Nur eine heiße Nacht?

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In den Armen des hinreißenden Trey fühlt Caitlin sich glücklich wie nie zuvor. Aber schon am nächsten Morgen stiehlt ihre Jugendliebe sich ohne Abschied davon. Schon einmal hat er sie verlassen, doch diesmal wird sie um ihr Glück kämpfen. Denn die Nacht mit ihm hat unerwartete Folgen …


  • Erscheinungstag 03.04.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783733749316
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

PROLOG

Anfang September

Seattle, Washington

Trey Weber stand an der Theke einer Espresso-Bar in Seattle, nur etwa anderthalb Meter von Caitlin Drummond entfernt, und wartete auf die Kellnerin, damit sie ihm den großen Pappbecher mit Kaffee füllte. Die Krempe seines schwarzen Stetson warf Schatten auf seine Gesichtszüge. Er trug glänzend schwarze Cowboystiefel, verblichene Bluejeans und ein langärmliges weißes Hemd unter einer schwarzen Bomberjacke aus Leder.

Er war ein Mann, der bewundernde Blicke von Frauen auf sich zog. Sein weizenblondes Haar war länger als der militärische Schnitt, an den sie sich erinnerte. Aber seine Augen waren noch immer leuchtend blau, und er hatte noch immer ein Lächeln, das den Herzschlag einer Frau um ein Zigfaches beschleunigte. Er war sechsunddreißig, und sein ehemals jugendlich gutes Aussehen war zu einer maskulinen Schönheit gereift. Er war etwa ein Meter neunzig groß, hatte breite Schultern, schmale Hüften und gut ausgebildete Muskeln. Es wirkte sich jetzt noch verheerender auf ihre Sinne aus als vor Jahren … damals, als er sechsundzwanzig war und ihr erster Liebhaber wurde.

Mein einziger Liebhaber, fügte sie hinzu.

Er hatte ihr das Herz gebrochen, als er ihr nach zwei kurzen Monaten, die sie zusammen verbracht hatten, erklärte, dass es für ihn nur eine kleine Sommeraffäre gewesen sei.

Trey Weber hatte nicht nur ihr Herz gebrochen, er hatte auch eine Lücke hinterlassen, die nicht gefüllt werden konnte … kurz, die nicht durch einen anderen Mann ersetzt werden konnte. Nach mehreren leidenschaftslosen Versuchen, eine Beziehung einzugehen, hatte Caitlin es schließlich aufgegeben und sich stattdessen einer Gruppe von Freunden zugewandt, die ihre Ablehnung, sich mit einem Mann einzulassen, akzeptierten.

Ich hätte es ablehnen sollen, ihm bei der Suche nach dem vermissten Mädchen zu helfen, überlegte Caitlin. Ich habe es geschafft, ihm fast zehn Jahre lang aus dem Wege zu gehen. Und wenn ich nicht ein solch weiches Herz für Kinder in Not hätte, hätte ich ihm gesagt, er solle die davongelaufene Tochter seiner Freunde selbst suchen.

Trey griff in die Tasche der verblichenen Jeans, die sich um seinen muskulösen Schenkel straffte, und zog gefaltete Geldscheine heraus, um für den Kaffee zu bezahlen. Caitlin blickte schnell von ihm weg und fügte dem Kaffee einen Löffel Zimt- und Vanillearoma zu.

„Was meinst du? Haben wir Chancen, sie zu finden?“

Seine tiefe Stimme dicht hinter ihr schreckte sie auf.

„Ich weiß es nicht“, bekannte Caitlin. Sie wies zu den Streuern hin. „Zucker? Zimt?“

„Nein, danke.“ Er schüttelte den Kopf und lehnte den Unterarm auf die Theke. „Wenn du es nicht weißt, warum hat die Polizei mir dann gesagt, dass du die beste Chance wärst, um Jims Tochter aufzuspüren?“

„Vermutlich weil ich die beste Chance bin“, antwortete Caitlin kühl. Sie hob den Becher an die Lippen und nippte am Kaffee, dabei blickte sie Trey prüfend über den Rand an.

„Und warum bist du die beste Chance?“, wollte er wissen.

Ich sollte es ihm nicht sagen, dachte sie. In all den Jahren, die sie getrennt gewesen waren, hatte er nie versucht, mit ihr Verbindung aufzunehmen. Wenn er es getan hätte, würde er die Antwort wissen.

„Ich habe meine Doktorarbeit über sozioökonomische Erfahrungen bei entrechteten Kindern – kurz Straßenkinder genannt – geschrieben.“ Mit einer Kopfbewegung wies sie auf die Straße vor dem Café. „Ich habe Stunden verbracht, um die Leute hier in der Umgebung zu befragen. Die Kids fingen allmählich an, mich zu akzeptieren. Sollten die etwas über Amy wissen, dann werden sie es eher mir erzählen als dir oder der Polizei.“

Trey verzog die Lippen zu einem Lächeln, das ihrem Herzen einen Stich versetzte.

„Also hast du in Seattle Zeit damit verbracht, um dich mit Informationen über gestrandete Kinder einzudecken, und ich habe im Geheimdienst der Armee Zeit damit verbracht, Menschen aufzuspüren. Wer hätte vermutet, dass wir im gleichen Business enden?“

„Hat dein Freund dich deshalb gebeten, nach seiner davongelaufenen Tochter zu suchen? Weil du Erfahrung hast im Auffinden von Menschen?“

Trey zuckte die Schultern. „Wahrscheinlich. Jim und ich haben einige Monate zusammen in Südamerika verbracht, also wusste er, was ich getan habe, bevor ich das Militär verließ.“

„Ach so. Du hast recht, wer hätte es jemals vermutet, dass wir etwas Gemeinsames haben könnten?“ Caitlin warf das Hölzchen zum Umrühren in den Abfallbehälter. „Wollen wir gehen?“ Sie wappnete sich gegen die Wirkung, die Trey auf sie hatte, als ihre Blicke sich begegneten.

„Sicher“, antwortete er, machte einen Schritt zur Seite, um ihr den Vortritt in dem engen Café zu lassen.

Caitlin ging an ihm vorbei und trat auf die nächtliche Straße hinaus. Der ständige Sprühregen verwischte die Umrisse der altmodischen Straßenlampe, die den Pioneer-Platz markierte. Caitlin blieb unter der Markise des Cafés kurz stehen, um den Regenschirm zu öffnen, unterdrückte einen Schauder, als die feuchte Kälte der späten Nachtluft unter ihren Regenmantel glitt.

„Wohin jetzt?“, fragte Trey.

Caitlin schob den Ärmel zurück, um in dem schwachen Licht nach der Uhrzeit zu schauen. „Fast Mitternacht. Versuchen wir’s mit dem Rusty Nail.“

„Rostiger Nagel? Eine Bar? Lässt man da Kids rein?“

„Es verstößt gegen das Gesetz, aber der Besitzer kümmert sich wenig um das Alter seiner Kunden, solange sie Geld haben. Und die Seitengasse ist ein Sammelort für die Straßenkinder. Sechs Restaurants haben Hintertüren, die zur Seitengasse führen, und die Kids finden dort oft etwas Essbares. Ich denke, es ist den Versuch wert. Auch wenn Amy sich dort nicht aufhalten sollte, so gibt es eine gute Chance, dass eins der Kids, die ich während meiner Recherchen befragt habe, da sein wird.“

Trey zuckte die Schultern und nickte. „Es ist deine Stadt. Wenn du meinst, dass es einen Versuch wert ist, dann bin ich dabei.“

„Ich denke, dass es der beste Ort ist, nachzusehen“, bestätigte Caitlin. Sie wies vom Bürgersteig in eine Richtung. „Von hier sind es drei Blocks.“

Trey lehnte ihr stummes Angebot ab, den Regenschirm mit ihr zu teilen. Als einziges Zugeständnis an das ständige Nieseln, das auf seiner Lederjacke perlte und vom Rand des Stetson tropfte, zog er die Schultern hoch.

Caitlin ging schnell, fühlte sich zu dem Mann, der stumm neben ihr herschritt, hingezogen. Die sexuelle Anspannung zwischen ihnen machte sie nervös. Dass sie miteinander kaum ein Wort wechselten, änderte nichts daran. Ihre Körper drückten ihre eigene Sprache aus von Wünschen und Begehren.

Ich muss das durchstehen, bis wir Amy gefunden haben, hielt Caitlin sich vor. Dann kehrt er nach Montana zurück, und ich kann mein normales Leben wieder aufnehmen.

Leider setzten ihr Herz und ihr Körper sich über ihre praktischen Ratschläge hinweg.

Sie wollte ihn. Ihr Herz tat weh, und sie sehnte sich danach, ihn zu halten. Ihre kurze heiße Affäre, als sie achtzehn war, hatte sie unfähig gemacht, jemand anderen zu lieben. Und jetzt, wo er hier war, nahe genug, um ihn zu berühren, quälte sie die Erinnerung, dass sie schon einmal von diesem Feuer verbrannt worden war. Sie sollte lieber alles tun, um den Flammen zu entgehen. Dass Trey gegen die Hitze, die zwischen ihnen siedete, nicht gefeit war, half ihr nicht. Sie war zu sehr auf ihn eingestellt, um die verräterischen Signale nicht aufzufangen.

Zwei Stunden später schloss eine vor Nässe und Kälte frierende Caitlin die Tür zu ihrem Apartment auf und öffnete sie, bevor sie sich zu Trey umdrehte.

„Also … leb wohl dann“, sagte sie ohne zu lächeln. „Wenn die Kids recht haben und Amy tatsächlich in einem Jugendheim untergekommen ist, wirst du dich morgen auf den Weg nach Hause machen.“ Caitlin hätte gern die Hand an seine Wange geschmiegt. Ihre Finger umspannten hart den Plastikgriff ihres Regenschirms. Vor diesem Moment hatte sie sich gefürchtet, seit sie herausgefunden hatten, dass Amy in Sicherheit war. Der Trennungsschmerz war unvermeidlich.

„Ja, das werde ich wohl.“

Seine Stimme war tiefer als normalerweise, klang seltsam rau.

Caitlin hielt ihm die Hand hin. „Ich bin froh, dass du die Tochter deines Freundes gefunden hast. Hab einen sicheren Flug nach Haus.“

Treys Blick fiel auf ihre ausgestreckte Hand, und er rührte sich nicht, zögerte, ehe er die Hand nahm. Er sah Caitlin prüfend ins Gesicht. „Es gab eine Zeit, in der wir einander sehr gut gekannt haben. Jahre sind seither vergangen, aber meinst du nicht auch, dass ein Händedruck zum Abschied ein wenig mickrig ist?“

Caitlin antwortete nicht. Sie konnte es nicht. Ihre Aufmerksamkeit war ganz auf seine warme Hand gerichtet, die ihre umschloss, und als sie seinem undurchdringlichen Blick begegnete, fürchtete sie, dass ihre Stimme nicht fest genug wäre, um nein zu sagen. So stand sie hilflos da mit wild klopfendem Herzen, als er dicht auf sie zutrat und langsam den Kopf beugte, bis sein Mund den ihren fand.

Caitlin vergaß, dass sie und Trey trotz Regenbekleidung durchnässt waren. Sie vergaß, dass sie nur einen kurzen Augenblick zuvor eine Gänsehaut vor Kälte bekommen hatte. Das vorsichtige, warme Streicheln seiner Lippen an ihren Lippen, das mit einer solch herzerweichenden Süße begann, geriet unversehens außer Kontrolle. Trey küsste sie, als ob er nach ihr ausgehungert gewesen wäre, verschloss ihren Mund mit seinem Mund in einem so heißen Kuss, dass Caitlin aufstöhnte. Was anfangs nervöse Erwartung gewesen war, hatte sich im Nu zu einer heftigen Erregung gesteigert.

Einen langen Moment später nahm er die Lippen nur ganz wenig von ihren Lippen, und sein Blick suchte ihren, um herauszufinden, ob sie sich fügte. Schnell legte er den Arm um ihre Taille und drängte Caitlin über die Türschwelle ins Apartment. Mit dem Absatz kickte er die Tür hinter sich zu. Caitlin blieb kaum so viel Zeit, um sein starkes Verlangen, das in seinen Augen brannte, wahrzunehmen. Denn er zog sie eng an sich und küsste sie wieder, bis ihr der Atem wegblieb. Caitlin klammerte sich an ihn, als ob sie ihn nie loslassen wollte.

Die wenigen kurzen Stunden bis zum Tagesanbruch waren nicht lang genug, um die verzehrende Sehnsucht zu stillen, die so lange unterdrückt worden war.

Keine einzige Sekunde hatte Caitlin die Konsequenzen bedacht.

1. KAPITEL

„Unmöglich, ich kann nicht schwanger sein.“

Caitlin Drummond fuhr sich mit den Fingern durch das rabenschwarze Haar, strich es aus der Stirn und steckte sich eine Strähne hinter das Ohr. Sie warf einen Blick auf die Uhr, lief rastlos auf und ab, bis sie vor der Glastür, die hinaus auf die Terrasse führte, stehen blieb. Es war später Nachmittag, aber die Sonne wärmte noch immer den Teppich unter ihren bloßen Füßen. Die roten Geranien und die zart lilafarbenen Fuchsien in den Hängekörben standen in voller Blüte. Die tiefgrünen Blätter glänzten in der späten Septembersonne von Seattle.

Ein kleiner schwarz-hellbrauner Dackel saß auf seinen Hinterpfoten und beobachtete aufmerksam Caitlin, seine Ohren waren wachsam aufgerichtet jedes Mal, wenn sie an ihm vorbeilief.

„Es kann … möglich sein, technisch gesehen“, murmelte Caitlin vor sich hin, starrte auf die Terrasse und sah Trey Webers Gesicht statt der blühenden Topfpflanzen. „Aber es ist nicht wahrscheinlich.“

Der Dackel bellte kurz. Es war eigentlich mehr ein scharfes, nachfragendes Jaulen.

Abgelenkt blickte Caitlin auf ihn herunter, bückte sich und schwang ihn auf die Arme, ehe sie wieder mit dem Hin- und Herlaufen anfing.

„Wir haben uns vorgesehen, jedenfalls zweimal von den dreimal, Max“, teilte sie dem kleinen Hund mit. „Also bin ich wahrscheinlich nicht schwanger. Ganz sicher bin ich nur spät dran. Der Stress mit Trey, ihm zu begegnen, um dann gleich wieder Lebwohl zu sagen, hat die Regel völlig durcheinandergebracht.“

Max streckte sein Schnäuzchen vor und wischte mit der Zunge über ihr Kinn.

„Hey, hör damit auf.“ Caitlin verlagerte den kleinen Hund auf ihren Armen und warf noch einmal einen Blick auf die Wanduhr. „Es ist so weit.“ Sie setzte ihn auf den Boden und eilte ins Badezimmer. Max trottete hinter ihr her.

Wenig später starrte Caitlin ungläubig auf den Teststreifen. Der Schock war da, aber auch zugleich eine unsinnige Freude.

„Ich bin schwanger.“

Sie sprach die Worte laut aus, wiederholte sie, ließ sie auf der Zunge zergehen.

„Schwanger.“

Wie betäubt marschierte sie mit dem Teststreifen ins Wohnzimmer und ließ sich auf das Sofa fallen.

Ich werde Treys Baby haben …

Sie blinzelte, versuchte sich auf das Sonnenlicht zu konzentrieren, das durch die Terrassentür hereinströmte und ihre nackten Zehen und die Beine unter dem Saum der Shorts erwärmte.

Max bellte, legte seine Vorderpfoten gegen Caitlins bloße Knie und verlangte nach ihrer Aufmerksamkeit.

Caitlin blickte sich verstört in ihrem sonnendurchfluteten Apartment um.

Trey war eine Nacht bei ihr geblieben. Er war weg gewesen, noch ehe sie am nächsten Morgen wach wurde, hatte ihr nur eine Notiz mit wenigen Abschiedsworten hinterlassen. Amy war in einem Heim für davongelaufene Jugendliche ausfindig gemacht worden, und am frühen Nachmittag hatten sich Trey und die reuige Siebzehnjährige bereits wieder auf dem Flugweg nach Montana befunden.

Und Caitlin war wieder allein in Seattle.

Ich habe gewusst, dass er nicht bleiben würde, hielt sie sich vor, während sie Max hochnahm und ihn knuddelte. Aber ich habe mehr Rücksicht von ihm erwartet, als wach zu werden und nur eine Notiz von ihm auf dem Küchentisch zu finden. Sie blickte finster vor sich hin. Es wurmte Caitlin noch immer, dass Trey sich nicht die Mühe gegeben hatte, sie zu wecken und sich von ihr persönlich zu verabschieden.

Ihr war klar, dass er nicht in Seattle bleiben konnte. Seine Zukunft als Rancher war unvereinbar mit ihrem Leben in der Großstadt, und er würde sie nicht darum bitten, ihre Karriere aufzuopfern. Er sah keine Zukunft für sie beide. Caitlin konnte das unbehagliche Gefühl nicht loswerden, für ihn nur eins dieser sexuellen Eine-Nacht-Abenteuer gewesen zu sein, während ihr diese Nacht sehr viel bedeutet hatte und noch immer bedeutete.

Niemals hätte ich mir träumen lassen, dass wir beide ein Baby haben könnten, dachte sie.

Aber jetzt, wo es Wirklichkeit war, konnte Caitlin es nicht bedauern.

„Also, Max, was soll ich tun?“

Der kleine Hund betrachtete sie eingehend mit zur Seite gelegtem Kopf und bellte dann einmal als Antwort.

Caitlin tätschelte Max gedankenverloren. „Ich liebe ihn, Maxie“, murmelte sie. „Aber ich bin mir nicht sicher, wie er darauf reagieren wird, wenn er erfährt, dass er Vater wird.“

In den letzten zehn Jahren hatte sie ihr Studium der Soziologie an der University of Washington beendet, hatte promoviert und in Verbindung mit einem weitreichenden Programm viele Stunden mit den Straßenkindern von Seattle verbracht. Die Erfahrung, die sie gesammelt hatte beim Umgang mit geschädigten Kindern, hatte in ihr den Verdacht erhärtet, dass Treys vaterlose Kindheit und die Lieblosigkeit seiner alkoholabhängigen Mutter in ihm ein Trauma hinterlassen hatte.

Was ihre Liebe für ihn nur noch vertiefte.

Auch wenn Caitlin eine schreckliche Wut auf Trey hatte wegen dieser verdammten Notiz, die er ihr hinterlassen hatte, so grübelte sie doch darüber nach, ob sich ihrem Kind zuliebe nicht eine gemeinsame Zukunft mit ihm finden könnte.

Caitlin legte die Hand auf ihren flachen Bauch. Ein Kind wuchs in ihr, war gezeugt worden, weil sie sich einem Mann, der ihr Herz besaß – der es immer besessen hatte –, hingegeben hatte.

Sie konnte sich in Ruhe entscheiden. Wegen ihrer Karriere brauchte sie nichts zu fürchten, und sie war recht zufrieden mit ihrem Leben in der Großstadt und zuversichtlich, dass sie durchaus fähig wäre, ein Kind finanziell zu unterhalten und allein aufzuziehen. Aber ihr Herz drängte sie, nach Montana heimzukehren, wo sie und ihr Baby von einer liebenden Familie und Freunden umgeben wären. Ihr Gewissen und ihr Sinn für Fairplay sagten ihr aber auch, dass ihr Baby ein Anrecht habe, seinen Vater zu kennen, und dass sie versuchen musste, einen Weg zu finden, um dem Kind ein Elternpaar zu geben.

Um das aber zu tun, würde sie Trey einweihen müssen. Sosehr sie ihn auch liebte, der Gedanke, dass er sie aus schlechtem Gewissen heiraten wollte, war zu entsetzlich, um es auch nur zu erwägen. Sie wollte viel mehr von Trey als eine erzwungene Ehe.

„Ich möchte, dass er mich so sehr liebt, wie ich ihn liebe“, murmelte sie. „Aber ich bin mir nicht sicher, ob er überhaupt lieben kann.“

Das Sonnenlicht auf der Terrasse verblasste in der Abenddämmerung, und die Abenddämmerung wich schließlich der Nacht. Caitlin trank Kräutertee und lief mit dem Becher in der Hand ruhelos auf und ab, grübelte über das Problem, zog das eine in Betracht, verwarf das andere, bis sie mehrere unvermeidbare Beschlüsse fasste.

Was sie von Trey verzweifelt brauchte, war die tiefe Freundschaft und das gegenseitige Vertrauen, die sie mit ihm als Kind geteilt hatte. Wenn ihre Erinnerung sie nicht trog, war das Vertrauen an dem Tag verschwunden, als Trey in ihr nicht mehr das Kind, sondern eine Frau sah, die er begehrte, und Leidenschaft zwischen ihnen aufflammte.

Müde von den Grübeleien nahm Caitlin Max auf den Arm und ging zu Bett. Die Entscheidung, nach Butte Creek, Montana, zurückzukehren, hatte sie zuversichtlich gemacht. Trey war ein adoptiertes Mitglied ihrer weit verzweigten Familie, und sie wusste, dass ihre Wege sich unvermeidlich kreuzen würden. Bevor ihr die Schwangerschaft anzusehen war, würde sie ihm und ihrer Familie von dem Baby erzählt und ihre Zukunft geplant haben.

Über Caitlin Drummond pausenlos nachzudenken war Trey seit seiner Rückkehr von Seattle vor zwei Wochen bereits zur Gewohnheit geworden. Die meiste Zeit arbeitete er bis zur Erschöpfung, um den Drang zu bekämpfen, das erstbeste Flugzeug zu besteigen und zu ihr zu fliegen. Und er hätte dem Verlangen nachgegeben, wenn ihm ein Ausweg eingefallen wäre, wie er von Montana aus eine Beziehung zu Caitlin in Seattle aufrechterhalten könnte. Leider kam ihm nichts anderes in den Sinn, als dass einer von ihnen beiden das gegenwärtige Leben aufgeben und in den anderen Staat ziehen müsste. Und das war nicht möglich. Er konnte Caitlin nicht bitten, ihrer Karriere ade zu sagen. Und er selbst hatte schon viel zu viele Jahre weg von dem Land gelebt, das er liebte.

Jetzt war er zu Hause, und zu Hause würde er bleiben.

Aber Caitlin war hier nicht zu Hause, nicht hier in Montana.

Sie in Seattle wiederzusehen war eine bittersüße Erfahrung gewesen. Sie war zu einer gebildeten, und, wie er gehört hatte, hervorragenden Professorin am College geworden. Also war sie ihm für alle Zeiten entglitten. Das glänzende schwarze Haar mit dem erstklassigen Schnitt, das Designerkostüm, die Ledertasche wie auch die Schuhe aus bester Qualität, die Smaragd-Ohrstecker, die zu dem Grün ihrer Augen passten, all das trug die eine unmissverständliche Botschaft … Caitlin gehörte in die Großstadt und in die geheiligten Hallen der Akademie – nicht auf eine Ranch in Montana mit ihm.

Ich hätte sie nicht aufsuchen sollen in Seattle, gestand er sich grimmig ein. Er wusste verdammt genau, dass er den davongelaufenen Teenager gefunden hätte, auch ohne Caitlin mit einzuschalten. Um ehrlich zu sein, hatte er nur allzu gern nach der Entschuldigung gegriffen, sie anzurufen. Und als er einmal ihre Stimme gehört hatte, hatte er sie wiedersehen müssen. Und als er sie einmal berührt hatte, war er verloren. Keine andere Frau fühlte sich wie Caitlin an, schmeckte wie sie, bewegte sich wie sie. Keine andere Frau gab ihm das Gefühl, dass alles seine Richtigkeit hatte, dass er nach Hause gekommen war, dass er den vermissten Teil seines Selbst gefunden habe. Sie brachte ihn dazu, vor Leidenschaft zu brennen, sich nach ihr zu sehnen und sie mit einer Wildheit zu lieben, wie er es bei keiner anderen Frau tun könnte.

Vor zehn Jahren hatte er sie fortgelassen, damit sie das Leben leben konnte, von dem sie seit ihrer Kindheit geträumt hatte, ein Leben, das er niemals mit ihr teilen könnte. Wie viele Jahre würde er noch brauchen, um sein Herz zu überzeugen, dass er sie niemals würde haben können?

„Zum Teufel!“, knurrte er angewidert.

Er war es überdrüssig, allein zu leben, und im Moment war er frustriert, weil eine Wasserpumpe seinen Versuchen, sie zu reparieren, trotzte und es einfach ablehnte, wieder anständig zu arbeiten. Trey fuhr zur benachbarten Ranch, um sich von Josh Hightower, dem Besitzer, Rat zu holen.

Joshs Pick-up stand außerhalb des leeren Korrals, Trey parkte seinen Pick-up gleich daneben und machte sich sogleich auf die Suche nach Josh. Er marschierte zur Scheune und öffnete die kleinere Tür neben dem riesigen Holztor und trat ein. Innen war es düster. Er kannte die Scheune so gut wie seine eigene und wartete nicht, bis seine Augen sich an das Dämmerlicht gewöhnt hatten. Er ging einfach los, den breiten und langen Mittelgang hinunter zum hinten gelegenen Geräteraum.

Er hatte noch keine vier Schritte getan, als er jemanden fast umrannte. Dieser Jemand war eindeutig weiblich.

Automatisch legten sich seine Hände um die Hüften der Frau, die gegen ihn stolperte, ihr seidiges Haar streifte sein Kinn. Trey atmete ein und erstarrte vor Schock. Er hätte diesen Duft überall wiedererkannt.

„Caitlin?“ Er schob mit der Fingerspitze seinen Stetson zurück und blickte genau in diesem Moment auf sie herunter, als sie das Gesicht hob, um ihn anzusehen. Er hatte noch nicht einmal ihren erstaunten Ausdruck ganz mitbekommen, als sie ihn auch schon mit einer entschiedenen Bewegung von sich geschoben hatte und einen Schritt zurückgetreten war.

„Trey … hallo!“

„Was tust du hier?“ Er war total verblüfft, versuchte es zu fassen, dass es Caitlin war … dass sie wirklich hier war und nicht ein Traum, den er womöglich durch seine Fantasie heraufbeschworen hatte. „Wie lange bist du schon in Montana?“

„Seit gestern. Ich bin hier, um meine Tante zu besuchen.“

Langsam legte sich der Schock. Seine Augen hatten sich an das Halbdunkel gewöhnt, und Trey bemerkte, dass Caitlin nicht allzu erfreut zu sein schien, ihn wiederzusehen. Er wusste um ihre Gefühle nicht, aber er war ziemlich sicher, dass sie nicht wie bei ihm irgendwo zwischen Bestürzung und Freude angesiedelt waren. „Deine Tante besuchen …“, wiederholte er langsam, während er es zu verstehen suchte, was das zu bedeuten hatte. „Haben die Kurse am College nicht angefangen? Konntest du dich frei machen?“

„Ich habe eine Pause eingelegt“, antwortete Caitlin mit bewusst gleichmütiger Stimme. „Ich werde während des Herbsttrimesters keine Kurse abhalten.“

Eine leise Hoffnung schlich sich bei Trey ein. Doch er hatte es in seinem Leben gelernt, Hoffnung mit Misstrauen zu unterdrücken. „Du wirst also für die nächsten drei Monate bei Sarah bleiben?“

„Nein.“

Wie recht er doch wieder einmal hatte, seine Hoffnung zu zügeln …

„Ich werde Sarah besuchen, aber ich werde in Großmutters Haus bei Tante Molly bleiben.“

„Aber du wirst während der nächsten drei Monate in Butte Creek sein?“ Trey konnte das erfreute Lächeln nicht verhindern.

„Ja.“

„Das ist ja großartig!“

Caitlin lächelte nicht zurück, und er steckte die Hände tief in die Taschen seiner offenen Jeansjacke, um nicht dem Drang nachzugeben, Caitlin an sich zu ziehen. „Ich würde dich gern sehen, während du hier bist.“

Caitlin zuckte die Schultern und kreuzte schützend die Arme vor der Brust. „Du gehörst ja praktisch zur Familie, Trey. Ich bin sicher, dass wir uns sehen werden.“

„So hab ich es nicht gemeint.“ Trey wurde es leid, dass sie ihn musterte, als ob er irgendein Fremder wäre. „Lass uns doch gleich heute Abend essen gehen.“

Caitlin schüttelte den Kopf. „Nein, Trey. Ich denke, das ist keine gute Idee.“

„Warum nicht?“ Er hatte keine Ahnung, warum es für sie keine gute Idee sein sollte. Verwirrt starrte er auf ihr eigensinnig vorgestrecktes Kinn und wusste, dass er irgendwie in Schwierigkeiten steckte.

„Weil ich es ablehne, eine Affäre mit dir unter den Augen meiner Familie fortzuführen“, antwortete sie offen heraus.

Trey fühlte, wie ihm das Blut ins Gesicht schoss. „Ich habe dich nur zum Essen eingeladen“, brummte er beleidigt. „Nicht in ein Motel.“ Um ehrlich zu sein, musste er es sich eingestehen, dass er im Stillen gehofft hatte, sie würden im Bett landen. Es half zwar seinen aufgepeitschten Hormonen nicht, aber er musste zugeben, dass Caitlin recht mit ihrer Vorsicht hatte. Ihre Familie würde sich um sie Sorgen machen und von ihm enttäuscht sein, wenn sie es mitbekämen, dass er ihre geliebte Caitlin verführt hatte.

„Hm.“ Sie klang verunsichert. „Warum kommst du heute Abend nicht hierher zum Dinner? Jennifers und Lucas’ Familie wird hier sein, auch Großmutter Patricia.“

„In Ordnung.“

„Na fein.“

Mit einem Kopfnicken wollte sie rasch an ihm vorbei und zur Tür eilen. Doch Trey packte sie frustriert am Arm und hielt sie auf.

„Lass mich los!“

„Nicht bis du mir sagst, warum du mich behandelst, als ob ich etwas angestellt hätte, was dir absolut auf die Nerven geht.“

Caitlin blitzte ihn verärgert an. „Dein Benehmen ist scheußlich“, sagte sie entschieden.

Trey blickte auf seine Hand, die noch immer ihren Arm umfasst hielt. „Ich lasse dich nicht eher los, bis du mir versprichst, dass du nicht davonrennst, bevor du mir eine klare Antwort gegeben hast.“

Caitlin schüttelte ungeduldig den Kopf. „Nicht jetzt. Aber so viel doch noch … Denk an Seattle.“

„Was ist mit Seattle?“

Autor

Lois Faye Dyer
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