Schwester Evie - einfach unwiderstehlich!

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Mit ihrem Frohsinn verzaubert die hübsche Schwester Evie alle in der Klinik am Meer! Nur der attraktive Dr. Zac Carlisle bleibt auffallend kühl. Doch dann will es der Zufall, dass Evie seine Nachbarin wird. Kann sie ihm jetzt endlich beweisen, wie schön das Leben ist – besonders zu zweit?


  • Erscheinungstag 11.06.2021
  • Bandnummer 2
  • ISBN / Artikelnummer 9783751506113
  • Seitenanzahl 128
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Nicht schon wieder!“ Zac Carlisle schaute in die Richtung, in die seine Kollegin Dr. Lexi Patterson möglichst unauffällig mit dem Kopf wies.

Bob Leeming, der kürzlich entlassene Personalmanager, hatte der Klinik bei seinem Abgang ein Chaos hinterlassen, dessen Überbleibsel offenbar immer noch nicht beseitigt waren. Dieses spezielle Überbleibsel war nicht einmal einen Meter fünfundfünfzig groß, lehnte sich an die Empfangstheke und trug nicht viel mehr als ein enges Top und einen um die Hüfte geschlungenen Schal, an dem unzählige winzige Münzen klimperten.

„Eine Bauchtänzerin? Die Klinik steht kurz vor dem Ruin, wir suchen händeringend eine Krankenschwester, und er engagiert eine Bauchtänzerin?“

„Pst!“, sagte Lexi beschwichtigend. „Sie kann dich hören.“

Die vermeintliche Bauchtänzerin hatte Zac tatsächlich gehört. Sie drehte sich zu ihm um und lächelte. Das Strahlen in ihrem Gesicht ließ ihn ein paar Sekunden lang vergessen, dass sie sämtliche Kleidervorschriften für das medizinische Pflegepersonal verletzte. Zac hörte Lexi neben sich kichern und rief sich selbst zur Ordnung.

„Ich muss los, um Molly abzuholen. Aber viel Spaß noch“, sagte seine Kollegin augenzwinkernd und überließ ihn allein diesem neuen Problem.

In diesem Moment kam die Frau mit dem klimpernden Rock auf ihn zu und streckte ihm die Hand entgegen. Dabei erhellte noch immer dieses überwältigende Lächeln ihr Gesicht, das fast zu klein und zart schien für so viel Lebensfreude.

„Sie sind sicher Dr. Carlisle.“

Er war davon ausgegangen, dass sie Engländerin war. So zumindest war die neue Krankenschwester angekündigt worden, aber jetzt konnte er einen deutlichen australischen Akzent hören.

Er erwiderte ihren Händedruck möglichst kurz – eine Frau, die seine Gedanken in so kurzer Zeit verwirren konnte, war äußerst beunruhigend.

„Dann fürchte ich, dass Sie Eva Henderson sind.“

„Nein.“

„Nein?“ Sollte noch Hoffnung bestehen auf eine Krankenschwester mit fachlichen statt tänzerischen Fähigkeiten?

„Doch, bin ich, aber nennen Sie mich doch bitte Evie.“ Sie lachte. „Ich wollte nur sehen, ob Sie sehr erleichtert sind, wenn Sie denken, dass ich nicht hier arbeiten werde.“

Sie legte den Kopf zur Seite und stützte eine Hand auf ihre Hüfte. Unwillkürlich ließ Zac den Blick über ihre weiblichen Kurven gleiten. Er konnte sehen, dass sie unter dem Hüftschal noch einen fast durchsichtigen Rock trug, der mehr enthüllte, als er verbarg.

Mit Mühe schaute er ihr wieder ins Gesicht. „Bob Leeming hat Sie eingestellt, richtig?“

„Bitte sagen Sie mir nicht, dass es ein Problem gibt. Ich weiß, dass er inzwischen nicht mehr in der Klinik arbeitet, aber jetzt bin ich hier, und ich … nun ja, ich brauche diesen Job.“

Sie sah ihn aus großen dunklen Augen an. Trotz ihrer Worte lag in ihrem Blick nichts Bittendes. Ihr war klar, dass Zac sie nicht einfach wieder fortschicken würde.

„Sie entsprechen nicht ganz meinem Bild von einer Krankenschwester.“ Sein Versuch, sarkastisch zu klingen, war ihm nicht gelungen. Zu deutlich war die Erschöpfung in seiner Stimme.

„Na ja, ich dachte, hier auf dem Land sieht man das nicht so eng, deswegen …“ Sie unterbrach sich und tätschelte seinen Arm. „He, das war ein Scherz. Ich fange erst morgen an. Ich bin nur hier, um jemanden zu besuchen und den Papierkram in Ordnung zu bringen. Also bleiben Sie ganz ruhig. Ich bin zuverlässig und verantwortungsbewusst.“

„Ich habe nie etwas anderes behauptet.“

„Das war auch nicht nötig“, gab sie belustigt zurück. „Ihre Miene sprach dafür Bände – ‚Hilfe, eine Bauchtänzerin als Krankenschwester‘, oder was war noch mal das Wort, das Sie benutzt haben?“ Sie lachte wieder. „Tut mir leid. Ich rede ein bisschen viel, oder? Reine Nervosität.“

„Das glaube ich kaum. Sie scheinen sich hier schon ziemlich wohlzufühlen.“ Was man von Zac im Augenblick nicht gerade behaupten konnte. „Wen wollen Sie denn besuchen? Sie sind nicht von hier, oder?“

„Letitia.“

„Meine Patientin Letitia?“

„Ach, Sie sind ihr Arzt?“ Eva – Evie – musterte ihn mit unverhohlener Neugier und murmelte dann laut genug, dass er es hören konnte: „Klar, das passt.“

Zac nickte nur wortlos.

„Sie ist meine Schwägerin“, fuhr sie fort, „und … oh, natürlich.“ Wieder lächelte sie ihn strahlend an.

„Natürlich was?“, fragte Zac leicht irritiert.

„Wir sind Nachbarn.“

„Nachbarn?“ Er kam sich langsam vor wie ein Papagei, der alles nachplapperte.

„Ich ziehe zu Jake und Letitia, damit ich mich um ihre beiden Töchter kümmern kann, wenn Letitia für ihre OP nach Adelaide geht. Sie hat mir erzählt, dass es etwas seltsam ist, direkt neben seinem Arzt zu wohnen, aber auf dem Land kann das wohl vorkommen, das kenne ich.“

„Sie kommen mir nicht gerade wie ein Mädchen vom Land vor“, brachte Zac heraus, nachdem er ihren kleinen Wortschwall entwirrt hatte. „Zumindest kein Land, das ich kenne“, fügte er halblaut hinzu.

„Oh, doch. Ich bin ein echtes Mädchen vom Land. Jake und ich sind in New South Wales aufgewachsen.“

Das würde erklären, warum sie einen australischen Akzent hatte, obwohl sie ihren Unterlagen zufolge doch in England gelebt und gearbeitet hatte. Zac war froh, zumindest dieses unwichtige Detail geklärt zu haben, wenn diese Frau mit ihrem breiten Lächeln ihm ansonsten schon den Verstand vernebelte.

„Sind Sie eigentlich immer so fröhlich?“

Sie nickte. „Aber keine Sorge, es ist nicht ansteckend. Es sei denn, Sie küssen mich, dann könnten Sie sich mit unheilbar guter Laune infizieren.“ In dem sicheren Wissen, ihn mit dieser Bemerkung zum Schweigen gebracht zu haben, drehte sie sich um, winkte ihm noch einmal zu und ging dann mit aufreizendem Hüftschwung davon.

Zac sah ihr hinterher und fragte sich, wie viel Unruhe Evie erst verbreiten würde, wenn sie mehr Zeit in der Klinik verbrachte. Andererseits konnte eine Frau, die ihm gerade bis zur Schulter reichte, das Krankenhaus wohl kaum in größere Schwierigkeiten bringen als die, in denen es ohnehin schon steckte. Aber warum würde eine Krankenschwester, die etwas von ihrem Job verstand, in dieser Kostümierung an ihrem künftigen Arbeitsplatz auftauchen? Und wie lange würde es dauern, bis er diesen Anblick aus seinem Kopf verdrängt hatte?

„Dr. Carlisle!“

Zac hatte die Tür zu seinem Büro schon halb geöffnet, als er die Stimme hinter sich hörte. So würde er es nie schaffen, den Papierkram zu erledigen, der sein Leben derzeit in einen Albtraum verwandelte. Gestern Abend hatte ein Notfall ihn davon abgehalten, Evies Referenzen noch einmal zu prüfen. Jetzt war es gerade mal acht Uhr morgens, und er war bereits seit zwei Stunden in der Klinik, weil ein Baby drei Wochen zu früh auf die Welt kommen wollte.

Resigniert drehte er sich um. „Ja, Doris, was gibt es?“

„Wir haben gerade einen Notruf bekommen“, verkündete seine Assistentin mit bedauerndem Lächeln. „Der Rettungswagen bringt einen Teenager, der zusammengebrochen ist. Genaueres konnten sie nicht sagen. In fünf Minuten ist der Wagen da.“

„Ein Opfer der Abschlussfeiern?“

„Davon gehe ich aus.“

„Diese dummen Gören.“ Mit langen Schritten ging Zac in die Notaufnahme. „Wann werden sie endlich begreifen, dass es bessere Arten gibt, seinen Schulabschluss zu begehen, als mit jeder Menge Drogen und Alkohol im Gepäck in einen Badeort einzufallen?“

Doris versuchte, mit ihm Schritt zu halten. „Es sind Teenager. Sie denken, sie sind unsterblich.“

Zac hatte die Tür zur Notfallambulanz gerade geöffnet, als er abrupt stehen blieb. Doris prallte gegen seinen Rücken, aber er hörte ihren empörten Ausruf kaum. Er hatte nur Augen für Evie.

Sie unterhielt sich angeregt mit einer anderen Krankenschwester und hatte ihn nicht bemerkt. Beinahe hätte Zac sie nicht wiedererkannt, denn sie trug die weiße Bluse und dunkelblaue Hose der Schwesterntracht. Keine klimpernden Münzen, kein durchsichtiger Rock, kein knappes Top. Ihr dunkles Haar war ordentlich im Nacken zusammengebunden, und gegen jede Vernunft verspürte Zac einen leisen Stich der Enttäuschung.

Dann schaute sie auf und schenkte ihm ihr fröhliches, zuversichtliches Lächeln. Daran zumindest hatte sich seit gestern gar nichts geändert, und Zac hoffte inständig, dass ihr unbändiger Optimismus gerechtfertigt war. Die Klinik brauchte jede Hilfe, die sie bekommen konnte.

„Guten Morgen“, rief Evie und kam auf ihn zu. „Libby hat mir eben einen kleinen Einführungskurs gegeben und …“

Die Sirene des herannahenden Rettungswagens unterbrach sie. „Wollen wir?“ Sie wies mit dem Kopf auf die große Außentür, und gemeinsam gingen sie zum Ankunftsbereich.

Zac hatte keine Ahnung, welche Art von Notfall ihn erwartete, und ebenso wenig wusste er, welche Hilfe diese neue Krankenschwester ihm dabei sein würde. „Sind Sie sicher, dass Sie das schaffen?“, fragte er.

War das ein empörtes Funkeln in ihren dunklen Augen? Und wenn schon. Er hatte ein Krankenhaus zu leiten und konnte keine Rücksicht auf Eitelkeiten seiner Mitarbeiter nehmen.

Nach außen blieb Evie jedoch ruhig. „Aber sicher“, erwiderte sie.

Evie hatte nicht vor, gleich einen Streit mit Dr. Carlisle vom Zaun zu brechen. Sie brauchte diesen Job, und sie würde dem großen Boss nicht den Gefallen tun, auf seine spitzen Bemerkungen zu reagieren.

Vielleicht wollte er ja auch nur sicher sein, dass sie wirklich gut genug für diese Arbeit war. Und irgendwie war er ihr auf den ersten Blick sympathisch gewesen. Heute Morgen allerdings hatte er noch verstrubbelter und unordentlicher ausgesehen als gestern. Wann er wohl aufgestanden war?

Zum Rasieren hatte ihm offensichtlich die Zeit gefehlt, und auch seine dichte dunkle Mähne hätte mal wieder einen Haarschnitt vertragen können. Ein wenig erinnerte Zac sie an einen großen, zotteligen Bären, der nach einem langen Winterschlaf missmutig war und dringend Gesellschaft brauchte. Genau das Richtige für Evie, mit anderen Worten. Als Erstes würde sie …

„Heute noch, Schwester Henderson“, erklang die Stimme des großen, zotteligen Bären. Ups.

Schnell lief Evie hinter Zac her, der die Hintertüren des Rettungswagens öffnete, noch bevor der Fahrer den Motor abgestellt hatte.

Zac nickte dem Sanitäter im Wagen zu. „Morgen, Bruce. Was hast du für uns?“

„Siebzehn Jahre alter männlicher Patient. Klagt über Brustschmerzen und Magenkrämpfe. Puls bei 140, unregelmäßig. Wir haben ihm Sauerstoff gegeben, und er ist stabil.“ Bruce griff nach der Trage.

Evie konnte erkennen, dass sie dem Patienten eine Kochsalzinfusion gelegt hatten.

„Er hat anscheinend halluziniert“, fuhr Bruce fort, während sie die Trage in die Klinik schoben. „Wir tippen auf Drogen in Verbindung mit Alkohol. Er hat sich auch übergeben, aber mehr wollten seine Freunde uns nicht verraten.“

„Was ist nur los mit diesen Kids?“, fragte Zac empört. „Muss erst jemand sterben, bevor sie zur Vernunft kommen?“

Mit schnellen Schritten lief Evie neben der Trage und dirigierte ihre Kollegen in den ersten Untersuchungsraum. Dem Patienten ging es offensichtlich sehr schlecht, und sie wollte keine Zeit verlieren. „Wie heißt der Junge?“, erkundigte sie sich bei Bruce.

„Stewart.“

Evie lehnte sich über den Jungen und rüttelte ihn sanft an der Schulter. „Stewart, kannst du mich hören? Du bist hier im Krankenhaus.“ Als sie ihm die Augenlider hochzog, um seine Pupillen zu untersuchen, schlug er mit einem Arm nach ihr und riss sich dann die Sauerstoffmaske vom Gesicht.

„Achtung, wir müssen ihn festhalten!“, rief Evie und griff nach Stewarts linkem Arm, bevor er sich die Infusionsnadel herausziehen konnte. „Ich tippe mal auf Crystal Meth“, sagte sie und stellte beruhigt fest, dass Bruce den anderen Arm des Jungen sicher im Griff hatte.

„Ach ja?“ Zacs skeptische Stimme kam vom anderen Ende der Trage, wo er Stewarts Beine festhielt. „Wissen Sie das genau, oder haben Sie so etwas nur mal im Fernsehen gesehen?“

Evie ignorierte seinen spöttischen Tonfall. „Er zeigt alle Symptome einer Überdosis Methamphetamin. Mir ist klar, dass Sie mich noch nicht gut kennen, aber ich weiß, was ich sage.“ Libby trat an ihre Seite und fixierte Stewarts Handgelenk an der Trage, sodass Evie den Arm loslassen konnte. Sie platzierte die Sauerstoffmaske wieder auf seinem Gesicht und drehte sich zu Zac um. „Ich bin aus London, dort ist dieses Zeug so verbreitet wie Schnupfen.“

„Und was, wenn es keine Drogen sind? Wenn er einen Anfall hat?“

„Möglich, aber ich wette meinen ersten Gehaltsscheck darauf, dass ich recht habe. Nach einem Bluttest wissen wir mehr.“

„Wir haben keine Möglichkeit, sein Blut hier auf Drogen zu testen. Das wird in Adelaide erledigt. Mit den Kliniken in London können wir nicht mithalten, Schwester Henderson.“

Insgeheim dachte Evie, dass Zac keine Ahnung hatte, unter welchen Bedingungen sie bereits gearbeitet hatte. Das kleine Krankenhaus in Pelican Beach war dagegen perfekt ausgestattet.

Zac musterte sie noch immer mit misstrauischem Blick unter zusammengezogenen Augenbrauen. Er sah aus, als könnte er sich nicht entscheiden, ob er ihr das Kommando überlassen oder sie aus der Notaufnahme werfen sollte.

Dann entspannte er seine Schultern. Er hatte seine Wahl getroffen. „Okay, was schlagen Sie vor?“

„Wir stabilisieren ihn, versorgen ihn mit ausreichend Flüssigkeit und beobachten ihn genau. Wenn nötig, müssen wir ihn sedieren. Schlafmangel und zu wenig Nahrung verstärken die Wirkung der Drogen, und er hat wahrscheinlich die Nacht durchgemacht.“

Während Evie sprach, betrat ein Polizist die Station. Zac nickte ihr kurz zu, was sie als Zustimmung zu ihrem Behandlungsplan interpretierte, und ging dann auf den Mann in Uniform zu.

Gemeinsam mit Libby leitete Evie die nötigen Maßnahmen ein, füllte ein Krankenblatt für den Patienten aus, das sie am Bett befestigte, drehte sich um – und stieß mit Zac zusammen. Für einen so großen und kräftigen Mann bewegte er sich erstaunlich leise.

Er griff nach ihren Armen, um sie festzuhalten. „Alles in Ordnung?“

Er ließ sie los, und Evie spürte einen leisen Stich des Bedauerns. „Wenn Sie hier fertig sind, würde Bill gerne mit uns sprechen.“ Evie sah an Zac vorbei in den Empfangsbereich, wo der Polizist wartete. „Offenbar haben die Kids Drogen gekauft, auch Meth.“

Also hatte sie recht gehabt. Gut zu wissen, zumindest aus medizinischer Sicht. Evie vermied es jedoch, Zac darauf hinzuweisen. Irgendwie schien es ihr plötzlich sehr wichtig, dass er sie sympathisch fand.

Sie ging auf den Polizisten zu. „Hallo, Bill. Ich bin Evie Henderson.“

Er ergriff ihre ausgestreckte Hand. „Willkommen in Pelican Beach. Obwohl das wohl kein schöner Start für Sie ist.“

„Nein, wohl kaum. Konnten Sie aus den anderen Jugendlichen etwas herausbekommen?“

„Ja, sie haben das Zeug anscheinend geraucht. Viel mehr haben sie nicht gesagt, ich glaube, sie hatten Angst, weil sie nicht wussten, ob ihr Kumpel die Sache überlebt.“

„Der Konsum von Ice oder Crystal Meth führt nur selten zu Herzversagen oder Atemstillstand“, warf Evie ein.

Zac warf ihr einen missbilligenden Blick zu. „Soll das ein Plädoyer für die Legalisierung dieser Drogen werden?“

„Unsinn. Aber wir müssen schließlich wissen, womit wir es zu tun haben. Wenn ich es richtig verstanden habe, kommen zu den Schulabschlussfeiern Hunderte von Kids in die Stadt, um zu feiern.“

Bill nickte düster, und Evie fuhr fort: „Wir müssen mehr über Stewarts Drogenkonsum herausfinden. Wenn er das Zeug früher schon genommen und ähnlich reagiert hat, hat nur er ein Problem. Falls nicht, liegt es vielleicht an der Qualität der Droge, und Stewart wird nicht das letzte Opfer sein. Dann müssen Sie den Dealer unbedingt finden, Bill.“

„Wir sind schon dran.“ Der Polizist gab Evie einen Zettel. „Das sind Adresse und Telefonnummer seiner Eltern“, sagte er und ging dann mit Zac, der Evie keines Blickes würdigte, zum Ausgang.

Sie sah ihnen hinterher. Wie sollte sie es nur anstellen, diesen brummigen und verstrubbelten Arzt für sich zu gewinnen? Sie brauchte Menschen um sich herum, die sie mochten, und Dr. Carlisle war in dieser Hinsicht eine echte Herausforderung.

Sie hatte zwei Monate Zeit. Dann würde sie ihr Nomadenleben wieder aufnehmen. In zwei Monaten konnte eine ganze Menge passieren.

Irgendwie hatte Evie die Kontrolle übernommen.

Zac wusste nicht recht, ob er überrascht, verärgert oder einfach nur froh war. Er sah zu, wie sie die Infusion überprüfte und beruhigend auf ihren Patienten einredete, der sie vermutlich gar nicht hören konnte. Sie machte ihren Job, und sie machte ihn sehr gut.

Für Verärgerung bestand kein Anlass, im Gegenteil, er sollte sich wohl bei ihr entschuldigen. Aber im Augenblick stand er nur da und schaute sie an. Sie strahlte so viel Lebenskraft und Energie aus, dass er den Blick nicht abwenden konnte. Dabei hatte er genügend andere Dinge zu tun.

Nun schaute sie auf. „Wollten Sie etwas von mir, Zac?“ Ihr Lächeln ermutigte ihn. Sie war anscheinend nicht nachtragend.

„Brauchen Sie noch eine Unterschrift für ein Sedativ?“ Zum Glück war ihm ein guter Vorwand eingefallen.

„Ja, ich habe die Unterlagen schon vorbereitet.“ Sie hielt ihm das Krankenblatt entgegen und wies auf die gestrichelte Linie. „Ich denke, er muss sich einfach nur ausruhen, bis die Wirkung der Droge nachlässt, aber wir sollten seine Eltern informieren.“ Sie reichte ihm den Zettel, den sie von Bill bekommen hatte. „Ich denke, das sollten Sie übernehmen, die Familie möchte sicher lieber mit einem Arzt sprechen.“

Auch Bill hatte wohl das Gefühl gehabt, dass Evie das Kommando führte. Aber Zac wusste, dass sie recht hatte. Stewarts Eltern sollten von einem Arzt darüber informiert werden, dass ihr Sohn im Krankenhaus lag. Das war jedoch eine Aufgabe, die ihm gar nicht behagte.

Evie schien seine Unsicherheit zu bemerken. „Es kann noch einige Zeit dauern, bis er wirklich stabil ist. Wir werden ihn über Nacht hierbehalten, denke ich“, sagte sie und warf einen Blick auf den Zettel. „Sie wohnen in Adelaide, wahrscheinlich werden sie herkommen wollen.“

Automatisch griff Zac nach dem Papier. Evie hatte die Dinge wirklich im Griff. Stumm hob er eine Hand zum Abschied, drehte sich um und ging davon.

Das würde ihn in Zukunft lehren, Menschen nicht nach dem ersten Eindruck zu beurteilen.

Er hatte einen Blick auf ihre exotische Aufmachung und ihre nackte Taille geworfen und sofort entschieden, dass sie unmöglich eine gute Krankenschwester sein konnte. Er hatte sich getäuscht, und darüber müsste er sich eigentlich freuen. Warum verspürte er dann trotzdem diese seltsame Unruhe?

„Alles in Ordnung?“ Libby unterbrach Evies Gedanken.

„Ja, er ist stabil.“

„Bill sagte, es seien Drogen im Spiel“, sagte Libby. „Wenn das schon am ersten Tag der Abschlusspartys passiert, will ich gar nicht wissen, wie es weitergeht. Gut, dass wir jetzt Verstärkung haben.“ Sie lächelte Evie zu.

„Wie verlaufen diese Abschlussfeiern denn normalerweise? Das klingt so gar nicht nach dem beschaulichen kleinen Küstenort, den ich erwartet habe.“

„Oh, wir haben die üblichen Notfälle, nur einfach sehr viel mehr als sonst. Drogen waren bisher glücklicherweise kein großes Problem, aber das war wohl nur eine Frage der Zeit. Die Einheimischen haben ein sehr gespaltenes Verhältnis zu dieser Partywoche. Die vielen Jugendlichen bringen natürlich Geld in die Stadt, aber auch viel Unruhe.“

„Das kann ich mir vorstellen.“ Evie nickte.

„Deswegen hat sich unser Polizeichef für dieses Jahr mit dem Stadtrat zusammen etwas ausgedacht. Zum ersten Mal wird auf einem abgesperrten Gelände in der Bucht ein großes Konzert veranstaltet, mit bekannten Bands und Eintrittskarten. So hoffen sie, die Kids besser im Blick behalten zu können. Mal sehen, ob das Experiment klappt. Morgen Abend findet das Ganze statt.“

„Na, ich hoffe, bis dahin hat Bill etwas mehr über diese Drogensache herausgefunden, sonst blüht uns einiges. Er wollte Stewarts Freunde noch einmal befragen, und Zac ruft gerade die Eltern des Jungen an.“ Evie zögerte einen Moment, aber dann siegte die Neugier doch. „Sag mal, ist er immer so ernst?“

„Wer? Zac?“

Evie nickte.

Ihre Kollegin zuckte die Achseln. „Ich denke, er ist schon eher der ernste Typ. Aber im Augenblick hat er auch jede Menge Sorgen, und er nimmt sich das alles sehr zu Herzen.“

„Was meinst du damit?“

„Er ist seit Kurzem im Vorstand der Klinik, und da geht es derzeit hoch her wegen der angedrohten Budgetkürzungen. Ich habe mich schon gefragt, warum er sich diese Verantwortung auch noch aufgehalst hat, aber so gut kenne ich ihn nicht. Ich denke …“

Was Libby dachte, sollte Evie nicht mehr erfahren, denn Zac unterbrach ihr Gespräch.

„Ah, gerade haben wir über Sie gesprochen“, sagte Evie unumwunden und bemerkte, dass Zac sofort verlegen wurde. Es war wirklich höchste Zeit, dass er etwas lockerer wurde.

„Ich habe mit Stewarts Eltern gesprochen. Sie werden in ein paar Stunden hier sein.“ Seine Miene war verschlossen, und Evie überlegte, wie er wohl aussah, wenn er lächelte.

Zac hatte seine Worte an beide Krankenschwestern gerichtet, aber Libby verabschiedete sich gleich darauf und ließ die beiden allein.

Autor

Emily Forbes
Mehr erfahren