Nächte, prickelnd wie Champagner

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Nur ein paar prickelnde Nächte - purer Sex! Mehr kann und soll zwischen ihnen nicht sein, da sind Cole und Kylie sich einig. Denn in wenigen Wochen wird Kylie die Stadt verlassen. Doch als ihre Abreise näher rückt, macht Cole ihr plötzlich ein verführerisches Angebot, das ihre Welt komplett auf den Kopf stellt...


  • Erscheinungstag 05.07.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733778873
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Du wirst es nicht glauben, aber der Kerl auf Leitung eins hat mich gerade gebeten, seinen Willi zu küssen.“

Kylie Falls und ihre Schwester Jane sahen zur Rezeptionistin, die mit weit aufgerissenen Augen im Türrahmen stand.

„Er hat dich gebeten, wen zu küssen?“ Jane wurde blass.

„Na, sein Ding, du weißt schon. Ich werde nicht das Wort benutzen, das er benutzt hat.“

„Was hast du ihm geantwortet?“, wollte Jane wissen.

„Ich habe natürlich Nein gesagt, was glaubst du denn? Und jetzt will er sein Geld zurückhaben“, erwiderte Gail.

„Er will sein Geld zurück? Gehört er zu unseren Kunden?“ Janes Partnervermittlung war ein Jahr alt und kämpfte ums Überleben. Deshalb hatte Jane auch ihre PR-erfahrene Schwester gebeten, ihr zu helfen, damit es wieder bergauf ging.

„Gütiger Himmel, nein, er ist kein Kunde. Er denkt, wir bieten Telefonsex an.“

„Das ist lächerlich.“ Jane nahm den Hörer ab und drückte den blinkenden Knopf. „Sir? Ich fürchte, Sie haben Personal Touch mit einem anderen Service verwechselt. Wir vermitteln Partnerschaften und … wie bitte?“ Sie wurde rot, blieb jedoch gefasst. „Offenbar haben Sie die falsche Anzeige gelesen, Sir. Bleiben Sie dran.“ Sie hielt die Sprechmuschel zu. „Hol schnell die Arizona Weekly, Gail.“

Gail gehorchte und brachte ihrer Chefin die Veranstaltungszeitung für den Großraum Phoenix. Dabei klirrten ihre Armreifen.

Jane überflog die Zeitung, dann schaute sie bestürzt zu Kylie. „Die haben unsere Nummer in die Telefonsexanzeige gesetzt!“ Sie reichte Kylie die Zeitung. „Was sage ich denn jetzt diesem Kerl?“

„Ich mach das.“ Gail schnappte sich den Hörer und erklärte freundlich: „Tut mir Leid, Sir, Sie haben sich verwählt. Aber heute ist Ihr Glückstag. Die beste Partnervermittlung im Großraum Phoenix wird sich um Sie kümmern.“

Kylie verkniff sich ein Lachen. Gail war Janes erste Kundin gewesen und ihr größter Fan. Ihrer Ansicht nach gab es keinen Single, der von einer Partnervermittlung durch Personal Touch nicht profitieren würde.

Der Kerl musste etwas Unfreundliches gesagt haben, weil Gail den Hörer auf die Gabel knallte. „Dann eben nicht. Selbst schuld.“

„Ich befürchte, du wirst die ganze Woche solche Typen abwimmeln müssen“, bemerkte Jane seufzend. „Dabei ist das noch unser geringstes Problem.“ Besorgt und schwer atmend, wandte sie sich an Kylie. Sobald sie Stress hatte, machte ihr Asthma ihr wieder zu schaffen. Und kurz vor dem Bankrott zu stehen, das erzeugte Stress.

„Atme langsam“, ermahnte Kylie ihre Schwester. „Wir werden eine Korrektur und kostenlose Verlängerung bekommen, keine Sorge.“

„Sag mir, was ich fordern soll“, sagte Gail.

Kylie ratterte eine ganze Liste an Zugeständnissen herunter, die Gail hastig mitschrieb, ehe sie sich zurück an ihren Schreibtisch begab, um den Kampf aufzunehmen.

„Ich bin so froh, dass du hier bist“, sagte Jane, kam hinter ihrem zierlichen antiken Schreibtisch hervor und umarmte Kylie mit flatternden Ärmeln. „Danke, dass du nicht gesagt hast: ‚Ich habe dich ja gewarnt.‘“

„Das hätte keinen Sinn.“ Kylie schaute lieber nach vorn, statt über Fehler zu grübeln. Es war kein Geheimnis, dass sie die Partnervermittlung für eine Verschwendung von Janes Psychologiestudium hielt. Außerdem fand sie es riskant, die Hälfte des Treuhandfonds, den ihre Eltern eingerichtet hatten, in ein solches Unternehmen zu investieren. Aber sie hatte einige Recherchen angestellt und dabei herausgefunden, dass Janes individueller Service eine einzigartige Lücke auf dem Markt der Partnervermittlungen füllte.

„Es tut mir so Leid, dass ich deine Pläne durchkreuze.“ Als ihre Schwester sie um Hilfe gebeten hatte, war Kylie gerade damit beschäftigt gewesen, K. Falls PR aufzugeben, da sie in zwei Wochen bei einer Top-Agentur in L.A. anfangen sollte. Sie enttäuschte Garrett McGrath nur ungern, aber es war nicht zu ändern.

„Was würde ich ohne dich nur tun?“ Noch einmal umarmte Jane sie. „Wenigstens ist es für eine gute Sache. Du hilfst mir dabei, Leuten das jahrelange Umherirren auf dem Meer der Singles zu ersparen. Ist das nicht ein tolles Gefühl?“

„Davon werde ich seekrank.“

„Das meinst du nicht ernst. Wieso tust du so hart?“

„Tja, so bin ich nun mal.“ So war sie schon immer gewesen. Stets war sie die Starke gewesen bei den vielen Umzügen in ihrer Kindheit. Das Gastronomieunternehmen, für das ihr Vater gearbeitet hatte, hatte ihn quer durchs ganze Land geschickt, und Kylies Aufgabe an jedem neuen Ort war es gewesen, dafür zu sorgen, dass ihre scheue, zerbrechliche Schwester sich geborgen fühlte. Kylie erkundete die besten Schulwege, suchte die Schulfreunde und die Spielplätze aus und legte den Garten an.

„Romantik wird überbewertet“, erklärte sie. „Wenn die Leute sich darauf konzentrieren würden, ein erfülltes Leben zu führen, brauchten sie keinen Partner, um sich gut zu fühlen.“

„Es geht nicht darum, sich gut zu fühlen, sondern darum, das Leben mit jemandem zu teilen, ein Teil von etwas zu sein, das größer ist als man selbst – ein Paar, dann eine Familie.“ Janes Augen leuchteten.

Kylie bewunderte die Hingabe ihrer Schwester – sie wollte andere vor den Enttäuschungen bewahren, die sie seit Jahren erlebte – und ihre Unerschütterlichkeit, weil sie trotz allem an die Liebe glaubte.

Kylie wünschte ihr von ganzem Herzen, dass sie einen Mann fand, der gut genug für sie war. Oder aufhörte, sich nach einem zu sehnen.

„Glaub mir, Kylie. Du bewirkst etwas.“

„Meinetwegen.“ Es hatte keinen Sinn, sentimental zu werden. Jetzt brauchten sie klare Strategien. „Ich werde mich also um die Internetseite kümmern, ein paar Artikel in Gang bringen, eine Werbestrategie entwerfen, Anzeigen platzieren und einen Geschäftsplan mit dem Mann entwickeln, der meinen erstellt hat.“

„Und die Kosten senken, oder?“, meinte Jane.

„Ja. Du verzichtest lieber darauf, den Festsaal zu mieten. Wir können günstige Online-Partys veranstalten. Worauf können wir noch verzichten?“ Kylie sah sich in dem romantisch eingerichteten Büro um, in dem es Spitzenvorhänge an den Fenstern gab, Zierdeckchen auf den Antiquitäten, pink gestreifte Tapeten und rote samtbezogene Sessel. „Hör auf, die zu kaufen.“ Sie zeigte auf die Vase mit frischen Rosen auf der Fensterbank. Jane tauschte sie jede Woche aus.

„Rosen machen das Zimmer freundlicher.“

„Kauf welche aus Seide.“ Kylie betrachtete den viktorianischen Sekretär, auf dem die Blumen standen. „Und wie wäre es, wenn wir das Ding im Internet versteigern?“

„Ich werde doch den Empfangsraum nicht auseinander nehmen. Das hieße sparen am falschen Ort.“

„Vielleicht hast du Recht.“ Vielleicht war sie manchmal zu streng. Oder es lag an der schnulzigen Musikberieselung. In diesem Meer aus süßlichem Kitsch konnte man glatt ertrinken.

Aber warum ging ihr das so auf die Nerven? Sie hatte doch nichts dagegen, wenn sich jemand nach Liebe oder Kitsch sehnte. Die Antwort lautete: zu wenig Sex. Monatelange Dürre. Wenn sie wenigstens einen Bettpartner für gelegentliche Treffen hätte! Oder den Mut besäße, jemanden in den einschlägigen Bars aufzugabeln. Aber in letzter Zeit war sie zu beschäftigt gewesen, um auf die Jagd zu gehen.

Sie seufzte. So schlimm, wie Jane es am Telefon geschildert hatte, kam ihr die Sache nicht vor. Sie würde vielleicht drei Wochen brauchen, mehr nicht. Kreativität war nicht erforderlich, ihre geheime Achillesferse. Sie würde sich tüchtig ins Zeug legen und sich nebenbei um ihre eigenen Pläne kümmern. Wenn nur harte Arbeit nötig war, kein Problem. Arbeiten konnte sie.

Da war jedoch die bohrende Angst, Garrett McGrath könnte das unglaubliche Jobangebot zurückziehen oder, noch schlimmer, seine hohe Meinung von ihr überdenken. Aber das würde sie schon hinbekommen. Jane verließ sich auf sie. Die Arbeit hat Vorrang vor den Sorgen, lautete die Philosophie, die sie mit ihrem Vater teilte.

„Das wäre es also im Wesentlichen?“, fragte Kylie, nur um sicherzugehen.

Jane errötete leicht.

Oh, oh. Da war offensichtlich noch mehr. „Was noch?“

„Eine Sache noch …“ Jane nahm einen Stapel Unterlagen aus der Schreibtischschublade.

Kylie überflog die erste Seite. Ihr Mut sank. „Du wirst von einem Kunden verklagt?“

Jane nickte unglücklich. „Ich habe wundervolle Kandidatinnen für ihn gefunden, aber er will Frauen, die weder zu seinem Alter noch zu seinem Intellekt passen.“

„Du meinst, er ist ein kahlköpfiger alter Knacker, der ein junges Flittchen will? Vorzugsweise gut gebaut? Aber hat der Kunde nicht immer Recht?“

„Ich suche Lebenspartner, Kylie, keine Egoverstärker. Wenn ein Mann eine Midlife-Crisis hat, soll er sich einen Sportwagen kaufen oder Skilehrer werden. Ich kann nicht zulassen, dass er ein armes junges Ding in seinen moralischen Sumpf zieht.“

„Ja, ich weiß.“ Jane war ein anständiger Mensch mit höheren moralischen Wertvorstellungen als manche ihrer Kunden.

„Ich weiß, dass du dieses Problem mühelos lösen kannst“, sagte sie und schnippte mit den Fingern, dass ihre Ärmel wie Schmetterlinge flatterten. Dabei sah sie Kylie an, wie sie es als Kind getan hatte, wenn sie Kylies Hand gedrückt und zu ihr aufgesehen hatte. Ich weiß, du machst, dass alles wieder gut wird.

Kylies Magen zog sich zusammen. Was, wenn sie es diesmal nicht schaffte? „Ich werde mein Bestes tun“, versprach sie.

Eine Klage war keine Kleinigkeit. Wenn sie nicht schnell die geeignete juristische Hilfe fand oder den wütenden Kunden irgendwie besänftigte, würde auch ihr engagierter Einsatz Janes Unternehmen nicht retten. Sie brauchte mehr als Kreativität. Sie brauchte ein Wunder.

Der Laden ist viel zu pink, dachte Cole Sullivan unbehaglich, während er in einem Plüschsessel saß und auf Jane Falls wartete. Er hatte Personal Touch wegen der sachlichen Herangehensweise – Fingerabdrücke, Überprüfung der Kreditwürdigkeit und eine computerisierte Persönlichkeitsanalyse – ausgewählt, doch das mit Rosen und Zierdeckchen geschmückte Büro kam ihm ziemlich albern vor. Eine Partnervermittlung zu engagieren war das Gleiche, wie einen Headhunter zu beauftragen. Er sparte einem Zeit, indem er alle nicht infrage kommenden Kandidaten von vornherein aussiebte. Genauso würde er auch bei der Suche nach einer neuen Anwaltskanzlei vorgehen. Ehen waren letztlich auch Teilhaberschaften.

Na ja, wem wollte er etwas vormachen? Dies war keine berufliche Entscheidung. Er war einsam und erhoffte sich, dass sich die tägliche Tretmühle durch eine Ehe leichter ertragen ließe und das Gefühl der Leere aufhören würde.

Er spürte eine Bewegung hinter sich und drehte sich um. Eine Frau ging – nein, schwebte – in seine Richtung. Fehlte nur der Zauberstab, und sie hätte als Fee durchgehen können.

Zum Glück hielt sie etwas so Sachliches wie ein Klemmbrett in der Hand. „Jane Falls“, stellte sie sich vor und schüttelte ihm die Hand. „Ich freue mich, Sie persönlich kennen zu lernen, Cole.“

„Ebenso.“ Ihr Händedruck war so fest wie ihre Stimme. Sie war hübsch und hatte gewelltes blondes Haar, das ihr bis auf den Rücken reichte. Allerdings war sie nicht sein Typ, falls es überhaupt moralisch vertretbar war, Dates mit der Partnervermittlerin zu haben.

Sie schaute auf ihr Klemmbrett. „Ich sehe, wir haben Ihr Persönlichkeitsprofil bereits in unserer Datei.“

„Ja.“ Er hatte es online erstellt, ein Vorteil der Überstunden. Dabei hatte er Auskunft über Temperament, Karriereziele, Zuneigungsbedürfnis und Einstellung zu Religion und Finanzen geben müssen – alles Dinge, die laut Jane Rückschlüsse zuließen, ob man zusammenpasste. Das konnte er nachvollziehen.

„Heute machen wir Ihr Interview und das Videoporträt. Setzen Sie sich.“ Sie deutete auf den roten Samtsessel, auf dem er gesessen hatte. Sie selbst nahm hinter dem Schreibtisch Platz.

Vor dem Video graute ihm. Er klopfte auf seine Tasche, um sich zu vergewissern, dass er seine schriftlich vorformulierten Angaben dabeihatte. Seine Zeit war knapp, vielleicht konnte er das Interview überspringen. „Das Persönlichkeitsprofil war ziemlich umfassend. Reicht es da nicht, wenn wir nur das Video machen?“

„Die persönliche, direkte Aussage liefert feine Details, die die Intuition ansprechen. Auf diese Weise finde ich heraus, wer am besten zusammenpasst.“

„Ich lasse mich stets vom Erfolg überzeugen.“ Angeblich hatte sie über tausend Kunden und eine Erfolgsquote von achtzig Prozent. Deshalb hatte er ihrer Vermittlung den Vorzug vor einigen anderen gegeben. Wenn ihm zusätzliche persönliche Informationen die richtige Frau bescherten, würde er Jane auch sein Kindertagebuch vorlesen. Vorausgesetzt, er hätte eines.

„Erzählen Sie mir von Ihrer letzten Beziehung.“

„Das ist schon eine Weile her“, gestand er verlegen.

„War es ernst?“

„Nein, locker.“ Sheila hatte es gestört, dass sie den Großteil ihrer knappen Stunden im Bett verbrachten. Sie war gern mit ihm im Bett, wollte jedoch mehr Zeit. Und die hatte er nicht. „Wegen meines Terminplans.“ Er hatte sie nur ungern enttäuscht. Genau wie Cathy vor ihr, die zu streiten anfing, wenn er sie nicht jeden Tag anrief. Am Ende hatte er auf Beziehungen ganz verzichtet. Er konnte den Druck nicht mehr ertragen.

„Hatten Sie je eine längere feste Beziehung mit einer Frau?“

„Bis jetzt nicht. Auf dem College hatte jeder nur lockere Beziehungen. Außerdem arbeitete ich viel, um meine Eltern zu unterstützen und das Jurastudium zu bezahlen.“

„Erzählen Sie mir von der Beziehung Ihrer Eltern.“

„Sie standen sich immer sehr nah.“

„Und ist das etwas, was Sie wollen? Was Ihre Eltern hatten?“

„Auf jeden Fall. Sie liebten sich sehr. Aber auch ihren Beruf. Sie sind beide High-School-Lehrer.“

„Aber Sie studierten Jura?“

„Ja, ich mag die Rechtswissenschaft, das Tüfteln, die Komplexität.“ Er hatte sich eine herausfordernde Arbeit gesucht. Seine Eltern hatten ihm eingehämmert, seinen Verstand zu nutzen, egal, für welche Karriere er sich entscheiden würde. „Es gefällt mir, meinen Klienten zu helfen.“

„Sie arbeiten sehr hart.“ Das war keine Frage.

„Ja, das tue ich.“ Sei der Beste, gib nie auf, lautete sein Lebensmotto.

„Erzählen Sie mir mehr darüber, warum das so ist.“

Er strich über die Bügelfalte seiner Hose und spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach. Er war nicht besonders gut in Selbstanalyse. Trotzdem ließ er sich über das Prestige seines Berufs und die Befriedigung durch harte, erfolgreiche Arbeit aus.

„Und das Geld?“, wollte sie wissen.

„Natürlich spielt auch das Geld eine Rolle.“ Er hatte sein ganzes Leben gearbeitet – auf der High School, dem College und während des Abendstudiums. Diese Hilfsjobs hatten ihm gezeigt, wie schnell man absteigen konnte und von der Hand in den Mund leben musste, denn viele von denen, mit denen er zusammengearbeitet hatte, waren dazu gezwungen gewesen. Er aber hatte einen Ausweg gehabt und das Beste daraus gemacht. Er wusste sein Glück zu schätzen, mehr als seine Kollegen aus reichen Elternhäusern, die gleich nach dem College Jura studiert und nie Armut kennen gelernt hatten.

Selbst seine Eltern, die beide studiert hatten und auf dreißig Jahre Lehrertätigkeit zurückblickten, hatten oft Mühe, über die Runden zu kommen. So etwas wollte er nie. Er beabsichtigte, ihr Leben zu erleichtern, sobald er in der Kanzlei in einer besseren Position war.

Jane hörte ihm aufmerksam zu und machte sich gelegentlich Notizen. Cole wünschte, es wäre bald vorbei. Er fuhr mit dem Zeigefinger in seinen Hemdkragen.

„Was für Interessen haben Sie sonst noch?“

Verdammt. Er konnte schlecht schon wieder „Arbeit“ antworten. „Früher spielte ich Baseball oder fuhr Fahrrad. Ich habe auch fotografiert und ein paar Preise gewonnen.“

„Und in letzter Zeit?“

„Ich versuche, Kanzleipartner zu werden.“

„Aha.“ Jane schürzte leicht missbilligend die Lippen.

„Vor zwei Wochen war ich Ski fahren“, platzte er heraus, obwohl es für die Kanzlei gewesen war und er hauptsächlich mit Klienten geredet oder in seinem Zimmer gearbeitet hatte. Ski gelaufen war er nur ein einziges Mal.

„Welche Freizeitaktivitäten schweben Ihnen mit der Frau Ihres Lebens vor?“

„Essen gehen, ins Kino, ins Theater, solche Sachen.“ Das hörte sich lahm an. „Vielleicht noch wandern.“

„Beziehungen brauchen Zeit, Cole“, erklärte sie sanft. „Wenn Sie an einem schwierigen Punkt Ihrer Karriere stehen …“

„Ich bin darauf vorbereitet, Zeit dafür einzuplanen.“ Benjamin, Langford und Tuttleman konnten sicher von den sechzig Stunden, die er in der Woche für sie arbeitete, ein paar erübrigen.

„Dates sind keine abrechnungsfähigen Stunden.“

„Das ist mir schon klar.“ Man konnte sie zwar nicht in Rechnung stellen, aber eine berufliche Investition wären sie schon. Eine Ehe mit der passenden Frau würde ihm bei dem Rennen um die Partnerschaft vor seinen beiden Konkurrenten Punkte bringen, da diese notorische Schürzenjäger waren. Genau deshalb lieferte er sich auch der Kritik dieser Fee mit dem durchdringenden Blick aus.

Deshalb und wegen der Leere in seinem Leben.

„Im Übrigen setze ich neue Prioritäten. Zum Beispiel werde ich für ein paar Wochen auf den Hund meiner Nachbarin aufpassen. Das betrachte ich als Übung, um mich an jemanden in meinem Leben zu gewöhnen.“

„Das ist ja schon einiges“, bemerkte Jane mit deutlicher Skepsis.

„Ich werde es schon hinbekommen. Das verspreche ich.“

„Sagen Sie mir, was Sie von einer Beziehung erwarten.“

„Jemanden, mit dem ich mein Leben teile.“ Er malte sich Sonntagvormittage im Bett aus, wo sie sich gegenseitig interessante Sachen aus der New York Times vorlasen, bevor er für ein paar Stunden ins Büro fuhr.

Seine Frau würde nichts dagegen haben, da sie eigene Pläne hätte. Er würde Essen mitbringen, oder sie würde kochen. Wenn die Zeit es zuließ, würde er auch kochen. Die besten Beziehungen waren die gleichberechtigten.

Jane stellte weitere Fragen. Wollte er Kinder? Ja. Was waren seine Ziele, abgesehen von der Teilhaberschaft? Mit der Firma zu wachsen, sich einen Namen machen, vielleicht eine eigene Kanzlei eröffnen, seiner Familie ein gutes Leben bieten. Endlich hörte Jane auf, sich Notizen zu machen, und musterte ihn kritisch.

Was jetzt? Er fühlte sich, als hätte er eine Therapiesitzung hinter sich.

„Haben Sie für das Videoporträt etwas zum Umziehen mitgebracht?“

Er schaute auf seinen grauen Anzug, die rote Krawatte und das gestärkte weiße Hemd herunter. „Wieso?“

„Sie sind etwas zu formell gekleidet. Wir wollen Ihre ganze Persönlichkeit doch hervorheben.“

Er sah sie mit ausdrucksloser Miene an.

„Ja, ich weiß. Das ist Ihre ganze Persönlichkeit.“ Sie seufzte. „Ziehen Sie wenigstens Ihr Jackett aus, nehmen Sie die Krawatte ab und krempeln Sie die Ärmel hoch.“

Er stand auf, zog sein Jackett aus und zerrte am Krawattenknoten. „Wie lange wird das dauern?“

„Nicht lange, aber wie ich vorhin bereits sagte …“

„Ich weiß, ich weiß. Ich werde mir die Zeit nehmen.“

„Dann fangen wir an.“ Sie ging voran, und er folgte ihr, wobei er die Ärmel hochkrempelte, in einen kleinen Raum mit einer Videokamera auf einem Stativ. Die Kamera war auf einen Stuhl gerichtet.

Jane bedeutete ihm, sich zu setzen, dann zog sie einen Fotohintergrund herunter. Es war ein Wald. Cole setzte sich und brachte ein Lächeln zustande, obwohl er wusste, wie albern er in seiner Geschäftskleidung aussah – wie in einer Werbeanzeige für Geländewagen, in der ein Büromensch aus der Zivilisation in die Wälder flieht.

Jane sah durch den Sucher. „Lehnen Sie sich ein bisschen nach vorn … ja, so. Lächeln Sie entspannt … mehr … das ist zu viel … ja, so, das ist gut.“

Er gehorchte ihren Anweisungen, und seine Anspannung nahm zu.

„Und jetzt stellen Sie sich vor, die Kamera sei die Liebe Ihres Lebens.“

Großartig. Er versuchte, zärtliche Gefühle für das Gerät zu empfinden, aber dafür war er einfach zu nüchtern.

„Ihnen bleiben fünf Minuten, bis das Schicksal Sie trennt“, fuhr Jane fröhlich fort. „Erzählen Sie ihr, was sie über Sie wissen muss.“

„Na klar.“ Er versuchte zu lachen, aber es klang eher wie ein Krächzen, weil sein Hals so trocken war. Plötzlich fiel ihm ein, dass seine Notizen in seinem Jackett waren. „Meine Rede ist in dem anderen Raum.“

„Spontaneität ist besser, Cole.“

„Ich soll spontan sein?“ Schweiß lief seine Schläfen hinunter. Dies war nervenaufreibender, als er vermutet hatte.

„Entspannen Sie sich, und seien Sie ganz Sie selbst. Und los!“

„Na schön. Tja, also. Ich bin Cole. Ich bin Anwalt – für Firmenrecht, spezialisiert auf Fusionen und Übernahmen, bei Benjamin, Langford und Tuttleman, kurz BL&T.“ Sein Handy klingelte, und er zog es aus der Brusttasche. „Eine Sekunde.“

Jane warf ihm einen tadelnden Blick zu, doch als er Rob Tuttlemans Stimme hörte, war er froh, dass er den Anruf entgegengenommen hatte. Tuttleman wollte sich mit Cole und Trevor McKay treffen, einem von Coles Konkurrenten um die Partnerschaft. Es ging um einen wichtigen Fall, der durch die Maschen geschlüpft war. Die große Chance für Cole. „Wunderbar, ich freue mich darauf“, sagte er ins Telefon. „Wir können uns treffen, sobald ich wieder zurück bin, also in ungefähr …“ Er sah auf seine Uhr, dann zu Jane, die ein strenges Gesicht machte. „Ich rufe Sie an, sobald ich zurück bin.“

Er beendete das Gespräch, entschlossen, die Sache hier schnell hinter sich zu bringen. „Tut mir Leid. Wo war ich stehen geblieben?“

„Bei Ihrem Beruf. Aber erzählen Sie von sich als Person, nicht als Anwalt. Und los!“

„Tja, mal überlegen. Ich bin zuverlässig und treu. Du liebe Zeit, das klingt nach einem Bernhardiner. Was noch? Ich bin auf der Suche nach einer Frau, die ihr Leben mit mir teilen möchte.“ Das klang hoffnungslos kitschig.

Das Klirren von Schmuck signalisierte die Ankunft der Rezeptionistin – Gail, soweit er sich erinnerte. Er war froh über diese Unterbrechung.

„Entschuldigung, aber ich habe Harold Rheingold von Inside Phoenix in der Leitung, Jane. Es geht um den Artikel.“

„Oh, da sollte ich mich lieber melden.“ Jane warf Cole einen entschuldigenden Blick zu.

„Ich kann das Video machen“, bot Gail an und trat hinter die Kamera.

Jane schien unentschlossen.

„Wir werden schon zurechtkommen“, versicherte Cole ihr in der Hoffnung, dass er die Sache mit Gail kurz machen konnte.

Sobald Jane fort war, schob Gail sich einen Bleistift in die aufgetürmten roten Haare und musterte Cole über den Rand ihrer mit Schmucksteinchen besetzten Brille. „Sie können sich glücklich schätzen, dass Jane Falls für Sie arbeitet. Sie hat meinen Mann auch gefunden.“

„Sie waren ihr Kunde?“

„Nein. Ich hatte ein Vorstellungsgespräch für die Stelle der Rezeptionistin, und Wayne, das Licht meines Lebens, installierte die Telefone. Im Nu hatte Jane uns zusammengebracht. Und Wayne ist meine große Liebe. Sie wird Ihre auch finden, glauben Sie mir.“

„Das hoffe ich.“ Das tat er wirklich. Er sehnte sich nach einer tiefen Bindung zu jemand Besonderem. Eine Ehe wäre seiner Karriere auch förderlich, doch eigentlich wollte er jemanden, mit dem er alt werden konnte. Eine Seelenverwandte, so abgedroschen das auch klang.

Gail beugte sich herunter, um durch die Linse der Kamera zu schauen. Cole kam sich vor wie ein Insekt unter dem Mikroskop.

„Ich sollte jetzt wohl besser aufzählen, was ich von einer Partnerin erwarte“, sagte er, um sie anzutreiben. Wenn sie wussten, was er wollte, konnten die Frauen selbst entscheiden. Er wollte niemanden enttäuschen.

Gail tippte sich mit dem Finger gegen die Lippen. „Ich bin mir noch nicht sicher, ob das gut genug ist, aber notfalls können wir es hinterher wieder rausschneiden. Okay … Action!“

„Ich wünsche mir eine Frau, die sich in ihrem Beruf so wohl fühlt, dass sie meinen akzeptieren kann. Sie sollte gesellschaftliche Anlässe und Wohltätigkeitsveranstaltungen mögen. Außerdem sollte sie geistreich, unabhängig und teamfähig sein.“

„Süßer, wollen Sie sie heiraten oder einstellen?“

„Oh. Klang das wie eine Aufzählung beruflicher Qualifikationen?“ Andererseits ließen sich zu viele Paare von der Anziehung täuschen und mussten später feststellen, dass sie einfach nicht zusammenpassten.

„Das hier wird keine Bestellung für die Ehefrauenfabrik. Versuchen Sie mal, sich ihr zu verkaufen.“

„Dann sollte ich wohl lieber sagen, dass ich …“

„Nicht schon wieder ‚geistreich und teamfähig‘. Probieren Sie es mal mit etwas Zärtlichem und Einfühlsamem.“

„Ja, aber …“

„Selbst unabhängige, selbstständige und teamfähige Leute wollen Rosen und Poesie. Ich werde Ihnen helfen, keine Sorge.“

Gail legte los und führte Regie, von seiner Körperhaltung, seinem Gesichtsausdruck bis zu Stimmlage und Wortwahl. Sie rief „Schnitt!“ und „Action!“, bis er Kopfschmerzen bekam und sie endlich verkündete, alles sei im Kasten, und ihm anbot, sich eine „Rohfassung“ anzuschauen.

Er hatte keine Zeit mehr. Er würde schon viel zu spät zu dem Treffen mit Tuttleman und McKay kommen. Außerdem könnte er es nicht ertragen, sich anzuhören, was Gail ihm alles entlockt hatte. Welche Frau würde denn einen verschwitzten, verzweifelten Anwalt wollen, der davon schwafelte, zwei Leben zu einem zu verschmelzen?

Das musste unbedingt noch einmal gemacht werden, diesmal mit Jane, nicht mit Gail Ford Coppola, die ständig sagte: „Gehen Sie tiefer, zeigen Sie mir den inneren Cole.“ Er hoffte inständig, dass diese persönliche Darstellung ihm auch wirklich Interessentinnen bescherte, denn alles, was der innere Cole ihm einbringen würde, wäre eine Therapie.

2. KAPITEL

„Natürlich werde ich zum Arbeitswochenende da sein“, sagte Kylie zu Garrett McGrath, ihrem zukünftigen Boss, während sie einem Minivan auswich. „Und die Kunden-Meetings sind kein Problem.“ Ihr Herz klopfte nach dem Beinahe-Zusammenstoß und vom Stress, ihren Arbeitgeber wegen des verschobenen Starts in L.A. zu besänftigen. Außerdem musste sie mit den Vorlagen auf dem Beifahrersitz rechtzeitig zum Drucker, sonst würde die Geschäftseröffnung ihres Kunden ins Wasser fallen.

„Betrachten Sie mich in diesen zusätzlichen Wochen einfach als eine Art Außenstelle“, meinte sie und wünschte, Garrett hätte noch eine Stunde mit seinem Rückruf gewartet. Wer wusste, was sie ihm noch alles versprechen würde, um die Fahrt zu überstehen und ihn glücklich zu machen? Sie hatte bereits zwei Reisen nach L.A. versprochen und ein ganzes Arbeitswochenende.

„Das klingt machbar“, sagte Garrett mit seiner melodischen Stimme, die in den Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts einmal die Stimme von Amerikas weichstem Toilettenpapier gewesen war. Dem Himmel sei Dank, sie hatte ihn besänftigt. Aber wie sollte sie all das hinbekommen, was sie ihm zugesagt hatte, zusätzlich zur Auflösung ihrer Agentur und ihrer Arbeit für Jane?

„Wir brauchen die neuen Impulse durch Sie, Kylie.“

Autor

Dawn Atkins
Obwohl es immer Dawn Atkins’ größter Traum war, Autorin zu werden, war sie nicht sicher, ob sie wirklich den Funken Genialität besaß, den es dazu braucht. So wurde sie zunächst Grundschullehrerin und fing dann allmählich an, für Zeitungen und Zeitschriften Artikel zu verfassen. Schließlich gab sie ihre Arbeit an der...
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