Sag mir dein süßes Geheimnis

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Mallorys Auftrag ist klar: Lüfte die dunklen Geheimnisse des sexy Radiomoderators – und Chicagos begehrtesten Junggesellen – Logan Bartholomew. Doch dann verliert die hübsche Reporterin ihr Herz an Logan – und ihre Liebesnacht hat süße Folgen ...


  • Erscheinungstag 17.09.2022
  • ISBN / Artikelnummer 9783751520270
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Ist der Platz hier besetzt?“

Mallory Stevens kannte diese tiefe, verführerische Stimme. Sie wappnete sich innerlich, ehe sie den Kopf hob und in ein lächelndes grüngraues Augenpaar und ein Gesicht blickte, das keinen Vergleich mit Adonis scheuen musste. Zwecklos.

Zip, zap, zing!

In dieser Geschwindigkeit erwachten ihre Hormone zum Leben, und ihre Arme und Beine wurden zu Pudding. Eine recht bizarre Reaktion, doch es wäre gelogen gewesen, sie als unangenehm zu bezeichnen. Noch war sie ihr neu. Ähnlich hatte sie schon vor einer Woche reagiert, als sie Logan Bartholomew zum ersten Mal begegnet war.

Das war in seinem Büro gewesen, und damals hatte sie es als Zufall abgehakt. Sie hatte zu viele Überstunden gemacht. Die Nacht zuvor schlecht geschlafen. War schon viel, viel zu lange ohne Mann.

Aber so etwas passierte nicht zweimal. Und wenn doch und ein Mann mit im Spiel war, dann nannte man das anders: Anziehung.

Mallory holte tief Luft. Sie hatte nichts dagegen, sich mit Vertretern des anderen Geschlechts abzugeben. Sie mochte Männer, hatte es sich aber zur Regel gemacht, Arbeit und Vergnügen strikt zu trennen. Und Logan Bartholomew fiel in die Kategorie Arbeit, obgleich ihr Körper ihr etwas anderes signalisierte.

„Nein, setzen Sie sich zu mir, Herr Doktor“, forderte sie ihn auf. Zum Glück verriet ihre Stimme nichts von ihrem inneren Aufruhr. Das Gleiche hoffte sie von dem Lächeln, mit dem sie ihre Worte begleitete.

Er platzierte seine athletische Gestalt auf den Stuhl und schaffte es, dabei elegant und männlich auszusehen. Zum x-ten Mal während ihrer kurzen Bekanntschaft ertappte Mallory sich bei dem Gedanken, dass er sein attraktives Äußeres beim Radio vergeudete. Er moderierte eine Sendung, über die ganz Chicago sprach.

„Ich dachte, wir hätten uns auf Logan geeinigt.“

Mallory wusste, dass das nicht stimmte. Trotzdem erschien ihr ihr Auftrag, über die Preisverleihung einer Chicagoer Frauenvereinigung zu berichten, jetzt, da er an ihrem Tisch saß, sehr viel reizvoller. Ein wenig wäre bei einem Mann wie Logan zu schwach gewesen.

Alles an ihm war außergewöhnlich, von seinem selbstbewussten Auftreten angefangen über seinen athletischen Körperbau bis hin zu der Geschwindigkeit, mit der sich seine Talkshow innerhalb eines Jahres zur beliebtesten Radiosendung der Stadt gemausert hatte. Kein Wunder also, dass er in einer kürzlich veröffentlichen Umfrage ihrer Zeitung zu Chicagos begehrtestem Junggesellen gekürt wurde.

Als Reporterin ermahnte sich Mallory, sich nicht nur für seine Herzrasen verursachende Ausstrahlung und sein unbestreitbar fantastisches Äußeres zu interessieren. Sie war auf der Suche nach einer Story, und hier roch sie eine. Nicht notwendigerweise eine, die sich mit seinem edlen Aftershave und seinen Designerkrawatten beschäftigte, und sicherlich auch nicht diese triviale Geschichte, die sie vergangene Woche in sein Büro geführt hatte.

Ihrer Erfahrung nach war kein Mann so perfekt, wie dieser hier den Anschein vermittelte, mit seinem Harvard-Abschluss und seinem Hang, sich für einen guten Zweck starkzumachen. Mallory hatte die Absicht, die Leichen aus seinem Keller zu holen und jede einzelne davon öffentlich zu sezieren. Vielleicht würde ihr Chefredakteur ihr dann den peinlichen Fauxpas verzeihen, durch den der Anwalt der Zeitung gezwungen war, eine Verleumdungsklage abzuschmettern, und Mallory ihren alten Job in der Politik-Redaktion wiedergeben.

„Ich sollte Ihnen für den Artikel über meine Rede im Rahmen der Abschlussfeier an der Chesterfield Alternative High School danken“, sagte er.

Laues Blabla. So lau und weichgespült, dass der Artikel mitten in den Lifestyle-Seiten des Chicago Herald gelandet war.

„Sie haben ihn gelesen?“ Ein Wunder, dass er den Artikel überhaupt gefunden hat, dachte sie.

„Alle vier Spalten“, lautete seine trockene Antwort.

Tatsächlich hatte Mallory den Artikel mit Infos über seinen Hintergrund strecken müssen, damit er überhaupt so lang wurde. Mein Gott, sie vermisste ihre Angriffe auf die Regierung. Nach zwei Monaten Unsinn schreiben fühlte sie sich wie ein Tiger auf einem Vegetarierkongress. Sie brauchte Fleisch, je roher desto lieber, und wenn ihr Instinkt sie nicht täuschte, war Logan ein Filetstück.

Den Kopf zur Seite geneigt, fragte sie ihn: „Sagen Sie, ist an dem Gerücht was dran, dass Doctor in the Know landesweit gesendet wird? Oder dass ein gewisser Fernsehsender Ihnen eine Show zur besten Sendezeit angeboten hat?“

Falls ihn ihre Frage überraschte, zeigte er es nicht, sondern erkundigte sich nur beiläufig: „Offiziell oder inoffiziell?“

„Offiziell, natürlich!“

„Nun, dann lautet die Antwort Nein.“

„Und ganz unter uns?“

Logan beugte sich so nah zu ihr hin, dass sie die Wärme seiner Haut spürte. Sie stellte sich seinen Mund vor, seine Lippen, die beinahe ihr Ohrläppchen berührten, als er flüsterte: „Kein Kommentar.“

Mallory erschauderte. Der Mann war tödlich. Sex pur, verpackt in einem Anzug, der mindestens so viel gekostet hatte, wie sie in einem Monat verdiente. Da konnte sie in ihrem schwarzen Kostüm, das kein Designerlabel trug, aber auch nicht billig gewesen war, natürlich nicht mithalten. Dafür hatte sie einfach den falschen Beruf gewählt, obwohl sie nicht daran dachte, daran was zu ändern. Sie liebte ihren Beruf. Bis vor Kurzem war er die befriedigendste und verlässlichste Konstante in ihrem Leben gewesen. Und so sollte es auch wieder werden.

Sie lehnte sich zurück und lächelte ihr Gegenüber an. „Ich werde es auch so herausfinden. Die Geheimnisse meiner Mitmenschen zu lüften, ist meine Spezialität.“

„Das ist mir bekannt“, gab er liebenswürdig zurück. „Bevor Sie letzte Woche in mein Büro kamen, rief mich meine Agentin extra an, um mich vor Ihnen zu warnen. Sie sagte, sie seien gefährlicher als ein Pitbull.“

„Ein Pitbull, soso.“ Mallory fuhr sich mit der Zungenspitze über die Zähne.

„Tollwütiger Pitbull, um genau zu sein“, setzte er hinzu. „Ich hoffe, ich habe Sie jetzt nicht beleidigt.“

„Mich beleidigt?“ Sie schnaubte verächtlich. „Ich bitte Sie, ich fühle mich geschmeichelt.“

„Ich glaube nicht, dass sie es als Kompliment gemeint hat.“

„Nein, hört sich auch nicht so an. Aber ich betrachte es dennoch als solches. Denn ich gehe tatsächlich immer an die Kehle. Damit erziele ich bei meiner Arbeit die besten Resultate.“ Während sie das sagte, senkte sie den Blick und stellte sich seinen appetitlichen Hals vor.

„Und außerhalb der Arbeit?“

Seine Frage riss Mallory aus ihren Betrachtungen. Sie sah ihm wieder ins Gesicht und wurde von einem selbstsicheren, sehr männlichen Lächeln begrüßt.

„W…was meinen Sie damit?“ Sie ärgerte sich, dass sie plötzlich stammelte wie eine College-Göre beim Gespräch mit dem Baseballstar ihrer Schulmannschaft.

„Was machen Sie in Ihrer Freizeit? Um auszuspannen?“ Jetzt klang er definitiv herausfordernd.

„Ich arbeite oft bis spät abends.“ Danach fuhr sie allein nach Hause und nahm auf dem Weg von der Bushaltestelle zu ihrer Wohnung noch was vom Chinesen mit. Das aß sie dann vorm Fernseher, ehe sie bald darauf in ihr breites Doppelbett kroch. Allein.

„Kein … Freund?“, forschte er.

Ihre Augen wurden schmal. „Momentan nicht.“ Seit zwei Jahren wäre ehrlicher gewesen.

„Hmm.“

„Analysieren Sie mich, Herr Doktor?“

„Logan“, erinnerte er sie mit einem nachsichtigen Lächeln.

„Okay, aber im Moment klingen Sie wirklich wie ein Therapeut.“

„Ah.“ Er verzog das Gesicht. „Das tut mir leid. Gehört auch zu meinem Beruf, fürchte ich. Es ist nur schwer zu glauben, dass eine so kluge, interessante und, ja, attraktive Frau wie Sie keine Beziehung hat.“

„Gut pariert.“ Sie sagte das bewusst trocken, um ihre Freude über diese Komplimente zu verbergen.

Klug, interessant, attraktiv. Welche Frau hörte das nicht gern, besonders von so einem Mann?

Ihre Salate wurden serviert und ein Korb mit Gebäck. Mallory nahm sich ein Brötchen. Bei ihrem ersten Treffen war die Zeit so knapp gewesen, dass sie Logan nur Fragen zu seiner Festrede vor den Studenten hatte stellen können. Deshalb fragte sie ihn jetzt beiläufig: „Und was ist mit Ihnen? Was tun Sie, wenn Sie nicht auf Sendung sind?“

„Nun, zunächst einmal esse ich gern.“ Er gabelte ein paar Salatblätter in Himbeer-Vinaigrette auf.

„Das sieht man.“ Logan war eine wandelnde Reklame für körperliche Fitness. Da dieser Mann angezogen schon so umwerfend attraktiv war, konnte sie sich gut vorstellen, wie er ohne Anzug aussah. Bei dem Gedanken musste sie husten.

Logan klopfte ihr auf den Rücken. „Besser?“

„Danke“, brachte sie heraus. „Sie sprachen vom Essen?“

„Ich esse für mein Leben gern und habe deshalb kochen gelernt.“

Mallory blinzelte ihn misstrauisch an. „Kochen wie… die Mikrowelle bedienen? Oder kochen wie…“

„Richtig kochen“, fiel er ihr ins Wort. „Heute Abend zum Beispiel steht ein mariniertes und gegrilltes Hüftsteak auf dem Speiseplan, dazu Reisnudeln und ein schlichter grüner Salat.“

Mallory lief das Wasser im Mund zusammen. „Nur für Sie allein?“

„Vermutlich.“

„Ich bin beeindruckt.“ Und das war sie wirklich. „Ich kann besonders gut Wasser kochen, die Vorstufe zu Makkaroni mit Käse.“

„Aus der Packung“, vermutete er.

Natürlich, was sonst? Wasser kochen, Nudeln dazu, abseihen, Käse drüber. Voilà. Fertig war das Abendessen.

„Kochen, habe ich herausgefunden, wirkt sich überraschend positiv auf meine kreative Energie aus.“

Mallory fand seine Offenheit ebenfalls überraschend, bezweifelte jedoch, dass sie ihren Verleger mit der Schlagzeile begeistern könnte, dass Chicagos neuer Lieblingssohn sich in seiner Freizeit am heimischen Herd verlustiert.

Deshalb ihre Frage: „Was treiben Sie sonst in Ihrer Freizeit? Dass Sie nicht regelmäßig die In-Lokale aufsuchen, das weiß ich.“ Das hatte sie gecheckt.

„Dafür bin ich ein bisschen zu alt.“

„Sechsunddreißig ist noch kein Greisenalter.“ Besonders, wenn es sich in breiten Schultern, schmalen Hüften und dichtem Haar äußert.

Besagte Schultern hoben sich. „Nachtklubs sind nicht wirklich mein Ding.“

Ihres auch nicht. Klar, hin und wieder tanzte sie ganz gern, trank einen Cocktail und amüsierte sich, doch sie hatte sich schon lange aus der Fleischbeschau-Szene der Stadt zurückgezogen. Wenn sie heute ausging, dann meist mit einer Freundin auf ein paar Margaritas zum Mexikaner.

„Und, was ist Ihr Ding?“

Logan schwieg eine Weile und musterte sie dabei mit einem Blick, der zugleich herausfordernd und anerkennend war. Instinktiv hielt Mallory die Luft an, bis er endlich antwortete: „Ich gehe gern segeln.“

Mallory atmete geräuschvoll aus. „In einem Segelboot?“ Sie war enttäuscht. Solange er ihr nicht gestand, dass er Drogen auf seinem Kahn versteckte, war diese Enthüllung so wertlos wie seine Kochkünste.

„Womit sonst?“ Er lächelte. „Meine Eltern hatten einen Katamaran, als ich klein war, und ich liebte es, damit übers Wasser zu brausen. Deshalb habe ich mir vor ein paar Jahren einen Zehn-Meter-Kat geleistet, mit dem ich so oft wie möglich auf dem Lake Michigan segle. Leider ist die Saison immer so verdammt kurz hier.“

Mallory hielt sich beileibe nicht für eine Romantikerin, hatte aber keine Mühe, sich Logan am Ruder einer Segeljacht vorzustellen und das Boot durch aquamarinblaue Wellen zu steuern, während hinter ihm die Chicagoer Skyline am Horizont verschwand.

„Klingt aufregend“, hörte sie sich mit einer Kleinmädchenstimme sagen. Gütiger Himmel, was war nur los mit ihr?

„Ist es auch. Besonders am frühen Morgen. Es gibt nichts Schöneres, als mit einer Tasse Kaffee an Deck zu sitzen und die Sonne aufgehen zu sehen.“

Mallory schluckte. Konzentrier dich, ermahnte sie sich, als ihre Fantasie sich ein zweites Mal selbstständig zu machen drohte. „Das klingt, als übernachteten Sie auf Ihrem Boot.“

„Ab und zu. Es ist so friedlich da draußen, wissen Sie, so weit weg vom ewigen Lärm der Stadt. Nur das Plätschern des Wassers und gelegentlich der Schrei einer Möwe.“

Unwillkürlich musste sie an die Stadtbahn denken, die in regelmäßigen Abständen an ihrem Apartment vorbeirumpelte. Was sie betraf, hörte sich das himmlisch an. Das war, bevor sie sich ihn beim Zubettgehen vorstellte, in … hm … was trug der Herr Doktor des Nachts?

„Übernachten Sie allein auf Ihrem Boot?“ Auf seinen erstaunten Blick hin schob sie eine andere Frage nach. „Mit wem gehen Sie denn segeln?“

Logan begann laut zu lachen, ein tiefes, herzhaftes Lachen, das an ihrer Wirbelsäule hinauftanzte wie ein flacher Stein, der übers Wasser hüpft. „Möchten Sie wissen, ob ich liiert bin?“

Mallory räusperte sich, bemühte sich wieder um ihren beiläufigen Reporterinnen-Tonfall. „Eine Menge Single-Frauen, die den Herald lesen, brennen darauf zu erfahren, wie begehrenswert Sie als Junggeselle sind.“

„Das war diese verdammte Meinungsumfrage.“

„Genau“, erwiderte sie trocken. „Jeder Mann in Chicago würde sich glücklich schätzen, seinen Namen in einer zu lesen.“

„Muss ich mich bei Ihnen für dieses … Privileg bedanken?“

Mallory schüttelte den Kopf. „Damals gehörte ich noch nicht zum Lifestyle-Team.“

Logan ließ sich nicht beirren. „Aber Sie sind eine von denen? Sie wissen schon, den Wählerinnen, diesen Frauen, die an meinem Privatleben interessiert sind?“

„Keine Wählerin, nein. Aber Sie können darauf wetten, dass ich an Ihrem Privatleben Interesse habe.“ Sie zog einen Kugelschreiber und ein kleines Notizbuch aus ihrer Tasche. „Also?“

Logan hatte etwas von seiner guten Laune eingebüßt, als er sagte: „Es war mir nicht klar, dass man Sie hierhergeschickt hat, um mich auszuhorchen.“

War das Tadel in seinem Blick oder Enttäuschung? Mallory mochte weder das eine noch das andere, war aber auch nicht gewillt zurückzustecken. „Tollwütiger Pitbull“, hatte Logans Agentin sie genannt. Nun, sie hatte sich diesen Ruf nicht unverdient erworben.

„Tut mir leid. Das bringt mein Beruf mit sich. Und ich denke immer noch, dass Sie eine sehr viel interessantere Story abgeben als der diesjährige Gewinner des Charity-Award.“ Unauffällig nickte sie in Richtung des Promitischs. „Sie sind eine lokale Berühmtheit, Logan. Hier aufgewachsen, Selfmademan und sehr erfolgreich. Und ein bisschen geheimnisumwittert. Abgesehen von ein paar Lebenslaufdaten und wo Sie studiert haben, weiß man nur wenig über Sie.“

Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich liebe meine Privatsphäre.“

„Und die Leserinnen lieben es, genau da einzudringen.“ Mallory legte den Kopf zur Seite. „Es schadet der Publicity nicht, ihnen hin und wieder einen Knochen hinzuwerfen. Zumal sie schließlich diejenigen sind, die Ihre Sendung einschalten.“ Jetzt setzte sie zum Sprung an seine Kehle an. „Genau genommen könnte man sagen, Sie verdanken ihnen Ihren Erfolg.“

„Gut, wenn Sie das so sehen.“ Auf seinem Gesicht entstand ein Lächeln. Ein tödliches, entschied sie, während ihre Hormone einen Tanz aufführten wie die Kugeln in einer Bingo-Maschine. Ohne es zu merken, beugte sie sich ihm entgegen, angezogen von ihm wie die Motte vom Licht. Und es erstaunte sie nicht, dass ihr auf einmal richtig heiß wurde.

„Und, weiter?“ War das ihre Stimme, die so atemlos klang, so verflucht eifrig?

„Ich lebe nicht in einer … Beziehung.“

Sie befeuchtete sich die Lippen, lehnte sich zurück. „Ah.“

Was bedeutete das genau? Männer, das wusste sie, definierten Beziehungen anders als Frauen.“

„Noch eine Frage?“

Mallory hatte Dutzende auf Lager, und ihr Gegenüber, der Garant für ihre Arbeitsplatzsicherung, bot ihr die Gelegenheit, diese zu stellen. Doch unter seinem abschätzenden Blick lief ihr Gehirn leer wie ein umgestürzter Krug. Zum Glück wurden in dem Augenblick die Vorspeisen serviert, was sie vor der Blamage rettete, zum ersten Mal in ihrer Karriere sprachlos zu sein.

In einvernehmlichem Schweigen aßen sie das trockene Huhn und den pappigen Reis. Es war beinahe eine Erleichterung, als der Kellner den Tisch abräumte und die Preisverleihung begann. Doch während die Vorsitzende der Frauenvereinigung die vielseitigen Tugenden des Gewinners lobte, merkte Mallory, dass Logan sie beobachtete.

Was, um alles in der Welt, dachte er?

Logan studierte sie. Er hatte es ernst gemeint, als er sagte, sie sei klug, interessant und attraktiv.

Attraktiv. Himmel, sie war absolut hinreißend mit dem vollen braunen Haar, das ihr ovales Gesicht umrahmte, und den unglaublichsten Augen, die er je gesehen hatte. Doch abgesehen von ihrer äußeren Schönheit war es ihr Wesen, das ihn gefangen nahm. Er liebte kluge Frauen. Doch Klugheit gepaart mit Schönheit war für ihn eine tödliche Kombination. Mallory besaß beides im Überfluss. Und da lag das Problem.

So eine Frau hatte Logan schon einmal kennengelernt, vor Jahren. Damals war er so verliebt gewesen, dass er es beinahe bis zum Traualtar geschafft hätte, bereit und willens, seine unsterbliche Liebe und Hingabe zu versprechen. Einen Monat vor der Trauung hatte seine Verlobte die Hochzeit abgesagt. Behauptet, sie brauche Zeit und Abstand. Zeit zum Nachdenken. Fakt war, dass sie ihn nicht gebraucht hatte. Sie heiratete später einen anderen.

Das war jetzt knapp zehn Jahre her. Logan hatte nur noch ein einziges Mal von ihr gehört, kurz nach ihrer Hochzeit. Der Brief war in Portland, Oregon, abgestempelt worden, wenige Zeilen, in denen sie ihn um Verzeihung bat; eine Bitte, die er nicht hatte erfüllen können. Der Brief enthielt keine Adresse oder Telefonnummer. Logan hatte verstanden. Und sich seither vor Versprechungen gehütet.

Was nicht bedeutete, dass er Frauen aus dem Weg ging oder nicht gern seine Zeit mit ihnen verbrachte. Er ließ die Dinge nur nicht mehr zu ernst werden.

Logan betrachtete Mallory, die sich eifrig Notizen machte, scheinbar ganz versunken in die mehr als langweilige Rede des Gewinners. Und während er sie beobachtete, stellte er fest, dass ihn das ärgerte.

Tollwütiger Pitbull.

Logans Agentin hatte ihm ans Herz gelegt, sich vor dieser speziellen Reporterin in Acht zu nehmen. Mallory ruinierte Leute, hieß es. Vielleicht war es der Masochist in ihm, der das als Herausforderung betrachtete. Außerdem war er den Umgang mit Journalisten gewohnt, spätestens seit seine Radio-Show ganz oben in den Charts rangierte.

Nach einer Weile lehnte sich Logan ein wenig vor und sagte zu Mallory: „Im Zuge der Gleichberechtigung möchte ich Ihnen jetzt eine Frage stellen.“

„So?“

„Was haben Sie später noch vor?“

Sie blinzelte kurz, ehe sie die Augen zusammenkniff. Warum nur fand er ihr Misstrauen so sexy?

„Einen Artikel schreiben. Warum?“

„Wie lange wird das dauern?“

„Über das hier?“ Sie schürzte abfällig die Lippen. Nicht zum ersten Mal fragte er sich, warum man so eine hervorragende Reporterin zu diesem zweitrangigen Event geschickt hatte. „Ich brauche ein paar Kommentare vom Gewinner, von jemandem aus der Jury, und muss ein paar Absätze tippen, warum genau dieser Gewinner ausgewählt wurde.“

„Mit anderen Worten, das könnten Sie auch im Schlaf schreiben.“

Sie quittierte sein plumpes Kompliment mit einem Lächeln. „Sobald ich die Kommentare habe, ist das in höchstens einer halben Stunde erledigt. Warum?“

Logan spielte ganz gegen seine Art mit dem Feuer. Gut, er liebte Herausforderungen, doch unnötige Risiken nahm er gewöhnlich nicht in Kauf. Dennoch hörte er sich fragen: „Haben Sie die Stadt schon einmal vom Wasser aus gesehen?“

„Nein“, erwiderte sie langsam.

„Ich habe mein Segelboot, die Tangled Sheets, im Yachtclub liegen. Gegen fünf wollte ich eine kleine Tour machen. Kommen Sie mit?“

Etwas blitzte in ihren großen, dunklen Augen auf. Interesse? Freudige Erwartung? Kurz überlegte er, ob die Reporterin in ihr oder sie selbst für diese Regung verantwortlich war, und stellte fest, dass es ihm gleichgültig war.

„Welcher Yachtclub?“

So leicht wollte es Logan ihr nun auch nicht machen. Er stand auf, salutierte wie ein Kapitän und machte ein paar Schritte rückwärts Richtung Tür.

Kurz bevor er sich umdrehte, sagte er: „Sie sind doch Reporterin, Mallory. Wenn Sie mich wirklich kennenlernen möchten, finden Sie es heraus.“

2. KAPITEL

Trotz der leichten Bluse und der Bermudas setzte die Hitze Mallory mächtig zu, als sie am späten Nachmittag Logans Liegeplatz erreichte, zumal sie die sechs Blocks von der Haltestelle der Stadtbahn zum Chicago Jacht Klub im Eilschritt zurückgelegt hatte. Obwohl sie ein Auto besaß, nahm sie oft die Bahn, um die lästige Parkplatzsuche zu vermeiden.

Nach dem Mittagessen hatte sie eilig ihren Artikel in den Computer getippt, einmal kurz durchgelesen, ihn durch das Rechtschreibprogramm laufen lassen und dann abgespeichert. Eigentlich war es nicht ihre Art, sich derart zu hetzen, besonders nicht wegen eines Mannes, aber Logan war für sie mehr als nur ein Mann. Er war ihre Story.

Beim Anblick selbiger Story stockte ihr schier der Atem. Logan stand mit schulterbreit gespreizten Beinen auf dem Deck eines Segelboots, und im Widerschein der Sonne, die sich auf dem azurblauen See spiegelte, sah er aus wie ihrer Fantasie entstiegen.

Er hatte ihr den Rücken zugewandt, und zwischen seinem Ohr und der Schulter klemmte ein Handy, was Mallory Zeit gab, ihn in aller Ruhe zu betrachten. Auch er hatte sich umgezogen. Er trug jetzt ein kurzärmliges Hemd, das seine muskulösen Arme zeigte, dazu Kakihosen, die einen sehr hübschen, knackigen Hintern vermuten ließen. Mallory fächelte sich Luft zu. Verfluchte Hitze. Es war erst Juni, aber das Thermometer zeigte bereits über dreißig Grad im Schatten.

Eine kaum spürbare Brise wehte Logans Teil des Telefonats zu ihr herüber.

„Mach dir keine Sorgen … Nein. Wirklich. Du kennst doch das Sprichwort: ‚Halte deine Freunde nahe bei dir, aber deine Feinde noch näher.‘“ Es folgte ein tiefes, kehliges Lachen, ehe er fortfuhr: „Genau… Ja, ich melde mich.“

Er klappte sein Handy zu, und als er sich umdrehte und Mallory entdeckte, flammte männliches Interesse in seinen Augen auf, und eine verlegene Röte stahl sich auf seine Wangen.

Er hüstelte. „Ich habe Sie gar nicht bemerkt.“

„Scheint mir auch so.“

Die Röte vertiefte sich.

Höflichkeitshalber hätte sie so tun können, als hätte sie seine Unterhaltung überhört, aber Mallory war Reporterin und von Berufs wegen neugierig.

„Und, zu welcher Liga gehöre ich? Freund oder Feind?“

Logan hatte sich erstaunlich schnell wieder im Griff. Schließlich war er ein alter Hase in seinem Job als Radiomoderator und entsprechend schnell im Denken.

„In welcher Liga sehen Sie sich denn?“

Autor

Jackie Braun
Nach ihrem Studium an der Central Michigan Universität arbeitete Jackie Braun knapp 17 Jahre lang als Journalistin. Regelmäßig wurden dabei ihre Artikel mit Preisen ausgezeichnet. 1999 verkaufte sie schließlich ihr erstes Buch ‚Lügen haben hübsche Beine‘ an den amerikanischen Verlag Silhouette, der es im darauf folgenden Jahr veröffentlichte. Der Roman...
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