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Die süße Vicky hält es für eine schlaue Idee: Weil ihre Eltern sie verheiratet wissen wollen, engagiert sie den smarten Privatdetektiv Duke Adams, damit er für sie den richtigen Mann findet. Doch von Dukes Kandidaten kann keiner ihr Herz erobern - es gehört nur Duke ...


  • Erscheinungstag 09.10.2016
  • ISBN / Artikelnummer 9783733774899
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Vicky parkte vor dem weißen dreistöckigen Gebäude des Meeresforschungsinstituts und stieg aus. „Wie soll ich denn in Miami einen Ehemann finden?“, schimpfte sie.

Sie holte ihre Aktenmappe, ihre Handtasche und einen Stapel Bücher aus dem Wagen und murmelte dabei Sätze aus dem Telefongespräch mit ihrer Mutter vor sich hin. „Du bist jetzt dreißig, Victoria.“ … „Wenn du hier in Boston wärst, hättest du sicher schon den richtigen Mann gefunden.“ … „Wenn du ein bisschen ausgehen würdest, würdest du vielleicht jemanden kennenlernen.“ … Sie stützte ihre Lasten auf einer Hüfte auf, um ihren Ausweis herausholen zu können, hielt ihn dem Wachmann hin und fuhr dann mit dem Fahrstuhl nach oben. Eigentlich nahm sie ihren Eltern die Aufforderung, endlich zu heiraten, nicht übel. Aber es war viel schwieriger, einen geeigneten Mann zu finden, als sie gedacht hatte. Und es kostete auch viel mehr Zeit. Seit fast drei Wochen bemühte sie sich, und sie hatte noch immer nichts erreicht.

Ihre Stimmung besserte sich nicht gerade, als sie ihr Büro betrat und ihren neuesten Forschungsbericht aus der Aktenmappe zog. „Toller Fortschritt“, murrte sie, während sie sich setzte. Mehr als drei Jahre arbeitete sie jetzt an dem Projekt und hatte nichts vorzuweisen außer einer Ladung unterentwickeltes Gemüse.

Jetzt ging die Tür auf, und Gina Wilson steckte den Kopf herein. „Du bist an meinem Schreibtisch vorbeigegangen, ohne ein Wort zu sagen“, beschwerte sie sich. „Entweder habe ich dich irgendwie geärgert, oder etwas ist nicht in Ordnung.“

Tatsächlich hatte Vicky das Gefühl, dass sich die ganze Welt gegen sie verschworen hatte. „Es liegt nicht an dir, sondern an Miami.“

„Wieso?“ Gina kam herein. „Was ist denn verkehrt hier? Wir haben perfektes Wetter, herrliche Strände, eine tolle Vegetation und wunderbare Einkaufsmöglichkeiten … ganz zu schweigen von dem besten Meeresforschungsinstitut des Landes.“

„Miami mag ja großartig sein für Meeresforschung, aber mit den Männern gibt es wirklich ein Problem.“

„Ach ja?“ Gina blickte auf den Bericht in Vickys Hand. „Die Männer haben Einfluss auf die Meeresvegetation? Das ist eine erstaunliche Theorie.“

Vicky verzog das Gesicht. Gina war zwar blond, aber keine der dummen Blondinen, über die dauernd Witze gerissen wurden. Sie war Ende zwanzig, hatte einen tollen Körper und beachtliche Intelligenz. Offiziell war sie die Assistentin des Institutsleiters, aber in Wirklichkeit kümmerte sie sich um alle Mitarbeiter. Ihr einziger Fehler war ihr seltsamer Sinn für Humor.

„Eigentlich haben Männer auf gar nichts Einfluss“, erwiderte Vicky ärgerlich. „Aber meine Experimente würden besser laufen, wenn Männer in Miami nicht so knapp wären.“

„Das soll wohl ein Witz sein! Wenn es eins gibt, bei dem hier kein Mangel herrscht, dann sind das Männer. Man muss bloß am Strand entlanggehen und sich einen aussuchen.“ Gina grinste. „Es ist wie im Supermarkt, nur besser.“

Vicky war so verzweifelt, dass sie den Vorschlag tatsächlich für einen Moment in Erwägung zog. Dann erkannte sie, wie lächerlich das war. „Das ist für dich in Ordnung, Gina. Du bist ja aus Nebraska. Wahrscheinlich spielt es keine Rolle, wen du heiratest.“

Gina hob eine Augenbraue. „Ich finde, dass das eine große Rolle spielt … falls ich je dumm genug bin, es überhaupt zu tun. Bloß so aus Neugier – warum reden wir eigentlich vom Heiraten? Ich dachte, es ginge um dein Projekt.“

Vicky seufzte. „Das läuft auf dasselbe hinaus. Ich bin ernsthaft im Verzug.“

„Das ist nicht das Ende der Welt.“ Gina setzte sich. „Wir werden es sicher überleben, noch eine Weile keine im Meer gewachsenen Mohrrüben zu essen.“

„Die Nahrungsversorgung der Welt ist gefährdet“, widersprach Vicky. „Wenn wir die Ozeane nutzen können …“

Gina hob eine Hand. „Ich weiß. Dann können wir die Welt retten. Doch wenn wir es nicht diesen Monat tun, dann eben im nächsten.“

„Aber ich werde nie Zeit dazu haben!“ Vicky sank auf ihrem Stuhl zurück. „Ich sollte Tag und Nacht arbeiten, stattdessen verschwende ich Zeit mit der Suche nach einem Ehemann.“

Gina sah sie ungläubig an. „Du willst heiraten?“

„Eigentlich nicht.“ Vicky konnte sich einiges vorstellen, was sie lieber getan hätte. „Aber ich habe keine Wahl. Es ist eine Verpflichtung meiner Familie gegenüber.“

„Unsinn. Man muss vielleicht zu einem Familientreffen erscheinen, obwohl man lieber am Strand liegen würde. Oder man muss seinen Onkel besuchen, den man jahrelang nicht gesehen hat. Aber man ist nicht verpflichtet zu heiraten.“

„Ich schon. Ich bin schließlich eine Sommerset-Hayes.“

Nun war Gina endgültig verwirrt. „Ich weiß, dass du Dr. Victoria Sommerset-Hayes bist, aber …“

Natürlich verstand sie das nicht. Gina stammte aus Nebraska. „Sommerset-Hayes ist nicht bloß ein Name. Er bedeutet Verantwortung.“

„Oh.“ Ginas Lippen zuckten. „Und ich dachte schon, es wäre eine Art Kult. Erklär mir, warum du deshalb heiraten musst.“

„Ich bin ein Einzelkind. Dadurch gehöre ich zu den letzten Sommersets und Hayes’.“

„Aha. Du hast also das Gefühl, du müsstest heiraten und Kinder kriegen.“

„Es ist kein Gefühl!“, betonte Vicky. „Ich habe es meinen Eltern versprochen, und …“, sie seufzte: „… ich kann sie nicht schon wieder im Stich lassen.“

„Womit hast du das denn angeblich getan?“ Gina lachte ein bisschen. „Du arbeitest an einem der besten Meeresforschungsinstitute, und soweit ich weiß, hast du nie auch nur einen Strafzettel bekommen.“ Ginas Augen glänzten. „Du hast doch keine skandalöse Vergangenheit, die du mir verschwiegen hast, oder?“

„Du lieber Himmel, nein!“ Vicky war entsetzt. „Aber ich bin nach Miami gezogen.“

„Das ist doch kein Verbrechen.“

„Für mich schon. Es war schlimm genug, dass ich Meeresbiologie studiert habe statt Literatur oder Kunst. Aber dann habe ich auch noch Boston verlassen, um hier zu arbeiten.“

„Es ist nichts verkehrt an diesem Institut. Wir haben großartige Labors und fantastisches Personal. Und die Büros sind auch nicht zu verachten.“

Vicky folgte Ginas Blick. Alles hier war erstklassig. „Das stimmt, aber es ist nicht das, was Leute wie ich tun sollten.“ Sie fühlte sich immer noch schuldig, als sie an die Reaktion ihrer Familie auf ihre Ankündigung, nach Miami zu ziehen, dachte. Ihre Mutter hatte eine Woche im Bett verbracht, ihre Großmutter war tagelang in Schwarz herumgelaufen, und ihr Vater hatte drei Psychologen, einen Anwalt und einen Priester angerufen. „Wir sollten Kunstgalerien leiten oder uns in Country Klubs aufhalten … so was in der Art.“ Vicky wusste nicht viel davon. Wenn sie in Boston war und frühere Freundinnen besuchte, sprachen sie nicht über Arbeit, sondern über Ehemänner, Kinder, das Theater … und viele andere uninteressante Themen. „Wir sollten gute Partien machen …“

„Und den Stammbaum weiterführen?“, fragte Gina.

„Genau. Und deshalb muss ich mich jetzt bemühen, das zu tun.“

„Du willst heiraten, um deine Eltern dafür zu entschädigen, dass du deinen Doktor in Meeresbiologie gemacht hast?“ Gina schnitt eine Grimasse. „Ich bin froh, dass ich nicht aus Boston stamme. Ich bin mit sechzehn von zu Hause weggelaufen, war eine Weile mit einer Rockerbande unterwegs und bin sogar mal verhaftet worden. Stell dir bloß vor, welche Entschädigung sie von mir verlangen würden!“

Vicky warf ihr einen verärgerten Blick zu. „Sie zwingen mich ja nicht. Mutter ruft allerdings zwei- oder dreimal in der Woche an, um sich zu erkundigen, ob ich jemanden kennengelernt habe.“ Sie seufzte. „Und sie klingt immer so enttäuscht, wenn ich Nein sage.“

„Sicher klappt es irgendwann“, meinte Gina. „Es gibt eine Menge Männer in Miami, und du suchst ja erst kurze Zeit.“

„Aber ich kann nicht warten! Ich bin letzten Monat dreißig geworden. Ich muss heiraten, bevor ich zu alt bin, Kinder zu bekommen.“

Gina winkte ab. „Du hast noch viel Zeit. Frauen bekommen heute noch Kinder, wenn sie schon über vierzig sind.“

Vicky schüttelte den Kopf. „Das macht es auch nicht leichter. Außerdem werde ich womöglich wirklich lange brauchen, bis ich jemanden finde. Ich hätte schon viel früher anfangen sollen.“

„Ich verstehe.“ Gina verzog das Gesicht. „Also, ich würde sagen, hier im Institut hast du kaum eine Chance. Die Männer sind entweder zu alt oder schon verheiratet oder so vertieft in ihre Forschungsarbeit, dass sie uns gar nicht bemerken.“

„Ich bin in den letzten Wochen ja ständig ausgegangen. Ich war bei Dinnerpartys, Cocktailpartys und im Theater.“ Alles war von Bekannten ihrer Eltern organisiert worden, sodass Vicky geglaubt hatte, dort jemand Passenden treffen zu können. „Heute Abend muss ich schon wieder zu einer Party, und ich weiß genau, dass ich auch da niemanden finden werde.“

„Du hast keinen Mann kennengelernt?“, fragte Gina verblüfft. „Du meinst sicher, keinen, den du mochtest oder der an dir interessiert war …“

„Keinen Passenden.“ Vicky seufzte. „Ich kann nicht irgendwen heiraten, Gina. Die Sommersets und die Hayes’ haben Vorfahren, die mit der Mayflower von England herübergekommen sind.“ Mit diesem berühmten Schiff waren 1620 die Pilgerväter nach Amerika gekommen. Familien, die ihren Stammbaum auf sie zurückführen konnten, galten als „Mayflower-Adel“.

„Wo hatte ich nur meinen Kopf?“, spottete Gina. „Natürlich brauchst du jemanden, der ebenfalls blaues Blut hat.“

„Richtig. Und du glaubst gar nicht, wie schwer es ist, in Miami so jemanden zu finden.“

„Das wäre überall schwierig“, meinte Gina. „‚Hi, mein Name ist Vicky. Wie weit reicht Ihr Stammbaum zurück?‘, ist kein toller Anmachspruch.“

„Wahrscheinlich nicht, aber in Boston wäre es leichter.“ Nicht dass Vicky Boston vermisste. Eigentlich gefiel ihr alles an Miami, aber … „Es wäre sogar sehr viel leichter. Ich müsste mich gar nicht bemühen, weil meine Eltern das in die Hand nehmen würden. Sie würden die wenigen passenden Männer aufspüren und einladen, und ich müsste sie nur noch treffen.“

„Du lernst sie vorher kennen? Ich dachte, dein Ehemann wird dir erst nach der Hochzeit vorgestellt.“

„Gina!“

„Na ja, das kann doch wirklich nicht dein Ernst sein. Es klingt nach einer arrangierten Ehe. So was lässt doch heutzutage niemand mehr mit sich machen.“

„In Boston schon!“, erwiderte Vicky. „Und meine Eltern wären durchaus bereit, es für mich zu tun, aber das ginge eben nur dort.“

Gina räusperte sich. „Ja, nun, so läuft das hier nicht.“

„Das ist mir klar! Dabei würde es alles so viel einfacher machen und mich nicht so viel Zeit kosten. Meine Forschungen leiden darunter!“

„Und was ist mit Liebe?“, fragte Gina. „Ich meine, wenn du einen blaublütigen Kerl findest, müsst ihr euch nicht auch noch verlieben?“

„Nein.“

Als Gina schockiert die Augen aufriss, seufzte Vicky. „Es ist schwer genug, so jemanden zu bekommen. Solange ich ihn mag und wir uns gegenseitig respektieren …“

Gina verzog das Gesicht. „Du wünschst dir doch bestimmt mehr als das. Was ist mit Leidenschaft und Romantik?“

Damit hatte Vicky wenig Erfahrung. Zwar war sie ein paar Mal mit einem Professor aus Australien verabredet gewesen, und dann war da ein Architekt aus Boston, mit dem ihre Eltern sie zusammengebracht hatten, als sie Anfang zwanzig gewesen war, aber diese Beziehungen waren auch nicht gerade leidenschaftlich gewesen. „So was gibt es bei den Sommerset-Hayes’ nicht. Wir heiraten Leute mit der richtigen Abstammung und einer respektablen Karriere.“

Das beeindruckte Gina nicht. „Jetzt bin ich wirklich froh, dass ich bloß eine Wilson aus Nebraska bin.“ Sie stand auf. „Ich fürchte, ich kann dir nicht helfen. Ich kenne niemanden mit blauem Blut.“

„Ich auch nicht.“ Vicky tippte mit einem Stift auf ihre Schreibtischplatte. „Vielleicht sollte ich eine Heiratsvermittlung einschalten.“

„Ich glaube kaum, dass bei denen die Abstammung mit in den Fragebögen steht.“ Gina schmunzelte. „Wie wäre es mit einem Ahnenforscher? Oder einem Privatdetektiv?“

Barney stöhnte und ließ sich auf einen Stuhl in Lucas Adams’ Büro fallen. „Es gibt Hunderte von Detekteien in dieser Stadt, und ich arbeite ausgerechnet in dieser. War das Schicksal?“

„Nein.“ Duke zog seinen blauen Anorak aus und warf ihn aufs Sofa. „Du hattest genug von den Wintern in Chicago und wolltest nach Miami kommen. Daraufhin habe ich dich eingeladen, in mein Geschäft einzusteigen.“

„Und ich habe angenommen. Offenbar habe ich alles völlig falsch eingeschätzt.“

„Deine Urteilskraft ist in Ordnung. Von deinem Geschmack kann man das allerdings nicht unbedingt behaupten.“ Duke dachte, dass es ein Fehler gewesen war, Barney das Büro einrichten zu lassen. Er selbst hatte bloß einen Schreibtisch, ein Telefon und ein paar Aktenschränke gewollt. Stattdessen hatte er jetzt eine pinkfarbene Couchgarnitur, Eichentische, einen grauen Teppichboden und Glasregale.

„Es sieht doch eindrucksvoll aus.“ Barney sah sich stolz um. „So bekommt man auch gute Auftraggeber.“ Er machte eine Pause. „Nach dem heutigen Tag wäre das eine willkommene Abwechslung.“

Duke seufzte und griff nach einer Akte. „Es war doch keine große Sache. So was passiert, wenn man sich den Lebensunterhalt damit verdient, Leute zu finden. Manchmal wollen sie nicht gefunden werden.“

Barney warf ihm einen ärgerlichen Blick zu. „Es besteht ein großer Unterschied zwischen ‚nicht gefunden werden wollen‘ und ‚einfach auf zwei Männer schießen, die an die Tür klopfen‘.“

„Er hat ja nicht direkt geschossen, sondern nur die Waffe irgendwie auf uns gerichtet. Eigentlich wollte er uns bloß einschüchtern.“

„Das hat funktioniert.“

Duke war auch nicht gerade begeistert gewesen von dem riesigen, kräftigen Mann mit der Pistole in der Hand. „Ich glaube nicht, dass er uns umbringen wollte. Er hat sich nur verteidigt, weil er dachte, wir wären Verbrecher.“

„Toll“, meinte Barney. „Jetzt hält man mich schon für einen Gauner. Da fühle ich mich ja gleich so viel besser.“

„Vielleicht solltest du dir die schwarzen Anzüge abgewöhnen. In Chicago mögen sie okay sein, aber in Miami siehst du damit wie ein Gangster aus.“

„Es ist nichts verkehrt an der Art, wie ich mich anziehe. Im Gegensatz zu gewissen Leuten lege ich Wert auf Eleganz.“

Duke verzog das Gesicht. Barney hatte seine eigene lässige Haltung nie gemocht. „Wir sollten nicht elegant sein, sondern … in der Masse untergehen.“

„Ist es das, was du versuchst?“ Barney lehnte sich zurück. „Also, darin bist du verdammt gut. Auf dem Polizeirevier konnte man wirklich keinen Unterschied zwischen dir und den Ganoven erkennen.“

Duke unterdrückte ein Stöhnen. Barney würde nicht so bald Ruhe geben. Erst waren sie Robby und seiner Waffe begegnet, dann hatte ein Passant die Polizei gerufen, und die hatte alle zum Revier mitgenommen. „Du warst doch mal ein Cop. Eigentlich solltest du dich auf einer Polizeiwache wie zu Hause fühlen.“

Barney sah ihn böse an. „Damals habe ich andere verhaftet. Ich bin nicht verhaftet worden.“

„Das bist du heute ja auch nicht! Sie wollten uns bloß ein paar Fragen stellen.“

„Was wird wohl Robbys Mutter davon halten, dass wir ihren Sohn nicht nur gefunden, sondern auch noch der Polizei übergeben haben? Meinst du, sie wird Lust haben, ihre Rechnung zu bezahlen?“

Duke las inzwischen seine Notizen über den nächsten Fall. „Darüber brauchst du dir keine Gedanken zu machen. Wir werden ihr keine schicken. Sie könnte sie sowieso nicht bezahlen.“

„Wie bitte?“ Barney wurde lauter. „Warum haben wir den Fall dann übernommen?“

Duke blickte auf. „Jemand musste es tun. Robby war einfach verschwunden. Seine Mutter hat sich große Sorgen gemacht. Ich konnte nicht Nein sagen, und du hättest es bestimmt auch nicht übers Herz gebracht.“

Im Moment schien Barney zu so etwas durchaus fähig zu sein. „Na toll“, murrte er. „Wir wären fast umgebracht worden und werden nicht mal bezahlt dafür.“

Duke machte sich keine Sorgen. Geld spielte in seinem Leben keine besondere Rolle. Obwohl er nicht viel hatte, hielt er es einfach nicht für wichtig. Er war nicht Detektiv, um reich zu werden, sondern weil er gut darin war und gern anderen half.

Barney sah das anders. „Unsere Detektei ist ein Unternehmen. Die Leute engagieren uns, damit wir etwas für sie erledigen, und dann bezahlen sie uns dafür.“

„Ich weiß, aber …“

„Offenbar weißt du es nicht“, unterbrach Barney ihn. „Du bist ein guter Detektiv, einer der besten in der Stadt. Sogar die Polizisten vorhin haben das gesagt. Aber du fällst dauernd auf rührselige Geschichten rein. Du riskierst dein Leben für Fälle, die so gut wie nichts einbringen.“

Duke zuckte zusammen. „Einige bringen schon was ein.“ Ihm fiel gerade keiner ein, aber … „Und ich riskiere nicht immer mein Leben. Das mit Robby war eine Ausnahme.“

„Es ist in den letzten drei Wochen dreimal passiert! Jedes Mal werden die Waffen größer und die Kerle härter. Irgendwann wird uns eine ganze Armee gegenüberstehen.“

Duke schmunzelte. „Hey, es ist eine Art, sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen.“

„Nicht wenn du dich weigerst, Rechnungen zu schreiben.“ Barneys Ton wurde etwas sanfter. „Wir könnten viel besser dastehen, Duke.“

Duke wusste, was jetzt kam. „Lass uns nicht …“

„Dies ist Miami, Kumpel. Es gibt haufenweise Millionäre, und sie hätten auch Aufträge für uns. Erst neulich hat Suzette Harris angerufen. Das ist die Frau von Harvey Harris. Er hat viele Millionen. Sie hätte uns eine Menge gezahlt, wenn wir ihr geholfen hätten. Aber du wolltest ja nichts damit zu tun haben.“

„Natürlich nicht! Ich sollte den Pudel ihrer Tochter finden!“

„Es war kein Pudel. Pumffy ist ein Zwergspaniel.“

„Was spielt das für eine Rolle? Er ist immer noch ein Hund.“

„Also, ich hätte den Fall gern übernommen“, meinte Barney.

„Warum hast du es dann nicht getan?“

„Die Harris’ wollten dich. Mrs Harris sagte, dass Pumffy dich kennt.“

„Das stimmt nicht!“ Duke erinnerte sich vage an einen Hund, der ihm auf einer Party die Hand geleckt hatte. „Ich bin ihm vielleicht mal begegnet …“

„Ich nicht. Und die Harris’ kannte ich vorher auch nicht.“ Barney beugte sich vor. „Ich mache dir ja keinen Vorwurf, dass du das Vieh nicht suchen wolltest, aber es gibt andere Fälle, die wir für die Reichen und Mächtigen übernehmen könnten.“

Duke blickte wieder in seine Akte. „Nein, danke.“

„Nebenbei könnten wir immer noch weggelaufene Jugendliche suchen. Ich weiß, dass du das gern tust, und ich habe auch nichts dagegen. Aber wir könnten doch auch mal was Leichteres machen, das zusätzlich bezahlt wird.“

Duke schüttelte den Kopf. „Nicht so was.“

„Und es wäre gar nicht schwer, in das Geschäft reinzukommen. Offenbar hast du genügend Kontakte.“

Das stimmte. Duke kannte die meisten High-Society-Mitglieder in Miami. Allerdings sprach er darüber nicht gern. „Ich habe all diese Leute schon eine Weile nicht mehr getroffen.“

„Aber sie erinnern sich an dich. Erst heute früh hat Madalyne Flemming angerufen, um dich an ihre Party zu erinnern. Das ist ebenfalls eine Frau mit einem kleinen Vermögen.“

Für Duke war das keine Empfehlung. Er mochte Madalyne, aber eher trotz als wegen ihres Geldes. „Ich werde nicht hingehen.“

„Warum nicht?“

Duke legte die Akte weg. „Ich möchte nichts mehr mit diesen Leuten zu tun haben.“

„Was soll das heißen?“ Barney schmunzelte. „Das ist kein Abschaum, sondern die Oberschicht.“

„Manchmal ist es schwer, den Unterschied festzustellen.“

Barney musterte ihn. „Vielleicht bist du schon zu lange in diesem Geschäft, Duke. Du wirst zynisch.“

„Eben war ich noch ein Idealist, der auf rührselige Geschichten reinfällt, und nun soll ich zynisch sein?“

„Auf rührselige Geschichten fällst du nur rein, wenn sie von den Armen und Hilflosen kommen. Bei den Reichen und Berühmten bist du zynisch.“

„Ich bin bloß realistisch.“

„Nein. Als Mrs Harris angerufen hat, wolltest du nicht mal glauben, dass der Hund wirklich weg war! Was hast du gesagt? ‚Vermutlich sucht Suzettes Tochter bloß nach einem Vorwand, sich so aufzuregen, dass Daddy sie nach Europa schicken muss.‘ Das ist ziemlich zynisch.“

„Mrs Harris war schon drei- oder viermal in Europa, weil sie sich über etwas aufgeregt hat, ein verschwundenes Armband, das wunderbarerweise nach ihrer Rückkehr wieder aufgetaucht ist, einen Innenausstatter, über den ich Ermittlungen anstellen sollte, weil er den falschen Farbton verwendet hat, ihren Mercedes, der angeblich direkt aus ihrer Garage gestohlen worden war …“ Duke schmunzelte. „Das hat allerdings nicht funktioniert. Ich habe den Wagen zwei Stunden später in der Garage einer Freundin von ihr gefunden. Darüber hat sie sich gar nicht gefreut.“

Barney war skeptisch. „Das bedeutet nicht, dass ihre Tochter …“

„Für mich schon.“ Zugegeben, Duke hatte nie viel mit der Harris-Tochter zu tun gehabt. Sie war Ende zwanzig, hatte rotes Haar und einen unschuldigen Gesichtsausdruck, den sie von ihrer Mutter geerbt hatte. Wahrscheinlich hatte sie auch deren Gewohnheit übernommen, Dinge zu „verlieren“.

„Duke …“

„Ich bin nicht zynisch. Aber selbst wenn, könntest du es mir nicht verdenken. Du wärst es auch, wenn du so viel über diese Leute wüsstest.“ Duke hatte fünf Jahre lang für die Quade-Agentur gearbeitet, eine der renommiertesten Detekteien Floridas. Für die High Society von Miami war er während dieser Zeit zum Lieblingsdetektiv geworden. Das wollte er nicht noch mal erleben. „Sie kümmern sich bloß um ihre Bankkonten, Besitztümer und Karrieren, die ihnen zu noch mehr Besitz verhelfen. Wenn sie nicht mit dem Heranschaffen von Reichtum beschäftigt sind, reden sie darüber.“

Barney hob eine Augenbraue. „Deshalb bist du von Quade weggegangen? Weil dir die Unterhaltungen der Kunden nicht gefallen haben?“

„Nein!“ Duke massierte sich den Nacken. „Weil ich nicht mehr für diese Leute arbeiten wollte. Es war Zeitverschwendung. Du hättest erleben sollen, auf was für Fälle ich angesetzt wurde. Ich musste den Ehemann einer Frau überwachen, um festzustellen, ob er mit dem Dienstmädchen schlief. Der Frau musste ich folgen, um herauszufinden, ob sie mit dem Chauffeur schlief. Dem Chauffeur, weil die Ehefrau den Verdacht hatte, er könnte sie betrügen, während sie selbst ihren Mann betrog. Und die ganze Zeit über hat die Tochter versucht, mich zu verführen, weil sie ihr Leben langweilig fand.“

„Es gefällt dir nicht, verführt zu werden?“ Barney rollte mit den Augen. „Du wirst alt.“

Duke sah ihn ärgerlich an. „Es macht mir nichts aus. Ich will bloß keiner gelangweilten reichen Frau etwas Aufregung verschaffen.“

Barney atmete tief ein. „Nur weil Darlene so war, heißt das noch nicht, dass sie alle so sind.“

„Ich habe nicht von Darlene gesprochen, sondern von gelangweilten reichen Frauen im Allgemeinen.“ Er hatte einige kennengelernt. Der Unterschied hatte nur darin bestanden, dass er erst zu spät gemerkt hatte, dass Darlene eine von ihnen gewesen war. Das war ihm klar geworden, als sie ihn verlassen hatte, um einen Mann zu heiraten, der doppelt so alt war wie sie und reich genug, sie den Rest ihres Lebens mit Diamanten zu versorgen. Duke war inzwischen über sie hinweg und entschlossen, dass ihm ein solcher Fehler nicht noch mal passieren würde. „Ich will nicht für solche Leute arbeiten“, wiederholte er. „Es gibt viele Menschen, eine Menge, die wirklich Hilfe brauchen und mit denen ich meine Zeit lieber verbringen würde.“

„Du versuchst immer noch, die Welt zu retten, was?“ Barney seufzte. „Ich bewundere das, Duke, aber du bist verbohrt. Bloß weil Leute reich sind, heißt das doch nicht, dass sie keine anständigen Menschen sein können. Und dass sie nicht hin und wieder Hilfe benötigen.“

„Wobei? Um einen verschwundenen Hund zu finden oder zu erfahren, ob der Ehemann eine Affäre hat?“ Duke erschauderte. „Nein, danke.“

„Es ist besser, als wenn auf einen geschossen wird“, meinte Barney.

„Das ist Ansichtssache.“

Barney hob eine Augenbraue. „Was habe ich gerade eben noch gesagt? Du bist zynisch.“

2. KAPITEL

„Ich fürchte, ich kann Ihnen da nicht helfen“, sagte Madalyne.

Sie stand neben Vicky am einen Ende ihres in Limonengrün und Gelb gehaltenen Wohnzimmers und trug einen Seidenkaftan in den gleichen Farben. „Ich weiß nicht, wann William Blakeys Vorfahren nach Amerika gekommen sind, sondern nur, dass sein Vater sein Vermögen mit Kosmetik verdient hat.“

Vicky war nicht überrascht. Madalyne Flemming war eine nette Frau, stammte jedoch nicht aus Boston. Das war zwar kein Charakterfehler, bedeutete aber, dass sie für Vicky keine Hilfe war.

„Ich könnte ihn fragen, wenn Sie möchten“, bot Madalyne an.

„Das ist nicht nötig. Ich war nur neugierig.“ Vicky hatte William bereits von ihrer Liste gestrichen. Wahrscheinlich wusste er über seine eigene Abstammung auch nicht mehr als Madalyne. Außerdem benutzte er anscheinend selbst etwas von den Kosmetikprodukten, die sein Vater herstellte. Vicky konnte keinen Mann mit Mascara und Lippenstift nach Hause bringen.

Madalyne legte eine Hand auf Vickys Arm. „Würden Sie mich entschuldigen? Harrison Bilmore und seine Frau sind gerade gekommen. Ich habe keine Ahnung, wann ihre Ahnen hier eingetroffen sind, aber ich muss sie wirklich begrüßen.“ Sie wirkte erleichtert, als sie davonging.

Vicky trank einen Schluck Wein und sah sich um. Offenbar hatte Madalyne halb Florida eingeladen. Vicky war bereits einigen Künstlern, Filmstars, einem Friseur und einem Rettungsschwimmer vorgestellt worden. Manche sahen gut aus und waren möglicherweise auch interessant, aber keiner von ihnen war auch nur annähernd das, was Vicky als passenden Ehemann betrachtet hätte. Oder falls doch, hatte sie keine Chance, es herauszufinden.

Das lag daran, dass dies Miami war. Die Leute hier wussten nichts voneinander, jedenfalls nicht die wichtigen Dinge, wie zum Beispiel, wann die Vorfahren eines Menschen nach Amerika gekommen oder wer die Ururgroßeltern waren.

Das Äußere der Leute half Vicky auch nicht. Am anderen Ende des Raums stand ein gut aussehender Mann, der sich mit einer blonden Frau unterhielt. Er hatte breite Schultern und einen flachen Bauch, ein freundliches Gesicht und naturgewelltes rotbraunes Haar, das nicht so aussah, als würde er Stunden bei einem Friseur verbringen. Wer war er? Wo stammte er her? Vicky konnte es nicht beurteilen. Seine braune Hose, das schwarze T-Shirt und die Jacke verrieten nichts über seine Abstammung oder seinen Beruf. Er hätte ebenso gut ein Verbrecher sein können, der die Gäste ausrauben wollte, wie ein Nachfahre von John Adams, dem zweiten Präsidenten der USA. Es gab keine Möglichkeit, das festzustellen.

Autor

Alyssa Dean
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