Romana Exklusiv Band 368

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HEIMLICH VERLIEBT IN EINEN MILLIARDÄR von KANDY SHEPHERD
Partyplanerin Andie darf die Weihnachtsfeier für Milliardär Dominic Hunt organisieren! Da verlangt er plötzlich, dass sie sich gegenüber seinem Geschäftspartner als seine Verlobte ausgibt. Ein gewagtes Spiel, denn heimlich begehrt sie Dominic tatsächlich!

ZÄRTLICHE WEIHNACHT IN VENEDIG von PAMELA YAYE
Zoe ist entrüstet: Glaubt der italienische Millionär Romeo Morretti ernsthaft, er könnte sie mit Geschenken kaufen? Das funktioniert bei ihr nicht! Es ist so viel einfacher, sie zu verführen. Er muss ihr nur gestehen, dass er sich genauso heftig nach Liebe sehnt wie sie …

DER MILLIARDÄR UNTER DEM MISTELZWEIG von MICHELLE DOUGLAS
Weihnachten mit einem Milliardär in München? Für Addie aus dem Outback eigentlich ein Traum. Doch ihr neuer Boss, Flynn Mather, ist ein rücksichtsloser Egoist. Widerstrebend begleitet sie ihn – und entdeckt auf der Reise Seiten an ihm, die sie mehr als anziehend findet …


  • Erscheinungstag 18.11.2023
  • Bandnummer 368
  • ISBN / Artikelnummer 9783751517409
  • Seitenanzahl 448
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Kandy Shepherd, Pamela Yaye, Michelle Douglas

ROMANA EXKLUSIV BAND 368

1. KAPITEL

Er hatte es sich also mit den Medien verdorben. Wieder einmal. Man hatte seine Worte aus dem Zusammenhang gerissen und zitierte ihn überall falsch – in den Zeitungen, im Fernsehen und in den sozialen Medien:

Geschäftsmann und Milliardär Dominic Hunt weigert sich, zusammen mit anderen Firmenchefs für Wohltätigkeitsveranstaltung für Obdachlose im Freien zu schlafen.

Dominic schlug mit der Faust auf seinen Schreibtisch. Er hatte sich nicht geweigert, die Wohltätigkeitsorganisation zu unterstützen, sondern nur die Einladung abgelehnt, eine Nacht im Karton vor der Oper von Sydney zu verbringen. Außerdem hatte er eine hohe Summe gespendet, allerdings anonym. Warum reichte das nicht?

Dominic legte das Gesicht in die Hände. Es hatte eine Zeit in seinem Leben gegeben, in der er keine andere Wahl gehabt hatte, als im Freien zu übernachten. Das aber wollte er nie wieder tun, auch nicht für einen guten Zweck. Er konnte es auch nicht erklären, denn er würde die Geheimnisse seiner Vergangenheit nicht lüften. Niemals.

Mit einem beklemmenden Gefühl angesichts der negativen Presse über ihn und sein Unternehmen las er weiter, was sein Marketingleiter für ihn zusammengestellt hatte. Es stimmte, er verabscheute Weihnachten, aber nicht aus den Gründen, die die Medien erfunden hatten. Die zählten ihn sowieso zu den reichen Geizhälsen Australiens. Nichts hätte der Wahrheit fernerliegen können.

Er blieb grundsätzlich anonym, weil er nicht spendete, um Zustimmung in der Öffentlichkeit zu finden. Diesmal konnte er die Anfeindungen allerdings nicht ignorieren. Er stand kurz vor dem Abschluss eines Joint Ventures mit einem amerikanischen Familienunternehmen, das von einem Mann mit strengen Moralvorstellungen geleitet wurde.

Deshalb musste er der Öffentlichkeit beweisen, dass er kein Geizhals war. Dabei durfte er jedoch nicht verraten, inwieweit er sich engagiert hatte, sonst würden auch alle von seiner Vergangenheit erfahren.

Er war also in der Zwickmühle gewesen. Bis sein Marketingleiter vorgeschlagen hatte, zu einer Wohltätigkeitsveranstaltung in seinem Haus in Hafennähe einzuladen. Obwohl ihm nichts über seine Privatsphäre ging, hatte Dominic schließlich widerstrebend zugestimmt.

Mit der Organisation wollte er jemand anders beauftragen. Die Vertreterinnen von drei Firmen hatten sich als so unfähig erwiesen, dass er sie bereits nach wenigen Minuten hinausgeworfen hatte. Nun sollte die vierte kommen. Andrea Newman von einer Firma namens Partyqueens. Dominic betrachtete die auffällige Visitenkarte vor ihm auf dem Schreibtisch. Keine Party ist uns zu groß oder zu klein versprach diese.

Partyqueens. Der Name wirkte viel professioneller als die der vorherigen Unternehmen. Aber auch seriös genug? Schließlich konnte diese Veranstaltung der entscheidende Faktor bei einem Abschluss sein, der seine Geschäftsinteressen international ausweitete.

Dominic blickte auf seine Uhr. An diesem Vormittag arbeitete er von seinem Home Office aus. Ms. Newman würde gleich hier erscheinen. Er würde ihr zwanzig Minuten geben – das war nur fair, und er legte großen Wert auf Fairness.

Wie aufs Stichwort klingelte es an der Tür. Zumindest war Andrea Newman pünktlich. Er ging die breite Marmortreppe hinunter zur Haustür.

Sein erster Eindruck von der Frau war, dass sie sehr attraktiv war. Nicht im herkömmlichen Sinne, denn sie hatte ein eher eckiges Gesicht, das von blondem Haar mit dunklen Strähnen eingerahmt wurde, einen großen Mund und ungewöhnlich grüne Augen. Dominic ertappte sich dabei, dass er sie einen Moment zu lange betrachtete.

„Guten Morgen, Mr. Hunt – Andie Newman von Partyqueens“, sagte sie. „Vielen Dank, dass Sie mir den Zahlencode für das Tor gegeben haben. Ihre Sicherheitsvorkehrungen sind ja richtig furchteinflößend.“ Verriet ihre warme, heisere Stimme einen herausfordernden Unterton?

„Der Code ist immer nur einmal gültig, Ms. Newman“, belehrte er sie mit einem warnenden Unterton, bevor er sie eingehend betrachtete.

Sie war groß und trug eine hellbraune Jacke, einen wild gemusterten Rock aus einem seidigen Stoff, der ihr bis über die Knie reichte, und hochhackige Ankleboots, dazu eine Umhängetasche aus weichem Leder. Damit war sie genauso chic, aber unkonventioneller als die anderen drei, deren Vorschläge genauso langweilig gewesen waren wie ihr Erscheinungsbild.

„Andie“, sagte sie.

In dem Moment wehte eine Frühlingsbrise ihren Rock hoch, und Dominic erhaschte einen Blick auf verführerisch lange, schlanke Beine und rote Unterwäsche. Schnell sah er weg.

„Oh“, stieß sie hervor und hielt den Rock vorn schnell fest. In dem Moment wehte er hinten hoch, und Dominic ballte die Hände zu Fäusten, damit er nicht der Versuchung nachgab, ihr zu helfen.

Eine feine Röte überzog ihre hohen Wangenknochen, und Andie lachte heiser, während sie mit dem widerspenstigen Stoff kämpfte. Selbst nachdem der Wind sich gelegt hatte, hielt sie den Rock fest.

„Na, das ist ja ein toller erster Eindruck, oder?“ Einen Moment lang sahen sie sich in die Augen, und Dominic war der Erste, der den Blick abwandte.

Sie war wirklich schön.

„Es gibt Schlimmeres“, meinte er schroff. „Ich bin gespannt, was als Nächstes kommt.“

Andie wusste nicht, was sie erwidern sollte. Sie stand auf der Schwelle zu Dominic Hunts Herrenhaus und drohte zum ersten Mal in ihrer beruflichen Laufbahn die geschäftsmäßige Coolness zu verlieren, auf die sie so stolz war – nicht weil der Vorfall mit dem Rock sie aus der Fassung gebracht hatte oder weil das prachtvolle Haus und der wundervolle Rundblick über den Hafen von Sydney sie derartig beeindruckten. Nein, es war der große Mann vor ihr, der sie wahnsinnig verlegen machte.

„Danke“, brachte sie hervor, während sie sich das Haar aus dem Gesicht strich.

Während ihrer Tätigkeit als Stylistin für Zeitschriften und Werbeagenturen und als Partyplanerin hatte sie sich den Ruf erworben, auch mit schwierigen Menschen fertigzuwerden. Deshalb hatten ihre beiden Partnerinnen in ihrem aufstrebenden Unternehmen auch sie vorgeschlagen. Sie brauchten unbedingt einen Auftrag wie diesen, um sich einen Namen zu machen.

Gerüchten zufolge hatte Dominic Hunt bereits den Vertreterinnen drei anderer, viel größerer Firmen eine rüde Abfuhr erteilt. Außerdem galt er als ausgesprochen geizig. Er verkörperte also all die Eigenschaften, die sie bei Menschen nicht mochte.

Da sie ihn von Fotos und Fernsehinterviews her kannte, hatte sie gewusst, dass er gut aussah, wenngleich er auch etwas grimmig wirkte. Allerdings hatte nichts sie auf die Realität vorbereitet. Groß, breitschultrig und sehr muskulös, wie sie trotz des hellen Anzugs erkennen konnte, war er nicht auf eine jungenhafte Art attraktiv, sondern ausgesprochen maskulin. Er hatte ein markantes Kinn, eine etwas schiefe Nase, einen sinnlichen Mund mit einer kleinen Narbe im Winkel und widerspenstiges schwarzes Haar und war von einer Aura der Macht umgeben.

Andie musste sich zusammenreißen, um ihr Herzklopfen und die aufsteigende Hitze zu ignorieren. Sie durfte ihn nicht als Mann wahrnehmen, zumal er überhaupt nicht ihr Typ war. Ihr Traummann war einfühlsam und hatte ein sonniges Gemüt, so wie ihre erste große Liebe, um die sie wohl immer trauern würde.

Also streckte sie die Hand aus und rang sich ein Lächeln ab. Zu ihrem Leidwesen verspürte sie sofort ein Prickeln, als er sie ergriff. Sie atmete tief durch. „Soweit ich weiß, bin ich die vierte Partyplanerin, die Sie empfangen, und ich möchte nicht, dass es eine fünfte gibt.“

Abschätzend musterte er sie aus seinen grauen Augen. „Dann sollten Sie reinkommen und mich überzeugen“, erwiderte er. Selbst seine Stimme war attraktiv: tief, ruhig und ausgesprochen maskulin.

„Gern“, antwortete Andie energisch.

Sie folgte ihm in die Eingangshalle des etwa hundert Jahre alten modernisierten Hauses, in der ein dunkler Holzboden und cremefarbene Marmorwände eine gediegene Atmosphäre schufen. In der Mitte führte eine Marmortreppe mit schmiedeeisernem Geländer ins Obergeschoss.

„Wow!“ Beeindruckt blickte Andie sich um und vergaß dabei völlig, wie nervös Dominic Hunt sie machte. „Was für eine fantastische Treppe. Ich stelle mir darauf einen Chor vor, der Ihre Gäste mit Weihnachtsliedern empfängt.“

„Wie meinen Sie das?“

Lächelnd wandte sie sich zu ihm um. „Entschuldigung, es war nur so eine Idee. Natürlich muss ich Sie erst überzeugen, dass ich die Richtige für diesen Auftrag bin.“

„Ich meinte das mit den Weihnachtsliedern.“

Betont unbekümmert schüttelte sie den Kopf. „Der Gedanke kam mir nur beim Anblick der Treppe. Ein Kinderchor wäre nett. Ihre Gäste würden bestimmt sofort in Festtagsstimmung kommen, ohne dass es zu kitschig wirkt.“

„Es wird aber keine Weihnachtsfeier!“ Beinah verächtlich betonte er das Wort Weihnachten und runzelte die Stirn. „Ehrlich gesagt, möchte ich überhaupt keine Feier veranstalten. Ich bin jedoch aus geschäftlichen Gründen mehr oder weniger dazu gezwungen.“

„Wirklich?“ Sie musste aufpassen, damit sie nichts Falsches sagte. „Ihren Informationen habe ich entnommen, dass Sie eine große Wohltätigkeitsveranstaltung in der Vorweihnachtszeit wünschen, und zwar an einem Datum, das Ihnen die größtmögliche Publicity verschafft.“

„Richtig“, bestätigte er. „Nur dass es keine Weihnachtsfeier sein soll.“

Wieder atmete Andie tief durch. „Ich habe das Briefing Ihrer Marketingabteilung dabei.“ Sie klopfte auf ihre Handtasche. „Aber ich möchte lieber Ihre Vorstellungen hören. Können wir uns setzen?“

Demonstrativ blickte Dominic Hunt auf die Uhr. „Ich gebe Ihnen zehn Minuten.“

Dann führte er sie in ein Wohnzimmer, das die gesamte Vorderseite des Hauses einnahm und einen herrlichen Blick auf den Hafen mit der Brücke und der Oper bot. Glastüren führten auf eine riesige Terrasse.

Die Einrichtung, die perfekt mit dem Art-déco-Stil des Hauses harmonierte und die Handschrift des angesagtesten Innenarchitekten Sydneys verriet, hatte eine ausgesprochen maskuline Note und war sehr stylish, geradezu perfekt für eine Party.

Doch Andie rief sich ins Gedächtnis, dass sie nur zehn Minuten hatte. Zehn Minuten, um Dominic Hunt zu überzeugen, dass sie genau die war, die er brauchte.

Dominic bat Andie Newman, die sichtlich angespannt wirkte, auf dem höheren der beiden einander gegenüberstehenden Sofas Platz zu nehmen. Nachdem er sich auf das andere gesetzt hatte, lehnte er sich zurück und nahm ihre Visitenkarte aus der Jacketttasche. „Erzählen Sie mir von Partyqueens. Seit wann gibt es das Unternehmen?“

„Wir sind erst seit drei Monaten im Geschäft.“

„Wir?“

„Ich habe zwei Partnerinnen, Eliza Dunne und Gemma Harper. Wir haben alle zusammen bei einer Zeitschrift gearbeitet, bevor wir uns selbstständig gemacht haben.“

Dominic kniff die Augen zusammen. „Und jetzt sind Sie Partyqueens?“

„Das waren wir schon immer, auch während unserer Zeit in der Redaktion.“ Als er eine Braue hochzog, fuhr sie fort: „Nein, nicht so, wie Sie denken.“ Sie lächelte. „Na ja, vielleicht schon. Um jedoch ein Fest zu organisieren, muss man auch selbst gern feiern, finden Sie nicht?“

„Darüber habe ich noch nicht nachgedacht“, erwiderte er. Er war noch nie ein großer Partygänger gewesen, auch nicht, nachdem sein Geld ihm so viele Türen geöffnet hatte. Egal, ob er im gefährlichsten Stadtteil von Brisbane in einem leer stehenden Gebäude übernachtet oder mit den Entscheidungsträgern von Sydney verkehrt hatte, er hatte sich nie richtig zugehörig gefühlt. „Sie waren Journalistin?“, hakte er nach, weil sie ihn immer mehr faszinierte.

Andie schüttelte den Kopf. „Eigentlich bin ich Innenarchitektin, aber nachdem mein Arbeitgeber Pleite gemacht hatte, bin ich im Wohnressort eines Lifestylemagazins gelandet. Gemma war dort im Kochressort tätig und Eliza im Vertrieb. Vor sechs Monaten hat man uns eröffnet, dass die Zeitschrift eingestellt wird, sodass wir alle unseren Job verloren haben.“

„Das muss ein ziemlicher Schock gewesen sein“, bemerkte Dominic.

Als er sich mit achtzehn Jahren als Immobilienmakler selbstständig machte, hatte er auch immer Existenzängste gehabt. Da er diese trotz seines Erfolgs nach wie vor hatte, war er so bestrebt, immer weiter zu expandieren. Ohne Geld, ohne ein Zuhause konnte er schnell wieder Nick Hunt ohne festen Wohnsitz werden, statt in Vaucluse, einer der exklusiven Adressen in Australien, zu residieren.

„Eigentlich hätte es das nicht sein dürfen, weil ständig irgendwelche Zeitschriften eingestellt werden“, sagte Andie. „Aber ich war am Boden zerstört.“

„Das tut mir leid.“

Sie zuckte die Schultern. „Ich habe mich schnell wieder aufgerappelt.“

Dominic kniff die Augen zusammen. „Das ist ein ziemlicher Sprung von einem Job bei einer Zeitschrift zu einer Veranstaltungsfirma.“ Er war überrascht, wie enttäuscht er bei der Vorstellung war, dass er ihr aufgrund ihrer mangelnden Erfahrung ebenfalls eine Absage erteilen musste.

„Es sieht vielleicht so aus, aber hören Sie mich an“, bat sie, wobei ihre Augen funkelten. „Wir mussten sofort unsere Schreibtische räumen. Dann haben wir uns in ein Café gesetzt und überlegt, was wir machen sollen. Die stellvertretende Chefredakteurin hat uns gebeten, die Feier anlässlich des achtzehnten Geburtstags ihrer Schwester zu organisieren. Zuerst haben wir gezögert, aber dann wurde uns klar, dass jede von uns viel Erfahrung mitbringt.“

„Können Sie das näher erklären?“

Sie hielt den Daumen hoch, und ihm fiel auf, dass ihre Nägel orange lackiert waren. „Erstens, ich bin die Kreative, die viel Erfahrung im Styling hat.“ Dann hob sie den Zeigefinger. „Zweitens, Gemma ist ausgebildete Köchin, und das Essen ist einer der wichtigsten Punkte bei der Planung einer Feier.“ Es folgte der mittlere Finger. „Drittens, Eliza kennt sich hervorragend mit Finanzen und Verträgen aus und ist außerdem eine Weinkennerin.“

„Sie haben also beschlossen, zusammen eine Firma zu gründen?“ Ihr Unternehmergeist gefiel ihm.

Andie schüttelte den Kopf, sodass ihre doppelten Kreolen klirrten. „Zu dem Zeitpunkt noch nicht. Wir haben die Party organisiert, während wir nach einem neuen Job gesucht haben und als freie Mitarbeiterinnen für Zeitschriften und Agenturen tätig waren.“

„Und wie war die Feier?“ Er dachte an seinen eigenen achtzehnten Geburtstag, den er überhaupt nicht gefeiert hatte. Aber er war glücklich darüber gewesen, endlich volljährig zu sein und nie wieder in sein Zuhause zurückkehren zu müssen, das zu diesem Zeitpunkt die reinste Hölle gewesen war. Außerdem hatte es bedeutet, dass für ihn nicht mehr das Jugendstrafrecht galt, wenngleich seine Zeit auf der Straße schon hinter ihm lag.

„Von einigen kleinen Pannen abgesehen, war es ein großer Erfolg. Das Mädchen ging auf eine exklusive Privatschule, und sowohl ihre Freundinnen als auch deren Eltern waren begeistert. Durch Mundpropaganda bekamen wir dann weitere Aufträge.“

„Zahlen Eltern viel für die Feiern ihrer Kinder?“ Natürlich musste er diese Fragen nicht stellen, aber er war neugierig, vor allem, was sie betraf.

Nun zog sie die Augenbrauen hoch. „Wir reden hier von wohlhabenden Familien in den Vororten im Osten und im Norden. Diese Leute wollen sich gegenseitig ausstechen.“ Ihr Mienenspiel und ihre lebhaften Gesten faszinierten ihn. „Für die Geburtstagsfeier einer Vierjährigen verfügten wir zum Beispiel über ein Budget von mehreren Tausend Dollar.“

„So viel Geld für ein Kleinkind?“ Abgesehen von seinem karitativen Engagement hatte er mit Kindern nichts zu tun. Den Traum, einmal selbst welche zu haben, hatte er längst aufgegeben. So etwas wie Familienleben war ihm völlig fremd.

„Allerdings“, bestätigte sie.

Er erwärmte sich immer mehr für Andie Newman, doch er musste sich vergewissern, dass sie über ausreichend Erfahrung verfügte. Da er immer sehr zurückgezogen gelebt hatte, musste das Fest ein voller Erfolg werden.

„Also, wann haben Sie Ihre Firma denn letztendlich gegründet?“

„Wir bekamen immer mehr Aufträge. Auch für runde Geburtstage von Erwachsenen. Trotzdem betrachteten wir es noch als Notlösung, obwohl die Leute uns vorschlugen, eine Vollzeitbeschäftigung daraus zu machen.“

„Bei Neugründungen geht ein sehr hoher Prozentsatz im ersten Jahr pleite“, warnte er sie.

Andie schnitt ein Gesicht. „Das war uns durchaus bewusst. Aber dann fragten uns Leute von einer PR-Agentur, für die ich tätig war, ob wir auch Feiern für Firmen und Produkteinführungen organisieren könnten. Es wurde immer mehr, und wir überlegten, ob wir unsere eigene Firma gründen sollten.“

„Ein mutiger Schritt.“ Er hatte auch viele mutige Schritte gewagt, und die meisten hatten sich ausgezahlt.

Nun beugte sie sich vor, und ihm fiel auf, wie schön ihre grünen Augen waren. „Wir haben in Alexandria im Industriegebiet Räume gemietet, und es läuft hervorragend. Doch ich will ehrlich sein. Wir haben noch kein Fest von solchen Ausmaßen organisiert. Wir wollen den Auftrag. Wir brauchen ihn. Daher werden wir alles geben, damit es gelingt.“

Partyplanerin Nummer vier war also schon mal ehrlicher als die anderen. Dominic spielte mit der Visitenkarte. „Können Sie mir denn versichern, dass Sie der Aufgabe gewachsen sind und sie hervorragend umsetzen werden?“

Andie zuckte nicht mit der Wimper. „Ja. Absolut. Wir sind zwar nur zu dritt, aber wir haben unzählige Kontakte in Sydney. Was wir nicht selbst schaffen, delegieren wir. Wir freuen uns auf die Herausforderung.“

Nun wurde ihm bewusst, dass sie auf der Sofakante saß, die Finger ineinander verschränkt hatte und mit dem Fuß wippte. Sie wollte diesen Auftrag unbedingt.

Er hätte es niemals so weit gebracht, wenn er nicht über eine so hervorragende Menschenkenntnis verfügt hätte. Diese sagte ihm, dass Andie Newman das Gewünschte abliefern konnte – und er sehr gern mit ihr zusammenarbeiten würde.

Das Problem war nur, dass er sie sehr attraktiv fand und am liebsten mit ihr ausgegangen wäre. Doch er verabredete sich grundsätzlich nicht mit Angestellten oder Frauen, mit denen er zusammenarbeitete. Diesen Fehler hatte er bei seiner Exfrau gemacht und würde ihn nicht wiederholen. Wenn er Andie Newman engagierte, würde er eine kompetente Partyplanerin bekommen. Wenn er ihr den Auftrag nicht gab, würde er sich mit ihr verabreden können. Er war hin- und hergerissen.

„Ihre Begeisterung gefällt mir“, erklärte Dominic. „Aber es wäre riskant, mit einer Firma zusammenzuarbeiten, die in vieler Hinsicht noch … unerfahren ist.“

„Wir haben einen ganzen Ordner mit Referenzen von zufriedenen Kunden.“ Ihre Stimme klang ein wenig schriller. „Doch bevor Sie sich entscheiden, lassen Sie uns besprechen, was Sie von uns erwarten.“ Sie zog eine Mappe aus ihrer Tasche und nahm ein Blatt heraus. Es handelte sich offenbar um das Briefing seiner Marketingabteilung, denn er erkannte sein Firmenlogo wieder.

„Ich bin verwirrt“, gestand sie. „Sie wollen keine Weihnachtsfeier. Verlangt wird hier aber eine Weihnachtsfeier im großen Rahmen, die positive Publicity für Dominic Hunt bewirkt. Was ist denn jetzt richtig?“

Am liebsten hätte Andie ihre Worte zurückgenommen, denn sie durfte Dominic Hunt auf keinen Fall verprellen. Sie wollte nie wieder den Launen eines Arbeitgebers ausgeliefert sein und sich von einem Tag auf den anderen auf der Straße wiederfinden, nachdem sich ihr Leben vor fünf Jahren so einschneidend verändert hatte.

Für eine Weile herrschte angespanntes Schweigen, und obwohl seine Miene unergründlich war, schien ihn etwas zutiefst zu bewegen. Wut? Besorgnis? Bedauern? Jedenfalls musste sie sich zwingen, ihm nicht die Hand auf den Arm zu legen oder ihn gar zu umarmen, denn das wäre ein noch größerer Fehler gewesen.

Dass sie offensichtlich schmerzliche Emotionen bei Dominic Hunt hervorgerufen hatte, war ihr sehr unangenehm, und sie rechnete schon damit, dass er ihr genauso die Tür wies wie den drei anderen Partyplanerinnen.

„Das Briefing war nicht korrekt“, begann er schließlich langsam. „Weihnachten ist für mich mit … schwierigen Erinnerungen verbunden. Belassen wir es einfach dabei.“ Einen Moment lang sah er ihr in die Augen, und sie bemerkte, wie sich sein Gesichtsausdruck veränderte.

„Ja … natürlich“, erwiderte sie leise, dankbar, dass er ihr noch eine Chance gegeben hatte. Plötzlich ging es ihr nicht nur um den Auftrag, sondern sie freute sich auch darauf, diesen zweifellos interessanten Mann öfter zu sehen.

Über sein Privatleben wusste sie nur, dass er als sehr gute Partie galt, denn er war vermögend, attraktiv und erfolgreich. Außerdem lebte er allein hier in Vaucluse, wo die Immobilienpreise im zweistelligen Millionenbereich lagen. Sie glaubte, sich an eine schmutzige Scheidung zu erinnern, während der seine Frau erbittert mit ihm um das Haus gestritten hatte. Sie würde im Internet recherchieren. Falls sie diesen Job bekam, musste sie zumindest erahnen, wie dieser Mann tickte.

„Das wäre also geklärt – kein Weihnachten“, erwiderte Andie betont geschäftsmäßig. „Und jetzt erzählen Sie mir bitte, was Sie von dieser Feier erwarten, damit ich Ihnen meine Vorschläge unterbreiten kann.“

Dominic Hunt stand auf und begann, auf und ab zu gehen. Er war so groß und so breitschultrig, dass er selbst diesen riesigen Raum zu beherrschen schien. Unwillkürlich dachte sie an seine Nase, die offenbar einmal gebrochen gewesen war. Wer mochte zuerst zugeschlagen haben? Sie stand ebenfalls auf, um mit ihm auf Augenhöhe zu sein.

„Die anderen Planerinnen haben sich darüber ausgelassen, wie wichtig es wäre, A- und B-Promis einzuladen, um Publicity zu bekommen. Ich interessiere mich aber nicht für diese Leute und wünsche diese Art von Publicity auch nicht.“

Andie zögerte kurz. „Ich kann die Feier organisieren, aber die Gästeliste Ihnen und Ihren Mitarbeitern überlassen.“

Nun kam er näher. „Sind Sie denn auch meiner Meinung?“

War das eine Testfrage? Wie immer konnte Andie nur ehrlich sein. „Ja. So, wie ich es verstanden habe, wollen Sie mit dieser Party … Ihr Image verbessern.“

„Sie meinen, mein Image als Geizhals?“

Sein bitterer Tonfall veranlasste sie, ihn anzusehen, doch zu ihrer Überraschung wirkte er nicht wütend, sondern irritiert.

„So hätte ich es vielleicht nicht ausgedrückt, aber ja“, erwiderte sie. „Und ja, ich denke, die Anwesenheit bestimmter A- bis Z-Promis wäre nicht besonders förderlich. Andererseits würde es Ihnen wohl eine ausführliche Berichterstattung verschaffen.“

Dominic runzelte die Stirn. „Gibt es wirklich Z-Promis?“

Andie lachte. „Vielleicht habe ich es gerade erfunden.“

„Sie sagten, Sie seien kreativ“, bemerkte er und lächelte zum ersten Mal richtig. Plötzlich wirkte er wie verwandelt und versprühte einen unerwarteten Charme.

Erneut schlug ihr Herz schneller, und sie blickte sich demonstrativ um, um ihre Nervosität zu verbergen. „In wie vielen Lifestylemagazinen hat man dieses Haus schon gezeigt?“

„In keinem. Das werde ich auch nie zulassen.“

„Gut. Ich schätze, selbst Ihre Nachbarn würden eine beträchtliche Summe spenden, um es einmal von innen zu sehen. Es ist etwa hundert Jahre alt, stimmt’s?“

„Ja“, bestätigte Dominic Hunt. „Ein reicher Wollhändler hat es damals bauen lassen.“

Andie überlegte. „Was halten Sie von einer extravaganten Party im Stil von Der große Gatsby mit Silber und Weiß als vorherrschenden Farben und ausgewählten Gästen? Alle müssen entweder etwas Silberfarbenes oder etwas Weißes oder beides tragen. Verleihen Sie dem Ganzen einen exklusiven Charakter, damit alle sich um eine Einladung reißen.“ Sie senkte die Lider, während die Visionen auf sie einstürmten. „Vielleicht wäre sogar ein Maskenball das Richtige. Ja. Die Masken könnte man später sogar für den guten Zweck versteigern.“

„Versteigern?“

Andie öffnete die Augen wieder. Manchmal war sie fast in Trance, wenn sie ihrer Fantasie freien Lauf ließ. Sie krauste die Stirn. Wieso hatte ein Milliardär aus Sydney so wenig Erfahrung mit Partys?

Selbst sie, die nicht in seinen Kreisen verkehrte, wusste von den Versteigerungen. Vermutlich versuchten die Bieter einander genauso auszustechen wie Eltern, die überteuerte Feiern für ihre Kinder ausrichten ließen. „Ich glaube, bei solchen Anlässen sind Auktionen für karitative Zwecke üblich. Natürlich sollten nicht nur die Masken versteigert werden, sondern auch Sachspenden.“ Nach einer Pause fragte sie: „Sie sind Makler, stimmt’s?“

Dominic nickte. „Unter anderem.“

„Vielleicht könnten Sie ein Apartment spenden? Die Leute würden hohe Summen bieten. Und Sie würden als sehr großzügig erscheinen.“

Verächtlich verzog er den Mund. „Ich bin mir nicht sicher, ob das zu dem Image passt, das ich anstrebe.“

Insgeheim stimmte sie ihm zu. Warum konnten die Leute nicht einfach spenden, ohne im Gegenzug eine große Feier zu erwarten? Das behielt sie allerdings für sich, denn schließlich war es ihr Job, solche Anlässe auszurichten.

„Das entscheiden Sie und Ihre Mitarbeiter. Die Ausrichtung des Festes hingegen ist meine Domäne. Gefällt Ihnen das Motto mit den Zwanzigerjahren?“

„Ja“, erwiderte er langsam.

„Wenn nicht, hätte ich noch andere Ideen.“

Als er auf die Uhr sah, wurde ihr bewusst, dass die zehn Minuten vorbei waren.

„Ich beraume noch ein Treffen mit Ihnen für morgen Nachmittag an“, informierte er sie.

„Ein zweites Vorstellungsgespräch?“, hakte sie nach.

„Nein, ein Brainstorming. Sie haben den Auftrag, Ms. Newman.“

Erst als sie überglücklich zur Tür ging und dabei seinen Blick im Rücken zu spüren meinte, fragte Andie sich, ob sie gerade einen bedauernden Unterton herausgehört hatte.

2. KAPITEL

Nach längerem Überlegen konnte Andie sich beim besten Willen nicht mehr für das Zwanzigerjahre-Motto begeistern. Es erschien ihr plötzlich irgendwie falsch.

Der Gedanke ließ ihr keine Ruhe. Wie sollte eine ebenso extravagante wie exklusive Veranstaltung Dominic Hunt weniger geizig wirken lassen? Selbst wenn er für die Versteigerung ein Apartment stiftete, würde ja eine wohlhabende Person davon profitieren. Wie man es drehte und wendete, das Ganze würde ziemlich heuchlerisch wirken.

Kritik zu äußern stand ihr jedoch nicht zu. Sie sollte die Feier nur planen und dafür sorgen, dass sie aufsehenerregend und unvergesslich sein würde. Aber sie musste ihm ihre Vorbehalte beim nächsten Treffen darlegen. Falls sie es wagte.

Es wäre eine Gratwanderung, denn Andie wollte nicht riskieren, den Auftrag zu verlieren. Sie würde ihre Bedenken äußern und danach den Mund halten und sich auf ihre Aufgabe konzentrieren.

Um Dominic nicht wieder zu tiefe Einblicke auf ihren Körper zu gewähren, entschied sich diesmal für eine weiße Hose, ein ebensolches Top, das sie mit einer türkisfarbenen Kette kombinierte, sowie silberfarbene Riemchensandaletten. Da sie sich während ihrer Tätigkeit als Redakteurin mit der Leiterin des Moderessorts angefreundet und von ihr viele Musterteile bekommen hatte, besaß sie Kleidung in jeder Preislage und für jede Gelegenheit.

„Ich habe es nicht riskiert, den Rock wieder anzuziehen“, platzte sie heraus, als Dominic Hunt sie hereinließ. Im Geiste fasste sie sich an den Kopf. Wie konnte man so etwas nur zu einem Kunden sagen? Allerdings machte Dominic sie immer noch nervös.

Flüchtig ließ er den Blick zu ihren Beinen schweifen. „Schade“, sagte er mit jener tiefen, testosterongeschwängerten Stimme, deren Klang sie jedes Mal erschauern ließ.

Flirtet er etwa mit mir?

„Der Rock ist schön“, erklärte sie. „Er … hat sich nur nicht gut benommen.“

„Mir hat er gefallen.“

„Der Rock an sich oder sein Verhalten?“ Ein wenig länger als nötig sah sie ihm in die Augen.

„Beides“, erwiderte er.

Andie atmete tief durch und hob das Kinn. „Ich fasse das als Kompliment auf. Danke, Mr. Hunt.“

„Dominic.“

„Dominic.“ Sie sprach seinen Namen gern aus. „Und vielen Dank noch mal für den Auftrag.“

Am liebsten hätte sie ihm gesagt, wie gut er in dem offenbar maßgeschneiderten anthrazitfarbenen Anzug und dem grauen Hemd aussah, aber dann hätte sie nicht mehr geschäftsmäßig geklungen. Doch sie bewunderte nicht nur seinen Anzug, sondern seinen maskulinen Körper, der sich darunter abzeichnete. Das aber durfte sie sich nicht anmerken lassen. Dominic Hunt war schließlich ein Kunde.

Er nickte. „Kommen Sie mit nach hinten. Dann können Sie sich die Räume ansehen.“

Er führte sie durch die Eingangshalle und einen Korridor mit Marmorboden entlang in einen Raum mit einer hohen Decke, in dem ihre Schritte widerhallten. Ganz minimalistisch in Weiß und Cremetönen eingerichtet, war es das perfekte Ambiente für ein exklusives Fotoshooting. Fenster mit Rundbögen boten einen herrlichen Ausblick auf den Garten, in dem strenge Formen vorherrschten und Reihen von blühenden Schmucklilien einen reizvollen Kontrast zu den hohen Palmen bildeten. Durch eine Schiebetür gelangte man auf eine Terrasse mit einem eleganten Swimmingpool im Art-déco-Stil.

Einen Moment lang ließ Andie diese Pracht auf sich wirken. „Fantastisch“, bemerkte sie schließlich. „War das ursprünglich ein Ballsaal?“

„Ja. Anscheinend hat der Wollhändler gern große Feiern veranstaltet. Bei der Renovierung habe ich einen Durchbruch zum Garten machen lassen.“

„Das haben Sie toll gemacht“, erwiderte sie.

„Die Leute, die für mich arbeiten, haben ihre Arbeit in der Tat sehr gut gemacht“, sagte Dominic.

„Ich gebe ihnen die volle Punktzahl.“ Sie hatte zusammen mit seinem Innenarchitekten studiert. Vielleicht würde sie sich mit ihm in Verbindung setzen, um mehr über Dominic zu erfahren.

Andie sah sich um. „Wo ist die Küche?“

„Hier entlang.“

Die große Küche mit mordernsten Geräten aus Edelstahl war, wie Andie erleichtert und erfreut feststellte, geradezu perfekt für die Bewirtung von Hunderten von Gästen. „Ein toller Raum“, stellte sie fest. „Kochen Sie?“

Sie fragte sich, ob Dominic zu den Männern gehörte, die jeden Abend essen gingen und deren Kühlschränke nur Bier enthielten, oder zu denen, die leidenschaftlich gern am Herd standen und ihre Künste gern bewundernden Frauen vorführten.

„Ich komme zurecht“, erwiderte er kurz angebunden. „Dazu gehört auch Kochen.“

Das passte. Nach dem gestrigen Treffen hatte sie im Internet recherchiert, allerdings fast nur Informationen über die vergangenen Jahre gefunden. Den Berichten zufolge war seine Ehe, die er mit Mitte zwanzig geschlossen hatte, ebenso kurz wie stürmisch gewesen und hatte viel Aufsehen erregt, weil seine Exfrau regen Kontakt zur Klatschpresse gepflegt hatte.

„Die Küche ist perfekt“, erklärte Andie. „Gemma wird sich freuen.“

„Gut“, erwiderte Dominic.

„Bestimmt lieben Sie dieses Haus.“ Sie hörte selbst ihren wehmütigen Unterton. Niemals würde sie sich so ein Haus leisten können. Mit zweiunddreißig war Dominic nur vier Jahre älter als sie, und doch trennten sie Welten.

Er zuckte die Schultern. „Letztendlich ist es nur eine Bleibe. Ich entwickle nie eine besondere Beziehung zu Orten.“

Oder zu Menschen?

Im Internet hatte sie zahlreiche Fotos gefunden, auf denen er mit unterschiedlichen langbeinigen Schönheiten abgelichtet war. Allerdings hatte er sich mit jeder von ihnen nur wenige Male in der Öffentlichkeit gezeigt. Was interessiert es mich?

Andie klopfte auf ihre Handtasche. Zurück zum Geschäft. „Haben Sie sich Gedanken über das Motto gemacht, das ich vorgeschlagen habe?“

„Ja, das habe ich“, erwiderte Dominic und machte eine Pause. „Sehr viele sogar.“

Sein Tonfall verunsicherte sie. „Gefällt es Ihnen? Wenn nicht, habe ich durchaus noch andere Ideen. Ich …“

Dominic hob die rechte Hand. Sie war wohlgeformt, hatte aber auch einige Narben. Seine Art zu sprechen und sein offensichtlicher Reichtum deuteten darauf hin, dass er sich diese Verletzungen beim Boxen oder Rugby auf einem Internat zugezogen hatte.

„Es ist ein wundervoller Vorschlag“, erklärte er. „Perfekt für dieses Haus. Chapeau, Ms. Partyqueen.“

„Danke.“ Andie deutete eine Verbeugung an und freute sich, als er lächelte. Wie attraktiv er war, wenn er kein finsteres Gesicht machte. „Aber?“

Nun wandte er sich ab und blickte auf den Pool, der in der Novembersonne glitzerte. Schließlich drehte er sich wieder um. „Es ist mehr als nur ein Aber. Die Feier, die Gästeliste, die …“

„Die Sinnlosigkeit?“, ergänzte sie, woraufhin er die Stirn runzelte.

„Wie kommen Sie darauf?“

Nervös spielte sie mit ihrer Kette. Ihre Freundinnen und Geschäftspartnerinnen würden wütend auf sie sein, wenn sie diesen Auftrag verloren, nur weil sie sagte, was sie dachte.

„Sie wollen mit dieser Feier ein Statement abgeben und beweisen, dass Sie nicht der … Geizhals sind, für den die Leute Sie halten, stimmt’s?“

Nun machte er wieder ein finsteres Gesicht. „Es wäre mir lieber, wenn Sie den Ausdruck Geizhals nicht benutzen würden.“

„Okay“, erwiderte sie prompt. „Dass Sie kein … Mensch sind, der nicht gern gibt.“

„Das klingt auch nicht viel besser.“ Seine Miene verfinsterte sich noch mehr, falls das überhaupt möglich war. „Mit der Feier muss ich etwas publik machen, was ich lieber für mich behalten würde.“

„Sie spenden also unter Ausschluss der Öffentlichkeit?“

„Natürlich tue ich das, aber es geht niemanden etwas an.“

Sie hätte sich gefreut, wenn er nicht so knauserig war, wie man behauptete. Doch hier ging es um mehr als um ihre Gefühle. „Wenn Sie so empfinden, dann sagen Sie mir doch noch mal, warum Sie das tun.“

Nach kurzem Zögern erwiderte Dominic: „Das bleibt aber unter uns.“

„Natürlich.“ Eine Partyplanerin musste immer diskret sein. Andie beugte sich vor und stellte dabei fest, dass er zu den Männern gehörte, die sich vermutlich zweimal am Tag rasieren mussten.

„Ich stehe kurz vor dem Abschluss eines Joint Ventures in den USA. Mein potenzieller Geschäftspartner Walter Burton leitet ein familieneigenes Unternehmen und zeigt sich in der Öffentlichkeit gern als Philanthrop. Also sollte ich das auch tun.“

„Verstehe.“ Andie war enttäuscht. Er war also tatsächlich ein Geizhals und die Feier ein geschickter Schachzug.

„Jetzt sehen Sie, warum die Feier so wichtig ist“, bekräftigte Dominic.

Sollte sie jetzt sagen, was sie dachte, und dann ebenfalls auf dem Haufen der abgeblitzten Partyplanerinnen landen?

Andie atmete tief durch. „Für zynische Journalisten wäre es womöglich ein gefundenes Fressen, wenn ein Geizhals – Entschuldigung – so heuchlerisch wäre.“

Zu ihrer Verblüffung wirkte er erleichtert. „Das dachte ich auch.“

„Tatsächlich?“

„Ich fürchte, der Schuss könnte nach hinten losgehen und mein Ruf würde noch mehr leiden.“

Wenn sie nicht aufhörte, mit ihrer Kette zu spielen, würde diese noch reißen. „Sie wollen also gar keine Feier?“

„Das wissen Sie ja nun jetzt. Doch vielleicht sollte es eine ganz andere Art von Veranstaltung sein.“

„Denken Sie da zum Beispiel an das Überreichen eines überdimensionalen Schecks an eine karitative Organisation?“ Womit sie sofort aus dem Rennen wäre. „Das könnte sogar noch zynischer anmuten als die Feier.“

„Richtig.“

Dominic entfernte sich ein Stück, bevor er wieder auf sie zukam. „Es muss doch möglich sein, die Art von Publicity zu bekommen, die meine Marketingabteilung sich wünscht. Und nebenbei meinen potenziellen Geschäftspartner zu beeindrucken und einigen benachteiligten Menschen zu helfen.“

„Offen gestanden, habe ich heute Nacht kaum geschlafen, weil mir genau das durch den Kopf gegangen ist.“ War es klug, das zuzugeben?

„Ich auch“, gestand er. „Ich habe mich hin- und hergewälzt.“

Plötzlich sah sie ihn vor sich – in einem riesigen Bett, zwischen zerknüllten Laken und nackt. Er ist nicht mein Typ. Er ist nicht mein Typ. Sie musste es wie ein Mantra wiederholen.

Ihre Wangen brannten, und sie hoffte, er deutete es als Begeisterung. „Dann sind wir uns also einig. Haben Sie eine Vorstellung, wie wir dieses Dilemma lösen können?“

„Sie sind die Partyexpertin.“

„Mir ist heute Nacht tatsächlich etwas eingefallen“, gestand sie nach kurzem Zögern. „Doch womöglich lehnen Sie es ab. Es … hat mit Weihnachten zu tun.“

Trotz seiner Sonnenbräune wurde er blass und ballte die Hände zu Fäusten. „Ich sagte Ihnen doch …“

„Was hassen Sie denn so sehr daran?“, erkundigte sie sich, direkt, wie sie war.

„Ich hasse das Fest nicht.“ Er fluchte leise. „Man hat mich einmal falsch zitiert, und die Medien wiederholen es immer wieder.“

„Aber …“

Erneut hob er die Hand. „Lassen Sie mich Ihnen drei gute Gründe nennen, warum ich Weihnachten nicht feiere.“

„Schießen Sie los.“

„Erstens passt das hiesige Wetter nicht dazu. Ein richtiges Weihnachtsfest ist eins auf der Nordhalbkugel – mit Schnee statt Sand.“

Das stimmt nicht, dachte Andie. Gebürtige Australier wie sie verbanden damit lange, heiße Sommertage mit dem Zirpen der Zikaden. Gegessen wurde draußen, vorzugsweise am Pool oder am Strand. Erst in diesem Moment wurde ihr bewusst, dass Dominic einen englischen Akzent hatte. Vielleicht erklärte das seine Abneigung gegen die Art, wie man in Down under das Fest feierte. Allerdings erschienen seine Worte ihr … einstudiert, als hätte er es schon unzählige Male gesagt.

Noch während sie sich fragte, was dahintersteckte, fuhr er fort: „Hinzu kommt, dass das Ganze viel zu sehr kommerzialisiert ist. Diese ganzen Weihnachtsfeiern … Leute, die keinen Sinn dafür haben, fühlen sich dadurch … ausgeschlossen.“

Dominic blickte zum Pool, doch sie hatte seinen traurigen Gesichtsausdruck bemerkt, und seine letzten Worte hatten nicht einstudiert gewirkt. Vielleicht bereute er diese sogar. Erneut verspürte sie den unerklärlichen Drang, ihn zu trösten.

Sie musste jetzt taktvoll sein. „Ich weiß, was Sie meinen“, sagte sie langsam. Das erste Weihnachtsfest ohne Anthony war der reinste Albtraum gewesen. Auch in den darauffolgenden Jahren hatte sie immer an ihn und an die Leere in ihrem Herzen gedacht, die er hinterlassen hatte. Das würde sie diesem Mann allerdings nicht erzählen, denn es war viel zu persönlich.

Nun verzog Dominic den Mund. „Ach ja?“

„Ich liebe Weihnachten“, antwortete sie betont fröhlich. „Ich kann mich glücklich schätzen, denn ich komme aus einer großen Familie und habe vier Geschwister, zwei Brüder und zwei Schwestern. Für uns war – ist – das Fest immer etwas ganz Besonderes. Doch meine Eltern haben auch immer Kinder eingeladen, die nicht so viel Glück hatten wie wir.“

„Meinen Sie Sozialfälle?“, warf er mit einem seltsamen Unterton ein.

„Wir stellten ihre Anwesenheit nicht infrage, denn wir hatten dadurch noch mehr Spielkameraden. Uns kam nicht einmal in den Sinn, dass wir deswegen weniger Geschenke bekamen. Zwei von ihnen haben lange als Pflegekinder bei uns gelebt. Im Grunde hatte ich also fünf Geschwister.“

Dominic stieß einen Laut aus, der leicht zynisch klang.

Seine Reaktion verletzte sie unerklärlicherweise. „Vielleicht halten Sie meine Eltern für Gutmenschen, aber so sind sie nun mal, und dafür liebe ich sie“, verteidigte Andie sich.

„Überhaupt nicht“, entgegnete er. „Sie können sich glücklich schätzen, in so einer Familie aufgewachsen zu sein.“ Deutete er damit an, dass er es nicht war?

„Das tue ich auch. Und genau daran habe ich heute Nacht gedacht. Ich hatte eine Idee.“

„Schießen Sie los.“

Sie legte all ihren Optimismus und ihren Enthusiasmus in ihre Stimme. „Wäre es nicht wundervoll, wenn Sie dieses schöne Haus am ersten Weihnachtsfeiertag zu einem Mittagessen für benachteiligte Kinder und Familien öffnen würden? Nicht als Publicitygag, sondern als ehrlich gemeinten Akt der Gastfreundschaft im Sinne von Weihnachten.“

Fassungslos starrte Dominic Andie an. Hatte sie ihm nicht zugehört?

„Bitte denken Sie über meinen Vorschlag nach“, sagte sie mit vor Begeisterung funkelnden Augen. „Mehr verlange ich nicht.“

Eigentlich hätte er sie rausschmeißen können, und das musste ihr klar sein. Doch ihre Hartnäckigkeit nötigte ihm Bewunderung ab.

Aber vielleicht hatte Andie recht. Ein Fest, das für ihn niemals schön sein würde, für andere schön zu machen, hatte einen gewissen Reiz. Für die meisten Menschen war Weihnachten etwas Besonderes. Für ihn war es allerdings so schmerzlich, dass er sich am liebsten vom Heiligabend bis zum zweiten Weihnachtstag mit einer Flasche Whisky einschloss.

Erinnerungen an sein erstes Weihnachten weg von zu Hause brachen sich Bahn. Er war damals siebzehn gewesen und hatte in der Tiefgarage unter einem Einkaufszentrum, einer Bauruine, gelebt, zusammen mit anderen Ausreißern, Drogenabhängigen, Kriminellen und Menschen, die jegliche Hoffnung auf ein besseres Leben verloren hatten. Irgendjemand hatte irgendwo einen Tannenzweig gestohlen und mit glänzenden Papierschnipseln geschmückt. Sie hatten alle darum herumgestanden und Weihnachtslieder gesungen. Nur er hatte sich abseits gehalten.

Andie spielte immer noch mit ihrer Kette, und aus Angst, sie könnte sie zerreißen, nahm er ihre Hand und zog sie weg. Kämpfte mit der Versuchung, sie länger als nötig zu halten, denn sie war schmal und warm. An diesem Tag waren ihre Nägel türkis lackiert. Und wie ihm schon am Vortag aufgefallen war, trug sie keine Ringe.

„Ihre Idee ist vielleicht gar nicht so schlecht“, sagte er, während er zurücktrat. „Kommen Sie, wir setzen uns an den Pool und reden darüber.“

Als sie, offensichtlich erleichtert, errötete, wurde ihm bewusst, wie viel Mut es sie gekostet hatte, so etwas vorzuschlagen. Insgeheim dankte er der Person, die ihm Partyplanerin Nummer vier geschickt hatte. Andie war fantastisch und ließ sich nicht im Mindesten von ihm und seinem Geld einschüchtern, was erfrischend war. Nach wie vor bedauerte er nur, dass er sich nicht mit ihr verabreden konnte.

Er hatte noch aus einem anderen Grund nicht geschlafen. Noch nie hatte er sich so schnell zu einer Frau hingezogen gefühlt. Hätten sie sich unter anderen Umständen kennengelernt, hätte er Andie längst um ein Date gebeten.

„Ich glaube, es könnte funktionieren“, sagte sie, als sie ihn durch die Tür zum Poolbereich begleitete.

Sein Herz setzte einen Schlag aus, denn Dominic hatte plötzlich Angst, sie hätte seine Gedanken gelesen und glaubte, mit ihnen beiden könnte es funktionieren. Niemals. Seine Exfrau Tara hatte er kennengelernt, weil sie für seine Firma arbeitete, und die Folgen waren verheerend gewesen. Ihre ganze Ehe war ein Desaster gewesen, denn sie hatte auf Lug und Trug gegründet. Diesen Fehler würde er nie wieder begehen, so faszinierend Andie auch sein mochte.

Doch seine Befürchtung erwies sich als unbegründet. „So könnten Sie sich genau die richtige Publicity in der Öffentlichkeit verschaffen und zugleich Ihren potenziellen Geschäftspartner beeindrucken“, fuhr sie fort, bevor sie sich auf einen der weißen Rattansessel im Vintagestil setzte, die bestimmt ein Vermögen gekostet hatten.

„Und gleichzeitig tue ich den Menschen etwas Gutes, die es zur Weihnachtszeit sonst nicht so gut haben“, ergänzte er, als er auf dem Sessel neben ihr Platz nahm.

„Genau.“ Sie lächelte strahlend, und es weckte in ihm den Wunsch, sie immer wieder zum Lächeln zu bringen.

Keine gute Idee.

Ihr Stuhl stand im Schatten einer Palme, doch die Sonnenstrahlen wurden vom Pool reflektiert. Dominic war enttäuscht, als Andie eine Retrosonnenbrille aus ihrer Tasche nahm und aufsetzte. Mit ihren weißen Sachen und der türkisfarbenen Kette sah sie aus, als würde sie hierher gehören.

„Ich finde Ihre Idee besser als die erste“, erklärte er, woraufhin sie wieder erleichtert wirkte.

„Das freut mich sehr.“

„Soll ich das Essen am ersten Weihnachtstag veranstalten?“

„Sie könnten es Heiligabend geben oder in der Woche vor Weihnachten, das wäre leichter zu organisieren. Der erste Weihnachtsfeiertag ist allerdings der schlimmste, wenn man … nicht dazugehört“, sagte sie. „Das hat meine Pflegeschwester mir erzählt.“

Obwohl die Brille ihre grünen Augen verbarg, schien es Dominic, als würde Andie langsam erahnen, dass er persönliche Gründe für seine Abneigung gegen Weihnachten hatte.

Über diese hatte er erst einmal mit einer Frau gesprochen, und zwar mit Melody, die zusammen mit ihm in jener Tiefgarage gelebt und sein Herz erst erobert und dann gebrochen hatte. Als das erste Weihnachtsfest in seiner Ehe nahte, hatte er schon gewusst, dass er gegenüber Tara niemals Geheimnisse preisgeben würde. Andie hingegen wirkte so vertrauenerweckend, dass er aufpassen musste. Schließlich hatte er auf schmerzliche Art gelernt, dass der erste Eindruck bei schönen Frauen täuschen konnte.

„Ja, es wäre wohl das ideale Datum“, bestätigte Dominic widerstrebend, weil er nicht wusste, ob er dem Ganzen gewachsen wäre.

„Vielleicht haben Ihre Marketingmitarbeiter noch andere Vorschläge“, meinte Andie. „Aber mit einem Festessen am Weihnachtstag könnten Sie Ihr Image als Geiz…“ Sie schnitt ein Gesicht. „Entschuldigung, so habe ich es nicht gemeint.“

Warum kränkte es ihn so, wenn sie das sagte? „Natürlich haben Sie das. Alle meinen es so. Leute, die keine Ahnung haben, was ich vielleicht spende, ohne viel Aufhebens darum zu machen.“ Er wollte das Joint Venture vor allem, um sein großes Projekt in Brisbane über seinen Tod hinaus finanzieren zu können.

Andie wirkte beschämt. „Es tut mir leid.“

Er musste seine Vorbehalte gegen die Feier fallen lassen und Maßnahmen ergreifen, sonst würde er diesen Ruf nie loswerden. „Hoffen wir, die Beschimpfungen lassen nach, wenn ich das Essen veranstalte.“

„Die Zyniker unter den Journalisten lassen sich vielleicht nicht so leicht beeindrucken.“

Dominic machte ein finsteres Gesicht. „Ich kann es nun mal nicht jedem recht machen.“ Doch aus irgendeinem Grund wollte er es ihr recht machen.

„Vielleicht lassen Ihre Kritiker sich überzeugen, wenn sie sehen, dass Ihre Geste ehrlich gemeint ist.“

„Das ist sie doch.“

„Sie wissen es, und ich weiß es auch, aber diese Leute könnten es als Publicitygag betrachten.“ Andie kniff die Augen zusammen und dachte einen Moment nach. „Wie wäre es, wenn Sie keine Reporter einladen oder Presseerklärungen abgeben? Lassen Sie nur Einzelheiten durchsickern. Machen Sie die Medien neugierig. Vielleicht haben Ihre Mitarbeiter ja auch noch Vorschläge.“

„Ich werde es mit Ihnen besprechen“, erwiderte er.

„Viel Zeit haben Sie nicht mehr, denn Weihnachten ist in sechs Wochen, und es gibt eine Menge zu organisieren.“

„Ich weiß. Aber es ist eine große Sache.“ Viel bedeutsamer für ihn, als Andie klar war.

„Sie ziehen es also ernsthaft in Betracht?“

„Ja. Lassen Sie es uns machen.“

Begeistert klatschte sie in die Hände. „Ich freue mich so. Wir können es für Ihre Gäste zu einem unvergesslichen Erlebnis machen.“

„Und was ist mit Ihnen und Ihren Geschäftspartnerinnen? Sie müssten am ersten Weihnachtstag arbeiten.“

„Für mich ist es in Ordnung. Ich muss natürlich mit Gemma und Eliza reden, aber ich denke, sie sind dabei.“ Dafür war der Auftrag zu wichtig für ihre Firma. „Außerdem arbeitet man in der Gastronomie dreihundertfünfundsechzig Tage im Jahr.“

„Und wie sollen wir die Gäste rekrutieren?“ Fast hätte er vorgeschlagen, mit den Mitarbeitern der Organisation in Brisbane zu sprechen, für die er sich engagierte, doch damit hätte er womöglich sein Geheimnis preisgegeben.

„Meine ältere Schwester Hannah ist Sozialarbeiterin und hilft uns sicher gern.“

Wäre Andie nicht gewesen, hätte er sich niemals auf einen solchen Vorschlag eingelassen.

„Können wir einen Termin mit Ihrer Schwester vereinbaren?“, fragte Dominic.

„Ich habe eine bessere Idee.“ Triumphierend warf sie den Kopf zurück, sodass ihre großen Ohrringe klirrten. „Wir treffen uns jeden Mittwochabend bei unseren Eltern zum Essen. Wer Zeit hat, kommt. Hannah ist heute auch da. Warum begleiten Sie mich nicht?“

„Zu Ihrem Familienessen?“ Es gab nur wenige Dinge, die ihm Angst machten, aber die Familien anderer kennenzulernen stand fast ganz oben auf seiner Liste.

„Familie ist für die Newmans ein dehnbarer Begriff. Freunde und Heimatlose sind immer willkommen.“

Unwillkürlich überlegte er, zu welcher Kategorie er wohl gehörte. Und würde ein Besuch bei ihren Eltern eine gewisse Intimität schaffen, was er später womöglich bereuen würde?

Dominic blickte auf die Uhr, weil er eigentlich in die Firma musste.

„Wir sollten loslegen“, sagte Andie.

„Ich würde Ihre Schwester gern heute Abend kennenlernen.“

Wieder lächelte sie strahlend. „Ich habe ein richtig gutes Gefühl.“

„Lassen Sie sich immer von Ihren Gefühlen leiten?“, hakte er nach.

Nun nahm sie die Sonnenbrille ab, sodass er ihr richtig in die Augen sehen konnte. „Immer. Sie nicht?“

Im Beruf vertraute er auf seinen Instinkt. Doch bei Frauen auf seine Empfindungen zu vertrauen, hatte ihm nur Bitterkeit und die Art von Schmerz eingehandelt, dem er sich nie wieder aussetzen wollte. Er bevorzugte unkomplizierte Beziehungen, in denen es nur um Sex ging und die endeten, bevor Gefühle ins Spiel kamen. Dass eine solche Affäre für Andie nicht infrage kam, war ihm klar.

Nun blickte sie auf die Uhr. „Ich rufe meine Mutter an und sage ihr Bescheid. Was halten Sie davon, wenn ich Sie gegen sechs Uhr abhole?“

Dominic dachte an seine Besprechung um vier. „Das ist ziemlich früh fürs Abendessen.“

„Nicht wenn Kinder dabei sind.“

„Kinder?“

„Ich habe eine Nichte und zwei Neffen. Einer davon ist Hannahs Sohn.“

Unwillkürlich fragte er sich, worauf er sich da einließ. Eins wusste er allerdings genau – er hätte sich niemals vorstellen können, mit einer der Partyplanerinnen Nummer eins bis drei zu einem Familienessen zu gehen. Und er vermutete, dass die fantastische Partyplanerin Nummer vier noch die eine oder andere Überraschung für ihn bereithielt.

Andie stand auf und strich ihre Hose glatt. „Ach, für mein Auto muss ich mich schon im Voraus entschuldigen. Ich habe gestern Ihren Sportwagen in der Garage gesehen. Mein gebrauchter Kombi ist womöglich ein Abstieg für Sie.“

Dominic runzelte die Stirn. „Ich bin nicht am Steuer eines teuren europäischen Sportwagens zur Welt gekommen.“

Was mag sie nur in mir sehen? schoss es ihm durch den Kopf. Sein Image stand in derart krassem Widerspruch zu dem Menschen, der er wirklich war. Doch er konnte sich ihr nicht offenbaren, ohne Geheimnisse preiszugeben, die er lieber für sich behielt.

3. KAPITEL

Die Aussicht, bei ihrer Familie vorgeführt zu werden, rangierte unter den schlimmsten Ängsten, mit denen er je konfrontiert gewesen war. Als Andie ihren alten, aber gepflegten Kombi, für den sie sich keinesfalls schämen musste, vor dem Haus ihrer Eltern im Vorort Willoughby stoppte, war Dominic gar nicht wohl zumute.

Andie zog den Schlüssel aus dem Zündschloss, öffnete ihren Sicherheitsgurt und strich ihre enge Lederhose glatt. Statt auszusteigen, wandte sie sich jedoch zu Dominic um. „Ich … muss Ihnen noch etwas sagen.“

Warum wirkte sie plötzlich so ernst? „Schießen Sie los“, ermunterte er sie.

„Ich habe ihnen erzählt, dass Sie ein Kunde sind und zwischen uns nichts Persönliches ist.“

„Natürlich.“ Seltsam, er war erleichtert und gekränkt zugleich.

Nun umspielte ein Lächeln ihre Lippen. „Leider werden sie mir nicht glauben. Sie sehen gut aus, sind intelligent und sympathisch.“

„Nett, dass Sie das sagen.“

„Meine Familie ist wild entschlossen, mich mit einem Mann zu verkuppeln, und wird sich wahrscheinlich auf Sie stürzen.“

„Sie sind Single?“ Es war die ideale Gelegenheit, sie das zu fragen.

„Ja. Schon … eine ganze Weile. Oh, ich verabrede mich durchaus. Aber ich bin noch niemand Besonderem begegnet, seit …“ Nun drehte Andie sich zu ihm um und hob hilflos die Hände. „Sie müssen es wissen, bevor wir reingehen.“

„Wenn Sie meinen.“ Sie war achtundzwanzig und Single. Was war daran außergewöhnlich?

„Ich habe Anthony gleich am ersten Tag an der Uni kennengelernt, und wir waren von Anfang an unzertrennlich. Es war klar, dass wir unser ganzes Leben miteinander verbringen würden.“

Dominic wollte eigentlich keine Geschichte von einer schmutzigen Trennung hören und legte sich bereits eine höfliche Antwort zurecht. Hatte dieser Typ sie betrogen? Davon konnte er auch ein Lied singen. Doch er würde sich niemals mit anderen über gescheiterte Beziehungen austauschen, weder mit Andie noch mit sonst jemandem.

„Ist es vorbei?“, hakte er angespannt nach, weil sie es offenbar von ihm erwartete.

„Er ist gestorben.“

Diese Worte verrieten einen so starken Schmerz, dass Dominic sich fühlte, als hätte man ihm einen Schlag versetzt. „Andie, das tut mir leid“, war alles, was er hervorbrachte.

„Es war vor fünf Jahren. Er war dreiundzwanzig. Er … ging frühmorgens raus zum Surfen und kam nicht wieder.“ Es kostete sie offenbar große Mühe, ruhig zu sprechen.

Er wusste, wie es war, wenn Menschen nicht zurückkehrten. „Ist er …?“

„Er … wurde zwei Tage später an den Strand gespült.“ Gequält schloss Andie die Augen.

„Was ist passiert?“, hakte er vorsichtig nach.

„Er hatte eine Kopfverletzung, aber man wusste nicht, wie es passiert war. Vielleicht war er gegen einen Felsen geprallt oder an sein Board. Wir werden es nie erfahren.“

„Danke, dass Sie es mir erzählt haben.“ Etwas anderes konnte er nicht sagen.

„Es ist besser, wenn Sie es wissen – nur für den Fall, dass jemand das Thema anschneidet.“

Andie seufzte und schien ihm damit zu signalisieren, dass sie ihm nicht mehr anvertrauen würde. Warum hätte sie es auch tun sollen? Er war nur ein Kunde. Am liebsten hätte er sie gefragt, ob sie den Verlust verarbeitet habe, doch das stand ihm nicht zu. Und konnte man überhaupt je über einen solchen Verlust hinwegkommen?

Nun wandte sie sich um und öffnete die Tür. „Kommen Sie, Hannah freut sich darauf, Sie kennenzulernen.“

Das Haus ihrer Eltern war hübsch und schon etwas älter, umgeben von einem verwilderten Garten in einem Stadtteil, in dem die Immobilienpreise in den letzten Jahren explodiert waren. Während der Fahrt hatte Andie ihm erzählt, dass ihre Geschwister und sie dort aufgewachsen waren. Er beneidete sie um diese Sicherheit und Geborgenheit.

„Hallo!“, rief sie jetzt. „Wir sind da.“

Dominic folgte ihr durch einen geräumigen Flur, indem unzählige gerahmte Aufnahmen mehrerer Generationen an den Wänden hingen. Erneut beneidete er sie, denn er besaß nur wenige Familienfotos.

Schnell machte er zwei Bilder von Andie aus. Auf einem trug sie eine grün karierte Schuluniform und hatte Zöpfe und eine Zahnlücke, auf dem anderen war sie ein Teenager und trug ein elegantes rosafarbenes Kleid. Dann entdeckte er ein drittes Foto – eine ältere Andie im Bikini, Arm in Arm mit einem großen blonden Typen in Boardshorts, der sie verliebt ansah. Nun, da er um die Tragödie wusste, ertrug er es nicht, es länger zu betrachten.

Kurz bevor sie das Ende des Flurs erreichten, blieb Andie unvermittelt stehen und machte einen Schritt auf ihn zu. Sie war ihm so nahe, dass er den leicht orientalischen, sinnlichen Duft wahrnahm, der von ihr ausging. Dominic musste die Augen schließen, um nicht darauf zu reagieren.

Andie lächelte aufmunternd. „Für meine Familie gilt: Man bekommt, was man sieht. Sie sind alles gute Menschen, die Sie um Ihrer selbst willen mögen werden. Vielleicht erklären einige von ihnen sich sogar bereit, bei Ihrer Feier zu helfen.“

Dann führte sie ihn in ein großzügig geschnittenes Wohnzimmer, das ihre Eltern offenbar irgendwann in den letzten zwanzig Jahren durch einen Anbau erweitert hatten. Die Ausstattung war ein wenig altmodisch, aber sehr gemütlich. Aus der offenen Landhausküche in der Ecke kam ein köstlicher Duft.

Andie stellte ihn mit einer ausholenden Geste vor. „Hallo, Ihr Lieben, das ist Dominic. Er ist ein sehr wichtiger neuer Kunde, also seid bitte nett zu ihm. Und ja, er ist fantastisch, aber unser Verhältnis ist rein geschäftlicher Natur.“

Alle lachten und riefen „Hallo, Dominic!“ Anschließend informierte Andie sie kurz über die Feier und die Rolle, die Hannah vermutlich dabei spielen würde.

Etwa zehn Personen betrachteten ihn neugierig. Ihr Vater Ray, ein großer, schlanker Mann, der ihm als Erster die Hand gab, hatte dasselbe Lächeln wie Andie. Ihre Mutter Jennifer kam aus der Küche und begrüßte ihn genauso herzlich. Drei jüngere Kinder, die auf dem Boden spielten, blickten nur kurz auf. Ein großer schwarzer Hund, der in der Nähe von ihnen lag, hob den Kopf und wedelte freudig mit dem Schwanz.

Hannah und ihr Mann Paul, die gerade den großen Tisch deckten, kamen ebenfalls auf ihn zu.

„Mir fallen spontan mehrere Familien ein, denen kein schönes Weihnachten bevorsteht“, erzählte sie. „Mit Ihrer großzügigen Geste würden Sie ihnen eine große Freude machen.“

Andie fing seinen Blick auf und lächelte. Wenn sie weiterhin so gute Ideen hatte, konnte er dem ersten Weihnachtstag etwas zuversichtlicher entgegenblicken.

Erfolgreich wies Andie all die mit einem wütenden Funkeln in den Augen in die Schranken, die irgendwelche Anspielungen auf Dominic und sie machten. Nur ihre jüngere Schwester Bea ließ sich davon nicht beeindrucken. „Er ist heiß“, flüsterte sie ihr bei jeder Gelegenheit am Tisch zu. Als Andie jedoch nicht reagierte, fügte Bea hinzu: „Wenn du ihn nicht willst, überlass ihn mir.“ Zum Glück hörte Dominic ihre geflüsterten Bemerkungen nicht.

In den Jahren nach seinem Tod hatte kein Mann Anthonys Platz in Andies Herzen einnehmen können. Wie auch? Ant und sie waren Seelenverwandte gewesen. Vielleicht würde sie nie einen anderen Mann lieben können, auch wenn sie unendlich einsam war. Weder ihre Familie noch ihre Freunde oder ihre Arbeit konnten die Lücke schließen, die er hinterlassen hatte.

Auch Dominic nicht, denn er war nur ein Kunde. Trotzdem war Andie froh, dass sie ihn spontan mitgenommen hatte.

Er unterhielt sich lange mit Hannah, plauderte aber auch mit allen anderen angeregt, und offenbar fanden alle ihn sympathisch. Dabei lernte sie ihn von einer Seite kennen, die sie sonst vermutlich nicht an ihm entdeckt hätte.

Ihre Schwester hatte recht. Dominic war ein heißer Typ. Andie war sich dessen nur zu deutlich bewusst.

Anthonys Tod lag jetzt fünf Jahre zurück, und genauso lange waren sie zusammen gewesen. Sie würde ihn niemals vergessen, auch wenn der unerträgliche Schmerz, den sie zuerst empfunden hatte, allmählich nachgelassen hatte. Sie träumte auch nicht mehr von ihm.

Mit achtzehn hatte sie geglaubt, ihre große Liebe gefunden zu haben – und ein grausames Schicksal hatte sie ihr genommen. Würde es nur diese eine Liebe für sie geben?

In ihrem tiefsten Inneren wollte Andie das nicht glauben. Eines Tages wollte sie heiraten und eine Familie gründen. In den vergangenen Jahren hatte sie einen Mann wie Anthony gesucht – und war immer enttäuscht worden.

Dominic schien das genaue Gegenteil von Anthony zu sein, der blond und schlank gewesen war, locker und witzig und künstlerisch begabt. Sie redete sich ein, dass Dominic nicht ihr Typ wäre, doch ihr Körper sagte ihr etwas anderes.

All das Dessert, selbstgemachtes Eis mit Früchten, serviert wurde,...

Autor

Kandy Shepherd
<p>Kandy Shepherd liebte das Schreiben schon immer. Um ihrer Leidenschaft auch beruflich nachzukommen, wandte sie sich dem Journalismus zu, arbeitete für angesehene Frauenmagazine und machte sich in dieser Branche als Redakteurin schnell einen Namen. Sie mochte ihren Job – doch noch lieber wollte sie Geschichten schreiben! Also ließ sie den...
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<p>Ihre Liebe zu Büchern entdeckte Pamela Yaye schon als kleines Kind. Ihre Eltern, selbst passionierte Leser, ermunterten sie, so viel wie möglich zu lesen. Der wöchentliche Ausflug in die Stadtbibliothek war für Pamela Yaye immer ein großes Highlight. Dass sie selbst auch schriftstellerisches Talent hat, merkte sie schon früh. Nach...
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Das Erfinden von Geschichten war schon immer eine Leidenschaft von Michelle Douglas. Obwohl sie in ihrer Heimat Australien bereits mit acht Jahren das erste Mal die Enttäuschung eines abgelehnten Manuskripts verkraften musste, hörte sie nie auf, daran zu arbeiten, Schriftstellerin zu werden. Ihr Literaturstudium war der erste Schritt dahin, der...
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