Romana Gold Band 60

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SCHNEEGLÖCKCHEN FÜR DIE BRAUT von GRACE GREEN

Obwohl es Winter ist, nimmt Nairne Campbell einen Gast in ihrem kleinen Bed-and-Breakfast auf. Stephen Galbraith sah so verloren aus, als sie ihn auf dem Friedhof traf. Vorsichtig versucht sie, hinter sein Geheimnis zu kommen.

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  • Erscheinungstag 11.12.2020
  • Bandnummer 60
  • ISBN / Artikelnummer 9783733749811
  • Seitenanzahl 444
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Grace Green, Helena Dawson, CArole Mortimer

ROMANA GOLD BAND 60

1. KAPITEL

Ein eisiger Nordwind fegte an diesem Februartag über den alten Friedhof bei der Kirche von Glencraig. Er peitschte Schneeregen gegen die Grabsteine, und die Kronen der zwei riesigen Kiefern am Friedhofseingang bogen sich unter stürmischem Protest.

Stephen Galbraith stand wie versteinert vor einem kleinen Kreuz aus Granit. Der Wind schlug ihm ins Gesicht, doch er schien die beißende Kälte nicht zu spüren. Starr blickte er auf die in den gesprenkelten Stein gemeißelten Worte:

Hier ruht Hazel Dunbar,

die geliebte Frau von Hugh Dunbar …

Sie war vor einem Jahr gestorben. Fast auf den Tag genau vor einem Jahr. Und sie war erst dreiunddreißig Jahre alt gewesen.

Stephen Galbraith ballte die Hände in den Manteltaschen zu Fäusten. Sein Mund verzog sich zu einem bitteren Lächeln.

Sie war achtzehn gewesen, als er ihr begegnete. Süße achtzehn, als sie ihm drei Wochen ihres Lebens schenkte – einundzwanzig Tage … und eine unvergessliche Nacht.

Danach war nichts mehr so, wie es einmal gewesen war. Hazel hatte sein Leben verändert. Er war durch sie ein anderer Mensch geworden. Von dem Mann, der zu hingebungsvoller und leidenschaftlicher Liebe fähig gewesen war, blieb nichts mehr übrig. Er hatte keine Liebe mehr zu geben.

Erst vor Kurzem hatte er die ganze Wahrheit erfahren. Als ihm das Ausmaß von Hazels Verrat und Kaltblütigkeit bewusst wurde, überkamen ihn der Schmerz und die Wut von einst erneut. Erinnerungen wurden wach, die die alten Wunden wieder aufrissen.

„Flittchen!“, stieß er wütend hervor. Dabei wischte er sich mit der Hand über die Stirn und die Augen, als könne er die quälenden Gedanken und die Bilder vor seinem geistigen Auge einfach wegwischen. Warum um alles in der Welt war er nur hierhergekommen? Sicherlich nicht, um Hazel Dunbar so etwas wie die letzte Ehre zu erweisen. Warum also stand er jetzt vor ihrem Grab, was hatte ihn dazu bewogen …?

„Ist Ihnen nicht gut?“

Stephen zuckte beim Klang der sanften, besorgten Stimme mit dem melodischen Highland-Akzent zusammen. Seine Fantasie schien ihm einen Streich zu spielen! Einen verrückten Moment lang hatte er gedacht, es sei eine Stimme aus dem Grab …

Der Schreck saß ihm noch in den Gliedern, als er sich abrupt umdrehte. Erleichtert sah er sich nicht einem Geist, sondern einem Menschen aus Fleisch und Blut gegenüber. Es war eine schlanke junge Frau in einem hellen Trenchcoat und mit hochhackigen braunen Stiefeln. Ihr Haar war unter einem jadegrünen Kopftuch verborgen, das ein ovales Gesicht mit feinen Zügen und elfenbeinfarbenem, fast durchsichtigem Teint umrahmte. In ihren großen dunkelblauen, violett schimmernden Augen lag Müdigkeit, aber auch ein Schimmer von Wärme, als sie ihn besorgt ansah.

„Sind Sie in Ordnung?“, fragte sie wieder und zog die Schultern hoch, um sich vor den Attacken des Windes zu schützen. „Ich dachte, Sie …“

„Natürlich bin ich in Ordnung.“ Wegen seiner Bitterkeit und weil sie ihn überrascht hatte, fiel seine Antwort ungewollt schroff aus. „Warum denn nicht?“ Stephen bemühte sich, freundlicher zu klingen.

„Ich sah Sie vor Hazels Grab stehen.“ Auf ihrer kleinen geraden Nase perlte ein Regentropfen. „Haben Sie sie gekannt?“

Gekannt? Nein, dachte er selbstironisch, wirklich gekannt habe ich sie nicht. Er zuckte die Schultern. „Ich interessiere mich nur für alte Friedhöfe“, log er. Damit sie keine weiteren Fragen stellen konnte, wechselte er schnell das Thema. „Ich möchte ein paar Tage hierbleiben und mir die Gegend anschauen. Können Sie mir ein Hotel empfehlen?“

Ihr Blick glitt von seinem Kaschmirmantel hinunter zu den eleganten schwarzen Lederschuhen. „In Glencraig selbst nicht, aber ungefähr vierzig Meilen nördlich von hier gibt es ein gutes kleines Gasthaus. Sie können es gar nicht verfehlen. Es grenzt direkt ans Moor und heißt Heatherview.“

„Danke“, sagte er und wollte gehen. Da sah er, dass sie etwas im Arm hielt. Es lag in der Armbeuge, wo es vor dem Wind geschützt war. Sie bemerkte seinen neugierigen Blick und lächelte.

„Schneeglöckchen“, erklärte sie. „Die sind für das Grab meines Mannes. Es waren Rorys Lieblingsblumen. Er und Hazel kamen bei demselben Unfall ums Leben. Ein Lastwagen raste in die Menschenmenge an der High Street. Rory und Hazel waren sofort tot. Sechs weitere Personen wurden verletzt … Unter ihnen war auch Hazels Mann, Hugh. Er erlitt schwere Kopfverletzungen und lag einige Monate lang im Koma, bevor er starb. Kurz davor kam er noch einmal zu sich, und wir hofften, er würde überleben, aber nun ist Kilty ein Waise.“

„Kilty?“

„Hazels und Hughs Sohn. Ihr einziges Kind. Er ist fast fünfzehn. Es war sehr schwer für ihn. Zuerst verliert er seine Eltern, und dann … Entschuldigen Sie“, sagte sie plötzlich, „das interessiert Sie sicherlich alles gar nicht. Ich schwatze und halte Sie bei diesem scheußlichen Wetter auf. Ich hoffe, dass Ihnen das Gasthaus gefällt.“

Als sie sich umdrehte, blies der Wind ihr das Tuch fast vom Kopf. Glänzende rötlich braune Locken kamen zum Vorschein. Dann schob die Frau die Haare wieder unter das Kopftuch und band es unter dem Kinn fest zusammen. Bei der Bewegung ihrer Arme nahm Stephen ein feines, fruchtiges Parfum wahr. Der Duft währte nur eine Sekunde lang, dann trug ihn der Wind davon. Die Frau lächelte ihm zu, bevor sie entschieden und dennoch anmutig den schmalen Weg zurückging. Er sah noch, wie sie um die Ecke bog und hinter einer Stechpalmenhecke verschwand.

Stephen Galbraith schlug den Mantelkragen hoch und starrte auf das bescheidene Kreuz aus Granit. Die Worte der Fremden gingen ihm nicht mehr aus dem Sinn.

Kilty, das ist sicherlich ein Spitzname, dachte er. Wahrscheinlich haben sie den Jungen schon so genannt, als er noch ein kleines Kind war. Ein weiches Lächeln umspielte Stephens Lippen, doch im nächsten Moment presste er sie wieder fest zusammen, und sein Gesicht nahm einen harten Ausdruck an. Er war nach Glencraig gekommen, um den Jungen zu sehen. Um sich davon zu überzeugen, dass Kilty sein Sohn war. Wenn das tatsächlich der Fall sein sollte, würde er in London sofort seinen Anwalt aufsuchen und sein Testament ändern. Dieser Junge sollte dann sein Erbe sein. Das, dachte Stephen, bin ich ihm schuldig.

Dabei würde er es jedoch bewenden lassen. Er hatte nicht die Absicht, den Jungen näher kennenzulernen oder ihm gar mitzuteilen, dass er, Stephen Galbraith, sein Vater war. In seinem Leben war kein Platz für eine Familie oder überhaupt für irgendeinen anderen Menschen.

Nur Narren glauben an so etwas wie Liebe und lassen andere auf ihren Gefühlen herumtrampeln, sagte sich Stephen bitter. So kehrte er dem Grab der Frau, die er einmal geliebt hatte, den Rücken und ging davon.

Er war kein Narr mehr.

„Ich habe dir Schneeglöckchen mitgebracht, Rory.“ Nairne beseitigte an einer windgeschützten Stelle des Grabes das Moos und pflanzte die kleinen weißen Blumen ein. „Es sind die ersten in diesem Jahr“, sagte sie leise. Die unterdrückte Trauer und die zurückgehaltenen Tränen verursachten einen brennenden Schmerz in ihrem Hals, der ihr wie zugeschnürt vorkam. Sie und Rory hatten im Februar geheiratet, und jedes Jahr, sieben Jahre lang, hatte er ihr zum Hochzeitstag einen Strauß Schneeglöckchen gepflückt. Die ersten Frühlingsboten waren zu einem Symbol geworden für die Reinheit, Beständigkeit und Unkompliziertheit ihrer Liebe. Nairnes Herz krampfte sich vor Schmerz zusammen. Wer hätte geglaubt, dass sie ihm die Blumen einmal … an sein Grab bringen würde? Dass sie ihren geliebten Mann so bald verlieren würde?

„Die Jungs sind alle …“ Im Heulen des Sturms gingen die geflüsterten Worte fast unter. „Dieses Jahr ist Kilty mitgefahren. Er hat dafür extra schulfrei bekommen. Sie sind heute Morgen, als es noch dunkel war, mit dem Bus weggefahren. Die nächsten drei Wochen wird es sehr still sein zu Hause. Oh Rory“, Nairne spürte einen dicken Kloß im Hals, „letztes Jahr war es so schwer ohne dich …“

Ich werde nicht weinen, sagte sie sich, ich werde mich zusammenreißen. Irgendwie muss es weitergehen.

Sie straffte die Schultern und wischte mit dem Handrücken die Träne weg, die ihr über die Wange lief. „Ich habe eine Entscheidung zu fällen“, flüsterte sie heiser. „Jetzt, da die Jungs für eine Weile aus dem Haus sind, ist dafür die beste Gelegenheit. Doch heute möchte ich darüber nicht sprechen. Wenn ich alles noch einmal durchdacht habe, komme ich wieder und sag es dir. Jetzt muss ich gehen, denn Kyla und Adam kommen zum Abendessen, und ich habe noch einiges vorzubereiten. Bis bald.“

Zärtlich, so als ob der glatte Grabstein ein lebendiges Wesen wäre, berührte sie die Grabplatte. Nairne schloss die Augen und blieb eine Weile bewegungslos stehen. Dann wandte sie sich ab und ging.

Als sie bei der Stechpalmenhecke ankam, hörte sie den Motor eines Autos. Sekunden später das knirschende Geräusch der Reifen auf dem Kies. Der Wagen vor dem Friedhofstor fuhr davon. Das war sicherlich der dunkelhaarige Fremde, dachte Nairne.

Mit seiner feinen Kleidung passte er so gar nicht in diese Gegend. Nairne war es nicht gewohnt, überhaupt jemanden auf dem Friedhof anzutreffen. Deshalb war sie ziemlich erschrocken gewesen, als sie ihn vor Hazels Grab erblickt hatte. Die dunkle Gestalt wirkte in sich versunken und schwermütig … wie eine Figur aus einem Schauerroman. Schon merkwürdig, grübelte sie, dass er an einem so unfreundlichen Tag wie heute seine Reise einfach unterbricht, um sich diesen alten Friedhof anzusehen.

Der Mann hatte irgendwie verloren ausgesehen und … sehr einsam. Sein Gesicht war von Trauer und Bitterkeit gezeichnet. Am liebsten hätte sie es gestreichelt, um den Schatten, der auf ihm lag, zu vertreiben und die Falten zu glätten. Was mochte er wohl erlebt haben? Wer hatte ihn so sehr verletzt, dass er die Welt mit düsteren und leeren Augen betrachtete?

Ach, Nairne, schalt sie sich selbst, hast du nicht genug eigene Probleme? Musst du dir auch noch um Fremde Gedanken machen?

Sie rief nach dem Collie, der geduldig unter einer der Kiefern auf sie wartete. „Ja, du bist ein guter Hund, Shadow. Komm, jetzt gehen wir.“ Mit ihrem treuen Gefährten machte sie sich auf den Heimweg.

„Dein Braten war wie immer köstlich, Nairne.“ Kyla Garvie spülte das letzte der Weingläser, trocknete es ab und stellte es in den Schrank. Dann legte sie die Hände auf die Schultern ihrer Schwester, die gerade ein kleines Tablett mit Kaffeetassen auf den Küchentisch stellte. „Wie wär’s, wenn du Adam ein wenig Gesellschaft leistest? Ihr zwei habt euch doch schon eine Ewigkeit nicht mehr in Ruhe unterhalten können. Ich kümmere mich in der Zwischenzeit um den Kaffee. Soll ich ein paar Kekse dazulegen?“

„Ich habe gestern einen Butterkuchen gebacken. Er ist im …“

„Butterkuchen?“, fiel Kyla ihrer Schwester ins Wort, „Catrina wird begeistert sein. Sie liebt deinen Butterkuchen. Ich lege zwei Stücke für sie beiseite. Sie müsste eigentlich schon da sein.“

„Catrina kommt? Kyla, warum hast du mir das nicht früher gesagt? Ich dachte, die Kinder sind zu Hause und Molly passt auf sie auf.“

Kyla blickte überrascht auf. „Ich habe dir doch Bescheid gesagt. Hast du denn deinen Anrufbeantworter noch gar nicht abgehört? Heute Nachmittag habe ich bei dir angerufen, doch du warst nicht da.“

„Ich war auf dem Friedhof.“

„Das dachte ich mir, deshalb habe ich aufs Band gesprochen. Mom und Dad haben Kevin und Catrina zu einer Feier im Gemeindehaus gefahren. Ein Lehrer bringt die beiden nach dem Fest hier vorbei.“

Nairne legte die Stirn in Falten. „Ich glaube, ich habe vergessen, den Apparat einzuschalten, bevor ich wegging. Es war nichts auf dem Band, als ich es nach meiner Rückkehr abgehört habe.“

„Nein, das kann nicht sein“, widersprach Kyla. „Ich habe auf das Band gesprochen.“

„Es war aber nichts drauf, ehrlich.“

„Vielleicht hast du es aus Versehen gelöscht?“

Nairne schüttelte den Kopf. „Nein, bestimmt nicht.“

„Dann müssen es die Trolle gewesen sein.“

Nairne musste bei dieser Anspielung lächeln. Als sie einmal als Kind ein Ölbild ihrer Mutter verschmiert hatte, hatte sie aus Angst vor einer Strafe einfach behauptet, das seien die Trolle gewesen.

Es klingelte an der Haustür. Kyla warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. „Das sind sie wahrscheinlich schon.“ Sie ging hinaus, um die Tür zu öffnen.

Nairne trat ans Fenster, unter dem das kleine Tischchen mit dem Telefon stand. Als sie vom Friedhof zurückgekommen war, hatte sie den Anrufbeantworter abgehört. Immer noch war das rote Licht zu sehen, was bedeutete, dass nichts auf Band gesprochen wurde. Was war mit Kylas Nachricht passiert?

Na ja, sagte sich Nairne, nicht so wichtig. Jeden Augenblick würden die Kinder hereinkommen. Die vierjährige Catrina mit ihrem dunklen Lockenschopf würde wie ein Wildfang in die Küche stürmen, gefolgt von Kevin, der für seine zwölf Jahre schon sehr reif und ernst war.

Mit einer Melodie auf den Lippen stellte Nairne Zucker und Milch aufs Tablett. Welch ein Glück war es doch, eine Familie zu haben. Eine Familie, die zusammenhielt und sich verstand – ihre Eltern, Kyla und Adam, Kevin und Catrina. Nairne wusste nicht, was sie ohne diese Menschen nach Rorys Tod gemacht hätte. Und vor allem ohne ihre Jungs, die das Haus erst belebten.

„Das waren gar nicht die Kinder.“ Kyla kam in die Küche. „Es war nur jemand, der ein Zimmer sucht. Er sah das Schild über der Tür mit der Aufschrift ‚Zimmer zu vermieten‘. Wahrscheinlich hat es der Wind umgedreht. Jetzt hat der Sturm endlich nachgelassen.“ Ihre dunkelrote Bluse schimmerte im hellen Schein der Lampe, als sie nach der Kuchendose im Regal über dem Herd griff. „Ich sagte ihm, in Glencraig würde er kein Zimmer finden, er solle es weiter oben in Heatherview versuchen. Dort ist anscheinend auch kein Zimmer mehr zu bekommen, denn er sagte, er sei dort bereits gewesen, habe da auch zu Abend gegessen, aber wegen einer Hochzeitsfeier sei alles ausgebucht.“

„Ach du liebe Zeit. War der Mann groß, dunkelhaarig, sympathisch aussehend, mit einem Londoner Akzent?“

„Ja, er hatte eine tolle sexy Stimme. Aber woher weißt du …?“ Kyla schaute ihre Schwester mit großen Augen an.

Nairne überlegte fieberhaft. Der Mann würde zu dieser Jahreszeit, außerhalb der Saison, zwischen Glencraig und Inverness nirgendwo ein Zimmer bekommen. Wenn er Glück hatte, würde er nach stundenlanger Autofahrt vielleicht eine Unterkunft finden. Allerdings nur vielleicht …

„Und sympathisch aussehend? Du untertreibst gewaltig“, sagte Kyla. „Der Typ sieht großartig aus!“ Mit gespielter Verzweiflung fügte sie seufzend hinzu: „Manchmal glaube ich, dass ich bei meiner Geburt das ganze überschäumende Temperament und alle Leidenschaft abbekommen habe, sodass für dich davon nichts mehr übrig blieb. Dafür hat dich der Schöpfer mit einer Extraportion Schönheit und einem Übermaß an Liebreiz und Vernunft ausgestattet …“

Nairne hörte gar nicht, was Kyla sagte. Kurz entschlossen legte sie die Kuchengabeln auf den Tisch, und mit einem „Bin gleich wieder da“ eilte sie hinaus. Sie wusste, dass es womöglich zu spät war, um ihn noch einzuholen. Doch das Anwesen war weitläufig, und wenn sie die Abkürzung durch das Kiefernwäldchen nahm, könnte sie vielleicht noch vor ihm unten an der Straße sein.

Sie nahm sich nicht einmal die Zeit, eine Jacke überzuziehen. So wie sie war, stürmte sie hinaus und eilte die flachen Steinstufen hinunter auf den Kiesweg. Der Sturm war tatsächlich vorbei, alles wirkte friedlich in der Dunkelheit. Der Himmel war klar, und die Sichel des Mondes war zu sehen. Nairne rannte den von Kiefern gesäumten Weg entlang. Sie streifte die herunterhängenden Zweige, die noch nass waren vom Schneeregen.

Außer Atem gelangte sie zur Straße. Keuchend schaute sie sich um und erkannte weiter oben, am Eingang zu ihrem Grundstück, die Umrisse eines Wagens. Sie lief, so schnell sie konnte, und erreichte das Fahrzeug in dem Moment, als der Motor angelassen wurde und es sich in Bewegung setzte. Mit den Fäusten hämmerte sie gegen die Fensterscheibe. Als das Auto mit einem Ruck anhielt, trat sie einen Schritt zurück und verschränkte die Arme.

Die Scheibe senkte sich, und der Fahrer streckte seinen Kopf heraus. Es war so dunkel, dass Nairne kaum mehr als das Glitzern seiner Augen wahrnahm.

„Was zum Teufel wollen …?“

„Ich wollte Sie nicht erschrecken.“ Nairne, die erst jetzt die Kälte spürte, der sie in ihrer dünnen Bluse ungeschützt ausgeliefert war, trat näher an das Auto heran und beugte sich vor. Ihr Gesicht war fast auf gleicher Höhe mit dem des Mannes. „Sie haben gerade nach einem Zimmer gefragt, und Kyla, meine Schwester, hat Sie weggeschickt. Eigentlich vermiete ich zurzeit nicht, aber wenn Sie wollen, können Sie ein Zimmer haben. Sie werden in der ganzen Gegend hier keins mehr finden.“

In der Pause, die ihren Worten folgte, bemerkte sie, dass das Autoradio angeschaltet war. Es lief keine Musik, sondern irgendein Wirtschaftsprogramm: „… und folgende Aktien können wir Ihnen kurzfristig empfehlen …“

Der Mann schaltete das Radio ab. „Ich möchte Ihnen keine Umstände machen.“

„Das machen Sie ganz bestimmt nicht“, versicherte Nairne. „Ich muss zugeben, ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich Sie umsonst nach Heatherview geschickt habe. Diese Hochzeit hatte ich total vergessen.“

„Ah, jetzt erkenne ich Sie wieder! Sie sind die Frau vom Friedhof …“

„Ja. Ich vermiete eigentlich nur im Sommer Zimmer. Es ist für mich jedoch kein Problem, Ihnen für heute Nacht eins herzurichten. Es ist nicht so elegant wie die in Heatherview, aber …“

Nairne hörte ein Klicken. Es war die Beifahrertür, die sich automatisch öffnete. „Steigen Sie ein, ich fahre Sie zurück“, sagte er plötzlich.

„Danke, das ist nicht nötig“, erwiderte sie.

Seine Stimme klang eine Spur ungeduldig, als er sagte: „Wenn Sie zu Fuß gehen, muss ich vor dem Haus auf Sie warten. Das ist doch nicht sinnvoll, oder?“

Der Mann scheint es gewohnt zu sein, seinen Willen durchzusetzen, dachte Nairne spöttisch. „Na schön. Vielen Dank“, gab sie nach und lief um das Auto herum.

Den Wagen, einen offensichtlich teuren Mercedes, muss er erst kürzlich gekauft haben, dachte Nairne, als sie auf dem Beifahrersitz Platz nahm. Es roch nach neuem Leder. Der Ledergeruch vermischte sich mit einem unaufdringlichen, sehr eleganten Parfum. Der Duft war ganz anders als der, den sie von Rory gewöhnt war. Er hatte eine Vorliebe für sportliche, auch erdige Parfums gehabt. Dieses hier roch würziger und ausgefallener.

Wahrscheinlich sündhaft teuer, dachte Nairne. Dieser Mann sieht nicht so aus, als ob es ihm auf ein paar Pfund mehr oder weniger ankäme.

„Haben Sie Gepäck?“, fragte sie, als er zwischen Adams Land Rover und ihrem weißen Kombi parkte.

„Nur eine Reisetasche.“ Er schaltete die Innenbeleuchtung ein und griff nach seinem Mantel, der auf dem Rücksitz lag. Bei der Bewegung streifte er mit der Schulter ihren Arm. Für den Bruchteil einer Sekunde spürte Nairne die Wärme seines Körpers. Wie elektrisiert zuckte sie zurück. Kyla hat sich geirrt, dachte Nairne, als sie ihm, ohne dass sie es eigentlich wollte, in die Augen sah. Der Mann sieht nicht einfach „großartig“ aus, sondern vielmehr faszinierend. Für diese Feststellung genügte ein einziger Blick in die stahlblauen, von dichten schwarzen Wimpern umrahmten Augen. In Bruchteilen von Sekunden nahm sie das markant geschnittene Gesicht wahr und die für einen Mann fast zu schön geformten Lippen. Sie verliehen dem ansonsten eher verschlossen, ja streng wirkenden Gesicht etwas Sinnliches. Sein Haar war tiefschwarz, sogar an den Schläfen ohne die geringste Spur von Grau, obgleich sie ihn, den feinen Linien um Augen und Mund nach zu urteilen, auf etwa vierzig Jahre schätzte.

Nairne fragte sich, warum ihr all dies nicht schon auf dem Friedhof aufgefallen war. War es der verlorene Ausdruck seiner Augen gewesen? Augen, die sie jetzt auf eine Art und Weise anblickten, die ein seltsam kribbelndes Gefühl in ihr hervorrief.

„Pardon“, sagte er. Nairne bemühte sich, ihr Herzklopfen zu ignorieren. Während sie undeutlich den dunkelbraunen Kaschmirmantel wahrnahm, den er in Händen hielt, versuchte sie, sich wieder in den Griff zu bekommen. Wie konnte solch eine zufällige Berührung sie nur so aus der Fassung bringen?

Abrupt öffnete sie die Tür und stieg aus. Sie ging voraus, während er seine Reisetasche aus dem Kofferraum holte, und wartete vor der Haustür auf ihn. Sie zwang sich, ihre Frage ehrlich zu beantworten. Als sie der Wahrheit ins Gesicht sah, stieg ein Gefühl von Scham und Schuld in ihr auf. Sie hatte auf diesen winzigen Körperkontakt deshalb so reagiert, weil er an etwas gerührt hatte, was sie seit Rorys Tod, seit über zwölf Monaten verdrängte. Das, was sie vorhin wie ein Blitz durchzuckt hatte, war nicht mehr und nicht weniger als aufkeimendes körperliches Verlangen gewesen.

Nairne fand es beschämend, dass sie sich so schnell von einem anderen Mann, noch dazu von einem Fremden, angezogen fühlte.

Als er die Treppen heraufgestiegen kam, schloss sie die Tür auf und bat ihn einzutreten. Kyla und Adam kamen ihnen aus dem Wohnzimmer entgegen.

„Oh“, sagte Kyla, „du bist ihm nachgelaufen! Ich habe Adam gesagt, dass du ihn wohl zurückholen wolltest.“

Nairne vermied es, dem Fremden in die Augen zu schauen, als sie ihm den Mantel abnahm und ihn auf einen Bügel an der Garderobe hängte. „Ja“, entgegnete sie auf Kylas Bemerkung, „ich habe ihn gerade noch vor der Einfahrt erwischt. Er war schon im Begriff wegzufahren. Kommen Sie“, wandte sie sich an den Gast, „wärmen wir uns vor dem Kamin auf.“

Sie gingen alle in das geräumige Wohnzimmer. Nairne warf dem hochgewachsenen Fremden einen freundlichen Blick zu und streckte die Hand aus. „Ich bin Nairne Campbell.“

Er zögerte kurz, schloss dann seine warme Hand um ihre kalten Finger. „Stephen Galbraith“, murmelte er. Wieder durchlief sie ein wohliger Schauder. Doch dieses Mal war Nairne schon darauf vorbereitet. Sie löste die Hand aus seinen festen, warmen Fingern, und mit ruhiger Stimme stellte sie Kyla und Adam vor.

Verstohlen betrachtete sie Stephen. Jemanden wie ihn hatte sie hier in Glencraig noch nie zuvor gesehen. Er stach nicht nur durch seine elegante Kleidung hervor. Sein ganzes Auftreten war etwas Besonderes. Die breiten Schultern und die markanten Gesichtszüge verliehen ihm etwas Imposantes, betont Männliches. Doch Nairne spürte, dass es nicht nur sein Körperbau und seine Physiognomie waren, die ihn so überaus kraftvoll erscheinen ließen. Sie wusste, dass dies ein Mann war, der sich nicht mit Halbheiten zufriedengab und der, wenn es sein musste, bis an die Grenzen seiner Möglichkeiten ging. Er ist sicherlich ein Mensch, dachte sie, der sich nicht so leicht in die Karten schauen lässt und deshalb auch schwer kennenzulernen ist. Sie war sicher, dass sie recht hatte. Seine Körpersprache verriet mehr, als ihm womöglich lieb war. Es war, als habe er eine unsichtbare Wand um sich herum errichtet. Bis dahin und nicht weiter, signalisierte sie. Nairne hatte jedoch das Gefühl, dass sie auf dem Friedhof einen Blick hinter die Fassade geworfen hatte. Seine abgrundtief traurigen Augen waren wie ein Spalt in dieser Mauer gewesen. Und was sie sah, war ein einsamer, verlassener Mensch, der niemanden an sich heranlassen wollte.

„So, ich mach uns einen Kaffee, Nairne.“

Als die Stimme ihrer Schwester an ihr Ohr drang, zwang sich Nairne zu einem Lächeln. „Danke, Kyla.“ Zu den beiden Männern gewandt, sagte sie: „Setzen wir uns doch.“

„Entschuldigt mich“, meinte Adam, „ich geh mal runter zur Straße und schau, ob die Kinder kommen.“

Er schloss die Tür hinter sich, und in der Stille, die folgte, ertappte sich Nairne, wie sie nervös an ihrem Ehering herumspielte. Merkwürdig, dachte sie, das Wohnzimmer kam mir bisher immer besonders groß vor. Heute, durch die Anwesenheit dieses Mannes, schien es geschrumpft.

Sie atmete tief ein. Mit einer Handbewegung zeigte sie auf einen großen, bequemen Sessel. „Nehmen Sie doch Platz.“

Stephen Galbraith blieb aber, nur wenige Schritte von ihr entfernt, stehen. „Ich möchte lieber auf mein Zimmer gehen“, erwiderte er. „Ich möchte Ihr Familientreffen nicht stören.“ Er strich mit der Hand über seinen Nacken. Die Geste, die eine gewisse Erschöpfung verriet, stand im Gegensatz zu dem entschiedenen Tonfall seiner Stimme.

„Bitte machen Sie sich darüber keine Gedanken. Sie …“

In diesem Augenblick betrat Kyla das Zimmer, in den Händen das Tablett mit den dampfenden Kaffeetassen. Sie stellte es auf dem runden Beistelltisch ab. „Adam hat Mr. Galbraiths Tasche hinaufgetragen. Ich habe ihm gesagt, er soll sie in das kleine Gästezimmer über der Küche stellen. Es ist das wärmste Zimmer, nicht wahr?“

„Ja, du hast recht“, antwortete Nairne. „Das Bett steht direkt über dem Kachelofen. Danke, Kyla. Nun, Mr. Galbraith, Sie trinken doch noch eine Tasse Kaffee mit uns, bevor Sie nach oben gehen?“

„Sie müssen unbedingt Nairnes Butterkuchen kosten.“ Kyla streifte ihre Schuhe ab, ließ sich in der Sofaecke nieder und schlug die Beine unter. „Vor drei Jahren hat sie damit den ersten Preis bei einem Backwettbewerb gewonnen. Ah, da sind sie!“ Beim Klang der Kinderstimmen, die von der Diele hereindrangen, hob sie den Kopf und blickte gespannt zur Tür.

Die Tür flog auf, und Adam, Kevin und Catrina kamen herein. Das dunkelhaarige kleine Mädchen rannte an ihrem Vater und ihrem Bruder vorbei. Mit roten Wangen blieb sie vor ihrer Mutter stehen, legte die Hände auf deren Knie und strahlte sie mit ihren kugelrunden grauen Augen an. „Daddy hat gesagt, Tante Nairne hat Butterkuchen gebacken. Bekomme ich ein Stück?“

„Wo sind deine Manieren, kleines Fräulein? Hast du vergessen, dass man ‚bitte‘ sagt?“, tadelte Kevin in gespieltem Ernst und zupfte seine Schwester an einer Haarlocke. „Hast du überhaupt noch Platz für Butterkuchen nach all den Smarties, die du verdrückt hast?“

Catrina wirbelte herum und zog eine Schnute. „Du hast die meisten gegessen, das weißt du genau!“

„Und du hast alle roten Smarties genommen, obwohl du weißt, dass ich die am liebsten mag.“

Adam und Kyla lachten. Nairne warf einen Blick auf Stephen, der etwas abseits stand. Sein Mund war zu einem dünnen Strich zusammengepresst, die Wangenknochen traten noch deutlicher hervor, was ihm ein verhärmtes Aussehen verlieh.

Was für ein Gegensatz! dachte Nairne. Auf der einen Seite die glückliche Familie und das helle, freundliche Zimmer – es war mit einem roséfarbenen Teppich ausgelegt, der mit den weißen Wänden und den mit Chintz bezogenen Möbeln wunderbar harmonierte. Und auf der anderen Seite der grimmig aussehende, in sich gekehrte Fremde. Sogar seine Kleidung, grauer Pullover, schwarze Hose und schwarze Schuhe, bildeten einen düsteren Kontrast zu seiner Umgebung.

In dem Moment begegneten sich ihre Blicke. Stephens Augen waren so voller Hoffnungslosigkeit, dass es Nairne einen schmerzlichen Stich versetzte. Als er den Mund öffnete, wusste sie instinktiv, was er sagen wollte. Sie schüttelte den Kopf und flüsterte: „Nein, Sie dürfen nicht fort. Es ist viel zu spät, um nach einem anderen Zimmer zu suchen.“

Kyla und Adam lachten und scherzten mit den Kindern. Sie hatten den Fremden offensichtlich vergessen. Einem plötzlichen Impuls folgend, trat Nairne auf ihn zu und legte eine Hand auf seinen Arm. „Kommen Sie, ich zeige Ihnen Ihr Zimmer.“

Zuerst dachte sie, er würde das Angebot ablehnen, denn er zögerte und blickte nur auf ihre schmale Hand und die ovalen, unlackierten Fingernägel. Verlegen zog sie die Hand zurück. Doch dann nickte er und sagte knapp: „Also gut. Vielen Dank.“ Unbemerkt von den anderen verließen sie den Raum.

Nairne führte Stephen durch die Diele zu den engen Stiegen und ging, eine Hand auf dem Treppengeländer, langsam voraus.

Bevor sie die Treppe halb hoch war, kribbelte es in ihrem ganzen Körper. Wahrscheinlich sieht er mich nicht einmal an, sagte sie sich, aber sie war sich seiner Gegenwart intensiv bewusst. Sie stellte sich vor, wie er den Blick über ihre weiblichen Rundungen gleiten ließ. Über Taille und Hüften, ihren wohlgeformten Po, der sich unter dem goldfarbenen Rock bei jedem Schritt sanft bewegte, über ihre schlanken Beine und zierlichen Knöchel.

Als sie oben ankamen, schalt sie sich eine Närrin. Ihre Fantasie ging wirklich mit ihr durch! Dieser Mann war viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass er sie als Frau überhaupt wahrnahm.

Sie zwang sich zu einem Lächeln und wandte sich um in der Absicht, ihn zu seinem Zimmer zu geleiten, das auf der linken Seite des Ganges lag.

Er jedoch hatte angenommen, sie würden nach rechts gehen. Ihr Lächeln erstarb auf den Lippen, als sie gegen seine breite Brust prallte. Verwirrt nahm sie seinen dezenten Duft wahr, sein schwarzes Haar, seinen warmen Atem …

Seine Hand schnellte hoch und packte sie am Oberarm. Sie hatte ihr Gleichgewicht wieder, doch ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Verstört befreite sie sich aus seinem Griff.

„Oh, Verzeihung“, brachte sie mit rauer Stimme hervor.

Er schaute sie mit einem leichten Stirnrunzeln an, seine blauen Augen blitzten auf. Zynisch lächelnd sagte er: „Ich wollte ein Zimmer zum Übernachten. Nur ein Zimmer, Mrs. Campbell, weiter nichts.“

Fassungslos blickte Nairne ihn an. Glaubte er etwa, sie sei absichtlich mit ihm zusammengestoßen? War es das, was er mit seiner Bemerkung meinte?

Normalerweise brachte sie nichts so leicht in Rage. Doch jetzt spürte sie, wie die Wut in ihr hochstieg. Wut und Empörung. Dieser Mann schien ganz offensichtlich ihre Gastfreundlichkeit falsch zu verstehen! Nun, sie würde ihn aufklären!

Nairne stellte ihre freundlichste Miene zur Schau und blickte ihn gespielt unschuldig und erstaunt aus großen Augen an. „Ein Zimmer, Mr. Galbraith, ist auch das Einzige, was ich Ihnen anzubieten habe.“

Selbstbewusst und graziös schritt sie den Gang entlang, schloss eine Tür auf und trat einen Schritt zur Seite.

„Bitte“, sagte sie und kämpfte mit dem plötzlichen, für sie durchaus nicht typischen Drang, ihm eine Ohrfeige zu geben, als er eintrat. „Es ist zwar nicht sehr groß, aber warm und gemütlich. Frühstück gibt es um acht Uhr, wenn Ihnen das recht ist.“

„Acht? Das ist in Ordnung.“ Für einen Moment ließ er den Blick in dem reizenden Zimmer umherschweifen. Dann ging er über den beigen Teppich hinüber zum Kamin und blickte starr, die Hände in den Hosentaschen vergraben, auf das flackernde Feuer. Jetzt sah er wieder so verlassen und unglücklich aus, dass Nairne ihre Wut vergaß und nur noch Mitleid mit ihm empfand.

Schon bereute sie es, so kalt reagiert zu haben. Am liebsten hätte sie ihm etwas Tröstliches gesagt, etwas, das ihn aus seiner Isolation herausholte.

Doch sein düsterer, geistesabwesender Gesichtsausdruck hielt sie davon ab. Er schien mit Problemen beschäftigt zu sein, die so wichtig für ihn waren, dass er alles andere um sich herum vergaß.

Leise seufzend verließ Nairne das Zimmer und schloss lautlos die Tür hinter sich.

2. KAPITEL

Nairne wohnte schon mehrere Jahre in Bruach, wie das Anwesen genannt wurde. Das etwa dreihundert Jahre alte Haus war aus Sandstein gebaut und trug ein Schieferdach. Es war von Bäumen, Sträuchern und Gärten umgeben, sodass es von der Straße aus kaum zu sehen war. Erst wenn man die Auffahrt, die sich von der Straße zum Anwesen schlängelte, hinter sich hatte, kam das Haus mit den fast neunzig Zentimeter dicken Mauern in Sicht. Der Kiesweg endete vor ausgetretenen Steinstufen und führte zur wuchtigen Haustür hinauf.

Bevor Rory und Nairne in das Haus gezogen waren, hatten sie im Erdgeschoss eine Zentralheizung installieren lassen, für das Obergeschoss hatte das Geld damals jedoch nicht gereicht. Deshalb war es, außer im Sommer, in den Schlafzimmern immer kalt. Sie waren zwar mit Öfen oder Kaminen ausgestattet, diese wurden allerdings nur im Notfall, das heißt, wenn jemand krank war, in Betrieb genommen. Oder wenn wie heute ein unvorhergesehener Gast im Haus war.

Mr. Stephen Galbraith, dachte Nairne amüsiert, würde es zweifellos kuschelig warm haben in seinem Bett, das von unten her die Wärme des großen Kachelofens abbekam, der in der Küche stand.

Fröstelnd zog sie das dicke Federbett über den Kopf. Seit Wochen schon hatte sie sich vorgenommen, eine elektrische Heizdecke zu kaufen. Doch jedes Mal hatte sie die Anschaffung wieder aufgeschoben, weil sie das Geld für dringendere Dinge brauchte.

Sie musste sich heute Abend verkühlt haben, als sie Galbraith hinterhergelaufen war. Obwohl sie noch gut eine halbe Stunde vor dem Kamin gesessen hatte, nachdem Kyla und ihre Familie gegangen waren, war ihr immer noch kalt bis auf die Knochen. Sie zog die Knie an, wickelte die Füße ins Nachthemd und schaute zum Nachttisch auf den Wecker neben Rorys Fotografie. Es war fast Mitternacht.

Was war das?

Nairne stockte der Atem. Was war das für ein Krachen und Poltern? Als ob jemand gestolpert und der Länge nach hingefallen wäre!

Ohne weiter zu überlegen, knipste sie die Nachttischlampe an und sprang aus dem Bett. Außer ihr und Stephen Galbraith war sonst niemand im Haus. Was ist geschehen?, fragte sie sich. Ist er gefallen? Hat er sich verletzt?

In Panik ergriff Nairne ihren flauschigen grünen Morgenmantel am Fußende des Bettes und stürmte auf den Flur hinaus. Auf dem Weg zu Stephens Zimmer zog sie sich das Kleidungsstück über.

Zuerst wollte sie anklopfen, überlegte es sich dann aber anders. Was, wenn der Lärm nicht aus seinem Zimmer gekommen war? Wenn er friedlich schlief? Er wäre sicherlich nicht sehr erfreut, wenn sie ihn mitten in der Nacht aufwecken würde.

Die Türklinke quietschte ein bisschen, als sie sie hinunterdrückte. Nairne wartete einen Moment, holte tief Luft. Dann lehnte sie sich vorsichtig gegen die Tür. Kaum hatte sie sie einen Spaltbreit geöffnet, als sie ruckartig von innen aufgerissen wurde. Nairne blieb vor Schreck wie angewurzelt stehen. Stephen Galbraith stand auf der Schwelle. Im schwachen Schein des Feuers, das im Ofen brannte, wirkte seine Gestalt noch größer. Sein Haar war zerzaust, und den Bademantel hatte er offensichtlich hastig übergeworfen.

„Was zum Teufel wollen Sie?“, fuhr er sie an, die Hände in die Hüften gestemmt.

Ihre Erleichterung darüber, ihn lebendig und gesund vor sich zu sehen, schwand sofort. Stattdessen ärgerte sich Nairne über den Ton, den er anschlug. Mit einem Blick ins Zimmer vergewisserte sie sich, dass alles in Ordnung war. Die Nachttischlampe stand auf ihrem Platz, seine Reisetasche vor dem Kleiderschrank, und auf der Kommode lag sein Portemonnaie. Nichts kaputt, nichts Ungewöhnliches. Bis auf die Tasche, das Portemonnaie und das zerwühlte Bettzeug deutete nichts darauf hin, dass das Zimmer bewohnt war. Stephen Galbraith war offenbar ein ordentlicher Mensch.

„Ich habe Lärm gehört und dachte, es sei etwas passiert“, sagte Nairne schnell. „Es hörte sich an, als ob etwas zu Bruch gegangen wäre und jemand hingefallen sei. Es krachte, und dann war da dieses dumpfe Geräusch. Ich hatte Angst, Ihnen könnte etwas zugestoßen sein.“

„Merkwürdig“, erwiderte er mit einem spöttischen Lächeln, „ich habe nichts gehört.“

„Aber Sie müssen es gehört haben“, widersprach Nairne, „es sei denn, Sie haben tief und fest geschlafen.“

„Mrs. Campbell, ich habe einen sehr leichten Schlaf. Wenn es also irgendwo gekracht hätte, wäre ich sofort aufgewacht.“

„Dann …“ Nairne verstummte, als das Feuer im Kamin laut zischte. Natürlich, dachte sie, deshalb hat er nichts gehört. „Durch das Knacken und Zischen im Kamin konnten Sie auch gar nichts hören.“

„Oder“, meinte er, lässig an den Türrahmen gelehnt, „vielleicht war da überhaupt kein Lärm. Vielleicht …“

Nairne ahnte, was er sagen würde.

„Vielleicht ist es manchmal sehr einsam hier draußen an den langen Winterabenden“, sagte er anzüglich lächelnd. „Vielleicht wollten Sie nur ein wenig Gesellschaft.“ Bevor sie wusste, wie ihr geschah, fuhr er mit dem Handrücken über ihre Wange. „Braucht die kleine Witwe ein bisschen … Abwechslung?“

Nairne trat einen Schritt zurück. Ihre Wange glühte an der Stelle, wo er sie berührt hatte. „Mr. Galbraith“, erwiderte sie mit überraschend ruhiger Stimme, „ich habe nichts übrig für Leute, die um den heißen Brei herumreden. Ich habe es lieber, wenn Klartext gesprochen wird. Wenn Sie sich einbilden, ich sei gekommen, um mit Ihnen ins Bett zu gehen, warum sagen Sie das dann nicht klar und deutlich?“

Die ganze Zeit schon hatte sie die Hände zu Fäusten geballt, und ihre Fingernägel gruben sich in die Handflächen. Jetzt entspannte sie die Hände und steckte sie in die Taschen des Morgenmantels. „Warum sprechen Sie das, was Sie denken, nicht aus? Das ist mir lieber als Ihre schlüpfrigen Zweideutigkeiten. Doch ich möchte Ihnen die Antwort trotzdem nicht schuldig bleiben. Ja, ich bin Witwe. Und es ist oft einsam hier ohne meinen Mann. Dennoch habe ich nicht die Absicht, ihn durch irgendjemanden zu ersetzen, auch nicht für eine Nacht. Sollte ich den Wunsch haben, mir wieder einen Mann zu suchen, dann, Mr. Galbraith, können Sie ganz sicher sein, dass Sie nicht in die engere Wahl kommen. Es wäre übrigens garantiert kein Vergnügen für mich, mit einem Mann zusammen zu sein, der so offensichtlich keinen Funken menschlicher Wärme im Leib hat.“ So, jetzt hatte sie alles gesagt, was sie sagen wollte. Auch auf die Gefahr hin, dass sie zu weit gegangen war – sie würde kein Wort davon zurücknehmen.

Ihre nackten Füße fühlten sich an wie Eiszapfen. Als sie sich von Stephen abwandte und in ihr Zimmer zurückging, hoffte sie, er würde sie zurückrufen und sich entschuldigen. Doch das tat er nicht.

Wieder in ihrem Bett, wusste sie, dass sie für den Rest der Nacht keinen Schlaf finden würde. Nicht nur, weil ihr jetzt noch kälter war als vor dem peinlichen Zwischenfall, sondern weil sie erkannte, welch verwirrende Wirkung ihr Gast auf sie hatte.

Ein Zimmer zum Übernachten, das war es, was er gesucht hatte. Nun, das heißt, dass er morgen wieder abfahren wird. Und das ist gut so, dachte Nairne. Denn es lag klar auf der Hand, dass der Mann Probleme hatte. Sehr große Probleme sogar. Und sie hatte keine Lust, sich damit das Leben noch schwerer zu machen, als es sowieso schon war. Sie hatte genug damit zu tun, sich um das Anwesen und die halbwüchsigen Jungs zu kümmern. Irgendetwas aus der Vergangenheit, da war sich Nairne sicher, nagte an Stephen Galbraith. Was es auch war, er musste es bewältigen, wenn er nicht vor die Hunde gehen wollte.

Seufzend rollte sie sich unter der Decke zusammen und rieb die kalten Füße aneinander. Sie zwang sich, an etwas Schönes zu denken. So stieg das Bild eines warmen weißen Sandstrandes irgendwo am rauschenden Meer in ihr auf. In Gedanken räkelte sie sich in der heißen Sonne, und allmählich wurde ihr tatsächlich warm. Kurz vor dem Einschlafen zuckte sie zusammen und schreckte hoch. Wenn Stephen Galbraith die Geräusche nicht verursacht hatte – und es gab für Nairne keinen Grund anzunehmen, dass er sie anlog – wer dann?

War der Lärm vom Dachboden gekommen? Vielleicht hatte der Wind ein Fenster eingedrückt und irgendetwas zu Boden gerissen. Das wäre eine Erklärung für das Krachen, gefolgt von dem dumpfen Aufprall. Sie sollte eigentlich dort oben nachsehen. Doch sie zog die Decke über den Kopf und blieb mit klopfendem Herzen liegen. Ihr graute vor dunklen Dachböden. Keine zehn Pferde würden sie bei Nacht allein da hinaufbringen. Schon die enge, knarrende Wendeltreppe war ihr ein Gräuel. Ganz zu schweigen von dem niedrigen, verwinkelten Gewölbe mit all den unheimlichen Schatten.

Nairne beschloss, mit der Inspektion des Dachbodens bis zum Morgen zu warten. Bis nach dem Frühstück, wenn Galbraith abgereist war.

Der Duft von knusprig gebratenem Speck und frisch aufgebrühtem Kaffee erfüllte den Raum. Shadow, der unter dem Küchentisch lag, knurrte leise. Nairne blickte vom Herd auf, die Pfanne in der einen, eine Gabel in der anderen Hand. Stephen stand in der Tür, und für einen Moment begegneten sich ihre Blicke. Nairnes Herz machte einen Sprung. War da nicht ein kurzes Aufflackern von sexuellem Interesse in seinen unglaublich blauen Augen gewesen, das er jedoch sofort wieder verbarg?

Ich muss es mir eingebildet haben, sagte sie sich und murmelte ein knappes „Guten Morgen“. Warum sollte er ausgerechnet sie attraktiv finden? Sie war sicher nicht die Art von eleganter Dame, an die er gewöhnt war – nur ein Highlandmädchen mit langen Beinen, einer zu großen Oberweite und einer roten Lockenmähne, die sie zur Verzweiflung trieb. Warum fühlte sie sich dann in der Gegenwart Stephen Galbraiths so unsicher? Warum war sie sich mit einem Mal jeder ihrer Bewegungen in den engen Jeans und dem smaragdgrünen Pullover so überaus bewusst? Kein Grund zur Aufregung, er geht ja bald, beruhigte sie sich. Ich stelle ihm jetzt das Frühstück hin, und dann, wenn er fertig ist, wünsche ich ihm eine gute Weiterreise. Habe ich erst einmal sein Bett abgezogen und das Zimmer aufgeräumt, wird alles so sein, als ob er nie da gewesen wäre. Ich werde ihn einfach vergessen.

„Normalerweise serviere ich das Frühstück im Esszimmer“, sagte sie, „aber da Sie der einzige Gast sind, dachte ich, es würde Ihnen nichts ausmachen, in der Küche zu frühstücken. Hier ist es um diese Jahreszeit viel gemütlicher.“ Mit der Gabel zeigte sie auf den runden, rustikalen Eichenholztisch. „Bitte sehr, bedienen Sie sich. Der Kaffee steht auf dem Tisch. Eier und Speck sind gleich fertig.“

Um so ungezwungen wie möglich zu erscheinen, summte Nairne eine Melodie vor sich hin, während sie Eier, Speck, Pilze und gegrillte Tomaten auf einem großen Teller appetitlich arrangierte. Das Beste ist, beschloss sie, so zu tun, als sei gestern Nacht überhaupt nichts gewesen.

Als sie sich wieder umdrehte, sah sie, dass Stephen am Tisch stand und aus dem Fenster schaute. Sie brachte ihm den Teller.

„Heute ist es sehr mild. Wie im Frühling“, sagte sie. „Meine dicke Winterjacke habe ich gleich wieder ausgezogen, als ich heute Morgen draußen war.“

„Sie waren schon draußen?“ Stephen wandte sich um und blickte sie interessiert an. Jetzt, bei Tageslicht, sah Nairne erst, wie dunkel sein Teint war. Das Blau seiner Augen wirkte noch intensiver als gestern im Schein des Kaminfeuers.

„Ich mache jeden Morgen einen kleinen Spaziergang mit Shadow.“

„Einen kleinen Spaziergang? Was, Mrs. Campbell, verstehen Sie unter einem kleinen Spaziergang?“

Nairne blickte hinunter zu Shadow, der beim Klang seines Namens aufgeregt mit dem Schwanz zu wedeln begann. „Wir gehen immer bis ans andere Ende von Glencraig, dann am See vorbei … Dazu brauchen wir“, fügte sie nach einer kleinen Pause hinzu, „ungefähr eine Stunde. Es dürften etwa vier Meilen sein.“

„Das ist also ein ‚kleiner Spaziergang‘“, erwiderte er spöttisch.

Er machte mit dem Kopf eine Bewegung zum Fenster. „Sie bauen Gemüse an, wie ich gesehen habe.“

„Ja“, antwortete sie und atmete erleichtert auf, weil er offensichtlich ebenso wie sie beschlossen hatte, den unseligen Zwischenfall von gestern zu übergehen. Sie nahm selbst am gedeckten Tisch Platz. Stephens verblüffter Gesichtsausdruck amüsierte sie. Hatte er etwa erwartet, sie würde warten, bis er mit dem Frühstück fertig war, und wie ein Dienstmädchen erst nach ihm frühstücken? Sie verkniff sich das Lachen und füllte die beiden Tassen mit Kaffee.

„Sie haben nach dem Garten gefragt“, griff sie das Gespräch wieder auf, während sie eine Scheibe Toast nahm und sie mit Butter und Limonenmarmelade bestrich. „Ich werde Ihnen den Betrieb hier erklären“, fuhr sie fort. „Das Ganze ist in zwei Bereiche eingeteilt. Zum einen gibt es das Haus, zum anderen den Garten. Ich bewirtschafte das Haus. Im Sommer führe ich es als Pension. Rory und die Jungs haben sich immer um den Garten gekümmert. Sie haben Obst angebaut und Gemüse gezogen und dann das meiste davon auf Märkten verkauft.“

„Die Jungs?“ Stephen runzelte die Stirn. Er war gerade dabei, die Gabel mit einem Stück Tomate zum Mund zu führen. Anscheinend irritiert, hielt er mitten in der Bewegung inne.

„Mein Mann und ich waren in der Jugendhilfe tätig, bevor er starb. Wir haben hier eine private Resozialisierungsinitiative aufgebaut für straffällige Jugendliche, die uns übers Gericht vermittelt werden. Sie arbeiten hier so lange, bis sie so weit sind, dass sie draußen auf dem freien Arbeitsmarkt eine Arbeit annehmen können.“

„Wie viele Jugendliche betreuen Sie denn im Moment hier?“

Nairne trank einen Schluck Kaffee, bevor sie antwortete. „Sieben. Beziehungsweise acht, wenn ich Kilty mitrechne. Allerdings“, fügte sie mehr zu sich selbst hinzu, „ist seine Situation eine völlig andere. Zurzeit“, Nairne stellte die Tasse ab, „sind sie aber nicht hier.“

Hatte sie etwas Falsches gesagt? Es kam Nairne so vor, als verfinstere sich Stephens Miene plötzlich. Er hatte gerade ein Stück Speck in den Mund geschoben und schien nun endlos darauf herumzukauen. Als er den Bissen endlich hinuntergeschluckt hatte, legte er Messer und Gabel auf den Teller, wischte sich mit der Serviette den Mund ab und lehnte sich zurück.

„Die Jungs sind nicht hier?“, fragte er scheinbar beiläufig. Sein Gesichtsausdruck zeugte jedoch von einer inneren Anspannung, die sich Nairne nicht erklären konnte. „Wo sind sie denn?“

„Irgendwo an der Westküste. Wo genau, kann ich Ihnen nicht sagen. Sie machen einen dreiwöchigen Segeltörn. Das Projekt wird von der Kommune gefördert. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie gut den Jungs der Aufenthalt auf offener See tut. Hinterher sind sie wie verwandelt, voller Lebensfreude und Stolz, das harte Seemannsleben einmal erprobt zu haben, und für viele ist …“

Nairne sprach den Satz nicht zu Ende. Sie bemerkte am geistesabwesenden Blick ihres Gegenübers, dass er ihr nicht mehr zuhörte. Ein Gefühl der Enttäuschung stieg in ihr auf. Nicht nur allein wegen Stephens vermeintlichen Desinteresses, sondern auch wegen all der anderen Leute, die sich für Kinder und Jugendliche keine Zeit mehr nahmen und sie mit ihren Problemen allein ließen. Warum, fragte sich Nairne, begreifen denn viele nicht, dass die Kinder unsere Zukunft sind? Und dass diese verdammt düster aussieht, wenn wir Erwachsenen uns um die junge Generation nicht genügend kümmern?

Seufzend strich Nairne eine Locke zurück, die ihr ins Gesicht gefallen war, und rückte mit dem Stuhl ein Stück nach hinten. Wenn nicht ein Wunder geschieht, dachte sie sorgenvoll, werde auch ich den Jugendlichen bald nicht mehr helfen können. Das letzte Jahr haben wir noch ganz gut über die Runden gebracht. Aber wie soll es weitergehen, ohne Rory?

Ihre Bemühungen, jemanden zu finden, der das Projekt mit ihr leiten konnte, waren bis jetzt fehlgeschlagen. Mit wie vielen Sozialpädagogen und Sozialarbeitern hatte sie schon gesprochen! Es war keiner unter ihnen gewesen, der auch etwas von Gartenarbeit verstand, der auch mal ein Auto reparieren oder im Haus handwerkliche Arbeiten verrichten konnte. Alles Fähigkeiten, die Rory besessen hatte und die dazu beigetragen hatten, dass sie mit ihrem geringen Budget immer ausgekommen waren. Nairne wusste, dass sie die Entscheidung nicht mehr lange vor sich herschieben konnte. Aufhören oder weitermachen – aber wie? Mit einem Seufzer stand sie auf.

„Entschuldigen Sie mich bitte“, sagte sie. „Wenn Sie noch mehr Kaffee und Toast wollen, bedienen Sie sich.“

„Nein, danke, ich muss gehen. Es war wirklich gut, das Frühstück“, erwiderte Stephen mit rauer und seltsam tonloser Stimme. Er erhob sich. „Wenn Sie die Rechnung fertig machen würden …“

Nairne hatte die Rechnung noch vor ihrem Morgenspaziergang geschrieben. Sie nahm sie aus einer Schublade im Küchenschrank und reichte sie Stephen. Er griff in die rechte Hosentasche, dann in die linke und stutzte. „Ich habe mein Portemonnaie oben liegengelassen.“

„Sie können ja Ihre Tasche auch gleich mit herunterbringen“, rief Nairne ihm nach, als er hinausging.

Sie räumte den Tisch ab, ließ dann heißes Wasser ins Spülbecken laufen und gab einen Spritzer Spülmittel hinzu. Bei dem bisschen Geschirr lohnte es sich nicht, die Spülmaschine einzuschalten. Nairne stellte gerade eine Tasse auf den Geschirrständer, als Shadow, der ihr zu Füßen lag, zu knurren anfing. Sie streifte die Handschuhe ab und strich ihm über den Kopf. „Schon gut, mein Lieber“, sagte sie.

Die Küchentür flog auf. „Es ist weg!“ Stephen Galbraith schaute Nairne wütend an. Seine Augen funkelten gefährlich. „Es lag auf der Kommode, bevor ich herunterkam, und nun ist es verschwunden!“

„Das kann doch gar nicht sein!“ Nairne schüttelte den Kopf. „Vielleicht ist es auf den Boden gefallen oder …?“

„Meinen Sie etwa, da habe ich nicht nachgesehen?“, fuhr er sie an.

Nairne versuchte, gelassen zu bleiben. „Lassen Sie mich mal nachsehen. Vier Augen sehen mehr als zwei“, entgegnete sie so ruhig wie möglich.

Sie ging an ihm vorbei und rannte fast die Treppen hoch. Stephen folgte ihr. Wo konnte sein Portemonnaie bloß sein? Warum musste ich ihn gestern Abend auch zurückholen! warf Nairne sich vor. Kyla hatte ihm ja bereits gesagt, dass sie nur in der Sommersaison vermietete. Mit diesem Mann hatte sich Nairne mehr Ärger eingehandelt als mit allen anderen Gästen zusammen!

Die Zimmertür stand weit offen. Auf den ersten Blick sah sie das Portemonnaie auf der Kommode.

„Na bitte“, sagte Nairne ungehalten, „da liegt es.“ Mit ausgestrecktem Arm wies sie auf die dunkelbraune lederne Brieftasche. „Wohl kaum zu übersehen.“ Sie drehte sich zu ihm um und blickte ihn vorwurfsvoll an. „Was soll das? Wollten Sie mich auf den Arm nehmen?“

Entgeistert starrte er auf sein Portemonnaie. Wenn er mich tatsächlich angelogen hat, dachte sie, dann ist er ein verdammt guter Schauspieler.

„Aber …“ Er fuhr mit der Hand durch sein dichtes schwarzes Haar. „Ich hätte schwören können …“

„Nun, Mr. Galbraith“, sagte Nairne kühl, „Sie sehen nicht so aus wie jemand, der seine Rechnung nicht bezahlt.“ Sie nahm das Portemonnaie und warf es ihm zu. „Wie wäre es, wenn Sie nachschauen, ob etwas fehlt?“ Sie straffte die Schultern und blickte ihn herausfordernd an.

Die Atmosphäre knisterte vor Spannung. Stephen blätterte die Geldscheine durch und vergewisserte sich, dass keine seiner Kreditkarten abhandengekommen war. Beschämt musste er zugeben, dass er nichts vermisste.

Haben Sie etwas anderes erwartet?, hätte Nairne beinahe schnippisch entgegnet. Doch dann besann sie sich eines Besseren. „Wenn Sie jetzt bitte bezahlen und dann gehen würden. Ich habe noch zu tun.“ Sie bedachte Stephen mit einem eisigen Blick.

Er wirkte ein wenig benommen. Ohne ein weiteres Wort zu äußern, gab er ihr das Geld und hob seine Reisetasche vom Boden auf. Dann öffnete er den Mund, aber ein Blick in Nairnes Augen hielt ihn anscheinend davon ab, noch irgendetwas, vielleicht Entschuldigendes, zum Abschied zu sagen.

Wenige Minuten später hatte sie ihn zur Haustür begleitet und mit einem knappen „Auf Wiedersehen“ verabschiedet. Erleichtert schloss sie hinter ihm die Tür. So, das war’s! Endlich war er weg, dem Himmel sei Dank!

Das ist ein Mensch, der überall, wo er erscheint, Unfrieden stiftet, dachte sie. Sie lehnte mit dem Rücken an der Tür, schloss die Augen und lauschte dem Geräusch des sich langsam entfernenden Autos. Der Mann hat die unangenehme Gabe, andere in Aufruhr zu versetzen. Zumindest mich, musste sie sich eingestehen. Und Nairne konnte im Moment nichts weniger gebrauchen als innere Unruhe. Sie brauchte einen klaren Kopf, und sie wollte ungestört ihren Erinnerungen an die Zeit mit Rory nachhängen.

Entschlossen ging sie nach oben, zog das Gästebett ab und säuberte den Ofen von der Asche. Nachdem sie die Waschmaschine im Keller eingeschaltet und sich den Ruß und die Asche von den Händen geschrubbt hatte, machte sie sich daran, endlich das zu erledigen, was sie schon den ganzen Morgen vor sich hergeschoben hatte.

3. KAPITEL

Zum Dachboden, der sich über die gesamte Hauslänge erstreckte, führte eine enge Wendeltreppe, die bei jedem Schritt ein knarrendes Geräusch von sich gab. Die hölzernen Stiegen wanden sich von einer Nische im zweiten Stockwerk nach oben. Wenn man nicht achtgab, konnte es leicht passieren, dass man mit dem Kopf an die Bodentür stieß. Diese war leicht mit einer Hand hochzuheben.

Als Nairne die dunkle Treppe hinaufstieg, war ihr, obgleich sie normalerweise nicht furchtsam war, doch etwas mulmig zumute. Sie fragte sich, ob es nicht besser sei, von nun an den Vorder- und Hintereingang des Hauses auch tagsüber zuzusperren. Ganz wohl fühlte sie sich bei dem Gedanken allerdings nicht. War Bruach doch immer ein offenes Haus gewesen. Offen für die Jugendlichen, die hier arbeiteten. Ihnen stand die Tür Tag und Nacht offen. So konnten sie jederzeit, wenn sie mit irgendetwas nicht klarkamen oder zu Hause Probleme hatten, hier Zuflucht finden. Ab und zu kam es denn auch vor, dass Nairne, wenn sie morgens in die Küche kam, einen „ihrer Jungs“ schlafend auf dem Fußboden neben Shadow vorfand.

Vorsichtig hob sie die Tür an. Sie dachte an das Krachen und Poltern der letzten Nacht und versuchte sich einzureden, dass eine ganz harmlose Ursache dahinterstecke. Wahrscheinlich eine Maus, die eine alte Lampe umgestoßen hat, sagte sie sich.

Von der Treppe aus konnte Nairne nichts Besonderes feststellen. Sie gab sich einen Ruck und öffnete die Tür ganz. Mit klopfendem Herzen betrat sie den Dachboden, auf dem sich im Laufe der Jahre alles Mögliche angesammelt hatte. Kisten, alte Schränkchen, Truhen, ein Spiegel mit einem Sprung, Blumenkästen, Autoreifen, Wandfarbe und einige andere Dinge, die vielleicht irgendwann einmal wieder gebraucht werden würden.

Nachdem Nairne sich gründlich umgesehen hatte, war sie davon überzeugt, dass sich hier niemand versteckt hielt. Auch die beiden winzigen Dachfenster waren noch ganz, wie sie zufrieden feststellte. Sie wollte schon wieder die Treppe hinuntersteigen, als es sie wie ein Blitz durchzuckte. An einer Stelle hatte sie noch nicht nachgesehen! Erschrocken dachte sie an den kleinen Raum am anderen Ende. Dort stand nur ein uraltes Bettgestell aus Messing. Die Kammer musste wohl vor langer Zeit einmal von einem Bediensteten bewohnt gewesen sein.

Mit zitternden Knien durchquerte Nairne den Dachboden erneut. Behutsam stieß sie die Tür, die ein lautes Quietschen von sich gab, mit den Fingerspitzen auf. Erleichtert stellte sie mit einem Blick fest, dass niemand da war. Die ganze Aufregung war umsonst gewesen. Sie musste über sich selbst lächeln. Im Grunde hatte sie es gleich gewusst, dass der Raum leer sein würde, aber …

Wie erstarrt blickte sie auf die Matratze, die durch das Bett gekracht war. Das würde den Lärm von gestern erklären. Mit großen, vor Angst geweiteten Augen nahm sie die graue Wolldecke wahr, die zusammengeknüllt in der Mitte lag. Auf dem Fußboden, am Kopfende des Bettes, lag eine leere Zigarettenpackung. Daneben eine Thunfischdose, die offensichtlich als Aschenbecher fungiert hatte.

Es war jemand hier oben gewesen letzte Nacht. Nairne fühlte, wie Wut in ihr hochstieg und jedes Angstgefühl verdrängte.

Sie verließ die Dachkammer und schloss die Tür. Jetzt wusste sie auch, warum Stephen nichts gehört hatte. Sein Zimmer lag am anderen Ende des Hauses.

Nairne zuckte zusammen. Reifen knirschten draußen auf dem Kiesweg. Dann war das Quietschen von Bremsen zu hören, und gleich darauf schlug eine Autotür zu. Schritte, und wieder wurde eine Autotür zugeschlagen. Irgendjemand scheint es verdammt eilig zu haben, schoss es ihr durch den Kopf. Wer mochte das sein?

Mit klopfendem Herzen rannte sie zur Dachbodenluke und stieg so schnell sie konnte die Wendeltreppe hinab. Dann, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, hastete sie vom zweiten Stockwerk hinunter in die Eingangshalle. Gerade als sie unten ankam, erklang die Türklingel. „Ich komme schon“, rief sie atemlos und riss die Tür auf.

„Was …?“

Mehr als dieses eine Wort brachte Nairne nicht über die Lippen. Wie angewurzelt stand sie da. Der Mann, der wutschnaubend vor ihr stand, war kein Geringerer als Stephen Galbraith. Er sah aus, als würde er in der nächsten Sekunde explodieren.

Mit einer Hand hielt er einen schlaksigen Burschen, fast so groß wie Galbraith selbst, am Genick fest. Nur zu gut kannte Nairne den jungen Mann, der blass und ungewaschen vor ihr stand. In Glencraig gab es nur einen mit solch kurz geschorenen, lila gefärbten Haaren. Nur einen, in dessen linkem Ohrläppchen eine Sicherheitsnadel steckte und der immer in einem alten Schottenrock, einem Kilt, herumlief, was ihm schließlich seinen Spitznamen eingebracht hatte. Kilty Dunbar!

Du lieber Himmel, warum ist er hier?, fragte sich Nairne beunruhigt. Hatte sie ihn gestern nicht mit den anderen Jungs in den Bus einsteigen sehen? Warum war er nicht beim Segeln? Er sollte doch bereits auf hoher See sein, auf der „Queen’s Bounty“. Ob er etwas ausgefressen hatte?

„Kommt rein“, sagte Nairne und trat einen Schritt zur Seite. Ihrer Stimme war anzuhören, dass sie völlig durcheinander war. „Ich habe das Gefühl, ihr müsst mir einiges erklären.“

„Rein mit dir!“, zischte Stephen und schubste den Jungen unsanft. Kilty nutzte die Gelegenheit und befreite sich aus dem Nackengriff, worauf Stephen einen grimmigen Laut von sich gab.

„Wenn Sie eine Erklärung wollen, fragen Sie den da!“, stieß er hervor. „Sag mir jetzt endlich, wie du heißt, du Früchtchen. Und versuch ja nicht, mich wieder reinzulegen, sonst rufe ich die Polizei.“

Kilty starrte vor sich hin und murmelte irgendetwas Unverständliches.

„Sprich gefälligst so, dass man dich versteht!“, herrschte Stephen ihn an.

„Dunbar“, sagte Kilty. Trotzig warf er den Kopf zurück. Seine grauen Augen blitzten Stephen jetzt herausfordernd an. „Lukas Dunbar. Meine Freunde nennen mich Kilty, aber Sie“, fügte er spöttisch hinzu, „dürfen Lukas zu mir sagen.“

Nairnes Blick wanderte von Kilty zu Stephen. Im Augenblick wusste sie nicht, wer von den beiden ihr fremder war. Sicher, sie kannte Kilty seit seiner Geburt, und mit seiner Mutter hatte sie eine tiefe Freundschaft verbunden. Doch jetzt fragte sie sich, ob sie wirklich wusste, wer dieser Junge war. Noch nie hatte Nairne ihn so aufsässig erlebt. Stephen Galbraith hingegen kannte sie kaum einen Tag. Und dennoch, als sie sah, wie er erbleichte, fühlte sie eine Woge des Mitleids in sich aufsteigen. Er sah krank aus, krank und elend.

„Was ist eigentlich los?“, fragte sie. „Kilty, was tust du hier? Warum bist du nicht bei den anderen?“

Kleinlaut antwortete er: „Mir war nicht gut. Deshalb habe ich Mr. Webster gefragt, ob ich nach Hause darf. Er hat dich angerufen und …“

„Nein, hat er nicht“, unterbrach ihn Nairne. „Aufs Band hat er auch nicht gesprochen.“

„Ich habe es gelöscht“, gestand Kilty mit hochrotem Kopf.

„Was? Wann?“, entfuhr es Nairne.

„Ich hab gesehen, wie du zum Friedhof gegangen bist. Da bin ich rein und hab das Band gelöscht. Ich wollte nicht, dass du weißt, dass ich schon zurück bin.“

Für eine Weile war Nairne unfähig, irgendetwas darauf zu erwidern. Sie blickte Kilty nur ungläubig an. Schließlich, als sich die Einzelheiten wie bei einem Puzzle allmählich zu einem Ganzen fügten, sagte sie langsam: „Dann warst du das also … gestern auf dem Dachboden!“

„Ja“, sagte Kilty und wagte nicht, Nairne ins Gesicht zu blicken.

Sie schüttelte fassungslos den Kopf und wandte sich Stephen zu, doch die Frage, die sie an ihn richten wollte, erstarb auf ihren Lippen. Die Art, wie er Kilty anschaute, verschlug ihr die Sprache. Sie bekam eine Gänsehaut, als sie seinen wütenden und gleichzeitig prüfenden Gesichtsausdruck sah. Es war, als suche er irgendetwas in Kiltys Gesicht, etwas, das nicht auf Anhieb zu erkennen war.

Ach was, schalt sich Nairne. Ich sehe schon wieder Gespenster! Sie atmete tief ein und sagte dann mit ruhiger, gefasster Stimme: „Mr. Galbraith, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir sagen würden, was Sie mit der Sache zu tun haben.“

Sie wollte die Frage gerade wiederholen, weil ihr schien, er habe sie nicht gehört. Da wandte er den Blick von Kilty ab und sah sie an. Einen Moment lang sah er völlig verwirrt aus, so als ob er vergessen habe, wo er sich befand. Erst allmählich wurde sein Blick wieder klar – und eiskalt.

Er steckte die Hände in die Hosentaschen und sagte: „Als ich hier wegfuhr, habe ich noch einmal über den Lärm, den Sie gestern Nacht gehört haben, und über meine Brieftasche, die kurzzeitig verschwunden war, nachgedacht. Mir war schnell klar, dass da noch jemand im Haus sein musste. Ich wollte mit Ihnen darüber sprechen …“

„Sie sind also noch einmal zurückgekommen.“

„Ja. Und als ich von der Straße in die Auffahrt einbog, sah ich …“

„Er hat mich gesehen“, unterbrach Kilty ihn mürrisch. Er sah zu Boden und zeichnete mit dem linken Fuß kleine imaginäre Kreise auf den Fußboden. „Es tut mir leid, Nairne.“

„Ich versteh’s noch immer nicht.“ Sie fasste sich an die Stirn. „Hast du die Geldbörse genommen, Kilty?“

„Ja, aber nur, weil …“ Er sprach den Satz nicht zu Ende. Trotzig presste er die Lippen zusammen.

„Du hast sie wieder zurückgelegt. Und du hast nichts herausgenommen? Kein Geld, keine Kreditkarten?“

Kilty schüttelte den Kopf und zuckte die Schultern.

Nairne wusste, dass es keinen Sinn hatte, weiter in ihn zu dringen. Seufzend wandte sie sich Stephen zu. „Werden Sie die Polizei rufen?“

„Das hätte keinen Sinn“, war die knappe Antwort. Nach einer Weile fuhr er fort: „Meiner Meinung nach sind Sie mit diesem Jungen vollkommen überfordert. Ich frage mich, wie Sie das schaffen wollen – acht Halbwüchsige von seiner Sorte! Und dann noch der Gemüseverkauf, ganz zu schweigen vom Pensionsbetrieb im Sommer! Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf“, fügte er bissig hinzu, „verkaufen Sie Bruach, suchen Sie sich einen Mann und heiraten Sie wieder. Gründen Sie eine Familie – mit lauter lieben kleinen Mädchen, die Ihnen nicht so viele Probleme bereiten.“

Die Sympathie, die Nairne eben noch für ihn empfunden hatte, verflog schlagartig. Nur mit Mühe konnte sie ihre Wut und Verärgerung hinunterschlucken. Lieber gar nichts sagen, dachte sie grimmig, als diesem Mann zeigen, wie sehr er mich in Rage bringt. So schaute sie ihn nur ruhig an und wartete, dass er ging.

Doch er rührte sich nicht vom Fleck. Stattdessen räusperte er sich und sagte dann in überraschend höflichem Ton: „Mrs. Campbell, dürfte ich noch für ein paar Tage Ihre Gastfreundschaft in Anspruch nehmen?“

Nairne glaubte, sich verhört zu haben. Wenn sie nicht so erstaunt gewesen wäre und nicht so besorgt um Kilty, hätte sie Stephen freundlich, aber bestimmt geantwortet, dass es unter diesen Umständen wohl besser sei, er würde sich eine andere Bleibe suchen. Doch das tat sie nicht. Irgendwie mussten sie seine dunkelblauen Augen hypnotisiert und gegen ihren Willen verzaubert haben.

Nairne hörte sich sagen: „Kein Problem. Sie können gern noch hierbleiben.“ Unmittelbar darauf zweifelte sie an ihrem Verstand. Sie hatte das Gefühl, ein dicker Kloß stecke ihr im Hals. Doch nun gab es kein Zurück mehr. Mit einem Blick auf die offene Haustür sagte sie: „Während Sie Ihre Sachen aus dem Auto holen und nach oben bringen, setze ich das Kaffeewasser auf.“

War das ein tiefer, erleichterter Seufzer, den Stephen eben von sich gegeben hatte? Warum war es für ihn so wichtig, noch zu bleiben? Was versprach er sich davon? Fragen über Fragen schossen Nairne durch den Kopf. Doch sie beschloss, nicht weiter über Stephen Galbraith und seine Beweggründe nachzudenken. Was immer sein Problem sein mochte, es war sein Problem, nicht ihres.

Sie hatte schließlich anderes zu tun, als sich über fremde Leute den Kopf zu zerbrechen. Zuerst musste sie mit Kilty sprechen, und zwar unter vier Augen.

Sie legte die Hand auf die Schulter des Jungen und sagte: „Komm mit mir in die Küche, Kilty.“

„Hast du heute schon etwas gegessen?“ Nairne goss Wasser in die Kaffeemaschine. Sie drehte den Kopf etwas zur Seite und wartete auf Kiltys Antwort.

„Nein, hab ich nicht.“

„Hast du Hunger?“

„Ja, schon.“

„Dann schlage ich dir vor, dass du erst einmal zu Hause bei deiner Tante etwas isst und dich dann von Doktor Coghill untersuchen lässt. Doch erst erzählst du mir, was eigentlich los ist.“

„Tante Annie ist nicht da. Sie ist in Inverness bei ihrer Freundin Ruby“, sagte Kilty leise.

„Ach!“, entfuhr es Nairne. Jetzt fiel ihr wieder ein, dass Annie Kiltys Abwesenheit für einen kleinen Urlaub nutzen wollte. „Ich nehme an, dass du keinen Schlüssel für ihr Haus hast. Außerdem“, sagte sie mehr zu sich selbst, „auch wenn du einen hättest, wäre es wohl nicht besonders gut, wenn du dort allein wärst.“

„Könnte ich … könnte ich nicht hierbleiben, bis sie wiederkommt?“, fragte Kilty zögernd.

„Hier?“ Nairne hob skeptisch die Augenbrauen und überlegte, in der einen Hand den Messlöffel, in der anderen die geöffnete Kaffeedose. „Na ja, warum eigentlich nicht“, sagte sie schließlich. „Du könntest in einem der Gästezimmer schlafen.“

„Lieber auf dem Dachboden“, sagte Kilty rasch.

„Auf dem Dachboden? Da ist es doch viel zu kalt, du wirst erfrieren.“

„Gestern bin ich doch auch nicht erfroren“, entgegnete er augenzwinkernd.

„Da hast du allerdings recht“, musste Nairne lachend zugeben. „Also gut“, gab sie nach und zuckte die Schultern. „Du musst aber das Bett so weit reparieren, dass die Matratze wieder reinpasst. Ich gebe dir dann auch Bettzeug und eine Taschenlampe. Und, mein Lieber, eine Bedingung …“

„Ja?“

„Es wird nicht geraucht da oben“, sagte sie streng. „Hast du mich verstanden, Kilty? Wenn du rauchen willst, dann geh bitte nach draußen. Im Haus erlaube ich es nicht.“

„Klar, kein Problem.“ Nach einer Weile fügte er hinzu: „Ich muss wahrscheinlich auch zur Schule, oder?“

„Selbstverständlich.“ Nairne unterdrückte ein Lächeln. „Aber jetzt iss erst mal was. Hier.“ Sie stellte eine kleine Schüssel auf den Tisch und legte einen Löffel dazu. „Das Müsli findest du da oben“, sagte sie und zeigte mit dem Finger auf den Hängeschrank. „Die Milch steht im Kühlschrank. Bedien dich.“

„So, jetzt erzähl mal“, sagte sie zwanglos, als Kilty Milch über das Müsli goss, „wie kommt es, dass du dir den Segeltörn auf der ‚Queen’s Bounty‘ entgehen lässt? Ich dachte, du hast dich darauf gefreut?“

Kilty schob die Milchflasche in die Mitte des Tisches und beugte sich über sein Frühstück. „Ich wollte eigentlich nicht darüber sprechen, Nairne. Es … es ist sehr persönlich.“

Nairne, die am Küchenbuffet stand, betrachtete Kilty mit einer Mischung aus Enttäuschung und Mitleid. Der Vierzehnjährige hatte mehr mitgemacht als die meisten Jungs in seinem Alter. Nun hatte er offenbar ein Problem, über das er mit niemandem reden wollte. Jedenfalls nicht mit ihr.

Aus Erfahrung wusste sie, wann es angebracht war, nachzubohren, und wann nicht. Heute war es nicht günstig, ihn weiter auszufragen.

„Ist gut“, sagte sie weich. „Du weißt, dass ich immer für dich da bin. Wenn du also irgendwann mit mir reden willst, dann zögere nicht, es zu tun. Was du mir sagst, bleibt unter uns, wenn du willst.“

„Danke, Nairne“, erwiderte Kilty verlegen.

Er hatte das Müsli hinuntergeschlungen, als ob er eine ganze Woche nichts gegessen hätte. Jetzt schob er den Stuhl zurück und stand auf. „Soll ich das Geschirr in die Spülmaschine stellen?“

„Nein, nein, ins Waschbecken, bitte. Kilty?“ Nairne zögerte einen Moment, bevor sie sagte: „Wegen der Telefongespräche, die du gelöscht hast …“

Kilty seufzte hörbar. „Nächstes Wochenende arbeite ich ohne Bezahlung.“

„Akzeptiert.“

Er straffte die Schultern. „Ich geh dann.“

„Soll ich für dich einen Termin bei Doktor Coghill ausmachen?“, konnte sich Nairne nicht verkneifen zu fragen.

Kilty errötete prompt. „Nein, ich muss nicht zum Arzt. Es tut mir wirklich leid, dass ich Mr. Webster angelogen habe. Mir fehlt nichts. Ich bin völlig gesund … Muss jetzt los zur Schule, bis später.“

Kilty wollte gerade hinaus, als Stephen Galbraith hereinkam. Im Vorbeigehen warf ihm Kilty einen undefinierbaren Blick zu. Stephens Gesicht verfinsterte sich. Nairne dachte, er würde etwas sagen, doch er presste nur die Lippen noch fester zusammen und schaute Kilty stumm nach.

Zwei Sekunden später fiel die schwere Haustür ins Schloss. Nairne atmete auf. Sie merkte erst jetzt, dass sie den Atem angehalten hatte. Wenn die beiden, Stephen und Kilty, zusammen in einem Raum waren, war die Spannung unerträglich. Diese Spannung beunruhigte und verwirrte sie, vor allem weil sie sich das nicht erklären konnte.

„Nun, haben Sie Ihre Sachen nach oben gebracht?“, fragte sie freundlich lächelnd.

„Ja, danke.“

„Wie wär’s mit einer Tasse Kaffee?“

Während Nairne Kaffee in eine große Tasse einschenkte, ging Stephen unruhig auf und ab. Sie ertappte sich dabei, wie sie ihn mit Rory verglich. Rory war unkompliziert und ausgeglichen gewesen. Das, was er sich vorgenommen hatte, hatte er immer erreicht, weil er sehr überlegt und ruhig an alles herangegangen war. Er hatte es nicht nötig gehabt, viel Aufhebens zu machen. Und trotz seines Erfolges hatte er keine Neider oder Feinde. Nairne hatte das immer als eine besondere Gabe angesehen.

Stephen Galbraith war anscheinend das krasse Gegenteil von Rory. Das erkannte Nairne an der Art, wie er mit Kilty umsprang. Galbraith war offensichtlich ein Mann, der sich um andere Leute wenig scherte. Deren Gefühle und Motive schienen ihn nicht zu interessieren. Er würde, schloss Nairne aus ihren Beobachtungen, auch über Leichen gehen, wenn er davon profitierte.

Sie reichte ihm die Tasse Kaffee.

„Erzählen Sie mir“, bat er unvermittelt, „von dem Jungen. Wie ist er?“

So kann man sich in einem Menschen täuschen, dachte Nairne. War sie nicht noch vor Kurzem davon überzeugt gewesen, Stephen interessiere sich nicht für die Jungs und ihre Arbeit in Bruach?

„Kilty?“ Nairne schenkte sich auch Kaffee ein, nahm Milch und Zucker und setzte sich dann an den Küchentisch. Mit beiden Händen umschloss sie die heiße Tasse und trank einen kleinen Schluck. „Er ist ein netter Kerl …“

„Nett?“ Stephen lachte höhnisch auf. „Wenn ich mich recht entsinne, sagten Sie mir, dass die Jungs, die hier arbeiten, alle Kriminelle sind. Und das, was ich von diesem Lukas oder Kilty oder wie er heißt mitbekommen habe, ist …“

„Zugegeben“, unterbrach ihn Nairne ungehalten, „die jungen Leute, die hier in Bruach arbeiten, sind mit dem Gesetz in Konflikt geraten – mit Ausnahme von Kilty. Er ist aus anderen Gründen hier.“

„Aus welchen Gründen?“

„Kilty arbeitet hier seit dem Tod seines Vaters. Er ist jünger als die meisten Jungs in Bruach.“ Sie blickte aus dem Fenster. Neben ihrem Kombi lag Shadow, der die Sonnenstrahlen zu genießen schien. Kilty muss ihn hinausgelassen haben, dachte Nairne. „Er war schon immer ein Einzelgänger“, fuhr sie fort, „und ein ausgeprägter Individualist. Das haben Sie sicherlich schon an seiner Kleidung gemerkt.“

Stephen gab einen mürrischen Laut von sich. „Da mögen Sie recht haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass viele Jugendliche in seinem Alter den Kilt tragen.“

„Als er drei Jahre alt war, hat Hazel, seine Mutter, angefangen, ihm immer sonntags, wenn sie in die Kirche gingen, einen Kilt anzuziehen. Die älteren Kinder haben ihn deshalb geneckt und Kilty genannt. Als er in die Schule kam, hat er keinen Kilt mehr getragen, aber der Spitzname ist ihm geblieben.“ Nairne stellte die Tasse auf den Tisch und fuhr gedankenverloren mit der Fingerspitze über den Rand und den Henkel. „Als er zwölf war, ging er in ein Pfadfinderlager nach Edinburgh. Als Hazel und Hugh ihn bei seiner Rückkehr am Bahnhof abholten, haben sie ihn kaum wiedererkannt. Statt der Jeans trug er einen Kilt, und sein Haar war lila gefärbt. Seit dieser Zeit ist der Kilt sein Markenzeichen.“

Nairnes Schilderung folgte eine lange Pause. Nur das Schlagen der Kirchturmuhr war von fern zu hören. Nach dem letzten Glockenschlag stellte Stephen seine Kaffeetasse auf das Küchenbuffet und ging zum Fenster hinüber. Er verschränkte die Arme und blickte Nairne an.

„Sie sagten, seine Eltern sind tot. Wer kümmert sich jetzt um den Jungen?“

Merkwürdig, dachte Nairne, dass er sich so sehr für Kilty interessiert. „Die einzige Verwandte, die Kilty noch hat, ist seine Tante Annie. Eigentlich ist sie seine Großtante. Sie war eine von Hughs Tanten und wurde nach dessen Tod zu Kiltys Vormund ernannt.“ Nairne schüttelte nachdenklich den Kopf. „Arme Annie“, sagte sie dann, „sie lebte immer allein, war nie verheiratet. Sie kommt mit Kilty kaum klar. Sie bat mich, ihm einen Job zu beschaffen und ein Auge auf ihn zu haben. Na ja, und so kam Kilty nach Bruach.“

„Sie scheinen gut mit ihm auszukommen.“ Stephen schaute sie prüfend an.

„Ich mag ihn. Er ist ein netter Junge, wie ich schon sagte. Dennoch mache ich mir Sorgen um ihn. Er lebt bei seiner Tante, arbeitet bei mir … Es fehlt der männliche Bezugspunkt in seinem Leben.“

„Wie kommt er denn in der Schule voran?“, wollte Stephen wissen.

„Oh, er ist hochintelligent … aber leider sehr faul. Er interessiert sich nur für eine Sache, und das ist …“

Das Schrillen des Telefons unterbrach das Gespräch. Nairne stand auf, ging zu dem kleinen Tischchen am Fenster und nahm den Hörer ab. Es war Kyla. „Du, ich habe gestern vergessen, mir das Rezept abzuschreiben. Bist du so nett und gibst es mir jetzt durch?“

„Ja, einen Moment“, antwortete Nairne, „ich muss nur schnell mein Kochbuch holen.“ Sie legte den Hörer neben den Apparat und wandte sich an Stephen, der neben ihr stand. „Es tut mir leid, das wird eine Weile dauern. Haben Sie heute Vormittag noch etwas vor?“

„Ich dachte, ich schau mir die Gegend ein bisschen an“, erwiderte er.

Was mochte ein Großstädter interessant finden an diesem schottischen Nest? Noch dazu an einem kalten Februartag. Galbraith könnte es sich bestimmt leisten, an die Riviera zu fliegen oder nach Florida oder auf die Bahamas. Nairne wunderte sich wirklich über ihren Gast.

„Normalerweise biete ich meinen Gästen nur Frühstück an. Aber da die meisten Restaurants in der Gegend geschlossen haben, können Sie gern gemeinsam mit mir essen. Sie müssen mir nur rechtzeitig Bescheid geben“, sagte sie, während sie im Kochbuch blätterte.

„Danke, das ist sehr nett von Ihnen. Heute bin ich ungefähr bis fünf Uhr unterwegs“, sagte Stephen.

Dem Himmel sei Dank! durchfuhr es Nairne. Im nächsten Moment fragte sie sich erschrocken, warum sie so reagiert hatte. Sie musste nicht lange überlegen. Noch nie zuvor war sie einem Menschen begegnet, der sie so aus der Fassung brachte. Der durch seine bloße Anwesenheit ihre innere Ruhe zunichte machte. Noch nie hatte sie die Gegenwart eines Mannes so intensiv gespürt. Nairne wusste, dass daran nicht allein sein Aussehen schuld war, seine blauen Augen und sein schwarzes Haar. Es war etwas anderes, was sie unwiderstehlich anzog. Etwas, das nicht sichtbar war. Die Ausstrahlung, die von ihm ausging und der sie sich nicht entziehen konnte, weckte ein schmerzliches Verlangen in ihr, ein Verlangen nach …

Gewaltsam schob sie diese Gedanken beiseite.

„Gut“, sagte sie nüchtern und nickte Stephen zu, während sie nach dem Telefonhörer griff. Er hob die Hand zum Abschied und lächelte schief. Nairnes Herz pochte verräterisch. Irgendjemand sollte diesen Mann einsperren und den Schlüssel wegwerfen, dachte sie aufgebracht. Der Mann konnte ihr gefährlich werden.

Erst als sie hörte, wie die Haustür zuschlug, wurde ihr bewusst, dass sie die ganze Zeit über den Atem angehalten hatte. Jetzt atmete sie auf.

„Kyla, bist du noch dran?“

„Was ist los, Nairne? Du hörst dich an, als ob etwas passiert sei.“

Passiert? So kann man es auch nennen, dachte Nairne, sagte jedoch: „Das muss an der Verbindung liegen. Die ist heute besonders schlecht. Mir geht es gut.“ Noch immer klopfte ihr Herz wie rasend. Was war bloß los mit ihr?

Doch im Augenblick hatte sie keine Zeit, sich um ihren Gefühlswirrwarr zu kümmern. „Hast du etwas zu schreiben, Kyla? Also, hier ist das Rezept.“

4. KAPITEL

Als Kilty kurz nach vier Uhr aus der Schule zurückkam, schickte ihn Nairne sogleich auf den Dachboden, wo er das Bett reparieren sollte. Schon nach kurzer Zeit kam er wieder herunter und meinte, dass das Bettgestell nun sicherlich nicht mehr zusammenbrechen werde.

„Ich habe zwei Bretter unter die Sprungfedern gelegt“, erklärte er, „das wird wohl halten. Das Bett ist sogar bequemer als mein eigenes bei Tante Annie.“

„Dann ist es ja gut.“ Nairne, die am Spülbecken stand und Kartoffeln schälte, legte das Messer weg und wandte sich Kilty zu. „Was ich noch sagen wollte … Letzte Woche habe ich bei Annie vorbeigeschaut. Sie hat mir die Fotografien gezeigt, die in deinem Zimmer an der Wand hängen. Sie sind wirklich gut.“

Autor

Helena Dawson
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Grace Green
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Carole Mortimer
<p>Zu den produktivsten und bekanntesten Autoren von Romanzen zählt die Britin Carole Mortimer. Im Alter von 18 Jahren veröffentlichte sie ihren ersten Liebesroman, inzwischen gibt es über 150 Romane von der Autorin. Der Stil der Autorin ist unverkennbar, er zeichnet sich durch brillante Charaktere sowie romantisch verwobene Geschichten aus. Weltweit...
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