Nie zu spät für das Glück

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Eine Nacht wie aus Samt am Strand von Acapulco. In übermütiger Urlaubsstimmung lässt sich die sonst so zurückhaltende Abby von einem faszinierenden Fremden zu leidenschaftlichen Liebesstunden verführen. Zurück in Los Angeles, denkt die ehrgeizige Immobilienmaklerin noch oft an diesen Mann, der längst verschüttete Gefühle in ihr geweckt hat, und dem sie wohl nie mehr begegnen wird. Und dann sieht sie ihn doch wieder! Auf einem Bankett stellt er sich vor: Er ist Jeffrey Addams Logan III. Millionenschwerer Erbe einer Hotelkette! Abbys Herz klopft wie rasend, als er ihr zeigt, wie viel sie ihm bedeutet, aber erst Tage später wagt sie ihm zu gestehen, dass sie sein Baby erwartet. Ritterlich macht er ihr einen Heiratsantrag. Abby zweifelt allerdings daran, dass die Ehe mit dem zehn Jahre jüngeren, überaus attraktiven Jeff glücklich werden kann. Sie liebt ihn so sehr, dass sie ihm seine Freiheit nicht nehmen möchte. Doch nun will ihr Jeff erst recht beweisen, dass er kein Lover für eine Nacht ist …


  • Erscheinungstag 20.12.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733754587
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Der Mondschein stand ihr.

Jeffrey Logan schlenderte auf die luxuriöse Terrasse des Hotels Concordia in Acapulco, um sich die Frau genauer anzusehen, die ihm heute Vormittag am weißen Sandstrand aufgefallen war.

Das bläuliche Schimmern des Mondlichts umschmeichelte die anmutigen Kurven ihres Körpers. Sie trug ein enges schwarzes Cocktailkleid, schulterfrei, mit Trägern, die so dünn waren, dass sie fast unsichtbar wirkten. Wer immer sie war, sie zog alle Blicke auf sich. Neidische von den anderen Frauen, bewundernde von deren Begleitern.

Am Strand hatte sie einen einteiligen Badeanzug getragen, der wie eine zweite Haut an ihr gesessen hatte. Das lange blonde Haar war zu einem Nackenknoten gebunden gewesen. Die seidigen Locken umrahmten ein edles Gesicht mit sanft geschwungenen Wangenknochen und Augen, die so blaugrün waren wie das glitzernde Wasser der Bucht von Acapulco.

Er hatte sie sofort bemerkt und sich gefragt, wer sie wohl war. Dann hatte er mit dem Gedanken gespielt, sie anzusprechen. Bevor er sich entscheiden konnte, hatte sie auf die Uhr geschaut, ihre Sachen genommen und war im Hotel verschwunden.

Ob im Sonnenschein oder im Mondlicht, in ihrer zierlichen, zarten Erscheinung verband sich alles, was er je an einer Frau attraktiv gefunden hatte.

Aus der Bar hinter ihm driftete der Klang von Gitarren und Geigen, eine sanfte, traurige Melodie, die von der Sehnsucht nach einer verlorenen Liebe erzählte. Jeffrey nippte an seiner Margarita und schmeckte die berauschende Mischung aus Tequila, Salz und Limone, bevor er das Glas abstellte und aufstand. Heute Abend würde er sich nicht nur fragen, wer sie war, sondern es persönlich herausfinden.

Als er auf sie zuging, tauchte plötzlich ein Mann auf und streckte ihr seine Hand entgegen.

„Señora, erweisen Sie mir die Ehre, mit mir zu tanzen?“

„Es tut mir leid“, erwiderte sie und machte einen Schritt nach hinten. „Ich … kann nicht.“ Nervös sah sie sich um. „Ich … ich warte auf jemanden. Er müsste jeden Moment hier sein.“

„Unsinn“, entgegnete der Mann. „Eine so schöne Frau muss auf keinen Mann warten.“ Er nahm ihren Ellbogen und wollte sie zurück ins Restaurant führen. „Kommen Sie, lassen Sie uns tanzen.“

Jeffrey sah der Frau an, wie unwohl sie sich fühlte, vielleicht sogar verängstigt. Er schaute in die Runde, um sich zu vergewissern, dass sie wirklich allein war, dann ging er zu ihr. Mit ausgebreiteten Armen. „Liebling, es tut mir leid, dass du warten musstest. Ich hatte ein dringendes Ferngespräch. Aber jetzt bin ich da und bereit für den Tanz, den du mir versprochen hast.“

Für den Bruchteil einer Sekunde war ihr die Verunsicherung anzumerken, dann lächelte sie.

„Kein Problem, Honey“, erwiderte sie und trat zwischen Jeffreys ausgebreitete Arme. „Ich habe mir inzwischen den herrlichen Garten angesehen.“

Über ihren Kopf hinweg musterte Jeffrey seinen aufdringlichen Rivalen. „Señor?“

Mit enttäuschter Miene verbeugte sich der Mann. „Ich bitte um Vergebung, Señora. Vielleicht ein anderes Mal“, sagte er und ging davon.

Erleichtert schaute sie zu Jeffrey hinauf. „Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll“, murmelte sie. Er spürte, wie sie zitterte. „Vielleicht war es kindisch von mir, aber der Mann hatte etwas an sich …“

„Vergessen Sie ihn einfach“, antwortete Jeffrey. „Kommen Sie, wir gehen hinein und tanzen, dann denken Sie nur noch an die Musik.“ Er nahm ihren Arm und führte sie auf die Tanzfläche, wo die Kapelle gerade einen Walzer spielte.

„Übrigens“, begann er lächelnd und zog sie behutsam an sich, „ich heiße …“ Jeffrey verstummte. Diese Frau faszinierte ihn so sehr, dass er fast einen großen Fehler begangen hätte. Sei vorsichtig, dachte er. Halt dich bedeckt. „Ich heiße Logan Addams. Und Sie?“

„Scarlett.“ Ein Grübchen zeigte sich auf ihrer Wange.

„O’Hara?“, fragte er und widerstand der Versuchung, sie dort zu berühren, wo das Grübchen zur Ruhe gekommen war.

„Nein, O’Malley“, sagte sie lächelnd.

Ihr Lächeln verriet ihm, dass die Lady ebenfalls vorsichtig war und ihm einen falschen Namen genannt hatte.

„Sie sind gerade noch rechtzeitig erschienen, um mich zu retten“, fuhr sie rasch fort, als wollte sie verhindern, dass er nachfragte.

Jeffrey war froh, dass sie Walzer tanzten, denn so konnte er ihr nah genug sein, um ihren verführerischen Duft wahrzunehmen.

„Als ich nach draußen ging, war ich ein wenig niedergeschlagen und wollte allein sein“, sagte er. „Doch dann sah ich Sie im Mondschein stehen und wusste, dass Sie eine ganz besondere Frau für mich werden würden. Sie waren hinreißend, und ich hätte Sie auf jeden Fall gebeten, mit mir zu tanzen.“

Es stimmte, er war nach Mexiko gekommen, um sich zu finden, um einige innere Konflikte zu lösen und über seine Zukunft zu entscheiden. Ein Blick auf diese Frau, und alles war anders. Jetzt konnte er nur noch an eins denken. An sie.

„Der Mond ist wunderschön, nicht wahr?“

„Ja, das ist er“, stimmte sie zu und sah über seine Schulter auf die weiße Sichel am Horizont. Ein funkelnder Stern stand so dicht dabei, dass er auf seiner Spitze zu balancieren schien. „Wissen Sie“, fuhr sie lachend fort, „es ist zwar derselbe Mond wie zu Hause, aber hier unten sieht er ganz anders aus. Der Mann im Mond wirkt wie gemalt.“ Sie lächelte verlegen. „Ich bin sonst nicht so romantisch, aber …“

„Der Mondschein kann in den vernünftigsten Menschen eine romantische Ader wecken“, sagte er, als sie schwieg. „Und er bringt sie manchmal dazu, Dinge zu tun, die sie normalerweise nie tun würden. Wie das hier.“

Einen Moment lang war er versucht, es ihr mit einem Kuss zu beweisen. Doch dann begnügte er sich damit, sie ein wenig dichter an sich zu ziehen, während sie über die Tanzfläche glitten. „Wussten Sie, dass der Sichelmond Glück bringt?“

„Nein, das wusste ich nicht.“ Sie erwiderte sein Lächeln auf eine Weise, die das Verlangen in ihm noch steigerte. „Ehrlich gesagt, ich rede sonst nicht mit fremden Menschen über das, was ich denke. Erst recht nicht über etwas so Romantisches wie den Mondschein.“

„Das kann ich gut verstehen“, flüsterte er und strich sanft, fast unmerklich über die seidige Haut an ihrem Nacken. „Aber der Mondschein kann uns verzaubern.“

Sie fühlte sich so zart an wie eine Rosenblüte, ihr Duft war so berauschend wie junger Wein, und ihre glänzenden Augen erinnerten ihn an das blaue, im Sonnenlicht glitzernde Wasser der Bucht von Acapulco. „Entschuldigen Sie die Frage, aber heißen Sie wirklich Scarlett?“

„Ja“, erwiderte sie mit Nachdruck. „Warum?“

Er zuckte mit den Schultern. Scarlett O’Malley war ein ungewöhnlicher Name. Andererseits war er für sie ein Fremder, und sie konnte nicht wissen, ob auch er etwas zu verbergen hatte. Er betrachtete ihr goldschimmerndes Haar und musste lächeln. Sie war eine rätselhafte Frau, aber gerade das machte sie noch begehrenswerter.

„Sind Sie allein hier?“

„Ja und nein“, antwortete sie. „Das heißt, ich bin mit meiner Schwester hier, aber die ist oben und packt.“

„Packt?“

„Ja. Wir reisen morgen ab.“

Jeffrey verspürte einen Anflug von Enttäuschung. Pech gehabt. Aber wenigstens blieb ihm noch der Rest des Abends mit der Frau seiner Träume. „Verzeihen Sie mir, wenn ich neugierig wirke, aber vorhin auf der Terrasse … Sie sahen so nachdenklich aus. Ist irgendetwas nicht in Ordnung?“

Sie legte den Kopf an seine Brust, und als sie seufzte, strich ihr Atem warm über sein Kinn. „Ich dachte nur gerade daran, dass ich morgen wieder nach Hause muss.“

„Und Sie möchten nicht nach Hause?“ Vielleicht konnte er sie überreden, noch ein paar Tage zu bleiben. Dann konnte er herausbekommen, wo sie lebte, und sie wiederfinden.

„Nein“, gestand sie leise und zeigte auf das tropische Grün, das die Hotelterrasse umgab. Am Horizont funkelten die Lichter von Acapulco wie der Sternenhimmel in einem Märchenland. „Eine Woche in diesem Paradies ist einfach nicht lang genug.“

„Aber jetzt sind Sie noch hier.“ Spontan hob er die Hand, um die wenigen goldblonden Strähnen zu berühren, die sich durch die Strass besetzten Nadeln nicht hatten bändigen lassen. Sie zuckte nicht zurück, sondern ermutigte ihn durch ein scheues Lächeln zu etwas, das sonst nicht seine Art war. „Hätten Sie Lust, mit mir durch den Garten zu spazieren?“

Mit angehaltenem Atem wartete er auf ihre Antwort.

Vielleicht lag es daran, dass sie nicht allein sein wollte. Dass sie nicht an den Geburtstag denken wollte, der zum dramatischen Wendepunkt in ihrem Leben werden konnte. Oder es lag daran, dass dieser Mann ganz anders war als all die Männer, die sie kannte. Was immer der Grund, wenn es einen Zeitpunkt und einen Ort gab, um sich gehen zu lassen, dann war es dieser Abend – und hier. Wo niemand sie kannte, wo es niemanden interessiere, was sie tat.

„Ja“, sagte sie. „Ich würde gern mit Ihnen durch den Garten schlendern.“

Er bot ihr seinen Arm an und führte sie die Treppe hinunter.

Seine Finger schoben sich zwischen ihre, seine Hand fühlte sich warm und sanft und stark an. Abby fühlte sich sicher und geborgen. Zum ersten Mal seit ihrer Scheidung wagte sie es, sich einem Mann anzuvertrauen. Sie wusste nicht, warum, und sie fragte es sich auch nicht. An diesem Abend würde ein Traum wahr werden, und sie hatte vor, jeden Moment davon auszukosten. Der Morgen würde früh genug kommen.

Sie spazierten über die von Lampen beschienenen Wege, wo duftender Jasmin und bunter Hibiskus in voller Blüte standen. Seine Augen glitzerten im Schein der flackernden Fackeln auf der Terrasse, und Abby musste ihn immer wieder anschauen. Plötzlich stolperte sie.

„Kommen Sie, ich helfe Ihnen“, sagte er, und Abby vertraute sich seinen starken Armen, der sanften Stimme und dem besorgten Blick aus den hellbraunen Augen an. Mit einer Hand hielt sie sich an seiner Schulter fest, und als sie den Kopf hob, sah sie, dass er jünger als sie war. Sein Lächeln ging ihr unter die Haut, und seine Berührung verzauberte sie. Er war wie ein Märchenprinz.

Obwohl sie wusste, dass dieser Traum nur von kurzer Dauer sein würde, fühlte Abby sich so unbeschwert wie schon lange nicht mehr. Dies war ihre Chance, die junge, lebensfrohe Frau in ihr wieder zu entdecken. Dieses eine Mal würde sie unvernünftig sein, denn heute wollte sie daran glauben, dass es Wunder gab.

„Sind Sie okay?“, fragte er, bevor er den Arm fester um ihre Taille legte und sich zu ihrem Fußgelenk hinabbeugte, um es abzutasten. „Zum Glück scheint nichts gebrochen zu sein.“

„Es geht mir gut“, sagte sie.

„Augenblick“, erwiderte er. „Ich ziehe Ihnen die Schuhe aus. Sie werden sie nicht brauchen.“

Abby fröstelte, als er ihr die Sandaletten abstreifte, und starrte zu ihm hinunter, während er mit warmen Händen ihre Füße umfasste. Wenn sie ihm jetzt folgte, würde sie das Wunderland betreten, nach dem sie sich gesehnt hatte. Warum war sie sonst allein nach Acapulco geflogen?

„Sieht gut aus“, stellte er fest, die Hand noch an ihrem Fuß. „Soweit ich es beurteilen kann, ist mit Ihnen alles in Ordnung.“

Abby spürte, wie sie errötete. Ihre Sinne waren erwacht, und sie schien gar nicht genug von seinen Berührungen bekommen zu können. Und auch nicht von dem aufmunternden Lächeln. Wer immer und was immer er war, dies war keine gewöhnliche, keine zufällige Begegnung. Es war, als hätte das Schicksal sie zusammengeführt.

„Wohin gehen wir?“, fragte sie, als er sich ihre Schuhe in die Jackentaschen steckte. Die Geste hatte etwas Besitzergreifendes, und sie freute sich darüber. Wohin er sie auch führte, in dieser Nacht wollte sie ihm gehören.

Jeffrey Addams Logan III starrte rastlos aus seinem Bürofenster, während der peitschende Regen den Smog aus Los Angeles vertrieb.

Er war früher als geplant zurückgekehrt, denn selbst das sonnige Paradies von Acapulco hatte seinen Zauber verloren, nachdem er am nächtlichen Strand aufgewacht und die rätselhafte Frau verschwunden war.

„Scarlett.“

Leise lachend flüsterte er ihren Namen. Er wusste, dass sie ebenso wenig Scarlett hieß wie er Logan Addams.

Aber anders als so viele Frauen, die er kannte, war es ihr egal, wer er war oder wie viel er besaß. Sie hatte ihn akzeptiert, ohne viel über ihn zu wissen, und ihn am Strand voller Leidenschaft geliebt.

Was als Einladung zu einem Bad im warmen tropischen Wasser begann, wurde schnell zu einem erotischen Erlebnis, als er ihren hinreißenden Körper mit Fingern und Lippen erkundete. Ihr Körper schmiegte sich perfekt an seinen, und ihre Taille passte fast ganz in seine Hände.

Was folgte, war eine Nacht voller Verlangen und Zärtlichkeit, unvergesslich und weit mehr als ein flüchtiges Abenteuer.

Leider war er eingeschlafen, bevor er ganz sicher sein konnte, dass sie nicht nur ein Traum war.

Jeffrey warf einen Blick auf den Umschlag mit dem bekannten Logo der Logan-Hotels. Vor einer Woche hatte er ihn auf den Schreibtisch geworfen. Er hatte ihn nicht zu öffnen brauchen, denn er kannte den Inhalt. Stattdessen war er nach Acapulco geflogen, um zu entscheiden, welchen Weg er in Zukunft nehmen würde. Was würde er tun? Seinen Traum erfüllen und Kriminalromane schreiben oder die Leitung der Logan-Hotelkette übernehmen, wie sein Vater es von ihm verlangte?

Er war gerade dreißig geworden und musste seine Wahl treffen. Wenn möglich die seines Vaters.

Heute Abend war er einer Entscheidung nicht näher als vor einer Woche.

Seufzend kehrte er an den Schreibtisch zurück. Vielleicht war auch Scarlett vor etwas davongelaufen. Er wünschte ihr, dass sie es schaffte, ihre Träume zu verwirklichen. Wüsste er doch nur, wer sie wirklich war und woher sie kam.

„Abby Carson! Na endlich!“ Nadine Williams sprang vom Schreibtisch auf und rannte los, um Abby in die Arme zu schließen.

„Wo hast du gesteckt?“, fragte sie streng, nachdem sie sich davon überzeugt hatte, dass Abby heil und gesund war. „Wir alle, deine Familie und deine Freunde, wollten deinen vierzigsten Geburtstag feiern, und du verschwindest einfach, ohne uns Bescheid zu sagen! Auf dem Zettel, den du hinterlassen hast, stand nur, dass du in einer Woche zurück bist! Eine Woche! Ist dir eigentlich klar, dass du uns zu Tode erschreckt hast?“

Abby reichte Nadine Regenmantel und Schirm, ging wortlos in ihr eigenes Büro und schloss die Tür hinter sich. Sie war noch nicht bereit, über ihr Abenteuer zu sprechen. Nicht mit Nadine und auch nicht mit ihrer Familie. Was sie erlebt hatte, war zu wertvoll, um es mit ihnen zu teilen.

Und was ihren vierzigsten Geburtstag anging, so war sie genau davor geflohen. Anstatt diesen Meilenstein mit einer Riesenparty zu feiern, war sie nach Acapulco gereist, um allein zu sein und über ihren weiteren Lebensweg nachzudenken. Jetzt, da ihre Tochter bald das College hinter sich hatte und auf eigenen Beinen stehen würde.

Aber dann hatte sie eine Nacht in den Armen eines Fremden verbracht, und die Entscheidung, die anstand, fiel ihr nicht leichter als zuvor.

Fröstelnd rieb sie sich die Arme und ging ans Fenster, um auf das verregnete Los Angeles zu starren. Sofort musste sie an die tropische Wärme, das satte Grün, das blaue Meer und den weißen Sand denken. Und an den Mann, bei dem sie alle Hemmungen abgelegt hatte.

Er war anders als die Männer, denen sie seit ihrer Scheidung begegnet war. Er war jung und mitreißend, kaum älter als dreißig, und noch nie war sie sich ihres eigenen Alters so bewusst gewesen wie an jenem Abend.

Als sie die Augen schloss und wieder vor sich sah, wie sie ihn verbracht hatte, erst im warmem Wasser, dann auf dem warmen Sand, spürte sie wieder das Verlangen, das der Fremde in ihr geweckt hatte.

„Abby, ist alles in Ordnung?“, drang Nadines Stimme durch die Tür.

„Sicher“, rief Abby und war dankbar, dass ihre Freundin und Sekretärin sie nicht mit neugierigen Fragen bedrängte.

Sie warf ein kritisches Blick auf ihr Spiegelbild im Fenster: etwa einssechzig groß, blondes Haar mit einem Hauch Bronze und fünf Pfund zu schwer um die Hüften. Keine sonderlich bemerkenswerte Erscheinung, dachte sie. Acapulco war voller wunderschöner Frauen. Warum hatte der Mann ausgerechnet sie gewählt?

Es war gut, dass sie ihm nicht ihren richtigen Namen genannt hatte und verschwunden war, bevor er aufwachte. Irgendwie war es dadurch leichter, ihn zu vergessen. Und er würde sie nie finden.

Abby seufzte. Es war an der Zeit, die Romantik hinter sich zu lassen und sich wieder der Realität zuzuwenden. Sie hatte eine Aufgabe. Sie musste das luxuriöse Anwesen verkaufen, das über zwölf Jahre ihr Zuhause gewesen war. Sie musste Logan und die traumhafte Nacht mit ihm endgültig vergessen.

Es würde eine Weile dauern, bis ihr das gelang. Wenigstens war er vorbereitet gewesen, also konnte sie nicht schwanger sein. Doch das war nur ein schwacher Trost.

2. KAPITEL

Abby erwachte stöhnend und rieb sich den Bauch. Nie wieder würde sie so spät so schwer essen, nahm sie sich vor – bis ihr einfiel, dass sie gestern Abend gar nichts gegessen hatte. Schon da hatte sie dieses eigenartige Gefühl gehabt, genau wie jetzt. Vielleicht lag es an den scharfen Gewürzen, die sie in Acapulco genossen hatte.

Sie war gerade wieder dabei einzuschlafen, da fuhr sie hoch. Möglicherweise hatte ihr Unwohlsein einen ganz anderen Grund.

War sie vielleicht schwanger?

Seit der Geburt ihrer Tochter waren einundzwanzig Jahre vergangen, aber dieses mulmige Gefühl in der Magengegend war ihr nur zu vertraut.

Hellwach drehte sie sich auf die Seite und sah auf die grünen Ziffern des Weckers. Es war auf den Tag genau sechs Wochen her, dass sie dem Mann namens Logan Addams begegnet war.

Abby schluckte und starrte auf das Datum. Wann hatte sie ihre letzte Periode gehabt? Sie überlegte. Es war etwa acht Wochen her. Konnte das Unwohlsein die natürliche Folge einer einzigen Nacht sein? Einer Nacht mit einem Mann, der sie so sehr verzaubert hatte, dass sie die warnende Stimme in ihrem Hinterkopf ignoriert hatte.

Ein Baby in dieser Phase ihres Lebens!

Entsetzt ließ sie sich wieder aufs Kissen sinken. Sie war in ihrem Beruf erfolgreich, sie besaß eine luxuriöse Wohnung und ein neues Auto. Ihre Tochter war kurz davor, das College abzuschließen, und endlich hatte sie die Zeit, sich ihrem Hobby, der Innenarchitektur, zu widmen. Vielleicht sogar dazu, an eine Heirat mit Sebastian Curtis zu denken, dem Mann, von dem ihre Mutter ihr schon lange vorschwärmte.

Rastlos wälzte Abby sich im Bett und überlegte, was sie jetzt tun sollte. Eine Abtreibung kam nicht in Frage. Sie hatte ihre Tochter allein aufgezogen und konnte es wieder tun.

Aber wenn sie wirklich schwanger war, musste sie dann Logan finden und ihm mitteilen, dass sie ein Kind von ihm erwartete?

Abby wusste, wie sehr Kate der Vater gefehlt hatte. Dieses Baby verdiente es, mit einem Vater aufzuwachsen, möglichst mit dem leiblichen. Aber Logan zu finden wäre nicht einfach.

Endlich summte der Wecker. Sie beschloss, sich nicht länger den Kopf über eine ungewisse Zukunft zu zerbrechen, sondern über den Maklerball, der heute Abend im neuen Logan-Wilshire-Hotel stattfinden sollte.

„Mom? Bist du wach?“ Kate streckte den Kopf zur Tür herein.

„Ja, Liebling, komm herein.“ Abby klopfte auf das Bett. „Ich wollte gerade aufstehen.“

„Kommt Grandma heute Abend mit?“

„Natürlich.“ Abby lächelte verständnisvoll. „Du weißt doch, dass deine Großmutter sich keine Party entgehen lässt. Sie steckt so voller Energie, dass ich mir manchmal wie ihre Mutter vorkomme.“

„So alt bist du nun auch wieder nicht, Mom“, erwiderte Kate. „Ich habe gehört, dass man mit vierzig in der Blüte des Lebens steht. Du hast noch genug Zeit, den Mann deiner Träume kennen zu lernen.“

Den habe ich bereits kennen gelernt, dachte Abby lächelnd, und vielleicht hat er mir etwas hinterlassen, das ihn unvergesslich macht.

„Wäre es nicht toll, mit einem Mann hinzugehen?“

„Sicher“, sagte Abby und strich Kate das goldblonde Haar aus dem Gesicht. „Aber falls du Angst hast, keinen Tanzpartner zu finden, es wird dort genügend junge Männer geben, die ein so hübsches Mädchen wie dich auffordern.“

„Wie wäre es denn mit Sebastian? Meinst du nicht, er würde mitkommen, wenn du ihn einlädst?“

„Sebastian?“

„Ja, Sebastian Curtis.“ Kate sah ihre Mutter an.

„Natürlich.“ Sebastian war verwitwet, und sie hatte ihm vor einigen Monaten eine Wohnung in Westwood vermittelt. Sie waren Freunde geworden, vielleicht sogar mehr, wenn ihre Mutter recht hatte. „Wenn du gern einen Begleiter hättest, könnte ich ihn anrufen.“

„Toll, danke, Mom.“ Kate sprang vom Bett und eilte an den Schrank. „Könntest du mir dein neues Cocktailkleid leihen? Du weißt schon, das enge schwarze?“

Abby biss sich auf die Zunge. Das Kleid, das Kate meinte, hatte sie an jenem verzauberten Abend getragen, an dem sie Logan begegnet war. Sie hatte es zur Seite gehängt, weil es voller Erinnerungen steckte. Was würde Kate sagen, wenn sie darin noch Sand fand?

„Sicher“, erwiderte Abby.

„Danke, Mom.“ Kate hielt sich das Kleid vor und schaute in den Spiegel. „Vielleicht wird jetzt allen klar, dass ich kein Kind mehr bin!“ Sie eilte hinaus.

Nein, dachte Abby wehmütig. Ihre Tochter war wirklich kein Kind mehr. Wie schnell die Jahre seit Kates Geburt vergangen waren. Es war jetzt dreizehn Jahre her, dass sie sich von Kates Vater hatte scheiden lassen. Sie und Richard waren gute Freunde geworden und verstanden sich inzwischen besser als in ihrer Ehe.

Abby schlug die Decke zurück und stand auf. Vielleicht sollte sie doch wieder heiraten. Aber wen? Richard, der wieder an ihr interessiert zu sein schien? Oder Sebastian, der schon fast zur Familie gehörte? Doch vorher musste sie in den Drugstore, um sich einen Schwangerschaftstest zu besorgen.

Die fünf Minuten waren vorüber.

Abby nahm ihren ganzen Mut zusammen und starrte auf den Teststreifen in ihrer zitternden Hand.

Ein Plus-Zeichen. Sie war tatsächlich schwanger.

Mit weichen Knien setzte sie sich auf den Rand der Badewanne.

Sie dachte an die Monate des Unwohlseins, den Schmerz bei der Entbindung, die Windelberge, die unzähligen Fläschchen, das Zahnen, die Masern und die Tagesmutter.

Es war nicht leicht gewesen, mit neunzehn Mutter zu werden. Wie würde es mit vierzig sein?

In diesem Jahr wurde der Maklerball von der Logan-Hotelkette gesponsert. Er fand im neuen Wilshire-Hotel statt, dem Flagschiff der erfolgreichsten und angesehensten Kette des Landes, wenn nicht der Welt.

„Wunderschön“, murmelte Abby, als sie die weitgeschwungene Treppe zum Ballsaal hinaufgingen. Säulen aus italienischem Marmor säumten die gläsernen Wände, hinter denen die Lichter der Großstadt funkelten.

„Kennst du jemanden von Logan?“, fragte Abbys Mutter, als sie den Saal betraten.

„Nein, noch nicht“, erwiderte Abby und sah auf die Platzkarte, die sie am Eingang bekommen hatten. „Die Firmenzentrale ist in San Francisco. Warum?“ Sie entdeckte Tisch Nummer siebzehn mitten im Raum. „Dort ist unser Tisch.“

„Ich habe gehört, dass wir heute Abend etwas über den Logan-Erben erfahren werden.“ Neugierig schaute Caroline sich um. „Er soll noch jung und unverheiratet sein, also genau der Richtige für unsere Kate. Nadine kennt jemanden, der jemanden kennt, der hier arbeitet. Sie hat mir erzählt, dass der junge Logan ein toller Typ sein soll.“

Abby lachte und sah sich nach ihrer Tochter um. Kate und Sebastian waren in ein Gespräch vertieft und ließen sich Zeit. Ja, dachte sie, Sebastian wäre der ideale zweite Vater für Kate. Natürlich musste sie mit ihm reden, bevor sie seinen Antrag annahm. Schließlich würde er eine schwangere Frau heiraten.

„Wer ist der gut aussehende junge Mann dort drüben?“, flüsterte ihre Mutter.

„Wo?“ Abby folgte dem Blick ihrer Mutter.

Ihr blieb fast das Herz stehen, als die Menge am Rand der Tanzfläche sich teilte, um einem Mann im schwarzen Smoking Platz zu machen. Er war unglaublich attraktiv. Gebräunt, athletisch. Und die ungeduldige Geste, mit der er sich das dunkelblonde Haar aus der Stirn schob, kam ihr bekannt vor. Ebenso wie das Lächeln, das seine Mundwinkel umspielte. Es war das Lächeln, das sie verführt hatte.

Es war Logan Addams.

Ihr Puls raste.

Ja, dies war der Mann, mit dem sie eine leidenschaftliche Nacht verbracht und den sie danach in Acapulco zurückgelassen hatte.

Noch vor kurzem wäre sie überglücklich gewesen, ihn wieder zu sehen, aber nicht heute Abend. Denn sie trug sein Kind unter dem Herzen.

Was würde er tun, wenn er sie entdeckte? Am liebsten wäre sie aus dem Saal geflüchtet, um sich im Waschraum zu verbergen. Aber sie konnte nicht den ganzen Abend dort verbringen. Und einfach nach Hause fahren konnte sie auch nicht. Ihre Mutter und Kate würden unangenehme Fragen stellen.

„Abby?“ Caroline zupfte an ihrem Ärmel.

„Ja?“

„Was ist mit dir? Hast du ein Gespenst gesehen? Wenn du so weitermachst, werden die Leute denken, dass du krank bist.“

Nervös entfaltete Abby ihre Serviette und legte sie sich auf den Schoß. Zum Glück setzte die Musik ein und brachte ihre Mutter auf andere Gedanken.

„Ich glaube, ich suche mir jetzt einen Tanzpartner“, verkündete Caroline und wollte aufstehen. Doch dann starrte sie auf den Mann, der an ihren Tisch trat.

„Guten Abend, Scarlett O’Malley. Wie schön, Sie wieder zu sehen. Darf ich um diesen Tanz bitten?“

Die Stimme war Abby vertraut. Auf intimste Weise vertraut.

Autor

Mollie Molay
Nachdem sie einige Jahre in einem Logistikzentrum eines Lufttransportunternehmens gearbeitet hatte, entdeckte Mollie Molay, dass ihr das Schreiben von Liebesromanen, was sie nebenbei verfolgte, viel mehr Freude bereitete als ihre bisherige Tätigkeit. Also versuchte sie, ihr Hobby zu ihrem Beruf zu machen.
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