Nur eine Nacht ist nicht genug

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Was für ein Körper - was für ein Mann! Kaum steht Mellie ihrem neuen Boss gegenüber, gehen die erotischen Phantasien mit ihr durch. Wie würden sich zarte Küsse von Case Baxter wohl auf ihrer nackten Haut anfühlen? Doch Mellie ruft sich zur Ordnung: Der reiche Rancher ist bekannt dafür, dass er sich nicht langfristig an eine Frau binden will. Und für eine Affäre mit ihm - so heiß sie auch sein mag - ist sich Mellie eindeutig zu schade! Sie muss Case widerstehen. Auch wenn es ihr noch so schwerfällt …


  • Erscheinungstag 18.05.2020
  • Bandnummer 1
  • ISBN / Artikelnummer 9783733716813
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Auf unseren neuen Präsidenten!“

Drei der vier Männer hoben ihre Gläser und grinsten Case Baxter an, der lachend abwehrte. „Danke, Jungs. Nett von euch.“

Mac McCallum schob sich das letzte Stück Steak in den Mund und wischte sich die Lippen ab. „Ehrlich, Mann. Was hast du dir nur dabei gedacht? Genau wie wir steckst du doch bis zum Hals in Arbeit. Und der Job als Präsident des Texas Cattleman’s Club lässt sich nicht so nebenbei erledigen.“

Mac war Inhaber und Geschäftsführer von McCallum Energy und wusste wie jeder andere hier am Tisch, dass Erfolg auch seine Schattenseiten hatte. Allerdings wirkte er mit seinem herzhaften Lachen immer so, als könne ihn so schnell nichts aus der Ruhe bringen.

Obwohl das Restaurant in dem ehrwürdigen Clubhaus elegant eingerichtet war, waren die meisten Gäste bodenständige Männer wie Mac und Case. Durch harte, auch körperliche Arbeit waren sie zu Reichtum gekommen, und sie gaben sich selbstbewusst und durch nichts zu erschüttern.

„Ich weiß, was du damit sagen willst“, meinte Case. „Und du hast vollkommen recht. Aber als mich das Wahlkomitee fragte, ob ich mich nicht aufstellen lassen will, musste ich an meinen Urgroßvater denken. Er würde sich freuen. Und es ist ja auch eine Ehre.“

„Keine Frage.“ Jeff Hartley schob seinen Teller zur Seite und lehnte sich zurück. „Aber falls du nicht auf irgendeine magische Weise den Vierunddreißig-Stunden-Tag erfinden kannst, weiß ich nicht, wie du das schaffen willst.“

Jeff gehörte die Hartley Cattle Ranch, und er wusste genau, wovon er sprach. Früh aufstehen und spät zu Bett gehen war für ihn normal.

Case hatte das unbehagliche Gefühl, dass seine Freunde nicht übertrieben. Doch seine Familie lebte schon seit Generationen in Royal, dieser kleinen texanischen Stadt. Und ihr Motto war immer gewesen, dem Gemeinwesen zu dienen und die eigenen Wünsche hintenanzustellen. Deshalb hatte er einfach nicht Nein sagen können, als das Komitee ihn aufforderte. Allerdings hatte er nicht damit gerechnet, tatsächlich gewählt zu werden. Denn die anderen beiden Kandidaten waren älter als er und seiner Meinung nach viel besser geeignet.

Zu spät. Er kam aus der Sache nicht mehr heraus. „Ich rechne stark damit, dass ihr mich bei dem Job unterstützt.“ Lächelnd sah er seine Freunde der Reihe nach an.

Parker Reese schüttelte den Kopf. „Auf mich brauchst du nicht zu zählen. Ich bin Arzt und kein Rancher. Ich kann deinem Baby bei einer Kolik helfen. Aber von Vieh verstehe ich nicht mehr, als dass man einem Stier nicht mit einem roten Tuch vor der Nase herumwedeln darf.“

Alle lachten, und Case musste daran denken, wie viel sich in den letzten Jahren geändert hatte. Erst seit Kurzem wurden auch Frauen als Vollmitglieder in den ehrwürdigen TCC aufgenommen. Tja, andere Zeiten …

Er sah Mac fragend an. „Ich dachte, dass Liam auch zum Lunch kommt.“

Liam Wade war Macs bester Freund und sein wichtigster Investor.

„Letzte Woche hat er drei Pferde gekauft. Sie sollen heute ankommen.“ Mac zuckte mit den Schultern. „Ihr wisst ja, wie er ist.“

Alle nickten. Pferde und Frauen, das waren Liams Lieblingsbeschäftigungen.

Doch Mac war nicht so schnell von dem alten Thema abzubringen. „Hey, Case, du hast uns noch nicht verraten, wie du in Zukunft mit all der zusätzlichen Arbeit fertigwerden willst.“

„Wieso? Gil Anderson hat schließlich Frau und Sohn und war trotzdem ein sehr guter Präsident. Ich bin glücklicherweise Single.“

Mac grinste. „Ja, Gil … unser Supermann. Da musst du noch ganz schön zulegen, Case.“

„Danke für dein Vertrauen.“

„Na, na.“ Parker hob besänftigend die Hand. „Wir wissen doch, dass du Herausforderungen liebst, Case. Lass dich nicht irremachen. Du schaffst das, da bin ich ganz sicher.“

„Danke.“ Case hatte großen Respekt vor dem Kinderarzt Dr. Parker Reese. Ganz Royal war froh, einen solchen Experten am städtischen Krankenhaus zu haben.

Doch auch Jeff machte es Spaß, Case ein bisschen zu reizen. „Leider habe ich nicht so viel Vertrauen in deine Fähigkeiten wie Parker.“ Er schmunzelte. „Schließlich war ich schon mal bei dir zu Hause. Ein einziges Chaos! Man konnte kaum die Fernbedienung für den Fernseher finden. Wenn wir nicht gerade eine Dürreperiode hätten, würde ich sagen, man sollte das Haus niederbrennen.“

Case wurde rot. Er war kein Organisationstalent, das stimmte. „Ich weiß, dass da etwas geschehen muss. Und ich habe auch schon einen Plan.“

„Los! Erzähl!“ Alle sahen ihn gespannt an.

„Ich werde eine Haushälterin einstellen.“

Die drei Männer starrten ihn an. Mac fasste sich als Erster. „Aber dir ist klar, dass sie dazu ins Haus kommen muss.“

„Sehr witzig!“ Case richtete sich auf. „Ich muss jetzt den TCC leiten und deshalb bereit sein, Kompromisse zu machen.“

„Aha.“ Jeff schüttelte verblüfft den Kopf. „Aber was wird dann aus deiner eisernen Lebensregel, keine Frau in deine Männerhöhle zu lassen?“

„Mit Ausnahme einer Verwandten“, fügte Parker hinzu. „Bist du mit der Haushälterin verwandt?“

Über die Reaktion seiner Freunde durfte Case sich nicht wundern. Er war dafür bekannt, dass er keine Frauen, auch nicht die, mit denen er eine Affäre hatte, in sein Haus ließ.

„Wieso? Ich mache die Regeln, also kann ich sie auch ändern. Die Frau wird meine Angestellte sein. Sie kann, muss aber nicht mit mir verwandt sein. Schließlich suche ich keine Ehefrau, sondern eine Haushälterin.“ Er sah seine Freunde drohend an. „Ich habe aus meinen Fehlern gelernt, das könnt ihr mir glauben.“

Alle wussten von seiner unglücklichen Ehe. Er hatte sich in die Buchhalterin der Familienfirma verliebt und sie geheiratet. Nur um nach kurzer Zeit herauszufinden, dass sie sein Geld mit vollen Händen ausgab.

„Wir glauben dir ja auch“, meinte Jeff begütigend. „Und du musst selbst wissen, was du tust. Außerdem war der Präsidentenjob nur nach dem Tornado im letzten Jahr so aufreibend. Jetzt ist alles wieder einfacher. Du machst das bestimmt gut.“

Der Tornado … ja, der hatte Royal und Umgebung sehr mitgenommen. Und ohne die Hilfsbereitschaft der Mitglieder des TCC wäre die Stadt nicht so schnell wieder auf die Beine gekommen. Allerdings war noch einiges zu tun, da machte sich Case als neuer Präsident nichts vor.

„Okay“, meldete Jeff sich erneut zu Wort. „Wenn wir Case jetzt genügend eingeheizt haben, können wir uns ja auch mal einem anderen Thema zuwenden. Ich weiß nicht, wie ihr das seht, aber ich bin ehrlich beunruhigt, dass so viele Rancher in der letzten Zeit ihr Land verkauft haben. Und was mich misstrauisch macht: alle an ein und denselben Käufer. Findet ihr das nicht seltsam?“

„Eigentlich nicht.“ Mac zuckte mit den Schultern. „Viele Rancher hatten nach dem Tornado nicht das Geld, ihre Häuser wieder aufzubauen. Für ihr Land sollen sie einen guten Preis bekommen haben. Und jetzt haben sie die Chance, woanders neu anzufangen.“

Parker runzelte die Stirn. „Davon habe ich noch gar nichts gehört.“

Case nickte. „Ich schon. Diesen Nolan Dane kennt ihr doch noch von früher, oder? Er ist wieder in der Stadt und kauft das Land im Auftrag der Samson Oil auf. Das verstehe ich allerdings nicht. Warum ist eine Ölgesellschaft an Farmland interessiert? Zumal es sich um Land handelt, das schon vor vielen Jahren auf mögliche Ölvorkommen überprüft worden ist. Ohne Erfolg.“

„Aber jetzt gibt es doch ganz neue Techniken, Öl zu fördern, wie Fracking und so. Vielleicht verspricht man sich davon mehr“, warf Mac ein.

„Das glaube ich nicht. Da steckt etwas anderes dahinter.“ Jeff schüttelte den Kopf. „Nolan ist vielleicht ganz in Ordnung, aber Rechtsanwälten gegenüber bin ich generell misstrauisch.“

„Auf keinen Fall sollten wir ihn vorverurteilen“, meinte Parker. „Zumindest nicht, solange ordentliche Preise bezahlt werden. Case hat in seiner neuen Position jetzt die Möglichkeit, die Sache im Auge zu behalten.“

„Das werde ich.“ Case blickte auf seine Armbanduhr. „Apropos meine neue Position. In einer Dreiviertelstunde treffe ich mich mit meiner neuen Haushälterin.“

„Na, da bin ich mal gespannt.“ Parker schmunzelte. „Vor allem, ob Case letzten Endes in seinem Haus weiterhin das Sagen hat. Er will sich doch bestimmt sein sorgfältig arrangiertes Chaos erhalten.“

Mac grinste breit. „Das wird ihm nicht gelingen. Egal wie alt, Frauen sind nie zufrieden, bevor sie nicht alles nach ihrem Geschmack umgestaltet haben.“

Case stand auf. „Ich bin Präsident einer Organisation, deren Mitglieder seit Generationen die Stadt geführt haben. Da werde ich doch wohl noch mit einer Haushälterin fertigwerden.“

Auch die anderen erhoben sich. Mac schüttelte Case die Hand. „Klar. Auf meine Unterstützung kannst du immer zählen.“

Parker legte zackig die Hand an die Schläfe. „Melde mich zum Dienst, Sir!“

Jeff verneigte sich. „Mi casa es su casa – falls du mal irgendwo unterschlüpfen willst.“

Case lachte. „Ich danke euch, Freunde.“

Er winkte zum Abschied, und als er über den Parkplatz zu seinem Auto ging, dachte er daran, wie viel Glück er im Leben hatte. Er besaß Land, das er liebte, hatte viele Freunde und die Unterstützung der wichtigsten Clubmitglieder. Wenn es jetzt auch noch mit der Haushälterin klappte, dann hatte er sein Leben gut im Griff.

Während der Fahrt in Richtung Ranchhaus sah Mellie Winslow sich neugierig um. Felder, Weiden und Zäune der B Hive Ranch waren in fabelhaftem Zustand. So weit sie sehen konnte, graste gut genährtes Vieh auf den grünen Hängen. Case Baxters Ranch war offenbar perfekt in Schuss und finanziell erfolgreich.

Auch Mellies kleine Reinigungsfirma Keep N Clean lief gut. Aber verglichen mit diesem riesigen landwirtschaftlichen Unternehmen waren ihre Umsätze natürlich nur Peanuts. Case Baxter musste viel zu tun haben. Kein Wunder, dass er eine Haushälterin suchte. Und wenn sie den Job bekam, wäre das eine fantastische Werbung für ihre Firma.

Als sie schließlich vor dem alten Ranchhaus hielt, das schon mehrere Generationen Baxters beherbergt hatte, fiel ihr etwas Merkwürdiges auf: Es machte den Eindruck, als würde Vieh und Land mehr Aufmerksamkeit geschenkt als dem Haus. Es sah zwar nicht gerade heruntergekommen aus, aber der weiße zweistöckige Bau mit den blauen Fensterläden wirkte doch ein wenig vernachlässigt. Die Veranda rund ums Haus war beeindruckend, aber es fehlten die Farben. Es gab keine leuchtend bunten Kissen auf den Sitzschaukeln, keine Blumenrabatten rund um das Haus.

Sicher, jeder in Royal wusste, dass Case’ Eltern jung gestorben waren. Er war das einzige Kind. Und unwillkürlich ging Mellie durch den Kopf, wie traurig es wäre, wenn der Besitz in fremde Hände käme. Das war durchaus eine Möglichkeit, denn nach seiner traumatischen ersten Ehe hatte Case bisher keine Anstalten gemacht, eine Familie zu gründen.

Mellie atmete ein paarmal tief durch. Kein Grund, nervös zu sein, versuchte sie sich zu beruhigen. In den sieben Jahren des Bestehens ihrer Firma hatte sie mit manch reichem Rancher und anderen einflussreichen Persönlichkeiten zu tun gehabt. Bisher hatte sie Case Baxter nur hin und wieder im Vorbeigehen gesehen. Das würde sich jetzt wohl ändern …

Sie hängte sich ihre Tasche über die Schulter und griff nach der grünblauen Informationsmappe, die sie jedem Interessenten in die Hand drückte. Mit wenigen Schritten stand sie vor der Haustür. Zu ihrer Überraschung öffnete der Hausherr auf ihr Klopfen hin selbst die Tür.

Case Baxter, groß und schlank, blaue Augen, dunkelbraunes Haar.

Er begrüßte sie lächelnd, blieb aber in der Tür stehen. „Ich bin Case Baxter. Und Sie kommen sicher wegen der Stelle als Haushälterin?“

Mellie nickte und ergriff die dargebotene Hand. Seine warmen Finger drückten leicht zu. Wow! Er sah ja noch besser aus als auf dem Foto in der Zeitung. Der kurze akkurate Haarschnitt stand im Gegensatz zu dem leicht unrasierten Kinn. Der dunkle Bartschatten gab ihm etwas Verwegenes, aber das war heutzutage nichts Besonderes.

Und doch klopfte ihr Herz schneller.

Er sah so aus, wie man sich einen typischen Texaner vorstellte – braun gebrannt, enge ausgeblichene Jeans, abgeschabte, aber teure Lederstiefel. Dazu trug er ein kariertes Hemd mit aufgekrempelten Ärmeln und eine große moderne Armbanduhr.

„Ich bin Mellie Winslow, die Inhaberin von Keep N Clean.“

Zu ihrer Überraschung runzelte Case die Stirn. Immer noch bat er sie nicht herein.

„Ich dachte, meine neue Haushälterin wollte sich heute vorstellen.“

„So ist es. Tatsache ist, dass mein Unternehmen so gut läuft, dass alle meine Angestellten beschäftigt sind. Und als dann Ihre Anfrage kam, entschloss ich mich, den Job selbst zu übernehmen.“

„Warum?“

Eine verständliche Frage. Ehrlichkeit währt am längsten, dachte Mellie. „Darf ich hereinkommen? Damit wir darüber sprechen können?“

„Warum nicht.“ Er führte sie in das angrenzende Esszimmer. Der große Tisch war fast gänzlich mit Papierstapeln bedeckt, und auf den freien Flächen lag Staub.

„Setzen Sie sich. Sie sehen selbst, dass hier dringend Ordnung geschaffen werden muss.“

Mellie setzte sich und schob Case die Mappe über den Tisch zu. „Darin sind Dienste und Kosten aufgelistet. Sie fragten, warum ich den Auftrag selbst übernehmen möchte. Wie ich schon sagte, meine Mitarbeiter sind ausgebucht. Aber um ehrlich zu sein möchte ich mir die Chance, den Präsidenten des Texas Cattleman’s Club als Kunden zu gewinnen, nicht entgehen lassen. Das ist einfach eine unbezahlbare Werbung für mein Unternehmen.“

„Vorausgesetzt, Sie sind so gut, wie Sie behaupten.“ Er öffnete die Mappe und überflog die Preisliste und die Danksagungen zufriedener Kunden.

Mellie schluckte ihre Empörung herunter. „Ich arbeite hart und sorgfältig. Außerdem muss man mir nicht ständig sagen, was zu tun ist. Einmal genügt. Sobald ich Bescheid weiß, bin ich Ihnen nicht mehr im Weg.“

Case lehnte sich zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und blickte Mellie schweigend an.

Das kann ich auch. Wenn er glaubte, sie dadurch zu verunsichern, hatte er sich geschnitten.

Doch schließlich zuckte er nur kurz mit den Schultern und lächelte. „Ihr Stundenlohn scheint mir gerechtfertigt. Aber wie wollen Sie Ihre Firma managen und gleichzeitig mein Haus in Ordnung bringen?“

„Wieso? So ähnlich wie Sie Ihre Ranch managen und gleichzeitig dafür sorgen, dass im TCC Ordnung herrscht.“

Mist! Das war vielleicht etwas zu forsch gewesen. Warum konnte sie auch ihren Mund nicht halten? Ganz sicher war das nicht der richtige Weg, wichtige Kunden zu gewinnen.

Glücklicherweise hatte Case Baxter Humor. Er lachte, und seine blauen Augen leuchteten.

„Gut gekontert!“ Doch dann beugte er sich vor und trommelte mit den Fingern leicht auf die Tischplatte, als läge ihm noch etwas auf der Seele.

Mellie sah ihn fragend an. „Haben Sie vielleicht mit irgendeinem anderen Reinigungsdienst schlechte Erfahrungen gemacht? Dann sagen Sie es mir, damit wir die Fehler vermeiden können.“

„Nein, das ist es nicht.“ Kurz biss er die Zähne zusammen, als quälte ihn irgendeine unangenehme Erinnerung. „Ich mag eigentlich keine Fremden in meinem Haus. Ich liebe meine Privatsphäre.“

„Das kann ich gut verstehen. Wenn Sie möchten, kann ich immer dann kommen, wenn Sie außer Haus sind. Aber vielleicht wollen Sie gerade das nicht. Dann arbeite ich, wenn Sie daheim sind. Wie Sie wünschen. Wie wäre es, wenn wir es einen Monat ausprobieren? Wenn Sie dann mit meiner Arbeit nicht zufrieden sind oder einfach genervt, dass eine Fremde regelmäßig ins Haus kommt, lösen wir den Vertrag.“

„So, so. Mir ist klar, warum Ihre Firma gut läuft“, meinte er schmunzelnd. „Es ist schwer, Ihnen etwas abzuschlagen.“

Mellie wurde rot. „Ich weiß, ich bin ehrgeizig. Aber jemand wie Sie hat dafür bestimmt Verständnis. Ich bin sicher, Sie werden es nicht bereuen, Mr. Baxter, sondern sich fragen, warum Sie Keep N Clean nicht schon eher engagiert haben.“

„Möglich. Aber ich will offen zu Ihnen sein. Mit Aufräumen und Putzen ist es nicht getan. Ich brauche jemanden, der mein häusliches Leben organisiert.“

Das hörte Mellie nicht zum ersten Mal. Und sie liebte es, einen ganzen Haushalt auf Vordermann zu bringen und dafür zu sorgen, dass ihren Arbeitgebern mehr Zeit für die Familie und das Privatleben blieb. Aber würde gerade Case Baxter so etwas wollen?

Als sie zögerte, kniff er leicht die Augen zusammen. „Ist das zu viel verlangt?“

„Nein, nein … überhaupt nicht. Aber Sie erwähnten, dass Ihnen Ihre Privatsphäre sehr wichtig sei. Da muss ich ganz genau wissen, wo Sie die Grenzen ziehen.“

„Zum Beispiel?“

Sein amüsiertes Lächeln brachte sie kurz aus der Fassung. Plötzlich musste sie an zerwühlte Bettlaken denken und überlegte sich, ob Case Baxter knappe Slips oder Boxershorts trug … Doch dann hatte sie sich wieder gefangen. „Ich meine, es gibt viele Möglichkeiten, einen Haushalt zu organisieren. Von einer wohlgeordneten Sockenschublade bis hin zu einer makellosen Küche, in der sogar die Gewürze nach Alphabet sortiert sind.“

Wieder dieses sexy Lachen. „Ich denke, da werden wir schon irgendeinen Mittelweg finden.“

„Heißt das, dass Sie es mit mir versuchen wollen?“ Ihr Herz schlug schneller. Bisher hatte sie nie Schwierigkeiten gehabt, Arbeit und Vergnügen auseinanderzuhalten. Aber bei diesem Mann musste sie auf der Hut sein. Er hatte ihr zwar keine Veranlassung gegeben zu glauben, dass er an ihr als Frau interessiert sein könnte, aber dennoch …

Er nickte. „Ja. Wir werden sehen, wie wir miteinander auskommen. Und falls einer Ihrer Mitarbeiter später Zeit hat zu übernehmen, dann hätte ich dafür volles Verständnis.“

„Soll das heißen, dass Sie mich nicht wollen?“

Du liebe Güte! Mellie wurde rot. Wieso habe ich das nur gesagt?

2. KAPITEL

Case zuckte zusammen, heiße Erregung durchlief seinen Körper. Obwohl er fast sicher war, dass Mellie Winslow mit ihrer Frage nichts hatte andeuten wollen, reagierte er ganz automatisch. Wie auch nicht, wenn sexuelle Spannung die Luft beinahe zum Knistern brachte und ihm eine schöne junge Frau gegenübersaß.

Überrascht von seiner eigenen Reaktion war Case kurz davor, alles wieder abzublasen. Vielleicht sollte er lieber keine Haushälterin einstellen, vor allem keine, die aussah wie Mellie. Denn er hatte eine Vorliebe für Rothaarige mit grünen Augen und einem hellen Teint, ganz genau wie Mellies zarte Haut …

Obwohl sie bestimmt hart körperlich arbeitete, war sie schlank, aber nicht knochig. Die roten Locken hatte sie hochgebunden. Ihre Haare schimmerten verführerisch im hellen Sonnenlicht, das durch die großen Fenster fiel. Er sollte sie loswerden, und zwar sofort …

„Wie kommen Sie darauf, dass ich Sie nicht will? Mache ich Sie nervös, Miss Winslow?“

Sie rümpfte die kleine gerade Nase. „Vielleicht ein bisschen. Aber das gibt sich.“

„Gut. Ich werde es mir merken.“ Er tippte auf einen Stapel Umschläge. „Die Probezeit gilt für beide Seiten. Vielleicht sind Sie entsetzt, wie unordentlich ich bin, und rennen nach dem ersten Tag schreiend davon.“

Mellie schüttelte lächelnd den Kopf. „Auf keinen Fall. Da bin ich anderes gewohnt, das können Sie mir glauben.“

In diesem Augenblick wurde ihm bewusst, dass er sich die sexuelle Spannung nicht einbildete. Vielleicht merkte Mellie nichts, er dagegen umso mehr. Mit seinen sechsunddreißig Jahren hatte er eben mehr Erfahrung in solchen Dingen als diese junge Frau, die bestimmt noch gut unter dreißig war.

„Sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt.“ Er blickte auf seine Uhr. „Tut mir leid, wir müssen zum Ende kommen. Ich habe noch eine Verabredung in der Stadt. Wie wäre es, wenn Sie Donnerstagmorgen anfangen? Ich schreibe auf, was Sie als Erstes in Angriff nehmen sollten. Einverstanden?“

Mellie stand auf. „Vollkommen. Danke, Mr. Baxter. Bis bald.“

„Sagen Sie Case zu mir.“

„Und ich bin für Sie Mellie.“

Case stand am Fenster und beobachtete, wie seine neue Haushälterin wegfuhr. Obwohl ihm klar war, dass mit seinem häuslichen Chaos dringend etwas geschehen musste, hatte er das Gefühl, einen schwerwiegenden Fehler zu begehen.

Er fand Mellie Winslow ausgesprochen attraktiv, und das hätte ihn sofort warnen sollen. Schließlich hatte er sich schon einmal in eine Angestellte verliebt, was eine teure Scheidung und ein ziemlich geschrumpftes Bankkonto zur Folge gehabt hatte. Seitdem hatte er keine längere Beziehung mehr geführt.

Ob es damit zusammenhing, dass er so gut wie ohne Frauen aufgewachsen war? Seine Mutter war früh gestorben, er hatte keine Schwestern. Die einzigen weiblichen Verwandten waren zwei Cousinen, die in Kalifornien lebten und die er, wenn überhaupt, höchstens einmal in zehn Jahren sah. Sex mit Frauen war toll. Vielleicht war sogar eine normale Freundschaft zwischen Männern und Frauen möglich. Aber Frauen einzuschätzen, fiel ihm schwer.

Als Case auf den Parkplatz des Royal Diner einbog, fiel ihm gleich der große SUV des Sheriffs auf. Also war Nathan Battle bereits da.

Case trat ein und sah sich im Raum um. Nathan saß an einem Tisch in der Ecke, trank Kaffee und flirtete mit seiner Frau Amanda, der das Lokal gehörte.

Case nahm den Stetson ab und klemmte ihn sich unter den Arm. „Hallo, Amanda, hallo, Sheriff.“ Er schüttelte Nathan die Hand und setzte sich ihm gegenüber.

Amanda trat lächelnd auf ihn zu. „Herzlichen Glückwunsch! Ich habe gerade gehört, dass du der neue Präsident des TCC bist.“

„Danke.“ Case sah zu ihr hoch. Amanda und Nathan kannten sich schon von der Schule her, hatten sich getrennt und später wiedergefunden. Case beneidete sie um ihre selbstverständliche und liebevolle Nähe, die in jedem Blick spürbar war.

Amanda küsste Nathan auf die Wange. „Viel Spaß. Ich muss mich leider um eine verloren gegangene Sendung kümmern. Helen wird eure Bestellungen aufnehmen. Bis nachher.“

Helen kam und eilte dann mit ihren Wünschen in die Küche. Case lehnte sich leise seufzend zurück. Er hatte einen langen Arbeitstag hinter sich. Für ihn war es selbstverständlich, genauso hart zu arbeiten wie seine Leute.

Nathan trank aus und bestellte sich gleich noch einen Kaffee. Dann blickte er Case aufmerksam an. „Was gibt’s denn? Am Telefon hörtest du dich so geheimnisvoll an.“

„Ja? Das war keine Absicht. Ich wollte dich nur bitten, dir die Katastrophenpläne und Sicherheitsanweisungen anzusehen, die der TCC erarbeitet hat. Der Tornado vom letzten Jahr hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, auf alles vorbereitet zu sein.“

„Mach ich gern. Sag mir, wann es dir passt.“

„Danke. Ich maile dir den Termin.“

Sie sprachen über dies und das, und erst nach einer halben Stunde kam Case mit dem heraus, was er Nathan eigentlich hatte fragen wollen. „Kennst du Keep N Clean?“

„Du meinst, die Firma von Mellie Winslow?“

„Ja.“

„Darüber habe ich nur Gutes gehört. Hin und wieder hat Amanda sie hier im Diner eingesetzt. Und ich kenne eine Reihe von Leuten, die mit der Firma sehr zufrieden sind. Warum fragst du?“

„Meine ehemalige Haushälterin ist vor acht Monaten in Rente gegangen und nach Florida umgezogen. Ich brauche dringend Ersatz, vor allem seit durch den TCC noch mehr Arbeit auf mich zukommt. Aber ich bin auch viel auf der Ranch unterwegs. Die Vorstellung, jemand Fremden im Haus zu haben, behagt mir gar nicht.“

„Ich bin sicher, dass Mellies Mitarbeiter wissen, wie sie sich darauf einstellen müssen. Zumindest habe ich noch von keinen Beschwerden gehört.“

„Und wie ist es mit Mellie selbst? Da ihre Leute voll ausgelastet sind, bot sie an, den Job selbst zu übernehmen.“

Nathan zog überrascht die Augenbrauen hoch. Er wusste natürlich über Case’ kurze, spektakulär gescheiterte Ehe Bescheid. Es war kein Geheimnis, aber es war Case peinlich. Heute war ihm klar, dass er damals nur mit gewissen Körperpartien, aber nicht mit dem Kopf gedacht hatte. Das Ergebnis war ihm eine Lehre gewesen.

„Fragst du mich das als Boss oder als Mann?“, wollte Nathan wissen.

„Was meinst du damit?“

„Na ja, Mellie Winslow ist nicht nur eine gute Geschäftsfrau, sie sieht außerdem fantastisch aus. Sie ist ungebunden, intelligent und hat Humor. Jeder Mann würde sich nach ihr die Finger ablecken.“

„Verdammt noch mal, Nathan!“ Case nahm einen Schluck Kaffee und verschluckte sich fast an dem heißen Gebräu. „Warum glauben meine verheirateten Freunde nur immer, sie müssten mich unbedingt verkuppeln?“

Nathan grinste. „Wie oft hattest du im letzten Monat Sex?“

Case blickte in seinen Kaffeebecher. „Nicht jeder hat so viel Glück mit seiner Ehe“, murmelte er vor sich hin. „Amanda ist ja auch ein Schatz.“

„Genauso wie Mellie. Vorurteile solltest du nicht haben. Und um es deutlich zu sagen, ich spreche hier von der Geschäftsfrau Mellie. Du kannst ihr vertrauen, wenn es das ist, was du wissen wolltest. Ganz sicher klaut sie nicht dein Silber oder verschwindet mit einem Picasso.“

Case’ Eltern hatten Kunst gesammelt. Wenn auch nicht gerade ein Picasso darunter war, so hatten sie es doch zu einer ausgesuchten Gemäldegalerie gebracht.

„Gut zu wissen. Sie machte einen ehrlichen Eindruck, aber es ist immer besser, noch eine andere Meinung zu hören. Gibt’s noch was?“ Als Nathan kurz die Stirn runzelte, hakte Case nach: „Was ist es? Spuck’s aus!“

„Ich dachte gerade an Mellies Vater. Vor dem musst du dich in Acht nehmen. Er ist ein Säufer und ein ziemlich übler Kerl. Mellie gezeugt zu haben, ist das einzig Positive, das man ihm nachsagen kann. Mehrmals im Jahr muss ich ihn wegen öffentlicher Ruhestörung verhaften.“

„Und Mellie unterstützt ihn?“

„Nein. Er lebt von den Pachteinnahmen diverser Grundstücke, die seit Generationen im Besitz der Winslows sind. Dazu gehört übrigens auch das Land, auf dem unser Clubhaus steht. Früher hat Mellie in der Verwaltung von Winslow Properties mitgearbeitet. Aber dann hat sie ihr eigenes Unternehmen gegründet, um möglichst wenig mit ihrem Vater zu tun zu haben.“

„Und was ist mit der Mutter?“

Autor

Janice Maynard
Janice Maynard wuchs in Chattanooga, Tennessee auf. Sie heiratete ihre High-School-Liebe während beide das College gemeinsam in Virginia abschlossen. Später machte sie ihren Master in Literaturwissenschaften an der East Tennessee State University. 15 Jahre lang lehrte sie in einem Kindergarten und einer zweiten Klasse in Knoxville an den Ausläufern der...
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