Nur ein ferner Traum von Liebe?

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Eine eigene Ranch im idyllischen Miracle Harbour! Corrine sollte sich freuen über ihr unerwartetes Erbe. Doch die Sache hat einen Haken: Bedingung ist, dass sie innerhalb eines Jahres heiratet. Bloß wen? Zwar weckt ihr gut aussehender neuer Nachbar Matt Donahue bald ungeahnte Sehnsucht in ihr. Doch kaum gibt sie sich seinen Zärtlichkeiten hin, fürchtet sie, dass er mehr an ihrem Land als an ihr interessiert ist. Verletzt muss sie sich fragen: Hat Matt sie nicht aus Liebe, sondern aus purer Berechnung verführt?


  • Erscheinungstag 23.12.2023
  • Bandnummer 262023
  • ISBN / Artikelnummer 9783751519021
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

15. Februar …

Corrine Parsons war den Tränen nahe. Beim Anblick der beiden jungen Frauen, die ihr so ähnlich sahen wie ein sprichwörtliches Ei dem anderen, erfasste sie Panik.

Drillinge! Und ich binna ja, eine von ihnen!

Welche Emotionen sie gerade zu überwältigen drohten, hätte sie nicht genau sagen können. War es Freude oder Traurigkeit? Schock oder einfach nur Angst?

Egal! Regel Nummer eins galt es in jedem Fall einzuhalten: nicht weinen, keine einzige Träne verlieren, niemals.

Die nachdrücklichste Lektion in dieser Hinsicht hatte sie mit sechs Jahren bekommen, als sie zum ersten Mal in ein Kinderheim gesteckt wurde, weil ihre Tante Ella krank war. Verängstigt und allein, war sie überglücklich gewesen, einen ausgesetzten Hundewelpen zu finden. Sie versteckte ihn heimlich unter der Veranda, fütterte ihn mit Essensresten aus dem Mülleimer, pflegte und liebte ihn.

Bis er entdeckt wurde. Regel Nummer zwei: Keine Welpen sind erlaubt, egal wie bitterlich sie auch weinte und flehte. Sie hatte alles versucht, um der Heimleitung zu vermitteln, wie viel ihr das Tier bedeutete. Aber das hatte niemanden interessiert.

Eine bittere Erkenntnis, die sich im Lauf der Jahre immer wieder bestätigt hatte. Sieben Heime und Pflegefamilien, zwischen ihrem zehnten und siebzehnten Lebensjahr. Diese Erfahrungen hatten ihre Tränen in gletscherhartes Eis verwandelt, das Corrine jedes Mal in ihren Augen sah, wenn sie ihr Spiegelbild betrachtete … bis heute.

Jetzt saß sie hier in einer noblen Anwaltskanzlei mit antikem Mobiliar und kostbaren, dicken Teppichen und war umgeben von Fremden. Außerdem beschlich sie das bedrohliche Gefühl, als ob jemand die heiße blaue Flamme einer Lötlampe auf sie richtete, die dieses Eis zum Schmelzen brachte. Tränen, heiß und beschämend, brannten hinter ihren Augenlidern.

Corrine befürchtete, sie nicht mehr lange zurückhalten zu können. Und das alles nur, weil zwei fremde Menschen in diesem Raum genauso aussahen wie sie. Obwohl … sie konnten unmöglich Fremde sein, und doch war sie ihnen noch nie zuvor begegnet. Zumindest nicht, seit sie sich erinnern konnte.

Schwestern! Drillinge! Jede das Ebenbild der beiden anderen.

War es nicht genau das, wovon sie damals geträumt hatte in all den fremden Betten? Mit ihren Habseligkeiten in einem Plastikmüllsack, den sie wie ihren größten Schatz hütete?

Sie hatte sogar sehr detaillierte Vorstellungen von einer imaginären Familie gehabt: ein Weihnachtsbaum, unter dem sich Pakete stapelten, Geschenke mit ihrem Namen darauf. Ein Bett, in dem die Matratze nicht mit einer knitterigen Gummiunterlage geschützt wurde. Laken, die sich weich anfühlten, anstatt zu kratzen – und die nach Mutterliebe rochen. Ein starker, gut aussehender Vater, der den Kopf zurückwarf, lachte und sein kleines Mädchen hoch in die Luft hob. Schwestern, mit denen sie Barbiepuppen, Haarbänder, Gekicher und Geheimnisse teilte.

Träume von jemandem, der sie liebte.

Corrie! rief sie sich zur Ordnung, während die Tränen immer heftiger unter ihren Lidern brannten. Diese beiden Frauen sehen aus wie du, und sie sind ganz sicher deine Schwestern. Aber …

Sie durfte jetzt nicht euphorisch werden, denn allein ihre Anwesenheit bedeutete nicht, dass sie sich wegen der offenkundigen Blutsverwandtschaft automatisch um sie kümmern oder sie gar lieben würden.

Als sie es endlich wagte, den beiden – Abby und Brittany – in die Augen zu schauen, war es, als würden sie ihre wenig angemessene Kleidung gar nicht registrieren. Dabei hatte sie absichtlich ihre ältesten Sachen angezogen, um der befremdlichen Vorladung einer Anwaltskanzlei zu trotzen.

Dessen ungeachtet strahlte ihr aus den Augen ihrer Schwestern ein herzliches Willkommen entgegen. Und wie aus weiter Ferne hörte sie den Anwalt etwas vorlesen: von einer fremden Person, die jeder von ihnen ein Geschenk zugedacht hatte.

Riesige, ungeheure Geschenke! Abby bekam ein Haus, Brittany ein Geschäft.

Auf einmal kam ein zweiter Mann in den Raum, den sie kaum wahrnahm. Dann hörte sie ihren Namen und ihr Geschenk: fünf Hektar Land und eine … Hütte.

Ihre Schwestern wirkten überrascht und glücklich, doch Corries Anspannung wuchs weiter, während sie auf den Haken an der Sache wartete, den es immer gab. Er ließ tatsächlich nicht lange auf sich warten.

Ihre Gaben waren an Bedingungen geknüpft. Wollten sie ihre Geschenke behalten, mussten sie ein Jahr hier in Miracle Harbor bleiben! Einer kleinen Stadt am Meer, von der sie noch nie etwas gehört oder gar gesehen hatte.

Und sie mussten innerhalb dieses Jahres heiraten!

Ha! Heiraten! Ausgerechnet sie, die jeden Mann mit ihrem eiskalten Blick auf der Stelle festbannen konnte. Anderseits … was für eine Chance. Wenn sie tatsächlich herkäme, und sei es nur für ein Jahr, könnte sie bei ihnen sein. Bei ihren Schwestern.

Corrie schluckte trocken. Schon saß sie wieder in der Falle, schwach vor Verlangen nach dem, was sie gehört hatte und vor sich sah. Und wovon sie gedacht hatte, dass es für immer ein sehnsüchtiger Wunschtraum bleiben würde.

Gleichzeitig zitterte sie innerlich vor Angst, als stünde sie am Rand einer Klippe und würde in der nächsten Sekunde fallen und fallen und …

Ihr Fall wurde aufgehalten. Ihre Schwester Abby nahm wortlos ihre Hand und drückte sie sanft, als würde sie nicht nur die Panik kennen, die Corrie fühlte, sondern auch wissen, wie sie sie vertreiben konnte.

Abbys Hand war weich und zugleich stark. Als Corrie den Kopf wandte, schaute sie in die warmen Augen ihrer Schwester und wusste plötzlich ganz sicher, dass sie nach Miracle Harbor ziehen würde, egal wie viel Angst sie davor hatte.

Natürlich nicht sofort. Es gab Verpflichtungen, um die sie sich zuerst kümmern musste. Aber sobald es möglich war.

1. KAPITEL

Einige Monate später …

Mein Geschenk! Corrie schob die Hände in die Gesäßtaschen ihrer Jeans, und wippte auf den Fersen vor und zurück, während sie ihre Hütte betrachtete, die sich klein, aber solide gebaut unter den imposanten Ästen eines riesigen roten Ahorns duckte. Sie gehörte tatsächlich ihr.

Ihr war es egal, dass die Verandabretter durchhingen, die Dachschindeln mit einer dicken Moosschicht bedeckt waren und die Fenster so dreckig, dass sie nicht hineinlinsen und sicher noch weniger herausschauen konnte. Genauso wenig interessierte es sie, dass die zweite Treppenstufe eingebrochen war und offenbar einzelne Ziegel von der Schornsteinumrandung fehlten.

Mit einem leisen Seufzer ließ sie es zu, dass sich ein kleines Glücksgefühl in ihr ausbreitete. Nie zuvor hatte irgendetwas nur ihr allein gehört.

Natürlich besaß sie ihre Kleidung und ihren alten geliebten Jeep, der an einigen Stellen sogar seine ursprüngliche grüne Farbe aufwies. Doch sie wohnte immer noch in einer Mietwohnung in Minneapolis, trotz ihres Erfolgs mit Brandy – einem Kinderbuch, in dem es um ein ebenso mutiges wie temperamentvolles und findiges Waisenmädchen ging, das es mit der gesamten Welt aufnahm.

Warum habe ich mir von dem Geld kein Haus gekauft? Vielleicht, weil ich das Schicksal nicht versuchen oder besser nicht herausfordern will, indem ich es wage, an etwas Gutes zu glauben? Selbst ihre gedämpfte Freude über diese baufällige Hütte beunruhigte sie, da Positives in ihrem Leben bisher nie von Dauer gewesen war.

„Tja, und was Brit betrifft, bist du tatsächlich weit davon entfernt, ein Volltreffer zu sein“, teilte sie ihrem baufälligen Cottage-Verschnitt mit.

Ihre Schwester Brittany war entsetzt gewesen, als sie die winzige Hütte zu Gesicht bekommen hatte. Das Gebäude war umgeben von verwilderten Weiden, deren Gras und Unkraut die morschen Zäune überragte.

„Du kannst bei mir und Mitch wohnen“, hatte Brit angeboten, kurz nachdem Corrie endlich in Miracle Harbor angekommen war.

„Auf keinen Fall! Ihr beide seid doch frisch verheiratet!“

Die Hochzeit war gerade mal eine Woche her. Brit und Mitch hatten kaum lange genug die Hände voneinander lassen können, um ihre Eheversprechen abzulegen.

Corrie wollte nicht vorgeführt bekommen, dass Träume tatsächlich wahr werden konnten und Wunder geschahen, selbst wenn man nicht daran glaubte. Ihre Schwestern waren der Beweis dafür. Ihr Hals wurde eng, wenn sie daran dachte, dass beide inzwischen ihr Glück in Miracle Harbor gefunden hatten.

„Wir kommen und helfen dir beim Ausmisten und Aufräumen“, hatte Abby tapfer versprochen, mit Blick auf die riesigen Spinnweben in der kleinen Hütte. Dabei war sie schrecklich blass um die Nase gewesen.

Es hatte Corrie erstaunt, dass nicht nur Abby, sondern ihre beiden Schwestern grässliche Angst vor Spinnen hatten – genau wie sie selbst. Gleichzeitig spürte sie, wie sich ein seltsam weiches Gefühl in einer Ecke ihres zu Eis erstarrten Herzens einnistete.

Allein schon deshalb hatte sie die Hilfsangebote dankend abgelehnt. Aber auch aus anderen Motiven. Zum einen ertrug sie es nicht, anderen etwas zu schulden. Außerdem fühlte sie sich überfordert von der offen gezeigten Begeisterung und Zuneigung ihrer Schwestern, die doch nichts über sie wussten.

Und es gab noch einen weiteren Grund. Indem sie sich allein um alle Räumarbeiten und notwendigen Reparaturen kümmerte, beanspruchte sie ihr Geschenk ganz für sich. Damit gehörte es ihr auf eine Art und Weise, die ihr niemand wegnehmen konnte.

Corrie atmete tief durch und schaute um sich. Überall gab es Arbeit. Ihre Hütte war baufällig, Hofplatz und Garten im Grunde nicht existent. Aber irgendwo musste sie schließlich anfangen.

„Los, Corrie!“, rief sie sich zur Ordnung. „Jetzt geh in dein Häuschen und leg los. Sonst musst du heute Nacht womöglich im Freien schlafen.“ Instinktiv überlegte sie, wo es wohl mehr Spinnen geben mochte, drinnen oder draußen.

Ein letztes Mal atmete sie tief durch, dann übersprang sie die kaputte Stufe und verpasste der Tür einen Stoß. Sie öffnete sich mit einem quietschenden Protestlaut.

Das Innere der Hütte war denkbar schlicht. Ein großer Raum diente gleichzeitig als Küche und als Wohnzimmer. Die Trennung zwischen den beiden Bereichen markierte ein schwarzer bauchiger Kaminofen. Die Küchenzeile bestand aus einer Schrankreihe, die dringend nach frischer Farbe verlangte, und einer schäbigen Arbeitsplatte, die entweder neu beschichtet oder – besser noch – ausgetauscht werden musste. Kühlschrank und Herd waren glücklicherweise neu und intakt.

Von der kombinierten Wohnküche führte ein Durchgang ohne Tür in ein Schlafzimmer, das aussah, als wäre es nachträglich angebaut worden. Auch das winzige Bad musste später entstanden sein, denn die Hütte hatte mindestens achtzig oder neunzig Jahre auf dem Buckel, das Bad hingegen war modern, hell und sauber.

Corrie mochte die grauen Holzwände und das riesige, fast bodentiefe Fenster in dem unmöblierten Wohnraumteil. Nach dem Fensterputzen musste das Licht in diesem Raum spektakulär sein. Zuerst würde sie ihre Staffelei auspacken und genau hier aufstellen, von wo aus sie auf das wilde wuchernde Gras, die Fülle unterschiedlichster Blumen, die Baumgruppe und die schiefe Scheune schauen konnte. Und zwar in dem Wissen, dass alles, was sie sah, ihr gehörte … ihr allein.

Corrie stellte sich in den Sonnenstrahl, der durchs Fenster ins Innere fiel, wischte mit der Schuhspitze den fingerdicken Staub von den Bodendielen und lächelte zufrieden, als sie den warmen, goldenen Ton der Holzbohlen sah. In Gedanken versunken malte sie sich bereits leuchtend gelbe Vorhänge an den Fenstern aus, Teppiche auf dem Boden, rote Tulpen in einem Glas auf dem Küchentisch …

„Jemand zu Hause?“

Sie keuchte und wirbelte herum. Ein angeborener Instinkt trieb sie dazu, nach einer Waffe zu suchen … nach etwas, um sich zu schützen. Ihre Gedanken rasten. Ihr neues Heim lag weit entfernt vom nächsten Nachbarn. Hier würde niemand ihre Hilfeschreie hören.

Dann schaltete sich ihr Verstand wieder ein, und sie erinnerte sich. Die Möbelpacker! Es mussten die Umzugsleute sein. Schließlich wartete sie dringend darauf, dass ihre spärlichen Habseligkeiten angeliefert wurden.

Der Mann füllte nahezu den Türrahmen aus. Einen Moment lang sah sie nur seine Silhouette im Gegenlicht und erkannte sofort, dass es kein Möbelpacker war. Trotzdem hielt sich ihre Angst in Grenzen. Und je mehr sie von ihm sah, desto mehr entspannte sie sich.

Beigefarbener Cowboyhut, weißes T-Shirt, schmale Jeans an langen muskulösen Beinen, Boots und sehr breite Schultern. Auch ohne Hut trug er das unsichtbare Etikett: handsome Cowboy.

Ihr wäre nie in den Sinn gekommen, dass es in dieser Gegend Cowboys geben könnte. Aber was wusste sie schon von Oregon, außer dass das Klima hier freundlicher zu sein schien als in Minnesota.

„Entschuldigung, ich wollte Sie nicht erschrecken.“

„Sie haben mich nicht erschreckt“, gab sie kühl zurück.

Inzwischen hatten sich ihre Augen an das reduzierte Licht gewöhnt, sodass sie ihn noch besser ins Visier nehmen konnte. Braune Augen, der Blick unerschütterlich, ruhig und stark. An den Augen eines Menschen ließ sich viel ablesen. Es war eine Überlebenstechnik, die Corrie perfektioniert hatte, ein Überbleibsel aus ihrer Kindheit.

Seine Wangenknochen waren ausgeprägt, die Nase schien irgendwann gebrochen zu sein, doch seltsamerweise machte ihn dieser Makel anziehender, als es reine Perfektion vermocht hätte.

Dafür hatte er einen absolut perfekt geschnittenen Mund, stellten ihre Künstleraugen fest. Die sinnliche Fülle der Unterlippe korrespondierte perfekt mit der feingemeißelten Kurve seiner Oberlippe und …

Er machte mit ausgestreckter Hand einen Schritt auf sie zu, und Corrie wich instinktiv zurück und presste die Lippen zusammen.

Regel Nummer drei: Lass dir nie deine Angst ansehen!

Es spielte keine Rolle, dass sie nicht einmal wusste, warum sie Angst hatte und alles in ihr schrie, dass es gefährlich sei, diese ausgestreckte Hand zu ergreifen. Zumal sie genau wusste, wie sie sich anfühlen würde: trocken, kräftig und fest.

Ein warmer, fester Händedruck würde sie dazu verführen, in ein Paradies zu schauen, in dem die Menschen nie allein waren. Nur ein kurzer verlockender Blick, bevor er seinen Griff lösen und sich wieder zurückziehen würde. Verzweifelt wehrte Corrie sich gegen eine gefährliche Sehnsucht, die sich ungefragt in ihr breitmachte und mit allen Mitteln bekämpft werden musste.

„Was kann ich für Sie tun?“, fragte sie mit eisiger Stimme, der nicht die geringste Regung zu entnehmen war. Doch sie wusste, dass er verstand, obwohl seine Reaktion kaum wahrnehmbar war. Das Zucken eines Muskels im Mundwinkel, ein leichtes Zusammenkneifen der Augen, das den unglücklichen Effekt hatte, die Dichte seiner nachtschwarzen, für einen Mann viel zu langen Wimpern noch zu betonen.

„Ich bin Matt Donahue“, stellte er sich vor, wobei er den anfänglich warmen Ton ihrer deutlich kühleren Stimme anpasste. „Ihr nächster Nachbar.“ Zu welcher Seite, präzisierte er mit einem Nicken in die entsprechende Himmelsrichtung.

Corrie schwieg, wartete ab und verschränkte nach einem Moment die Arme vor der Brust.

„Ich bin schon länger daran interessiert, dieses Stück Land zu erwerben, musste aber feststellen, dass es jemand gekauft hatte, bevor ich überhaupt erfahren habe, dass es auf dem Markt ist.“

Überraschung! Dies war also kein rein nachbarschaftlicher Willkommensbesuch.

Fast hätte Corrie selbstironisch aufgelacht, gleichzeitig spürte sie, wie ihr naturgegebener Eigensinn die Führung übernahm. „Ich verkaufe nicht.“

Sie war gerade erst angekommen und hatte schon beschlossen, dass dieses Stück Land ein Ort war, an dem ihr Herz endlich ein Zuhause finden konnte. Unvermittelt wurde sie stocksauer auf ihren neuen Nachbarn, der ihr gerade vorführte, wie zerbrechlich dieses aufkeimendes Heimatgefühl war.

„Sie haben mein Angebot doch noch gar nicht gehört“, gab er milde zu bedenken.

„Das muss ich auch nicht, denn mein Entschluss steht fest.“ Sie sah keinen Grund, einem Fremden auf die Nase zu binden, dass sie gar nicht verkaufen konnte, selbst wenn sie es gewollt hätte. Das Land gehörte ihr nicht wirklich und würde wegen dieser vermaledeiten Klausel möglicherweise auch nie in ihren Besitz übergehen!

Wie hatten Herz und Verstand dieses kleine Detail nur ignorieren können, während sie in ihrer Fantasie bereits Teppiche, Vorhänge und leuchtend rote Tulpen kaufte? Während ihr Herz sich immer mehr für diese kleine Hütte unter den hohen Bäumen erwärmte, bremste die vertrackte Klausel in der Schenkungsurkunde sie aus: Ehemann erforderlich.

Für einen Sekundenbruchteil spürte sie ihr Herz ganz oben im Hals schlagen, als sie glaubte, über dem Kopf dieses großen, attraktiven Cowboys plötzlich in Neon-Leuchtbuchstaben Heirat nicht ausgeschlossen blinken zu sehen.

Und für einen weiteren Sekundenbruchteil erlaubte Corrie sich zu wünschen, sie könnte ein anderer Mensch sein: weicher und aufgeschlossener als ihre Schwester Abby. Oder so sexy und selbstsicher wie Brit, ihre andere Schwester.

Eigentlich hätte ihre abweisende Kälte den Cowboy längst vertreiben müssen, doch er stand nach wie vor seelenruhig da und ließ sie nicht aus den Augen. Dann wanderte sein Blick zu ihrem nackten Ringfinger, was ihr ermöglichte, selbst eine schnelle, diskrete Recherche zu betreiben.

Seine Finger waren lang, wohl geformt und unberingt. Jede Art von Schmuck, selbst ein Ehering, hätte an diesen kraftvollen Händen albern und deplatziert gewirkt.

Plötzlich wünschte Corrie, sie würde nicht in ihrer ältesten Jeans und einem T-Shirt mit langem Riss unter einer Achselhöhle vor ihm stehen. Und sie hätte Brits Angebot, ihrem Haar ein wenig mehr Form und Style zu verleihen, nicht so vehement abgewiesen. Als eine Art Selbstverteidigung gegenüber dieser ungewohnten Charakterschwäche bemühte sie sich um eine besonders abweisende Miene.

Anstatt sich davon beeindruckt zu zeigen, schien die Aufmerksamkeit ihres Gegenübers plötzlich durch irgendetwas anderes abgelenkt zu sein, noch bevor sie ihm nahelegen konnte, verdammt noch mal von ihrem Grundstück zu verschwinden.

„Erwarten Sie Besuch?“, wollte ihr neuer Nachbar mit schiefgelegtem Kopf wissen.

„Nur die Umzugsleute“, erwiderte Corrie und hörte jetzt auch den Motor eines großen Lastwagens, der über die holperige Auffahrt näher kam.

„Okay, dann will ich nicht länger stören, Miss oder Mrs. …

Sie nickte knapp, ohne ihren Namen oder gar ihren Familienstand preiszugeben, und starrte ihn nur stumm an.

Ihr Nachbar tippte lässig mit einem Finger an die Krempe seines Cowboyhuts und wandte sich zum Gehen. Doch nach einem Blick auf das näher kommende Gefährt wandte er sich Corrie erneut zu. „Ihr Vieh scheint noch vor den Möbeln anzukommen“, informierte er sie nüchtern und ließ sich dann lässig auf der obersten Verandastufe nieder.

„Mein … was?“ Fassungslos starrte sie auf einen klapprigen Lastwagen ohne Auspuff, dafür aber mit einer Art Gatter auf der offenen Ladefläche. „Ich besitze kein Vieh!“

Ihr Nachbar schaute über die Schulter nach hinten. Als sich ihre Blicke begegneten, befiel sie ein ebenso unerwartetes wie absurdes Gefühl. Sie meinte zu spüren, dass dieser starke Mann einen Schmerz in sich trug und verbarg, der es mit ihrem aufnehmen konnte.

Corrie schluckte mühsam und zwang sich zurück in die Realität.

Der Lastwagen, noch weitaus klappriger als ihr geliebter Jeep, hielt am Fuß der Verandatreppe. Und noch bevor sie reagieren konnte, kam ihr neuer Nachbar auf die Füße und marschierte in Richtung Fahrertür, wo gerade die Scheibe heruntergekurbelt wurde.

„Wohnt hier Corrine Parsons?“, fragte der Fahrer schlecht gelaunt.

Matt Donahue wandte sich ihr zu. Corrie nickte, kurioserweise erleichtert, dass er jetzt ihren Namen kannte, ohne dass sie ihn selbst hatte nennen müssen.

Tatsächlich war sie in diesem Moment sogar froh, Matt Donahue an ihrer Seite zu haben. Denn der unangenehme Typ im Wagen gewann bei näherer Betrachtung nicht, sondern verlor sogar noch deutlich mit seinen verfärbten Zähnen, den stoppeligen Wangen und einem Blick, der nicht anders als lauernd und verschlagen bezeichnet werden konnte.

„Ja, dies ist das Haus der Parsons“, bestätigte Matt kühl.

Corrie schluckte. Noch nie hatte sie jemand beschützt, nicht einmal beiläufig. Es machte ihr Angst, wie diese kleine Geste eine Kerbe in ihre bewusst etablierte harte Schale zu schlagen drohte.

In der nächsten Sekunde ertönte ein Geräusch, wie sie es noch nie zuvor in ihrem Leben gehört hatte. Eine Mischung aus Kratzen von Fingernägeln auf einer Schiefertafel und dem kreischenden Laut eines Sägeblatts, das sich durch einen Holzbalken fraß.

Matt Donahue fuhr nicht halb so heftig zusammen wie sie, wechselte aber von der Fahrertür zur Ladefläche des LKWs und spähte durch die Bretter des Verschlags.

„Na, dann wollen wir mal …“, verkündete der Fahrer und schwang sich aus der Kabine. „Ich bin Dan Grimes und das ist Ihr preisgekrönter Mammoth Jack.

Plötzlich sah sich Corrie auch im grimmigen Fokus ihres neuen Nachbarn. „Ich dachte, Sie hätten keinen Viehbestand!“ So, wie er es hervorstieß, konnte es ebenso gut Erstaunen wie ein massiver Vorwurf sein.

„Habe ich auch nicht“, gab Corrie schulterzuckend zurück. „Ich weiß nicht einmal, was ein Mammoth Jack ist. Für mich hört es sich wie ein Urtier an, das seit Millionen von Jahren ausgestorben sein müsste und mit einem Meerschwein gekreuzt wurde.“

„Ha! Das ist die treffendste Beschreibung für dieses Tier, die mir je zu Ohren gekommen ist“, lobte Grimes mit breitem Grinsen, marschierte zur Rückseite des LKWs und ließ eine Rampe herunter. „Mister, können Sie mir mal zur Hand gehen?“

„Sie sagt, es ist nicht ihr Tier“, versuchte Matt das drohende Unheil abzuwenden.

„Und auf diesem Papier hier steht: gekauft und bezahlt.“

Während die Männer verbissen über Besitzverhältnisse stritten, schlich sich Corrie an eine Seite des Lastwagens heran. Doch sie konnte nichts sehen, weshalb sie auf den Radkasten kletterte. Sie linste durch die Lattenzwischenräume und schaute in das traurigste Paar brauner Augen, das sie je gesehen hatte. Die langen, struppigen Fellohren schienen angestrengt zu lauschen. Als wüsste das verfilzte Wesen genau, worum es gerade ging.

„Ein Esel …“, wisperte Corrie, steckte eine Hand durch den Lattenrost und berührte vorsichtig die samtigen Nüstern.

„Nehmen Sie die Hand da weg!“, herrschte Grimes sie so grob an, dass sie fast vom Radkasten abgestürzt wäre. „Dieses verdammte Vieh ist bösartiger als eine Klapperschlange. Er wird Ihnen den Arm bis zum Ellenbogen abreißen.“

Sie starrte Grimes fassungslos an und dachte an die weiche Schnauze, die kurz zuvor ihre Finger berührt hatte.

„Es handelt sich hier offensichtlich um einen Irrtum“, entschied ihr Nachbar.

„Absolut nicht“, beharrte Grimes. „Richtiger Name, richtige Adresse. Treten Sie beide zurück, ich werde jetzt das Gatter öffnen.“

„Sie will keinen Esel und ich auch nicht“, beharrte Matt. „Ich habe gleich nebenan eine Weide voller Quarter Horse-Stuten, die gerade abfohlen, und will verdammt sein, wenn nächstes Jahr womöglich eine Herde von Maultieren dazu- kommt!“

„Dann sollten Sie einen stabileren Zaum aufstellen“, riet ihm Grimes. „Dieses Vieh ist nämlich geiler als …“

„Wie viel, wenn Sie ihn dahin zurückbringen, wo er hergekommen ist?“, unterbrach Matt Donahue ihn, bevor Grimes sie beide aufklären konnte, wie potent der Esel war.

Corrie verfolgte fasziniert, wie ihr Nachbar selbstherrlich eine Brieftasche aus der Gesäßtasche zog, woraufhin der schräge Esellieferant prompt einen weinerlichen Tonfall anschlug.

„Sie können sich gar nicht vorstellen, was für ein Theater ich wegen dieses Viehs habe ertragen müssen“, begann er seine Litanei. „Fast drei Stunden brauchte ich allein, um …“

„Nennen Sie mir einfach einen Preis.“

„Zweihundertfünfzig?“ Und nach einem sengenden Blick seines Gegenübers: „Also gut, weil Sie es sind … fünfzig, aber keinen Penny weniger.“

„Sie bekommen die fünfzig Dollar, wenn Sie Ihre Karre auf der Stelle wenden und von hier verschwinden.“

Es geht hier um einen gemeinen, bösartigen Esel, erinnerte sich Corrie streng. Er wird mir den Arm bis zum Ellenbogen ausreißen, wenn ich ihm die Gelegenheit dazu gebe. Und offenbar hatte dieses Tier einen unstillbaren Appetit auf andere Dinge als nur Gras. Ein gemeiner ekelhafter Esel, dessen butterzarte Schnauze sich auf ihrer Haut wie Samt angefühlt hatte und dessen Augen so traurig waren, dass sie …

„Warten Sie“, unterbrach sie sie energisch, als sie sah, dass der Geldschein jeden Moment den Besitzer wechseln würde. „Ich werde ihn behalten.“

Beide Männer waren wie vom Donner gerührt.

Matt schien sich als Erster zu fassen. „Sie wollen was?“

„Den Esel behalten“, wiederholte sie unerschrocken, als der hünenhafte Cowboy auf sie zusteuerte.

„Wissen Sie eigentlich, was meine Herde und Nachzucht wert ist?“

Stumm schüttelte sie den Kopf.

„Eine Stute ist teurer als Ihr gesamter Besitz, Lady. Eine einzige Stute!“

Corrie versteifte sich bei dieser Beleidigung. „Laden Sie meinen Esel ab, Grimes“, forderte sie brüsk, ohne Matt Donahue aus den Augen zu lassen.

„Ja, Ma’am“, murmelte der Mann, dem ihr Tonfall offenkundig nicht fremd war.

„Kennen Sie sich überhaupt mit Eseln aus?“, wollte ihr Nachbar wissen.

„Nein“, gab Corrie zurück. „Aber ich wette, sie fressen in der Hauptsache Gras, und davon habe ich mehr als genug.“

Autor

Cara Colter
<p>Cara Colter hat Journalismus studiert und lebt in Britisch Columbia, im Westen Kanadas. Sie und ihr Ehemann Rob teilen ihr ausgedehntes Grundstück mit elf Pferden. Sie haben drei erwachsene Kinder und einen Enkel. Cara Colter liest und gärtnert gern, aber am liebsten erkundet die begeisterte Reiterin auf ihrer gescheckten Stute...
Mehr erfahren