Schöne Becca - Erotik pur!

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Die Luft knistert vor Erotik, als Trace Ashton nach fünf Jahren seine schöne Exverlobte Becca wiedersieht. Obwohl sie die Liebe zwischen ihnen grausam verriet, wird er gegen seinen Willen sofort wieder in Beccas Bann gezogen. Was kann er nur dagegen tun?


  • Erscheinungstag 20.06.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733747152
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Spencer Ashton spürte, dass er sterben würde.

Bis zu diesem Moment hatte er noch nie über seinen Tod nachgedacht. Seine Arroganz und sein Stolz hatten den Gedanken an die eigene Sterblichkeit nicht zugelassen. Schließlich war er mit seinen zweiundsechzig Jahren ein Mann im besten Alter. Vor Gesundheit strotzend, attraktiv, dazu wohlhabender, als er sich je erhofft hatte. Er hatte alle seine Ziele erreicht. Er besaß schnelle Autos, elegante Villen und konnte jede Frau bekommen, die er haben wollte.

Der Sohn eines bescheidenen Farmers aus Podunk, Nebraska, und dessen unscheinbarer Frau hatte es wahrlich zu etwas gebracht. Zugegeben, er war über Leichen gegangen, um ans Ziel zu kommen, hatte Menschen skrupellos benutzt und dann eiskalt abserviert. Doch das war ihm egal gewesen.

Zumindest war es ihm bis zu dem Zeitpunkt egal gewesen, als die Kugel in seine Brust eindrang.

Erstaunt starrte Spencer den heruntergekommenen Mann mit den fettigen Haaren an, der abgedrückt hatte: Wayne Cunningham. Dann richtete er seinen Blick auf die Frau an dessen Seite.

Grace. Sein eigen Fleisch und Blut.

Ihre grünen Augen funkelten ihn eiskalt an.

Spencer blickte hinab auf seine Hand, die er gegen sein Herz drückte. Blut sickerte durch die Finger. Warmes, dunkelrotes Blut tropfte auf seine dreihundert Dollar teure Seidenkrawatte von Armani.

Er wollte etwas sagen, doch es kam nur ein undefinierbarer Laut heraus.

„Was sagst du, Daddy?“ Abgrundtiefer Hass sprach aus ihren Worten. Sie trat näher an den ledernen Schreibtischstuhl heran, auf dem Spencer starb. Ein höhnisches Grinsen umspielte ihre knallroten Lippen, als sie sich über ihn beugte. „Hast du die Sprache verloren?“

„Grace …“ Er schaffte das eine Wort, dann begann er Blut zu spucken.

„Ich wollte immer nur das, was mir zusteht. Ich hatte ein Recht darauf“, fauchte sie ihn an und wich zurück. „Ich hatte es verdient, verdammt! Grant und ich waren noch nicht einmal aus den Windeln heraus, als du uns verlassen hast. Wir hatten nichts, absolut nichts!“

Sie fuhr sich durch die braunen Haare und setzte ihre Schimpftirade fort. „Unsere Mutter ist deinetwegen an gebrochenem Herzen gestorben. Nicht ein einziges Mal hast du an sie gedacht oder an die kleinen Kinder, die du im Stich gelassen hast. Während wir von Almosen der Kirche leben und Klamotten aus dem Secondhandshop tragen mussten, hast du in einer herrschaftlichen Villa gelebt und mit deiner reichen zweiten Frau und den vier Bälgern, die du mit ihr hast, in teuren Gourmetrestaurants gegessen.“

Vom Schmerz umnebelt starrte Spencer seine Tochter an. Jahrelang hatte er diesem Miststück und ihrem Mann viel Geld gezahlt, damit seine erste Ehe ein Geheimnis blieb. Die Wahrheit war trotzdem ans Licht gekommen. Und da jetzt jeder wusste, dass er mit Sally verheiratet gewesen war und sich nie hatte scheiden lassen, hatte Spencer keinen Grund mehr gesehen, weiterhin Erpressungsgelder zu zahlen. Sollten Grace und ihr Versager von Ehemann doch durch die Straßen ziehen und hinausposaunen, dass Spencer ein Bigamist war!

Als Wayne die Waffe zog, hatte Spencer im Traum nicht damit gerechnet, dass dieser wehleidige Idiot überhaupt den Mumm besaß, auch tatsächlich abzudrücken.

Ein Denkfehler, den er jetzt mit dem Leben bezahlte.

Wayne trat nervös von einem Fuß auf den anderen. „Grace, Baby, lass uns verschwinden, bevor jemand kommt.“

„Seit einer Stunde ist Feierabend. Es ist niemand mehr hier.“ Ein boshaftes Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. „Vor morgen früh kommt keiner.“

„Baby, ich weiß. Trotzdem …“

„Wir verschwinden, wenn ich mit dem da fertig bin, verdammt. Und keine Sekunde früher.“ Grace beugte sich über den Tisch ihres Vaters und starrte ihm in die Augen. Augen, die dieselbe Farbe hatte wie ihre. „Und das alles hat dir noch nicht gereicht, du habgieriger, kaltherziger, mieser Schuft. Du wolltest alles haben. Deshalb hast du dieser Frau alles gestohlen. Du hast sie benutzt, abserviert und die nächste geheiratet.“

Lilah.Seine dritte Frau. Wahrscheinlich die Einzige, die mich wirklich verstanden hat, dachte Spencer. Die einzige Frau, die genauso ehrgeizig gewesen war wie er selbst. Sie war eine kluge Frau und in jüngeren Jahren auch sehr hübsch gewesen. Sie hatte ihm einen Sohn und zwei Töchter geschenkt und sogar seine vielen Affären geduldet – bis auf die letzte, aus der ein Kind hervorgegangen war.

Der kleine Jack.

„Jetzt bezahlst du dafür, du Mistkerl“, hörte Spencer Grace sagen, obwohl ihre Stimme aus weiter Ferne zu kommen schien.

Die Kälte des Todes kroch durch seine Adern. Die Zeit schien stehen zu bleiben, Dunkelheit umgab Spencer Ashton. Und mit der Dunkelheit kam die Erkenntnis, dass Grace recht hatte. Jetzt musste er für alles geradestehen, was er in seinem Leben angerichtet hatte. Plötzlich schoss ihm jede Sünde durch den Kopf, im Zeitraffer sah er Gesichter und Bilder …

So viele, dachte er.

Und mit dem letzten Atemzug, als das eisige Dunkel ihn umschloss, erkannte Spencer Ashton, dass er in der Hölle schmoren würde.

1. KAPITEL

Er hätte damit rechnen müssen.

Trace Ashton hatte natürlich gewusst, dass sie in der Stadt war. Mehr als einmal war in den vergangenen Tagen ihr Name hinter seinem Rücken geflüstert worden. Er hatte das leise Gemurmel gehört und die verstohlenen Blicke in seine Richtung gesehen. Becca Marshalls Rückkehr nach Napa Valley war ein gefundenes Fressen für die Klatschweiber, und die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer.

Trotzdem wusste er nicht, was seine Aufmerksamkeit in die Richtung des kleinen hübsch gedeckten Tisches in dem Straßencafé gelenkt hatte. Vielleicht die dicke dunkelbraune Mähne, die einen reizvollen Kontrast zu ihrem hellen Rollkragenpullover bot, oder vielleicht die vertrauten hohen Wangenknochen und die gerade Nase. Vielleicht sogar die anmutigen Gesten ihren langen Finger, während sie mit jemandem sprach, der außerhalb seines Blickfelds saß.

Nein, das alles ist es nicht, dachte er, als er Becca anstarrte. Denn – noch bevor er auf dem Bürgersteig stehen geblieben war, bevor er über die Straße geblickt hatte, bevor er sie durch die Scheibe des Lokals gesehen hatte, hatte er einfach gewusst, dass sie da war. Er hatte ihre Nähe gespürt.

Für einen Moment überkam ihn heiße Wut, doch er unterdrückte das Gefühl schnell. Ihre Rückkehr nach Napa lässt mich kalt, redete er sich ein. Sie lässt mich kalt. Was gewesen war, gehörte der Vergangenheit an. Schnee von gestern. Verdammt, sie waren damals noch so jung gewesen. Er war gerade einundzwanzig geworden und sie zwanzig. Er hatte sie damit aufgezogen, dass sie in der Öffentlichkeit noch nicht einmal Alkohol trinken durfte. Und sie hatte ihn einen alten Mann genannt.

Bei allem, was in den letzten Monaten geschehen war – der Mord an seinem Vater, die Verhaftung und das Geständnis seiner Halbschwester, die heftigen Streitereien innerhalb der Familie – hatte er sich tatsächlich oft wie ein alter Mann gefühlt.

Und jetzt Becca.

Er trat unter die schwarze Markise eines geschlossenen Antiquitätengeschäfts und starrte durch die Scheibe des Cafés. In den fünf Jahren, seit er Becca das letzte Mal gesehen hatte, war sie noch hübscher geworden.

In dem sanften Licht des weihnachtlich dekorierten Cafés schimmerte ihre Haut seidig, und die großen braunen Augen mit den langen dichten Wimpern leuchteten. Augen, an die er sich nur zu gut erinnerte. Wie er sich an so vieles im Zusammenhang mit Becca erinnerte. Ihr heiseres Lachen, ihr wunderschöner, geschmeidiger Körper, ihre süßen sinnlichen Lippen, ihre unglaubliche Leidenschaft.

Ihr Verrat.

Ihm wurde heiß und kalt zugleich. Verdammt, er war in die Stadt gekommen, um mit seiner Schwester essen zu gehen, und nicht, um sich an alte Zeiten zu erinnern.

Er beobachtete, wie Becca die Lippen zu einem Lächeln verzog, sah die Grübchen in ihren Wangen. Zähneknirschend überquerte er die Straße.

Der Klang von Schlittenglocken und das Klappern von Hufen auf Asphalt empfing Becca, als sie das Restaurant verließ und in die kalte Nachtluft trat. Eine Pferdekutsche fuhr an ihr vorbei, und Becca lächelte den Kutscher an, als dieser grüßend den Hut lüftete. Auf dem Rücksitz saßen ein Mann und eine Frau, eingemummt in dicke Mäntel und warme Mützen. Sie winkten ihr zu und wünschten frohe Weihnachten.

Weihnachten war im Napa Valley schon immer eine wunderbar märchenhafte Zeit gewesen. Blinkende Lichter in allen Schaufenstern, das bewegliche Rentier und Santa Claus auf dem Dach von McIntye Hardware, der riesige, geschmückte Tannenbaum in Old Town, dem Zentrum von Napa. Sie atmete die frische, würzige Luft ein.

Es war ein schönes Gefühl, nach langer Zeit wieder zu Hause zu sein.

Die Hände tief in die Manteltaschen gesteckt, lief sie die Straße entlang und nahm alles in sich auf. Einige Geschäfte gab es nicht mehr, seit sie vor fünf Jahren weggezogen war, andere waren neu eröffnet worden. Emily’s Bed and Linen, ein Wäschegeschäft, war jetzt eine elegante Brautmodenboutique, der traditionelle Geschenkeladen Old Town Vintage Gifts war einer Boutique namens Très Chic Fashion gewichen, und aus Britwells Tea Shop war ein Restaurant geworden.

Veränderungen waren nun einmal unvermeidlich. Man konnte dagegen ankämpfen, man konnte sie ablehnen, man konnte sogar vor ihnen davonlaufen. Aber so sehr man sich auch anstrengte, sie ließen sich nicht aufhalten.

Veränderungen gehörten einfach zum Leben.

Leise Musik und das melodische Geräusch einer Glocke zogen sie an die Fensterfront eines kleinen Spielwarengeschäfts. Sie blieb stehen und betrachtete einen etwa sechzig Zentimeter großen aufblasbaren tanzenden Schneemann im Schaufenster. Er trug einen schwarzen Zylinder mit rotem Band und eine Jacke und schüttelte eine kleine Glocke zu der Melodie von „Jingle Bell Rock“. Ein kleines rothaariges Mädchen stand fröhlich lachend im Laden und deutete aufgeregt auf den Schneemann.

Zum Glück gibt es wenigstens noch ein paar Dinge, die sich nicht ändern, dachte Becca und sah in die strahlenden Augen des Kindes. Sie selbst hatte auch einmal diese Aufregung verspürt, diese Vorfreude auf Weihnachten.

Als sie sich umdrehte, stieß sie mit einem Mann zusammen. Instinktiv hielt er sie fest, damit sie nicht stürzte.

„Tut mir …“

Sie erstarrte.

Oh nein.

Auch wenn sie in der Dämmerung nicht viel erkennen konnte, wusste sie doch, dass der Mann grüne Augen und hellbraune Haare hatte. Sie wusste, dass er über der linken Augenbraue eine kleine Narbe hatte, das Überbleibsel eines Sturzes von einem Baum, als er elf Jahre alt gewesen war. Er starrte aus zusammengekniffenen Augen auf sie herab. Seine Lippen waren nur zwei schmale Striche.

„Hallo, Becca.“

Ihr war klar gewesen, dass sich während ihres Aufenthalts in Napa ihre Wege zwangsläufig irgendwann kreuzen würden, doch so hatte sie sich das Wiedersehen nicht vorgestellt. Wochenlang hatte sie sich auf diesen Moment vorbereitet, um im entscheidenden Augenblick ruhig, gelassen und souverän zu wirken. Als Herrin der Lage. Sie hatte genau überlegt, was sie sagen wollte, und wie sie lächeln würde. Ja, sie hatte sogar am Klang ihrer Stimme gearbeitet.

Alles umsonst. Mehr als ein erschreckter Aufschrei war nicht über ihre Lippen gekommen.

„Trace.“ Endlich hatte sie es geschafft, zumindest seinen Namen auszusprechen.

Er hielt sie immer noch fest, während sie die aufsteigende Panik bekämpfte. Durch ihren dicken Mantel hindurch spürte sie die Hitze, die sein Körper ausstrahlte. Ihr Herz schlug gegen die Brust, das Hämmern hallte in ihrem Kopf wider. Wie hatte sie nur glauben können, auf ein Wiedersehen mit ihm vorbereitet zu sein?

Sie war ziemlich dumm und naiv gewesen.

Als er schließlich die Hände sinken ließ und einen Schritt zurückwich, holte sie tief Luft. „Entschuldige“, sagte sie atemlos. „Ich hatte dich nicht gesehen.“

„Ich habe gehört, dass du zurück bist.“

Da er nicht sehen sollte, wie heftig ihre Hände zitterten, steckte sie sie tief in ihre Manteltaschen. „Ich bin zu Fotoaufnahmen für Ivy Glen Cellars hier.“

„Davon habe ich auch gehört.“

„Oh.“ Aber Becca war nicht wirklich überrascht. Die Winzer in Napa kannten sich untereinander. Sie fragte sich, was er sonst noch gehört haben mochte. Und wie viel davon der Wahrheit entsprach.

„Wie … wie geht es dir?“ Wie banal und albern die Frage klingt, dachte Becca. Doch eine intelligentere fiel ihr im Moment nicht ein.

„Gut. Und dir?“

„Auch gut.“

„Es ist schon lange her, dass wir uns das letzte Mal gesehen haben, Becca.“

Fünf Jahre, hätte sie fast bemerkt, doch sie nickte nur. Ihr fielen die feinen Fältchen um seine Augen herum auf, sein energisches Kinn, der harte Zug um seinen Mund, und sie war erstaunt, wie sehr die Jahre seine attraktiven Gesichtszüge hatten reifen lassen. Damals hatte er sie mit seinem jungenhaften Charme und dem verschmitzten Lächeln verwirrt, doch jetzt konnte sie keine Wärme, kein Willkommen in seinem Gesicht entdecken.

Ein kalter Schauer lief Becca über den Rücken, als Trace sie weiter anstarrte. Eines hat sich nicht geändert, dachte sie verzweifelt. Sein Anblick ließ sie immer noch schwach werden und trieb ihren Puls in die Höhe. Wie damals fühlte sie sich körperlich unglaublich zu ihm hingezogen.

Sie hörte die Motorengeräusche der vorbeifahrenden Autos, hörte das Klingeln des Glöckchens im Schaufenster des Spielwarengeschäfts, doch alles nur wie aus weiter Ferne. Alle ihre Sinne waren auf Trace gerichtet und nahmen jedes vertraute Detail wahr. Seine breiten Schultern, die dunklen Augenbrauen, die leicht gekrümmte Nase.

Vor fünf Jahren wäre sie ihm lachend in die Arme gefallen und hätte ihn leidenschaftlich geküsst. Vor fünf Jahren hätte er gelächelt und den Kuss erwidert. Er hätte ihr etwas ins Ohr geflüstert, was sie erregte – und erröten ließ.

Die Ladentür wurde geräuschvoll geöffnet und holte Becca aus dem Trancezustand. Eine Frau trat heraus auf den Bürgersteig, voll bepackt mit hübsch eingewickelten Päckchen. Sie blickte auf ihre Uhr und eilte weiter.

Becca senkte den Blick, holte tief Luft und sah dann Trace wieder an.„Tut mir leid mit deinem Vater.“Vor sieben Monaten hatten jede Zeitung und jeder Fernsehsender in Los Angeles ausführlich über den Mord an Spencer Ashton berichtet. „Ich wollte dich anrufen, als ich davon hörte, aber …“ Sie drehte sich beim Klang der Schlittenglocken um.

Die Pferdekutsche stand jetzt auf der anderen Straßenseite. Lachend stiegen die Fahrgäste aus.

Trace schien es nicht einmal zu bemerken. „Aber was?“

Ich war zu feige. „Ich wollte nicht stören.“

„Verstehe.“

Der Sarkasmus in seiner Stimme versetzte ihr einen Stoß ins Herz. Becca wollte die Arme nach ihm ausstrecken und ihm sagen, dass er überhaupt nichts verstand, doch sie zog nur den Mantel enger um sich herum. Sie hatte Angst, dass er zurückweichen würde. Und das könnte sie nicht ertragen.

„Ich glaube nicht, dass deine Familie meine Beileidsbekundung zu schätzen gewusst hätte“, sagte sie ruhig. „Vor allem, wenn man bedenkt, was zwischen uns passiert ist.“

Trace presste die Lippen zusammen. „Du warst diejenige, die gegangen ist, Becca.“

Sicher, er hatte recht. Doch hier, auf dem Bürgersteig mitten im belebten Zentrum von Napa, schien nicht der richtige Ort für ein Gespräch über dieses Thema zu sein. Allerdings könnte sie keinen Ort benennen, an dem sie überhaupt diese Unterhaltung führen wollte. „Trace, bitte.“

Er starrte sie lange an. Vor fünf Jahren hätte sie in seinen Augen lesen können und sofort gewusst, was er dachte und fühlte. Jetzt nicht mehr. Die Jahre haben ihn verändert, stellte sie fest. Er war ein anderer Mann geworden. Sie kannte ihn kaum wieder. Und sie war eine andere Frau geworden.

„Ich habe gehört, dass deine Mutter den Pub übernommen hat“, wechselte Trace unvermittelt das Thema.

„Sie führt den Laden ja sowieso schon seit fünfzehn Jahren.“ Dankbar für den Themenwechsel, gelang Becca ein Lächeln. „So war es nur folgerichtig, dass Joseph ihr das Lokal verkauft hat, als er sich zurückzog. Nächste Woche ist die große Eröffnungsfeier.“

Was redete sie denn da? Trace und seine Familie besaßen das größte und erfolgreichste Weingut im Napa Valley. Warum sollte er sich für die Eröffnungsfeier von Elaine Marshalls Bierlokal interessieren?

„Wohnst du bei ihr?“

„Nur für die zwei oder drei Wochen, die ich an diesem Projekt arbeite.“

„Ivy Glen ist ein erstklassiges Weingut“, bemerkte er. „Du musst einen verdammt guten Eindruck auf die Verantwortlichen in der Werbeabteilung gemacht haben.“

Beide wussten, wie unglaublich schwierig es war, einen Auftrag für Produktfotografie im Napa Valley zu bekommen, vor allem für eine kleine Werbeagentur, die bisher noch keine besondere Erfolgsgeschichte geschrieben hatte. „Ich freue mich sehr, dass ich diese Chance bekommen habe.“

Trace sagte nichts, sondern starrte sie nur weiter aus seinen stechend grünen Augen an.

Becca wurde nervös. Krampfhaft trat sie von einem Fuß auf den anderen. Diese oberflächliche, höfliche Unterhaltung zerrte an ihren Nerven. „Ich muss jetzt gehen.“

Er nickte nur und trat zur Seite. „Pass gut auf dich auf, Becca.“

„Du auch, Trace.“

Irgendwie schaffte sie es, sich trotz ihrer weichen Knie in aufrechter Haltung und würdevoll zu entfernen und nicht in Panik davonzulaufen.

Die Hände in den Taschen zu Fäusten geballt, stand Trace vor dem Steakhaus The Cask and Cleaver und wartete darauf, dass sich der Knoten in seinem Magen löste.

Idiot!

Was zum Teufel hatte er sich gedacht? Dass die Verbitterung, die er seit der jähen Trennung von Becca vor fünf Jahren in sich trug, auf wundersame Weise verschwinden würde, wenn er auf sie zuging, ihr in die Augen sah und eine höfliche Unterhaltung mit ihr führte?

Fehlanzeige. Das Gegenteil war der Fall. Es war noch schlimmer geworden. Die im Unterbewusstsein schlummernde Bitterkeit war geweckt worden.

Hätte es einen Unterschied gemacht, wenn sie versucht hätte, sich zu entschuldigen?, fragte er sich. Er dachte länger darüber nach und schüttelte dann den Kopf. Nein. Es hätte nichts geändert. Im Gegenteil, es hätte ihn vielleicht sogar noch wütender gemacht.

Du warst diejenige, die gegangen ist, hatte er sie erinnert, und einen flüchtigen Moment lang hatte er fast geglaubt, Reue in ihren Augen zu sehen. Aber wahrscheinlich hatte sich nur ihr schlechtes Gewissen gemeldet.

Vor fünf Jahren war sie ohne ein Wort aus seinem Leben verschwunden. Auf dem Tisch hatten lediglich eine kurze Nachricht und der Verlobungsring gelegen, den Trace ihr erst einen Monat zuvor auf den Finger gesteckt hatte. Ungläubig hatte er auf die Zeilen gestarrt, bis sie sich unauslöschlich in sein Gehirn eingebrannt hatten:

Tut mir leid, Trace, aber ich habe die Möglichkeit, eine Ausbildung als Fotografin in Mailand zu machen. Ich will meinen Traum verwirklichen. Ich hoffe, dass du mir eines Tages verzeihen kannst. Ich wünsche dir alles Gute.

Wie hatte er nur so dumm sein können, ernsthaft zu glauben, ihr Traum wäre es gewesen, seine Frau und die Mutter seiner Kinder zu werden?

Doch selbst jetzt, nach all den Jahren und nach allem, was sie ihm angetan hatte, fühlte er sich sofort wieder zu ihr hingezogen. Als sie mit ihm zusammengeprallt war und er sie festgehalten hatte, hätte er sie am liebsten in seine Arme gezogen.

Ich hätte es tun sollen, dachte er. Ich hätte sie umarmen und um den Verstand küssen und dann einfach stehen lassen sollen.

„Hey, Mister, können Sie uns sagen, wie spät es ist?“

Zwei junge Mädchen mit Strickhüten und dicken Schals rissen Trace aus seinen Gedanken. Er blickte auf seine Uhr. Verdammt! „Zwanzig nach sieben.“

„Danke. Und frohe Weihnachten“, sagten die Mädchen wie aus einem Mund, liefen kichernd weiter und warfen ihm noch einen Blick über die Schulter zu.

Mann, als wäre es nicht schlimm genug, dass er hier herumstand und über Becca nachdachte, jetzt flirteten auch noch Schulmädchen mit ihm. Trace rieb sich über das Gesicht. Er musste sich zusammenreißen, sonst wüsste Paige sofort, dass irgendetwas los war.

„Guten Abend, Mr. Ashton.“ Die Kellnerin grüßte lächelnd, als Trace das schwach beleuchtete Restaurant betrat. „Ihre Schwester wartet bereits auf Sie.“

„Danke, Cindy.“

Trace zog seinen Mantel aus und folgte der hübschen Blondine an den Ecktisch, an dem Paige saß und die Speisekarte studierte. Der Duft nach gegrillten Steaks zog durch das Restaurant, und das Licht von flackernden Kerzen warf Schatten auf die schweren Eichentische. Aus versteckten Lautsprechern klang eine Instrumentalversion von „White Christmas“.

„Einen Jim Beam ohne Eis, bitte“, bestellte Trace. Er küsste seine Schwester auf die Wange und setzte sich ihr gegenüber. „Entschuldige, dass ich zu spät bin.“

„Kein Problem.“ Paige nahm ihr Rotweinglas. „Ich bin auch gerade erst gekommen. Es ist nicht einfach, ein Geschenk für einen Mann zu finden, der schon alles hat.“

Eine verliebte Frau, dachte Trace und betrachtete seine Schwester. Mit ihren hellbraunen Haaren und den braun-grünen Augen war sie schon immer sehr hübsch gewesen, doch die Liebe verlieh ihr dazu eine ungewöhnlich sinnliche Ausstrahlung. „So schwer kann es doch nicht sein, etwas für mich zu finden.“

„Du weißt genau, dass ich von Matt spreche.“ Paige zog eine Augenbraue hoch. „Ich habe keine Ahnung, was er sich wünscht.“

„Spar dir Zeit und Geld.“ Trace blickte auf den funkelnden Verlobungsring an Paiges linker Hand. „Sein Wunsch ist schon in Erfüllung gegangen.“

Paige lächelte. „Meiner auch. Ich liebe ihn so sehr, Trace.“

„Habt ihr schon einen Termin für die Hochzeit?“

„Ich denke, wir werden im Juni heiraten. Obwohl mir da nicht viel Zeit für die Planung bleibt.“

„Sechs Monate reichen nicht?“ Trace schüttelte den Kopf. „Ich habe nie begriffen, was daran so schwierig ist, eine zehnminütige Zeremonie und einen vierstündigen Empfang vorzubereiten.“

„Weil du ein Mann bist.“ Paige nippte an ihrem Wein. „Warte, bis du heiratest. Dann verstehst du es.“

„Das wird nie passieren, Schwesterherz. Aber jetzt erzähl mir, warum du dich heute Abend unbedingt mit mir treffen wolltest.“

„Ich habe Jack gesehen.“

Jack war der zweijährige Halbbruder, das letzte der zehn Kinder, die Spencer gezeugt hatte. Die Mutter des kleinen Jack war Spencers Geliebte gewesen, doch die Frau war gestorben, und Anna, die Tante des Jungen, war mit ihrem Neffen nach Napa gekommen. „Paige …“

„Jetzt hör mir erst einmal zu.“ Paige langte über den Tisch und nahm die Hand ihres Bruders. „Er ist so süß. Sein Lächeln bringt einen Eisberg zum Schmelzen. Der Junge ist genau das, was wir brauchen, Trace. Er könnte es schaffen, die Familie zu vereinen.“

Die liebe Paige, dachte Trace. Immer die Friedensstifterin. „Wir haben sieben Halbgeschwister, Paige. Sechs davon hat unser Vater verlassen, bevor er unsere Mutter geheiratet und uns gezeugt hat. Glaubst du wirklich, dass ein Kind uns alle zusammenbringen kann?“

„Geh mit mir zu ihm, Trace.“ Paige drückte seine Hand. „Du musst ihn einfach kennenlernen.“

„Du scheinst vergessen zu haben, dass ich das bereits versucht habe. Wenn ich das nächste Mal das Weingut Louret betrete, hetzt Eli wahrscheinlich die Hunde auf mich.“

Autor

Barbara McCauley
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