Mit Vollgas ins Happy End

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Ausgerechnet den erfolgreichen Rennfahrer Rick Castles soll Liz für ihre Werbeagentur vertreten - dabei hat sie von Rennsport keine Ahnung. Was er sie auch bitter spüren lässt! Trotzdem fiebert sie plötzlich bei jedem Rennen mit. Nicht nur aus beruflichen Gründen …


  • Erscheinungstag 08.05.2016
  • ISBN / Artikelnummer 9783733773441
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Liz Mallory wusste, dass Pumps und Kostüm nicht die richtige Aufmachung für eine Rennstrecke waren. Sie hatte beabsichtigt, sich bei der Ankunft im Hotel umzuziehen. Doch während des Fluges von New York nach Daytona war ihr Gepäck verloren gegangen. Daher fühlte sie sich nun so fehl am Platze wie ein Weihnachtsbaum zu Ostern.

Die Rennstrecke erinnerte an einen riesigen Zirkus. Flaggen und Luftballons wehten im Wind, Tausende von Menschen spazierten umher, und dabei fand an diesem Tag nicht einmal ein Rennen statt.

Aber so war es immer in Daytona während der Rennwochen im Februar. Zumindest so viel hatte sie in der kurzen Zeit in Erfahrung gebracht, seit sie beauftragt worden war, Big Boy’s Pizza, den neuen Sponsor des aufstrebenden Neulings Rick Castles, zu repräsentieren.

Sonst wusste sie absolut nichts über die Welt des Motorsports. Jeff Strohm, ihr Boss bei der Werbeagentur Star Media Enterprises, hatte ihr dringend geraten, dem schleunigst Abhilfe zu schaffen. Sie hatte unzählige Fachbücher und Zeitschriften gekauft, aber noch keine Zeit gefunden, sie zu lesen. Doch das beunruhigte sie nicht sonderlich. Ihr Job war es, Rick Castles und seinen Sponsor möglichst viel in die Medien zu bringen. Es war schlicht und einfach PR, und darin war sie gut.

Sie erreichte den Presseparkplatz, der mit einer Kette versperrt war. Ein Wärter in orangefarbener Weste hielt sie an. „Entschuldigung, Lady.“ Er deutete zu einem Schild mit der Aufschrift Ausschließlich Medien.

Sie hielt den Ausweis hoch, der ihr von der Rennleitung ausgestellt worden war.

Der Mann schüttelte den Kopf. „Damit kommen Sie in die Boxengasse. Hier brauchen Sie einen Parkaufkleber.“

„Vielleicht habe ich einen.“ Sie kramte in einem großen Umschlag und zeigte triumphierend einen rot-weißen Aufkleber.

„Kleben Sie ihn an die Windschutzscheibe, damit ich Sie nächstes Mal nicht anhalten muss.“

„Es tut mir leid. Es ist mein erstes Mal, und …“

Der Fahrer hinter ihr hupte ungeduldig.

Sie befestigte den Aufkleber an der Windschutzscheibe, und der Wärter winkte sie zufrieden vorbei.

Als sie aus dem Wagen stieg, blickte sie hinauf zum strahlend blauen Himmel. Nicht eine Wolke war in Sicht, und eine milde Brise wehte vom Ozean herüber, der nur wenige Meilen entfernt war. Sie war froh über das tropische Klima im Gegensatz zur Kälte in New York.

Um die Rennstrecke herum standen unzählige Trucks, Campingwagen und Zelte. Der Geruch von Grillfleisch hing in der Luft, und Möwen kreisten auf Futtersuche über der Anlage.

Häuschen mit Toiletten und Duschen waren ebenso vorhanden wie Unfallstationen. An Ständen wurden Souvenirs verkauft – hauptsächlich T-Shirts und Jacken mit Bildern von den Fahrern und ihren Rennwagen.

Es ist wie eine kleine Stadt, dachte Liz. Viele Fans verbrachten tatsächlich den gesamten Monat Februar an der Strecke, und die lokale Wirtschaft hieß sie mit offenen Armen willkommen.

Liz folgte dem Lageplan zur Boxengasse, in der die Fahrer sich neue Reifen und Sprit holten. Sie hatte keine Ahnung, wie Rick Castles aussah. Bislang gab es noch keine Werbefotos von ihm, doch sie beabsichtigte, das sofort zu ändern. Sie war froh, dass sie die Mützen mit dem Logo des Sponsors im Handgepäck mitgebracht hatte, anstatt sie im Koffer aufzugeben. Sonst hätte sie an diesem Tag keine Fotos machen können, denn Rick und sein gesamtes Team mussten diese Kappen tragen, um für Big Boy’s Pizza Reklame zu machen. Und sie konnte sich keinen Aufschub leisten. Seine Pressemappe musste möglichst schnell verfügbar sein.

Am Eingang zur Boxengasse zeigte sie dem Wärter ihren Ausweis und fragte, wo sie Rick Castles finden konnte.

„Er hat Box Nummer fünfundfünfzig.“

Sie dankte ihm, heftete sich den Ausweis an das Revers, holte tief Luft und betrat ihr neues Arbeitsumfeld.

Als Erstes stolperte sie über einen riesigen Bolzen, den jemand hatte herumliegen lassen. Sie fiel beinahe auf die Nase, doch ein Mann in einem ölverschmierten Overall packte sie am Arm und warnte brüsk: „Lady, in diesen Schuhen sollten Sie lieber aufpassen. Es ist gefährlich hier.“

Sie lachte nervös. „Da stimme ich zu. Vielen Dank. Nächstes Mal weiß ich es besser.“

„Was tun Sie überhaupt hier?“

„Ich bin die neue Public-Relations-Repräsentantin von Rick Castles. Können Sie mir sagen, wo ich seine Box finde?“

„Castles ist ein Grünschnabel. Also ist er nicht bei den Hot Dogs. Das ist schon mal sicher. Er müsste ganz am Ende der Boxengasse sein.“

Liz war verwirrt, denn sie sah keine Imbissbuden in der Boxengasse. Und was mochte die Tatsache, dass Rick ein Anfänger war, mit dem Standort seiner Box zu tun haben?

Jemand pfiff ihr nach, als sie weiterging. Erneut wünschte sie, sie hätte sich umziehen können. Für gewöhnlich wäre sie in Freizeitkleidung gereist, doch Jeff hatte kurz vor ihrem Abflug zu einem Abschiedsessen in einem eleganten Restaurant geladen.

Als sie einen jungen Mann mit mehreren Kameras um den Hals erblickte, winkte sie ihm und rief: „Hallo! Sind Sie freiberuflicher Fotograf?“

„Ja. Ich bin Pete Barnett, der Beste im Geschäft. Was brauchen Sie und wann?“

„Werbeaufnahmen von Rick Castles. Ich bin Liz Mallory, PR-Repräsentantin seines neuen Sponsors – Big Boy’s Pizza. Und ich möchte die Fotos bis morgen fertig haben.“ Sie hielt den Atem an und hoffte, dass er ihr nicht ins Gesicht lachte wegen des kurzfristigen Termins.

„Kein Problem. Ich bin jetzt gerade unterwegs zu Aufnahmen. Wo werden Sie in etwa einer Stunde sein?“

„Box fünfundfünfzig. Da steht sein Auto.“

Er lachte. „Nicht bei den Hot Dogs, wie? Der Fluch, ein Grünschnabel zu sein.“

Erneut wunderte Liz sich über die Bemerkung, während sie weiterging. In den Boxen herrschten hektische Betriebsamkeit und ohrenbetäubender Lärm von heulenden Motoren und Schlagschraubern.

Als sie die Box Nummer fünfundfünfzig erreichte, erblickte sie zu ihrer Erleichterung ein Auto mit dem Logo von Big Boy’s Pizza auf der Haube, dem Dach und den Seiten. Der Monte Carlo war mit Dutzenden von bunten Aufklebern übersät und trug auf den Türen die Nummer sechzig.

Niemand war zu sehen, und das wunderte Liz, da in allen anderen Boxen fieberhaft an den Autos gebastelt wurde. Vielleicht war Rick mit seiner Crew zum Essen gegangen. Sie blickte zur Uhr. Vier. Zu spät zum Lunch und zu früh zum Dinner. Wo mochte das Team am Tag vor dem wichtigen Qualifikationsrennen nur stecken?

Ihre Ungeduld wuchs mit jeder Minute, die verging. Denn sie wollte unbedingt ihre Karriere vorantreiben, nachdem sie kürzlich durch Dummheit und Naivität von ganz oben auf die unterste Stufe der Erfolgsleiter zurückgefallen war.

Liz hatte ihre Karriere in Kalifornien, ihrem Heimatland, begonnen, sich in die Geschäftsleitung emporgearbeitet und Spitzengehälter bezogen. Dann war ihr der Fehler unterlaufen, sich in Craig Hatcher zu verlieben, der zufällig bei der Konkurrenz beschäftigt war.

Sie hatte sich mit ihm verlobt und zu spät entdeckt, dass er sie nur benutzte und sich Zugang zu ihren Unterlagen verschafft hatte. Als sie ihm auf die Schliche gekommen war, hatte er ihrer Agentur bereits die drei besten Kunden abgeworben.

Seine Verschlagenheit hatte ihr nicht nur das Herz gebrochen, sondern sie auch den Job gekostet.

Sie hatte bei einer anderen Agentur von vorn anfangen müssen und dummerweise den Fehler begangen, eine weitere Beziehung einzugehen – mit Mike Lowry, einem Arbeitskollegen. Durch zahlreiche berufliche Konflikte und Konkurrenzdenken war die Liaison bald zerbrochen. Sie hatte nicht nur den Job, sondern auch den Wohnort gewechselt, um sich ein völlig neues Leben aufzubauen.

Sie hatte sich geschworen, sich nie wieder von einem Mann ausnutzen zu lassen und sich nie wieder mit jemandem einzulassen, mit dem sie beruflich zu tun hatte.

Um sich von ihren deprimierenden Gedanken abzulenken, umkreiste Liz langsam den Rennwagen. Ihr fiel auf, dass die Türen Netze statt Fensterscheiben aufwiesen. Der Innenraum war völlig ausgeschlachtet und enthielt nur einen Sitz für den Fahrer. Sie wusste, dass die Rohrgestelle Überrollkäfige genannt wurden und dem Schutz des Fahrers dienten, falls sich der Wagen überschlug.

Liz war so fasziniert von allem, was sie sah, dass sie die Füße übersah, die unter dem Wagen hervorlugten. Sie stolperte, schrie auf und konnte sich gerade noch am Fensterrahmen festhalten, um nicht zu Boden zu stürzen.

Unter dem Wagen hob Rick Castles mit einem Ruck den Kopf und stieß heftig gegen die Wagenunterseite. „Aua! Verdammt, wer ist dieser Schwachkopf, der nicht aufpasst, wohin er tritt? Haben Sie keine Augen im Kopf?“ Zornig schwang er sich auf dem Rollbrett unter dem Auto hervor – und schaute unwillkürlich unter einen Rock, der sehr wohlgeformte Beine umschmiegte.

Verlegen und hastig wich die Frau, der die Beine gehörten, zurück. „Es tut mir leid. Ich habe Ihre Füße nicht gesehen. Ich wusste nicht, dass jemand unter dem Auto liegt.“

Er stand auf, musterte dabei den Rest von ihr, und trotz seiner Verärgerung gefiel ihm, was er sah. Ihre Beine waren nicht das einzige Wohlgeformte an ihr. Lange, dichte Wimpern umrahmten grüne Augen, und eine Stupsnase verlieh ihr einen kecken Eindruck. Volle, sinnliche Lippen luden förmlich dazu ein, geküsst zu werden. Eine Woge der Wärme stieg in ihm auf und erinnerte ihn daran, wie lange es her war, seit er mit einer Frau zusammen gewesen war. „Wenn Sie so große Füße wie meine übersehen, Lady, dann brauchen Sie eine Brille.“

Automatisch blickte sie auf seine Füße und stellte fest, dass sie in der Tat groß waren. Dann fiel ihr ein Spruch ein, den sie einmal gehört hatte, wonach die Fußlänge eines Mannes einen Hinweis gab auf die Länge seines …

Sie errötete bis in die Wurzeln ihrer flammend roten Haare. „Es tut mir wirklich leid. Ich war so fasziniert von dem Wagen. Ich habe noch nie einen Rennwagen aus der Nähe gesehen.“

Rick presste die Lippen zusammen, um nicht zu lachen. Er kannte den Vergleich zwischen den Füßen eines Mannes und der Größe von etwas anderem.

Ihr rotes Haar war zu einem Knoten auf dem Oberkopf geschlungen, und sie sah recht würdevoll in ihrem grauen Leinenkostüm und den zierlichen Pumps aus. Ihm entging jedoch nicht, wie ihre Brüste die weiße Seidenbluse strafften und ihr Rock ihren knackigen Po umspannte. Sie war eine tolle Frau, aber er war dennoch verärgert.

„Ich habe zu arbeiten“, bemerkte er mürrisch. „Warum verziehen Sie sich nicht? Eine Box ist kein Platz für Frauen, vor allem nicht in so albernen Schuhen. Ich begreife nicht, wieso praktisch jedem Zugang gewährt wird.“

Liz spürte Groll in sich aufsteigen. Wer immer er auch sein mochte, ihr gefiel seine Einstellung nicht. Schließlich war sie nicht vorsätzlich über seine Füße gestolpert. Dennoch konnte sie nicht umhin zu bemerken, wie seine breiten Schultern das enge T-Shirt ausfüllten oder wie sich seine Jeans um die muskulösen Schenkel schmiegte. Und obwohl sein markantes Gesicht schmutzig war, sah er gut aus mit seinen mokkabraunen Augen und schwarzen Haaren.

Sie hatte befürchtet, auf Machotypen zu stoßen, denen es nicht passte, dass eine Frau in einer als Männerwelt angesehenen Branche arbeitete. Dieses Exemplar gehörte offensichtlich zu Ricks Crew. Daher hielt sie es für weise, sich mit ihm anzufreunden. Die Tatsache, dass seine Nähe ihr Herz in den Schnellgang beförderte, hatte nichts damit zu tun.

„Ich suche Rick Castles“, erklärte sie. „Ich nehme an, Sie gehören zu seiner Crew?“

In der Hoffnung, sie schnell wieder loszuwerden, enthüllte Rick seine Identität nicht. So niedlich sie auch sein mochte, er wollte keine Zeit an ein Groupie verschwenden. „Das könnte man sagen. Was wollen Sie von ihm?“

„Ich möchte ihn nur kennenlernen.“

„Also sind Sie ein Fan.“ Unbeeindruckt deutete er auf ihren Presseausweis. „Wieso tragen sie den denn?“

„Jemand hat ihn mir gegeben“, erwiderte sie, und es war nicht gelogen. „Und ja, ich bin ein großer Fan, aber noch nicht sehr lange“, fügte sie mit einem vertraulichen Lächeln hinzu. Dann deutete sie auf das Logo. „Ein neuer Sponsor?“

Er zuckte die Achseln. „Ja. Stellen Sie sich bloß mal vor: Wir kriegen Pizza umsonst dafür, dass wir damit das ganze Auto verunstalten.“

Liz versteifte sich. Selbst wenn er nur ein Gelegenheitsarbeiter sein sollte, hätte er etwas mehr Respekt und Dankbarkeit für den Sponsor beweisen müssen, der außer Pizza eine ganze Stange Geld lockermachte, damit der Rennwagen konkurrenzfähig wurde.

Rick beobachtete sie aus den Augenwinkeln und dachte erneut, wie hübsch sie aussah. Umso mehr wünschte er, sie möge verschwinden. Er hatte keine Verwendung für Frauen auf einer Rennstrecke. Sie brachten nur Ärger ein. „Hören Sie, ich weiß nicht, wann Rick zurück sein wird. Daher sollten Sie lieber …“

„Aber wo ist er denn?“ Sie wusste, dass es die letzte Trainingsmöglichkeit vor dem Qualifikationsrennen war. „Wieso ist er nicht hier und probiert das Auto aus?“

„Er hat heute Vormittag trainiert. Heute Nachmittag ist er am Strand. Jetzt sollten Sie hier wirklich verschwinden. Die Box ist ein gefährlicher Ort.“

„Das habe ich schon mal gehört.“ Mühsam unterdrückte sie ihre Verärgerung. Offensichtlich nahm Rick Castles seine Karriere nicht ernst genug. Sonst wäre er nicht am Strand. Selbst wenn er das Training für diesen Tag beendet hatte, hätte er sich um seine Fans kümmern müssen. „Soweit ich weiß, findet um fünf Uhr eine Fahrersitzung statt. Wird er nicht daran teilnehmen müssen?“

„Ja, wahrscheinlich.“

„Dann warte ich.“ Bevor er protestieren konnte, deutete sie auf die Reifen. „Wie kommt es, dass sie kein Profil haben?“

„Das sind alte Reifen. Abgefahren. Neue sind zu teuer.“ Er legte sich auf das Rollbrett. „Ich muss wieder an die Arbeit.“

„Oh, kümmern Sie sich nicht um mich.“ Ihr Blick glitt zu seinen Schenkeln, und ein Flattern lief durch ihren Bauch. Seine Jeans saß wie angegossen, und sie konnte nicht umhin, die Wölbung zu bemerken und …

„Wenn Sie hierbleiben, geraten Sie garantiert in Verlegenheit“, warnte er und rollte sich unter das Auto. „Die Männer fluchen manchmal in der Werkstatt.“

„Keine Sorge. Ich werde es ignorieren.“

„Aber Sie haben hier nichts zu suchen. Und Rick Castles hat eine Freundin. Also verschwenden Sie nur Ihre Zeit.“

„Aha, ich verstehe“, entgegnete sie sarkastisch, „nur weil ich ihn kennenlernen will, will ich auch mit ihm ins Bett gehen.“

Er rollte wieder hervor und verfehlte sie nur knapp, als sie hastig aus dem Weg sprang. „Habe ich etwas davon gesagt, dass Sie mit ihm ins Bett gehen wollen? Ich wollte Sie nur wissen lassen, dass er nicht interessiert ist, falls Ihnen ein Flirt vorschwebt.“

„Und ich bin nicht auf diese Weise interessiert an ihm.“ Sie war sehr versucht, sich vorzustellen und ihn fristlos zu entlassen. Doch sie sagte sich, dass er es nicht wert war, sich seinetwegen künstlich aufzuregen.

Erneut konnte Rick unter ihren Rock schauen. Es war ein toller Anblick, und er zwang sich, weiter unter das Auto zu rollen, damit sie sein Verlangen nicht sehen konnte.

Wer war sie, und was wollte sie von ihm? Er war versucht, die Farce zu beenden, aber er war zu sauer – auf sie, aber vor allem auf sich selbst. Schließlich hatte er seine Lektion in puncto Frauen und Rennsport gelernt. Entweder konnten sie den Stress nicht ertragen und wurden jedes Mal hysterisch, wenn er einen Unfall hatte, oder sie suchten sich einen anderen, während er im ganzen Land herumreiste.

Er dachte an Maggie, drehte prompt den Schraubenschlüssel zu heftig und fluchte, als er sich einen Finger einklemmte.

Liz hörte es und neckte: „He, Sie hatten recht. Ich höre tatsächlich jemanden fluchen.“

Er ignorierte sie und ließ die Erinnerungen an Maggie auf sich einströmen, um sich bewusst zu machen, warum ihm der niedliche Rotschopf nicht unter die Haut gehen durfte. Sie hatte geschworen, dass sie ihn liebte und sein Leben als Rennfahrer mit ihm teilen wollte. Doch ein Jahr nach der Hochzeit hatte sie ihn wegen eines Mannes mit einem beständigen Job verlassen, der jeden Abend zum Essen nach Hause kam.

Daraufhin hatte Rick sich geschworen, nie wieder eine ernste Beziehung einzugehen, solange er im Motorsport tätig war. In letzter Zeit waren auch die sexuellen Abenteuer seltener geworden. Flüchtige Affären hinterließen in ihm ein Gefühl der Leere. Also arbeitete er umso härter, um seinen Traum zu verwirklichen, ein konkurrenzfähiger NASCAR-Fahrer zu werden.

Liz beugte sich in den Wagen und betrachtete den Innenraum. „Wieso ist da ein Loch im Sitz?“

Ein klein wenig fühlte Rick sich schuldig, als er schamlos entgegnete: „Was glauben Sie wohl, wie ein Fahrer zur Toilette geht, wenn er vier oder sogar fünf Stunden am Stück auf der Piste ist?“

Erneut spürte sie ihre Wangen erglühen. „Daran hatte ich gar nicht gedacht“, murmelte sie.

„Angeblich ist die NASA daran interessiert, diese Art von Toilette für die Astronauten zu benutzen.“

„Das ist ja toll.“ Sie sah, dass kein Zündschloss vorhanden war. „Was startet den Wagen?“

„Sehen Sie den Knopf da?“

„Ja.“

„Wenn das Signal zum Start gegeben wird, drückt der Fahrer den Knopf und sendet damit ein Signal in den Kontrollraum. Dort wird ein anderer Knopf gedrückt, der den Motor startet.“

Das klang seltsam, selbst für einen Neuling wie Liz. „Wozu all der Aufwand? Warum dreht man nicht einfach einen Schlüssel wie bei einem normalen Auto?“

„Die Rennleitung will sichergehen, dass alle Wagen genau gleichzeitig starten, damit jeder eine faire Chance hat.“

„Sind Sie sicher?“

„Natürlich bin ich sicher. Deswegen liege ich jetzt darunter – um zu prüfen, ob die Kabel richtig mit dem Knopf verbunden sind.“

Ihr Magen knurrte. Ihr war keine Zeit zum Mittagessen geblieben. „Wo essen eigentlich die neuen Fahrer, denen keine Box in der Nähe der Imbissstände gegeben wird?“

„Wie bitte?“

„Als ich gefragt habe, wo Ricks Box ist, hat mir jemand gesagt, dass er nicht in der Nähe der Hot Dogs ist, weil er ein Grünschnabel ist. Deswegen frage ich mich jetzt, wo es etwas zu essen gibt. Ich bin furchtbar hungrig.“

Er unterdrückte ein Lachen. „Ich fürchte, Sie müssen ganz nach vorn laufen, denn man hat Sie richtig informiert. Grünschnäbel kriegen keine Box bei den Hot Dogs. Das muss man sich erst verdienen.“

Obwohl er im Stillen über ihre Leichtgläubigkeit lachte, kam er sich allmählich gemein vor. Außerdem gingen ihm die langen, wohlgeformten Beine nicht aus dem Sinn. Aber er durfte sie nicht an sich heranlassen. Das Beste war, sie wirklich auf die Palme zu bringen, damit sie ging. „Sie sind ganz schön hartnäckig, wie? Ich habe Ihnen doch gesagt, dass Rick eine Freundin hat. Sie verschwenden Ihre Zeit.“

„Ich bin kein hohlköpfiges Groupie, das ihm nachjagt.“

„Was wollen Sie dann von ihm?“

„Das geht nur ihn und mich etwas an.“ In diesem Augenblick erblickte sie den Fotografen, den sie angeheuert hatte. Hastig lief sie zu ihm, damit er ihre Identität nicht verriet. „Der Fahrer ist nicht hier, und ich weiß nicht, ob er kommen wird. Vielleicht müssen wir es auf morgen verschieben.“

Er sah so enttäuscht aus, wie Liz sich fühlte. „Dann kann ich es nicht machen. Ich habe drei Termine vor dem Qualifikationsrennen. Zum ersten Rennen der Saison wollen alle Fotos. Vielleicht taucht er ja nachher zur Fahrerbesprechung auf.“

In ihrer Verärgerung über den frechen Mechaniker hatte sie das Meeting total vergessen. „Gute Idee. Ich werde sehen, ob ich ihn dort finde.“

„Okay. Ich bleibe in der Nähe. Viel Glück.“

Sie kehrte zum Wagen zurück. „Entschuldigung?“

Rick sah ihre Schuhe und stöhnte. Was immer sie wollte, es interessierte ihn nicht.

Liz hörte Stimmen und drehte sich um. Mehrere Männer in blauen Hosen und roten T-Shirts rollten Reifen heran.

Rick kam unter dem Auto hervor und murrte: „Sie gehen mir auf die Nerven, Lady.“ Dann erblickte er die nahenden Männer. „Sieh zu, dass du sie loswirst, Mack“, fauchte er, bevor er wieder unter dem Wagen verschwand.

„Hallo, ich bin Mack Pressley, der Teamchef.“ Er reichte Liz die Hand. „Was kann ich für Sie tun?“

„Na ja, ich …“ Gerade wollte sie sich vorstellen, als sie sah, dass die Reifen, die hereingerollt wurden, kein Profil mehr hatten. „Was haben Sie denn mit denen vor?“

Mack tauschte ein Grinsen mit den anderen Crewmitgliedern, die wie er fasziniert von der hübschen jungen Frau mit dem Presseabzeichen waren. „Tja, Sie können sicher sein, dass wir sie nicht mit einem Strick an einen Baum binden. Wir haben sie gerade gekauft und wollen sie an den Wagen montieren.“

Verblüfft entgegnete sie: „Aber die sind ja nicht besser als die, die dran sind.“

Mack blinzelte ebenso verwirrt. „Das sind sie gewiss. Die anderen sind praktisch kurz vorm Platzen. Deswegen ist Rick noch nicht mit dem Wagen draußen. Wir haben einen neuen Sponsor und gerade erst das Geld bekommen, um die richtigen Reifen für das Qualifikationsrennen kaufen zu können.“

Verständnislos starrte Liz ihn an.

Mack deutete zu den anderen Männern. „Das sind übrigens Bobby, Weyland und Jake. Wir müssen jetzt die Reifen montieren, aber wenn Sie weitere Fragen haben, werde ich sie beantworten. Es wäre schön, wenn Sie unseren neuen Sponsor Big Boy’s Pizza in Ihrem Artikel erwähnen könnten. Für welche Zeitung arbeiten Sie eigentlich?“

„Ich bin keine Reporterin. Ich bin …“ Der Lärm von Wagenhebern und Schlagschraubern übertönte ihre Worte.

„Entschuldigung“, sagte Mack, als wieder Stille einkehrte. „Was sagten Sie, bei welcher Zeitung Sie sind?“

„Ich bin bei keiner Zeitung. Ich bin Liz Mallory, die PR-Repräsentantin von Big Boy’s …“

Weiter kam sie nicht, weil Rick unter dem Wagen hervorschoss. Diesmal stieß er sie um.

Sie taumelte rückwärts und landete mit dem Po auf seinem Bauch.

Er reagierte blitzschnell und stützte sie im letzten Moment, bevor ihr Kopf auf den Beton aufschlug. „Sagen Sie mir, dass es ein Witz war.“

„Nein, Sie sind der Witz!“, rief sie empört. Sie versuchte aufzustehen, doch er hielt sie fest. Als er sich aufrichtete, streifte seine Wange ihre Brust. „Und Sie sind entlassen, Mister! Bei Ihrer Einstellung will meine Agentur Sie nicht mit dem Team von Rick Castles identifiziert wissen. Also verdienen Sie sich sonst wo den freien Eintritt.“

Rick und Liz starrten einander zornig an, während die restliche Crew in schallendes Gelächter ausbrach.

Wütend drehte sie sich um. „Ich möchte wissen, was daran so witzig ist. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie dieser Mann mit mir geredet hat. Er hat sogar gewagt zu behaupten, dass der neue Sponsor nicht mehr bedeutet als kostenlose Pizza. Sie glauben doch wohl nicht, dass ich so eine Person im Team belasse!“

Immer noch lachend trat Mack zu ihr und zog sie an den Armen hoch. „Tja, ich fürchte, Sie haben keine andere Wahl.“

Sie riss ihm den Lappen aus der Hand und wischte über die Ölflecke auf ihrem Rock, doch es wurde nur schlimmer. Dann erst wurde ihr bewusst, was Mack gesagt hatte. „Wie meinen Sie das?“

„Ich meine, dass Sie sich mit ihm abfinden müssen, denn er ist unser Fahrer.“ Grinsend sagte er: „Liz Mallory, darf ich Ihnen Rick Castles vorstellen?“

2. KAPITEL

„Mack, das ist doch wieder einer deiner dummen Streiche, oder?“

„Ich fürchte nicht“, entgegnete Mack belustigt.

Eine Ader pochte an Ricks Hals. „Sagen Sie mir, dass es ein Gag ist“, verlangte er von Liz. „Sie können nicht die Repräsentantin von Big Boy’s sein.“

„Das bin ich ganz gewiss.“ Sie bückte sich, um den Inhalt ihrer Handtasche aufzusammeln, der sich beim Sturz auf den Boden ergossen hatte. Sie fand ihre Visitenkarten und drückte ihm eine in die Hand. „Hier. Das erklärt meine Person, aber ich hoffe immer noch, dass Sie der Gag sind.“

„Wieso haben Sie nicht gleich gesagt, wer Sie sind?“

„Sie haben auf mich den Eindruck gemacht, dass Sie kein ständiges Mitglied der Crew sind. Daher war ich der Meinung, dass es Sie nichts angeht.“

„Egal, was Sie von mir dachten, es wäre höflich gewesen, sich vorzustellen.“

„Ausgerechnet Sie reden von Höflichkeit! Behandeln Sie Ihre Fans auch in der patzigen Art, in der Sie mich behandelt haben?“

Er bemühte sich zu ignorieren, wie niedlich sie mit ihren zornig funkelnden Augen aussah. „Wenn ich mit jeder Frau reden würde, die sich Zugang zur Boxengasse erschmeichelt, würde ich nie zu was kommen.“

„Aha, Sie bilden sich also ein, dass jede Frau, die mit Ihnen spricht, romantische Absichten hegt. Was für ein Ego!“

„Sie haben vielleicht Nerven!“ Er stieß mit dem Zeigefinger in die Luft. „Sie waren es doch, die Theater gespielt hat. Sie hätten mir nur sagen müssen, wer Sie sind, und es wäre ganz anders gelaufen, Süße.“

„Ja, richtig. Dann hätte ich nie erfahren, was für ein arroganter, eingebildeter Macho Sie sind, Rick Castles. So haben Sie mich davor bewahrt, das Geld des Sponsors und meine Zeit dafür zu verschwenden, Sie der Öffentlichkeit zu präsentieren.“ Sie tat es ihm nach und stieß auch mit dem Zeigefinger zu, doch sie traf seine Brust. „Und nennen Sie mich nicht Süße.“

Autor

Patricia Hagan
Patricia Hagan ist die Autorin vieler Romane und von über 2500 Kurzgeschichten. Sie wurde in Atlanta, Georgia geboren. Da ihr Vater als Justizminister sehr viel umziehen musste, wuchs sie in vielen Teilen der USA auf. Sie wurden erst sesshaft, als ihr Vater in Sylacauga, Alabama eine Position als Richter annahm....
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