der Veröffentlichung des Videos so verzweifelt gewesen, dass sie ins Wasser gesprungen war. Wer das tat, um zu ertrinken, konnte normalerweise nicht schwimmen, aber Elle war eine großartige Schwimmerin gewesen.

„Lad sie doch zu der Party am Freitag ein“, schlug Collin vor.

„Gute Idee“, fügte Lilah hinzu.

„Ich weiß nicht, ob …“

„Mit einem heißen Mädchen rauche ich gern die Friedenspfeife“, sagte Jasper grinsend.

Cam ignorierte ihn. „Ich habe gar keine Einladung bekommen.“

„Damit du nicht absagen kannst.“

Cam hatte eigentlich vorgehabt, am Freitag früher Feierabend zu machen und mit ein paar Mitarbeitern Golf zu spielen. „Was gibt es denn zu feiern?“

„Wir brauchen doch keinen Anlass“, antwortete seine Mutter. „Es ist eine Party, keine Beerdigung, und ich erwarte, dass du kommst.“

Cam stellte sein Glas etwas heftiger als nötig ab. Einen Moment lang sagte niemand etwas, dann sah Collin von seinem iPad auf.

„Auch wenn du nicht für die Familie arbeiten willst, gehörst du immer noch dazu.“

Cam hasste es, dabei den Schmerz in den Augen seines Vaters zu sehen. Er öffnete den Mund, aber Jasper kam ihm zuvor.

„Lass ihn, Dad“, griff Jasper ein. „Ich arbeite doch für die Familie.“

„Und wie du das tust“, entgegnete sein Vater. „Dauernd willst du alles verändern.“

Jetzt war es Jasper, dessen Blick voller Schmerz war, und Cam hätte sich selbst am liebsten einen Fußtritt verpasst. Er war nicht hergekommen, um einen Streit auszulösen. Das schlechte Gewissen, ein eigenes Unternehmen gegründet zu haben, quälte ihn jeden Tag.

Cam hatte seinen Vater auf jede Baustelle begleitet, und Collin hatte ihn stets stolz als zukünftigen Chef von Dumont Incorporated vorgestellt, aber der Erste, der mit Cam wirklich über seine Arbeit geredet hatte, war Rick, der Vorarbeiter auf einer der Baustellen gewesen. Geduldig hatte er ihm jede Frage beantwortet. Mit einem Helm herumzulaufen und sich alles anzusehen war für Cam ein tolles Gefühl gewesen. Im Büro seines Vaters hatte er sich hingegen immer nur gelangweilt.

In einem Sommer hatte Cam dann verkündet, dass er mit Rick am Bau eines neuen Kinozentrums arbeiten wollte. Sein Vater hatte nicht begriffen, dass Cam lieber mit den Händen arbeitete, und deshalb damit angegeben, dass sein Sohn das Geschäft von der Pike auf lernen wollte.

Erst als Collin demonstrativ hustete, kehrte Cam in die Gegenwart zurück.

„Entschuldigt mich. Ein Anruf“, log er, hob sein Handy und eilte zur Haustür.

„Cam, warte.“ Mit besorgter Miene holte Jasper ihn ein.

„Hör nicht auf den alten Mann. Du machst einen tollen Job.“

„Ja, klar. Ich schaffe es nicht, meinen Vater für meine Ideen zu interessieren, geschweige denn den Rest des Vorstands. Wie soll ich es da jemals auf die Titelseite von Forbes schaffen?“

Cam ertrug es nicht, seinen Bruder so frustriert zu sehen. „Ich komme nachher noch bei dir vorbei, um die Balkontür zu reparieren.“

„Du bist mir nichts schuldig.“

Doch, und ein paar Dinge in Jaspers Wohnung zu erledigen reichte als Wiedergutmachung noch lange nicht aus.

„Ich bin gegen sieben bei dir“, sagte Cam. „Bist du glücklich?“

Was?“

„Beantworte einfach die verdammte Frage, Jasp.“

Jasper seufze. „Es geht mit gut. Hör auf, dir Sorgen um mich zu machen. Alles ist bestens.“

Autor

Kerri Carpenter
Die mehrfach ausgezeichnete Autorin Kerri Carpenter schreibt süße, freche, sexy Liebesromane. Und wenn sie das gerade nicht tut, liest sie gerne, kocht oder schaut Filme, macht Zumba oder trifft sich einfach so mit ihrer Sportgruppe. Mit Kerri wird es nie langweilig! Zusammen mit ihrem niedlichen aber gewitzten Pudelmischling Harry lebt...
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