Prickelnde Nacht mit dem Boss

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"Möchtest du tanzen?" Ivy zögert. Sie hat den Mann mit der Maske sofort an seinen faszinierenden Augen erkannt: Paxton McLemore. Seit über einem Jahr arbeitet sie für ihn, und genauso lange versucht sie, seinem Sex-Appeal zu widerstehen. Denn er ist nicht nur ihr Boss. Ihre beiden Familien haben eine gemeinsame Geschichte voller Rätsel, von denen Paxton nichts ahnt und die Ivy unbedingt lösen möchte. Trotzdem lässt sie sich auf einen sinnlichen Tanz ein. Und danach ist der Abend für sie beide noch lange nicht vorbei …


  • Erscheinungstag 20.08.2019
  • Bandnummer 2094
  • ISBN / Artikelnummer 9783733725341
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Tanzen Sie mit mir?“

Ivy schaute zögernd auf die Hand, die sich ihr entgegenstreckte. Nervös strich sie sich mit den Fingernägeln über den Arm. Eigentlich war sie der Ansicht, dass man sich nehmen sollte, was man begehrt, aber hatte sie dafür Paxton McLemore seit über einem Jahr auf Abstand gehalten? Um sich jetzt bei einem Walzer in seinen Armen zu drehen?

Andererseits wäre es vollkommen normal, auf diesem Maskenball, den ihre Schwester Jasmine Harden ausgerichtet hatte, mit Paxton zu tanzen. Es handelte sich immerhin um die bedeutendste Wohltätigkeitsveranstaltung, die jährlich in Savannah stattfand.

Niemand würde es merkwürdig finden, wenn sie heute mit ihrem Arbeitgeber tanzte. Sie selbst aber wusste ganz genau, was sie empfand, und war sich nicht sicher, ob sie ihre Gefühle verbergen konnte, wenn sie ihm so nah war.

Obwohl er die traditionelle schwarze Maske trug, würde sie seine bernsteinfarbenen Augen immer erkennen. Nicht nur wegen der intensiven Farbe, sondern auch wegen des wachen, intelligenten Blicks, den sie als seine Assistentin so gut kannte.

Es war doch nur ein Tanz. Sie sollte nicht lange überlegen. Entschlossen nahm sie seine Hand und schenkte ihm ihr schönstes Lächeln.

„Wissen Sie, in meinem Büro hat sich etwas ganz entscheidend verändert“, sagte Paxton, während sich seine warmen Finger um Ivys Hand schlossen. „Diese neue Assistentin, die ich jetzt habe, bringt mich jeden Tag zum Lächeln.“ Er drückte einen Kuss auf Ivys Hand.

Ivy errötete. Ihr Herz schlug schneller, als Paxton sie auf die Tanzfläche des glamourösen Ballsaals von Keller House führte. Nie zuvor hatte er sie berührt, und das Gefühl, das sie durchströmte, war unbeschreiblich.

Es stimmte, sie gab sich alle Mühe, ihn während der anstrengenden Arbeit im Büro zum Lächeln zu bringen, aber dabei war sie stets professionell geblieben.

Keine Berührungen. Bis heute.

Paxton drehte sich zu ihr und schaute ihr in die Augen, während er die Arme weit öffnete.

Das war gefährlich.

Aber Ivy ignorierte alle Warnsignale, die ihr Körper aussendete, und nahm ihre Tanzposition ein. Sie merkte, dass auch Paxton wie elektrisiert war, als sie sich jetzt so nah gegenüberstanden. Unter gesenkten Augenlidern sah er sie an. Sein Blick war so sexy, wie Ivy ihn sich manchmal in ihren wildesten Fantasien ausgemalt hatte.

Ihr Herz hämmerte jetzt wie wild. Paxton machte den ersten Schritt, und Ivy ließ zu, dass er sie noch näher an sich zog. Sie fühlte sich wie in einer anderen Welt, als sie mit den vielen anderen Tanzpaaren über das Parkett schwebten. Über ihnen warfen strahlende Kronleuchter ihr Licht in den Raum, dessen eine Wand mit kunstvoll gerahmten Spiegeln versehen war. Im Vorübergleiten bewunderte Ivy den Anblick, den sie beide als Paar boten. Während Paxton einen klassischen Frack trug, hatte sie ein smaragdgrünes Abendkleid gewählt.

Seit dem Tod ihrer Eltern hatte Ivy immer versucht, praktisch zu denken und unabhängig zu sein. Dennoch war eine romantische Seite in ihr, die sich wie im Märchen manchmal einen Prinzen wünschte, der vielleicht eines Tages auf einem weißen Pferd angeritten kommen würde.

Heute war so ein Abend, und sie ließ sich bereitwillig von Paxton führen und im Takt der Musik drehen. In den achtzehn Monaten, die sie nun für Paxton arbeitete, hatte sie unendlich oft davon geträumt, von ihm berührt zu werden. Im Arbeitsalltag war es nicht so schwer, diese Gedanken zu verdrängen, wenn Klienten, Konferenzen und Terminabsprachen den Tag beherrschten. Sie steckte ihre ganze Energie in die Arbeit, die Paxton McLemore mit seinem Team in dem großen Konzern seiner Familie leistete. Aber es gab jene unbeobachteten Momente, in denen sie weitaus intimer von ihrem Boss träumte, als sie sollte.

Jetzt fühlte sie sich wie im siebenten Himmel. Seine Hände auf ihrer Haut und sein Blick gaben ihr das Gefühl, schön und begehrenswert zu sein. Was heute geschah, hätte sie sich nie träumen lassen. Es war völlig unmöglich, diese Gefühle weiterhin zu ignorieren.

Sie bewegten sich auf der Tanzfläche, als wären sie allein. Ivys Herz raste, und ihre Haut prickelte bei jeder noch so sanften Berührung seiner Finger.

Jedes Mal, wenn ihr Verstand sich meldete, reichte ein Blick von Paxton, um sie erneut dahinschmelzen zu lassen. Die Realität konnte warten. Ivy würde ihm folgen, wohin auch immer er sie führte.

Als er seinen Druck um ihre Taille verstärkte, wurden seine Augen noch dunkler. Sie fühlte, wie sich sein Körper anspannte.

Selbst als der Walzer vorbei war und Ivy ihre Runden inmitten der Gäste drehte, um ihre Schwester zu unterstützen, verlor sie Paxton nicht aus den Augen. Sie spürte immer genau, wo er gerade war. Später begegneten sie sich im Foyer.

Ivy sah ihn unsicher an. „Paxton, ich …“

„Ich weiß, was du sagen willst“, unterbrach er sie und strich mit dem Finger über das Samtband, das ihre Maske hielt. „Für mich kam das auch vollkommen überraschend. Ich … ich finde dich unwiderstehlich.“

Als er sich zu ihr beugte, strich sein frischer Atem warm über ihr Gesicht.

„Wir sollten das nicht tun“, flüsterte Ivy und schaute ihn unter halb geschlossenen Lidern an.

„Du hast recht“, murmelte er, bevor er sie küsste.

Ivy lehnte sich an ihn und erwiderte seinen Kuss. Als seine Umarmung drängender wurde, wusste sie, wie die Nacht enden würde, doch es gab kein Zurück mehr.

„Ich habe eigentlich kein Recht, dich das zu fragen“, flüsterte Paxton an ihrem Ohr. „Aber ich tue es trotzdem. Kommst du heute mit zu mir, Ivy?“

Seit über einem Jahr hatte sich Ivy nichts mehr erhofft, als die Nacht in Paxtons Armen zu verbringen.

„Ja, Paxton, ja“, antwortete sie, während Glück und Aufregung ihr fast den Atem nahmen.

Alles schien ihr plötzlich völlig unwirklich. In letzter Sekunde dachte sie daran, wenigstens ihrer Schwester Bescheid zu sagen, damit diese wusste, wo Ivy war. Sie holte ihr Handy aus der Tasche und wählte die Nummer. Das würde schneller gehen, als Jasmine unter all den Leuten zu suchen.

Paxton ging den Wagen holen, während Ivy telefonierte. Sie wusste, dass sich Jasmine wie immer Sorgen um sie machen würde, war aber nicht auf die heftige Reaktion ihrer Schwester vorbereitet, als sie ihr erklärte, wo sie die Nacht verbringen würde. Egal, darauf konnte sie jetzt keine Rücksicht nehmen.

Das ganze vergangene Jahr hindurch hatte sie die geheime Verbindung zwischen ihrer Familie und den Paxtons ignoriert. Als es um die Stelle ging, hatte sie sich vorgenommen, ihm einfach nicht zu sagen, wer sie in Wirklichkeit war. Niemals hätte sie sich in ihrem Alter so einen Traumjob erhofft, und ihn auszuschlagen wäre für jemanden wie sie, der mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehen wollte, unmöglich gewesen. Und natürlich war da auch die Hoffnung …

Ja, sie war vielleicht eine Närrin, darauf zu hoffen, aber vielleicht war das, was sie tat, doch genau richtig.

Ivy warf einen Blick auf den tropfenförmigen Smaragd an ihrem rechten Ringfinger, der ihr im Schein der Lampe am Portal zuzuzwinkern schien. Der Ring war schon seit Generationen im Besitz ihrer Familie und sollte die Kraft besitzen, die Harden-Frauen zur Liebe ihres Lebens zu führen.

Die Ivy von heute lehnte solche Gedanken natürlich strikt ab, aber das Mädchen in ihr, das insgeheim an den Prinzen glaubte, wollte sich nur zu gern vorstellen, dass der Ring sehr viel mit diesem Abend zu tun haben könnte.

Gerade fuhr Paxton in der Limousine der Firma vor. Er stieg aus und streckte ihr die Hand hin. „Wollen wir?“

Noch hatte sie die Möglichkeit zu gehen. Paxton, der durch und durch ein Gentleman war, hätte niemals etwas dagegen eingewandt. Aber Ivy wollte heute Nacht ihm gehören.

Er hielt ihr die Tür auf, sie stieg ein und Paxton nahm neben ihr im Fond Platz. Kaum war das Licht erloschen, fuhr der Wagen an.

Paxton verschwendete keine Zeit. Ohne zu zögern, umarmte er Ivy und legte beide Hände um ihr Gesicht, ehe er sie küsste. Im Nu verschwanden alle Gedanken an ihre Schwestern, an magische Ringe und daran, dass Paxton ihr Boss war. Jetzt war er nur der Mann, dessen leidenschaftliche Berührung sie schon lange herbeigesehnt hatte. Seine Hände strichen über ihren Hals, den Ansatz ihrer Brüste und weiter zu ihrer Taille. Dann folgte er dieser Spur mit seinem Mund, sodass Ivy leise aufstöhnte. So eng sie konnte, schmiegte sie sich an ihn und drängte ihm ihren Körper entgegen.

Als Paxton sich von ihr löste, fühlte sie Enttäuschung in sich aufsteigen. Doch dann kniete er sich vor sie und zog ihre Beine mit festem Griff so weit auseinander, wie es das Ballkleid erlaubte. Ivys Herz raste. Alles in ihr war bis zum Äußersten angespannt und ihre Haut vibrierte bei jeder Berührung seiner Finger.

Seine Hände suchten sich zwischen den Unterröcken ihres Ballkleids den Weg nach oben. Fest schlossen sie sich um ihren Po, kneteten ihn, glitten dann wieder hinab zu ihren Schenkeln und Knien.

Ivy keuchte leise, während sie spürte, wie sie feucht wurde. Würde er sie dort berühren … oder sie warten lassen?

„Oh Gott“, stöhnte Paxton und tauchte zwischen ihre Röcke. Er zog Ivy an den Knien zu sich heran, sodass sie sich ihm weit öffnete. Ihre Kehle war plötzlich so trocken, dass sie nach Luft schnappte.

Paxton verteilte zarte Küsse auf ihren Oberschenkeln oberhalb der langen Seidenstrümpfe. Ivy wand sich vor Erregung, als er erst die Innenseite des einen Schenkels küsste, dann die andere Seite. Genau so wollte sie es. Er sollte sie spüren, schmecken …

Sein Mund näherte sich ihrer empfindlichsten Stelle, er küsste sie, leckte sie. Ivy spürte seinen schweren Atem zwischen ihren Schenkeln.

Plötzlich bremste die Limousine so abrupt ab, dass Paxton hochfuhr und Ivy sofort losließ. Geistesgegenwärtig ordnete er ihr Kleid, strich sich über die Haare und war bereit zum Aussteigen, als der Fahrer am Bordstein hielt. Er öffnete die Tür und ging nach vorn zum Chauffeur, mit dem er einige Worte wechselte, die Ivy nicht verstehen konnte. Dann kam er zurück und half ihr aus dem Auto.

Sie hatten die Haustür von Paxtons Villa noch nicht erreicht, als der Wagen schon den Fahrweg hinunterpreschte.

Jetzt waren sie allein mit sich und der Nacht. Alles war da, was zu einem richtigen Märchen gehörte.

Es war die Hitze, die Paxton weckte.

Die Sonne schien durch die nur halb geschlossenen Vorhänge und erwärmte den kühlen Raum. Er lag umschlungen mit der Frau, die neben ihm schlief und seine Haut zum Glühen brachte. Das Ziehen in seinen Lenden ließ keine Fragen offen.

Und dann kam die Erinnerung mit voller Wucht zurück. Ihm war plötzlich klar, was er getan hatte. Seine Assistentin. Er hatte die Nacht mit seiner Assistentin verbracht.

Und was für eine Nacht!

Er holte tief Luft, um die seltsame Mischung aus Panik und Begehren, die in ihm aufstieg, zu verdrängen und sein hämmerndes Herz zu beruhigen.

Was für ein Idiot war er gewesen. Das durfte nie wieder geschehen!

Er warf einen Blick auf Ivy, die von ihm abgewandt schlief. Ihr blondes Haar fiel wie ein Wasserfall auf die Kissen und zog ihn magisch an. Doch bevor seine Finger die glänzenden Strähnen berührten, hielt er inne und zog seine Hand zurück.

Letzte Nacht hatte es für ihn kein Halten gegeben. Ivys Schönheit hatte ihn so fasziniert, dass er alle Bedenken außer Acht gelassen hatte. Er leckte sich unwillkürlich über die Lippen, als er an ihre weiche Haut, die runden Brüste und festen Schenkel dachte.

Ihm wurde wieder heiß. Doch während er Ivy betrachtete, deren Haar im Sonnenlicht wie Gold schimmerte, spürte er, wie gleichzeitig Panik in ihm aufkam.

Was hatte er sich nur dabei gedacht? Offensichtlich hatte sein Verstand irgendwann ausgesetzt.

Er brauchte jetzt dringend eine Tasse Kaffee. Vorsichtig rollte er sich vom Bett, bemüht, Ivy nicht zu stören. Sie hatte eine harte Woche hinter sich und musste ausschlafen. Abgesehen von ihrer regulären Arbeit im Büro hatte sie den ganzen Samstag bei den Vorbereitungen für den Wohltätigkeitsball geholfen und sich am Abend die Gastgeberpflichten mit ihrer Schwester geteilt.

Jetzt war sie vermutlich völlig erschöpft und hatte es verdient, sich zu erholen. Nicht, dass er sich vor einer Aussprache mit ihr drücken wollte. Natürlich musste er ihr sagen, dass es zwischen ihnen nicht weitergehen würde.

Als er in die Küche ging, hörte er sein Handy klingeln. Ein Blick auf das Display zeigte ihm die Nummer seines Kollegen Mike an. Der rief ihn nur dann am Wochenende an, wenn es irgendwo ein Problem gab. Seufzend nahm Paxton den Anruf an.

„Was gibt’s denn, Mike?“

„Mann, wo warst du denn? Ich versuche seit fünf Uhr heute Morgen, dich anzurufen.“

„Jetzt bin ich ja da. Also, was ist los?“

„Wir haben ein Problem. Kannst du dich daran erinnern, dass wir diese eine alte Maschine nicht ausgetauscht haben, weil wir dachten, dass es noch irgendwie gehen könnte?“

Paxton stöhnte. Er hatte es geahnt. Der Zweig seiner Firma in Virginia, der sich gerade in einem Prozess der Erneuerung und Umgestaltung befand, war sein Sorgenkind. Das lag vor allem am Widerstand seiner Großmutter, die nur schwer davon zu überzeugen war, dass die Investitionen unbedingt nötig waren.

„Jedenfalls ist das Ding letzte Nacht endgültig kaputt gegangen“, fuhr Mike fort. „Ich brauche dich dort.“

Für Paxton bedeutete das, den ersten Flug nach Virginia zu nehmen. Er musste sich Gedanken um die Reparatur und eventuellen Ersatz machen, während die Firma hoffentlich normal weiterarbeiten konnte. Seufzend legte er das Telefon zurück. Warum musste das gerade heute passieren? Er wollte doch nur Kaffee trinken und sich überlegen, was er der Frau sagen sollte, mit der er nie wieder in so eine Situation geraten durfte …

Nein, er wollte jetzt nicht über den Fehler nachdenken, der sein Leben damals für immer verändert hatte und den er auf keinen Fall wiederholen wollte.

Er stieg die Treppe zu seinem Schlafzimmer hinauf und stellte sich lange unter die heiße Dusche. Zum Glück hatte er Ivy gleich unten in eines der Gästezimmer geführt, weil er es nicht erwarten konnte, sie zu berühren. So brauchte er in Zukunft nicht ständig daran zu denken, wie leidenschaftlich sie sich geliebt hatten, wenn er allein in seinem Bett lag.

Schnell zog er sich an und begann zu packen. Nachdem er ein paar Sachen in seiner Reisetasche verstaut hatte, ging er nach unten. Wenn er aus Virginia zurückkam, würde er Zeit für ein ausgiebiges Gespräch mit Ivy finden. Sie mussten die Dinge von letzter Nacht klären, damit keine Missverständnisse entstanden. Paxton wusste genau, was er in seinem Leben wollte, und seine Zukunft war bis ins Detail geplant, wobei ihn seine Familie nach Kräften unterstützte. Eine Beziehung oder gar eine Ehe mit seiner Assistentin kam darin nicht vor.

Paxton hoffte, dass Ivy genauso dachte. Als er an ihrem Zimmer vorbeikam, sah er, dass sie noch schlief. Einen Moment lang war er in Versuchung, sich einfach wieder neben sie auf das sonnendurchflutete Bett zu legen. Er war erstaunt, wie stark er gegen diesen Wunsch ankämpfen musste.

Aber dafür hatte er jetzt keine Zeit. Die Pflicht rief.

Das Vibrieren seines Handys zeigte ihm an, dass er sich beeilen musste. Er schnappte sich ein Stück Papier und schrieb Ivy rasch eine kurze Nachricht: Leider hätte er einen dringenden Termin bekommen, den er nicht aufschieben konnte, aber gleich nach seiner Rückkehr würden sie sich treffen, um zu reden. Sie sollte sich den Wagen kommen lassen, der Fahrer würde sie selbstverständlich nach Hause bringen.

Auch während der Fahrt zum Flughafen konnte Paxton seine Gedanken nicht von Ivy lösen. Unaufhörlich kreisten die Erinnerungen an ihre gemeinsame leidenschaftliche Nacht in seinem Kopf und auch, als er schon längst die VIP-Lounge durchquert hatte und in die wartende Maschine eingestiegen war, ließen sie ihm keine Ruhe. Er hatte plötzlich das dringende Bedürfnis, ihr zu schreiben, steckte dann aber das Telefon wieder weg. Nein, das war ihm zu unpersönlich.

Vielleicht halfen die kommenden Tage ihnen beiden, bald wieder zu ihrem professionellen, unbeschwerten Umgang miteinander zurückzukehren.

Paxton rieb sich über die Stirn. Da hatte er etwas Schönes angerichtet! Zerstreut trank er den letzten Schluck Kaffee aus seinem Becher.

Warum trug sie eigentlich immer so einen strengen Pferdeschwanz bei der Arbeit? Die goldene Mähne, die er heute Morgen gesehen hatte, war so viel attraktiver. Aber klar, es gab ja eine Kleiderordnung für die Angestellten in der Firma. Das Haar musste immer zusammengebunden sein. Für Frauen galt als korrekte Kleidung das Kostüm, während Hosen nicht gestattet waren.

Allerdings trug Ivy immer sehr sexy aussehende High Heels zum Rock, was ihre traumhafte Figur wunderbar betonte. Natürlich hatte Paxton darauf geachtet, ihr nur ganz diskret hinterherzuschauen, doch einige Male hatte sie ihn erwischt. Ebenso wie er sie. Obwohl beide die Funken bemerkt hatten, die zwischen ihnen hin- und herflogen, wenn sich ihre Blicke trafen, hatten sie immer Distanz bewahrt.

Bis sie sich gestern Nacht auf das Spiel mit dem Feuer eingelassen hatten.

Das Flugzeug war gelandet. Paxton riss sich gewaltsam aus seinen Gedanken, ging durch die Halle und holte die Reisetasche vom Gepäckband. Dann trat er durch den Ausgang und rief ein Taxi herbei, das ihn zur Fabrik bringen sollte. Mike hatte zu viel zu tun, um ihn abzuholen.

Er lehnte sich in die Wagenpolster zurück und las noch einmal alle Nachrichten, die Mike ihm inzwischen geschrieben hatte. Eine war schlimmer als die andere.

Als Paxton seine berufliche Karriere in der Firma begonnen hatte, waren es natürlich auch sein Familienname und die Position seiner Großmutter als Firmeninhaberin gewesen, die ihm den Weg geebnet hatten. Doch seinen guten Ruf als äußerst fähiger Geschäftsführer eines internationalen Konzerns, der für Kunden in aller Welt Schiffsteile herstellte, hatte er sich durch sein Können, sein Engagement und seine Führungsqualitäten erworben. Eines Tages würde alles ihm gehören.

Also warum dachte er in diesem Augenblick immer noch an die Frau, die wahrscheinlich noch in seinem Haus schlief, statt sich auf die wirklich wesentlichen Dinge in seiner Firma zu konzentrieren?

2. KAPITEL

Zwei Monate später

„Paxton, bist du da? Hey, großer Bruder, was ist?“

Paxton fuhr hoch und sah Sierra verwirrt an. Sie war offensichtlich verärgert, und das war kein Wunder. Schließlich hatte er sich erboten, sie heute zusammen mit dem Kind zu ihrem Vorsorgetermin zu fahren, da ihr Mann nicht da war. Er sollte zuvorkommend und aufmerksam sein, aber stattdessen kreisten seine Gedanken schon wieder um Ivy und alles, was seit seiner Rückkehr gestern passiert war.

Paxton versuchte sich zusammenzureißen und ging um den Wagen herum, um seine Nichte aus dem Kindersitz auf der Rückbank zu befreien.

Gerade als er gedacht hatte, dass Ivy und er wieder wie früher Seite an Seite als Kollegen arbeiten könnten, wie er es sich wünschte, hatte sie ihm eine E-Mail mit ihrer Kündigung geschickt. Die hatte er gleich als erstes nach seiner Landung auf dem Laptop vorgefunden.

„Wieso warst du eigentlich so lang weg?“, fragte seine Schwester.

„Geplant waren tatsächlich nur ein paar Tage, allerhöchstens eine Woche“, erkärte Paxton. „Dann gab es ein technisches Problem nach dem anderen. Der reinste Albtraum, sage ich dir. Es wurde so schwierig, dass wir einmal sogar gezwungen waren, die ganze Produktion für mehr als vierundzwanzig Stunden einzustellen.“

Sierra zog eine Grimasse. „Ich wette, Großmutter war begeistert.“

Sie war natürlich alles andere als begeistert gewesen und hatte ihn wieder einmal daran erinnert, dass es für ihn keine Sonderbehandlung gab, nur weil er ihr Enkel war. Paxton musste über jede Ausgabe und jedes Problem genau Rechenschaft ablegen.

Zumindest hatte er während der ganzen Zeit nicht über die Nacht mit Ivy nachgedacht. Und obwohl sie fast jeden Tag aus beruflichen Gründen miteinander telefoniert oder E-Mails hin- und hergeschickt hatten, waren die Wochen ins Land gegangen, ohne dass einer von ihnen das Thema noch einmal angeschnitten hätte. So war es ihm recht, und er war automatisch davon ausgegangen, dass es auch das war, was Ivy wollte.

Als er schließlich zu Hause ankam und das Gepäck in seinem Schlafzimmer absetzte, war er überzeugt davon, dass ihre Kündigung für sie beide das Beste war.

Er konnte gut verstehen, dass sie ihn nicht noch einmal sehen wollte. Als ihr Chef hätte ihm so ein entsetzlicher Fehler nie unterlaufen dürfen. Er trug die volle Verantwortung für alle Konsequenzen und konnte nur froh sein, dass Ivy ihn nicht wegen sexueller Belästigung angezeigt hatte. Ganz egal, ob sie bereitwillig mitgemacht hatte oder nicht.

Vielleicht sollte er ihr finanzielle Unterstützung anbieten, bis sie wieder eine neue Stelle hatte. Ob sie so ein Angebot annehmen würde? Oder war sie böse, weil er die ganze Zeit über rein geschäftlich geblieben war?

Er konnte einfach nicht aufhören, an Ivy zu denken, obwohl er nach allem, was passiert war, froh sein sollte, dass sie weg war, ohne dass er größeren Ärger bekommen hatte.

„Irgendwie bist du heute nicht bei uns“, bemerkte seine Schwester und nahm ihm das Kind sichtlich genervt vom Arm. „Was ist bloß los mit dir? Bist du in Gedanken noch in Virginia?“

Paxton atmete tief durch, um sich zu beruhigen. „Es geht mir einfach vieles im Kopf herum“, erwiderte er.

Sierra ging über den Parkplatz zu dem großen Gebäude, das vor ihnen lag. „Hauptsache, keine Frau“, erwiderte sie. „Großmutter würde ausrasten, wenn du deine Prioritäten nicht klar für die Firma setzt.“

Sie klang plötzlich so bitter, dass Paxton sie erstaunt ansah.

Alle aus seiner Familie waren Gründer bedeutender Firmen und hochdotierte Geschäftsleute in Savannah. Es wurde vorausgesetzt, dass man dementsprechend heiratete, sich hohe Ziele steckte und die Familie über alles stellte. Paxton hatte sich immer darauf gefreut, eines Tages seine eigene Familie zu gründen, und zwar mit der Frau, die seinen beruflichen und persönlichen Interessen am besten entsprach. Genau wie seine Schwestern, die ihre Ehemänner aus den besten Kreisen der Gesellschaft von Savannah ausgesucht hatten.

So war der Plan, in dem Ivy überhaupt keinen Platz hatte. Dennoch hatte er sie vom ersten Augenblick an begehrt und die Nacht mit ihr als pure Ekstase erlebt. Allein der Gedanke daran ließ sein Herz schneller schlagen.

Er schüttelte den Kopf. Ivy hatte mit seiner Zukunftsgestaltung nichts zu tun, und sein kleiner romantischer Ausflug war einfach ein Fehler gewesen. Aber das sagte man einer Frau nicht am Telefon.

Paxton blickte seine Schwester von der Seite an. Sie sah gestresst aus und das lag sicher nicht nur an ihrer Schwangerschaft und dem lebhaften Kleinkind auf ihrem Arm. Die müden Augen und der bittere Zug um den Mund waren nicht typisch für Sierra. Auch ihr scharfer Ton ihm gegenüber war etwas, das Paxton nicht an seiner Schwester kannte.

Er legte ihr eine Hand auf den Arm und zog sie in eine Ecke der Eingangshalle vor der Arztpraxis. Seine Nichte hatte den Kopf auf die Schulter ihrer Mutter gelegt und schlief.

„Sierra, was ist mit dir?“, fragte er besorgt.

Rasch wandte sie den Blick ab, doch Paxton hatte die Tränen in ihren Augen schon gesehen.

„Nichts“, behauptete sie. „Wahrscheinlich machen mir die Hormone zu schaffen.“

Bestimmt hatte sie recht, aber Paxton hatte als großer Bruder einen guten Instinkt, der ihm deutlich sagte, dass das nicht alles war. „Sicher, aber da ist doch noch mehr. Was ist es?“, fragte er drängend. „Gibt es zwischen dir und Jason ein Problem?“

„Keine Ahnung“, sagte sie und wischte sich über die Augen, bevor sie ihrer kleinen Tochter liebevoll über das Haar strich. „Er ist nie da. Ständig arbeitet er. Deswegen habe ich ihn ja vermutlich geheiratet.“ Sie sah Paxton an. „Weißt du was, großer Bruder? Unsere Eltern und Großeltern hatten vielleicht kein Problem mit ihren Vernunftehen. Aber ich sage dir, so wunderbar ist das Leben, das sie uns ausgemalt haben, nicht. Ich glaube, es ist keine gute Idee, wegen Geld zu heiraten. Jedenfalls gibt es da bestimmt nicht weniger Probleme als in einer Liebesheirat“, fügte sie hinzu. „Lass uns jetzt reingehen.“

Es war klar, dass sie das Thema wechseln wollte.

Paxton folgte ihr verwirrt. Sierra hatte nie Geheimnisse vor ihm gehabt. Was war geschehen? Sein Beschützerinstinkt erwachte, wie immer, wenn er mit seinen Geschwistern zusammen war. Sie hatten sich immer alle sehr nahegestanden. Und inzwischen war er der Onkel mehrerer kleiner Mädchen, die seine Schwestern zur Welt gebracht hatten. Seine Großmutter prophezeite immer, dass er als erster einen Jungen als Erben vorweisen würde. Darauf freute er sich jetzt schon. Aber bis es soweit war, würde er die Frauen in seinem Leben beschützen und lieben, so gut er konnte.

Wenn er nur wüsste, wovor er Sierra beschützen sollte …

„Komm, gib mir die Kleine, während du dich anmeldest“, erbot er sich, nahm Sierra seine Nichte ab und legte sie vorsichtig an seine Schulter. Er stellte sich hinter Sierra, die sich bei der Rezeptionistin in die Liste der Patienten eintrug. Um ihn herum waren die Menschen in leise Gespräche vertieft, aber er schenkte ihnen keine Beachtung. Gedankenverloren schaute er auf die andere Seite der Empfangstheke, wo eine Arzthelferin mit einer Patientin sprach, die gerade fertig war. Als sie sich ein wenig zur Seite drehte, erstarrte er. Es war Ivy.

Instinktiv lehnte er sich weiter vor, um etwas von dem Gespräch zu erlauschen. Zum Glück besaß er ein hervorragendes Gehör.

„Hier sind Ihre Vitamine“, sagte die Helferin gerade.

Nervös musterte Ivy die Schachtel, die vor ihr auf der Theke stand.

„Und hier habe ich noch das Rezept für die Tabletten gegen Übelkeit“, fuhr die junge Frau im weißen Kittel fort. „Sie können sie nach Bedarf einnehmen. Schließlich wollen wir ja, dass Sie für sich und das Baby ausreichend essen, nicht wahr? Mit ein bisschen Glück hört die Übelkeit auch bald auf.“

Ivy nickte.

„Haben Sie noch Fragen?“

Schweigend schüttelte Ivy den Kopf, nahm die Schachtel und das Rezept und sah auf. Als ihr Blick auf Paxton traf, erstarrte sie. Ihre Augen weiteten sich vor Schreck, und sie wurde totenblass.

Jetzt erst begriff er. Ein Baby. Ivy erwartete ein Kind. Sein Kind.

Bevor er wieder richtig zu sich gekommen war, hatte Ivy den Raum verlassen.

„Mein Gott, Paxton, was ist bloß heute los mit dir?“ Die Stimme seiner Schwester drang wie durch dichten Nebel zu ihm.

„Entschuldige“, murmelte er. „ich bin gleich wieder da.“

Er ging an ihr vorbei nach draußen und hielt Ausschau nach Ivy, aber die Eingangshalle war leer. Plötzlich wurde ihm klar, dass es nichts gab, was er ihr sagen könnte. Er wollte sie einfach nur finden. Jetzt.

Autor

Dani Wade
<p>Als Jugendliche erstaunte Dani Wade die Mitarbeiter der örtlichen Bibliothek regelmäßig. Sie lieh sich wöchentlich bis zu zehn Bücher aus – und las diese dann tatsächlich bis zu ihrem nächsten Besuch. Sie stellte sich gerne vor, selbst in der Rolle der weiblichen Heldin zu stecken. Vielleicht gelingt es ihr auch...
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