Pikanter Liebesdeal mit dem Milliardär

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Sie sagte seinen Namen. Es war nicht mehr als ein Hauch. Wer außer ihm hörte sie? Nur die Nacht. Die Nacht und die Sterne. Die Sterne und Nikos. Diana St. Clair ist alles andere als begeistert, als sie mit ihrem Bräutigam Nikos Tramontes romantische Flitterwochen verbringen soll. Schließlich hat sie den smarten Selfmade-Milliardär nur geheiratet, weil er ihre Schulden tilgen soll und nicht, weil sie mit ihm flirten will. Dafür führt sie ihn in die noble Gesellschaft ein. Erst als Nikos sie zärtlich in seine starken Arme zieht, spürt sie ein Verlangen, das ihre eisige Fassade zum Schmelzen bringt. Hat Nikos etwa das, was nie ein Mann vor ihm besaß? Die gefährliche Macht, ihr Herz zu rauben?


  • Erscheinungstag 12.02.2019
  • Bandnummer 2375
  • ISBN / Artikelnummer 9783733711993
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Die Frau betrachtete ihre Reflexion im Spiegel. Sie war schön. Blondes Haar, das zu einem eleganten Chignon am Hinterkopf zusammengefasst war. Weiche, weibliche Züge und graue Augen, deren Strahlen durch ein ebenso effektvolles wie dezentes Make-up verstärkt wurde. An den Ohrläppchen und am Hals schimmerten Perlen.

Lange saß sie reglos da. Dann stand sie abrupt auf und drehte sich um. Ihr langes Abendkleid raschelte, als sie zur Schlafzimmertür ging. Sie durfte nicht länger zögern. Nikos wartete nicht gern.

Ein Sprichwort, das ständig in ihrem Kopf präsent war, drängte sich ihr auf. Nimm dir, was du willst. Nimm es und bezahle dafür.

Sie schluckte auf dem Weg nach unten zu ihrem wartenden Ehemann. Nun, sie hatte sich genommen, was sie wollte. Und sie bezahlte dafür. Und wie sie dafür bezahlte …

Sechs Monate zuvor

„Die Testamentseröffnung ist vollzogen, und deine finanzielle Lage ist unmöglich, Diana. Dir ist doch klar, dass du keine andere Möglichkeit hast als zu verkaufen?“

Diana verkrampfte die Hände im Schoß, antwortete jedoch nicht.

Der Anwalt der Familie St. Clair fuhr fort: „Es wird aufgrund seines schlechten Zustands natürlich keinen Spitzenpreis erzielen, wohl aber genug, um dir ein angenehmes Leben zu sichern. Ich kontaktiere die Makler und setze die Sache in Gang.“ Gerald Langley lächelte, wie er glaubte, ermutigend. „Du solltest in Urlaub fahren. Es war eine schwierige Zeit für dich. Der Unfall deines Vaters, sein Leiden nach den Verletzungen – und schließlich sein Tod …“

Er hätte sich die Worte sparen können. Dianas Miene war wie versteinert. „Ich verkaufe nicht.“

Gerald runzelte die Stirn über ihren verstockten Ton. „Diana, du musst den Tatsachen ins Gesicht sehen“, erwiderte er hörbar gereizt. „Deine Einnahmen aus Aktien und anderen Investitionen mögen ja für die laufenden Instandhaltungskosten des Besitzes reichen, vielleicht sogar für die Reparaturen, die dein Vater für notwendig erachtet hat. Aber die jüngste bauliche Bestandsaufnahme, die du nach seinem Tod veranlasst hast, zeigt, dass die dringenden Reparaturen, die keinen Aufschub dulden, entschieden kostspieliger sind als vermutet. Dafür hast du ganz einfach die Mittel nicht, nicht nach Abzug der Erbschaftssteuer. Ganz zu schweigen von der Renovierung der Innenräume. Kunstwerke, die du verkaufen könntest, sind auch nicht mehr vorhanden. Dein Großvater hat den größten Teil verkauft, um seinerseits die Erbschaftssteuer bezahlen zu können, den Rest hat dein Vater für die Steuer zu Geld gemacht.“ Er holte tief Luft. „Abgesehen von einem äußerst unwahrscheinlichen Lotteriegewinn“, sagte er, und es klang jetzt leicht herablassend, „bleibt dir also nur die Ehe mit einem sehr gut betuchten Mann.“ Er nahm sie kurz mit ausdruckslosem Blick ins Visier und griff dann seinen ursprünglichen Faden wieder auf. „Wie gesagt, ich nehme Kontakt zu den Maklern auf, und …“

Überrascht hielt er inne, als seine Klientin aufstand.

„Spar dir die Mühe, Gerald.“ Dianas Ton war genauso scharf wie seiner. Sie griff nach ihrer Handtasche und ging in Richtung Tür.

Sie hörte, wie Gerald hinter ihr aufstand.

„Diana … Was hast du vor? Wir haben noch eine ganze Menge mehr zu besprechen.“

Sie hielt inne, drehte sich, die Hand auf dem Türgriff, zu ihm um und sah ihn starr an. Doch hinter ihrer ausdruckslosen Fassade tobte ein Aufruhr der Gefühle. Sie würde dem Verlust ihres geliebten Elternhauses nicht zustimmen. Niemals! Greymont bedeutete ihr alles. Es zu verkaufen, wäre Verrat an ihren Ahnen und an ihrem Vater, an dem Opfer, das er ihr gebracht hatte.

Greymont hatte ihr die Sicherheit und Stabilität geboten, die sie als Kind so sehr gebraucht hatte, traumatisiert, wie sie war, nachdem ihre Mutter ihren Vater und sie verlassen hatte. Was immer nötig war, um Greymont zu halten, sie würde es tun.

Von ihren heftigen Emotionen war nichts zu spüren, als sie sagte: „Es gibt nichts mehr zu besprechen, Gerald. Und was ich vorhabe, liegt doch wohl auf der Hand.“ Sie stockte kurz, dann sprach sie es aus. „Ich suche mir einen sehr gut betuchten Mann und heirate ihn.“

Nikos Tramontes stand auf dem Balkon des Schlafzimmers seiner Luxusvilla an der Côte d’Azur, straffte die breiten Schultern und blickte herab auf Nadya, die träge im Pool ihre Bahnen schwamm.

Früher hatte er sie gern betrachtet, denn Nadya Serensky war eines der schönsten Supermodels gewesen, und Nikos hatte es immer genossen, der Mann an ihrer Seite zu sein. Es hatte der Welt ein deutliches Zeichen gesetzt, dass er angekommen war, dass er den Reichtum angehäuft hatte, den eine Frau wie Nadya von ihren Günstlingen erwartete.

Aber jetzt, zwei Jahre später, verblassten ihre Reize und ließen sich nicht auffrischen, so sehr sie auch betonte, was für ein fantastisches Paar sie abgaben, sie mit dem flammend roten Haar, ihrem Markenzeichen, er mit seiner Körpergröße von fast einsneunzig und der finsteren Miene, die genauso viele weibliche Blicke auf sich zog wie Nadyas Schönheit männliche. Schlimmer noch, sie ließ inzwischen unverhohlen und beharrlich Andeutungen fallen, dass sie heiraten sollten.

Selbst wenn er ihrer nicht überdrüssig geworden wäre, hätte er keinen Sinn darin gesehen, Nadya zu heiraten. Es hätte ihm nichts eingebracht, was er nicht schon von ihr bekommen hatte.

Jetzt wollte er mehr als ihre rothaarige Schönheit und ihren Promi-Status. Er wollte im Leben weiterkommen, wieder einmal. Sein nächstes Ziel erreichen.

Nadya war eine Trophäen-Geliebte, die zeigte, dass er in der Welt der Geldherrschaft angekommen war, doch was er jetzt wollte, war eine Trophäen-Ehefrau. Eine Frau, die vollendete, wonach er sein Leben lang gestrebt hatte.

Seine Miene verdüsterte sich, wie immer, wenn ihm Erinnerungen kamen. Sein Anhäufen unermesslichen Reichtums mit allem, was dazugehörte, von dieser Villa am exklusiven Cap Pierre bis zu einem der schönsten und berühmtesten Gesichter in seinem Bett und jedem erdenklichen Luxus in seinem Leben, war nur der erste Schritt in seiner Verwandlung aus der ungewollten, unehelichen und peinlichen Unannehmlichkeit, die er für seine verhassten Eltern darstellte.

Eltern, die ihn in der egoistischen Sorglosigkeit einer ehebrecherischen Affäre gezeugt und gleich nach seiner Geburt zu Pflegeeltern abgeschoben hatten.

Nun, er würde es ihnen zeigen. Er würde beweisen, dass er aus eigener Kraft erreichen konnte, was sie ihm verweigerten.

Nadya stieg aus dem Pool, als sie feststellte, dass Nikos sie nicht mehr beobachtete, griff schmollend nach ihrem Bademantel und schickte böse Blicke zum leeren Balkon hinauf.

Diana bemühte sich um eine nicht allzu gelangweilte Miene, während der Tischredner über Kapitalmärkte und Steuerpolitik schwafelte – Themen, von denen sie nichts verstand und die sie noch weniger interessierten. Doch sie nahm an diesem Gilde-Essen in einem von Londons bedeutendsten historischen Gebäuden aus dem einfachen Grunde teil, weil ihr Partner bei dieser Veranstaltung ein alter Bekannter war: Toby Masterson. Und sie zog in Erwägung, ihn zu heiraten.

Denn Toby war reich, sehr reich. Er hatte eine Handelsbank geerbt und könnte die Renovierung von Greymont problemlos finanzieren. Außerdem würde sie sich nie im Leben in ihn verlieben, und das war gut so. Dianas klare graue Augen verschatteten sich. Liebe war gefährlich. Sie zerstörte das Glück eines Menschen, vernichtete ihn.

Wie sie das Glück ihres Vaters zerstört hatte, als ihre Mutter ihren liebenden Mann wegen eines milliardenschweren australischen Medienmoguls verließ und nie wieder gesehen wurde. Im Alter von zehn Jahren hatte Diana gelernt, wie gefährlich es war, jemanden zu lieben, der diese Liebe vielleicht nicht erwiderte, sei es nun ihre Mutter, die sie ohne Skrupel verlassen hatte, oder ein Mann, der ihr womöglich das Herz brach, weil er sie nicht liebte. So, wie ihre Mutter ihrem Vater das Herz gebrochen hatte.

Sie wusste leider, wie stark dadurch sein Wunsch gewesen war, sie zu beschützen. Sie hatte ihre Mutter verloren, und er wollte nicht zulassen, dass sie ihr Elternhaus verlor, das sie so sehr liebte, ihr Greymont, der einzige Ort, an dem sie sich aufgehoben fühlte, nachdem ihre Mutter sie verlassen hatte. Das Leben konnte sich traumatisch verändern, doch Greymont war für immer eine Konstante.

Ihr Blick war schuldbewusst. Ihr Vater hatte seine Chance, in einer zweiten Ehe sein Glück zu finden, geopfert, um zu gewährleisten, dass kein Sohn jemals Vorrang vor ihr hatte und sie Greymont erben würde.

Doch um Greymont eines Tages an ihre eigenen Kinder weitergeben zu können, musste sie heiraten. Wenn sie ihr Herz auch nicht durch Liebe gefährden wollte, würde sie doch sicher einen Mann finden, mit dem sie sich auf freundschaftlicher Basis gut verstand und der zumindest so gut zu ihr passte, dass ein Leben mit ihm nicht unangenehm sein würde. Gemeinsam würden sie es dafür einsetzen, Greystone zu erhalten.

Sie musterte Toby, der dem Redner lauschte, und verlor den Mut. Toby Masterson war liebenswürdig und gutmütig, aber todlangweilig. Und auch wenn sie nie das Risiko eingehen würde, einen Mann zu heiraten, in den sie sich verlieben könnte, wünschte sie sich doch zumindest einen, mit dem die Zeugung eines Kindes nicht … widerwärtig wäre.

Innerlich schauderte sie bei der Vorstellung von Tobys übergewichtigem Körper auf ihrem, sein schwammiges Gesicht dem ihren ganz nahe. Sie wollte nicht grausam sein, aber es würde strapaziös für sie sein, seine unbeholfenen Umarmungen zu ertragen …

Könnte ich das Jahr für Jahr ertragen, jahrzehntelang?

Die Frage drehte sich in ihrem Kopf.

Sie wandte den Blick ab, wehrte sich gegen derartige Gedanken und betrachtete den vornehmen Festsaal mit den Damastdecken auf den Tischen und einem Meer von Menschen in Smokings und Abendkleidern.

Und plötzlich löste sich aus dieser gesichtslosen Masse ein Individuum. Der Mann saß an einem Tisch in ihrer Nähe und fixierte sie mit seinem dunklen Blick.

Nikos lehnte sich auf seinem Sessel zurück, den Cognacschwenker in der Hand, unbeeindruckt von dem Tischredner, der Fakten über Kapitalmärkte und Steuerpolitik von sich gab, die Nikos längst bekannt waren, und dachte über sein Privatleben nach.

Wen könnte er zu seiner Trophäen-Frau machen? Zu der Frau, die ihm, nachdem er nun unermesslichen Reichtum angehäuft hatte, Zutritt zu der elitären Welt seiner aristokratischen, aber herzlosen Mutter verschaffte?

Er furchte die Stirn. Eine Ehe sollte ein Leben lang halten, aber wollte er das? Selbst mit einer Trophäen-Frau? Seine Affäre mit Nadya hatte zwei Jahre gedauert, bevor die Langeweile einsetzte. Würde er eine Ehe länger durchhalten wollen? Hatte er erst einmal erreicht, was eine Trophäen-Frau ihm zu bieten hatte – seinen Platz in ihrer Welt –, dann konnte er gut und gern auf sie verzichten.

Natürlich würde in einer solchen Beziehung von Liebe nicht die Rede sein, denn das war eine Emotion, die ihm unbekannt war. Er hatte Nadya nie geliebt und sie ihn genauso wenig, sie waren einander lediglich nützlich gewesen. Die Pflegeeltern, die ihn gegen Bezahlung großgezogen hatten, liebten ihn nicht. Sie waren nicht unfreundlich gewesen, nur desinteressiert, und er hatte keinen Kontakt mehr zu ihnen. Was aber seine leiblichen Eltern anging … Er verzog den Mund, sein Blick wurde hart. Hatten sie ihre schäbige ehebrecherische Affäre für Liebe gehalten?

Er lehnte sich ins Polster zurück, trank einen Schluck von seinem Cognac und ließ den Blick über die Speisenden schweifen.

Als er seinen Cognacschwenker abstellen wollte, hielt er mitten in der Bewegung inne und nahm ein bestimmtes Gesicht ins Visier. Das einer Frau ein paar Tische von ihm entfernt.

Bis jetzt war ihm der Blick auf sie verstellt gewesen, doch als die Gäste sich dem Tischredner zuwandten, war sie für ihn sichtbar geworden.

Er kniff die Augen zusammen. Sie war außergewöhnlich schön, auf eine Art, die in starkem Kontrast zu Nadyas feurigen, dramatischen Zügen stand. Diese Frau war blond und trug eine Hochsteckfrisur. Ihr Teint war wie Alabaster, die Züge waren fein, die Augen klar, weit auseinanderstehend, und Lipgloss betonte ihren perfekten Mund. Sie wirkte distanziert, ihre Schönheit war frostig.

Ihm schoss ein Begriff durch den Kopf.

Eiskönigin.

Dann eine Redensart: Nur schauen, nicht anfassen.

Aber genau das wollte Nikos auf der Stelle tun. Er wollte zu ihr gehen, die Hände um ihr Alabastergesicht legen, es zu sich anheben, um die kühle Seide ihrer Haut unter den forschenden Fingerspitzen zu spüren. Sinnlich mit den Daumen über ihre vollen Lippen streichen, die plötzliche Reaktion in diesen hellen, ausdruckslosen Augen aufblitzen sehen und fühlen, wie das Eis unter seiner Berührung schmolz.

Der Drang war so stark, dass er einen Entschluss fasste. Zwar stand als Nächstes eine Trophäen-Frau auf seiner Wunschliste, doch das bedeutete nicht, dass er sie unverzüglich finden musste. Zwei Jahre lang war er mit Nadya zusammen gewesen, warum sollte er nicht erst noch eine eher kurze Affäre genießen, bevor er sich eine Braut suchte?

Und für diese Rolle hatte er gerade die ideale Frau entdeckt.

Mit Mühe löste Diana den Blick von dem Mann. Der Tischredner kam endlich zum Schluss.

„Puh!“, rief Toby aus und warf Diana einen um Entschuldigung bittenden Blick zu. „Tut mir leid, dass ich dir das zugemutet habe.“

Sie lächelte höflich, doch vor ihrem geistigen Auge sah sie das Gesicht des Mannes, der sie über die Tische hinweg angeblickt hatte. Das Bild brannte sich in ihr Bewusstsein ein.

Dunkel gebräunt, kräftige Züge, schwarzbraunes Haar, das ihm in die breite Stirn fiel, hohe Wangenknochen, eine scharfe Nase und ein Mund, dessen starke Konturen sie irgendwie beunruhigten, allerdings nicht halb so sehr wie diese tief dunklen Augen, die sie fixiert hatten.

Augen, deren Blicke sie immer noch auf sich spürte, obwohl sie nicht in seine Richtung schaute. Sie wollte es nicht. Wagte es nicht.

Ihr Herz schlug schneller, als wäre ihr Adrenalin ins Blut geschossen. Etwas, was sie überhaupt nicht gewohnt war, womit sie nicht umgehen konnte. Es war normal, dass Männer sie anschauten, aber ihre Reaktion auf diesen Mann war alles andere als normal.

Sie zwang sich, Toby anzusehen. Den vertrauten, liebenswürdigen Toby mit dem schwammigen Gesicht und der korpulenten Figur. Im Vergleich zu dem Mann, der sie eben angeschaut hatte, wirkte der arme Toby schwammiger und korpulenter denn je. Sie wandte den Blick ab und verlor den Mut. Sie hatte ein schlechtes Gewissen wegen ihrer Überlegungen. Zog sie wirklich in Betracht, ihn zu heiraten, nur weil er reich war?

Hatte der Anblick dieses düster-beunruhigenden, gut aussehenden Mannes ihr gerade eben bewusst werden lassen, wie unmöglich es ihr sein würde, einen Mann wie Toby zu heiraten? Aber wenn nicht Toby, wen dann? Wer wäre in der Lage, ihr Greymont zu erhalten?

Wo kann ich ihn finden? Und wie bald?

Fest stand, sie würde sich beeilen müssen, denn die Zeit lief ihr davon.

Als endlich alle Reden gehalten waren, wurde die Stimmung im Festsaal lockerer, und an den Tischen entstand Bewegung, als die Gäste sich mischten. Nikos unterhielt sich mit seinem Gastgeber, einem Bekannten aus dem Londoner Finanzdistrikt, und lenkte das Gespräch beiläufig auf die Frau, die sein Interesse geweckt hatte.

Die Eiskönigin …

Er wies mit einer Kopfbewegung in ihre Richtung. „Wer ist die Blonde?“, fragte er wie beiläufig.

„Ich selbst kenne sie nicht“, lautete die Antwort, „aber der Mann, mit dem sie hier ist, ist Toby Masterson – Masterson Dubrett, Handelsbanker. Soll ich dich vorstellen?“

„Warum nicht?“, antwortete Nikos.

Seine kurze Musterung ihres Begleiters ergab keinen Hinweis darauf, dass Toby der Frau mehr bedeutete, und bei der Vorstellung bestätigte sich dieser Eindruck.

„Toby Masterson – Nikos Tramontes von Tramontes Financials. Hat die Finger in vielen Dingen, von denen dich einige interessieren könnten und umgekehrt“, sagte der Gastgeber knapp, überließ die zwei sich selbst und ging.

Ein paar Minuten lang tauschte Nikos mit Toby den üblichen nichtssagenden Geschäftskram aus, der einen Londoner Handelsbanker interessieren könnte, dann richtete er den Blick auf Toby Mastersons Begleitung.

Die Eiskönigin sah ihn nicht an. Sah ihn absichtlich nicht an. Er war froh darüber. Frauen, die sich an ihn heranmachten, langweilten ihn. Nadya hatte sich geziert; sie kannte ihren Wert als eine der schönsten Frauen der Welt und wurde von vielen Männern umworben. Doch Nikos glaubte nicht, dass die Eiskönigin ein solches Spielchen trieb. Ihre Reserviertheit war echt.

Umso größer wurde sein Interesse an ihr.

Erwartungsvoll sah er Toby Masterson an, der sogleich die Vorstellung übernahm.

„Diana“, sagte er freundlich, „das ist Nikos Tramontes.“

Sie war gezwungen, ihn anzusehen, doch der Blick ihrer grauen Augen war ausdruckslos.

„Sehr erfreut, Mr. Tramontes“, sagte sie kühl. Sie sprach mit dem vertrauten Akzent der britischen Oberschicht, und nur ein sehr flüchtiges Höflichkeitslächeln umspielte ihren Mund.

Nikos schenkte ihr ein ebenso knappes Lächeln. „Angenehm, Miss …?“ Er forderte Masterson mit einem Blick auf, ihren Nachnamen zu nennen.

„St. Clair“, sagte Masterson.

„Miss St. Clair.“ Er blickte die Eiskönigin wieder an.

Ihr Gesicht war noch immer ausdruckslos, doch in den Tiefen ihrer klaren grauen Augen verschleierte sich plötzlich etwas, als wollte sie sich vor seiner Musterung schützen. Das war gut, verriet es ihm doch, dass sie trotz ihrer eisigen Ausstrahlung auf ihn reagierte.

Zufrieden richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf Toby Masterson. Kam auf die EU zu sprechen, auf die jüngsten Manöver aus Brüssel und von da aus auf den derzeitigen Stand der griechischen Wirtschaft.

„Betrifft es Sie?“, wollte Toby Masterson wissen.

Nikos schüttelte den Kopf. „Trotz meines Namens habe ich meinen Geschäftssitz in Monaco. Ich besitze eine Villa auf Cap Pierre.“ Er warf Diana St. Clair einen Blick zu. „Und Sie, Miss St. Clair? Mögen Sie Südfrankreich?“

Es war eine direkte Frage, und sie musste antworten. Musste ihn ansehen, Blickkontakt aufnehmen.

„Ich reise selten ins Ausland“, erwiderte sie.

Ihr Tonfall wies deutlich darauf hin, dass sie kein Gespräch wollte. Sie griff nach ihrem Glas und hob es an die Lippen, als suchte sie nach einer Beschäftigung, etwas, was ihr eine ausführlichere Antwort ersparte. Doch ihre Hand zitterte kaum merklich, als sie das Glas zurückstellte, und Nikos sah es mit Befriedigung. Ihre Kühlheit ging nicht so tief, wie sie vermitteln wollte.

„Das ist nicht verwunderlich“, erklärte Masterson. „Die St. Clairs erfreuen sich eines spektakulären Besitzes auf dem Lande. Hampshire, nicht wahr? Greymont?“, vergewisserte er sich. „Ein altehrwürdiges Gebäude aus dem achtzehnten Jahrhundert.“

Tatsächlich? dachte Nikos und betrachtete sie mit wachsendem Interesse.

„Kennen Sie New Hampshire?“, fragte Toby Masterson.

„Nein.“ Nikos löste den Blick nicht von Diana St. Clair. „Greymont? Ist das richtig?“

Zum ersten Mal zeigte sich ein wenig Ausdruck in ihren Augen. Ein Aufblitzen, das ihm mit der dahinterliegenden Emotionalität einen Stich versetzte. Es weckte in ihm die Überzeugung, dass sich hinter der Fassade der Eiskönigin eine völlig andere Frau verbarg. Eine Frau, die zu großer Leidenschaft fähig war.

Es war vorbei, ihr Blick war wieder eisig. Doch ein Rest war geblieben. Ein Rest, den Nikos einen Moment lang für Trostlosigkeit gehalten hatte.

„Ja“, hauchte sie.

Das würde er sich merken. Morgen schon würde ihm ein ausführliches Dossier über sie vorliegen. Was für eine Familie waren die St. Clairs? Und inwiefern könnte Diana St. Clair noch für ihn interessant sein, abgesehen davon, dass sie seine Verführungskünste vor die köstliche Herausforderung stellte, eine Eiskönigin aufzutauen?

Er ließ den Blick abschätzend über sie gleiten. Ausnehmend schön, und sie wartete nur darauf, in seinen Armen dahinzuschmelzen.

In seinem Bett …

Aber könnte sein Interesse auch darüber hinausgehen? War sie womöglich eine Kandidatin für mehr als nur eine flüchtige Affäre?

Nun, seine Nachforschungen würden ihn darüber aufklären.

2. KAPITEL

Diana warf sich ins Taxi und stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Endlich in Sicherheit!

In Sicherheit vor Nikos Tramontes. Vor seiner machtvoll verstörenden Wirkung auf sie. Eine Wirkung, die sie gewöhnlich nicht erlebte.

Es hatte sie tief beunruhigt. Sie hatte ihr Bestes getan, um ihn kalt abblitzen zu lassen, doch ein dermaßen attraktiver Mann war Abweisung nicht gewohnt, sondern setzte bei Frauen gewöhnlich seinen Willen durch.

Tja, aber nicht bei mir! Denn ich will nichts mit ihm zu tun haben.

Sie schüttelte den Kopf, als wollte sie sein verstörendes Bild aus ihren Gedanken verscheuchen. Schließlich hatte sie ganz andere Sorgen. Jetzt gestand sie sich resigniert ein, dass sie Toby nicht heiraten konnte. Aber wie sonst sollte es ihr gelingen, ihr geliebtes Elternhaus zu retten?

Die Sorge bedrückte sie und wurde in den nächsten zwei Tagen in London noch größer. Die Bank verweigerte ihr ein Darlehen in der erforderlichen Höhe, und die Auktionshäuser bestätigten, dass nichts mehr übrig war, was eine solche Summe einbringen könnte. Entsprechend wenig begeistert nahm sie einen Anruf von Toby entgegen.

„Aber Covent Garden! Ich weiß doch, dass du Opern liebst.“

Tobys trauriger Tonfall verursachte Diana ein schlechtes Gewissen. Sie war es ihm schuldig, ihn auf die sanfte Tour abzuservieren. Widerwillig nahm sie seine Einladung zu einer Aufführung von Verdis Don Carlos an.

Doch beim Opernhaus angekommen, wünschte sie, sie hätte abgelehnt.

„Du erinnerst dich doch an Nikos Tramontes, oder?“, sagte Toby zur Begrüßung. „Er ist heute Abend unser Gastgeber.“

Diana zwang sich ein Lächeln auf die Lippen und verbarg ihre Bestürzung. Da ihre Probleme sie nicht losließen, war es ihr fast gelungen, Nikos und seine beunruhigende Wirkung auf sie zu vergessen, doch jetzt war er plötzlich da, genauso machtvoll verstörend attraktiv wie vorher.

Dann wurde sie dem anderen anwesenden Paar vorgestellt. Diana erkannte den Mann, der Nikos Tramontes an ihren Tisch geführt hatte. Begleitet wurde er von seiner Frau, die, als die drei Männer anfingen, übers Geschäft zu reden, prompt die Gelegenheit nutzte, um Diana beiseitezunehmen.

„Du liebe Zeit“, sagte sie verschwörerisch und warf einen unverhohlen taxierenden Blick zurück auf Nikos Tramontes, „er ist nun wirklich ein Bild von einem Mann. Kein Wunder, dass er Nadya Serensky so lange hat halten können. Hinzu kommt natürlich noch sein Haufen Geld.“

Diana schaute sie verständnislos an, und Louise Melmott klärte sie unverzüglich auf.

„Nadya Serensky. Sie wissen schon, dieses atemberaubende rothaarige Supermodel. Sie sind ein tolles Paar.“

Das waren willkommene Nachrichten für Diana. Vielleicht hatte sie sich nur eingebildet, dass Nikos Tramontes sie beim Gilde-Essen so interessiert begutachtet hatte.

Vielleicht liegt es an mir, eine Überreaktion.

Eine Überreaktion, weil es so befremdlich war, einem Mann zu begegnen, der solch eine beunruhigend starke körperliche Wirkung auf sie ausübte. Ja, das musste es sein. Sie überlegte, während sie im Foyer ihren Champagner trank, ob sie jemals so stark auf irgendeinen anderen Mann reagiert hatte, doch ihr fiel keiner ein. Natürlich nicht. Sie reagierte nun mal nicht auf Männer. Das hatte sie ihr Leben lang trainiert.

Die Männer, mit denen sie im Lauf der Jahre zusammen gewesen war, sahen gut aus, hatten sie aber kalt gelassen. Ein lauwarmer Gute-Nacht-Kuss war das Höchste, was die meisten von ihnen je von ihr bekommen hatten. Nur mit einem einzigen hatte sie zu ihrer Zeit an der Universität beschlossen zu erforschen, ob sie eine richtige Beziehung ohne irgendwelche Leidenschaft haben konnte.

Sie hatte herausgefunden, dass es möglich war – für sie. Aber irgendwann nicht mehr für ihren Freund. Ihren Mangel an Begeisterung fand er abschreckend, und er verließ sie wegen einer anderen Frau. Es hatte ihr nichts ausgemacht, hatte ihr lediglich bestätigt, wie gut sie daran tat, ihr Herz mit beiden Händen festzuhalten. Es zu verlieren war so gefährlich. Strategisches Zölibat war entschieden klüger und sicherer.

Sorge überkam sie. Denn solch eine Strategie würde ihr wohl kaum einen Mann einbringen, der reich genug war, um Greymont zu retten. Sofern sie denn tatsächlich noch immer eine so drastische Lösung in Betracht zog.

Mit einem innerlichen Seufzer schüttelte sie die Gedanken ab. Morgen würde sie zurück nach Greymont fahren, noch einmal ihre Finanzen prüfen und die jüngsten düsteren Einschätzungen der Kosten für die vordringlichsten Arbeiten einholen. Jetzt aber wollte sie ihren Abend in Covent Garden genießen und ihre Sorgen vergessen.

Und sie würde sich auch keine Sorgen wegen der Anwesenheit des ach so verstörenden Nikos Tramontes machen. Wenn er sich mit einem berühmten Supermodel amüsierte, würden ihn andere Frauen wohl nicht interessieren. Sie selbst eingeschlossen.

Auf dem Weg zu ihrer Loge wuchs ihre Vorfreude. Das Orchester stimmte die Instrumente, elegante, gut betuchte Menschen nahmen ihre Plätze ein, und in den obersten Rängen drängten sich die weniger gut Betuchten wie die Sardinen.

„Gestatten Sie?“

Nikos Tramontes’ tiefe Stimme, sein schwacher Akzent ließen sie zusammenzucken. Er rückte ihr den Sessel zurecht und ließ sie Platz nehmen, was sie begleitet vom Rascheln ihres Kleids auch tat, dann setzte er sich hinter sie. Louise Melmott saß neben ihr vorn in der Loge.

Sein Blick ruhte auf dem perfekten Profil der Frau, deren Anwesenheit hier er arrangiert hatte, um seinem Interesse an ihr zu folgen. Ein Interesse, entstanden durch das in Auftrag gegebene Dossier zu ihrer Person. Denn sie könnte sich durchaus als geeignet für viel mehr als nur eine Verführung im Vorbeigehen erweisen.

Autor

Julia James
<p>Julia James lebt in England. Als Teenager las sie die Bücher von Mills &amp; Boon und kam zum ersten Mal in Berührung mit Georgette Heyer und Daphne du Maurier. Seitdem ist sie ihnen verfallen. Sie liebt die englische Countryside mit ihren Cottages und altehrwürdigen Schlössern aus den unterschiedlichsten historischen Perioden...
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