Romana Exklusiv Band 314

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ENTFÜHRT IN DEN PALAZZO DES PRINZEN von RAYE MORGAN
Heimlich schleicht Isabella sich nachts aus dem kleinen italienischen Dorf zum verbotenen Palazzo. Nur hier wachsen die Kräuter für die berühmte Pasta ihres Restaurants. Plötzlich steht er vor ihr, der geheimnisvolle Prinz Maximilian: ganz in Schwarz, groß, muskulös - und unglaublich anziehend …

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SINNLICHE KÜSSE UNTER SPANISCHER SONNE von MARGARET MAYO
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  • Erscheinungstag 20.09.2019
  • Bandnummer 314
  • ISBN / Artikelnummer 9783733744977
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Raye Morgan, Jackie Braun, Margaret Mayo

ROMANA EXKLUSIV BAND 314

1. KAPITEL

„Es wird ja immer schlimmer“, sagte Isabella Casali laut vor sich hin. Ihre Worte wurden jedoch von dem plötzlich aufkommenden Sturm verweht.

Was hatte sie sich da für eine Nacht ausgesucht, um auf dem Grund und Boden des Prinzen herumzulaufen! Als sie von zu Hause weggefahren war, hatte der Mond noch sein fahles Licht verbreitet, auch wenn vorbeiziehende Wolken ihn ab und zu verdunkelt hatten. Jetzt war der Himmel schwarz, und es war stockfinster.

„Wahrscheinlich gibt es ein Gewitter. Die Pechsträhne der letzten Zeit scheint sich fortzusetzen“, flüsterte sie, während ihr der Wind das dunkle gelockte Haar ins Gesicht blies.

Doch nachdem sie endlich all ihren Mut zusammengenommen und sich überwunden hatte, ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen, wollte sie jetzt nicht aufgeben und die Aktion abbrechen.

Über den Palazzo und das Anwesen des Prinzen erzählte man sich Schauergeschichten, die sie bisher nicht geglaubt hatte. So sollte es angeblich hier von allen möglichen übernatürlichen Wesen wimmeln. Doch jetzt bekam auch sie eine Gänsehaut wie alle Leute vor ihr. Bei jedem Windstoß, jedem knackenden Zweig und beim Knarren der Bäume zuckte sie zusammen und sah sich ängstlich um.

„Pass auf, dass der Prinz dich nicht erwischt“, hatte Susa, die etwas altmodische Küchenchefin ihres Restaurants, sie gewarnt.

Isabella hatte nachsichtig gelächelt. Obwohl Susa ihr oft kluge Ratschläge erteilte, waren ihre Befürchtungen dieses Mal bestimmt unbegründet, dessen war Isabella sich sicher gewesen.

„Es wird behauptet, er durchstreife sein riesiges Anwesen nachts auf der Suche nach einer jungen Frau, die in den Wäldern umherirrt“, hatte Susa hinzugefügt.

„Oh Susa, bitte, das ist doch übertrieben. Dasselbe hat man in den letzten hundert Jahren jedem Prinzen angedichtet, der in diesem alten Schloss gelebt hat. Die Di Rossis haben schon immer sehr zurückgezogen gelebt, wie man sich erzählt. Wenn man sich nicht unter die Leute mischt und sich von allem und allen fernhält, erwirbt man sich ganz automatisch früher oder später einen zweifelhaften Ruf.“ Isabella hatte gespielt unbekümmert gelacht.

Jetzt wünschte sie, sie wäre zu Hause geblieben und hätte es sich mit einem guten Buch gemütlich gemacht.

„Das ganze Gerede entsteht doch nur, weil sie sich so zurückhalten“, hatte sie erklärt. „Ich wette, die Di Rossis sind in Wirklichkeit sehr nette Menschen.“

Susa zog die Augenbrauen hoch, was sie ziemlich überlegen wirken ließ. „Ich bin gespannt, wie nett du ihn findest, wenn er dich in seinen Kerker einsperrt.“

„Susa!“ Isabella war sowieso nicht wohl bei der Sache, und die Skepsis und Schwarzmalerei der älteren Frau machten das Ganze nicht gerade besser. „Außerdem hat mein Vater auch immer das Monta-Rosa-Basilikum gepflückt, das schon so lange unseren Gerichten diesen ganz besonderen Geschmack verleiht. Soweit ich weiß, ist er nie einem Mitglied der königlichen Familie begegnet. Also, ich glaube das ganze Gerede nicht.“

Ihr Vater Luca Casali hatte vor vielen Jahren die geradezu magischen Eigenschaften dieses feinen Gewürzkrauts entdeckt und damit sein einfaches italienisches Lokal in ein weithin berühmtes Feinschmeckerrestaurant verwandelt. Die Gäste kamen von überall her wegen der köstlichen Pasta und der besonderen Tomatensauce, die Lucas Spezialität war.

Das Rezept und der Name der speziellen Zutat, die nur an einem einzigen Hügel auf dem Grundbesitz des Prinzen in Monta Correnti wuchs und den Gerichten den besonderen Geschmack verlieh, blieben ein Familiengeheimnis.

Jahrelang hatte ihr Vater das Basilikum einmal im Monat selbst gepflückt. Doch jetzt war er krank, und es wurde ihm zu mühsam. Deshalb musste Isabella wohl oder übel diese Aufgabe übernehmen. Um das Risiko, entdeckt zu werden, zu verringern, beschloss sie, sich im Dunkeln auf den Weg zu machen. Natürlich war sie sehr nervös. Es war immerhin ihr erster Ausflug dieser Art, aber sie war auch zuversichtlich, dass sie es schaffte, denn ihr Vater hatte nie ein Problem damit gehabt.

Doch der plötzlich einsetzende Sturm, die schwarzen Wolken am Himmel und das drohende Gewitter änderten alles. Momentan kam ihr jedes schaurige Gerücht über den Palazzo und seine Bewohner sehr plausibel vor, und sie blickte sich immer wieder ängstlich um.

Bei dem Sonnenschein am Nachmittag hatte sie sich vorgestellt, es könne ganz interessant sein, dem Prinzen zu begegnen.

„Wie ist er eigentlich?“, fragte sie Susa. „Ich meine, wenn er nicht gerade junge Frauen in sein Schlafzimmer lockt“, scherzte sie.

Susa zuckte die Schultern. „Ich weiß nur, dass seine junge Frau vor einigen Jahren gestorben ist und er seitdem wie ein Einsiedler lebt.“

„Oh, wie traurig.“ Isabella hatte davon gehört, kannte jedoch keine Einzelheiten.

„Man erzählt sich, sie sei unter mysteriösen Umständen gestorben“, fügte Susa geheimnisvoll hinzu.

„Ist für dich nicht immer alles etwas mysteriös?“

Susa warf ihr einen überheblichen Blick zu und wandte sich ab. Isabella fiel ein, was ihre frühere Köchin Noni Braccini zu sagen pflegte, die ihr als ganz jungem Mädchen alles beigebracht hatte, was sie über die italienische Küche wusste.

„Von so einem Ort kommt nichts Gutes.“ Sie hatte in Richtung des alten Palazzos gewiesen und geflüstert: „Fledermäuse.“

Verblüfft sah Isabella sie an. „Fledermäuse?“

„Ja, du willst sie doch nicht in deinem Haar haben, oder?“

„Nein, ganz bestimmt nicht.“ Schaudernd war sich Isabella durch die wilden Locken gefahren.

Mehr wusste sie nicht über den Prinzen, außer natürlich, dass das für das Restaurant so wichtige Basilikum auf seinem Anwesen wuchs.

Noni Braccini war schon lange tot. Jetzt erzählte Susa an ihrer Stelle solche Gruselgeschichten.

„Als ich ein junges Mädchen war, wusste jeder, dass der damalige Prinz ein Vampir war“, behauptete sie, als Isabella zur Tür hinausgehen wollte.

„Wie bitte?“ Isabella musste laut lachen. „Susa, das ist doch verrückt.“

„Er war der Großvater des heutigen Prinzen.“ Die ältere Frau zuckte die Schultern. „Wir werden ja sehen, nicht wahr?“

Auf dem Weg zu ihrem Auto hatte Isabella immer noch gelacht, doch das Lachen war ihr mittlerweile vergangen. Susas Warnung und viele andere alte Geschichten, die sie früher einmal gehört hatte, gingen ihr durch den Kopf. Wenn sie während ihrer Kindheit bei einer Freundin übernachtete, hatten sie sich viele solcher Storys erzählt. Es ging dabei um Vampire, die nachts umherstreiften auf der Suche nach schönen Jungfrauen, und um Verführer mit dunklen funkelnden Augen, die unschuldige junge Mädchen in ihre luxuriösen Schlafzimmer lockten. Plötzlich hielt sie alles für möglich und bereute fast, dass sie sich ausgerechnet in dieser Nacht auf den Weg gemacht hatte. Doch dann ärgerte sie sich über ihre Ängstlichkeit.

Was konnte ihr schon passieren? Der Prinz war bestimmt nicht so boshaft und gefährlich, wie Susa ihn geschildert hatte. Ein einziges Mal hatte sie ihn als Teenager flüchtig von Weitem gesehen, bei einem Besuch in einem Thermalbad mehrere Autostunden von ihrem Ort entfernt. Eine Freundin hatte sie auf ihn aufmerksam gemacht, und damals hatte sie ihn für sehr attraktiv und ausgesprochen arrogant gehalten.

„Alle Mitglieder des Hochadels sind so hochnäsig“, erklärte ihre Begleiterin. „Sie glauben, sie seien etwas Besonderes. Man geht ihnen am besten aus dem Weg.“

Und daran hatte sich Isabella all die Jahre gehalten, bis heute. Je schneller sie hier fertig war, desto besser für sie.

Bald hatte sie den Abhang erreicht, den ihr Vater beschrieben hatte. Sie würde rasch die Leinentaschen, die sie mitgebracht hatte, mit dem Basilikum füllen und dann verschwinden. Allerdings hatte sie ein Problem: Der Schein der Taschenlampe reichte nicht weiter als eineinhalb Meter.

Auf einmal rutschte sie aus und wäre beinah gestürzt. Während sie sich bemühte, das Gleichgewicht zu bewahren, fiel ihr die Taschenlampe aus der Hand und rollte den Abhang hinunter in den Fluss.

Es fehlte nicht viel, und Isabella hätte laut geflucht, obwohl das sonst nicht ihr Stil war. Was für ein Desaster! Und was für eine verrückte Idee, mitten in der Nacht allein hierherzukommen.

„Auf solche Abenteuer dürfte ich mich gar nicht einlassen“, sagte sie leise vor sich hin, während sie versuchte, höher hinaufzuklettern. Die Angst, von irgendwelchen Wachleuten oder dem Prinzen selbst entdeckt zu werden, wurde immer größer.

Und als auf einmal das Gewitter losbrach, wollte sie nicht mehr ausschließen, dass hier wirklich nachts Vampire unterwegs waren.

Während der Wind durch die Wipfel der Bäume fuhr und Blitze den Himmel durchzuckten, sah sie sich besorgt um. Und dann befiel sie lähmendes Entsetzen, als sie die dunkle Gestalt bemerkte, die auf dem Pferd auf sie zugestürmt kam.

Plötzlich war ihr alles zu viel, die Dunkelheit, der Sturm, das Gewitter, die Gefahr, in der sie sich befand, und sie fing an zu schreien. Das Echo schien durch das Tal zu hallen, während um sie her Blitze zuckten und der Donner krachte.

Jede einzelne der vielen Schauergeschichten, die sie gehört hatte, schoss ihr in Sekundenschnelle durch den Kopf. Sie zitterte am ganzen Körper, Panik erfasste sie, und das Herz klopfte ihr zum Zerspringen. Wie von Sinnen drehte sie sich um und begann zu rennen.

Sie hörte ihn rufen, er kam immer näher, jeden Augenblick würde er sie einholen. Ich muss schneller laufen, noch viel schneller, mahnte sie sich atemlos. Umsonst, denn auf einmal verlor sie das Gleichgewicht, fiel hin und rutschte schreiend den Abhang hinunter, ohne sich an irgendetwas festhalten zu können. Das eisige Wasser spritzte in alle Richtungen, als sie in den Fluss stürzte. Ich ertrinke, war ihr einziger Gedanke.

Doch fast im selben Moment wurde sie von zwei starken Armen gepackt, und der Mann in Schwarz zog sie aus den reißenden Fluten.

Schockiert und erstarrt vor Kälte, war sie sekundenlang orientierungslos. Während der Fremde sie zu seinem Pferd trug, kam sie sich vor wie eine Zuschauerin, die das Geschehen hilflos beobachtete.

Dann passierte etwas Seltsames. Nach der ganzen Aufregung und dem Schrecken fühlte sie sich in den starken Armen des Unbekannten unvermittelt wunderbar geborgen und wie verzaubert. Das Gewitter zog weiter, der Mond kam zwischen den Wolken hervor und hüllte die Landschaft um sie her in ein silbriges Licht. Als sie aufsah, konnte sie das energische Kinn des Mannes erkennen, mehr nicht.

Ich muss mich wehren, überlegte sie. Doch ehe sie auch nur ein einziges Wort herausbrachte, hatte er sie schon auf das Pferd gehoben und schwang sich hinter ihr in den Sattel.

„Was soll das? Das können Sie nicht machen! Lassen Sie mich sofort herunter“, forderte sie ihn schließlich auf.

Vielleicht hörte er sie gar nicht in dem Wind, der in den Zweigen rauschte. Jedenfalls reagierte er nicht, sondern galoppierte auf den Palazzo zu, der vor ihnen auf dem Hügel seltsam drohend emporragte. Sie klammerte sich so fest an den Sattel, als hinge ihr Leben davon ab, und konnte kaum atmen. Schließlich vernahm sie die klappernden Hufe des Pferdes auf dem Kopfsteinpflaster des Vorhofes, der von riesigen Laternen beleuchtet wurde, und dann blieb das Tier stehen. Rasch saß der Mann ab und hob Isabella hinunter.

Sekundenlang taumelte Isabella. Sie war verwirrt und fand keinen Halt. Doch er spürte ihre Unsicherheit, packte sie von hinten an den Schultern und hielt sie fest. Als sie sich zu ihm umdrehte, um ihn anzusehen, wandte er sich ab.

„Hierher.“ Er nahm sie an die Hand und dirigierte sie zu der breiten Eingangstür aus massivem Holz.

„Nein“, protestierte sie schwach, doch er reagierte nicht. Also überließ sie sich seiner Führung. Ihre völlig durchnässte Hose schien ihr an den Beinen zu kleben, die schwere Jacke schlabberte ihr um den Körper, und aus den Schuhen quoll bei jedem Schritt Wasser. Sie befand sich in einem fürchterlichen Zustand und wagte nicht, sich vorzustellen, wie ihr Haar aussehen musste.

Irgendwo auf dem Grundstück fingen zwei Hunde an zu heulen – oder waren es Wölfe? Sie konnte es nicht sagen, ihr Herz klopfte viel zu heftig. Die Atmosphäre wirkte seltsam bedrohlich, die Laternen warfen gespenstische Schatten, und ihr Blick fiel auf die unheimlich aussehenden eisernen Spitzen auf der Mauer, die den Palazzo umgab.

Sie erbebte. War das alles nur ein böser Traum? Oder war sie auf geheimnisvolle Weise in eine der alten Geschichten hineingeraten, die man sich erzählte? War sie vielleicht auf dem Weg in den Kerker, von dem Susa geredet hatte? Und war der Mann, der sie so sehr erschreckt und dann gerettet hatte, ein Held oder ein Schurke?

Eigentlich war es völlig unwichtig, denn sie brauchte ihn, und es gab keinen anderen Menschen, an den sie sich hätte wenden können.

Die breite Tür knarrte in den Angeln, als ein alter Mann mit einem zerfurchten Gesicht sie öffnete. Instinktiv fürchtete sie sich vor ihm und wandte sich Schutz suchend an den Unbekannten. Sekundenlang zögerte dieser, ehe er ihr den Arm um die Schulter legte und es zuließ, dass sie sich an ihn schmiegte. Nach wenigen Sekunden verstärkte er sogar den Griff.

Isabella fühlte sich immer noch wie betäubt und begriff kaum, was da mit ihr geschah. Sie war durchnässt, ihr war kalt, und sie befand sich vor dem alten Palazzo in Begleitung eines Mannes, den sie beinah für einen Vampir gehalten hatte und der ihr jetzt den Arm um die Schulter legte. Zu allem Überfluss fühlte es sich auch noch verdammt gut an. Sie gestand sich ein, dass sie schon lange keinen Mann mehr kennengelernt hatte, auf den sie so heftig mit allen Sinnen reagierte wie auf ihn, auch wenn sie sich vor ihm fürchtete.

Irgendwann war sie zu dem Schluss gekommen, romantische Beziehungen seien nicht ihre Sache. Es lohnte sich nicht, es gab doch immer nur Probleme. Weshalb sie ausgerechnet von diesem Fremden, der sie aus dem Wasser gezogen hatte, so fasziniert war, war ihr allerdings rätselhaft. Vielleicht suchte sie die Gefahr und brauchte den Nervenkitzel.

„Wir sind gleich da“, versprach er, wie um sie zu beruhigen.

Was hatte er vor? Warum behandelte er sie so rücksichtsvoll? Ach, wahrscheinlich mache ich mir zu viele Gedanken, ich habe einfach zu viele Horrorfilme gesehen, sagte sie sich dann.

Sie seufzte, schloss die Augen und wünschte, sie könnte ihre Fassung wiederfinden, aber sie war zu keinem klaren Gedanken fähig. Sie war müde und erschöpft. Doch wenn sie die Lider öffnete, würde sie merken, dass alles nur ein böser Traum war und sie sicher und geborgen zu Hause in ihrem Bett lag.

Prinz Maximilliano Di Rossi runzelte die Stirn, während er die Frau ansah, die sich da an ihn klammerte. Es überraschte ihn, dass sie bei ihm Schutz suchte, und genauso erstaunte ihn, wie er sich verhielt. Im ersten Augenblick hatte er sich zurückziehen und jeden Körperkontakt vermeiden wollen. So reagierte er schon seit dem Unfall vor zehn Jahren. Nur die Menschen, die ihm seit der Kindheit vertraut waren, ließ er näher an sich heran. Besucher empfing er nie, und dass er diese Fremde mitbrachte, war die absolute Ausnahme.

Aber sie wandte sich so vertrauensvoll an ihn, dass Erinnerungen geweckt wurden. Er sehnte sich danach, nach so vielen Jahren wieder den warmen, weichen Körper eines weiblichen Wesens in den Armen zu halten und an sich zu pressen. Es kam ihm vor wie ein unerwartetes Geschenk.

Diese Regungen würden ihm jedoch bald vergehen. Sobald sie sein Gesicht klar und deutlich sehen konnte, würde sie ihn bestimmt nicht mehr berühren wollen, sondern sich sogleich zurückziehen.

Er verzog zynisch die Lippen, während er sie durch die breite Tür in den Palazzo führte. Ihre Schritte hallten in der riesigen, hohen Eingangshalle wider. Als er jemanden husten hörte, sah er auf und merkte, dass sein Mitarbeiter Renzo ihn beunruhigt anschaute. Über dem Schlafanzug trug er einen Bademantel, und seine Füße steckten in uralt aussehenden Fellhausschuhen.

„Schöne Babuschen haben Sie da“, stellte Max fest und zog eine Augenbraue hoch.

„Vielen Dank, Hoheit“, antwortete Renzo und trat leicht verlegen von einem Fuß auf den anderen.

Max überlegte, ob er die Frau in die Obhut seines treuesten Mitarbeiters geben sollte, der sein persönlicher Assistent und sein Butler zugleich war, seit er denken konnte. Dann wäre er in der Lage wegzugehen und musste keinen Gedanken mehr an die Fremde verschwenden. Auf Renzo konnte er sich in jeder Hinsicht verlassen, er würde die Sache regeln. Ja, es war die beste Lösung, es so zu handhaben wie immer, zumal Renzo es auch zu erwarten schien.

Doch dann fiel sein Blick auf die Frau. Sie schmiegte sich noch immer so vertrauensvoll an ihn, als wäre sie bei ihm in Sicherheit. Plötzlich regte sich etwas in ihm – doch das war gefährlich. Allein der Anblick ihres wunderschönen zerzausten vollen Haares weckte Regungen in ihm, die er nicht gebrauchen konnte. Er schaffte es jedoch nicht, sich von ihr zu lösen.

Später versuchte er sich einzureden, es sei nichts anderes gewesen als der typisch männliche Instinkt, sich als Beschützer aufzuspielen, und er hätte genauso gehandelt, wenn es sich um einen jungen Hund oder ein Kätzchen gehandelt hätte. Der Wunsch, einem hilflosen Wesen zu helfen, sei stärker gewesen als jede Vernunft.

Doch davon war er nicht überzeugt. Er fand die Frau ausgesprochen faszinierend, und deshalb wäre es das Beste, er würde es Renzo überlassen, sich um sie zu kümmern. Dennoch entschied er sich anders.

Er sah seinen Mitarbeiter an und schüttelte den Kopf. „Ich mache das schon“, erklärte er, während er den langen schwarzen Umhang abstreifte und auf einen Sessel in der Eingangshalle legte.

Ihm wurde bewusst, was er da tat: Er handelte wider besseres Wissen und war im Begriff, der Frau sein Gesicht zu zeigen.

„Aber Hoheit …“, begann Renzo alarmiert.

„Bitten Sie Marcello, zu uns in den Salon zu kommen“, unterbrach der Prinz ihn.

Renzo blinzelte verblüfft. „Entschuldigen Sie, Hoheit, ich glaube, der Doktor schläft schon.“

„Dann wecken Sie ihn“, forderte Max ihn auf. „Er soll sich die junge Dame hier anschauen. Sie ist gestürzt.“

„Du meine Güte“, sagte Renzo leise und räusperte sich, als wollte er etwas hinzufügen. Max war jedoch nicht bereit, ihm zuzuhören, sondern wappnete sich gegen das, was kommen würde.

Sein Zögern hatte natürlich einen Grund. Seine eine Gesichtshälfte war mit Narben übersät und sehr entstellt, und deshalb ging er Fremden aus dem Weg.

Bei dieser Frau eine Ausnahme zu machen stellte für ihn einen wichtigen Schritt dar. Er musste endlich seine Schwäche überwinden, sich umdrehen und sie sehen lassen, mit wem sie es zu tun hatte. Er würde sie dabei keine Sekunde aus den Augen lassen und sich zwingen, das Entsetzen und den Abscheu in ihrem Blick zu ertragen.

„Kommen Sie mit“, sagte er hart und zog sie durch die Eingangshalle. Die riesigen Porträts an den Wänden und die alten, verschlissenen Gobelins nahm Isabella nur flüchtig wahr. Er führte sie in einen großen Raum, der mit schweren blauen Samtvorhängen und insgesamt sehr luxuriös ausgestattet war. In dem riesigen Kamin glomm noch das Feuer unter der Asche.

„Nehmen Sie Platz.“ Er wies auf ein antikes Sofa. „Mein Cousin Marcello ist Arzt, er wird Sie gleich untersuchen.“

„Das möchte ich aber nicht.“ Sie schüttelte den Kopf und sah an sich hinunter. „Und so schmutzig und durchnässt, wie ich bin, kann ich mich auch nicht hinsetzen. Ich würde nur ihre Polstermöbel ruinieren.“

„Das macht nichts“, antwortete er kurz angebunden.

Meint er das ernst? überlegte sie.

„Ich möchte es trotzdem nicht“, entgegnete sie und spürte ihre Lebensgeister zurückkehren. „Vielleicht sehe ich momentan nicht so aus, aber ich habe Manieren. Ich weiß, wie man sich in feiner Gesellschaft benimmt.“

„In feiner Gesellschaft?“, wiederholte er und stieß einen Laut aus, der wie ein missglücktes Lachen klang. „Das erwarten Sie also hier, eine feine Gesellschaft? Okay, dann muss ich wohl versuchen, Ihnen etwas in der Richtung zu bieten.“

Er ging ruhelos im Raum hin und her, und Isabella bemühte sich, ihn im Blickfeld zu behalten. Sie war sich ziemlich sicher, zu wissen, wer er war, und wünschte, sie könnte endlich sein Gesicht sehen, dann wäre sie ganz sicher.

„Sie machen mich ganz nervös“, beschwerte sie sich und hielt sich an der Rückenlehne eines Sessels fest.

Wieder stieß er einen undefinierbaren Laut aus, ohne im Laufen innezuhalten. Beunruhigt fragte sie sich, was er mit ihr vorhatte. Glücklicherweise schien er sie nicht einsperren zu wollen, wie Susa prophezeit hatte, aber vielleicht beabsichtigte er, die Polizei zu rufen und sie anzuzeigen. Immerhin hatte sie unbefugt sein Land betreten.

Während sie wartete, was geschehen würde, fiel ihr auf, wie geschmeidig er sich bewegte. Er strahlte verhaltene Kraft und Stärke aus und wirkte unberechenbar. Ich weiß wirklich nicht, wie ich mit ihm umgehen soll, gestand sie sich ein und bekam Herzklopfen.

Als er kurz stehen blieb und in die Eingangshalle blickte, fragte sie angespannt: „Was ist los?“

„Mein Cousin nimmt sich viel Zeit“, erwiderte er ruhig. „Ich möchte es hinter mich bringen.“

„Ich auch“, stimmte sie ihm aus tiefstem Herzen zu. „Warum lassen Sie mich nicht einfach gehen und …?“

„Nein“, unterbrach er sie. „Sie bleiben hier.“

Seine herrische Art weckte ihren Widerstand. „Natürlich weiß ich Ihre Großzügigkeit zu schätzen“, erklärte sie leicht ironisch und wandte sich zur Tür. „Aber es ist Zeit, dass ich …“

„Nein!“ Mit einem einzigen großen Schritt war er bei ihr und packte sie am Handgelenk. „Sie gehen erst, wenn ich es Ihnen erlaube.“

„Ah ja?“ Sie versuchte vergebens, sich aus seinem Griff zu lösen. „Wir leben nicht mehr im Mittelalter. Heutzutage lassen die Menschen sich nichts mehr befehlen, es sei denn, sie werden dafür bezahlt, dass sie Anordnungen ausführen.“

Mit halb abgewandtem Gesicht zog er sie zu sich heran. „Sind Sie darauf aus? Wollen Sie Geld haben?“

„Nein, natürlich nicht.“ Sie blickte ihn schockiert an. Wie konnte er ihr so etwas unterstellen?

„Was wollen Sie denn sonst?“

Sie schluckte. Es war sicher nicht der richtige Zeitpunkt, ihn zu bitten, einmal im Monat sein Anwesen betreten zu dürfen.

„Nichts“, antwortete sie deshalb.

„Lügnerin.“

Da hatte er natürlich recht, dennoch hörte sie es nicht gern. „Sie würden es sowieso nicht verstehen. Ich wollte Ihnen jedenfalls nicht schaden.“

„Sie wollten mir nicht schaden?“, wiederholte er, als wäre es nur eine leere Phrase. „Der Schaden wurde schon vor vielen Jahren angerichtet.“

Die Verbitterung, die in seiner Stimme schwang, ließ Isabella zusammenzucken. Irgendetwas in seinem Leben war ganz und gar nicht in Ordnung. Die bedrückende, düstere Atmosphäre, die hier herrschte, wurde noch verstärkt durch die seltsam ablehnende Haltung dieses Mannes. Normalerweise hielt sie sich von solchen Menschen fern. Doch sie spürte, dass sich mehr hinter seiner negativen Einstellung verbarg als nur schlechte Laune.

Da er sie immer noch am Handgelenk festhielt, merkte er, dass ihr Puls anfing zu rasen, und wusste, es war der richtige Zeitpunkt. Langsam drehte er sich ganz zu ihr um, sodass sie im Schein der Lampen seine Narben sehen musste.

Hielt ihn sein Stolz davon ab, sich nur den Leuten zu zeigen, die er gut kannte? Oder war es Arroganz oder Egoismus? War es so unerträglich, dass die Leute sich bei seinem Anblick abwandten?

Wahrscheinlich war es von allem etwas. Er wusste aber auch, dass es sehr viel mit Schuldgefühlen zu tun hatte. Seine Entstellungen waren die Strafe für sein eigenes Versagen, seine schwere Schuld. Und damit kam er nicht zurecht.

Seit zehn Jahren führte er nun schon dieses isolierte Leben. Er fuhr nur in Limousinen mit getönten Scheiben und bewegte sich unerkannt von einem Haus zum anderen. Diese einsame Existenz war er leid. Um seine Situation zu ändern, musste er sich erst an den Gedanken gewöhnen, dass die Leute sein Gesicht sahen.

Heute Nacht würde er keine Ausflüchte mehr suchen, sondern sein Schicksal akzeptieren. Er würde dieser jungen Frau in die großen blauen Augen sehen und jede Regung erkennen, die sich darin spiegelte. Ja, er war bereit. Er hob das Kinn und zeigte sich ihr mit all seinen Narben.

Im ersten Moment war sie natürlich schockiert, das merkte er. Angespannt wartete er auf ein Zeichen des Abscheus, ihr Zurückzucken, eine Flut von Mitleid oder dass sie sich abwandte. Solche Reaktionen waren ihm bekannt.

Reglos blieb er stehen und erwiderte ihren Blick.

Sie war überrascht, aber ganz offensichtlich auf eine ganz andere Art, als er es bisher erlebt hatte. Sie verschloss sich nicht, zeigte keine Spur von Abscheu und ließ keine Berührungsangst erkennen. Stattdessen leuchtete es in ihren Augen voller Wärme auf, und sie kam näher, statt zurückzuweichen. Mit wachsendem Erstaunen beobachtete er, wie sie den Kopf ein wenig zur Seite neigte, die Hand hob und mit den Fingern federleicht über die tiefen Narben fuhr, die über die Wange bis zum Mundwinkel verliefen.

„Oh“, sagte sie nur und seufzte.

In ihrer Stimme schwang kein Mitleid, sondern eher eine Spur von Schmerz, Verwirrung, Interesse und Neugier.

2. KAPITEL

Isabella hatte das Gefühl, sich in einer anderen Wirklichkeit zu befinden. Sie sah die Narben, die sein Gesicht auf tragische Weise entstellten, und ihr floss das Herz geradezu über vor Mitgefühl. Beeindruckend waren jedoch die Kraft und Stärke, die dieser Mann ausstrahlte, und seine attraktive Erscheinung. Unter dem geöffneten Hemd sah sie seine gebräunte Haut, die muskulöse Brust, und plötzlich überkam sie eine Sehnsucht, die sie zutiefst beunruhigte.

Er legte ihr die Hände auf die Schultern, wie um sie zu beruhigen, und sie konnte kaum der Versuchung widerstehen, sich an ihn zu lehnen und sich seinen Berührungen hinzugeben. In einem Anflug wilden Verlangens hätte sie am liebsten die Lippen auf die Stelle unterhalb von seinem Hals gepresst, wo sie seinen Puls heftig pochen sah.

Glücklicherweise kam sie rechtzeitig zur Besinnung und war schockiert über ihre Emotionen. Eigentlich müsste ich mich zurückziehen, überlegte sie, konnte sich jedoch aus irgendeinem Grund nicht dazu überwinden.

Max wäre nicht überrascht gewesen, wenn sie ihn geküsst hätte. Fasziniert beobachtete er, wie sie sich ihm entgegenbog, während sie die Finger über seine Wange gleiten ließ. Sein Herz klopfte zum Zerspringen, als sie sich unverwandt in die Augen sahen. Er hielt den Atem an, etwas regte sich in ihm, etwas Neues und Unbekanntes, was ihm ganz und gar nicht gefiel. Aber sie hatte ihn angefasst, und das hatte seit dem Unfall keine andere Frau getan und auch nicht tun wollen. Ein Feuer wurde in seinem Innern entfacht, wie er es noch nie erlebt hatte. Wer auch immer diese junge Frau war, sie war einmalig und einzigartig. Er genoss es, dass sie ihm das Gefühl gab, ein völlig normaler und auch begehrenswerter Mann zu sein.

In dem Moment sah er Renzo hereinkommen. Der Bedienstete durchquerte so entschlossen den Raum, als wollte er die Fremde wegzerren.

Um Renzos Eingreifen abzublocken, zog er die junge Frau fest an sich. Als er auf sie herabblickte, glaubte er, in ihren wunderschönen Augen zu ertrinken. Sie schienen Welten zu versprechen, die er nicht kannte und die er unbedingt kennenlernen wollte. Es fiel ihm schwer, den Blick abzuwenden.

Wer war sie, und woher kam sie? Sollte er sie so schnell wie möglich wegschicken oder überreden, bei ihm zu bleiben? Sein Instinkt sagte ihm, was er tun sollte, aber er wusste aus Erfahrung, dass er sich darauf nicht immer verlassen konnte.

„Hoheit …?“, begann Renzo neben ihm.

Sekundenlang zögerte Max mit der Antwort. „Hatte ich Sie nicht gebeten, Marcello zu holen?“, fragte er dann, ohne sich umzudrehen.

„Aber Hoheit …“ Offenbar war der ältere Mann beunruhigt über das ungewöhnliche Benehmen des Prinzen.

„Holen Sie ihn bitte.“

„Wie Sie wollen, Hoheit.“ Renzo verbeugte sich, ehe er den Raum verließ.

Zu allem Überfluss kam im selben Moment Max’ Schwester Angela herein und zog beim Anblick der seltsamen Szene die Augenbrauen hoch.

„Wer ist die Frau, Max?“ Sie kam näher.

Beim Klang ihrer Stimme zuckten beide zusammen, und der Zauber löste sich auf. Sie drehten sich zu ihr um.

„Wo, um alles in der Welt, hast du die denn aufgegabelt?“

Max atmete tief durch, ließ Isabella los und trat einige Schritte zurück. Prompt wurde ihr schwindlig, und sie hielt sich rasch an der Rücklehne des Sofas fest. War es die Reaktion auf diesen Mann oder auf die ganze Situation? Sie war immer noch durcheinander, zumal ihr mittlerweile völlig klar war, mit wem sie es zu tun hatte. Wenn man sich unbefugt auf den Besitz des Prinzen begab, musste man damit rechnen, ihm irgendwann persönlich zu begegnen.

„Sie fiel mir auf, als sie in der Nähe des Flusses herumwanderte“, erklärte der Prinz. „Da die Hunde nicht angekettet waren, befürchtete ich, sie würden sie anfallen. Offenbar habe ich sie zu Tode erschreckt, denn sie ist den Abhang hinuntergefallen.“

Angela betrachtete Isabella eingehend und nickte dann. „Und ins Wasser gestürzt, wie ich sehe.“

„Richtig.“

„Und du hast sie gerettet, oder was?“

„So ist es, Angela“, bestätigte er und sah sie feindselig an.

„Ich verstehe.“ Sie erwiderte seinen Blick genauso feindselig, ehe sie sich abwandte und Isabella noch einmal musterte. „Aber das sagt nichts darüber aus, wer sie ist.“

„Das stimmt“, gab er zu und warf Isabella einen gleichgültigen Blick zu. Von der ganz besonderen Atmosphäre, die zwischen ihnen geherrscht hatte, war nichts mehr zu spüren. „Und auch nichts darüber, was sie auf unserem Grundstück im Flusstal zu suchen hatte.“

Isabella war es leid, wie ein kleines Kind behandelt zu werden, über das die beiden Geschwister sich unterhalten konnten, als wäre es gar nicht da. Einen wunderbaren Augenblick lang hatte sie geglaubt, mit diesem Mann würde sie etwas ganz Besonderes verbinden, was ihr Leben verändern könnte. Sie hatte sich jedoch wieder einmal getäuscht.

Zuerst hatte er sie erschreckt, dann mit seinen Zärtlichkeiten verzaubert. Doch jetzt behandelte er sie, als wäre sie eine streunende Katze, die er besser nicht mit ins Haus gebracht hätte. Grenzenlos enttäuscht sah sie ihn an. Und wieder wich er ihrem Blick aus und drehte den Kopf zur Seite, sodass die Narben nicht zu erkennen waren.

Energisch hob sie das Kinn. „Ich bin Isabella Casali und helfe meinem Vater, das Restaurant ‚Rosa‘ am Marktplatz zu führen. Vielleicht haben Sie schon einmal bei uns gegessen.“

Angela zuckte gleichgültig die Schultern. Offenbar hatte sie gerade ins Bett gehen wollen, denn sie trug einen seidig fließenden Morgenmantel. Die Mittdreißigerin war eine schöne, kühle Blondine, wirkte allerdings etwas zu arrogant.

„Ich kenne es, war aber noch nie dort.“ Sie lächelte höflich. „Vielleicht werde ich es einmal nachholen.“

Isabella blickte zwischen der attraktiven Frau und dem faszinierenden Mann hin und her. Obwohl sie sich über ihn ärgerte, musste sie sich eingestehen, dass sie beeindruckt war. Mit der großen, schlanken Gestalt und den geschmeidigen Bewegungen war er ein Mann, den man nicht ignorieren konnte.

„Vielleicht entspricht das ‚Sorella‘ gleich neben dem ‚Rosa‘ eher Ihrem Geschmack“, meinte sie. „Es gehört meiner Tante und bietet internationale Küche.“

„Wir haben unsere eigenen Köche und gehen auswärts nicht zum Essen“, mischte der Prinz sich ein.

„Klar, das hätte ich mir denken können.“ Sie fühlte sich zurechtgewiesen.

„Wir können bestimmt einmal eine Ausnahme machen.“ Angela warf ihrem Bruder einen vorwurfsvollen Blick zu, als wollte sie ihn daran erinnern, auch kleinen Leuten gegenüber höflich zu sein. „Da Sie sich vorgestellt haben, sollten Sie auch erfahren, mit wem Sie es zu tun haben: Das ist Prinz Maximilliano Di Rossi, der Besitzer des Palazzos, und ich bin seine Schwester Angela. Da Sie in Monta Correnti leben, haben Sie sicher schon von uns gehört.“

Isabella schwieg. Natürlich hatte sie gewusst, dass der Prinz sich zumindest von Zeit zu Zeit im Palazzo aufhielt. Doch er ließ sich im Ort und der näheren Umgebung nie sehen.

Sie erinnerte sich, einmal gehört zu haben, dass hier ein Prinz Bartolomeo gelebt hatte. Er war mit einer schönen Filmschauspielerin verheiratet gewesen, und das Paar hatte zwei oder drei Kinder. Man hatte nicht viel über die Familie erfahren, sie hatten mit niemandem Kontakt gehabt. Das Schloss auf dem Hügel hatte schon immer seltsam finster und abweisend gewirkt.

Prinz Bartolomeo war vermutlich der Vater dieses Prinzen, mit dem sie sich jetzt auseinandersetzen musste.

„Es bleibt noch die Frage zu klären, was Sie nachts auf meinem Land zu suchen haben“, stellte Max kühl fest. „Als Einheimische muss Ihnen bewusst gewesen sein, dass das Betreten nicht erlaubt ist.“

Sie sah ihn kämpferisch an. „Das ist mir bekannt.“

„Und?“, fragte er.

Jetzt bleibt mir keine andere Wahl, ich muss Farbe bekennen, schoss es ihr durch den Kopf. Sie wollte jedoch nicht über das einzigartige Basilikum reden, das auf seinem Grund und Boden wuchs.

„Wenn ich das Monta-Rosa-Basilikum patentrechtlich schützen lassen könnte, würde ich es tun“, sagte ihr Vater immer wieder. „Rede niemals mit Leuten darüber. Niemand soll wissen, woher wir es bekommen. Wenn andere es auch für ihre Gerichte verwenden, verlieren wir zu viele Gäste.“

„Keiner würzt die Saucen so pikant wie du, auch ohne das Basilikum“, versicherte Isabella ihm regelmäßig.

„Trotzdem, es ist unser Geheimnis, ohne diese Zutat sind wir ruiniert“, wandte er dann ein.

Sie beschloss, eine ausweichende Antwort zu geben.

„Ich habe Ihr Grundstück betreten, weil es unbedingt nötig war“, begann sie. „Es gibt da ein bestimmtes Gewürzkraut, das offenbar nur am südlichen Abhang des Hügels am Fluss wächst.“ Betont unschuldig zuckte sie die Schultern. „Ich brauche es für eine unserer Spezialitäten.“

„Ah ja, Sie brauchen es“, wiederholte Angela spöttisch. „Es handelt sich um Diebstahl. Ist Ihnen das nicht klar?“

„So würde ich es nicht nennen“, erwiderte Isabella vorsichtig.

Max lachte laut auf. „Wie denn?“

Wieder zuckte sie die Schultern. „Vielleicht … Beteiligung?“ Sie sah ihn hoffnungsvoll an.

Er erwiderte ihren Blick, und plötzlich spürte sie, dass genau wie vorhin ein winziger Funke übersprang.

„Beteiligung?“, wiederholte er sanft.

„Ja.“ Sie nickte.

„Benötigt man für eine Beteiligung nicht das Einverständnis beider Seiten?“

„Sie … könnten sich ja einverstanden erklären“, schlug sie vor. „Wenn Sie wollten“, fügte sie leise hinzu, während er sie mit seinen dunklen Augen unverwandt ansah. Ihr schlug das Herz so zum Zerspringen, als erwartete sie, dass jeden Augenblick irgendetwas Entscheidendes passierte. Es geschah jedoch rein gar nichts.

„Nein, das kommt nicht infrage“, lehnte er noch sanfter ab. „Der Fluss ist viel zu gefährlich.“

Sie hatte das Gefühl, in ihm stecke irgendeine ungeheure Kraft, die nur darauf wartete, befreit zu werden. Kann ich es wagen, ihm dabei zu helfen? überlegte sie.

In dem Moment sagte Angela Gute Nacht, und Isabella schreckte aus den Gedanken auf. Aus einem unerfindlichen Grund kam es ihr so vor, als hätte sie diesen Mann schon immer gekannt – aber nicht als Freund. Vielleicht waren sie irgendwann einmal ein Liebespaar gewesen? Dieser Gedanke raubte ihr fast den Atem.

„Setzen Sie sich doch“, forderte Max sie jetzt so ungeduldig auf, als wollte er es endlich hinter sich bringen.

Daraufhin drehte sich Angela an der Tür noch einmal um. „Sie ist doch völlig durchnässt!“, protestierte sie entsetzt.

Das gab Isabella einen Stich, obwohl sie zuvor auch schon darauf hingewiesen hatte. Sie biss sich auf die Lippe. Warum ließ sie sich von diesen Leuten so herablassend behandeln? Sie war hier fehl am Platz, es war nicht ihre Welt, und sie musste so schnell wie möglich von hier weg. Sie wirbelte herum.

„Keine Angst, ich verschwinde ja schon“, fuhr sie Angela an und versuchte, an dem Prinzen vorbeizueilen. „Ich will sowieso endlich nach Hause …“

Doch er packte sie am Arm und hielt sie fest. „Erst soll Marcello Sie untersuchen“, erklärte er.

Sie rang nach Luft. Dann schüttelte sie den Kopf und wollte etwas entgegnen.

Seine Schwester kam ihr jedoch zuvor. „Du siehst doch selbst, in was für einem unmöglichen Zustand sie sich befindet.“ Sie verzog das Gesicht. „Sie muss sich waschen, ehe Marcello sich um sie kümmert. Überlass das mir.“ An Isabella gewandt, fügte sie grob hinzu: „Kommen Sie mit.“

Isabella fühlte sich an das Blumenmädchen Eliza Doolittle aus dem Musical My Fair Lady erinnert, das auf feine Dame getrimmt wurde, um der feinen Gesellschaft präsentiert zu werden. Nein, das lasse ich nicht mit mir machen, nahm sie sich vor. Diese Rolle passte ihr nicht.

Langsam wurde sie wieder sie selbst und kam sich ziemlich dumm und töricht vor. Man hatte sie sozusagen auf frischer Tat ertappt, und dafür hatte sie einen Rüffel verdient. Was allerdings jetzt geschah, ging entschieden zu weit. Der Prinz wollte sie nicht auf seinem Anwesen dulden, also konnte er sie auch gehen lassen. Warum hatte er sie überhaupt gezwungen, ihn in den Palazzo zu begleiten?

„Warum lassen Sie mich nicht einfach fort?“, fragte sie.

„Sie haben doch gar keine Wahl“, erwiderte er ruhig. „Es ist nur zu Ihrem eigenen Besten, wenn Sie wieder sauber und trocken sind.“

„Aber …“

„Nun gehen Sie schon mit meiner Schwester“, schnitt er ihr das Wort ruhig und beherrscht ab. Sie war überrascht, wie kühl er Befehle erteilte und einen dazu brachte, sie auch zu befolgen. „Sie sind auf meinem Besitz in den Fluss gestürzt, und somit bin ich für Ihren Zustand verantwortlich und muss die Sache in Ordnung bringen.“

Das machte doch überhaupt keinen Sinn. Sie war keine Besucherin, sondern hatte sich unbefugt auf dem Gelände aufgehalten. Doch schließlich tat sie, was man von ihr erwartete. Als sie sich in der Eingangshalle umdrehte und bemerkte, dass der Prinz hinter ihr hersah, bekam sie schon wieder Herzklopfen und erbebte. Rasch wandte sie sich ab und folgte Angela.

Max lauschte den sich entfernenden Schritten, während er hinausblickte in die Dunkelheit. Zweifellos fühlte er sich zu Isabella hingezogen, und so etwas war ihm schon lange nicht mehr passiert. Das Bild seiner schönen Frau Laura stieg vor ihm auf, und er schloss die Augen, wie um es festzuhalten. Es löste sich jedoch auf, und eine andere Vision drängte sich ihm auf.

Leise fluchend öffnete er die Lider wieder. Isabella ließ sich nicht mit Laura vergleichen. Es wäre lächerlich, es überhaupt zu versuchen. Sie war nur eine junge Frau aus dem Ort und bedeutete ihm nichts.

Langsam hob er die Hand und berührte die Narben auf seiner Wange, um nachzuempfinden, was sie gefühlt hatte. Was war sie doch für eine seltsame junge Frau, seltsam und unwiderstehlich. Ihre Reaktion, die so verschieden war von der aller anderen Menschen, verwirrte ihn und machte ihn ratlos. Hatte sie etwas gesehen, was kein anderer bemerkte? Oder hatte er sich plötzlich verändert?

Nein, er hatte immer noch dasselbe Gesicht mit denselben Narben. Ärgerlich ließ er die Hand sinken und drehte sich zum Kamin um. Sekundenlang empfand er sogar so etwas wie Hass auf sie.

Sie verkörperte für ihn das Leben, von dem er sich vor zehn Jahren verabschiedet hatte. Bisher war es ihm gut gelungen, niemanden an sich heranzulassen. Und so musste es bleiben. Dieser düstere Palazzo mit der bedrückenden Atmosphäre war seine Welt, alles andere musste er vergessen.

Nachdem Isabella geduscht hatte, sah sie sich in dem Badezimmer mit der hohen Decke und der riesigen Wanne mit den Klauenfüßen um, die mitten im Raum stand. Es war auf eine altmodische Art luxuriös ausgestattet. Rasch trocknete sie sich ab, ehe sie sich vor den hohen Wandspiegel stellte.

Bei ihrem Anblick musste sie unwillkürlich lachen. Unter ihrem rechten Auge hatte sie einen Bluterguss, auf der Hüfte auch, und unterhalb des rechten Knies entdeckte sie eine tiefe Schnittwunde, die immer noch etwas blutete. Außerdem schmerzte ihr der ganze Körper, aber das war zu ertragen.

Dann betrachtete sie die Sachen, die Angela ihr hingelegt hatte: einen hellen Pullover und eine braune Jeans. Sie hat sogar meinen Geschmack getroffen, dachte sie und zog sich an, nachdem sie die Wunde mit einem Papiertaschentuch bedeckt hatte.

„Kann ich hereinkommen?“, hörte sie Angela rufen, während sie sich die Haare bürstete.

„Ja.“

„Hier.“ Nachdem Angela den Raum betreten hatte, reichte sie Isabella eine Tragetasche für ihre nassen Sachen. „Marcello und Max erwarten Sie im Salon.“ Sie gähnte und verkündete: „Ich gehe jetzt aber wirklich ins Bett. Gute Nacht, meine Liebe.“

„Warten Sie.“ Isabella zögerte sekundenlang, ehe sie fragte: „Was ist mit seinem Gesicht passiert?“

Angela sah sie nachdenklich an, ehe sie sich entschloss zu antworten. „Vor fast zehn Jahren hatte er einen schrecklichen Unfall.“ Sie schüttelte den Kopf. „Er war in einem kritischen Zustand, tagelang schwebte er in Lebensgefahr.“

Isabella hatte das Gefühl, dass noch mehr dahintersteckte. Hier hatte alles, was geschah, einen unheimlichen Beigeschmack. Eigentlich hätte sie gern mehr erfahren, wagte jedoch nicht, noch mehr Fragen zu stellen.

„Glücklicherweise hat er überlebt. Doch sein …“ Angela hob leicht verzweifelt die Hände. „Er war früher sehr attraktiv“, fügte sie wehmütig hinzu.

Isabella zuckte die Schultern. „Das ist er immer noch.“

„Finden Sie?“

„Oh ja.“

„Na, dann …“ Angela zog bedeutsam die Augenbrauen hoch. „Ich nehme an, er wird Sie nach Hause fahren, sobald Marcello sein Okay gegeben hat. Gute Nacht, Isabella.“

„Gute Nacht. Und vielen Dank“, sagte sie höflich, ehe Angela die Tür hinter sich zumachte.

Während Isabella vor dem Spiegel stand und ihr Aussehen überprüfte, überlegte sie, wie sie dieses alte Gemäuer verlassen konnte, ohne jemandem über den Weg zu laufen. Es ging ihr gut, sie benötigte keinen Arzt. Und sie hatte auch keine Lust, dem Prinzen noch einmal zu begegnen.

Das Einzige, was sie brauchte, war das Basilikum. Heute Nacht ging natürlich gar nichts mehr. Sie musste ein anderes Mal wiederkommen, falls das nicht zu gefährlich war wegen der Hunde.

Doch darüber würde sie später nachdenken. Erst einmal musste sie unbemerkt hier herauskommen. Sie warf einen letzten Blick in den Spiegel und stöhnte auf. Mit dem Bluterguss unter dem Auge und der Schwellung im Gesicht sah sie aus, als wäre sie in eine Schlägerei geraten. Jedenfalls würden das die Gäste im Restaurant denken. Jetzt konnte sie nachempfinden, wie sehr der Prinz unter den Narben litt.

Was hatte sie sich eigentlich dabei gedacht, ihn zu berühren? Und warum hatte er es zugelassen? Wahrscheinlich war sie nach dem Sturz und dem Ritt durch die Nacht noch zu benommen gewesen, denn normalerweise fuhr sie fremden Menschen nicht mit den Fingern durch das Gesicht.

Wie Susa ihr erzählt hatte, lebte er seit dem Tod seiner Frau vor zehn Jahren sehr zurückgezogen. Vielleicht erklärte das sein kühles, abweisendes Verhalten. Sie schüttelte den Kopf und drehte sich um. Was für eine seltsame Nacht. Sie tat Dinge, die sie nie zuvor gemacht hatte. Es war höchste Zeit, von hier zu verschwinden.

Mit der Tragetasche in der Hand verließ sie das Badezimmer und gelangte schließlich in die Eingangshalle. Dort bog sie um die Ecke, öffnete die Tür am Ende des Flurs und fand sich in der riesigen Küche wieder. Da die Nachtbeleuchtung eingeschaltet war, blieb sie kurz stehen, um die vielen Töpfe und Pfannen zu bewundern, die an den Wänden hingen. Allein die Größe des Raums war beeindruckend, denn er war drei- oder viermal so groß wie die Küche ihres Restaurants.

Sie hatte jedoch keine Zeit, hier herumzustehen und zu träumen. Die gegenüberliegende Tür schien nach draußen zu führen. Also öffnete sie diese, ging hindurch und lief dem Prinzen direkt in die Arme.

3. KAPITEL

Isabella schrie auf, während der Prinz sie festhielt, damit sie das Gleichgewicht nicht verlor. Hastig löste sie sich aus seinem Griff und wich zurück, obwohl sie sich insgeheim eingestand, dass sie sich am liebsten in seine Arme geschmiegt und seinem Herzschlag gelauscht hätte.

Das war natürlich romantischer Unsinn, solchen Fantasien hatte sie sich nicht mehr hingegeben, seit sie sich als Teenager in den fast gleichaltrigen Romano Puccini verliebt und sich geradezu nach ihm verzehrt hatte.

Die Folgen waren unabsehbar, wenn man seinen Emotionen freien Lauf ließ, wie sie in dem Sommer vor vielen Jahren gelernt hatte.

„Das ist schon das zweite Mal heute Nacht, dass Sie mich zu Tode erschrecken“, erklärte sie vorwurfsvoll.

„Und Sie schleichen schon zum zweiten Mal unbefugt auf meinem Besitz herum“, antwortete er.

Sie warf das lange Haar zurück und strich es hinter die Ohren. „Das ist Ansichtssache. Wenn Sie der Meinung sind, dass nur Sie hier die Regeln aufstellen und mir vorschreiben dürfen, wohin ich gehen kann und wohin nicht, haben Sie natürlich recht.“

Er kam näher. Im fahlen Licht des Mondes, der sich zwischen den Wolken zeigte, konnte sie die Narben auf seiner Wange deutlich erkennen.

„Warum sollte ich das nicht dürfen?“, fragte er. „Immerhin ist es mein Palazzo, schon vergessen?“

Sie sah ihm in die Augen, in denen es rätselhaft aufleuchtete. „Und Sie scheinen zu vergessen, dass ich hier nur durchgehen wollte.“

„Unbefugterweise, meinen Sie, oder?“

Plötzlich spürte sie ihre Müdigkeit und war es leid, sich mit ihm auseinanderzusetzen. „Wissen Sie was? Ich möchte unbedingt nach Hause, sonst nichts.“ Sie konnte das leichte Zittern in ihrer Stimme nicht verbergen.

Er nahm ihre Hand. „Wir alle haben Wünsche, die nicht erfüllt werden.“

Es klang so verzweifelt, dass sie überlegte, wie sie ihn trösten könnte. Doch das würde er wahrscheinlich gar nicht zulassen.

„Kommen Sie mit zurück in den Salon, und lassen Sie sich von Marcello untersuchen“, forderte er sie auf. „Anschließend wird man Sie nach Hause fahren.“

Isabella seufzte. Nur ungern gestand sie sich ein, wie verführerisch es war, sich seiner Führung zu überlassen. Sie musste unbedingt daran arbeiten, sich mehr Charakterstärke anzueignen und selbstbewusster aufzutreten.

„Mein Auto steht an der Südseite der Mauer“, gab sie schuldbewusst zu.

„Ah ja, Sie haben sich also mit einem Wagen auf den Weg gemacht, ihn an besagtem Ort abgestellt – und dann? Sind Sie etwa hinübergeklettert?“, fragte er spöttisch.

„Nein, das nicht gerade“, erwiderte sie zögernd. Sie wollte ihm nicht verraten, dass sie an derselben Stelle auf seinen Besitz gelangt war wie ihr Vater schon seit vielen Jahren. Allerdings war der so vernünftig gewesen, bei Tageslicht herzukommen und sich nie dabei erwischen zu lassen.

„Sie wollen es mir nicht sagen, stimmt’s?“ Ein Hauch von Spott lag in seiner Stimme. „Es soll Ihr Geheimnis bleiben, damit Sie bei nächster Gelegenheit Ihren Ausflug auf mein Land wiederholen können. Davon rate ich Ihnen allerdings dringend ab, Isabella Casali. Ab sofort werde ich die Hunde vierundzwanzig Stunden am Tag frei herumlaufen lassen. Außerdem möchte ich nicht, dass Sie sich noch einmal in die Nähe des Flusses begeben.“

Das überraschte sie. Ging es ihm etwa um ihre Sicherheit? Oder wollte er vermeiden, sich um sie kümmern zu müssen, wenn ihr etwas zustieß? Als er den Fluss erwähnte, schwang irgendetwas in seiner Stimme, was sie stutzig machte.

Mitten im Salon blieb er stehen und sah sie an.

„Du liebe Zeit!“ Er umfasste ihr Gesicht und betrachtete es aufmerksam. „So schlimm habe ich mir die Verletzungen nicht vorgestellt.“

„Ach, das geht vorüber.“ Seine Nähe löste alle möglichen Emotionen in ihr aus, und sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Der Wunsch, ihn zu küssen, war so heftig, dass sie sich kaum noch beherrschen konnte.

Plötzlich kam sie zur Besinnung. Was mache ich da? überlegte sie und wollte sich abwenden, damit er nicht merkte, was mit ihr los war. Es war jedoch unmöglich, seinem durchdringenden Blick auszuweichen.

„Es ist wirklich nicht schlimm“, bekräftigte sie.

„Es tut weh, ein schönes Gesicht so verunstaltet zu sehen.“ Seine Stimme klang derartig kühl, dass Isabella es für eine allgemeine Feststellung hielt, die nicht persönlich gemeint war. Doch zugleich betrachtete er ihr Gesicht mit einer Aufmerksamkeit, als wollte er sich jede Einzelheit einprägen. „Sie sind so … so …“

Zu ihrer Verblüffung ließ er die Lippen über ihre Stirn, das blaue Auge und ihre Wange gleiten, als wollte er die Schwellung und den Bluterguss zum Verschwinden bringen. Er schien davon besessen zu sein, sie ja nicht zu Schaden kommen zu lassen, eine andere Erklärung fiel ihr nicht ein. Sie durfte es jedenfalls nicht zu persönlich nehmen.

Dennoch küsste er sie.

„Dauert das noch lange?“, ertönte in dem Moment eine tiefe männliche Stimme hinter ihnen. „Dann gehe ich zurück in mein Zimmer und mache ein Nickerchen, bis ihr fertig seid.“

Isabella drehte sich bestürzt um und erblickte einen jungen, attraktiven Mann, der auf der Türschwelle stand. Der Prinz warf ihm einen gespielt empörten und würdevollen Blick zu. Offenbar standen die beiden sich sehr nahe und waren es gewöhnt, sich zu necken.

„Isabella, das ist mein Cousin Marcello Martelli.“

„Es freut mich, Sie kennenzulernen.“ Marcello schüttelte ihr die Hand. „Wir bringen es am besten gleich hinter uns, es geht ganz schnell.“

Zum Dank für die freundliche Begrüßung schenkte sie ihm ein strahlendes Lächeln. Wie er so dastand in Jeans und T-Shirt, barfuß, etwas verschlafen und mit zerzaustem Haar, sah er nicht anders aus als jeder andere junge Mann aus dem Ort, den man in der Nachtruhe störte.

„Sie sind in den Fluss gefallen, habe ich gehört“, stellte er fest und führte sie zu dem antiken Sofa. Dann sah er sie und Max fragend an.

„Ja, das stimmt“, bestätigte sie mit ernster Miene.

„Und dann kam zufällig Max vorbei und hat Sie gerettet?“

Sie drehte sich zu dem Prinzen um, der sich im Hintergrund hielt und sich offensichtlich über die Bemerkung seines Cousins ärgerte. Vielleicht sollte sie ihn daran erinnern, welche Rolle er bei dem Unfall gespielt hatte.

„Ist das seine Version der Geschichte?“

„Wie lautet denn Ihre?“, erkundigte sich Marcello lächelnd.

„Also, ich wanderte am Hügel entlang, als plötzlich eine dunkle Gestalt, die wie ein Racheengel wirkte, auf einem Pferd angaloppiert kam. Ich war so erschrocken, dass ich die Flucht ergriff. Dabei bin ich ausgerutscht und ins Wasser gestürzt.“ Sie zuckte die Schultern.

„Demnach ist es die Schuld meines Cousins.“ Marcello sah sie vielsagend an.

Betont unschuldig blickte sie ihn an. „Klar.“ Wieder drehte sie sich zu dem Prinzen um, der hinter ihr im Raum hin und her lief. Sie konnte jedoch seine Miene nicht erkennen.

„Eins verstehe ich nicht“, sagte Marcello, während er in seiner schwarzen Arzttasche etwas suchte. „Weshalb sind Sie davongelaufen? Sie hätten doch stehen bleiben und ihm alles erklären können. Auf mich wirkt er überhaupt nicht furchterregend“, fügte er belustigt hinzu.

Der Einwand war berechtigt. Sollte sie verraten, was ihr in dem Moment durch den Kopf gegangen war?

„Wahrscheinlich kennen Sie die Legenden, die sich um den Palazzo ranken“, begann sie.

Der Prinz blieb stehen. „Welche denn?“, wollte er wissen.

Sie zögerte. Er würde sie sicher auslachen oder verspotten. „Na, das Übliche“, erwiderte sie ausweichend und wünschte, sie hätte gar nicht erst davon angefangen.

„Ich weiß, was sie meint“, kam Marcello ihr zu Hilfe. „Die Leute hier in der Umgebung stellen sich den Prinzen gern als modernen Casanova vor, der die Frauen verführt. Du musst zugeben, Max, solche Männer hat es in unserer Familie früher öfter gegeben.“

Der Prinz zuckte die Schultern und wandte sich ab, während Isabella sich auf die Lippe biss.

„Vampire“, flüsterte sie schließlich.

Die beiden schauten sie erstaunt an. „Wie bitte?“

Sie hob das Kinn. „Vampire“, wiederholte sie lauter. Ehe sie sie auslachen konnten, fuhr sie fort: „Es geht das Gerücht um, in Ihrer Familie hätte es welche gegeben. Ich weiß, es klingt verrückt, ich wollte es auch nur erwähnen.“

Der Prinz schüttelte nur den Kopf.

„Als Sie in dem Gewitter auf mich zustürmten, habe ich mich daran erinnert“, fügte sie an ihn gewandt hinzu. „Sie sahen aus, als wären Sie aus einer Gewitterwolke herab auf ein Pferd gestiegen. Ich dachte …“ Sie schüttelte den Kopf und überlegte, ob es nicht besser wäre zu schweigen.

„Was haben Sie gedacht?“ Interessiert beugte sich Marcello zu ihr hinüber.

Sie nahm all ihren Mut zusammen und antwortete: „Ich habe den Prinzen für einen Vampir gehalten, aber nur für zwei oder drei Sekunden.“ So, jetzt hatte sie es ausgesprochen. Sie schaute ihn an und wünschte, sie wüsste, was in ihm vorging. Er stand jedoch mit undefinierbarer Miene da.

„Meinen Sie das ernst?“ Marcello machte aus seiner Verblüffung keinen Hehl. „Für einen Blutsauger?“

„Was hätte ich denn sonst denken sollen?“ Sie warf das Haar zurück und wandte sich direkt an den Prinzen. „Immerhin kamen Sie in Ihrem schwarzen Umhang aus dem Wald angaloppiert. Der Mond hatte sich hinter den Wolken versteckt, es war also die perfekte Kulisse für solche Schauermärchen, wie man sie in Filmen sieht.“

Der Prinz rührte sich immer noch nicht, während Marcello versuchte, sich das Lachen zu verbeißen.

„Isabella, ich glaube, Sie verwechseln da etwas“, meinte er dann betont nachsichtig. „Wir befinden uns hier in Italien. Vampire gibt es nur in Transsilvanien, oder?“

„Heißt das, Sie glauben, es könne hier keine geben?“

Er verdrehte die Augen. „Genau das. Was meinst du, Max?“

Der Prinz antwortete jedoch nicht.

Isabella schüttelte den Kopf. „Angeblich kann es sie überall geben.“

„Ich verstehe.“ Marcello musste lachen. „Wie viele haben Sie denn schon gesehen?“

Sie warf ihm einen misstrauischen Blick zu. „Na ja, eigentlich … noch nicht viele.“

Er nickte verständnisvoll. „Sehr interessant.“

Langsam fing sie an, sich über ihn zu ärgern und auch über den Prinzen. Warum schwieg er so beharrlich?

„Demnach haben Sie mit Blutsaugern noch nicht viel Erfahrung“, stellte Marcello gespielt ernst fest.

„Ihr Cousin ist der erste, dem ich jemals begegnet bin.“

Jetzt bekam sie die Reaktion, die sie sich gewünscht hatte: Der Prinz baute sich drohend vor ihr auf und blickte sie zornig an.

„Signorina Casali“, erklärte er kühl, „man kann mir alles Mögliche nachsagen, aber ein Vampir bin ich nun wirklich nicht. Falls ich plötzlich Lust auf Menschenblut verspüren sollte, werden Sie es als Erste erfahren. Doch bis dahin sollten Sie nicht solchen Unsinn reden.“

Sie erwiderte seinen Blick, „Okay“, antwortete sie sanft. Sein Blick hatte eine erstaunliche Wirkung auf sie. Ihr Innenleben glich einer Achterbahn, und sie war zutiefst aufgewühlt.

„Marcello?“, sagte er dann streng, ehe er sich wieder in den Hintergrund zurückzog und das ruhelose Umherlaufen fortsetzte.

Sein Cousin wusste, was von ihm erwartet wurde, und untersuchte ihr Gesicht. „Die Schwellung geht zurück, wenn Sie einen Eisbeutel darauf legen, doch der Bluterguss bleibt Ihnen noch etwas länger erhalten, da kann man nichts machen“, meinte er dann.

Auch für die Hüftprellung empfahl er kühlende Umschläge. Die Schnittwunde unterhalb des rechten Knies war jedoch so tief, dass er beschloss, sie zu nähen.

Isabella erhob keine Einwände und ließ es über sich ergehen. Dabei kreisten ihre Gedanken um den Prinzen und dessen Leben im Palazzo. Sie war froh über die Chance, einen kleinen Einblick in diese ihr völlig fremde Welt zu bekommen.

Max beendete das ruhelose Umherlaufen und ließ sich in einen Sessel sinken. Er fühlte sich hin- und hergerissen. Einerseits wollte er Isabella so rasch wie möglich loswerden. Sie störte ihn und brachte sein Leben durcheinander. Doch zugleich konnte er den Blick nicht von ihr abwenden. Ihre Anwesenheit erinnerte ihn an alte Zeiten, als Laura noch lebte, an die gemeinsamen Reisen, die Partys auf der Terrasse. Sie hatten zur internationalen Prominenz gehört, viele berühmte und bekannte Leute kennengelernt, an Segelregatten, Galaabenden und – diners an exotischen Orten teilgenommen. Zwar waren ihnen nur eineinhalb gemeinsame Jahre vergönnt gewesen, eine herrliche Zeit voller Freude, Vergnügen und Luxus, von dem andere nur träumen konnten.

Vielleicht hatten sie zu maßlos und zu verschwenderisch gelebt und alles für selbstverständlich gehalten, und vielleicht waren sie zu glücklich gewesen. Manchmal schien das Schicksal zu viel Glück nicht zuzulassen.

In dem Moment lachte Isabella über irgendeine Bemerkung seines Cousins, und Max verbiss sich den Kommentar, der ihm auf der Zunge lag. Früher einmal hatte er auch so leicht und unbefangen plaudern können wie Marcello, doch das war Vergangenheit. Dennoch beobachtete er interessiert, wie locker die beiden jungen Leute miteinander umgingen. Es kam nur noch selten vor, dass sich Fremde zu ihnen in den Palazzo verirrten.

Wie aus dem Nichts war Isabella in sein Leben getreten, und bald würde sie wieder verschwinden. Sie war etwas Besonderes, und mit dem geschwollenen Gesicht mit dem blauen Auge hätte er fast glauben können, sie hätten etwas gemeinsam. Das war natürlich lächerlich, wie er genau wusste. Er war ganz allein in seiner privaten Hölle, und kein Außenstehender würde jemals verstehen, was das bedeutete. Am besten würde er die junge Frau so schnell wie möglich nach Hause schicken.

Isabella spürte, dass der Prinz sie beobachtete. Sein Interesse entfachte in ihr ein Feuer, das sich immer weiter auszubreiten schien und ihr Angst machte. Sie war eine schöne Frau und daran gewöhnt, dass sie die Aufmerksamkeit der Männer auf sich zog. Viele hielten sie sogar für ausgesprochen sexy, was sie allerdings nicht nachvollziehen konnte. Meist hatte sie viel zu viel Arbeit und zu wenig Zeit für sich selbst, sodass sie ihre Verehrer eher störend oder lästig fand.

Sie hatte zuweilen eine scharfe Zunge und mit Dummköpfen keine Geduld. Es gab ihrer Meinung nach nur wenige Männer, die es wert waren, sich näher mit ihnen zu befassen.

Nachdem sie es abgelehnt hatte, mit ihrem Freund Gino ein Wochenende in Rom zu verbringen, hatte er ihr vorgeworfen, sie sei kalt und herzlos.

„Du bist zufrieden damit, das Restaurant zu führen, deinen Vater glücklich zu machen, keine Kinder zu haben und deine nichtsnutzigen Brüder und deinen alten, kranken Vater zu umsorgen“, hatte er ihr in seiner Enttäuschung vorgehalten.

Über Gino hinwegzukommen fiel ihr nicht schwer. Seine Worte wirkten jedoch nach und ließen sich nicht verdrängen. Hatte er vielleicht recht? War sie wirklich so sehr mit ihrer Familie beschäftigt, dass sie darüber völlig vergaß, sich wie eine begehrenswerte Frau zu fühlen? Gab es in ihrem Leben keinen Platz für einen Mann? Sie hatte darüber nachgedacht, ob etwas mit ihr nicht stimmte.

Die Ereignisse von heute Nacht bewiesen jedoch, dass mit ihr alles in Ordnung war. Es fiel ihr nicht schwer, zumindest freundschaftliche Gefühle für das andere Geschlecht zu entwickeln. Marcello hatte sie offenbar gern, und sie verstand sich gut mit ihm.

Und der Prinz? Immerhin hatte er sie geküsst, auch wenn es nur als freundliche Geste gemeint war, dennoch, ein Kuss war ein Kuss. Trotz ihres durch die Schwellung und den Bluterguss entstellten Gesichts hatte er sich zu ihr hingezogen gefühlt – und sie sich zu ihm. Es war schon viele Jahre her, dass sie auf die Berührung eines Mannes so heftig reagiert hatte. Aber er hatte ihr natürlich nichts versprochen. Sie konnte nicht damit rechnen, dass mehr daraus wurde.

Ich muss mich zusammennehmen und realistisch bleiben, mahnte sie sich. Er war schließlich ein Prinz. Zwischen ihnen lagen Welten. Dass ein Funke übersprang, wenn sie sich in die Augen sahen, musste nichts bedeuten. Vielleicht fand er sie für den Augenblick ganz unterhaltsam, obwohl auch das noch längst nicht bewiesen war. Jedenfalls konnte sie nicht erwarten, dass sich zwischen ihnen so etwas wie eine Beziehung entwickelte. Am besten würde sie ihn und den ganzen Vorfall so rasch wie möglich vergessen.

Nachdem Marcello die Wunde genäht hatte, packte er die Instrumente samt Zubehör wieder in seine Arzttasche und unterhielt sich noch kurz mit seinem Cousin.

„Wir müssen die Sicherheitsvorkehrungen verstärken“, erklärte der Prinz plötzlich, und Isabella schreckte aus den Gedanken auf. „Wir müssen verhindern, dass noch einmal jemand in die Nähe des Flusses gerät.“

Nachdenklich sah sie ihn an. Beim Erwähnen des Flusses schwang in seiner Stimme schon wieder ein seltsamer Unterton, den sie nicht einordnen konnte. Der Fluss schien jedenfalls in seinem Leben irgendeine negative Rolle zu spielen.

„Reicht es nicht, die Hunde frei herumlaufen zu lassen?“, fragte Marcello.

Der Prinz zuckte die Schultern. „Sie können nicht überall gleichzeitig sein. Und sie schlafen auch manchmal.“

„Willst du etwa Wachpersonal einstellen?“

„Nein.“ Er warf seinem Cousin einen warnenden Blick zu. „Du weißt doch, dass das nicht infrage kommt.“

Resigniert zuckte Marcello die Schultern. „Stimmt.“

„Ich werde Überwachungskameras und Alarmanlagen installieren lassen, dann kann niemand mehr durch irgendwelche Schlupflöcher in der Mauer kriechen. Das hätte ich schon längst machen sollen.“

Und das bedeutete für Isabella, dass sie nicht noch einmal wiederkommen konnte, um das Basilikum zu pflücken. Und nun? überlegte sie und seufzte.

Nachdem Marcello sich verabschiedet und den Raum verlassen hatte, waren ihre Nerven zum Zerreißen gespannt. Der Prinz behandelte sie höflich und distanziert und forderte sie kühl auf, sich näher an den Kamin zu setzen, damit ihr Haar trocknete. Dann rief er Renzo und schickte ihn hinaus in die Nacht – mit dem Auftrag, ihr Auto zu holen. Und schließlich fing er wieder an, am anderen Ende des Raumes ruhelos hin und her zu laufen.

„Ihr Cousin gefällt mir“, brach sie schließlich das immer unerträglicher werdende Schweigen und warf ihm einen kurzen Blick zu. „Ich weiß es zu schätzen, dass er sich um meine Verletzungen gekümmert hat. Sie behandeln Leute, die unbefugt auf Ihrem Land herumlaufen, ausgesprochen gut“, fügte sie scherzhaft hinzu.

Sekundenlang sah er sie durchdringend an, ehe er sich wieder abwandte. Ihr fiel auf, dass er die rechte Gesichtshälfte jetzt kaum noch zu verbergen versuchte. War es ihm egal, was sie dachte? Oder verlor er in ihrer Gegenwart seine Hemmungen?

„Ja“, antwortete er langsam. „Marcello ist nicht nur mein Cousin, sondern auch mein Freund. Früher sahen wir uns so ähnlich, dass man uns für Brüder gehalten hat.“

„Er ist sehr attraktiv“, stellte sie fest und errötete, als ihr bewusst wurde, wie er das auffassen musste.

Doch er blickte sie nur schweigend an und zog eine Augenbraue hoch. Am liebsten hätte sie ihm gesagt, dass sie sein Gesicht viel interessanter und markanter fand als das seines Cousins, dass es einen starken Charakter und eine menschliche Tragödie verriet. Was er erlebt hatte, schien etwas mit Liebe, Leidenschaft und gebrochenem Herzen zu tun zu haben.

Der Gedanke gefiel ihr, denn er hatte etwas Faszinierendes. Aber sie konnte ihn natürlich nicht aussprechen, dann würde der Prinz glauben, sie wolle ihm schmeicheln, um irgendetwas zu erreichen.

„Ich finde Sie beide sehr attraktiv“, erklärte sie mutig.

Er wandte den Blick ab. „Mein Gesicht ist so, wie es ist. Es ist meine eigene Schuld, ich kann es nicht ändern und muss damit zurechtkommen.“

Sie biss sich auf die Lippe. Wusste er nicht, wie unglaublich gut er aussah? Oder war das nur ihre ganz persönliche Meinung? Darüber wollte sie jetzt lieber nicht nachdenken.

„Wissen Sie, was ich glaube?“, begann sie, nur um etwas zu sagen. „Sie sollten einmal zu uns ins Restaurant zum Essen kommen. Sie müssen ausgehen, sich unter Menschen …“

„Sie haben ja keine Ahnung, wovon Sie reden“, unterbrach er sie scharf. „Nicht die allergeringste Ahnung.“

Das wusste sie selbst. Doch deshalb brauchte er sie nicht so grob anzufahren, sie wollte ihm ja nur helfen.

Aus irgendeinem Grund, den sie selbst nicht verstand, war sie immer sogleich bereit, sich ihm unterzuordnen. Das hatte sie noch nie zuvor bei einem Menschen getan und brauchte auch jetzt nicht damit anzufangen. Hielt er sie etwa für ein kleines Dummchen? Entschlossen stand sie auf, stützte die Hände energisch in die Hüften und neigte den Kopf leicht zur Seite, während sie ihn ansah.

„Ich glaube, ich bin Ihnen eine Erklärung schuldig. Ich habe Sie nie wirklich für einen Vampir gehalten.“

Er nickte und warf ihr einen kühlen Blick zu. „Das ist mir klar.“

„Aber Sie verhalten sich wie einer“, konnte sie sich nicht verbeißen, betont ernst zu erklären. „Also, passen Sie auf, das Gewürzkraut, das ich unbedingt brauche und das nur an dem Hügel …“

„Meine Antwort lautet: nein“, fiel er ihr ins Wort. Es klang endgültig.

Sie war bestürzt über die strikte Ablehnung. „Aber …“

Mit einer Handbewegung brachte er sie zum Schweigen. „Wenn Sie es für brutal halten, dass ich Ihnen den Zutritt zu dem Flusstal und dem gefährlichen Abhang verbiete, ist das Ihre Sache. Es tut mir leid, aber es lässt sich nicht ändern. Sie halten sich davon fern, und das ist mein letztes Wort.“

Sie betrachtete seine harte, unnachgiebige Miene, die breiten Schultern, seine stattliche Gestalt. Sein harter Blick raubte ihr fast den Atem, und sie bekam Herzklopfen. Sie fühlte sich zurückversetzt in die Rolle einer schüchternen oder ängstlichen Bittstellerin, und er war wieder der strenge Prinz, der ihr nur in die Augen zu schauen brauchte, und schon brachte sie kein Wort mehr heraus.

In dem Moment kam Renzo herein, und der seltsame Zauber löste sich auf.

„Das Auto der jungen Dame steht jetzt vor dem Eingang, Hoheit“, verkündete er.

Der Prinz drehte sich zu ihm um. „Vielen Dank, Renzo.“

Es war schon spät, die Standuhr in der Eingangshalle schlug die volle Stunde. Am liebsten hätte er Isabella selbst nach Hause gefahren, das erforderte eigentlich die Höflichkeit. Doch dagegen sprachen praktische Gründe. Außerdem wäre es unvernünftig. Nein, es war keine gute Idee. Deshalb nickte er ihr nur zu und zog sich zurück, um nicht wieder eine Dummheit zu begehen und sie zu küssen.

„Renzo begleitet Sie zu Ihrem Wagen“, erklärte er kurz angebunden. „Gute Nacht.“ Dann drehte er sich um, eilte aus dem Raum und ließ sie einfach stehen.

Isabella seufzte. Ihr war plötzlich kalt, sie fühlte sich sehr allein und verlassen. Kurz darauf brachte Renzo sie zu ihrem Auto, und sie fuhr frustriert nach Hause. Ihr Leben hatte sich in dieser Nacht für immer verändert, selbst wenn sie den Prinzen nie wiedersehen würde, dessen war sie sich sicher.

4. KAPITEL

„Nun, wie ist der Prinz?“, fragte Susa am nächsten Morgen, während sie die Zutaten für den Teig mischte.

Isabella errötete. Um ihre Verlegenheit zu verbergen, tat sie so, als suchte sie etwas im Kühlschrank.

„Welcher Prinz?“, erwiderte sie, um Zeit zu gewinnen.

„Der dir ein blaues Auge verpasst hat“, antwortete Susa lachend. „Ich hatte dich gewarnt.“

Isabella wirbelte herum und blickte die ältere Frau an. Warum fällt mir erst jetzt auf, wie rechthaberisch sie sein kann? überlegte sie. „Niemand hat mich angegriffen! Ich bin gestürzt.“

„Ah ja.“ In Susas Augen blitzte es belustigt auf. „Dann hat er dich wohl gestoßen, oder?“

„Nein!“

Verzweifelt stöhnte sie auf und verzog sich in die Vorratskammer, um die Zutaten für die Tomatensauce zu holen, die die Gerichte der Familie Casali so bekannt und berühmt gemacht hatte. Sollte Susa doch reden, was sie wollte. Isabella würde ihr jedenfalls nicht erzählen, was wirklich vorgefallen war. Entschlossen presste sie die Lippen zusammen und fing mit der Zubereitung der Sauce an.

Da sie selbst nicht genau wusste, was eigentlich geschehen war, konnte sie auch mit niemandem darüber sprechen. Rückblickend kam es ihr vor wie ein Traum, und wenn sie sich zu erinnern versuchte, was sie gesagt oder getan hatte, erschien ihr alles sehr unwirklich. Am besten würde sie es einfach vergessen.

Außerdem stand sie momentan vor viel größeren Problemen. Sie hatte sie bisher verdrängt, weil sie geglaubt hatte, alles sei wieder in Ordnung, sobald sie über genug Basilikum verfügten. Aber ohne diese besondere Zutat befanden sie sich in Schwierigkeiten, und damit musste sie sich jetzt auseinandersetzen.

Ihr Vater Luca, der Gründer des Restaurants Rosa, war in Panik geraten, als sie ihm in groben Zügen berichtet hatte, was geschehen war. Er hatte sich sogleich Gedanken darüber gemacht, wie es ohne das Basilikum weitergehen sollte.

„Was soll der ganze Unsinn überhaupt?“, fragte er aufgebracht. Er war ein großer, elegant wirkender Mann, und Isabella hielt ihn für absolut integer. Obwohl er ihr viel abverlangte, liebte sie ihn sehr. „Der alte Prinz hat mir zu seinen Lebzeiten erlaubt, sein Land jederzeit zu betreten und mir zu holen, was ich brauche.“

Das war ihr neu. Oder half ihr Vater da etwas nach und schmückte die Sache aus?

„Der jetzige Besitzer will es nicht mehr.“

„Hast du etwa mit ihm geredet?“ Ihr Vater blickte sie erstaunt an.

„Ja, aber nur kurz.“

Er runzelte die Stirn. „Nein, Isabella, halte dich von diesen Leuten fern, sie sind kein Umgang für uns.“

„Aber papà, wenn ich versuche, die Erlaubnis zu bekommen …“

„Die brauchst du nicht.“

Sie seufzte. Ihr Vater wollte nicht begreifen, dass sich einiges geändert hatte.

„Ich gehe selbst“, erklärte er und versuchte, aus seinem Sessel aufzustehen.

„Nein, papà, das kommt nicht infrage“, entgegnete sie ärgerlich.

„Weißt du denn nicht, wie wichtig es für uns ist? Das Basilikum ist so etwas wie unser Markenzeichen. Dadurch unterscheiden sich unsere Gerichte von denen anderer Restaurants. Wir können mit Fug und Recht behaupten, das Monta-Rosa-Basilikum sei die allerwichtigste Zutat für unsere Küche. Wir brauchen es und können darauf nicht verzichten.“

Sie fühlte sich ganz elend. „Aber papà, wenn ich es nicht pflücken darf?“

Er schüttelte den Kopf, als würde er nicht verstehen, wo das Problem lag. „Ich habe nie Schwierigkeiten gehabt. Ich gehe gleich bei Sonnenaufgang los und zwänge mich wie immer durch das Loch in der Mauer. Dann laufe ich am Fluss entlang und schließlich den Hügel hinauf. Ich sehe das Basilikum vor mir mit den grünen Blättern, die sich in der leichten Brise bewegen und sich der Sonne entgegenstrecken, als wollten sie sie begrüßen.“ Er küsste die Fingerspitzen aus Begeisterung über das wunderbare Kraut, dem er seinen Ruf verdankte.

Plötzlich runzelte er die Stirn und blickte Isabella streng an. „Wenn es dir zu kompliziert ist, mache ich es wirklich selbst, auch wenn ich den Hügel hinaufkriechen muss. Ich habe noch nie versagt.“

Das ist es also, ich bin eine Versagerin, überlegte sie und seufzte insgeheim. „Haben dich die Hunde denn nie verfolgt?“, fragte sie.

„Die laufen doch nur nachts frei herum.“

„Nein, ab sofort auch tagsüber“, entgegnete sie wehmütig und ließ ihn allein. Sie durfte ihn nicht den Hügel hinaufklettern lassen, das würde ihn umbringen. Also musste sie selbst eine Lösung finden.

Alle wussten Bescheid, wie verzweifelt die Situation war. Ihr Vater hatte die Dinge zu lange schleifen lassen. Sie hatten Stammgäste verloren und steckten auch ohne das Basilikum in finanziellen Schwierigkeiten. Um das Maß voll zu machen, sollte ihr Vater irgendeine Genehmigung beantragen, um die er sich nie gekümmert hatte. Sein frührer Freund Fredo Cavelli, der jetzt im Planungsausschuss saß, drängte ihn immer wieder, endlich den Antrag auszufüllen. Dummerweise wusste sie nicht, was genau Fredo meinte. Ihr Vater war nicht bereit, mit ihr darüber zu reden, sondern beschuldigte den Freund, eifersüchtig zu sein und ihn hereinlegen zu wollen, statt die Angelegenheit so professionell zu lösen, wie es sich gehörte.

Isabella hatte das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren. Ohne das Basilikum, das ihren Saucen den besonderen Geschmack verlieh, gab es für die Leute kaum noch einen Grund, in dem Restaurant Rosa einzukehren. Sie musste die Probleme unbedingt in den Griff bekommen und die Schwierigkeiten überwinden. Die einzige Lösung war, sie versuchte noch einmal, an das Basilikum zu kommen.

Bei dem Gedanken lief ihr ein Schauder über den Rücken. Nein, sie konnte es nicht wagen. Der Prinz hatte sie ausdrücklich aufgefordert, sein Land nicht mehr zu betreten, und zum ersten Mal in ihrem Leben war sie bereit, einen Befehl zu beherzigen.

Er war so anders als sie und lebte in einer ihr fremden Welt. Dennoch brachte er sie so sehr aus dem seelischen Gleichgewicht wie kein anderer Mann zuvor. Von Natur aus war sie mutig und beherzt. Sie ließ sich vom anderen Geschlecht nichts gefallen, sie konnte sich wehren und austeilen. Ein attraktives Gesicht beeindruckte sie nicht, und charmante Männer machten sie misstrauisch. Und Machos konnte sie nicht ausstehen.

Sie war in jeder Hinsicht schwierig, wie sie sich eingestand, und dafür waren ihre Lebensumstände verantwortlich. Auf alle, die sie nur flüchtig kannten, wirkte sie glücklich und sorglos, doch sie hatte auch mit tief sitzenden Ängsten und Unsicherheit zu kämpfen.

Ihre Mutter war gestorben, als Isabella sechs Jahre alt gewesen war. Seitdem war sie das einzige weibliche Wesen in der Familie. Ihr Vater und ihre beiden Brüder hatten sich immer an sie gewandt. Schon als kleines Mädchen hatte sie angefangen, sich zu Hause, im Kindergarten und sogar im Restaurant um vieles zu kümmern. Sie war immer so sehr damit beschäftigt, ihren jüngeren Brüdern alles recht zu machen, dass sie kaum Zeit gehabt hatte, selbst Kind zu sein.

Aber ihre Unsicherheit und eine gewisse Schwermut hatten noch einen anderen Grund. Es gab in der Geschichte ihrer Familie einige dunkle Punkte. Undeutlich erinnerte sie sich an Szenen aus der Kindheit, an Heimlichtuerei und Lügen, an den Tod ihrer Mutter, an ihren kleinen Bruder Valentino, der übertrieben draufgängerisch war, ihren Bruder Cristiano, der glaubte, er müsse von Klippen springen, um Leben zu retten – das alles waren keine guten Voraussetzungen für ein ruhiges, friedliches Leben.

Immer wieder wurde Isabella von ein und demselben Albtraum geplagt: Das Haus, in dem sich das Restaurant der Familie befand, fing erst auf der einen, dann auf der anderen Seite an abzusinken. Wenn sie nach draußen ging, stellte sie fest, dass es auf einer Düne gebaut war und der Sand einfach wegrieselte. Verzweifelt bemühte sie sich, ihn mit den Händen aufzuhalten, was ihr nie gelang. Das Gebäude verschwand schließlich im Sand, und sie musste hilflos mit ansehen, wie ihr Vater und ihre Brüder verzweifelt versuchten, sich noch in Sicherheit zu bringen. Jedes Mal wurde sie genau in dem Moment wach.

„Du hast offenbar ein Helfersyndrom“, meinte Susa, als sie sich ihr anvertraute. „Das solltest du überwinden. Du kannst nicht allen Menschen helfen. Wir selbst sind oft unsere schlimmsten Feinde.“

Das brachte Isabella nicht weiter. Sie fand die Bemerkungen der älteren Frau sogar ziemlich unpassend. Danach hatte sie nie wieder jemandem ihre Träume erzählt.

Jetzt fielen sie ihr wieder ein. Doch die Erinnerungen an die Nacht im Palazzo verunsicherten sie noch mehr. Hatte der Prinz sie wirklich auf die Stirn geküsst, oder wünschte sie es sich so sehr, dass sie es sich nur einbildete? Hatte sie wirklich gesagt, dass sie ihn sekundenlang für einen Vampir gehalten hatte? Und hatte sie die Finger über seine Narben gleiten lassen, als hätte sie das Recht, ihn zu berühren? Sie konnte es kaum glauben.

Sie war damals nicht sie selbst gewesen und wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte, wenn sie ihm wieder begegnete. Und das war mit ein Grund, warum sie zögerte, noch einmal sein Land zu betreten.

Einstweilen musste sie sich damit auseinandersetzen, dass sie immer mehr Stammgäste verloren und ihre finanzielle Situation sich ständig verschlechterte. Auch drohte Fredo Cavelli damit, er würde das Restaurant schließen lassen, wenn ihr Vater nicht spurte.

„Er bildet sich ein, er könne mich herumkommandieren. Dabei hat er den Bürgermeister bestochen, um überhaupt Mitglied im Planungsausschuss zu werden“, spottete ihr Vater, als sie ihn darauf ansprach. „Ich habe mich korrekt verhalten. Er kann mich nicht vertreiben. Er ist nur eifersüchtig, weil er sein Eiscafé schon nach wenigen Monaten wieder schließen musste. Jedenfalls mache ich diesen Unsinn nicht mit.“

Wie dringend die Sache wirklich war, konnte sie nicht beurteilen. Sie beschloss jedoch, sich vorerst nicht darum zu kümmern, da sie genug andere Probleme hatte.

Immer wieder blickte sie zu den Hügeln hinüber und suchte den nebelverhangenen Turm des Palazzos. Dabei überlegte sie, was der Prinz wohl machte. Dachte er überhaupt noch an sie? Oder hatte er sie einfach aus seinem Gedächtnis gestrichen und war froh darüber, dass er sie los war?

In der Abenddämmerung ritt Max am Fluss entlang. Es hatte etwas Magisches, wenn das Land in dem sanften Licht kurz nach Sonnenuntergang wie verzaubert vor ihm lag. Seine Schwester war wieder abgereist, und sein Cousin wollte nach Mailand fahren, sodass sein Leben wieder in normalen Bahnen verlief, langweilig und eintönig. Dennoch war er erleichtert.

Er kam jeden Tag hierher, das war er Laura schuldig.

„Es tut mir so leid“, hatte er in den ersten Jahren nach ihrem Tod im Freien gequält ausgerufen. „Es tut mir unendlich leid.“

Laura hatte ihn gehört, dessen war er sich sicher. Später hatte er oft stundenlang mit ihr geredet, und wenn er die leichte Brise verspürte oder ein Blatt über seinen Kopf hinweggeweht wurde, verstand er es als ihre Antwort. Er glaubte immer noch, am Fluss, wo das Wasser über die Felsen sprudelte, ihr Lachen zu hören. Sie war irgendwo in seiner Nähe, das hatte er deutlich gespürt.

Im Lauf der Jahre sprach er seltener mit ihr, kam jedoch immer noch regelmäßig hierher. Sie schien ihm nicht mehr zuzuhören, vielleicht hatte sie das Interesse verloren oder ihn vergessen. Oder seine Gefühle für sie waren nicht mehr stark genug, sodass er nicht mehr zu ihr durchzudringen vermochte. Ihre Gespräche waren verstummt, und er wusste nicht, warum.

An diesem Abend hatte er ihr gegenüber ein schlechtes Gewissen. Den ganzen Tag hatte er an Isabella Casali denken müssen und wollte sich jetzt wieder ganz seiner Frau zuwenden.

„Laura, ich vermisse dich unendlich“, sagte er laut und betonte jedes einzelne Wort.

Dann lauschte er und versuchte, die Atmosphäre um sich her zu erspüren.

Autor

Raye Morgan
Raye Morgan wuchs in so unterschiedlichen Ländern wie Holland, Guam und Kalifornien auf und verbrachte später einige Jahre in Washington, D.C. Jetzt lebt sie mit ihrem Mann, der Geologe und Informatiker ist, und zwei ihrer vier Söhne in Los Angeles. „Die beiden Jungen zu Hause halten mich immer auf dem...
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Margaret Mayo
Margaret Mary Mayo wurde am 7. Februar 1935 in der Grafschaft Staffordshire, England, geboren und hat diese Region noch nie verlassen. Sie hatte nie vor Autorin zu werden, obwohl sie das Lesen liebte. Nachdem ihre beiden Kinder, Adrian und Tina, geboren waren und schließlich zur Schule gingen, nahm sie ihre...
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Jackie Braun
Nach ihrem Studium an der Central Michigan Universität arbeitete Jackie Braun knapp 17 Jahre lang als Journalistin. Regelmäßig wurden dabei ihre Artikel mit Preisen ausgezeichnet. 1999 verkaufte sie schließlich ihr erstes Buch ‚Lügen haben hübsche Beine‘ an den amerikanischen Verlag Silhouette, der es im darauf folgenden Jahr veröffentlichte. Der Roman...
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