Nur in deinen Armen bin ich geborgen

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"Ich bin genau der richtige Mann für Sie!", behauptet Securityboss Adam Steele gegenüber Starpianistin Ani! Doch nur weil ihr ein Fan aufdringliche E-Mails schreibt, braucht sie keinen Bodyguard - schon gar nicht jemanden wie Adam! Wie soll sie sich seiner überwältigenden männlichen Ausstrahlung entziehen, wenn er auf ihrer Europa-Tournee Tag und Nacht in ihrer Nähe ist? Nach einem schmerzlichen Verlust darf Ani es nicht riskieren, erneut ihr Herz zu verlieren! Aber dann wird der Stalker gefährlicher - und nur Adam kann sie beschützen …


  • Erscheinungstag 23.02.2021
  • Bandnummer 042021
  • ISBN / Artikelnummer 9783733718572
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Eigentlich wusste Adam Steele, dass er den richtigen Job hatte. Als CEO von Steele Security Services, einem Unternehmen, das für den persönlichen Schutz von Prominenten in aller Welt sorgte, blieb für ihn persönlich wie materiell nichts zu wünschen übrig. Doch ab und zu gab es einen Auftrag, von dem er wusste, dass er ihm nichts als Riesenärger einbringen würde.

Bevor er seinen Gedanken noch länger nachhängen konnte, hielt der Aufzug mit einem leisen Ping, und die fleckenlos glänzenden Türen glitten auf. Adam ging hinein und gab die Nummer des obersten Stockwerks ein.

Er hätte Nein sagen sollen, als sein Freund Brant Terrance ihn um ein Treffen bat. Eine Ahnung sagte ihm, dass er dieses Treffen noch bereuen würde.

Doch Brant akzeptierte selten ein Nein. Das hatte Adam schon während ihrer gemeinsamen Militärzeit lernen müssen. Er kannte Brants Charakter, denn schließlich waren sie seit ihrer Schulzeit miteinander befreundet.

Während der gläserne Aufzug mit ihm nach oben schwebte, versuchte er sich auf den Anblick der Stadt Dallas unter ihm zu konzentrieren und die Bilder zu verdrängen, die plötzlich in ihm aufstiegen. Bilder von zerstörten Häusern, von einer Wüste …

Der Aufzug hielt und die Türen öffneten sich. Eine blonde Frau, die an einem Schreibtisch gegenüber dem Aufzug saß, erhob sich.

„Sie müssen Mr. Steele sein“, sagte sie mit einem strahlenden Lächeln. „Ich führe Sie zum Büro von Mr. Terrance. Man erwartet Sie schon.“

Adam folgte ihr den breiten Gang entlang.

„Darf ich Ihnen etwas anbieten? Kaffee? Oder Wasser?“, fragte ihn die Frau über die Schulter hinweg.

„Nein. Danke.“

Sie erreichten eine breite Tür, die leicht offen stand. Die Frau schob die Tür mit einem leichten Klopfen weiter auf und bedeutete ihm, einzutreten.

Hinter einem eleganten Tisch saßen zwei Männer in Maßanzügen, die sich bei seinem Anblick sofort erhoben. Jeder musste sie für Vater und Sohn halten.

Brant trat auf Adam zu und umarmte ihn. „Mensch, Adam, wie lange haben wir uns nicht gesehen! Du bist noch genauso hässlich wie früher.“

Adam lachte. Eigentlich war es verwunderlich, dass sie beide Freunde geworden waren. Brant war der geliebte Sohn einer sehr reichen Familie, während Adam mit kaum zehn Jahren sich selbst überlassen worden war. Wäre da nicht ein wohlhabender Onkel gewesen, der ihn aus Anstand, wenn auch widerwillig, bei sich aufgenommen hatte, Adam hätte sich in einem Waisenhaus wiedergefunden.

„Und du siehst besser aus, als dir gut tut“, erwiderte Adam.

„Das hat man mir schon öfter gesagt“, meinte Brant. Er deutete auf den älteren Mann hinter sich. „Du kennst meinen Vater.“

Adam streckte ihm über den Tisch hinweg die Hand hin. „Mr. Terrance, schön, Sie wiederzusehen.“

„Bitte, nennen Sie mich Edward. Schließlich sind wir inzwischen alle erwachsen“, antwortete Brants Vater, während er ihm die Hand schüttelte.

Alle drei setzten sich.

Brant holte tief Luft. „Zuerst einmal möchte ich sagen, dass wir vielleicht etwas viel von dir verlangen. Besonders, da du als Firmenboss solche Aufträge nicht mehr selbst erledigst. Und auch, weil du die infrage kommende Person kennst.“

Beim letzten Satz schrillten bei Adam alle Alarmglocken.

„Vielleicht sagst du mir einfach, worum es geht“, meinte er.

Brant holte tief Luft. „Es geht um Ani.“

Adam versuchte, bei der Erwähnung des Namens keine Reaktion zu zeigen, was ihm nicht leichtfiel. „Deine jüngere Schwester?“

„Richtig.“

„Ist etwas passiert? Das Letzte, was ich von ihr hörte, war, dass sie auf dem besten Weg ist, die internationale Musikwelt zu erobern.“ Anikita Terrance war ein musikalisches Wunderkind, schon im Alter von sechsundzwanzig Jahren eine Weltklassepianistin.

Brant nickte stolz. „Stimmt. Sie soll demnächst in Paris spielen. Dann in Brüssel.“

„Das Talent hat sie von ihrer Mutter“, fügte Edward hinzu, und seiner Stimme war noch immer die Trauer um Brants und Anis Mutter anzuhören, die vor mehr als zehn Jahren unerwartet gestorben war.

„Ist sie denn in Schwierigkeiten?“, fragte Adam.

„Ich fürchte, ja“, erwiderte Brant. „Wenn auch nicht durch ihre Schuld. Und ich halte dich für den Einzigen, der ihr da helfen kann.“

Ani unterdrückte ein ärgerliches Stöhnen und betrat das Hochhaus im Zentrum von Dallas, in dem sich der Hauptsitz des Familienunternehmens befand. Sosehr sie ihren Bruder und ihren Vater liebte, dieses Meeting würde eine Geduldsprobe werden.

Sie wusste, worüber die beiden mit ihr sprechen wollten. Und sie wusste auch, dass sie nur ihr Bestes im Sinn hatten. Trotzdem fand sie, dass sie wieder einmal übertrieben. Berühmte Leute erhielten immer beunruhigende Nachrichten. Oder solche, die beinahe berühmt waren, so wie sie.

Ja, sie hatte ein paar anonyme Briefe und E-Mails erhalten, in denen jemand von sich behauptete, ihre einzig wahre Liebe zu sein. Ihr Seelengefährte. Aber diese Nachrichten hatten nicht besonders bedrohlich auf sie gewirkt. Doch Brant und ihr Vater waren in Panik geraten, als ihr heimlicher Bewunderer im letzten Brief schrieb, er würde sich ihr zu erkennen geben, wenn die Zeit dafür gekommen wäre. Er würde sie mit sich nehmen, und sie würden dann glücklich bis ans Ende ihrer Tage zusammenleben. Das genügte, um die beiden wichtigsten Männer in ihrem Leben in helle Aufregung zu versetzen.

Deswegen war sie an diesem Morgen in das Büro ihres Vaters bestellt worden.

Natürlich kannte sie Horrorgeschichten von scheinbar harmloser Fanpost, die sich dann plötzlich als gefährlich und bedrohlich herausstellte. Sie fand nur, dass das in ihrem Fall nicht zutraf.

Der Fahrstuhl war endlich im obersten Stockwerk angekommen. Ani stieg aus. Je eher sie Brant und ihren Vater beruhigte, desto schneller konnte sie sich wieder auf die Proben für ihre bevorstehende Europatournee konzentrieren.

Im Vorübergehen winkte sie der Sekretärin ihres Vaters zu, die ihr ein Lächeln schenkte.

Zu ihrer Überraschung waren Brant und ihr Vater nicht allein. Bei ihrem Eintreten erhob sich ein Mann von seinem Stuhl. Er war groß und dunkelhaarig und hätte geradewegs dem Polo Magazine entstiegen sein können. Sein hervorragend geschnittener Maßanzug konnte seine muskulöse Figur nicht verbergen. Und irgendwie kam er Ani bekannt vor.

Er hielt ein kleines Notizbuch in der Hand, und langsam begann sie zu verstehen. Wie es schien, war einer von Dads Angestellten ein Fan von ihr.

Mit einem höflichen Lächeln nahm sie ihm das Notizbuch aus der Hand. Und hatte ein seltsames Gefühl, als sich dabei kurz ihre Finger berührten. Wirklich nur ganz kurz, doch sie verspürte ein eigenartiges Verlangen. Wirklich verrückt so etwas!

Sie verdrängte die beunruhigenden Gedanken, gab dem Mann ein Autogramm in sein Notizbuch, malte noch eine Note neben ihre Unterschrift und reichte ihm das Notizbuch.

Er stand da und sagte nichts. Noch nicht einmal: Danke. War er so beeindruckt von ihr? Und warum war es plötzlich so still im Raum?

Verwirrt sah Ani ihren Vater an. Der rieb sich die Stirn, während Brant sich zu amüsieren schien. Irgendetwas musste ihr entgangen sein.

Na gut, wenn kein anderer das Schweigen unterbrechen wollte … „Es ist immer schön, einen Fan zu treffen.“

Ihr Vater räusperte sich. „Er ist kein Fan, Ani.“

Ohne den Blick von ihr abzuwenden, zog der Fremde eine Augenbraue hoch. „Im Gegenteil, ich bin ein großer Bewunderer von Miss Terrance’ Kunst.“

Der leicht ironische Ton in seiner Stimme war nicht zu überhören. Ani wäre am liebsten im Boden versunken. Wer immer der Mann war, er war nicht wegen eines Autogramms gekommen. Kein Wunder, dass Brant aussah, als würde er gleich vor Lachen platzen.

Der Fremde trat näher an sie heran. Ani musste sich beherrschen, um nicht vor ihm zurückzuweichen. Er übte eine rätselhafte Anziehungskraft auf sie aus.

„Vielleicht sollte ich mich vorstellen“, meinte er.

Anis Verwirrung und Verlegenheit wuchs, als er hinzufügte: „Oder, besser gesagt, mich wieder in Erinnerung bringen, da Sie mich wirklich nicht zu erkennen scheinen.“

Doch bevor er fortfahren konnte, fiel Ani sein Name wieder ein. Natürlich! Adam Steele.

Wieso hatte sie ihn nicht sofort erkannt? Brant und Adam waren seit der Schule befreundet und später zusammen beim Militär gewesen. In seiner Gegenwart hatte Ani sich immer wie ein unbeholfener Teenager gefühlt. Und er schien sich schon über ihre bloße Gegenwart geärgert zu haben. Vielleicht weil sie ihn wie ein Schulmädchen angehimmelt hatte. Und sie war ja auch noch ein Schulmädchen gewesen. Wenn sie an ihre erste Reaktion auf ihn dachte, dann hatte ihr Körper ihn eher erkannt als ihr Kopf.

Sie erinnerte sich noch genau an einen bestimmten Nachmittag. Sie war zum Pool hinuntergegangen, ohne zu ahnen, dass Brant Adam und einige andere Freunde zum Schwimmen eingeladen hatte. Kaum war sie in ihrem neuen Bikini auf der Terrasse aufgetaucht, sprang Adam aus dem Pool. Ohne sich Zeit zum Abtrocknen zu nehmen, entschuldigte er sich nur kurz und verschwand.

Noch jetzt wurde ihr ganz heiß, wenn sie sich an den Anblick seiner durchtrainierten gebräunten Brust und seiner breiten Schultern erinnerte, von denen das Wasser tropfte. Ohne sie eines Blickes zu würdigen, war er an ihr vorbeigestürmt.

Wenn sie ihn jetzt so betrachtete, wunderte es sie nicht, dass sie ihn nicht erkannt hatte. Alle Anzeichen von Jungenhaftigkeit waren aus seinem Gesicht verschwunden. Er trug das dunkle Haar kürzer, und ein dunkler Schatten lag auf seinem markanten Kinn. Die Augen blickten härter.

Ani versuchte, ihre Erinnerungen zu verdrängen. Sie hatte peinlicherweise auf ihn gestanden, doch er war absolut eine Nummer zu groß gewesen für sie. Anders als die anderen Freunde von Brant war Adam immer von einer Aura umgeben gewesen, die sie schwer beschreiben konnte. Eine Aura der Unnahbarkeit. Der perfekte Köder, um einen linkischen Teenager in Verzückung geraten zu lassen.

Kein Wunder, dass er ihr erster richtiger Schwarm gewesen war. Und jetzt hatte sie sich gerade vor ihm zum Narren gemacht.

Adam fragte sich, ob sie irgendwelche Spielchen mit ihm trieb. So naiv konnte sie doch nicht sein! Es ärgerte ihn ein wenig, dass sie ihn nicht erkannt hatte.

Und sie hatte doch tatsächlich geglaubt, er wäre wegen eines Autogramms von ihr gekommen!

Um der Fairness willen musste er zugeben, dass er ihr gegenüber im Vorteil war. Immerhin wusste er, wer sie war. Wäre es andersherum gewesen, gut möglich, dass er sie auch nicht erkannt hätte.

Anikita war nicht länger der schlaksige Teenager mit Brille. Wie oft hatte er sie wegen der dicken Gläser und des straff gebundenen Pferdeschwanzes aufgezogen.

Jetzt gab es nichts mehr, womit er sie hätte aufziehen können. Die Brille war verschwunden. Ihr dichtes, glänzendes rotes Haar umrahmte jetzt in sanften Wellen ihr Gesicht und fiel ihr bis auf die Schultern. Was ihr Aussehen betraf, so hatte sie von beiden Elternteilen das Beste vererbt bekommen. Die dunklen mandelförmigen Augen ihrer Mutter, die aus Singapur stammte, und das feuerrote Haar von ihrem amerikanischen Vater. Es war eine umwerfende Kombination.

Damals hatte er sich auf unerklärliche Weise zu ihr hingezogen gefühlt. Vielleicht, weil sie ihn nie nach seiner Herkunft gefragt hatte. Vielleicht auch, weil sie eine der wenigen war, die ihm nicht das Gefühl gaben, in ihrem betuchten Freundeskreis fehl am Platz zu sein.

Außerdem hatte er schon damals die attraktive junge Frau hinter dem linkischen Äußeren von Brants kleiner Schwester erahnt. Und er hatte sich nicht getäuscht! Die erwachsene Anikita Terrance war eine Wucht.

Brant trat plötzlich zwischen sie. „Tut mir leid, Adam“, meinte er nervös. „Wir hatten bis jetzt noch keine Gelegenheit, die Sache richtig mit Ani zu besprechen. Außerdem will ihr die Idee nicht so recht gefallen.“

„Welche Idee?“, fragte Ani.

Adam rieb sich die Nasenwurzel. Na wunderbar, sie hatte keine Ahnung, warum er hier war. Was hatten Brant und sein Vater sich nur dabei gedacht?

Sein Freund schien seine Verärgerung zu spüren. „Du musst das verstehen, Adam. Wenn Ani mal vorbeischaute, fanden Dad und ich nie Gelegenheit, es ihr zu sagen.“

„Mir was zu sagen?“, fragte Ani.

Brant holte tief Luft. „Adam besitzt eine eigene Security Firma“, meinte er.

Adam beobachtete, wie Anis Gesicht versteinerte, als sie eins und eins zusammenzählte. „Willst du damit sagen, dass du mir einen Bodyguard aufs Auge drücken willst?“ Dem mörderischen Blick nach zu urteilen, den sie ihrem Bruder zuwarf, schien ihr die Idee wirklich nicht zu gefallen. Der gleiche wütende Blick traf ihren Vater. Der zuckte nur mit den Schultern.

„Adam ist der Beste auf diesem Gebiet. Ich würde ihm mein Leben anvertrauen. Und deines.“

„Du hattest kein Recht, eine solche Entscheidung zu treffen, Brant.“ Ohne seine Antwort abzuwarten, drehte sie sich zu Adam um. „Es tut mir leid, dass Sie umsonst gekommen sind, Mr. Steele. Ich benötige keinen persönlichen Schutz.“

Wie formell … Sie sprach ihn nicht mit seinem Vornamen an. Aus irgendeinem Grund ärgerte ihn das. Schlimm genug, dass sie sich nicht an ihn erinnert hatte.

„Du hast schließlich anonyme Briefe bekommen“, wandte Brant ein.

Sie funkelte ihren Bruder zornig an. „Die kann man wohl kaum bedrohlich nennen.“

„Bis jetzt nicht“, warf Adam ein.

„Genau. Ani, hör doch nur einmal …“

Adam schnitt Brant das Wort ab. „Wenn Sie möchten, gehe ich wieder, Ms. Terrance.“ Das formelle Spiel konnte er auch spielen. „Aber darf ich Ihnen zuvor ein paar Fragen stellen?“

Sie stieß einen tiefen Seufzer aus und lehnte sich an den Mahagoni-Schreibtisch ihres Vaters. „Ich denke ja. Das ist wohl das Mindeste, wo wir doch Ihre Zeit verschwendet haben.“

„Haben Sie eine Ahnung, wer der Absender sein könnte?“, fragte er sie.

Sie schüttelte den Kopf. „Ich bekomme andauernd Briefe.“

„Auch welche, die so regelmäßig kommen?“

„Nein. Er ist der Einzige, der mir regelmäßig E-Mails schickt.“

„Wie oft schickt er welche?“

„Mindestens drei Mal in der Woche. Er benutzt verschiedene Adressen. Aber die Unterschrift ist immer dieselbe. Er nennt sich ‚Anis Bewunderer‘.“

„Verstehe. Kamen die Mails von Anfang an so oft?“ Er hatte doch gar nicht vorgehabt, den Auftrag anzunehmen. Wieso wollte er jetzt, dass Ani mit ihm darüber sprach?

Er kannte die Antwort, wollte sie sich aber nicht eingestehen. Vom ersten Augenblick an hatte Ani seinen Beschützerinstinkt geweckt. Der Gedanke, dass sie sich vielleicht wirklich in Gefahr befand, gefiel ihm nicht.

Aber Ani benahm sich, als täte sie ihm einen Gefallen. Er war verrückt, hier herumzustehen, statt ihre Ablehnung zu akzeptieren und einfach zu gehen.

„Nein. Zuerst schrieb er einmal die Woche“, antwortete sie.

„Und dann ist das Ganze eskaliert.“

Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich würde ein paar E-Mails kaum eine Eskalation nennen.“

„Haben Sie wenigstens Ihre E-Mail-Adresse geändert?“ Er konnte sich den spöttisch vorwurfsvollen Ton nicht verkneifen.

„Natürlich habe ich das. Irgendwie scheint er die neue Adresse herausbekommen zu haben.“

„Dann kennt er sich mit so etwas aus und ist ziemlich entschlossen.“

Ani zeigte sich unbeeindruckt.

„Haben Sie eine der Mails beantwortet?“, fuhr Adam fort.

„Natürlich nicht.“

„Was, wenn er ungeduldig wird?“

„Ungeduldig?“

Er nickte. „Wenn er frustriert ist, weil Sie nicht antworten?“

„Ich denke, damit befassen wir uns, wenn es so weit ist.“

„Wenn es dann nicht zu spät ist.“

Sie reckte herausfordernd das Kinn. „Wie dem auch sei, im Augenblick brauche ich keinen Bodyguard.“ Doch dieses Mal klang sie nicht ganz so überzeugt. Ihre Stimme bebte unmerklich. „Ich sehe einfach keine Notwendigkeit dafür.“

Ani starrte ihn wütend an. Fast erwartete Adam, dass sie mit dem Fuß aufstampfte. Er nickte leicht mit dem Kopf. „Wenn Sie das sagen, Ms. Terrance.“

Ani musste sich beherrschen, um nicht mit dem Fuß aufzustampfen. Sie brauchte keinen Leibwächter. Und ganz bestimmt keinen so überheblichen, selbstgefälligen, wie dieser Adam Steele einer war! Der hatte vielleicht Nerven! Fragte sie, ob sie die einfachsten Vorsichtsmaßnahmen ergriffen hätte! Für wen hielt er sie eigentlich?

Dieses Mal waren Brant und ihr Vater wirklich zu weit gegangen.

Adam wandte sich an die beiden Männer. „Könnten wir einen Augenblick miteinander reden, Anikita und ich? Allein?“

Ani wollte protestieren, fand aber keine Worte. Auf keinen Fall wollte sie mit ihm allein sein. Schon mit ihm in einem Zimmer zu sein, brachte sie völlig durcheinander. Allein mit ihm würde sie wahrscheinlich nur noch herumstottern.

Doch ihr Vater und Brant zögerten keine Sekunde. Sie gingen hinaus und schlossen leise die Tür hinter sich.

„Ihr Vater und ihr Bruder sind sehr besorgt um Sie“, meinte Adam, kaum dass sie allein waren.

Während all der Jahre hatte sie sich oft vorgestellt, wie es wohl sein würde, ihm plötzlich zu begegnen. Dieses Szenario wäre ihr allerdings nie in den Sinn gekommen.

„Sie neigen dazu, sich übertrieben Sorgen zu machen.“

„Vielleicht. Aber ich kenne Ihren Bruder genug. Dieses Mal ist das anders. Er ist wirklich sehr besorgt.“

„Das ist nur, weil er daran gewöhnt ist, mich immer in der Nähe zu haben. Wo er oder mein Vater ein Auge auf mich haben können. Jetzt sind sie beide einfach schlecht gelaunt, weil ich auf Konzertreise gehe. Das ist alles.“

Er zuckte die Schultern. „Sie mögen recht haben. Aber ich bin nicht der Typ, dem es nichts ausmachen würde, wenn sich später herausstellt, dass Brant sich berechtigt Sorgen gemacht hat und ich nicht geholfen habe.“

„Selbst wenn ich es bin, die Sie darum bittet?“

„Ich fürchte ja. Außerdem ist da noch Ihr Vater.“

„Brant hat es Ihnen also erzählt?“

„Nur, dass es Edward vor ein paar Monaten gesundheitlich nicht gut ging.“

„Sein Herz. Er ist beim besten Herzspezialisten von Dallas in Behandlung.“

„Trotzdem, das Letzte, was er braucht, sind zusätzliche Sorgen um die Sicherheit seiner einzigen Tochter.“

Ani spürte, wie ihre Entschlossenheit in sich zusammenfiel wie ein Luftballon, in den jemand eine Nadel sticht. Natürlich hatte sie all das auch bedacht. Hatte sogar daran gedacht, ihre Konzertreise abzusagen. Doch dann hatte sie sich dagegen entschieden. So wie sie ihren Vater kannte, wäre der Gedanke, dass er sie davon abhielt, sich ihren Traum zu erfüllen, nicht weniger stressig für ihn als seine momentanen Sorgen um sie.

Sie strich sich mit der Hand über das Gesicht. „Muss es …? Ich meine, können wir …“

Er hob nur fragend eine Augenbraue.

Besser, sie sagte es geradeheraus. „Was ich sagen will, ist, müssen Sie es sein?“

An seinem Kinn zuckte ein Muskel. Zweifellos hatte ihre Frage ihn beleidigt. Plötzlich war Ani zum Heulen zumute. Was musste Adam nur von ihr denken? So wie sie sich benahm, hielt er sie womöglich für eine verwöhnte reiche Dilettantin, die daran gewöhnt war, zu bekommen, was sie wollte.

Und das war so weit weg von der Wirklichkeit!

Die Wahrheit war, dass Adam als Bodyguard ihre Vernunft ganz schön auf die Probe stellen würde. Sie beide zusammen – wie um alles in der Welt sollte sie sich da auf ihre Musik konzentrieren? Er hatte ja keine Ahnung davon, wie er auf sie wirkte.

Kaum sah sie ihn, benahm sie sich auch schon völlig untypisch. Nicht wie die vielversprechende Künstlerin, die sie war, sondern eher wie das alberne Schulmädchen, das man damals bei jeder Gelegenheit verscheucht hatte.

Adams Antwort kam schnell und bestimmt. „All diese perfekt ausgebildeten Fachleute arbeiten für mich. Ich bin derjenige, der das Sagen hat. Und ich bin der Beste. Glauben Sie mir, ich bin genau der richtige Mann für Sie.“ Es klang nicht nach Angeberei. Es war die Wahrheit, und er hatte kein Problem damit, sie auszusprechen.

Sie wusste keine Antwort darauf. Aber sie war auch nicht bereit, so schnell nachzugeben. „In diesem Fall stimme ich einem Versuch zu.“

„Was schlagen Sie vor?“

„Sie begleiten mich zu meinem ersten Konzert im Le Trianon in Paris. Danach habe ich ein vertrauliches Gespräch mit meinem Vater und Bruder. Vielleicht sollten wir uns auch an die Polizei von Dallas wenden. Mal hören, was die dazu meint.“

Er musterte sie. „Ich weiß, was die dazu meint. Man wird Ihnen sagen, dass man ohne eine konkrete Bedrohung nur wenig für Sie tun kann.“

Ani sträubten sich die Nackenhaare bei seinem selbstgefälligen Ton. „Wie auch immer, mehr kann ich Ihnen zu diesem Zeitpunkt nicht anbieten. Sie und Ihr Team begleiten mich zu meinem ersten Konzert. Danach werden wir vier diese ganze Angelegenheit noch einmal besprechen.“

Er deutete eine spöttische Verbeugung an. „Wie Sie wünschen, Ms. Terrance.“

Ich bin genau der richtige Mann für Sie.

Er hatte ja keine Ahnung, dass es das war, was sie am meisten ängstigte.

„Muss das sein?“, fragte Ani missmutig, während sie Adam in ihr Apartment führte.

„Ich will nur einen Blick hinein werfen.“ Er schob sich an ihr vorbei durch die Tür. „Den Außenbereich sehe ich mir an, wenn ich gehe.“

Ihr Apartment war nicht ganz das, was er erwartet hatte. Ein großer Flügel stand in der Ecke. Überall auf dem Boden lagen Noten herum. Ein Notenbuch lag umgedreht geöffnet auf der cremefarbenen Couch, die das Herzstück des Zimmers bildete. Hinter dem Flügel führte eine Tür in eine kleine Küche. Neben einem Wassernapf stand ein Hundebett und an der gegenüberliegenden Wand ein Futternapf.

„Sie haben einen Hund?“

Sie nickte. „Er ist noch ein paar Stunden in einer Hundepension.“

„Es ist gut, unter diesen Umständen einen Hund in seiner Nähe zu haben.“

Ani lachte, und ihre Augen funkelten amüsiert. Einen verrückten Augenblick lang wünschte Adam, alles wäre anders zwischen ihm und ihr. Dass er hier war, weil sie eine Verabredung hatten. Um sich näher kennenzulernen.

Er unterdrückte den Gedanken. Eine ernsthafte Beziehung mit einer Frau war für ihn vom Schicksal nicht vorgesehen.

„Man kann ihn kaum einen Wachhund nennen“, meinte Ani.

„Trotzdem, ein Hund ist nützlich. Er kann seinen Besitzer vor unerwarteten Besuchern warnen.“

Sie lachte wieder. „Stimmt. Aber Sie ändern wahrscheinlich Ihre Meinung, wenn Sie Snowball kennenlernen. Er wird eher jeden Besucher vor lauter Liebe abschlecken.“

Adam ging zum Fenster. Die Jalousien waren offen. Jeder im Gebäude gegenüber konnte mit einem Fernglas in ihr Apartment sehen. Er würde das später zur Sprache bringen. Wenn sie diesen Ausflug nach Paris hinter sich hatten.

Er zog sein Notizbuch hervor. „Hat noch jemand einen Schlüssel zu diesem Apartment?“

„Nur der Hausmeister.“

„Sonst niemand? Eine Freundin? Die Person, die Ihre Blumen gießt?“

Sie schüttelte den Kopf. „Nein.“

„Ihr Freund?“ Warum hielt er nach dieser Frage den Atem an?

„Nein. Ich bin nicht ernsthaft mit jemandem befreundet. Jedenfalls nicht ernsthaft genug, um ihm meinen Schlüssel zu geben.“

„Sie treffen sich mit niemandem? Auf keiner Dating-Website? Falls ja, dann brauche ich die Namen.“

Sie war sichtlich verärgert. „Ist das wirklich notwendig? Wir scheinen uns hier doch einem sehr persönlichen Bereich zu nähern.“

„Es ist mein Job, so persönlich zu werden.“

„Noch nicht. Ihr Einsatz hat noch nicht einmal begonnen.“

„Ich erlaube mir, anderer Ansicht zu sein.“

Sie stemmte die Fäuste in die Hüften. „Und ich erlaube mir zu widersprechen.“

Adam stieß einen tiefen Seufzer aus. Er würde sich jetzt nicht mit ihr streiten. Sie würde noch früh genug merken, dass sie ihn nicht wegleugnen konnte.

„Wie dem auch sei, wir müssen uns über ein paar Grundregeln klar werden.“

Ani verschränke die Arme vor der Brust. „Welche Grundregeln?“

„Sie müssen jederzeit Ihr Handy eingeschaltet haben, damit ich es orten kann.“

Sie funkelte ihn wütend an.

„Schicken Sie mir bitte Ihr Passwort“, fuhr er fort, „Damit ich Ihre E-Mails kontrollieren kann.“

Ihr fiel das Kinn herunter. „Einige dieser Mails sind privat.“

„Tut mir leid, wenn Ihnen das unangenehm ist. Doch einige Dinge sind nicht verhandelbar.“

Sie knirschte sichtlich mit den Zähnen.

„Des Weiteren, ändern Sie nicht plötzlich Ihre Pläne. Ich muss jederzeit wissen, wo Sie sind und was Sie machen.“

„Das kann nicht Ihr Ernst sein. Die Tour hat ja noch nicht einmal angefangen.“

Er ignorierte ihre Bemerkung. „Haben Sie irgendwelche Pläne für den Rest des Tages? Wann gehen Sie Ihren Hund holen?“

„Er wird nachher gebracht“, antwortete sie. Adam hätte schwören können, dass sie einen Augenblick gezögert hatte, bevor sie antwortete. „Warum?“, wollte sie wissen.

„Das sagte ich Ihnen bereits. Sie werden nirgendwohin gehen, ohne es mich genau wissen zu lassen, wo Sie hingehen und wann.“

Auf ihren Wangen zeigten sich rote Flecken. „Das ist absurd! Sagen Sie mir nicht, dass mein Vater und mein Bruder damit einverstanden sind!“

„Zufälligerweise ja.“

Bevor sie noch etwas vorbringen konnte, ging er den Flur hinunter in Richtung ihres Schlafzimmers.

„He, warten Sie“, protestierte Ani hinter ihm.

Er blieb sofort stehen. „Gibt es ein Problem?“

Sie drängte sich an ihm vorbei und streifte dabei seine Schulter. Ein zarter blumiger Duft kitzelte seine Nase. „Ich habe keinen Besuch erwartet. Erlauben Sie, dass ich einiges wegräume.“

Autor

Nina Singh
Nina Singh lebt mit ihrem Mann, ihren Kindern und einem sehr temperamentvollen Yorkshire am Rande Bostons, Massachusetts. Nach Jahren in der Unternehmenswelt hat sie sich schließlich entschieden, dem Rat von Freunden und Familie zu folgen, und „dieses Schreiben doch mal zu probieren“. Es war die beste Entscheidung ihres Lebens. Wenn...
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