Nur ein einziges Mal ...

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Eine heiße Affäre? Warum nicht! Allerdings mit einem prominenten Politiker ... Doch wenn Matthew sie nur ansieht, weckt er eine so tiefe Sehnsucht in Ashley, dass sie ihm nicht widerstehen kann. Ihr stockt der Atem, als er ihre Wange berührt, Ashley schließt die Augen und genießt seine sinnlichen Küsse. Und es ist ja nur eine Nacht, in der sie dem aufregenden Knistern nachgeht und sich wie die heimliche Geliebte dieses mächtigen Manns fühlt, nur ein einziges Mal ... Das denkt Ashley, bis sie am nächsten Tag die Zeitung sieht - und sich halbnackt auf der Titelseite entdeckt!


  • Erscheinungstag 15.08.2009
  • Bandnummer 1576
  • ISBN / Artikelnummer 9783862955381
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Nur eins ist noch schlimmer, als langweilige weiße Baumwollunterwäsche ausgerechnet in der Nacht zu tragen, in der man endlich mit dem Traummann im Bett landet: Wenn er sich noch vor Tagesanbruch aus dem Staub macht.

Unter ihrer Daunendecke versteifte sich Ashley Carson. Mit halb geschlossenen Augen verfolgte sie, wie ihr neuer Geliebter leise den Reißverschluss seiner Anzughose zuzog. Endlich hatte sie mal etwas Mut bewiesen – was zugegebenermaßen nicht allzu oft vorkam – und war mit Matthew Landis ins Bett gegangen. Und Ashley hatte jede einzelne Sekunde davon genossen. Allerdings ahnte sie, dass sie einen Riesenfehler gemacht hatte, indem sie mit keinem Geringerem als dem hoch angesehenen Kandidaten für das Amt des Senators von South Carolina geschlafen hatte.

Das Mondlicht, das durch das kleine Fenster ihres Schlafzimmers fiel, ließ sein dunkles Haar schimmern, das zwar perfekt geschnitten, aber immer noch sexy zerzaust war. Das strahlend weiße Hemd betonte seine breiten Schultern. Es war kaum zerknittert, dabei hatte sie es ihm vor ein paar Stunden eher unsanft vom Leib gerissen, als das harmlose Treffen zur Planung seines Spenden-Dinners in ihrem Restaurant, über dem sie wohnte, unerwartet in ihr Schlafzimmer verlegt worden war.

Matthew mochte ein Traummann sein, aber eben aus sicherer Entfernung, denn sie hätte nie damit gerechnet, näher mit ihm bekannt zu werden.

Ashley führte als Betreiberin ihres Restaurants ein ausgesprochen ruhiges Leben und wusste auch einfache Freuden zu schätzen, weil für ein ehemaliges Pflegekind nichts wirklich selbstverständlich war. Er dagegen stand als einflussreiches Mitglied des Repräsentantenhauses stets im Rampenlicht und machte dabei jederzeit eine souveräne Figur, ob beim Verhandeln hochkarätiger Gesetzentwürfe oder Wohltätigkeitsveranstaltungen.

Doch nicht nur seine Zielstrebigkeit, vor allem sein gewinnendes Wesen zog die Leute so unwiderstehlich an.

Matthew griff nach dem Jackett, das über der Rückenlehne eines Stuhls hing. Würde er sich verabschieden oder sich einfach davonschleichen? Ashley hätte gern geglaubt, dass er sich nicht einfach klammheimlich aus dem Zimmer stahl. Das Gegenteil zu erleben … Nein, das könnte sie nicht ertragen. Also setzte sie sich auf und zog dabei das geblümte Laken vor die Brust.

„Die Dielen knarren, Matthew. Du solltest vorsichtig sein, sonst höre ich, wie du dich aus dem Staub machst.“

Er blieb wie angewurzelt stehen und straffte die Schultern, ehe er sich langsam umdrehte. Natürlich war er unrasiert, und seine Bartstoppeln wirkten irgendwie düster. Ein schuldbewusster Ausdruck schimmerte in seinen smaragdgrünen Augen. Beim Weg ins Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten hat ihm sein Aussehen nicht gerade im Weg gestanden, dachte Ashley. In fünf Monaten, nächsten November, konnte er gut und gerne zum Senator mit den sexy Augen werden, falls er das Mandat gewann, das seine Mutter abgab.

Mit einem kurzen Blinzeln verbarg Matthew, was immer gerade in ihm vorging. „Wie bitte? Ich habe mich nirgends mehr weggeschlichen, seit ich zwölf war und versucht habe, die Zeitschriften meines Cousins zu klauen, die er unter seiner Matratze versteckt hatte.“ Er steckte seine Krawatte in die Hosentasche. „Ich war dabei, mich anzuziehen.“

„Oh, dann habe ich mich wohl getäuscht.“ Ashley schlüpfte aus dem Bett und wickelte sich dabei das Laken um den nackten Körper. Im Zimmer duftete es nach getrocknetem Blüten-Potpourri und Moschus, aber sie ließ sich davon nicht ablenken. „Nur trittst du im Vergleich zu gestern leise auf und hast offenbar eine Vorliebe dafür entwickelt, in Socken herumzulaufen.“

Mit einer Kopfbewegung wies sie auf seine Gucci-Schuhe, die er in der Hand hielt.

„Du hast fest geschlafen.“

Fantastischer Sex brachte eine Frau schon mal an den Rand der Erschöpfung. Anscheinend habe ich das bei ihm nicht zustande gebracht, überlegte Ashley frustriert. Aber das behielt sie lieber für sich. „Wie aufmerksam von dir.“

Er ließ die Schuhe auf den Boden fallen und zog einen nach dem anderen an. Als sie seine teuren Designermodelle auf ihrem abgetretenen Dielenboden mit dem Flickenteppich sah, fiel Ashley wieder einmal auf, dass dieser gut gekleidete künftige Senator gar nicht in ihre Welt passte. Zu schade, dass diese Erkenntnis ihrer Sehnsucht nach ihm kein bisschen dämpfte. Am liebsten hätte Ashley ihn auf der Stelle wieder auf ihr Bett gezogen.

„Ashley, vergangene Nacht war erstaunlich …“

„Hör auf. Ich brauche keine leeren Phrasen oder Erklärungen. Wir sind beide erwachsen genug.“ Sie nahm einen Bademantel von einem Messinghaken neben der Badezimmertür und zog ihn an. „Eigentlich sind wir nicht einmal befreundet. Eher Geschäftspartner, die zufällig einer momentanen Anziehung nachgegeben haben.“

Okay, momentan galt vielleicht nur für ihn. Denn sie hatte sich schon die wenigen Male nach ihm verzehrt, die sie sich getroffen hatten, um Wohltätigkeitsveranstaltungen in ihrem Restaurant „Beachcombers“ zu besprechen.

Ashley zog den Gürtel des Bademantels fest um ihre Taille.

„Schön, dann sitzen wir ja im selben Boot.“ Er stützte sich mit einer Hand am Türrahmen ab, und der goldene Manschettenknopf funkelte im Mondlicht.

„Du solltest jetzt gehen, falls du rechtzeitig nach Hause kommen willst, um dich umzuziehen.“

Er zögerte einen Augenblick, bevor er sich umwandte und das Zimmer verließ. Ashley folgte ihm über den Flur des alten Hauses. Sie hatten es zu einem Restaurant umgebaut, das sie mit ihren beiden Schwestern betrieb. Vor kurzem war Ashley in die Räume neben ihrem Büro gezogen, damit das Gebäude nicht unbeaufsichtigt war. Denn ihre Schwestern hatten kürzlich geheiratet und waren ausgezogen.

Tatsächlich knarrte mehr als eine Diele unter seinen festen Schritten, als sie ins Foyer gingen. Ashley schloss die mächtige Eingangstür auf, ohne Matthew eines Blickes zu würdigen. „Ich werde die unterzeichneten Exemplare des Vertrags für das Spenden-Dinner an deinen Wahlkampfmanager schicken.“

Am Vorabend war Matthew nach dem Geschäftsessen noch geblieben, um mit Ashley einige kurzfristige Änderungswünsche zu besprechen. Sie hatte nicht ahnen können, wie explosiv ein simples Arbeitstreffen sein konnte. In ihren Tagträumen hatte sie diesen Mann in sehr viel exotischerer Umgebung geküsst.

Aber mehr war es eben nicht. Reine Fantasie. Sosehr er versuchte, seine Gefühle zu verbergen – es war kaum zu übersehen, wie eilig er es hatte, sich zu verabschieden. Als Kind hatte Ashley oft genug die übergroße Sorge ihrer Eltern gespürt und genauso darunter gelitten wie unter den Bemerkungen ihrer Mitschüler. Heute war ihr der Stolz die stärkste Stütze, nicht mehr das Korsett.

Matthew legte eine Hand auf die Mahagonitür. „Ich ruf dich später an.“

Ja. Sicher. „Keine Anrufe.“ Sie wollte nicht, dass sie womöglich neben dem Telefon wartete oder, schlimmer noch, dem beschämenden Wunsch nachgab, ihn anzurufen und dann eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen zu müssen. „Lass uns dieses Treffen so beenden, wie es begonnen hat. Geschäftsmäßig.“

Sie streckte ihm die Hand hin. Er betrachtete Ashley skeptisch. Allein durch ihren Stolz bewahrte sie Haltung. Endlich ergriff Matthew ihre Hand, schüttelte sie jedoch nicht, sondern hielt sie einfach fest, während er sich vorbeugte, um ihr einen Kuss zu geben.

Auf die Wange.

Verflixt.

Dann trat er in die warme Sommernacht hinaus. „Es ist noch dunkel. Du solltest noch eine Weile schlafen.“

Schlafen? Das sollte wohl ein Witz sein. Zum Glück hatte sie jede Menge zu tun, wenn Matthew gegangen war. Traurig sah sie ihm nach, wie er mit seinem charakteristischen, sexy Gang die Treppe hinunterschlenderte und dann zum Parkplatz ging, auf dem nur sein Lexus und ihr kleiner Kia Rio standen.

Was sollte das, ihm nachzuschauen? Energisch schloss sie die Haustür.

Mit ihrer stolzen Haltung war es im selben Moment vorbei. Natürlich hatte sie noch ihren Stolz, aber plötzlich gaben ihr die Beine nach. Seufzend sank Ashley gegen den Tresen im Foyer, auf dem ihre uralte Registrierkasse stand.

Dabei konnte sie Matthew nicht einmal die Schuld geben. Eine ganze Nacht lang war sie eine überaus willige Geliebte gewesen. Begonnen hatte es in der Küche, wo sie ihn von dem Kuchen hatte kosten lassen wollen, den ihre Schwester als Dessert für sein Spenden-Dinner vorgesehen hatte. Und wie sie da nebeneinander vor dem geöffneten Kühlschrank standen, hatten sie einander versehentlich gestreift. Einmal, zweimal.

Wie in Zeitlupe hatte er die Hand gehoben, um mit dem Daumen etwas Cremefüllung von ihrem Mund zu wischen …

An ihre weiße Baumwollunterwäsche hatte sie keinen Gedanken verschwendet, bis er sie ihr auf dem Weg in ihr Schlafzimmer vom Leib gerissen hatte. Aber in den Stunden, die gefolgt waren, hatte Ashley dann sowieso nicht mehr richtig denken können.

Ihr angeschlagenes Ego brauchte dringend ein wenig Auftrieb. Während sie durch das Foyer schlenderte, warf sie einen Blick in die Geschenkboutique und betrachtete nachdenklich die dort ausgestellten Dessous im altmodischen Stil. Barfuß, wie sie war, ging Ashley schnurstracks auf ein zartrosa Satinnachthemd zu. Sehnsüchtig strich sie über die fein gearbeitete Spitze, die als breite Streifen in das Oberteil eingearbeitet war und den Saum des V-Ausschnitts im Stil der 1920er-Jahre verstärkte.

Wie sehr hatte sie sich in ihrer Kindheit zarte Unterwäsche gewünscht. Aber Ashley hatte damals immer praktische Baumwollsachen getragen, die sie über das Korsett gezogen hatte. Zum Glück brauchte sie das längst nicht mehr. Nur eine leichte Schiefstellung der Wirbelsäule war geblieben, die allerdings niemandem auffiel. Doch auch wenn sie das Korsett nicht mehr trug, kam es Ashley manchmal so vor, als könnte sie sich nicht vorbeugen.

Ashley nahm den Kleiderbügel vom Ständer und eilte damit an den Regalen mit Gedichtbänden und Badeschaumflaschen vorbei zur Damentoilette. Hätte sie dieses Hemdchen doch nur gestern getragen! Die Nacht mit Matthew wäre vielleicht nicht anders zu Ende gegangen, aber wenigstens hätte sie die Genugtuung gehabt, ihm sehr viel verführerischer in Erinnerung zu bleiben.

Im Handumdrehen landete ihr Bademantel auf den Fliesen zu ihren Füßen.

Ashley vermied es, ihr Spiegelbild anzusehen, eine Angewohnheit, die ihr seit langem in Fleisch und Blut übergegangen war. Stattdessen konzentrierte sie sich auf das hübsche Nachtgewand. Ihren beiden Pflegeschwestern hatte sie zu deren kurz hintereinander stattfindenden Hochzeiten Wäsche im gleichen Stil geschenkt.

Der Satin fühlte sich auf ihrer noch immer von den lustvollen Liebesfreuden mit Matthew erhitzten Haut wie ein kühler Schauer an. Wohlig erschauernd sank sie auf die mit einem Gobelinstoff bezogene Chaiselongue im französischen Stil, die sie günstig bei einer Auktion ersteigert hatte. Dann zündete sie die Duftkerze neben sich an, um die sinnliche Atmosphäre zu vervollständigen. Das Kerzenlicht warf tanzende Schatten auf die verblasste Tapete, und es duftete entspannend nach Lavendel.

Ganz bewusst konzentrierte sie sich aufs Atmen, um ihre Anspannung loszuwerden, während sie sich genüsslich der behaglichen Atmosphäre hingab. Sie zog eine bunte Wolldecke um sich. Vielleicht konnte sie doch noch ein klein wenig schlafen.

Eine ganze Weile später atmete Ashley erneut tief durch. Und musste husten. Dann fuhr sie mit einem Satz in die Höhe, denn es roch nicht mehr nach Lavendel, sondern nach …

Rauch.

Den Blick starr auf den sommerlichen Sonnenaufgang über dem Meer gerichtet, versuchte Matthew Landis einen klaren Kopf zu bekommen, während er auf der Straße kehrtmachte und zurückfuhr, um seine Aktentasche zu holen, die er im „Beachcombers“ vergessen hatte.

Kurz darauf parkte er seinen Wagen erneut vor dem Haus, in dem alles angefangen hatte – mit Ashley Carson. Er war stolz darauf, dank sorgfältiger Planung nie einen Fehltritt zu begehen. Aber diese spontane Liebesnacht mit ihr war ganz bestimmt nicht geplant gewesen.

Als gewählter Politiker hatte er geschworen, sich für das Wohl der Menschen einzusetzen, andere zu beschützen und ihnen zu helfen, besonders den Schwachen. Doch letzte Nacht hatte er eine der verletzlichsten Frauen, die er kannte, ausgenutzt.

Er war stets vorsichtig bei der Wahl seiner Geliebten gewesen, denn obwohl er nicht vorhatte, jemals zu heiraten, konnte er unmöglich leben wie ein Mönch. Damals auf dem College hatte er sich unsterblich verliebt, um bald darauf seine große Liebe durch einen seltenen angeborenen Herzfehler zu verlieren. Er hatte nicht einmal die Chance bekommen, Dana seiner Familie vorzustellen. Bis heute wusste niemand von ihrer Verlobung. Die Vorstellung, jemandem davon zu erzählen, war ihm seither unerträglich vorgekommen. Als würde er damit ihre kurze gemeinsame Zeit verraten.

Danach hatte er sich darauf konzentriert, sein Studium an der Duke University abzuschließen und als Politiker in die Fußstapfen seiner Familie zu treten. Der Reichtum der Landis’ ermöglichte ihm, sich dabei nicht um sein Bankkonto zu sorgen. Sein Leben war ausgefüllt.

Was zum Teufel machte er also hier?

Ashley Carson war sexy, keine Frage, und ihre einnehmende Art wurde noch dadurch betont, dass ihre enorme Ausstrahlung ihr anscheinend selbst gar nicht bewusst war. Trotzdem, er traf ständig schöne Frauen und behielt dabei die Kontrolle. Und genau daran würde er sich auch halten, wenn er jetzt noch rasch seine Aktentasche abholte – und nein, verflixt, sie im Restaurant zu vergessen, war kein Streich, den ihm sein Unterbewusstsein gespielt hatte. Matthew öffnete die Tür seines Wagens …

Und hörte den Rauchmelder im Restaurant unaufhörlich piepen.

Eine noch lautere Alarmsirene ging in seinem Kopf los, als er plötzlich Rauch in die Nase bekam. Rasch sah er sich um. Ashleys kleines blaues Auto stand noch auf der gleichen Stelle auf dem Parkplatz, wo es gestanden hatte, als er weggefahren war.

„Ashley?“, rief er laut in der vagen Hoffnung, dass sie das Haus bereits verlassen hatte.

Keine Antwort.

Matthew rannte zur Veranda, während er auf seinem Handy 9-1-1 wählte, um die Feuerwehr zu alarmieren. Dann ergriff er den Türknauf der Eingangstür. Der glühte fast, aber das nahm er nur nebenbei wahr. Zum Glück hatte Ashley nicht abgeschlossen, nachdem er gegangen war. Mit seiner Zurückhaltung war es vorbei, und Matthew stürmte ins Foyer. Hitze schlug ihm entgegen, aber er sah keine Flammen im Eingangsbereich der alten Villa.

Dem Feuerschein nach schien es in der Geschenkboutique zu brennen, also eilte er in diese Richtung. In dem kleinen Laden züngelten die Flammen von den Kleiderständern in die Höhe. Farbanstriche warfen Blasen, platzten und lösten sich von dem alten Holz.

„Ashley?“, rief Matthew erneut. „Ashley!“

Parfümflaschen explodierten. Glasscherben flogen durch den Durchgang auf den Dielenboden. Das Parfüm entzündete sich und fachte das Feuer in der Boutique noch weiter an.

Vorsichtig drang er tiefer in den kleinen Laden vor. Regale knarrten und schwankten, Putz fiel von der Decke, und er fragte sich, wie es wohl um den baulichen Zustand des fast zweihundert Jahre alten Hauses bestellt war. Wie schnell würden die uralten, knochentrockenen Deckenbalken in Flammen aufgehen? Wie viel Zeit hatte er, um Ashley zu finden?

So viel Zeit, wie er eben brauchte.

Unter seinen Lederslippern knirschte zerbrochenes Glas. „Ashley, gib Antwort, verdammt!“

Durch die Eingangshalle wälzte sich dichter Rauch. Er duckte sich und hielt einen Arm vors Gesicht, während er wieder und wieder nach Ashley rief.

Dann hörte er sie.

„Hilfe!“ Jemand schlug gegen die Wand. „Hört mich jemand? Ich bin hier drinnen!“

Vor Erleichterung wurde Matthew noch benommener, als er es von dem beißenden Rauch ohnehin schon war.

„Halte durch, Ashley, ich komme!“

Das Klopfen verstummte. „Matthew?“

Ihre dunkle Stimme seinen Namen sagen zu hören, berührte ihn zutiefst. Doch ein Hitzeschwall hinter ihm katapultierte ihn sofort in die Realität zurück. „Red weiter, damit ich dich finde!“

„Ich bin hier drüben, in der Damentoilette.“

Hastig legte Matthew die letzten paar Meter dorthin zurück. Es wurde an der Tür gerüttelt, dann hörte es auf. Auf dem Boden lag ein Türgriff. „Geh so weit von der Tür weg wie du kannst. Ich öffne sie mit Gewalt.“

„Okay.“ Ashleys Stimme klang jetzt leiser. „Der Weg ist frei.“ Er richtete sich auf und musste wegen des Rauchs sofort heftig husten. Ihm blieb nicht mehr viel Zeit. Sobald das

Feuer den Korridor erreichte, würde es außer Kontrolle geraten.

Matthew rammte die Toilettentür mit der Schulter, dann noch einmal, diesmal heftiger, doch sie gab nicht nach. Anscheinend war das alte Holz stabiler als der Türgriff. Also trat er drei Schritte zurück, um Anlauf zu nehmen.

Und rammte die Tür erneut. Der Aufprall erschütterte ihn, doch endlich gab das Türblatt nach und fiel krachend nach innen.

Er warf einen suchenden Blick in den dämmrigen kleinen Raum und entdeckte Ashley – dem Himmel sei Dank. Sie kauerte in der Ecke neben dem Waschbecken, eingewickelt in eine nasse Decke. Kluge Frau.

Um die eingeschlagene Tür herum bahnte sich Matthew einen Weg zu ihr. Unterwegs warf er einen zerbrochenen Stuhl zur Seite. Der ganze Raum lag in Trümmern. Offenbar hatte Ashley gekämpft wie eine Löwin.

„Danke, dass du zurückgekommen bist“, keuchte sie und drückte ihm ein triefend nasses Handtuch in die Hand. „Wickle dir das hier um den Kopf.“

Sehr kluge Frau. Er schlang sich das Tuch um dem Kopf, um sich vor dem Rauch zu schützen.

Ashley stand auf, hustete, rang nach Atem. Verdammt. Sie brauchte dringend frische Luft, aber barfuß, wie sie war, konnte sie unmöglich über Glasscherben und glimmende Balkensplitter gehen.

Deshalb kniete er sich vor sie, lud sie sich kurzerhand auf die Schulter und stand wieder auf. „Halt dich fest.“

„Sieh zu, dass wir hier rauskommen.“ Sie bekam erneut einen Hustananfall.

Matthew rannte durch den brennenden Laden. Gefräßige Flammen züngelten am Tresen entlang. Stapel von Briefpapier wurden schwarz, zerfielen zu Asche.

Lauf schneller. Nicht stehen bleiben. Und bloß nicht nachdenken.

Ein Bücherregal wackelte. Instinktiv blieb Matthew wie angewurzelt stehen und zog Ashley noch dichter an sich. Da brach das mannshohe Regal auch schon zusammen und ging gleichzeitig lichterloh in Flammen auf. Und blockierte den Ausgang.

Krampfhaft hielt Matthew Ashleys schützende Decke fest. Durch die Ledersohle seiner Schuhe hindurch spürte er einen brennenden Holzsplitter.

„Den Hintereingang, durch die Küche“, schrie Ashley hustend und prustend. „Geh nach links.“

„Ich seh ihn.“ Er stolperte durch den Laden zurück und bog gleich darauf auf den schmalen Korridor. Hier war der Rauch nicht so dicht, sodass man Licht durch die Glastür fallen sah.

Ashley baumelte über seiner Schulter, doch sie war nicht allzu schwer. Beim Anblick der rettenden Küchentür fielen ihm die Rocky Mountains vom Herzen. Verdammt große Erleichterung, dabei kannte er Ashley doch kaum.

War das etwa die frische Luft hier draußen, die seine Brust so merkwürdig eng werden ließ?

Vor dem Lieferanteneingang hinter ihrem Restaurant konnte Ashley gar nicht genug frische Luft bekommen. Sie war kurz davor, hysterisch zu werden.

Trotz der Schwüle war die Luft hier draußen merklich frischer als die in ihrem zerstörten Restaurant. Von dem in aller Kürze nichts mehr übrig war, falls die Feuerwehr nicht bald auftauchte und die Flammen eindämmte, die mittlerweile aus zwei der Küchenfenster schlugen.

Entferntes Sirengeheul erleichterte sie ein wenig, doch sofort machte sie sich neue Sorgen. Wie konnte der Brand ausgebrochen sein? War eine der Kerzen schuld daran?

Wie groß war der entstandene Schaden im Haus?

Matthews Schulter drückte gegen ihren Magen. Bei jedem seiner Schritte musste sie husten und wurde gleichzeitig an ihre unwürdige Position erinnert. „Du kannst mich jetzt absetzen.“

„Du brauchst dich nicht zu bedanken“, erwiderte er mit heiserer Stimme. „Spar dir die Worte.“

Wie konnte er innerhalb weniger Minuten sowohl ein Held als auch ein unsensibler Armleuchter sein?

Ashley klapperten die Zähne. Verzögerter Schock, ohne Zweifel. Vor ihren Augen bewegte sich die feine Naht an der unteren Kante seiner Designer-Anzugjacke auf und ab. Unter sich sah sie die Kieselsteine des Parkplatzes. Jetzt, da die unmittelbare Gefahr, bei lebendigem Leib zu verbrennen, vorbei war, konnte sie sich einem ähnlich prekären Problem widmen.

Vor kurzem hatte sie die Tatsache beklagt, dass Matthew sie nicht in dem rosafarbenen Nachthemdchen aus Satin gesehen hatte – und jetzt wünschte sie, er könnte sie in irgendetwas anderem sehen als diesem aufreizend winzigen Stofffetzen, den sie unter ihrer nassen Decke anhatte.

„Matthew, ich kann gehen. Setz mich bitte ab.“

„Vergiss es.“ Stattdessen schob er sie etwas höher in eine sicherere Position. Durch die Bewegung verrutschte die Decke und entblößte ihre Schulter. So schnell er konnte, lief er mit ihr den schmalen Gehsteig entlang. „Du musst sofort ins Krankenhaus.“

„Du brauchst mich nicht zu tragen. Ich bin in Ordnung.“ Sie musste erneut husten, während sie die Zipfel ihrer rutschenden Decke umklammerte. „Wirklich.“

„Und eigensinnig.“

„Überhaupt nicht. Ich will nur nicht, dass du dich verausgabst.“ Dabei wusste sie nach der letzten Nacht doch nur zu genau, wie viel Ausdauer dieser Kerl mit dem durchtrainierten Körper besaß.

Ihr Kampf mit den Zipfeln der nassen Decke führte lediglich dazu, dass sich die Decke weiter löste und sie selbst fast seitlich von Matthews Schulter heruntergefallen wäre.

„Hör auf zu zappeln, Ashley.“ Er legte eine Hand auf ihren Po.

Du liebe Güte.

Seine Berührung ging ihr durch und durch, und sie hatte das Gefühl, das Prickeln bis in die Spitzen ihrer langen rotbraunen Haare zu spüren. Kopfüber, wie sie über seiner Schulter hing, wippte es heftig auf und ab.

Zwei Feuerwehrmänner kamen um die Ecke und rannten mit einem Schlauch im Schlepptau an ihnen vorbei. Das erinnerte Ashley daran, dass sie im Moment größere Sorgen hatte als ihre heftige Reaktion auf Matthews Berührung und ihre mangelhafte Bekleidung. Ihr Restaurant brannte ab – ihr Geschäft, ihr Ein und Alles, das sie mit ihren beiden Pflegeschwestern in dem einzigen Zuhause betrieb, das sie je gekannt hatte. Das Haus hatte ihnen ihre fürsorgliche „Tante“ Libby vererbt, die sie als Kinder bei sich aufgenommen hatte.

Tränen verstopften Ashley die Nase, bis sie von einem neuen Hustenanfall geschüttelt wurde. Matthew lief immer schneller, und sie musste sich am Saum seines Jacketts festklammern, um nicht herunterzufallen.

Ein zweiter Feuerwehrwagen hielt direkt vor dem Haus. Mit unverkennbarer Professionaliät machten sich die zusätzlichen Feuerwehrmänner sofort an die Arbeit. Lieber Himmel. Was, wenn das Feuer sich ausbreitete? Die kleinste Verzögerung bei den Löscharbeiten konnte dazu führen, dass die Flammen die anderen historischen Gebäude aus Holz erfassten, die die Strandpromenade säumten. Ihre frisch verheiratete Pflegeschwester Starr wohnte mit ihrem Mann gleich nebenan.

Der Einsatzleiter gab seine Anweisungen lautstark im knappen Kommandoton. Inzwischen hatte sich eine kleine Gruppe von Nachbarn versammelt, während über dem Meer die Sonne aufging.

„Ashley?“

Über das Stimmengewirr hinweg hörte sie jemanden ihren Namen rufen. Ashley wandte den Kopf und erspähte durch ihre langen Haare hindurch ihre Schwester Starr, die sich ihren Weg durch die kleine Menge bahnte, die bei den Löscharbeiten zusah.

Ashley wollte Starr zurufen, lieber zurückzugehen, aber ihr wurde plötzlich ganz schwindelig. Weil sie immer noch kopfüber hing, zu viel nach Luft geschnappt oder zu lange Körperkontakt mit Matthew hatte, hätte sie nicht sagen können. Über die Menschen hinweg sah sie die Signalleuchten der Feuerwehrautos und eines Rettungswagens blinken, und ihr wurde noch elender. Sie musste sich unbedingt hinlegen.

Und sie brauchte ganz dringend Abstand zu Matthew, ehe seine Nähe und seine Wärme mehr Schaden anrichteten als jedes Feuer.

Neben dem Rettungswagen hielt er an und umfasste vorsichtig ihren Kopf, während er sich nach vorn beugte. Sie hätte wegsehen sollen. Und das würde sie auch, bald. Aber vom Einatmen des vielen Rauchs benommen, wie sie momentan war, konnte sie gar nicht anders, als erneut den Augenblick zu durchleben, als er sie am Vorabend auf ihr Bett gelegt hatte. Der Blick aus seinen schönen smaragdgrünen Augen hatte sie da genauso gefangen gehalten wie jetzt. Fasziniert betrachtete sie das Grübchen an seinem Kinn, das ihn nicht ganz so eigensinnig wirken ließ.

Matthew war ja wirklich ein unglaublich attraktiver Mann.

Autor

Catherine Mann
<p>Bestsellerautorin Catherine Mann schreibt zeitgenössische Liebesromane, die im militärischen Milieu spielen. Ihr Mann, der bei der US Air Force arbeitet, versorgt sie mit allen nötigen Informationen, sodass sie keine Recherche betreiben muss. In der Zeit vor ihren Romanveröffentlichungen machte sie ihren Bachelor in Bildender Kunst auf dem College von Charleston...
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