Nur ein sinnlicher Liebestraum?

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"Bitte, Vito", flüsterte Eloise leise, "sag mir, dass du sie nicht heiratest." "Doch", sagte er mit einer Stimme, die jemand anderem zu gehören schien. "Es ist wahr." Ich werde ihn finden, den Mann meiner Träume! So oft hat Eloise sich das gesagt - und dann geschieht es einfach so: Auf einem Flughafen fällt sie einem dunkelhaarigen Traummann praktisch in die Arme. Und Vito Viscari scheint ihre Begegnung genauso schicksalhaft zu finden. Er flirtet heiß mit ihr, und als er sie das erste Mal voller Leidenschaft an sich zieht, ist Eloise bereit für die Liebe. Eine leidenschaftliche Affäre beginnt - bis Eloise schockiert erfährt: Vito ist mit einer reichen Erbin verlobt, die Hochzeit längst geplant!


  • Erscheinungstag 08.05.2018
  • Bandnummer 2334
  • ISBN / Artikelnummer 9783733710125
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Die klangvolle Musik schwoll zu einem letzten Crescendo an, bevor sie abrupt endete. Das leise Murmeln der Gemeinde verstummte, als der Priester die Hände hob, um in der uralten Zeremonie die Worte des Sakraments zu sprechen.

Vitos Herz schlug heftig. Er wandte sich der Frau zu, die neben ihm stand.

Ganz in Weiß gekleidet, das Gesicht hinter einem Schleier verborgen, wartete seine Braut auf ihn. Wartete darauf, dass er die Worte sprach, die sie in den heiligen Stand der Ehe erheben würden …

Eloise nippte an ihrem Champagner, während sie sich in dem mit vielen goldenen Dekorelementen verzierten Salon umblickte. Sie war in einem der berühmtesten Hotels an der Promenade des Anglais in Nizza im Süden Frankreichs.

Die anderen weiblichen Gäste trugen Abendkleider und Juwelen, die Männer elegante Anzüge. Aber Eloise wusste mit absoluter Sicherheit, dass kein anderer Mann an ihren Begleiter heranreichte. Denn er war schlicht und ergreifend der atemberaubendste Mann, den sie je in ihrem Leben gesehen hatte. Jedes Mal, wenn sie ihn ansah, beschleunigte sich ihr Puls. So wie jetzt.

Ihr Blick wanderte zu dem großen Mann neben ihr in dem maßgeschneiderten Smoking, den er auf unnachahmliche Weise perfekt ausfüllte. Sie betrachtete das römisch wirkende Profil, die schwarzen Haare, dazu sonnengebräunte Haut, hohe Wangenknochen und ein markantes Kinn. Sie bewunderte die Art und Weise, wie sich seine Lippen bewegten, während er sich in ihrem kleinen Kreis auf Französisch unterhielt. Was er ebenso wie seine Muttersprache Italienisch – und natürlich Englisch – perfekt beherrschte.

Geschieht das alles wirklich? Bin ich tatsächlich hier? Oder träume ich nur?

Manchmal glaubte sie Letzteres, denn die vergangenen Wochen kamen ihr wie eine turbulente Reise in den Armen dieses Mannes vor, dem sie buchstäblich vor die Füße gefallen war.

Erinnerungen, warm und lebendig, stiegen in ihr auf …

Eilig war sie durch das Flughafengebäude zu ihrem Check-in-Schalter gehastet, weil das Gate gleich schließen würde. Es war ihr erster Urlaub seit Jahren – unmittelbar danach würde sie ihren nächsten Job als Nanny antreten. Ihre bisherige Anstellung hatte ein Ende gefunden, als die Zwillinge, um die sie sich liebevoll gekümmert hatte, eingeschult wurden.

Eine Weile werden die beiden mich noch vermissen, sich aber bald an meine Abwesenheit gewöhnen, dachte Eloise. Das wusste sie aus eigener Erfahrung. Auch in ihrer Kindheit hatte sie eine Abfolge von Nannys und Au-Pair-Mädchen erlebt. Ihre Mutter hatte nicht nur einen extrem stressigen Job, es mangelte ihr auch an mütterlichen Gefühlen. Eloise hatte lange gebraucht, um das zu begreifen. Was sie ebenfalls hatte begreifen müssen, war, dass ihr Vater ihnen beiden den Rücken gekehrt hatte, nachdem ihre Mutter sich geweigert hatte, weitere Kinder zu bekomme. Er hatte sich eine neue Frau gesucht, die ihm den lang ersehnten Sohn schenkte.

Unwillkürlich presste Eloise die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen, wie sie es immer tat, wenn sie daran dachte, wie ihr Vater sie für seine neue Familie verlassen hatte. Seither hatte er in ihrem Leben keine Rolle mehr gespielt.

Bin ich deshalb Nanny geworden? fragte Eloise sich manchmal. Um Kindern Wärme und Zuneigung zu schenken, die ihre Eltern nur selten zu Gesicht bekommen? So wie ich?

Auf jeden Fall liebte sie ihren Job – auch wenn ihre Mutter ihre Berufswahl nie verstanden hatte. Ebenso wenig wie sie begriff, wie sehr sich ihre Tochter nach ihrem Vater gesehnt hatte. Die Haltung ihrer Mutter war recht pragmatisch und nüchtern.

„Väter sind gänzlich unnötig, Eloise. Frauen sind absolut in der Lage, sich allein um ihre Kinder zu kümmern! Und das ist auch besser so. Früher oder später lassen dich Männer immer im Stich – es ist gut, sich gar nicht erst von ihnen abhängig zu machen.“

Eloise hatte auf den Hinweis verzichtet, dass sie von Nannys aufgezogen worden war und nicht von ihrer Mutter.

Aber ich werde nicht so sein – und ich werde keinen Mann auswählen, der mich wieder verlässt!

Nein, sie würde ein völlig anderes Leben führen als ihre Mutter. Diesen Entschluss hatte sie schon früh gefasst. Außerdem würde sie beweisen, dass ihre Mutter völlig falschlag. Sie würde sich in einen wundervollen Mann verlieben, der sie nie im Stich ließ, sie niemals wegen einer anderen Frau verließ und vor allem niemals ihre Kinder verstieß, die sie gemeinsam mit liebevoller Hingabe erziehen würden.

Nur wer dieser Mann sein sollte, das wusste sie nicht. Mit sechsundzwanzig hatte sie natürlich schon einige Freunde gehabt. Ohne eitel zu sein, wusste Eloise, dass ihre blonden Haare und ihr gutes Aussehen ihr problemlos männliche Aufmerksamkeit verschafften. Aber emotional hatte sie noch niemand wirklich berührt. Bisher …

Aber ich werde ihn finden, ich weiß es genau! Den Mann meiner Träume! Den Mann, in den ich mich verlieben werde! Eines Tages wird es passieren!

Als sie damals den Flughafen entlanggerannt war, hatte es sie nicht gestört, frei und ungebunden zu sein. Sie war bereit für schöne Ferien und reiste so bequem wie möglich. Darum trug sie nur Jeans, ein T-Shirt, eine leichte Jacke und gut eingelaufene Pumps.

Die Schuhe mussten ein bisschen zu gut eingelaufen sein, denn plötzlich stolperte sie ohne jeden Grund. Der Länge nach schlug sie auf dem harten Boden auf. Ihr Rollenkoffer verselbstständigte sich und kollidierte mit den Beinen eines anderen Reisenden. Sie hörte einen kurzen und scharfen Ausruf in einer fremden Sprache, kümmerte sich jedoch nicht darum. Der Schmerz in ihrem eigenen Knöchel war so heftig, dass sie laut aufstöhnte.

„Geht es Ihnen gut?“

In der akzentuierten Stimme lag eine tiefe und überaus attraktive Note. Eloise hob den Kopf. Von dem Sturz schmerzte ihr ganzer Körper. Unmittelbar vor ihr standen zwei unzweifelhaft männliche und überaus muskulöse Beine, eingehüllt in edlen hellgrauen Stoff.

Sie ließ ihren Blick weiter nach oben wandern. Ihr stockte der Atem. Sie starrte den Fremden an. Zu etwas anderem war sie nicht mehr in der Lage.

Ihr Blick traf auf zwei dunkle Augen, die sie besorgt musterten. „Sind Sie verletzt?“

Eloise versuchte zu antworten, doch ihr Mund war auf einmal wie ausgetrocknet.

„Ich …“, brachte sie krächzend hervor. „Es geht mir gut.“

Mühsam begann sie, sich aufzurappeln. Der Unbekannte half ihr auf die Füße, als wäre sie leicht wie eine Feder. Und dann schien die Schwerkraft vollends verschwunden zu sein. Sie hatte das seltsame Gefühle, fünf Zentimeter über dem Boden zu schweben.

Um sie herum liefen Menschen, lachten und unterhielten sich. Trotzdem kam es ihr so vor, als wären sie ganz allein auf dem Flughafen. Alles, was Eloise tun konnte, war, den Mann anzustarren, mit dem sie zusammengestoßen war.

„Sind Sie sicher, dass es Ihnen gut geht? Soll ich einen Arzt rufen?“

Zu der Besorgnis in seiner Stimme hatte sich ein amüsierter Unterton gesellt, als wüsste er durchaus, dass sie ihn anstarrte.

Ihr wurde innerlich ganz heiß. Er ließ seinen Blick über sie wandern. Hitze breitete sich noch weiter in ihrem Körper aus.

„Ich glaube, das ist Ihr Gepäck“, meinte er und zog ihren Rollenkoffer heran.

„Vielen Dank“, erwiderte sie leise.

„Gern geschehen.“

Wieder lächelte er. Es schien ihn nicht zu stören, dass sie ihn noch immer unverwandt anschaute, seine dunklen ausdrucksstarken Augen, das schwarze Haar, die sinnlichen Lippen mit dem hinreißenden Lächeln, die hohen Wangenknochen, die sie an eine antike Marmorstatue erinnerten.

Eloise schluckte. Irgendetwas passierte mit ihr, das sie völlig aus der Bahn warf. Und es hatte nichts mit ihrem Sturz oder damit zu tun, dass ihr Koffer gegen seine Beine geprallt war.

Plötzlich fiel ihr etwas ein. „Geht es Ihnen gut?“, rief sie bestürzt. „Mein Koffer ist gegen Sie gestoßen.“

Er machte eine abweisende Handbewegung. „Niente … das war gar nichts“, versicherte er.

Mit dem Teil ihres Gehirns, der noch zu funktionieren schien, registrierte sie, dass er Italienisch sprach. Und dann bemerkte sie, dass er sie ebenso unverwandt anschaute wie sie ihn. Seine Augen verengten sich kurz, als würde er ein Detail an ihr ganz genau betrachten – und es hatte den Anschein, als würde ihm gefallen, was er sah.

Das Blut schoss ihr in die Wangen. Als er es ebenfalls bemerkte, funkelten seine dunklen Augen auf.

Oh, Gott, was passiert hier?

Eine so spontane und intensive Reaktion auf einen Mann hatte sie noch nie erlebt. Mittlerweile sprach er wieder, und sie zwang sich, ihm zuzuhören.

„Zu welchem Gate müssen Sie?“

Tief in ihrem Gedächtnis kramte sie nach der Nummer. Ihr Blick wanderte den Flughafen entlang zu ihrem Schalter, über dem jetzt das Wort „Geschlossen“ leuchtete.

„Oh, nein“, rief sie erschrocken. „Über dem Sturz habe ich meinen Flug verpasst.“

„Wohin wollten Sie denn fliegen?“

„Paris …“, erwiderte sie abwesend.

Etwas blitzte in seinen Augen auf. Dann sagte er mit sehr leise: „Was für ein überaus wunderbarer Zufall. Ich bin auch auf dem Weg nach Paris.“

War da eine winzige Pause, bevor er den Namen der Stadt aussprach? Aber Eloise blieb keine Zeit, darüber nachzudenken, weil er bereits weitersprach.

„Da es meine Schuld ist, dass Sie Ihren Flug verpasst haben, müssen Sie mir erlauben, Sie dorthinzubringen.“

Einen Moment starrte sie ihn mit offenem Mund an. „Ich kann unmöglich …“, setzte sie an.

Fragend hob er eine Augenbraue. „Warum nicht?“

„Weil …“ Sie hielt inne.

„Weil wir uns nicht kennen?“, riet er herausfordernd und mit dem atemberaubenden Lächeln auf seinen Lippen. „Aber das lässt sich ja problemlos ändern.“

Sein Grinsen zauberte ein seltsam flaues Gefühl in ihren Magen.

„Mein Name ist Vito Viscari, ich stehe zu Ihrer Verfügung, Signorina, ich habe Sie aufgehalten.“

„Aber das stimmt nicht“, protestierte Eloise. „ich bin schuld. Ich bin gestolpert. Meine Tasche ist gegen Ihre Beine geprallt.“

„Wir haben doch bereits geklärt, dass das ohne Bedeutung ist“, entgegnete er unbeschwert. „Von Bedeutung ist jedoch, dass ein Arzt Ihren Fuß untersuchen sollte. Wir haben noch viel Zeit, bevor unser Flug nach Paris startet.“

Verwirrt schaute Eloise ihn an. „Ich kann nicht so einfach meinen Flug ändern. Mein Ticket gilt nur für den Flieger, den ich gebucht habe.“

Wieder funkelten seine Augen amüsiert auf. „Machen Sie sich keine Sorgen.“ Er schwieg einen Moment und sagte dann: „Ich habe Unmengen an Viel-Flieger-Meilen gesammelt. Wenn ich sie nicht verbrauche, verfallen sie nur.“

Eloise musterte ihn aufmerksam. Er sah wirklich nicht aus wie jemand, der sich auch nur im Geringsten um das Einlösen von angesparten Bonus-Meilen kümmerte. Alles an ihm, der maßgeschneiderte Anzug, die glänzenden schwarzen Schuhe und die Aktentasche aus Leder mit eingeprägtem Monogramm, verrieten ihr das.

Und als er sie jetzt auch noch mit einem warmen Ausdruck in den Augen anschaute, vergaß sie alles um sich herum und spürte nur noch ihren schneller werdenden Puls und die plötzliche Leichtigkeit in ihren Gedanken.

„Also …“, sagte er gerade. Sein italienischer Akzent weckte herrliche Gefühle in ihr. „Darf ich Sie nur mit bella Signorina ansprechen? Allerdings …“, fuhr er fort und blickte ihr dabei tief in die Augen, „entspricht das absolut der Wahrheit. Bellissima Signorina.

Sie atmete tief ein. „Eloise“, sagte sie hastig. „Eloise Dean.“

Diesmal raubte ihr sein Lächeln fast den Atem.

„Kommen Sie“, murmelte er. Wieder lag in seiner Stimme die tiefe samtige Note. „Stützen Sie sich auf mich, Eloise Dean. Ich kümmere mich um Sie.“

Auf einmal kam er ihr sehr groß vor. Und sehr attraktiv und hinreißend und …

Ihr stockte der Atem, während sie ihn aufmerksam betrachtete. Ein schiefes Lächeln erschien auf seinen Lippen. Langsam senkte er den Blick.

„Oh, ja“, flüsterte er. „Ich werde mich sehr gut um Sie kümmern …“

Und genau das hatte Vito Viscari seither getan. Erst später hatte Eloise herausgefunden, dass er an dem Tag überhaupt nicht nach Paris hatte fliegen wollen, sondern nach Brüssel. Er hatte sein Ziel nur aus einem einzigen Grund geändert, wie er ihr gestand: um sie zu umwerben und zu erobern.

Das war ihm gelungen. Mit Leichtigkeit.

Tatsächlich hatte sie sich ohne den geringsten Widerstand umwerben und erobern lassen. In Wahrheit, musste Eloise sich eingestehen, hatte sie sich sogar aktiv daran beteiligt. Sich von einem überaus attraktiven Mann in eine der romantischsten Städte der Welt entführen zu lassen, kam ihr wie ein wahr gewordener Traum vor.

Selbst Wochen später fühlte es sich noch genauso an. Wochen, die wie im Flug vergangen waren und während derer ihre Füße kaum den Boden berührt zu haben schienen, weil Vito mit ihr quer durch Europa von einem Luxushotel zum nächsten reiste. Die Hotels waren seit vier Generationen im Besitz seiner Familie.

Er hatte ihr erzählt, dass er jedes einzelne seiner europäischen Häuser inspizieren wolle, die vor allem in den schönsten und ältesten Städten Europas von Lissabon bis St. Petersburg angesiedelt waren. Und Eloise hatte ihn begleitet, ohne auch nur einen Moment an ihren neuen Job in England zu denken. Wie hätte sie auch nur auf die Idee kommen sollen, Vito aufzugeben? Mit ihm zusammen zu sein, war so berauschend wie Champagner.

Aber selbst Champagner wird irgendwann schal … und am Ende der Nacht erwachen wir alle selbst aus den schönsten Träumen.

Das sollte sie besser nicht vergessen.

Auch jetzt, als sie neben ihm in dem prunkvollen Salon des Luxushotels inmitten der High Society stand, hörte sie die leise warnende Stimme in ihrem Kopf. Denn wie wundervoll romantisch es sich auch anfühlte, in Vitos Armen durch Europa zu reisen und Gefühle zu entdecken, die sie noch nie für einen Mann empfunden hatte, so blieben doch Fragen offen, denen sie sich nicht verschließen durfte.

Kann ich meinen Gefühlen vertrauen? Sind sie wirklich echt? Und was empfindet er für mich?

Dass er sie begehrte, daran bestand kein Zweifel! Aber war das alles, was er für sie empfand? Zumindest in diesem Moment, als er sich mit einem warmen Funkeln in den Augen zu ihr beugte, wusste sie, dass sein Begehren echt war. Und sie spürte dasselbe Verlangen in sich auflodern.

„Eloise?“

Vitos Stimme mit dem unvergleichlich sexy italienischen Akzent vertrieb ihre düsteren Gedanken.

„Das Essen wird serviert.“

Langsam schlenderten sie in den angrenzenden Saal hinüber, in dem ein üppiges Büfett aufgebaut worden war. Eine Frau trat auf Vito zu. Sie mochte ein paar Jahre älter sein als Eloise und trug ein umwerfendes eng anliegendes Kleid aus hellem Satin, das perfekt zu ihren blonden Haaren passte. Sie war die Gastgeberin der Party in dem Hotel in Nizza, zu der Vito natürlich eingeladen worden war.

Eloise hatte nicht lange gebraucht, um herauszufinden, dass Vito sich in allen großen Städten Europas in den Kreisen der High Society bewegte. Sein Aussehen, sein Vermögen, seine Herkunft machten ihn zum Liebling dieser Gesellschaft … und nicht zu vergessen sein Status als Junggeselle. Vor allem Letzterer schien die Frauen wie magisch anzuziehen – inklusive der Gastgeberin des heutigen Abends.

„Vito, chérie! Wie schön, dass du meine kleine Party beehrst! Ich muss dich später entführen, damit wir über alte Zeiten plaudern können.“

Die Frau lächelte kurz zu Eloise hinüber. Fast unmerklich trat ein frostiger Schimmer in ihre blassblauen Augen.

„Sie sind also die aktuelle Begleitung unseres schönen Vitos. Oh, er liebt hübsche Blondinen!“

Sie lachte hell auf, dann entfernte sie sich.

Mi dispiace“, erklärte Vito ein wenig zerknirscht, „meine Zeit mit Stephanie ist schon sehr lange her.“

Eloise schenkte ihm ein verzeihendes Lächeln. Seine früheren Beziehungen kümmerten sie nicht – ebenso wenig wie die Versuche anderer Frauen, mit ihm zu flirten. Er verhielt sich charmant und höflich, aber Eloise wusste, dass das brennende Verlangen in seinen Augen nur ihr allein galt.

Aber wird es halten? Wie lange werde ich die Frau in Vitos Leben sein?

Ein unmerklicher Schauer durchlief sie. Würde sie eines Tages die nächste Stephanie sein? Die nächste hübsche blonde Ex?

Oder ist zwischen uns mittlerweile etwas anderes gewachsen? Etwas, das uns beiden sehr viel bedeutet? Ist das möglich?

Wieder wirbelten die Fragen durch ihre Gedanken. Aber noch war es zu früh, um die Antworten zu finden. Mit Angelegenheiten, die das Herz berührten, rief sie sich ins Gedächtnis, musste man sehr vorsichtig sein.

Hatte sich ihre Mutter nicht Hals über Kopf verliebt und war voller romantischer Ideale vor den Traualtar getreten? Zu spät hatte sie herausgefunden, dass sie und ihr Ehemann auf vielen Ebenen nicht zueinander passten, die aber von großer Wichtigkeit für eine gemeinsame Zukunft gewesen wären. Diese Entdeckung hatte zu ihrer Scheidung geführt und der Tochter den Vater genommen.

Ich darf nicht denselben Fehler begehen. Es wäre so einfach zu glauben, dass ich in Vito verliebt bin. Vor allem, weil mein Leben gerade einem fantastischen Traum gleicht …

Doch die Reise würde bald ihr Ende finden, sie war lediglich Bestandteil von Vitos Plan, sich als zukünftiger Chef der Viscari Hotels zu präsentieren. Denn diese neue Rolle musste er nach dem unerwarteten Tod seines Vaters bereits mit einunddreißig Jahren übernehmen.

„Ich muss in große Fußstapfen treten“, hatte er Eloise betrübt erklärt. „Ich bin der einzige noch lebende Viscari, der Einzige, der das Erbe fortführen kann. Alles liegt jetzt in meinen Händen. Ich darf meinen Vater nicht enttäuschen.“

Hatte in seiner Stimme nicht eine gewisse Anspannung gelegen, die über die Trauer um seinen Vater hinausging? Mehr hatte sie jedoch nicht von ihm erfahren, außer, wie die Viscari Hotels Ende des neunzehnten Jahrhunderts von seinem Urgroßvater, dem ehrwürdigen Ettore Viscari, gegründet worden waren. Er hatte die Hotels seinem Sohn vererbt, und dieser hatte sie wiederum an Vitos Vater Enrico und dessen Bruder Guido, Vitos kinderlosen Onkel, weitergegeben.

Vor allem Guido war für die weltweite Expansion verantwortlich. Er hatte die Hotels zu einem der Hot Spots für die Reichen und Berühmten gemacht.

Eloise war völlig klar, dass Vito sich als einziger Vertreter der vierten Generation des Drucks überaus bewusst war, den sein Erbe mit sich brachte. Die Erwartungen und Forderungen an ihn waren groß und beeinflussten wiederum sein Privatleben, so wie heute Abend und an allen bisherigen Abenden, die sie an seiner Seite verbracht hatte.

„Sich mit den Menschen zu treffen, die Gäste in meinen Hotels sind oder sein werden, ist unvermeidlich. Und auch wenn es unendlich ermüdend ist, darf ich es mir nicht anmerken lassen.“ Der düstere Ausdruck in seinen Augen verflüchtigte sich. „Dass du an meiner Seite bist, macht alles viel weniger beschwerlich.“

Es tat unglaublich gut, das zu hören, und Eloise spürte ein vertrautes Prickeln in sich aufsteigen. Ein Prickeln, das noch intensiver wurde, als sie das Funkeln in Vitos dunklen Augen sah.

Bald – ganz bald – würde er sich bei der Gastgeberin für den gelungenen Abend bedanken, sich höflich von den anderen Gästen verabschieden und mit Eloise in seine Suite entschwinden, um sie ganz für sich allein zu haben und die Nacht in sinnlicher Ekstase zu verbringen.

Abermals durchlief sie ein Schauer der Vorfreude. Sich Vito hinzugeben, glich nichts, was sie bisher erlebt hatte. Seine zärtlichen Berührungen raubten ihr den Atem und weckten Empfindungen in ihr, von deren Existenz sie keine Ahnung gehabt hatte. Im Bett verschwanden all die Fragen und Sorgen, die sie sich wegen ihrer überstürzten Romanze machte.

Und als sie später in seinen Armen lag und ihrem noch wild pochenden Herzen lauschte, spürte sie, wie unbeschreibliche Gefühle in ihr aufstiegen. Plötzlich war sie von einer wilden Sehnsucht erfüllt.

Oh, Vito … sei der Eine für mich! Sei der richtige Mann für mich!

Es war so einfach – so gefährlich einfach – zu glauben, dass er der Mann war, den sie lieben konnte.

Aber wage ich es, mich wirklich darauf einzulassen?

Darauf fand sie keine Antwort. Sie spürte nur, dass sie sich in Momenten wie diesen danach sehnte, das Wagnis einzugehen. Sie wollte glauben, dass er der Mann für sie war, und sehnte sich danach, ihn aufrichtig zu lieben.

2. KAPITEL

Vito legte den Gang ein und beschleunigte auf eine angenehme Reisegeschwindigkeit. Gerade hatten sie die französisch-italienische Grenze bei Mentone passiert, unterwegs zu seinem nächsten Ziel, dem Viscari San Remo an der Riviera di Fiori, der Blumenriviera.

Bereits am Morgen hatte er etliche Termine mit den Managern des Viscari Monte Carlo absolviert, hatte ihnen seine Strategie erläutert, war auf ihre speziellen Probleme eingegangen und hatte sich ihre Meinungen angehört. Erst jetzt, am späten Nachmittag, fuhren sie endlich auf der autostrada zurück nach Italien.

Innerlich fühlte Vito sich ein wenig zerrissen. Einerseits tat es gut, wieder in sein Heimatland zurückzukehren. Aber ihm war durchaus bewusst, dass er seine Reise quer durch Europa in vielerlei Hinsicht genossen hatte.

Sie hatte ihm erlaubt, aus Rom herauszukommen und ein wenig Distanz zwischen sich und die vielen Komplikationen, die dort auf ihn warteten, zu bringen. Komplikationen, auf die er gern verzichtet hätte.

In ein paar Tagen würde er wieder mit ihnen konfrontiert sein und sich darum kümmern müssen.

Aber noch nicht.

Er verbannte die düsteren Gedanken. Es bestand kein Grund, sich die letzten sorgenfreien Tage zu verderben. Nicht, solange Eloise an seiner Seite war.

Eloise! Er warf ihr einen kurzen Seitenblick zu, sah ihr wunderschönes Profil und spürte, wie sich seine Stimmung hob. Wie froh und stolz er war, seinem ersten Instinkt gefolgt zu sein, als er ihr nach ihrem Zusammenstoß am Flughafen Heathrow auf die Beine geholfen hatte.

Natürlich waren es ihre blonden Haare gewesen, die ihn sofort gefesselt hatten. Wie hätte er einem solchen Geschenk widerstehen können? Schon als Teenager hatte er eine Vorliebe für blondes Haar entwickelt. Aber als er dieser hinreißenden langbeinigen Blondine dann ins Gesicht geschaut und ihre himmelblauen Augen gesehen hatte, hatte ihre Schönheit ihn vollends verzaubert.

Das Verlangen, das er daraufhin gefühlt hatte, war in Paris reichlich gestillt worden. Und es war ihm völlig natürlich vorgekommen, den Rest seiner Europatour mit ihr an seiner Seite zu absolvieren. An jedem neuen Ziel sah er sich von der Richtigkeit seiner Entscheidung bestätigt. Denn es lag nicht allein an Eloises Schönheit, dass er sich zu ihr hingezogen fühlte. Anders als seine bisherigen Gespielinnen – wie zum Beispiel die elegante Stephanie in Nizza – besaß Eloise eine natürliche Anmut und Leichtigkeit, wie sie ihm noch bei keiner anderen Frau begegnet waren. Niemals war sie launisch, stellte nie Forderungen, wurde nie wütend. Immer war sie fröhlich und freundlich, immer lag ein unbeschwertes Lächeln auf ihren Lippen. Es schien sie glücklich zu machen, seine Wünsche zu erfüllen.

Vito richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Straße. In ein paar Tagen würden sie in Rom eintreffen.

Werden wir dann noch zusammen sein?

Oder war allmählich die Zeit gekommen, ihre Affäre zu beenden? In seinen zahlreichen Liaisons war immer er es gewesen, der einen Schlussstrich gezogen und auf die nächste blonde Schönheit gewartet hatte. Solange eine Affäre dauerte, war er stets aufmerksam und treu, doch nach dem unweigerlichen Ende empfand er kein Bedauern darüber.

Ein Schatten huschte durch seine Gedanken. Würde es immer so sein? Eine belanglose Affäre nach der nächsten? Bis …

Bis was? Was will ich denn wirklich?

Das war eine Frage, die er sich nicht allzu eindringlich stellte. Trotzdem kannte er die Antwort. Vielleicht hatte er sie schon immer gekannt.

Ich will eine Frau finden, die ich ebenso aufrichtig und vollkommen lieben kann, wie mein Vater meine Mutter geliebt hat.

Das war immer sein Ziel gewesen. Aber war es auch erreichbar?

Vielleicht habe ich deshalb so viele Affären … weil ich nicht enttäuscht werden will. Ich habe Angst, dass es unmöglich ist, eine so glückliche Ehe zu führen wie die meiner Eltern.

Seine Eltern waren zusammen sehr glücklich gewesen. Und er, ihr einziges Kind, war von beiden über alles geliebt worden. Vielleicht hatten sie ihn sogar ein bisschen zu sehr verwöhnt.

Zu wissen, dass er ihr Augapfel war, hatte ihn gleichzeitig ein Gefühl großer Verantwortung ihnen gegenüber entwickeln lassen. Er wollte sich ihrer Liebe als würdig erweisen. Traurigkeit legte sich auf seine Stimmung. Aber da war noch etwas anderes. Seit dem frühen Tod seines Vaters war das Leben härter geworden – vor allem für seine trauernde Mutter. Vito wusste, dass der traurige Ausdruck nie wieder aus ihren Augen verschwinden würde.

Vielleicht wenn ich heirate … und ihr ein Enkelkind schenke? Vielleicht würde sie das glücklich machen?

Aber wer würde seine Braut sein? Kurz glitt sein Blick zu Eloise hinüber.

Was bedeutet sie mir? Und was möchte ich von ihr? Könnte sie wirklich die Frau werden, die mir alles bedeutet?

Autor

Julia James
<p>Julia James lebt in England. Als Teenager las sie die Bücher von Mills &amp; Boon und kam zum ersten Mal in Berührung mit Georgette Heyer und Daphne du Maurier. Seitdem ist sie ihnen verfallen. Sie liebt die englische Countryside mit ihren Cottages und altehrwürdigen Schlössern aus den unterschiedlichsten historischen Perioden...
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