Romana Exklusiv Band 332

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VERLIEBT IN EINEN STOLZEN GRIECHEN von KIM LAWRENCE

Ist der kleine Nicky tatsächlich sein Sohn? Schockiert muss der griechische Multimillionär Angolos Constantine erkennen, dass Georgies Kind ihm wie aus dem Gesicht geschnitten ist. Hat er seine Ex etwa zu Unrecht für eine Betrügerin gehalten und aus seinem Leben verbannt?

LIEBESTRAUM IN ANDALUSIEN von DANIELLE STEVENS

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BRAUTSCHAU AUF ITALIENISCH von JANE WATERS

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  • Erscheinungstag 05.02.2021
  • Bandnummer 332
  • ISBN / Artikelnummer 9783751503150
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Kim Lawrence, Danielle Stevens, Jane Waters

ROMANA EXKLUSIV BAND 332

1. KAPITEL

„Natürlich wusste ich, dass es niemals von Bestand sein würde.“

Die Worte ließen Georgie erstarren, denn ohne Vorwarnung wurde sie in die Zeit vor vier Jahren zurückkatapultiert.

Für die meisten Menschen war es der Sommer mit einer unglaublichen Hitzewelle gewesen, als das sonst so kühle, nasse Großbritannien über Wochen hinweg unter tropischen Temperaturen gelitten hatte. Für Georgie war es der Sommer, der ihr Leben veränderte.

Sie war gerade mal einundzwanzig, eine typische Studentin, die ihre Semesterferien genoss, ehe das letzte Studienjahr begann. Ihre einzigen Pläne waren, die Lehrerinnenlaufbahn einzuschlagen und für ein Auto zu sparen.

Doch knapp drei Monate später stand sie mit einem Mann vor dem Traualtar, den sie seit kaum vier Wochen kannte.

Und ja, ihre Großmutter hatte ihr gesagt, dass es niemals von Bestand sein würde, was allerdings keine große Leistung war. Es gab nämlich buchstäblich niemanden, der die Hochzeit für eine gute Idee hielt.

Georgie konnten die düsteren Vorhersagen damals jedoch nichts anhaben. Sie schwebte förmlich auf Wolken und lächelte während der ganzen Zeremonie glücklich. Wenn überhaupt, so hatte die allgemeine Ablehnung lediglich ihre eigene Entschlossenheit gestärkt und alles noch viel romantischer wirken lassen.

Ihre Lippen verzogen sich zu einer bitteren Grimasse, während sie an die idyllische Zukunft dachte, die sie an jenem Tag vor sich gesehen hatte.

„Mummy …!“

Georgie schob die unwillkommenen Erinnerungen beiseite und wandte sich dem kleinen Jungen zu, der ihr mit seinem Händchen einen Schatz entgegenhielt, den sie bewundern sollte.

Nicht alles in ihrer verhängnisvollen Ehe war negativ gewesen. Sie hatte Nicky, ihr Baby. Nicht, dass er noch länger als Baby bezeichnet werden kann, dachte sie amüsiert, während sie in angemessen begeisterte Ausrufe verfiel.

Als Nicky sich wieder seinem Spiel widmete – er war ein außerordentlich zufriedenes und sonniges Kind –, schlug Georgie die Sandalen, die sie getragen hatte, laut gegen den schmiedeeisernen Tisch auf der Veranda.

Was allerdings nicht den gewünschten Effekt erzielte. Die beiden Frauen im Innern des Hauses waren derart in ihre Unterhaltung vertieft, dass sie Georgies Anwesenheit gar nicht bemerkten.

„Waren sie lange zusammen?“ Georgie erkannte den Yorkshire-Akzent von Ruth Simmons, einer pensionierten Schuldirektorin, die das Cottage neben ihnen für den Sommer gemietet hatte.

„Sechs Monate.“

Die Art, wie ihre Großmutter das sagte, ließ es nach einer Gefängnisstrafe klingen.

„Glauben Sie, dass es eine Chance zur Versöhnung gibt?“, fragte die andere Frau vorsichtig. „Vielleicht wenn sie sich mehr Zeit gegeben hätten … sich ein wenig stärker bemüht hätten …?“

„Sich stärker bemüht hätten … welchen Sinn hätte das haben sollen?“

Georgie lehnte den Kopf gegen den Türrahmen und strich mit dem Daumen über die abblätternde Farbe.

Sie war nur äußerst selten einer Meinung mit ihrer Großmutter, aber in diesem Fall stimmte sie ihr voll zu. Sie hätte sich ihr halbes Leben darum bemühen können, das zu sein, was Angolos wollte, und hätte es doch nie geschafft.

Allerdings war nicht sie diejenige gewesen, die die Konsequenzen gezogen hatte. Angolos hatte ihrer Ehe den Todesstoß versetzt – mit brutaler Endgültigkeit. Aber schließlich machte er nie halbe Sachen, und er war auch nicht sentimental.

„Sie hätten es bis zum Tag des Jüngsten Gerichts weiter versuchen können“, fuhr ihre Großmutter Ann unbeirrt fort, „und das Ergebnis wäre immer noch dasselbe gewesen.“

„Aber sechs Monate … die arme Georgie …“

„Bei den beiden war es nur eine Frage der Zeit, wann es zu Ende gehen würde. Wann er sich langweilen würde, wann sie endlich erkennen würde, dass sie aus verschiedenen Welten kamen. Es war besser so. Er hat die ganze Zeit nur mit ihr gespielt.“

Damals hatte es sich ziemlich echt angefühlt, aber vielleicht hatte Gran recht. Hast du nur gespielt, Angolos? Manchmal wünschte Georgie, sie könnte noch einmal für fünf Minuten mit ihm in einem Raum sein und ihn nach dem Warum fragen. Warum hatte er das getan?

„Seine erste Frau hat ihn ziemlich an der Nase herumgeführt … Sie war schön, temperamentvoll, heißblütig … und offensichtlich hätte sie eine erfolgreiche Karriere als Pianistin einschlagen können, wenn sie darauf genauso viel Energie verwendet hätte wie auf die ganzen Partys, auf denen sie tanzte. Meiner Ansicht nach war er nach der Scheidung auf der Suche nach einer Frau, die ihm ein ruhiges Leben ermöglichte … unglücklicherweise wählte er ausgerechnet Georgie aus. Nach einer Weile musste der Reiz des Neuen ja verfliegen, und dann langweilte er sich mit ihrem stillen und fügsamen Wesen.“

Es war nicht gerade sehr schmeichelhaft, sich selbst als Trantüte beschrieben zu hören. Dummerweise konnte Georgie dieser Analyse jedoch nicht widersprechen. Sie war tatsächlich sehr darum bemüht gewesen zu gefallen, und es war unheimlich schwierig, sich zu entspannen, wenn man jemanden verehrte – und sie hatte Angolos verehrt.

„Ich glaube, Sie tun Georgie Unrecht“, protestierte Ruth. „Sie ist eine sehr aufgeweckte und intelligente junge Frau.“

Georgie lehnte ihre Schultern gegen die Wand und lächelte. Vielen Dank, Ruth.

„Natürlich ist sie das, aber … warten Sie, ich zeige Ihnen etwas.“

Georgie hörte ein Rascheln und wusste sofort, was ihre Großmutter tat.

„Das war in der letzten Sonntagsbeilage. Das ist Angolos Constantine.“

Georgie kannte das Foto – sie hatte das Magazin schon gesehen, bevor ihre Großmutter es unter den Sofakissen versteckte. Auf mehreren Seiten wurde über eine glanzvolle Filmpremiere berichtet. Und der Aufmacher war ein Foto, das zeigte, wie Angolos über den roten Teppich schritt. An seiner Seite war Sonia, seine glamouröse Exfrau. Waren sie wieder zusammen …? Dann viel Glück, dachte Georgie böse. Sie hatten einander verdient.

„Oh, là, là …!“, hörte sie die ältere Frau schwärmen. „Er ist wirklich sehr … oh ja, sehr …! Aber man sagt, dass sich Gegensätze anziehen …“, fügte sie schwach hinzu.

Netter Versuch, Ruth, dachte Georgie.

„Es war immer eine absurde Idee“, widersprach Ann Kemp. „Sie hätte niemals in seine Welt hineingepasst, und sie hatten überhaupt nichts gemeinsam, wenn man mal absieht von …“, jetzt senkte ihre Großmutter die Stimme zu einem dramatischen Flüstern, „… Sex! Oder Liebe, wie meine Enkelin es gern genannt hat. Ich persönlich denke, es liegt an all diesen schnulzigen Liebesromanen, die sie als Teenager gelesen hat.“

„Ich selbst lese auch ganz gern einen guten Liebesroman“, wandte die andere Frau ein.

„Ja, aber Sie sind kein dummes, naives Mädchen, das auf den Ritter in schimmernder Rüstung wartet.“

„Ein Mädchen nicht, nein, aber ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben.“

Georgie hörte die trockene Bemerkung nicht.

Mit abwesendem Gesichtsausdruck rieb sie sich über die nackten Oberarme, denn trotz der Hitze hatte sie plötzlich eine Gänsehaut bekommen. Wieder tauchte sie in die Vergangenheit ein. Am Ende hatte sie alle Würde verloren und Angolos geradezu angefleht, es sich noch einmal zu überlegen. Er konnte nicht wirklich wollen, dass sie ging. Sie waren glücklich – sie bekamen ein Baby. „Sag mir, was los ist“, hatte sie ihn bestürmt.

Angolos erwiderte nichts. Er schaute sie einfach nur an, mit Augen so hart wie Stahl.

Seltsam, wie eine Entscheidung den Verlauf eines ganzen Lebens verändern konnte.

Wenn sie dem Betteln ihres Stiefbruders nicht nachgegeben hätte und nicht mit ihm zum Strand gefahren wäre, wenn sie sich stattdessen in die Hängematte gekuschelt und das letzte Kapitel ihres Buchs gelesen hätte, dann wäre sie Angolos niemals begegnet. Doch es war müßig, solche Überlegungen anzustellen.

Sie musste mit der Realität leben, und in aller Bescheidenheit dachte Georgie, dass sie gar nicht so schlecht abschnitt. Sie war erfolgreich im Beruf, wohnte in einem gemieteten Apartment und hatte einen wunderbaren Sohn.

Die Tatsache, dass es keinen Mann in ihrem Leben gab, war bewusst so gewählt. Es war nicht etwa so, dass sie es für ausgeschlossen hielt, jemanden kennenzulernen. Sie konnte es sich nur einfach nicht vorstellen.

Manchmal fragte sie sich, welcher Mensch sie heute wäre, wenn sie Angolos Constantine niemals kennengelernt hätte. Wäre sie immer noch so naiv und vertrauensvoll wie in jenem Sommer?

Doch auch das war müßig, denn sie hatte ihn nun mal kennengelernt, und sie konnte sich noch heute an jedes kleinste Detail ihrer ersten Begegnung erinnern.

Sie hatte auf einer Decke gesessen, ein Auge auf dem Taschenbuch, das sie las, das andere auf ihrem Stiefbruder, der mit ein paar anderen Jungs etwas weiter unten am Strand spielte. Angolos’ Schuhe waren das Erste, was sie wahrgenommen hatte – glänzendes, handgearbeitetes Leder, und dann die maßgeschneiderten Beine seiner dunklen, teuren, geschmackvollen und für den Strand völlig unpassenden Hose.

Sie wollte einfach nur sehen, wer in einem solchen Aufzug an den Strand ging! Georgie hob also die Hand an die Augen und schirmte sie gegen das Sonnenlicht ab, während ihr Blick höher wanderte.

Oh mein Gott …!

Der Mann hatte äußerst lange Beine, und der Rest von ihm war noch viel besser. Wenn man auf groß und muskulös stand – und welche Frau tat das nicht –, dann war er einfach perfekt.

Als sie ihm schließlich ins Gesicht sah, war die spöttische Belustigung in ihren bernsteinfarbenen Augen – den Augen, die er angeblich liebte – verschwunden. Sie war hin und weg gewesen, und das war bis zu dem Tag so geblieben, an dem er ihr gesagt hatte, dass sie gehen solle.

„Gehen …?“ Sie war sich sicher gewesen, dass es ein dummes Missverständnis sein musste, und so hatte sie gefragt: „Für wie lange?“

„Für immer“, hatte er geantwortet und sie allein gelassen.

Doch an diesem ersten Sommernachmittag gab es noch kein Anzeichen für die beiläufige Grausamkeit, zu der er fähig war. Sie war total überwältigt und viel zu unerfahren, um es zu verbergen, während sie in seine dunklen Augen blickte. Sein markantes, gebräuntes Gesicht war der Inbegriff männlicher Schönheit.

„Hallo“, sagte er und schenkte ihr ein umwerfendes Lächeln. Seine tiefe Stimme mit dem leichten Akzent ließ sie erschauern.

Ihr war heiß, auf ihrer Haut lag ein feiner Schweißfilm, und die salzige Feuchtigkeit sammelte sich zwischen ihren Brüsten. Der Fremde hatte als einziges Zugeständnis an die Hitze sein Jackett über die Schulter geworfen, ansonsten schienen ihm die hohen Temperaturen nichts auszumachen.

Hastig strich sie sich das Haar aus der Stirn und stellte dabei fest, dass es voller Salz war, weil sie zuvor im Meer gebadet hatte. Sie wünschte sich verzweifelt, kühl zu wirken und etwas Intelligentes zu sagen, doch sie brachte nur ein atemloses „Hallo“ zustande. Ihr Herz schlug so laut, dass sie ihre eigene Stimme kaum hörte.

Ihr war bewusst, dass sie ihn anstarrte, aber sie konnte nicht anders. Sie fragte sich doch tatsächlich, wie dieser Mann nackt aussah! So etwas war ihr noch nie zuvor passiert. Vielleicht lag es am Wetter? Hatte sie nicht irgendwo gelesen, dass Hitze die Libido beeinflusste? Doch sie hatte bis dato damit nie Probleme gehabt. Sie hatte sich sogar schon hin und wieder gefragt, ob ihre Libido nicht ein wenig unterentwickelt war.

„Ich kenne mich in der Gegend nicht aus, müssen Sie wissen. Leben Sie hier?“

Er redet mit mir. Dieser unglaubliche Mann redet tatsächlich mit mir. Was hat er gesagt …?

„Wie bitte?“

„Leben Sie hier in der Gegend?“

„Ja … nein.“

Er runzelte die Stirn. „Was denn nun?“

Oh nein, er würde auf den Planeten zurückkehren, von dem er gekommen war – er war zu umwerfend, um von dieser Erde zu stammen –, und dann würde er über die schwachsinnigen Kreaturen lachen, die hier lebten. Sie riss sich zusammen, denn sie wollte zumindest den Eindruck erwecken, als erreiche ihr IQ eine zweistellige Zahl.

„Wir verbringen die Sommerferien hier. Mein …“ Sie senkte die Lider und unterdrückte den Impuls, ihre ganze Lebensgeschichte zu erzählen, was ihn innerhalb kürzester Zeit langweilen würde.

Schließlich war auch nur eine bemerkenswerte Sache in ihrem Leben passiert, und daran konnte sie sich nicht mal erinnern! Sie war nämlich noch ein Baby gewesen, als ihre Mutter mit einem griechischen Kellner davongelaufen war. Seitdem hatte sich ihr verlassener Vater geweigert, ins Ausland zu reisen, weshalb sie jeden Sommer in diesem Haus verbrachte – zuerst mit ihrem Vater und ihrer Großmutter, später dann mit ihrer Stiefmutter und ihrem Stiefbruder.

„Aber Sie kennen die Gegend? Sie wissen, wohin man gehen kann?“

„Wohin man gehen kann …?“ Allmählich konnte sie wieder einen klaren Gedanken fassen. „Ich schätze schon.“ Sie war hoch erfreut, diesem umwerfenden Mann behilflich sein zu können. „Nun, genau genommen kommt es darauf an“, sagte sie ernst.

„Worauf?“

„Ob Sie keine Höhenangst haben.“

„Nein, habe ich nicht.“

„Ich schon“, gab sie bedauernd zu. „Der Höhenwanderweg durch das Naturschutzgebiet soll toll sein, und dort kann man Vögel beobachten …“

„Ich habe kein Interesse an Vögeln. Ich bevorzuge … aktivere Betätigungen.“

Schlagartig sah sie ihn als einen dieser Verrückten, die Extremsport betrieben … und sich dabei allen möglichen Verletzungsgefahren aussetzten!

Bei dem Gedanken platzte sie heraus: „Sie sollten vorsichtig sein.“

„Mir wurde strengstens verordnet, mich zu entspannen.“ Ein träges Lächeln bildete sich um seine Mundwinkel, was ihr ein flaues Gefühl im Magen bereitete. „Und plötzlich“, fügte er heiser hinzu, „scheint das gar keine schlechte Idee zu sein.“

Flirtet er etwa mit mir …? Georgie schob den Gedanken sofort beiseite.

„Eigentlich dachte ich mehr an das Nachtleben …“, erklärte er.

„Nachtleben?“

„Ja, zum Beispiel Clubs.“

„Clubs?“, wiederholte sie, als spräche er eine andere Sprache. „Hier?“

Er lächelte leicht. „Also keine Clubs.“ Sie schüttelte den Kopf. „Restaurants?“

Georgie bekam große Augen. „Ich schätze, Sie sind am falschen Ort. Es gibt ein Café neben der Post und einen Fish-and-Chips-Laden, aber … Lachen Sie mich aus?“

„Sie sind bezaubernd.“

Obwohl er wahrscheinlich meinte, in einer niedlichen, kindlichen Art, strahlte sie.

In diesem Moment landete ein Fußball in ihrem Schoß. Als sie daraufhin wie ein Sack Kartoffeln umfiel, erschallte lautes Gelächter.

„Jack Kemp!“, schrie sie und spuckte etwas Sand aus, während ihr Stiefbruder näher kam. Dann setzte sie sich auf und richtete ihren Blick auf den Schuldigen.

„Was ist los mit dir?“, fragte der Zwölfjährige mit dem Gesicht voller Sommersprossen. „Ich habe ihn nicht fest geworfen.“

Sie biss sich auf die Lippe, dann warf sie ihm den Ball zurück und ermahnte ihn, vorsichtig zu sein. „Und nur noch fünf Minuten“, rief sie hinterher. „Ich habe versprochen, dass ich mich heute ums Dinner kümmere.“

„Ist gut, Georgie“, brüllte Jack zurück und lief dem Ball hinterher.

„Georgie …?“

„Georgette“, erwiderte sie mit einer Grimasse. „Meine Familie nennt mich Georgie. Das war mein Stiefbruder“, meinte sie mit einem Kopfnicken in Jacks Richtung, der den Strand entlangjagte.

Doch als sie sich wieder dem Fremden zuwandte, erkannte sie, dass er nicht zu dem blonden Jungen hinübersah, sondern sie betrachtete. In seinen dunklen Augen lag ein sinnlicher Ausdruck, der sie innerlich erschauern ließ.

„Ich werde Sie Georgette nennen“, erklärte er.

Sie würde ihn nie wiedersehen, aber was Georgie anging, so konnte dieser Mann sie nennen, wie er wollte.

„Wie alt sind Sie, Georgette?“

Georgie überlegte kurz, mit einem souveränen „alt genug“ zu antworten, wusste aber, dass sie das nie überzeugend bringen würde. Außerdem wäre es viel beschämender, wenn er lachen würde.

„Einundzwanzig“, entgegnete sie daher wahrheitsgemäß.

„Gehen Sie mit mir essen?“, fragte er, ohne mit der Wimper zu zucken.

Sie sah ihn entgeistert an. „Ich … und Sie …?“

„Das war der Plan, ja.“

Georgie schluckte schwer, dann fuhr sie sich mit der Zunge über die plötzlich staubtrockenen Lippen und schaute ihn misstrauisch an. „Das meinen Sie nicht ernst.“ Sie versuchte zu lachen, aber ihre Stimmbänder versagten den Dienst.

„Warum sollte ich es nicht ernst meinen?“ Sie schüttelte den Kopf, während sein Blick ironisch wurde. „Sie sind die attraktivste Frau am ganzen Strand.“

„Ich bin die Einzige unter sechzig ohne Ehemann und Kinder“, versetzte sie schwach, „daher werde ich mich bemühen, mir das Kompliment nicht zu Kopf steigen zu lassen.“

Wen versuchte sie hier zu narren? Ihr ganzes Leben lang hatte sie sich als durchschnittlich betrachtet – mit versteckten Tiefen, okay, aber wer würde danach suchen? Und jetzt tauchte dieser umwerfende Mann vollkommen aus dem Blauen heraus auf und betrachtete sie auf eine Art und Weise, als wäre sie tatsächlich eine begehrenswerte Frau.

„Ich kenne nicht mal Ihren Namen“, hauchte sie.

Sein Lächeln war selbstbewusst, siegessicher und von einer Arroganz, die für ihn selbstverständlich war. Und warum auch nicht, dachte sie jetzt, vier Jahre später. Angolos Constantine war daran gewöhnt, das zu bekommen, was er wollte. Schließlich hatten ihm die Frauen zu Füßen gelegen, seit er die Pubertät erreicht hatte.

„Das ist kein unüberwindbares Hindernis, und ich kenne bereits Ihren, Georgette.“ Die Art, wie er ihren Namen aussprach, hatte ihr damals erneut einen Schauer über den Rücken gejagt.

Sie starrte ihn verträumt an.

Es ist nur ein Dinner.

„Es ist nur ein Dinner“, bemerkte er, als könne er ihre Gedanken lesen.

Warum zögerte sie? Alle Frauen, die sie kannte, brauchten bei einem solchen Mann keine Überzeugungsarbeit. Aber ihr Vater hatte sie zu Vorsicht erzogen, und so ließ sich Georgie von ihrer Vernunft leiten.

„Vielen Dank, aber ich kann nicht.“ Er war ein absolut Fremder. Er könnte ein Psychopath sein oder schlimmer noch ein verheirateter Psychopath! Sie schüttelte den Kopf. „Mein Freund hätte kein Verständnis dafür, wenn ich mit Ihnen essen ginge.“

Unter anderen Umständen hätte die verblüffte Enttäuschung in seinem Gesicht sie zum Lachen gebracht.

Er hob eine Augenbraue. „Sie lehnen ab?“

Sie hörte das Erstaunen in seiner Stimme und wusste, dass er nie damit gerechnet hatte, einen Korb zu bekommen. Das Wort Nein kannte dieser Mann offensichtlich nicht.

Sie nickte.

Diesmal lag Verärgerung in seinem Tonfall. „Wie Sie wünschen.“

Plötzlich fühlte sie sich wesentlich besser. Wie konnte dieser Mann annehmen, dass sie leicht zu haben war? Vermutlich war ihr Verhalten ziemlich offensichtlich gewesen, aber ein Mädchen durfte schließlich gucken, oder etwa nicht?

Rasch packte sie ihre Sachen in die große Strandtasche und war sich dabei seines aufmerksamen Blicks bewusst.

„Jack!“, rief sie und schloss die Tasche mit einem erleichterten Seufzer. Der Mann machte sie nervös.

„Sie haben das vergessen.“

Georgie drehte sich halb um und sah, dass er ihr eine Tube Sonnencreme entgegenhielt.

Sie streckte die Hand aus. „Danke.“ Ihre Finger berührten sich nur für eine Sekunde, aber das reichte, um eine elektrische Schockwelle durch Georgies Körper zu jagen. Sie hob ihren überraschten Blick zu ihm und erkannte, dass er genau wusste, was sie fühlte.

Ohne weiter nach ihrem nervigen Stiefbruder zu sehen, hatte Georgie sich aufgerappelt und war über den heißen Sand in Richtung Straße gelaufen. Dabei hatte sie gegen den verrückten Impuls angekämpft, noch einmal zurückzublicken.

Ein kindliches Juchzen brachte Georgie in die Gegenwart zurück. Sie stieß die gebührenden Laute der Bewunderung aus, als ihr Sohn ihr stolz den Steinhaufen zeigte, den er auf der Veranda zusammengetragen hatte.

Dann atmete sie tief ein und genoss den salzigen Geschmack der Luft. Erinnerungen schleichen sich immer wieder ohne Vorwarnung an einen heran, dachte sie. Die einfachsten Dinge konnten sie hervorrufen: ein Duft … eine Berührung. Wie vorhin, als sie den Sand von ihren Füßen streifen wollte, ehe sie die Sandalen anzog …

Es war so real gewesen.

Ihr Fuß hatte in Angolos’ Schoß gelegen. Er beugte den Kopf darüber, und die Sonne ließ sein Haar blau-schwarz glänzen, während er den Sand von ihren Zehen strich. Seine Berührung ließ sie erschauern. Als er ihr Zittern bemerkte, hob er den Kopf. Er hielt die ganze Zeit ihren Blick gefangen, während er ihren Fuß anhob und an einem ihrer Zehen saugte.

Sie verkrampfte die Hand im Sand und bog sich ihm unbewusst entgegen. „Das kannst du nicht tun!“, keuchte sie. Rasch entriss sie ihm ihren Fuß und schlang die Arme um die Knie.

Angolos lächelte. „Warum nicht?“

„Weil du mich umbringst“, gestand sie schwach.

Der brennende Blick aus seinen dunklen Augen hatte ihr Inneres dahinschmelzen lassen. „Du musst nicht mehr lange warten, yineka mou“, hatte er sie erinnert. „Morgen um diese Zeit sind wir Mann und Frau.“

Zurück in der Realität, öffnete Georgie langsam ihre geballten Fäuste. Ihre Fingernägel hatten Abdrücke auf der zarten Handinnenfläche hinterlassen. Sie seufzte und rieb die Hände an ihren Shorts. Würde es ihr jemals gelingen, an ihren Ehemann zu denken und dabei keine Panikattacke zu bekommen?

„Sie konnten kaum die Finger voneinander lassen“, hörte sie ihre Großmutter sagen.

Die schlüpfrigen Details … Darauf konnte Georgie wirklich verzichten.

„Ich bin nicht prüde“, fuhr die alte Frau fort, „aber sie konnte tatsächlich einfach nicht die Finger von ihm lassen …“

So demütigend die Bemerkung ihrer Großmutter auch war, Georgie belog sich nie selbst, und so musste sie zugeben, dass die Aussage der Wahrheit entsprach.

„Mein Sohn und ich sind selten einer Meinung, aber in dieser Hinsicht waren wir uns völlig einig. Robert sagte zu ihr: Schlaf mit ihm, wenn es sein muss, von mir aus lebe sogar mit ihm, aber heirate ihn nicht, um Gottes willen! Es war Wahnsinn.“

„Den wir alle schon einmal erlebt haben, Ann“, entgegnete Ruth trocken.

Der Gedanke, dass die beiden älteren Damen eine ähnlich blinde Lust wie sie mit Angolos erfahren hatten, ließ Georgie einen Moment blinzeln.

„Ich wusste in dem Moment, in dem ich ihn das erste Mal sah, dass man ihm nicht vertrauen kann. Ich habe es ihr gesagt, wir alle haben es ihr gesagt, aber wollte sie auf uns hören? Nein, sie liebte ihn.“

„Aber Sie müssen doch stolz sein darauf, wie sie sich ein neues Leben aufgebaut hat, und sie hat ein so wundervolles Kind.“

„Ein Kind, das noch nie seinen Vater gesehen hat.“

Nie? Das kann doch nicht wahr sein …?“

„Hat es rundweg abgelehnt. Angolos Constantine machte von Anfang an mehr als deutlich, dass er nichts mit dem Kind zu tun haben wollte. Und weder er noch irgendein anderes Mitglied dieser feinen Familie hat sich je blicken lassen … eine Gnade, wenn Sie mich fragen.“

Es war dumm, aber selbst nach dieser langen Zeit hatte die Wahrheit immer noch die Macht, Georgie zu verletzen. Schmerz und Wut ballten sich in ihrer Brust zu einem harten Knoten.

Ganz allein hatte sie die Geburt ausgestanden. Weit und breit kein Ehemann, der sie gehalten und ihr den Schmerz erleichtert hätte, und niemand, mit dem sie den magischen Moment der Geburt erleben konnte.

Also gut, Angolos liebte sie nicht mehr – wenn er es überhaupt jemals getan hatte, aber wie konnte er ihr gemeinsames Kind zurückweisen? Nicky war perfekt … Wie konnte jemand ihn nicht wollen? Wie konnte jemand sein eigenes Kind nicht lieben?

„Es war nur gut, dass ihre Familie da war, um die Scherben aufzusammeln.“

Die Bemerkung ihrer Großmutter war deutlich hörbar, aber Georgie musste sich anstrengen, um die Antwort von Ruth mitzubekommen. Das war das Schlimme am Lauschen – wenn man einmal damit angefangen hatte, konnte man nicht mehr aufhören.

„Das ist so traurig. Wie kann ein Mann sein eigenes Kind nicht sehen wollen?“

„Sagen Sie es mir. Ich weiß nur, dass er ihr nicht einen Penny gegeben hat, und Georgie ist zu stur, um das zu verlangen, was ihr zusteht. Ich habe ihr geraten, die Scheidung einzureichen und ihn finanziell auszubluten. Es gab nämlich keinen Ehevertrag, aber ich fürchte, in dieser Hinsicht ist sie wie ihre Mutter – unpraktisch bis zum Gehtnichtmehr.“

Georgie fragte sich, was Gran sagen würde, wenn sie wüsste, dass Angolos ein Konto für sie eingerichtet hatte, auf das er jeden Monat Geld überwies. Ann Kemp würde vermutlich einen Anfall bekommen, wenn sie zudem wüsste, dass Georgie nicht einen Penny davon angerührt hatte!

Mittlerweile lag verdammt viel Geld auf diesem Konto.

„Mummy …“ Die Müdigkeit in Nickys leiser Stimme alarmierte Georgie. Wenn er die Unterhaltung mit anhörte …

„Ich habe Durst.“ Die kleine Gestalt zupfte an ihren Shorts.

Mit einem Lächeln beugte sie sich zu ihm hinunter und strich ihm eine dunkle Locke aus der Stirn. Sie würde niemals vergessen, wie Angolos aussah – sie sah sein Gesicht, oder vielmehr eine kindliche Miniaturausgabe davon, jeden Tag.

„Ich auch, mein Schatz“, sagte sie und hob dabei ihre Stimme, sodass die zwei Frauen im Haus sie hören mussten. „Lass uns reingehen und schauen, ob Granny auch eine Limonade möchte, okay?“

2. KAPITEL

Zu dieser Wohltätigkeitsveranstaltung hatten sich adelige Gäste angesagt, und so waren die Medien in Massen vertreten, um von dem Ereignis zu berichten. Auf dem roten Teppich dementierte ein Soap-Star gerade vehement die Gerüchte, dass sie ihren Serienpartner heiraten wolle.

Das Foyer war angefüllt mit weiteren Prominenten, die allesamt ein strahlendes Lächeln und ihre neuesten Designeroutfits trugen. Obwohl fast alle anwesenden Männer in ähnliche Smokings gekleidet waren, hatte Paul kein Problem, die Person zu finden, die er suchte.

Angolos Constantine ragte aus jeder Menge heraus, was nicht nur an seiner Größe und seinem Aussehen lag, sondern zuvorderst an seiner faszinierenden Ausstrahlung.

„Angolos …?“, rief er erleichtert aus.

Die große Gestalt, die von einer attraktiven, mit Juwelen behängten Brünetten begleitet wurde, drehte sich beim Klang des Namens um. Ein warmes Lächeln breitete sich auf seinem markanten Gesicht aus, als er den Mann erkannte, der ihn gerufen hatte.

„Paul!“ Rasch löste er sich von seiner Begleitung und kam mit ausgestreckter Hand auf ihn zu. „Ich wusste gar nicht, dass du ein Opernliebhaber bist …“

„Das bin ich auch nicht … und selbst wenn, hätte das nicht gereicht, um hier reinzukommen“, gab der kleinere Mann unumwunden zu. „Ich bin nur so weit gelangt, weil ich behauptet habe, dein Leibarzt zu sein.“

„Das war sehr einfallsreich“, entgegnete Angolos. Er suchte die Menge um ihn herum ab. „Und wo ist die bezaubernde Miranda?“

Paul Radcliff schüttelte den Kopf. „Mirrie ist nicht hier. So kurz vor der Geburt wollte sie nicht mehr reisen.“ Er betrachtete das gebräunte Gesicht seines Freundes aus Studienzeiten. „Du siehst gut aus, Angolos.“

Im selben Moment kam ihm zu Bewusstsein, dass dies eine Untertreibung war. Niemand, der diesen muskulösen, vitalen Mann vor sich sah, würde glauben, dass sein Leben noch vor ein paar Jahren am seidenen Faden gehangen hatte … Paul war einer der wenigen, die davon wussten, und er konnte es selbst kaum fassen!

Sein Freund hob eine Augenbraue. „Du bist als Arzt nie außer Dienst, oder, Paul?“, kam es ein wenig hart zurück.

„Genauso wenig wie als Freund, hoffe ich.“ Schließlich war es Freundschaft, die ihn nach langem Für und Wider hierhergebracht hatte – das und die Beharrlichkeit seiner Frau.

„Der Mann hat ein Recht, es zu wissen, Paul“, hatte sie gesagt.

Und nun war er also hier und wünschte, es wäre nicht so.

Angolos’ Ausdruck wurde weicher, als er lächelte. „Und als Freund“, stimmte er ruhig zu. „Also, was ist nicht in Ordnung, Paul?“

„Nichts“, entgegnete Paul vorsichtig.

Doch Angolos machte keine Anstalten, seine Skepsis zu verbergen. „Nun, komm schon. Es muss schon etwas Ernstes sein, wenn du Miranda in dieser Phase allein lässt.“

Das war Angolos – logisch bis in die Haarspitzen. Es sei denn, es ging um seine Frau. Bei allem, was Georgie anbelangte, wurde er plötzlich unberechenbar und äußerst griechisch.

„Mirrie hat mich dazu gebracht hierherzukommen“, gab Paul zu.

Angolos nickte. „Und ich bin froh, dass sie es getan hat. Ich wäre beleidigt, wenn du mit deinem Problem nicht zu mir kommen würdest. Warte nur eine Sekunde, dann bin ich ganz für dich da.“

„Mein … Prob…? Aber ich habe kein …“ Paul verspürte ein gewisses komisches Entsetzen und beobachtete, wie sein Freund ein paar Worte mit der Brünetten austauschte, die der Frau anscheinend gar nicht gefielen. Wenige Sekunden später war Angolos wieder an seiner Seite.

„Lass uns von hier verschwinden“, schlug Angolos vor. „Es gibt eine Bar um die Ecke. Da können wir reden.“

Kaum dass sie an einem kleinen Tisch Platz genommen hatten, beugte sich Angolos vor und fragte: „Also, was ist das Problem?“

„Angolos, ich habe kein Problem, wirklich nicht. Es ist nur so, dass … Dr. Monroe ist in Ruhestand getreten, und wir haben seine Patienten übernommen …“ Als Paul sah, wie Angolos die Stirn runzelte, holte er tief Luft und fuhr schnell fort. „Gestern wurde mein Partner zu einem Notfall gerufen, und ich habe ein paar der neuen Patienten gesehen.“ Er schluckte. „Georgie … deine Georgie war darunter.“

Angolos’ Gesichtsausdruck veränderte sich nicht, aber seine Knöchel traten weiß hervor, als er nach seinem Drink griff und ihn an die Lippen führte. Als er das Glas wieder abgestellt hatte, richtete er seinen Blick auf Paul.

„Ist sie krank?“

„Nein, nein!“

Auf fast unmerkliche Weise entspannten sich Angolos’ Schultern.

Er fand es selbst geradezu pervers, dass die Möglichkeit, seine treulose Frau könne krank sein, immer noch seine Beschützerinstinkte wachrief.

„Genau genommen hat sie toll ausgesehen … nur ein bisschen dünn vielleicht“, bemerkte Paul mehr zu sich selbst. „Sie hatte schon immer eine fantastische Figur.“

„Mich interessiert nicht im Geringsten, wie sie aussieht.“ Angolos’ Unterkiefer verkrampfte sich, als Paul ihm daraufhin einen skeptischen Blick zuwarf. „Hat sie dich gebeten, dich für sie einzusetzen? Ich dachte, du hättest genug Verstand, um dich nicht einwickeln zu lassen von einer …“

Der Arzt schaute ihn empört an. „Um ehrlich zu sein, mein Freund, so habe ich den Eindruck, dass du die letzte Person bist, die sie sehen möchte“, sagte er rundheraus.

„Tatsächlich!“

„Sie war ganz schön geschockt, als sie mir plötzlich gegenüberstand. Ich dachte sogar, dass sie aus der Praxis laufen würde. Und als ich deinen Namen erwähnte, da wirkte sie …“ Er hielt inne, weil er keine Worte fand, die den leeren Ausdruck in den Augen der jungen Mutter beschreiben würden. „Nicht glücklich“, schloss er daher etwas lahm.

Angolos lehnte sich in seinem Stuhl zurück, löste einen Knopf seines Jacketts und verschränkte die Arme über der Brust. „Dennoch bist du hier.“

„Ja, das bin ich.“ Paul fuhr sich mit einer Hand übers Kinn. „Das ist so schwer. Mirrie ist in so etwas viel besser als ich.“

Hätte es sich um jemanden anders gehandelt, hätte Angolos schon längst gesagt, er solle endlich zum Punkt kommen, aber bei Paul zügelte er seine Ungeduld.

„Die Sache ist die, Angolos – sie hatte den Jungen dabei.“ Die Miene seines Freundes verhieß nichts Gutes, aber Paul fasste sich ein Herz. „Hast du ihn je gesehen …?“

„Nein, ich habe das Kind nie gesehen“, erwiderte Angolos eisig.

„Er ist ein süßer kleiner Junge und überhaupt nicht verwöhnt. Georgie hat offensichtlich hervorragende Arbeit geleistet, obwohl ich zwischen den Zeilen raushören konnte, dass das Geld knapp ist.“

Angolos verzog verächtlich die Lippen. „Also darum geht es – sie will Geld. Ich überweise jeden Monat eine mehr als großzügige Summe für das Kind. Wenn Georgie gierig geworden ist, wenn sie meint, dass sie noch mehr aus mir herausholen kann, dann sollte sie das vergessen! Sie hat mich einmal zum Narren gemacht …“

„Sie hat wirklich nicht über Geld gesprochen, Angolos, aber wenn sie dich würde bluten lassen wollen … Hast du nicht gehört, wie viel dieser Rockstar zahlen muss, der auf Vaterschaft verklagt wurde? Ein DNA-Test kann …“

„Ein DNA-Test“, unterbrach Angolos ihn, „beraubt sie der Möglichkeit, das Kind als meines auszugeben. Wenn sie so verzweifelt ist, kann sie ihre Geschichte immer noch an die Presse verkaufen.“

„Bist du dir so sicher, dass ein Test negativ ausfallen würde?“

„Sicher …?“ Angolos starrte seinen Freund ungläubig an. „Ausgerechnet du fragst mich das? Die Chemotherapie hat mein Leben gerettet, aber dafür musste ich einen Preis zahlen – sie hat mich steril gemacht. Meine einzige Chance auf eigene Kinder liegt tiefgefroren in irgendeiner Samenbank!“

„Es war Pech“, gab Paul zu, der sich nur zu deutlich bewusst war, dass er selbst bald Vater wurde.

„Pech?“ Angolos’ Lippen wurden schmal. „Ja, ich schätze, es war Pech. Aber da ich ohne die Behandlung und deine frühe Diagnose nicht mehr hier wäre, darf ich mich nicht beklagen.“

„Es ist jedoch nicht leicht, sich damit abzufinden.“

„Weißt du, rational habe ich kein Problem mit der Situation, aber sooft ich mir auch sage, dass Männlichkeit mehr ist als die Anzahl der Spermien, habe ich dennoch das Gefühl …“ Er lachte bitter.

„Hast du ihr deshalb nie von dem Krebs und der Chemotherapie erzählt? Hattest du Angst, sie würde …?“ Paul hielt verlegen inne. „Es tut mir leid, das geht mich nichts an, aber ich hatte immer den Eindruck, dass Georgie trotz ihrer Jugend sehr reif war.“

„Reif genug, um mich zu betrügen und zu versuchen, das Produkt ihrer Untreue mir anzuhängen.“

Paul zuckte zusammen. „Also, was das anbelangt, Angolos …“

„Du willst dich über die Untreue meiner Frau unterhalten?“

„Natürlich nicht.“

„Falls du herausgefunden hast, wer ihr Liebhaber war …“ Bis zum Schluss hatte sie sich geweigert, ihre Schuld einzugestehen oder den Namen ihres Geliebten preiszugeben. Dabei wusste er ohnehin, wer es war. „Ich bin wirklich nicht mehr interessiert.“

„Vielleicht gab es gar keinen Liebhaber?“

Angolos lachte verächtlich. „Es gab keinen Liebhaber? Was schlägst du dann vor – eine unbefleckte Empfängnis?“

Paul hob eine Hand. „Angolos, hör mir zu. Ich weiß, dass deine Chemotherapie normalerweise Unfruchtbarkeit erzeugt, aber es gibt Ausnahmen … du hast danach keine Tests machen lassen …“

„Paul, verdammt noch mal, was soll das Ganze?“

„Der Junge ist dein Sohn.“

Angolos’ Gesicht verzerrte sich vor Wut. Paul beobachtete ängstlich, wie sein Freund mehrmals tief Luft holte. Um seine Lippen lag eine weiße Linie. Äußerst beherrscht sagte er: „Jeder andere … außer dir, Paul …“

„Ich weiß, du würdest mich am liebsten zusammenschlagen, aber ich muss es trotzdem sagen. Der Junge ist dein lebendes Abbild, Angolos. Oh, ich meine nicht, dass er dir ein wenig gleicht – er ist eine Miniaturversion von dir. Meiner Ansicht nach gibt es überhaupt keinen Zweifel – Nicky ist dein Sohn.“

„Soll das eine Art Scherz sein, Paul?“

„Ich habe vielleicht einen seltsamen Sinn für Humor, aber ich bin nicht grausam, Angolos. Wenn du mir nicht glaubst, dann sieh ihn dir selbst an.“

„Ich glaube nichts von dieser wilden Geschichte.“

„Sie machen im Moment Urlaub in dem Strandhaus.“

„Ich habe bestimmt nicht die Absicht, noch einmal in die Nähe dieser Frau zu kommen.“

„Nun, das bleibt dir überlassen, aber wenn ich du wäre …“

Angolos’ Augen sprühten Feuer. „Bist du aber nicht. Du hast eine Frau, die zu Hause auf dich wartet, du wirst bald dein neugeborenes Kind im Arm halten …“ Er erkannte die Erschütterung im Gesicht seines Freundes und, noch schlimmer, das aufsteigende Mitleid. „Die Wahrheit ist, Paul“, fuhr er etwas sanfter fort, „dass ich dich beneide. Halte das, was du hast, niemals für selbstverständlich.“

Die Leute, die auf der gegenüberliegenden Hotelterrasse saßen und ihren Tee tranken, beobachteten, wie ein großer, dunkelhaariger Mann aus einem Mercedes-Cabrio stieg und eine Designersonnenbrille aufsetzte. Sofort kam neugieriges Gemurmel auf. Wer war der Fremde? Allgemein war man sich einig, dass er nach einer bekannten Persönlichkeit aussah.

Angolos schaute sich um. Er hatte keinen festen Plan. Er wusste nur, dass Paul sich irrte, und er machte diese Reise lediglich, um auch den allerletzten Zweifel auszuräumen. Schließlich gab es viele dunkelhaarige und dunkeläugige Kinder.

Eine oberflächliche Ähnlichkeit konnte wohl kaum als handfester Beweis gelten. Diese mehr als unwissenschaftliche Aussage von jemandem, der es eigentlich besser wissen müsste, erstaunte ihn.

Paul musste sich irren.

Warum bist du dann hier?

Weil, antwortete er der Stimme in seinem Kopf, ich es selbst sehen muss, um wirklich sicher zu sein. Ein kleiner beharrlicher Zweifel – oder war es Hoffnung – würde immer bestehen bleiben. Natürlich war das vollkommen irrational; wenn er einen Sohn hätte, würde er es wissen. Es war schlicht und ergreifend unmöglich.

Zum Ferienhaus der Kemps führte ein schmaler, mit Bäumen gesäumter Weg vorbei am Friedhof der Gemeinde. Schneller ging es jedoch am Strand entlang, denn das Haus verfügte über ein Gartentor, das direkten Zugang zu den Dünen ermöglichte.

Er wählte den Weg über den Strand. Je eher er diesen Unsinn hinter sich brachte, desto besser. Er hatte wirklich keine Zeit für so etwas.

Angolos war kein Mann, der in der Vergangenheit lebte, aber unter diesen Umständen war es schwer, nicht an das erste Mal zurückzudenken, als er diesen Strand entlanggegangen war.

Am Morgen dieses Tages hatte er den endgültigen negativen Krebsbefund des Krankenhauses bekommen. Er war wieder gesund. Spontan war ihm der Gedanke gekommen, die Küste hinunterzufahren und die gute Neuigkeit mit dem Freund zu teilen, dem er sein Leben verdankte. Wenn Paul nicht die ersten, frühen Symptome erkannt und ihn zu einem Bluttest überredet hätte, wäre er zweifellos nicht mehr am Leben.

Doch Paul und seine Frau Miranda waren nicht zu Hause gewesen. Als er die Küstenstraße auf dem Weg zur Hauptstadt zurückfuhr, hielt Angolos aus einem Impuls heraus an.

Er atmete die frische Seeluft ein, und die Sonne wärmte sein Gesicht – er fühlte sich so lebendig.

Die Begegnung mit dem Tod führte dazu, dass ein Mann Dinge zu schätzen lernte, die er früher übersehen hätte, aber selbst wenn seine Sinne nicht geschärft gewesen wären, hätte er sie bemerkt. Warum dieses eine hübsche Mädchen seine Aufmerksamkeit geweckt hatte, wo es doch so viele andere gab, würde immer ein Geheimnis bleiben.

Vielleicht lag es daran, dass sie seine spontane Einladung zum Dinner abgelehnt hatte. Jedenfalls ging ihm das Mädchen mit den honigfarbenen Haaren und den goldenen Augen den ganzen Tag nicht mehr aus dem Sinn.

Als er es tags darauf ein zweites Mal versuchte, waren Paul und Mirrie zu Hause. Sie öffneten eine Flasche Champagner, um zu feiern, und bestanden darauf, dass er über Nacht blieb. Er hätte sich entspannen sollen – ihm war gerade sein Leben neu geschenkt worden, und er war unter Freunden –, doch Angolos fühlte sich seltsam ruhelos.

Als er verkündete, dass er noch einen Spaziergang am Strand machen wolle, hatten ihm seine verständnisvollen Gastgeber einen Schlüssel fürs Haus gegeben.

Während er über das steinige Vorland schlenderte, erkannte er nicht sofort, dass die dunkle Figur in den Wellen in Schwierigkeiten steckte. Als er endlich begriff, was los war, reagierte er rein instinktiv. Er warf die Jacke von den Schultern, rannte zum Strand hinunter und hielt am Wasserrand nur kurz inne, um die Schuhe auszuziehen.

Angolos war ein guter Schwimmer, und trotz der Behinderung durch seine Kleider hatte er die Strecke von gut hundert Metern rasch zurückgelegt. Es war eine Frau, die hier in Bedrängnis geraten war, so viel merkte er, als sich die erschöpfte Person an seinen Hals klammerte und ihn beinahe hinunterzog. Auf dem Weg zurück kämpfte er gegen die Unterströmung an, die für sie zu stark gewesen war. Noch von der Chemotherapie geschwächt, verausgabte er sich dabei völlig.

Als er sie endlich ans Ufer hievte, war er grenzenlos erleichtert.

Erst als die Frau auf die Knie fiel und in den Sand hustete, erkannte er sie. Zu seinen Füßen lag das Mädchen mit den goldenen Augen.

In diesem Augenblick schnappte irgendetwas in ihm zu. Dass diese junge Frau, die noch alles vor sich hatte, so sorglos mit ihrem Leben umgehen konnte, wo er selbst doch wusste, wie kostbar es war, machte ihn unglaublich wütend.

Er nahm ihr herzförmiges Gesicht in beide Hände und strich ihr die Haarsträhnen aus der Stirn, die wie exotisches Seegras gewirkt hatten. Er konnte den rasanten Puls in ihren Schläfen spüren. Ihre festen Brüste hoben sich, als sie Luft in ihre Lungen pumpte. Der schwarze Badeanzug legte sich wie eine zweite Haut um ihren geschmeidigen jungen Körper.

Angolos sah das Bild so deutlich vor sich, als wäre es gestern gewesen. Sein Körper reagierte auf die Erinnerung mit ebenso heftiger Begierde wie schon vor vier Jahren.

„Wie konnten Sie so dumm sein?“, hatte er sie angeschrien. Er schüttelte sie, bis sie die Augen aufschlug.

Faszinierende bernsteinfarbene Augen, groß und nicht ganz fokussiert. Sie litt unter den klassischen Symptomen eines Schocks, doch das war ihm gleichgültig.

„Ich habe nicht nachgedacht … ich … ich meine, es war …“

„Wollten Sie sich umbringen?“, tobte er weiter, ohne ihre leise Entschuldigung zu hören.

„Na-natürlich nicht.“

„Wir hätten beide ertrinken können.“ Ihre Augen wurden vor Schreck noch größer. „Was, in aller Welt, haben Sie da gemacht?“

„Ich bin geschwommen.“

„Nein, Sie drohten zu ertrinken!“ Er sah, wie ihre volle Unterlippe zitterte, und ohne nachzudenken, hatte er seinen Mund auf ihren gesenkt.

Selbst jetzt, nach dieser ganzen Zeit, konnte er sich an ihr überraschtes Keuchen erinnern, an das Salz auf ihren weichen Lippen, die sich unter seinen öffneten. Das Beben, das ihren Körper erfasste, würde er nie vergessen.

Von irgendwoher hatte er die Kraft genommen, seinen Mund von ihrem zu lösen.

„Hör nicht auf!“ Die heisere Bitte machte seine Selbstbeherrschung völlig zunichte. Georgie war wie Feuer in seinen Armen, geschmeidig, biegsam, weich und von demselben alles verzehrenden Verlangen getrieben, das auch ihn beherrschte.

Über ein Jahr hatte er keine Frau mehr gehalten, geschweige denn mit einer geschlafen.

Die Chemotherapie hatte ihn an seine körperlichen Grenzen geführt. Sex war überhaupt kein Thema gewesen. Er hätte gar nicht die Kraft dazu gehabt.

An diesem Abend am Strand hatte er das erste Mal seit vielen Monaten wieder Lust auf Sex verspürt … die Tatsache, dass die Frau seiner Fantasien in seinen Armen lag, halb nackt, und ihn anflehte, sie zu küssen, all das verwandelte die ersten Anzeichen der Lust in einen rohen, alles mit sich reißenden sinnlichen Hunger.

„Ich will dich.“

Sie schlug die Augen auf. Die schönsten Augen, die er je gesehen hatte. „Ich gehöre dir.“ Sie schob ihre Finger unter seine nassen Shorts und streichelte über seine Haut.

Natürlich war er verloren gewesen. Welcher Mann wäre das nicht? Er zog sie unter sich, fuhr die Linien ihres Gesichts nach und schob ihr schweres Haar zur Seite. Der Klang, der ihr entfuhr, als sie den Kopf zurückfallen ließ, erinnerte ihn an das Schnurren einer Katze.

Er strich mit dem Finger über ihre Mundwinkel. „Du hast wunderschöne Lippen“, stöhnte er rau. „Und faszinierende Augen … die Augen einer Tigerin. Du bist bezaubernd.“

Er küsste sie, stieß seine Zunge tief in ihren Mund. Er spürte ihre suchenden Hände auf seinem Körper, die unter seine nasse Kleidung glitten und seine Haut freilegten.

Als er Georgie in den feuchten Sand presste, zitterte sie noch immer – genauso wie er, doch nicht mehr vor Wut oder Kälte, sondern vor rasendem Verlangen. Sie schlang ihre Beine um ihn und keuchte auf, als sie seine harte Männlichkeit an ihrem Bauch fühlte.

Angolos wollte sich in ihrer Weichheit verlieren. Wollte es mehr, als den nächsten Atemzug zu tun. Und vielleicht wäre es passiert, wenn nicht in diesem Augenblick ein Blitz den Himmel durchzuckt hätte. Er war so grell, dass Angolos die Helligkeit durch die geschlossenen Lider spüren konnte.

Mit einem Stöhnen rollte er sich von Georgie herunter und zog tief die Luft in seine Lungen, während Donner über ihren Köpfen erklang. Dann fielen die ersten kalten Regentropfen auf seine überhitzte Haut.

Sie berührte ihn an der Schulter, aber er schüttelte den Kopf. „Ich habe mich nicht unter Kontrolle“, flüsterte er heiser.

„Ich auch nicht. Gott, ist es nicht …?“ Sie seufzte. „Du musst dir keine Gedanken machen. Ich habe keine Angst vor Gewitter, und der Freund … ich habe gelogen. Ich habe keinen, und ich erwarte nicht …“

Er drehte den Kopf zu ihr. „Was erwartest du nicht?“

„Ich habe nicht erwartet, dass es … du weißt schon … das erste Mal …“

Georgies knappes Geständnis ließ ihn erstarren. „Theos! Kann es wahr sein …?“ Er betrachtete ihr Gesicht und wusste es. „Lieber Gott, es ist wahr.“

Im Hinblick darauf, dass er auf seine Kontrolle immer so stolz gewesen war, konnte er nicht glauben, was er gerade getan hatte. Wenn das Gewitter nicht gewesen wäre …

Sie streckte die Hand nach ihm aus und wirkte verletzt, als er dem Kontakt auswich.

Noch nie in seinem ganzen Leben hatte er eine Frau derart begehrt.

„Du bist wütend auf mich?“

Als er die Tränen in ihren Augen schimmern sah, fluchte er ausgiebig.

„Nein, ich bin wütend auf mich selbst“, antwortete er schließlich und hob sie hoch.

Sie lag passiv in seinen Armen, während er sie über die Dünen zu seinem Auto trug, das er in einer ruhigen Nebenstraße geparkt hatte. Es war keine Menschenseele zu sehen, als er sie auf den Beifahrersitz gleiten ließ.

„Entführst du mich?“ Es lag keine Angst in ihrer Stimme, nur eine Art träge Neugier.

„Nein, ich wärme dich auf“, entgegnete er, startete den Motor und drehte die Heizung voll auf.

Mit einem Seufzen ließ sie sich tiefer in den weichen Sitz fallen. „Weißt du, ich glaube, ich bin nicht ganz ich selbst.“

Dann sind wir schon zu zweit. „Du wärst beinahe ertrunken.“

Plötzlich öffnete sie die geschlossenen Augen und ließ ihren Blick über sein Gesicht gleiten. „Du hast mich geküsst.“ Sie presste ihre Finger auf die Lippen. „Ich mochte es.“

Neben ihr wagte er nicht, sich zu bewegen oder zu sprechen. Die Spannung in seinem Körper war so stark, dass es schmerzte.

„Das habe ich bemerkt“, meinte er schließlich.

Sie hob eine Hand und fuhr mit dem Finger über seine Wange. „Wirst du es wieder tun?“

„Du stehst unter Schock.“

„Nein, ganz sicher nicht. Ich glaube, dass du mir das Leben gerettet hast. Wie kann ich dir je dafür danken?“

Er griff nach ihrem Handgelenk und schob ihre Hand fort. „Nun, das kannst du gleich vergessen.“

Sie zuckte sichtlich zusammen. Sie schien nicht zu verstehen, doch nach einer Sekunde wurde sie ganz rot.

Theos! Schau mich nicht so an“, stieß er rau hervor.

Sie biss sich auf die Lippe und starrte auf ihre Hände, die in ihrem Schoß lagen.

„Es … es tut mir leid“, stammelte sie. „Ich weiß wirklich nicht, was über mich gekommen ist.“

„Dasselbe, was über mich gekommen ist. Wo wohnst du? Ich bringe dich nach Hause.“ Und danach würde er in die entgegengesetzte Richtung fahren.

Er gab sich nicht mit Jungfrauen ab.

3. KAPITEL

„Können wir den Ball zurückhaben, Mister?“

Die Frage holte Angolos aus einer Zeit zurück, die er für gewöhnlich komplett aus seinem Gedächtnis ausblendete.

Seiner Ansicht nach ergab es keinen Sinn, in Erinnerungen an eine Phase seines Lebens zu wühlen, in der er sich demütigen und betrügen ließ. Wenn überhaupt, so konnte er daraus nur eine Lektion lernen – nämlich die, dass er nie wieder einer Frau trauen durfte.

Hatte es Georgette amüsiert, ihn zu betrügen? Hatte sie mit ihrem Liebhaber gelacht, als sie versuchten, ihm das Kind unterzuschieben …?

Sein Unterkiefer verkrampfte sich, während Angolos die Feuchtigkeit von seiner Stirn strich. Es hatte angefangen zu regnen, und er hatte es gar nicht bemerkt, genauso wenig wie die Tatsache, dass er nur noch wenige hundert Meter von dem Tor entfernt war, das ihn zum Garten des Ferienhauses der Kemps führte. Er bückte sich, hob den Ball zu seinen Füßen auf und warf ihn einer Familie zu, die Strand-Kricket spielte.

„Guter Wurf“, rief jemand anerkennend.

Angolos ging auf das Gartentor zu, das in den Angeln quietschte, als er es öffnete. Seine Lippen verzogen sich verächtlich, während er geradewegs auf die Tür des heruntergekommenen Hauses zusteuerte. Es gab keinerlei Grund, die Sache weiter aufzuschieben.

Die Tür öffnete sich, ehe er auch nur die Chance hatte anzuklopfen. Er ließ die bereits erhobene Hand sinken und schaute die Frau an, die im Türrahmen stand. Sie musste etwa Mitte fünfzig sein. Das grau melierte dunkle Haar trug sie in einem kurzen Bob. Sie hatte intelligente blaue Augen und ein eher interessantes als attraktives Gesicht.

Angolos hatte sie noch nie gesehen.

„Guten Tag, ich bin …“

„Großer Gott, Sie sind Nickys Vater.“

Angolos war von ihrer selbstverständlichen Annahme so überrascht, dass seine Reaktion unkontrollierter ausfiel als beabsichtigt. „Nein, ich bin niemandes Vater“, bemerkte er bitter.

„Unsinn, natürlich sind Sie das“, meinte sie unbekümmert und schaute ihn amüsiert an.

Diese Antwort überraschte ihn noch mehr. „Ich werde nicht darüber streiten.“

Die Frau musterte sein Gesicht, dann warf sie den Kopf zurück und lachte – offensichtlich kein bisschen eingeschüchtert durch seine großspurige Art.

Angolos gefiel das.

In seiner Position gab es zu viele Menschen, die ihm ständig nach dem Mund redeten.

„Nun, das wäre auch ziemlich sinnlos, richtig?“, versetzte sie.

„Wäre es das?“

„Ganz sicher“, kam es sofort zurück. „Sie wollen Nicky sehen … natürlich wollen Sie das“, fügte sie hinzu, ehe er antworten konnte. „Darf ich offen sein?“

„Kann ich Sie daran hindern?“

Die trockene Bemerkung zauberte ein Lächeln auf die Lippen der Frau. „Ich bin in einer etwas unangenehmen Situation …“, gestand sie. „Ich habe keine Ahnung, was für eine Vereinbarung Sie getroffen haben … ich meine, was Besuchsrechte anbelangt. Soweit ich weiß, haben Sie ihn bisher noch nie gesehen.“

„Ich kann Ihnen versichern, dass ich nicht vorhabe, den Jungen zu entführen.“

„Das freut mich zu hören, aber unter den Umständen wäre es wohl besser, Sie kämen zurück, wenn Georgie hier ist.“

„Aber das Kind ist da?“, hakte Angolos nach und beobachtete, wie der Gesichtsausdruck der Frau sich verschloss. „Die Sache ist die, Mrs. …?“

„Mein Name ist Ruth Simmons. Miss.

„Miss Simmons, ich habe nicht viel Zeit.“

Jetzt betrachtete ihn die Frau voller Ablehnung. „Nach all den Jahren?“

Angolos vermutete, dass er damit hätte rechnen müssen. Offensichtlich hatte Georgette sich als armes Opferlamm dargestellt und ihn als den Bösewicht. Unwillkürlich straffte er die breiten Schultern.

„Wann erwarten Sie Georgette zurück?“

Ruth Simmons betrachtete unsicher das unglaublich attraktive Gesicht von Nickys Vater. „Ich weiß es wirklich nicht.“ War er ein Mann, der sich von seinem eigenen Kind abwandte? Er wirkte eigentlich nicht so …

In diesem Moment riss ein lautes Scheppern, gefolgt von einem noch lauteren Weinen, sie aus ihren Überlegungen.

„Was ist denn nun …?“, rief sie, während sie ins Wohnzimmer hastete.

Angolos trat durch die offene Tür.

Ein paar Sekunden später betrachtete Ruth Simmons mit dem weinenden Kind auf den Armen den Schaden. Es hätte schlimmer kommen können. Dennoch war es ein Jammer, dass ihre Freundin die protzige viktorianische Büste so liebte, die nun in tausend Scherben auf dem Boden lag. Der herangezogene Hocker erklärte, wie der Dreijährige es geschafft hatte, an das Regal heranzukommen, auf dem die Büste gestanden hatte.

„Bist du gefallen, Nicky?“ Ihr sachlicher Ton übte eine beruhigende Wirkung auf das Kind aus, das mit dem Weinen aufhörte, um Atem zu schöpfen. „Mein armer Schatz“, sagte sie und streichelte über die Beule, die sich auf der Stirn des Jungen bildete. „Hast du dir sonst noch irgendwo wehgetan, Sweetheart?“

Nicky schüttelte den Kopf. „Granny wird böse sein …“

Ruth strich ihm sanft über die Wange und stellte ihn wieder auf seine eigenen Füße. „Nein, nein, bestimmt nicht.“

„Doch“, antwortete das Kind, dessen Tränen versiegt waren, überzeugt. „Wer bist du?“, fragte er und deutete mit seiner kleinen Hand auf den Fremden.

„Guter Gott!“, rief Ruth aus, die erst jetzt bemerkte, dass der große Grieche ihr in den Raum gefolgt war. Er stand wie erstarrt da. Die einzige Bewegung seines Körpers kam von den faszinierenden Augen, die wie gebannt auf das Kind gerichtet waren.

Ohne zu antworten, pumpte er durch zusammengebissene Zähne Luft in seine Lungen, so als hätte er vergessen, wie man atmet. Dann ging er in die Hocke und brachte sein Gesicht auf gleiche Höhe mit dem des Jungen. Ruth sah, dass seine gebräunte Haut einen merkwürdigen Grauton angenommen hatte. Seine Lippen bewegten sich, aber kein Wort kam heraus.

„Guter Gott!“, stöhnte sie noch einmal. Die äußere Ähnlichkeit zwischen Vater und Sohn war wirklich frappierend … Nicky begann wieder zu weinen.

„Nicky … dein Name ist Nicky?“ Der heulende Junge nickte.

Georgie trat, beladen mit mehreren schweren Tüten vom Supermarkt, durch die Tür. Ein Auto, dachte sie sehnsüchtig, würde einiges erleichtern, doch dafür verdiente sie einfach nicht genug.

„Große Jungen weinen nicht, Nicky.“

Sie erstarrte, und alles Blut wich aus ihrem Gesicht. Es war eine Stimme, die Georgie niemals vergessen würde, niemals vergessen könnte.

Es war eine Stimme, die sie in ihren Träumen und Albträumen hörte.

Sie stand da, unfähig, sich um die Eier zu kümmern, die zerbrochen waren, als sie die Tüten hatte fallen lassen, und die sich nun über den Teppich ergossen.

Das kann nicht wahr sein.

Ihr erster Instinkt besagte, dass sie so weit und so schnell wie möglich davonlaufen sollte, doch sie unterdrückte diesen egoistischen Reflex … sie konnte nicht davonlaufen und Nicky im Stich lassen. Alles in ihrem Kopf drehte sich, aber eine Frage kam immer wieder an die Oberfläche.

Warum ist Angolos plötzlich hier aufgetaucht?

„Ich bin kein großer Junge. Ich bin kl…klein. Geh weg!“

Georgie hörte das Zittern in der Stimme ihres Kindes und straffte die Schultern. Lass ihn in Ruhe, hätte sie am liebsten geschrien, als sie rasch in den Raum eilte.

Unbewusst keuchte sie auf. Es war ein Schock, gleichzeitig auf Vater und Sohn zu schauen.

„Oh mein Gott!“, flüsterte sie. Sein Haar kräuselt sich noch immer im Nacken.

Sie hatte nie die erstaunliche Ähnlichkeit zwischen Vater und Sohn geleugnet, aber jetzt, wo die beiden Seite an Seite waren, konnte niemand daran zweifeln. Der Anblick der großen, muskulösen Gestalt, die vor ihrem Jungen hockte, fegte alle anderen Gedanken beiseite. Sie spürte, wie sich tief in ihrem Bauch Verlangen regte.

Verächtlich verzog sie die Lippen. Es schockierte sie, und es machte ihr Angst, dass Angolos nach all der Zeit und allem, was er ihr angetan hatte, noch diese Wirkung auf sie haben konnte. Sie warf einen Blick auf ihn und verwandelte sich in einen Haufen überdrehter Hormone.

Georgie holte tief Luft und reckte das Kinn vor. „Komm her, Nicky“, sagte sie ruhig.

Es dauerte nur einen winzigen Moment, bis der Junge reagierte, doch währenddessen musste sie gegen den Impuls ankämpfen, hinüberzulaufen und ihr Kind dem Mann zu entreißen, dessen Hände auf seinen Schultern lagen. Ihre geballten Fäuste entspannten sich erst, als Nicky schnurstracks auf sie zugerannt kam.

Angolos erhob sich gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie Georgie sich hinabbeugte und ihr lockiges Haar über ihr Gesicht fiel. Sie schob die seidigen Strähnen ungeduldig hinters Ohr.

„Was hast du gemacht, Schätzchen?“ Da ihre Aufmerksamkeit ganz auf das Kind gerichtet war, sah Georgie diesen Anflug von Schmerz nicht, der die dunklen Züge ihres entfremdeten Ehemannes zeichnete, während er sie beobachtete.

„Er hatte einen kleinen Unfall. Es war mein Fehler … Ich habe ihn nur einen Moment aus den Augen gelassen“, schaltete Ruth sich ein.

„Bei Nicky reicht das schon“, antwortete Georgie und drückte ihren Sohn an sich. „Richtig, Champion?“

Sie wusste, dass sie Angolos nicht ewig ignorieren konnte, aber im Moment war ihr nichts anderes möglich. Angolos, der nur wenige Meter von ihr entfernt stand, sah noch attraktiver aus, als sie ihn in Erinnerung hatte … Ihr Verstand weigerte sich einfach, die Situation zu erfassen.

Die Muskeln in ihrem Gesicht schmerzten, als sie sich zu einem Lächeln zwang. „Was hältst du davon, mein Schatz, wenn du jetzt mit Tante Ruth gehst?“ Sie schaute zu der älteren Frau hinüber, die verständnisvoll nickte.

„Es tut mir wirklich leid, Georgie.“ Die sanfte Entschuldigung war von einem Seitenblick auf den großen Mann begleitet, der schweigend die Szene beobachtete.

„Es ist nicht dein Fehler“, entgegnete Georgie und reichte ihr Nicky herüber. „Das hier dauert nur eine Minute“, versprach sie. Nur die Kraft ihres Willens bewahrte sie vor einer Panik.

Sie seufzte erleichtert, als die beiden den Raum verließen.

„Belohnst du ihn immer, wenn er sich schlecht benommen hat?“ Angolos’ Augen waren eisig, als er ihr Gesicht betrachtete.

Georgie wartete, bis das Kind außer Hörweite war. „Was würdest du tun – ihn schlagen?“

Ihre verächtliche Bemerkung ließ ihn wütend die Zähne zusammenbeißen. „Kindern müssen Grenzen aufgezeigt werden. Dadurch fühlen sie sich sicher.“

„Es ist schon wirklich witzig, dich in Zusammenhang mit Nicky von Sicherheit sprechen zu hören …“ Sie schluckte die Wut hinunter, denn sie hätte am liebsten ihren ganzen Zorn herausgeschrien und mit den Fäusten gegen Angolos’ Brust gehämmert. Sie senkte die Stimme zu einem wütenden Flüstern. „Du hast jedes Mitspracherecht verwirkt, das du vielleicht einmal hattest, wenn es darum geht, wie ich mein Kind erziehe! Ich nehme an, du warst gerade auf der Durchreise, also lass dich nicht aufhalten.“

„Du willst, dass ich gehe?“

Mit eisiger Miene richtete Georgie ihren Blick auf die gegenüberliegende Wand. „Noch lieber wäre es mir, wenn du von Außerirdischen entführt würdest, aber ich bin realistisch und gebe mich mit Ersterem zufrieden.“

Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Allein die Vertrautheit dieser Geste löste Sehnsucht in ihr aus.

„Wir müssen reden.“

Sie wandte den Kopf – er war unglaublich … einfach unglaublich! Meinte er wirklich, sie würde es ihm gestatten, hereinzuspazieren und ein zweites Mal ihr Leben zu ruinieren?

Ich muss nicht reden“, gab sie ihm deutlich zu verstehen.

„Dann hör zu.“

Georgie schloss die Augen und steckte die Finger in die Ohren. Durch zusammengebissene Zähne summte sie laut.

„Du bist also immer noch nicht erwachsen geworden.“

Ihr Blick flog zu dem verächtlichen Gesicht des Mannes, der vor ihr stand. „Ich? Ich bin nicht diejenige, die unsere Beziehung weggeworfen hat wie ein verwöhntes Gör sein Spielzeug, das ihm langweilig geworden ist.“

Er keuchte auf. „Was hast du da gesagt?“

„Ich übersetze es für dich: Sieh zu, dass du schleunigst von hier verschwindest!“

„Das werde ich erst tun, wenn ich gesagt habe, was ich dir mitteilen wollte.“

Georgie stöhnte frustriert auf. Es hatte sich nichts geändert – Angolos war immer noch so stur und kompromisslos wie eh und je. „Lass deinen Anwalt einen Brief an meinen schicken“, schlug sie vor. „So geht das doch normalerweise?“

„Du hast keinen Anwalt …“

„Und du hast keine Chance, dass ich dir zuhöre.“

Für einen Moment betrachtete er ihr versteinertes Gesicht, dann fuhr er sich mit der Hand durch sein ohnehin schon zerzaustes Haar.

„Ich brauche einen Drink.“

„Es gibt eine Kneipe um die Ecke. Sie bedienen jeden.“

Er verengte seine Augen zu Schlitzen. „An der Gastfreundschaft der Kemps hat sich nichts geändert.“

Georgie hörte ihn kaum. Der Muskel, der in seiner Wange zuckte, hatte einen geradezu hypnotischen Effekt auf sie. Ganz in Schwarz gekleidet, groß und kräftig, war Angolos einfach unglaublich sexy!

„Haus und Stadt sind unverändert, aber du“, fügte er hinzu und ließ seinen Blick über ihre schlanke Figur gleiten, „du siehst anders aus … härter.“ Doch trotz dieser grimmigen Aussage war es ihre Weichheit, die seine Gedanken beschäftigte.

„Es gab eine Zeit, als es mir wichtig war, was du von mir gedacht hast …“ Bei der Erinnerung, wie sehr sie darum bemüht gewesen war, ihm zu gefallen, schüttelte sie in schmerzhafter Verachtung den Kopf.

Die bittere Ironie war – je mehr sie versucht hatte, das zu sein, was er wollte, desto stärker hatten sie sich voneinander entfremdet. All die superteuren Designerkleider konnten nicht dazu beitragen, dass sie in die Welt des reichen, snobistischen Constantine-Clans passte.

Vom ersten Tag an hatte seine Familie, oder genauer gesagt seine Mutter Olympia Constantine, ihre Ablehnung deutlich gezeigt … zumindest gegenüber Georgie. Wenn Angolos anwesend war, hatte seine Mutter mehr Vorsicht walten lassen. Die Sticheleien und die offene Feindseligkeit traten nur bei seiner Abwesenheit zutage, was allerdings die meiste Zeit der Fall war. Olympia hatte nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass sie Georgie aus ihrem Leben heraushaben wollte.

Und am Ende hatte sie ihren Willen bekommen. Georgie stieß zitternd den Atem aus und hob ihr Kinn.

„Ich lasse sicher nicht mehr alles mit mir machen, so wie früher.“ Sie war leicht erstaunt darüber, wie fest ihre Stimme klang. „Ich weiß nicht, warum du hier bist, Angolos, und ich will es auch nicht wissen.“ Sie trat zur Seite und deutete zur offenen Tür.

Angolos rührte sich jedoch nicht. Erneut zuckte ein Muskel in seiner Wange, während er sich bückte und ein Spielzeug aufhob, das er in seiner Hand hin und her schob. Er wirkte ungewöhnlich abwesend. „Ich habe einen Sohn.“

„Du sagst das, als wären es Neuigkeiten“, höhnte sie. „Du hast seit drei Jahren einen Sohn, und ich habe nicht bemerkt, dass du irgendwelche Geschwindigkeitsrekorde aufgestellt hättest, um ihn zu sehen. Nicht einmal eine Geburtstagskarte.“ Sie senkte den Blick, denn sie spürte, wie ungeweinte Tränen in ihren Augen brannten.

„Ich dachte, meine Anwälte hätten deutlich gemacht, dass, sollte das Geld nicht reichen, ich …“

Georgies Kopf fuhr hoch, und ihre goldenen Augen richteten sich voller Verachtung auf ihn. „Denkst du wirklich, ich würde auch nur einen Penny deines Geldes anrühren?“

Angolos verzog den Mund. „Du erwartest, dass ich glaube, du hättest mein Geld nicht angerührt?“

„Ich wollte nie dein Geld!“, fauchte sie. „Ich wollte …“ Im letzten Moment hielt sie inne. Ihre Wangen brannten. „Wenn es mir nicht so egal wäre, würde ich dir den Kontoauszug zeigen.“

„Wenn du das Geld nicht verwendet hast, wie hast du dich dann finanziert?“, wollte er misstrauisch wissen. „Oder sollte ich fragen, wer hat dich finanziert?“

Sie sog nun tief die Luft ein. Am liebsten hätte sie ihm eine Ohrfeige verpasst.

„Ich habe das getan, was die meisten Menschen tun. Ich habe gearbeitet.“

Er hob die Augenbrauen. „Gearbeitet … du …?“

„Ja, ich, gearbeitet. Ich war dabei, Lehrerin zu werden, als wir uns kennenlernten, falls du dich erinnerst.“

„Ja, aber das war wohl kaum deine Berufung. Du hast es sofort aufgegeben.“

Georgies Augen weiteten sich, während sie voller Zorn sein Gesicht betrachtete. War ihm nicht klar, dass sie alles für ihn aufgegeben hätte …?

Ich kann nicht bei Verstand gewesen sein!

„Welche Wahl hatte ich?“

Angolos wirkte wütend. „Man hat immer eine Wahl.“

Sie schluckte den Zorn hinunter. „Du wärst gern mit einer Studentin verheiratet gewesen?“, forderte sie ihn heraus.

„Du hast nie erwähnt, dass dir deine Karriere so wichtig war …“

„Du hast recht, man hat immer eine Wahl“, unterbrach sie ihn. „Ich habe die falsche getroffen … ich habe dich geheiratet.“

Die Haut auf seinen Wangenknochen wurde kalkweiß, während er ihrem Blick begegnete. „Wir haben beide die falsche Wahl getroffen.“

„Denk nicht länger darüber nach – ich habe es auch nicht getan.“ Wenn man von den unzähligen Nächten absah, die sie sich in den Schlaf geweint hatte. „Ich bin wieder aufs College gegangen, nachdem Nicky geboren war.“

„Ein Kind braucht seine Mutter.“

Autor

Kim Lawrence
Kim Lawrence, deren Vorfahren aus England und Irland stammen, ist in Nordwales groß geworden. Nach der Hochzeit kehrten sie und ihr Mann in ihre Heimat zurück, wo sie auch ihre beiden Söhne zur Welt brachte. Auf der kleinen Insel Anlesey, lebt Kim nun mit ihren Lieben auf einer kleinen Farm,...
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