Nur einmal - oder für immer?

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Beim Speed-Dating ist für Sophie niemand dabei. Doch die frisch getrennte Singlefrau braucht dringend einen Mann – natürlich nur für die Hochzeit ihrer Freundin! Da macht ihr der sexy Barbesitzer Dan Halliday spontan einen aufregenden Vorschlag, zu dem sie nicht Nein sagen kann …


  • Erscheinungstag 30.05.2024
  • ISBN / Artikelnummer 9783751529655
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Das Sophie-Projekt (Projektleiterin: S. Morgan)

Aufgabe eins: einen Partner finden

„Nur damit Sie Bescheid wissen: Ich kann keine Kinder bekommen.“

Sophie Morgan beobachtete, wie sich der Gesichtsausdruck des Mannes, der ihr gegenübersaß, veränderte. Eben noch hatte er gelächelt, jetzt sah er sie verstört an. Sie trank einen Schluck von ihrem Martini, bevor sie weitersprach. „Ich kann es wirklich nicht. Es würde auch nichts ändern, wenn ich ‚aufhöre, es zu versuchen‘ oder ‚in den Urlaub fahre‘ oder mich ‚einfach entspanne‘.“

Der Mann verschluckte sich an seinem Bier. „Ist es für so ein Gespräch nicht ein bisschen früh? Wir kennen uns erst seit fünf Minuten.“

Einen Moment später brachte das Läuten einer silbernen Tischglocke alle im Raum zum Verstummen.

Die Frau, die das Speed-Dating moderierte, sah deprimierend gut aus. Sie würde nie als Kandidatin an so einer Veranstaltung teilnehmen, um auf die schnelle Art jemanden kennenzulernen, dessen war sich Sophie sicher. Anders als sie selbst schien sich die Modelschönheit in der hypermodernen Bar mit dem schwarzen Granitboden und der Chrom- und Glaseinrichtung wohlzufühlen. In Sydney waren solche Locations Sophies zweites Zuhause gewesen. Aber jetzt in Perth, dreitausend Kilometer von ihrem alten Leben entfernt, kam sie sich wie eine Hochstaplerin vor.

„So, meine Herren, es ist Zeit, dass Sie sich verabschieden und zu Ihrem nächsten Date gehen.“

Der Mann sah noch immer wie betäubt aus, deshalb erklärte Sophie es ihm rasch. Sie wusste ja, dass es nicht normal war, mit ihrer Unfruchtbarkeit so schnell herauszuplatzen. „Alle hier wollen eine Beziehung, richtig?“

Er nickte. Tatsächlich war dieser Abend eigens für Leute, die eine Langzeitbeziehung suchten.

„Und für die meisten Menschen gehören zu einer festen Beziehung auf die Dauer Kinder dazu. Mit mir ist das nicht möglich. Ich finde es nur fair, von Anfang an mit offenen Karten zu spielen.“

„Nicht jeder will Kinder haben.“

Lächelnd zuckte Sophie die Schultern. „Vielleicht denken Sie später einmal völlig anders darüber.“

Menschen änderten ihre Meinung.

„Warum sich jetzt schon darüber Gedanken machen?“, fragte er, während er aufstand. „Warum eine neue Beziehung nicht einfach laufen lassen?“

Er setzte sich an den Nebentisch, richtete seine Aufmerksamkeit schon auf sein nächstes Date. Sophie beneidete ihn um seine Naivität. Darum, dass er eine Beziehung im Hier und Jetzt führen und so tun konnte, als würde man nur einander brauchen. Sie konnte das nicht. Nicht noch einmal.

Natürlich sehnte auch sie sich nach einem Happy End wie im Märchen. Sie würde zu gern mit ihrem Traummann zusammen alt werden. Was auch immer „Traummann“ bedeutete. Auf jeden Fall musste es einer sein, der wirklich keine Kinder wollte. Aber wie sollte sie das zweifelsfrei feststellen? Einer, der aus einer anderen Beziehung schon Kinder hatte? Oder schon älter war? Eigentlich stand sie nicht auf ältere Männer.

Sophie trank einen Schluck von ihrem Cocktail. Offensichtlich wusste sie nicht, was sie wollte. Sie wusste nur, dass sie nicht mit einem Typen ihre Zeit verschwenden wollte, der sie verließ, sobald er erfuhr, dass sie ihm nicht geben konnte, was er sich wünschte. Sie würde nicht noch einmal ihr Herz riskieren. Es offen anzusprechen war eine gute Idee.

Dennoch kreiste sie jetzt neben dem Namen ihres letzten Dates „Nein“ ein. Wie sie es bei den vier Männern vor ihm getan hatte und wahrscheinlich bei den verbleibenden fünf tun würde.

Nein. Sie musste positiv denken!

Noch war sie nicht bereit zuzugeben, dass das Speed-Dating ein Fehler gewesen war. Schließlich war es die erste Aufgabe auf ihrer Liste. Wenn sie nicht einmal das schaffte, wie standen dann die Chancen für den Rest ihres Projekts?

Ihre Bombe so schnell platzen zu lassen, war vielleicht nicht normal. Aber dass sie ihr Leben wie ein Projekt plante, war verrückt und Sophie wusste es. Trotzdem – sie wollte unbedingt weitermachen! Nach den chaotischen, richtungslosen vergangenen sechs Monaten brauchte sie ein Ziel, einen festen Plan.

Sophie griff in ihre Handtasche und befühlte das gefaltete Blatt Papier, das sie heute Abend hierher geführt hatte. Es gab ihr etwas, worauf sie sich konzentrieren konnte. Listen mit Aufgaben und Deadlines beruhigten sie. Das Dokument, das sie auf ihrem Laptop erarbeitet hatte, war ihr vom Aufbau her vertraut und unterschied sich dennoch völlig von ihrer gewohnten Arbeit. Diesmal ging es für Sophie Morgan, Projektleiterin, nicht um die verbesserte Version einer Software oder die Einführung einer neuen Hardware.

Nein, jetzt war ihr Leben das Projekt. Ihr neues Leben.

Sophie holte tief Atem und straffte die Schultern. Sie würde nicht vorschnell „Nein“ einkreisen. Und sie würde weiterhin ihre … Situation offen ansprechen. Bisher war die Reaktion darauf immer gleich gewesen, abgesehen davon, dass sich ihr letztes Date auch noch an seinem Bier verschluckt hatte.

Der nächste Mann setzte sich ihr gegenüber. Er war mittelgroß, hatte leuchtend rotes Haar und strahlte sie an.

„Hi“, sagte er und wurde seinen anscheinend lange geübten Spruch los. „Wieso hat es eine umwerfend schöne Frau wie du nötig, zu einem Speed-Dating zu gehen?“

Aber Sophie lachte trotzdem, fest entschlossen, in den nächsten viereinhalb Minuten Spaß zu haben.

Dann würde sie es ihn wissen lassen.

Nach dem dritten oder vierten verstohlenen Blick gab Dan Halliday auf und sah einfach hin. Irgendetwas an der Frau, die sich noch in seiner Bar aufhielt, lange nachdem die anderen Teilnehmer des Speed-Datings gegangen waren, faszinierte ihn. Die Schönheit zu betrachten, die sich auf seine Theke stützte, war viel interessanter, als Weingläser zu polieren oder die Abendeinnahmen zu zählen.

Sie hatte sich auf ihrem Barhocker etwas herumgedreht, sodass sie aus dem Fenster der „Subiaco Wine Bar“ blicken konnte. Allerdings glaubte Dan nicht, dass sie Leute beobachtete. Als er sie gefragt hatte, ob sie noch einen Drink wolle, hatte er das Gefühl gehabt, dass er störte, dass sie in ihre eigene kleine Welt versunken war. Seitdem hatte er sie in Ruhe gelassen.

Wenn sie die Leute draußen beobachtet hätte, dann wäre ihr aufgefallen, dass in der Straße nur noch die typischen Nachtschwärmer unterwegs waren. Die Cafés und Restaurants hatten inzwischen geschlossen, geöffnet blieben lediglich die Pubs und Nachtclubs. Er musste auch zumachen, und die schöne Frau war der letzte Gast.

Sie hatte langes dunkelblondes Haar, das zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden war, Pfirsichhaut, eine schmale Nase und ein Kinn, das Eigensinnigkeit andeutete.

Da sie saß, ließ es sich nicht mit Sicherheit sagen, aber Dan schätzte, dass sie groß war. Sie trug eine dunkelrote Seidenbluse, und er konnte das vergessene Namensschild vom Speed-Dating neben ihrem V-Ausschnitt sehen.

Und dann wandte sie ihm das Gesicht zu. „Haben Sie schon geschlossen? Soll ich gehen?“

Selbst von dort, wo er stand, ein paar Meter entfernt, fesselte ihn die intensive Farbe ihrer Augen. Anders als das Blau seiner Augen war ihres dunkler, kräftiger. Ausdrucksvoller.

Dan räusperte sich. „Ja. Und nein. Sie können gern bleiben und austrinken.“

„Wirklich? Bestimmt bin ich schon seit …“, sie sah auf ihre Armbanduhr, „… drei Stunden hier, und ich habe erst die Hälfte meines Cocktails getrunken. Vielleicht müssen Sie noch eine Weile warten.“

Er stellte das Glas hin, das er untätig in Händen gehalten hatte, während er die Frau beobachtet hatte. Oder hast du sie lüstern angestarrt, Dan? „Ehrlich, es stört mich nicht.“ Er ging zu ihr. „Anscheinend haben Sie über vieles nachzudenken. Wie wäre es, wenn ich Ihnen einen frischen Cocktail auf Kosten des Hauses mixe und Sie einfach hier sitzen bleiben und weiter nachdenken, bis ich mit dem Aufräumen fertig bin?“

„Nein danke. Ich werde gehen.“

„Also hat es sich gelöst?“

Sie runzelte die Stirn. „Was?“

„Das, worüber Sie nachgedacht haben. Haben Sie eine Lösung gefunden? Hat es sich erledigt?“

Ihr Lachen klang brüchig. „Nein. Aber ein Cocktail mehr wird mein verfahrenes Leben nicht in Ordnung bringen.“

Er sollte sie einfach gehen lassen. Ungefähr jetzt müsste das Bauchgefühl eines überzeugten Singles Alarm schlagen. Die Frau hatte an einem Speed-Dating teilgenommen und ihr verfahrenes Leben eingestanden. Das war eine Alarmglocke für „will eine Beziehung“ und eine zweite für „hat Probleme“.

Stattdessen griff Dan nach einem sauberen Martiniglas und dachte nicht weiter darüber nach, warum er nicht wollte, dass sie ging. „Bleiben Sie.“

Ein Moment verstrich, dann nickte sie lächelnd. „Danke.“

Rasch blickte Dan auf ihr Namensschild.

Sophie.

Alles in ihr sträubte sich, ihrer Mutter ausführlich von ihrem „Abenteuer“ zu erzählen, wie sie die Veranstaltung hartnäckig nannte. Deshalb hatte sich Sophie so lange an der Theke aufgehalten. Zumindest war das der ursprüngliche Grund. Aber es war Stunden her, dass sie „Warte nicht auf mich“ gesimst hatte – sich vollkommen bewusst, dass sie das Verhör damit nur hinausschob. Und trotzdem saß sie noch immer hier.

In den vergangenen Monaten war sie nicht mutig genug gewesen, zurückzublicken. An diesem Abend hatte sie die Erinnerungen jedoch zum ersten Mal zugelassen, anstatt sie zu verdrängen.

Sydney.

Rick.

Ricks neue Freundin.

Ricks schwangere Freundin.

In Gedanken versunken, hatte Sophie nicht bemerkt, wie die anderen Gäste gegangen waren. Und was wirklich ungewöhnlich war: Sie hatte nicht bemerkt, dass der Barkeeper umwerfend gut aussah.

Dass er sie beobachtete, hatte sie gespürt. Als sie ihm das Gesicht zugewandt hatte, hatte sie damit gerechnet, dass er sie wütend aufforderte, auszutrinken und zu gehen. Aber in seinem Blick hatte unbestreitbares Interesse gelegen.

Sie hob den frischen Martini an die Lippen und musterte den Barkeeper über den Rand des Glases, während er lässig an der Theke lehnte und das Geld aus der Kasse zählte. Er trug dunkelgraue Jeans und ein eng geschnittenes schwarzes Hemd, das seine breiten Schultern betonte. Die hochgekrempelten Ärmel zeigten kräftige Arme.

Mit seinem kurz geschnittenen schwarzen Haar, dem dunklen Teint und den himmelblauen Augen sah er viel besser aus als jedes ihrer Dates an diesem Abend. Natürlich waren das Aussehen, die Intelligenz und der Charme der Männer vorhin nicht das Problem gewesen. Nicht einmal die Reaktion auf ihre unverlangt abgegebene Erklärung.

Nein, das Problem war, dass sie sich geirrt hatte. Sie war einfach noch nicht bereit für eine neue Beziehung.

Ihrem gebrochenen Herzen war es gleichgültig, dass sie einen perfekten Plan in der Handtasche hatte. Sie konnte sich nicht einfach eine Frist setzen, bis zu der sie über alles hinwegkommen musste.

„Wie läuft es mit dem Nachdenken?“

„Gut, danke!“ Sophie hielt ihr Glas hoch. „Außerdem habe ich fast ausgetrunken, also sind Sie mich gleich los.“

„Möchten Sie darüber reden?“

„Nein!“ Sie kippte den Rest ihres Martinis hinunter und stellte das Glas ein bisschen zu heftig auf die polierte Theke.

Der Barkeeper zog die Augenbrauen hoch. „Ich besitze dieses Lokal seit zehn Jahren. Glauben Sie mir, ich weiß, wann es jemand nötig hat zu reden.“

Sophie glitt vom Barhocker, hängte sich die Handtasche über die Schulter und ging zum Ausgang, wo gerade ein Angestellter fegte, aber er hörte damit auf und öffnete die Tür für sie.

Was hatte sie erwartet? Dass der Barkeeper ihr folgen würde? Sie auffordern würde, stehenzubleiben?

Dass er weder das eine noch das andere tat, veranlasste Sophie zu zögern. Ihrer Mutter oder ihrer Schwester konnte sie ihr Herz nicht ausschütten. Die beiden unterbrachen sie ständig, urteilten, wollten ihr unbedingt eine Lösung bieten, während sie doch nur jemanden brauchte, der ihr zuhörte.

Das war der Grund dafür, dass Sophie der Versuchung nicht widerstehen konnte, mit einem Mann zu reden, der sie nicht kannte und den sie wahrscheinlich nie wiedersehen würde. Sie ging zurück an die Theke.

In aller Ruhe polierte er gerade ein Weinglas.

Sophie holte tief Luft. „Mein Verlobter hat mich zwei Monate vor unserer Hochzeit sitzen lassen.“

„Autsch“, sagte der Barkeeper. „Ich mixe Ihnen noch einen Drink.“

2. KAPITEL

Das Sophie-Projekt (Projektleiterin: S. Morgan)

Aufgabe eins: einen Freund zum Ausgehen finden?

Sophie war nicht sicher, wie lange sie geredet hatte, aber sie hatte viel geredet. Mehr als in den vergangenen sechs Monaten zusammen. Wahrscheinlich mehr, als der Barkeeper erwartet hatte. Armer Kerl. Er saß auf einem Hocker neben ihr, so nah, dass sein Knie fast ihres berührte, und trank noch immer seinen ersten Bourbon mit Cola. Vorhin hatte er die meisten Lampen ausgeschaltet, sodass nur noch das weiche, mehrfarbige Leuchten der von hinten angestrahlten Spirituosen und Liköre den Raum erhellte.

Jetzt wusste der Mann, dass Rick sie wegen einer anderen Frau verlassen hatte – zu allem Unglück war es auch noch eine gemeinsame Kollegin. Er wusste, dass Sophie hatte kündigen müssen, weil es ein Ding der Unmöglichkeit gewesen wäre, jeden Tag mit ihrem Ex und seiner neuen Partnerin zusammenzuarbeiten. Er wusste, dass Sophie ihren Anteil am gemeinsamen Haus an Rick verkauft und das Geld sofort für eine Rucksacktour durch Asien ausgegeben hatte.

Und er wusste, dass sie – ohne Job und ohne Wohnung – zurück nach Western Australien gezogen war und bei ihrer Mutter lebte, die es gut meinte, sie aber mit ihrer Fürsorglichkeit erdrückte.

Alles hatte Sophie ihm jedoch nicht verraten. Ausgerechnet das, was sie an diesem Abend jedem anderen Mann hier erzählt hatte, hatte sie verschwiegen. Warum?

Die Antwort war leicht. Sie hatte genug von den schockierten Blicken. Beides zusammen, die Katastrophe mit Rick und ihre Unfruchtbarkeit, das war einfach zu viel. Mitleiderregend. Und sie wollte nicht das Mitleid des Lokalbesitzers.

Außerdem hätte sie ihm das Schlimmste sowieso nicht erzählt. Das, was Rick zu ihr gesagt hatte, würde sie nicht einmal mit ihrem Fremden teilen.

Moment mal. Ihr Fremder?

Ach, egal. Entscheidend war, dass sie endlich mit jemandem über all die Erinnerungen und die Wut gesprochen hatte. Und sie war dazu in der Lage gewesen, weil sie ihn nie wiedersehen würde.

Während sie geredet hatte, war nur wichtig gewesen, dass er ihr zuhörte. Aber jetzt fiel es ihr schwer, sein markantes Gesicht zu ignorieren, seine athletische Figur, die muskulösen Oberschenkel.

„Warum sind Sie heute Abend zum Speed-Dating gekommen?“

Fast erschrak sie, als sie nach ihrem wohl mindestens zweistündigen Monolog seine Stimme hörte. Am Anfang hatte er ein paar Fragen gestellt, doch sobald sie richtig in Fahrt gewesen war – und wie! –, hatte er sie reden lassen. Plötzlich wurde sie furchtbar verlegen. Dagegen half ein großer Schluck von ihrem Drink. Sie hatte morgen Zeit genug, sich dafür zu schämen, wie viel sie ihm ziemlich beschwipst erzählt hatte.

„Aus dem üblichen Grund. Ich wollte jemanden kennenlernen.“

„Wirklich? Nach allem, was ich eben gehört habe, sind Sie keine Frau, die sich sofort in eine neue Beziehung stürzt.“

„Ich weiß.“ Ihre Schultern sackten nach vorn. „Es war eine dumme Idee. Aber bis es losging, hielt ich sie für gut. Und ich wollte mein Projekt star…“ Stopp! Ihr Barmann hatte schon mehr als genug über sie erfahren. Nicht nötig, „völlig von der Rolle“ hinzuzufügen.

„Projekt?“, fragte er.

Zu spät.

„Ach, nichts.“ Verzweifelt spürte Sophie, dass sie rot wurde.

Er beugte sich vor, seine Augen funkelten vor Neugier. „Sie haben gesagt, Sie sind Projektleiterin. Was für Projekte leiten Sie denn normalerweise?“

„IT“, erwiderte sie und redete schnell weiter in der Hoffnung, ihn abzulenken. „Zuletzt habe ich für eine große Bank in Sydney eine neue Software eingeführt. Und davor habe ich sechs Monate lang an der Umstrukturierung einer Universität gearbeitet. Und … tja …“ Unter seinem unverwandten Blick gingen ihr die Worte aus.

„War für eines dieser Projekte Speed-Dating erforderlich?“ Er grinste frech.

Sophie funkelte ihn wütend an. Na schön, er wollte es also tatsächlich wissen? Sie griff nach der großen Handtasche zu ihren Füßen, zog das gefaltete A3-Blatt heraus und breitete es auf der Theke aus.

„Auf die Idee bin ich durch meine Hochzeitsplanung gekommen. Wenn ich dafür einen Plan hatte, warum dann nicht einen für mein Leben machen?“ Sophie sah nicht auf von der Liste mit Aufgaben und den breiten waagerechten Strichen für Events und Stichtage, während sie sich darauf gefasst machte, dass der Barkeeper sie auslachte. „Ich habe schon immer gern Listen geführt und alles durchorganisiert, deshalb finde ich diesen Schritt ganz natürlich.“

Da er weiter schwieg, sah sie schließlich auf. Sein freches Lächeln war verschwunden. Stattdessen blickte er sie forschend an.

Großartig. Sie tat ihm leid.

Was hatte sie sich dabei gedacht? Sie hatte den Plan nicht einmal ihrer Mutter gezeigt, weil sie es nicht verstehen würde. Niemand würde es verstehen. Besonders nicht ein gut aussehender Barkeeper, für den sie nur ein namenloser Gast war.

Sie wollte das Blatt Papier wieder zusammenfalten. „Vergessen Sie’s. Es war bloß eine dumme Idee …“

Er legte die Hand auf ihre. „Nein, war es nicht.“

Seine Hand war warm, viel größer als ihre, seine dunkle Haut ein starker Kontrast zu ihrer hellen. Die für das australische Klima völlig ungeeignet war. Sophie hatte sich immer darüber geärgert, wie schnell sie sich einen Sonnenbrand holte, aber jetzt mochte sie es, wie zart ihre Haut neben der des Barkeepers aussah. Zart fühlte sich Sophie mit ihren ein Meter siebenundsiebzig selten.

Ihre Blicke begegneten sich.

„Sie sind eine Projektleiterin, die ihr Leben wieder auf die Reihe bringen will, also nutzen Sie die Methode, die Sie kennen. Wenn es funktioniert, warum nicht?“

Zu ihrem Entsetzen war sie den Tränen nahe. Sie hatte nicht ein einziges Mal geweint, während sie ihre traurige Geschichte erzählt hatte, da würde sie nicht jetzt damit anfangen!

Vorsichtig zog sie ihre Hand unter seiner hervor und vermisste sofort seine Berührung. „Wenn Sie sich den Plan richtig ansehen, denken Sie vielleicht anders darüber.“

Auf der Seite waren die Aufgaben für die nächsten fünf Wochen eingetragen. Viele davon waren durchaus zu schaffen: Lebenslauf aktualisieren. Von zu Hause ausziehen.

Andere wirkten nach dem Reinfall von heute Abend lachhaft optimistisch: Einen Partner finden. Das war die schlimmste von allen, und natürlich hingen an dieser Aufgabe viele des restlichen Plans, einschließlich der großen, die alles in Gang gesetzt hatte. Die Einladung, die vor einer Woche im Briefkasten ihrer Mutter gelandet war. Sophie hatte diese Aufgabe mit Rotstift eingetragen.

An Karens Hochzeit teilnehmen.

Solch ein freudiges Ereignis. Eine enge Freundin von Sophie heiratete. Und dennoch fürchtete sie sich vor dem Tag. Jetzt, da sie einsah, dass sie allein hingehen würde, graute ihr richtiggehend davor.

„Speed-Dating gehörte zu Aufgabe eins?“, fragte der Barkeeper.

Sie nickte.

„Hatten Sie denn Glück? Mit den Männern heute Abend?“

„Nein. Ich bin überhaupt noch nicht bereit zu einer neuen Beziehung. Sie waren alle nett und hatten es nicht verdient, dass ich ihre Zeit verschwende.“

Entspannte sich die Körperhaltung des Barkeepers? Ja, Sophie war sich fast sicher. Erleichtert konnte er doch wohl nicht sein? Sie hatte stundenlang über ihren Ex geredet und ihm dann ihren Organisationsfimmel vorgeführt. Für eine gute Flirttechnik hielt sie das nicht.

Außerdem war sie schließlich noch nicht bereit, oder?

„Und nun gehen Sie weiter zu den Unteraufgaben? Partnersuche online. Sich zu einem neuen Kurs anmelden. Was für ein Kurs?“

„Salsa tanzen. Aktzeichnen. So etwas.“

Er lächelte breit. „Glauben Sie, dass Sie so Ihren neuen Partner finden?“

„Ja. Und es hätte funktioniert. Meine Projekte sind immer erfolgreich.“

„Man kann sein Liebesleben nicht planen.“

„Da bin ich anderer Meinung.“ Sophie hatte immer alles in ihrem Leben durchorganisiert. Selbst auf ihrer Abenteuertour durch Südostasien war sie einer sorgfältig geplanten Reiseroute gefolgt. Und abgesehen von der Katastrophe mit Rick war sie immer gut damit gefahren. „Nur weil Sie es nicht so anpacken, muss es ja nicht falsch sein.“

„Woher wollen Sie wissen, dass ich nicht der Typ für Speed-Dating oder einen Kurs in Aktzeichnen bin?“

Jetzt lächelte Sophie. Aktzeichnen für diesen Mann? Nur, wenn er das Modell war. Sie musterte ihn, hoffentlich unauffällig. Groß, dunkel, attraktiv. Drei Häkchen.

Wenn sie ihn in einem Kurs als Modell vor sich hätte, würde sie keine anderen Männer ansehen.

Sie sollte gar keine Männer ansehen. Das war der springende Punkt. Sie war gerade zu dem Schluss gekommen, dass sie zu einer Beziehung nicht bereit war. Sich ihren Barkeeper nackt vorzustellen, war nicht gerade hilfreich.

Selbstverständlich war er auch nicht der Typ, der zum Speed-Dating ging. Wahrscheinlich stürzten sich jeden Abend Frauen über die Theke in seine Arme. Und Sophie war sich ziemlich sicher, dass er nicht vom trauten Heim mit Ehefrau und Kindern träumte.

Verstohlen blickte sie ihn noch einmal an. Dass er sexy war, ließ sich nicht leugnen. Ja, er war eindeutig ein Herzensbrecher.

„So ein Mann sind Sie nicht“, sagte sie sehr bestimmt.

„Ganz sicher? Obwohl Sie nichts über mich wissen?“

Plötzlich wurde ihr bewusst, dass sich das Gespräch seit Stunden nur um sie drehte. Zuerst die Geschichte mit Rick. Danach ihr blöder Plan. Vor Scham wurde ihr heiß. „Es tut mir leid. Sie müssen sich zu Tode langweilen.“

Gelassen zuckte er die Schultern. „Sie hatten das Bedürfnis zu reden, also habe ich zugehört.“

Aber jetzt wünschte sie, er würde reden. Sie wollte erfahren, wer er war, was er in seiner Freizeit machte.

Und das zu wollen war noch dümmer, als ihn sich nackt vorzustellen.

Sie hatte geredet, er hatte zugehört, und sie fühlte sich wirklich besser. Nun sollte sie nach Hause gehen.

Aber sie sehnte sich danach, noch zu bleiben. Manchmal, wenn er sie ansah, flackerte in seinem ruhigen, verständnisvollen Blick Leidenschaft auf, und das war … fantastisch. Außerdem war es so lange her, dass sie etwas Angenehmes empfunden hatte. Etwas anderes als Traurigkeit, Demütigung oder Zurückweisung.

Sophie war im Begriff, ihm zu danken, ihre Cocktails zu bezahlen und zu gehen. Sie würde ihn nie wiedersehen. Ihr Barkeeper würde einfach ein freundlicher, unglaublich attraktiver Fremder bleiben.

Stattdessen streckte sie die Hand aus. „Hi, ich heiße Sophie.“

„Ich weiß.“ Lächelnd blickte er auf ihre Brust.

Erst da erinnerte sich Sophie an das Namensschild. „So viel dazu, mich für die große Unbekannte zu halten.“ Sie riss es ab, zerknüllte es und ließ es auf die Theke fallen, dann streckte sie noch einmal die Hand aus.

„Ich bin Dan“, sagte er und ergriff sie.

Ein kleiner Stromstoß schoss ihren Arm hoch, bevor sich die Spannung tief in ihrem Innern festsetzte. Das war ein gefährliches, aber herrliches Gefühl.

„Hi, Dan“, sagte Sophie leise. Ihre Blicke trafen sich. „Wenn du meinst, jemanden kennenzulernen kann man nicht planen, was würdest du denn machen?“

Autor

Leah Ashton

Anders als viele unserer Autorinnen hat Leah Ashton nicht immer vorgehabt, selbst zu schreiben. Sie hat zwar schon als Kind alles gelesen, das ihr in die Finger kam – von Büchern bis hin zur Rückseite der Cornflakes-Verpackung beim Frühstück –, doch ans Schreiben dachte sie erst nicht. Eines Tages entdeckte...

Mehr erfahren