Sehnsucht nach deinen süßen Küssen

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Keine dauerhaften Bindungen! Playboy-Millionär Blake Boudreaux hält die Frauen in seinem Leben auf Abstand. Wegen seiner schlechten Erfahrungen glaubt er nicht an wahre Liebe. Auch als er die süße Madison trifft, soll es nur ein One-Night-Stand sein. Aber je mehr Zeit er mit der sinnlichen Rothaarigen verbringt, desto tiefer werden seine Gefühle für sie. Zum ersten Mal denkt Blake über eine gemeinsame Zukunft nach. Doch wie wird Madison reagieren, wenn sie erfährt, dass Blake ihre Begegnung bewusst eingefädelt hat … um sie zu bestehlen?


  • Erscheinungstag 21.07.2020
  • Bandnummer 2143
  • ISBN / Artikelnummer 9783733726287
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Und was ist mit der Nanny, Vater?“

Sekundenlang hatte Blake Boudreaux den Eindruck, sein Vater würde diese Frage übergehen, denn Armand Boudreaux warf ihm einen ungerührten und arroganten Blick zu, die Augenbrauen leicht hochgezogen. Was typisch für ihn war und perfekt zu seiner makellosen Erscheinung passte. Der Maßanzug saß tadellos, das Haar hatte einen erstklassigen Schnitt, und in den teuren Lederschuhen konnte man sich spiegeln.

„Da meine betrügerische Frau ihr Konto geräumt hat, eine beachtliche Summe übrigens, muss ich meine Ausgaben irgendwie einschränken.“

„Indem du die Pflegerin für ein krankes Kind entlässt? Bist du verrückt geworden?“

„Du bist doch auch ohne Nanny aufgewachsen und trotzdem ganz gut geraten.“

Blake hätte gern einiges dazu gesagt, aber er wusste, es hatte keinen Sinn. Sein Vater würde ihm sowieso nicht zuhören. Außerdem fühlte er sich in seinem Elternhaus auf der großen Boudreaux-Plantage ausgesprochen unwohl, selbst nach all den Jahren noch. „Ich leide auch nicht an Epilepsie. Das ist schließlich eine sehr ernsthafte Krankheit. Abigail muss unter Aufsicht sein, sie muss jemanden haben, der für sie sorgt.“

„Das bildet sie sich doch alles nur ein. Sonst hätte ihre leichtsinnige Mutter sie nicht im Stich gelassen, um nach Europa abzuhauen.“

Wie mitfühlend von dir. „Dann lügen die Ärzte?“

„Sie machen aus einer Mücke einen Elefanten. Stattdessen sollten sie tun, was ihre Aufgabe ist. Ihr eine Pille geben, sodass die Sache aufhört. Ich bin sicher, mehr ist nicht nötig. Solange sie ihre Medikamente nimmt, geht es ihr gut. Und, was mindestens ebenso wichtig ist: Sie glaubt daran, dass es ihr gut geht. Nur darauf kommt es an.“

Blake machte sich keine Illusionen, was seinen Vater betraf. Er wusste, dass Armand kalt und berechnend und für die Menschen, die mit ihm zu tun hatten, schwer erträglich war. Aber zum ersten Mal ertappte er ihn dabei, wie er mit dem Leben eines anderen Menschen spielte. Das ging entschieden zu weit. Blakes Halbschwester Abigail war sieben Jahre alt, und die Symptome ihre Erkrankung waren immerhin so eindeutig, dass ihre „leichtsinnige“ Mutter sie zu einem Spezialisten gebracht hatte. Allerdings hatte diese Mutter, sowie die Diagnose feststand, ihre Koffer gepackt und das Weite gesucht.

„Die Ärzte lügen nicht“, sagte Blake mit Nachdruck. „Das ist eine gefährliche und schwere Krankheit.“

„Längst nicht so schlimm, wie es aussieht“, meinte Armand Boudreaux schulterzuckend. „Du scheinst dir ja ernsthaft Gedanken zu machen. Immerhin hast du dich hier nicht blicken lassen, seit du auf mein Geld verzichtet und meine Rechte als Vater in Abrede gestellt hast. Und das ist jetzt schon siebzehn Jahre her.“ Er lächelte boshaft. „Da muss ich dich wohl ernst nehmen.“

Stimmt. Mit achtzehn hatte Blake das väterliche Haus verlassen und war seitdem nie wiedergekehrt. Und er hätte kein Problem damit gehabt, seinen Vater und das Herrenhaus, mit dem er so viele schlechte Erinnerungen verband, nie wiederzusehen. Er führte ein gutes, ja luxuriöses Leben in Europa und sehnte sich nicht nach der Atmosphäre in seinem Elternhaus zurück, die eisig war, sogar wenn draußen tropische Hitze herrschte.

Ganz sicher hätte er Marisa, die sehr viel jüngere zweite Frau seines Vaters, und seine damals fünfjährige Halbschwester nie kennengelernt, wenn Marisa und Abigail nicht zufällig zur selben Zeit wie er in Deutschland gewesen wären. Er war zu der Zeit mit einer jungen Frau der High Society liiert, auf deren Partys manchmal auch Marisa auftauchte, die offenbar den Luxus liebte. Auf ihren Reisen musste Marisa ihre Tochter mitnehmen, weil Armand sie nicht bei sich im Haus haben wollte. Das ging natürlich nicht ohne Nanny. Offensichtlich war Marisa so oberflächlich wie ihr Mann, sie hatte nur nicht seine Neigung zur Bösartigkeit.

Blake hätte nicht gedacht, dass er sich je für Kinder interessieren würde. Er lebte das unabhängige Leben eines Playboys. Wenn die Frauen, die zahlreich seinen Weg kreuzten, versuchten, ihn zu ändern oder ihn gar festzunageln, war die Geschichte schnell vorbei. Ja, Kinder waren süß, und er hatte nichts gegen sie, solange sie zu jemand anderem gehörten.

Abigail, das kleine Mädchen mit den großen braunen Augen und den Ringellocken, hatte jedoch sein Herz gewonnen. Bis vor einigen Monaten hatte Marisa auch nichts dagegen gehabt, dass er mit der Kleinen in Kontakt blieb. Als ihn dann Abigails Nanny anrief und ihm sagte, dass sein Vater sie gefeuert hätte, hatte er sich sofort in das nächste Flugzeug gesetzt und war nach New Orleans geflogen.

Glücklicherweise war er nicht vom Geld seines Vaters abhängig. Seine Mutter hatte ihm ein reichliches Erbe hinterlassen, sodass er ein sorgloses Leben führen konnte. Außerdem hatte er sich als Kunsthändler einen Namen gemacht. Von seinem finanziellen Erfolg wusste allerdings kaum jemand.

„Ich mag Abigail“, sagte er schlicht. „Sie ist mir wichtig. Jemand muss sich um sie kümmern.“

„Ach was! Sie ist nur wehleidig. Das Leben wird sie schon abhärten.“

Sein Vater sah ihn durchdringend an, und Blake zwang sich, seinem Blick furchtlos zu begegnen. Auf keinen Fall durfte er sich einschüchtern lassen. Armand würde das sofort ausnutzen.

„Aber da du nun hier bist“, fuhr sein Vater ironisch lächelnd fort, „kann ich dir ja den Job geben.“

„Was für einen Job?“

„Auf Abigail aufzupassen. Ihre Nanny zu sein. Obgleich du mit Kindern ja nicht viel Erfahrung hast, oder?“

Immerhin bin ich bereit, es zu versuchen. Blake schwieg und wartete ab. Irgendwas hatte der Alte vor.

„Obwohl …“ Armand nestelte an seinen goldenen Manschettenknöpfen herum. „Ich habe mich noch nicht entschieden, ob du sie überhaupt sehen darfst.“

Ein Seufzer, zwar leise, jedoch hörbar, kam vom großen Sessel, der hinten in der Ecke stand.

Blitzartig wandte Armand den Kopf. „Ich habe dir doch gesagt, du sollst in deinem Zimmer bleiben!“, brüllte er.

Langsam kam ein kleines Mädchen hinter dem Sessel hervor. Abigail hatte sich in den letzten zwei Jahren nicht sehr verändert. Etwas größer war sie vielleicht geworden. Sie hatte immer noch die braunen Ringellocken und die großen Augen, die jetzt ihren Vater erschreckt ansahen. Dann richtete sie den Blick flehend auf Blake, als fürchte sie, ihn nie mehr wiederzusehen. Ihre Angst war durchaus berechtigt, denn sein Vater brachte es fertig, ihm den Kontakt mit der Kleinen nur deshalb zu verbieten, weil sie ihm wichtig war.

Also nickte Blake ihr kurz zu und wies mit dem Kopf auf die Treppe. Abigail verstand und ging nach oben. Erleichtert wandte Blake sich wieder seinem Vater zu. Er wusste, dass Armand sich gleich beschweren würde, was für ein Problem das Mädchen für ihn war. Blake hatte so etwas als Kind oft genug selbst hören müssen. Das würde er nie vergessen. Davor wollte er Abigail bewahren.

Solange Abigails Mutter oder wenigstens die Nanny anwesend gewesen waren, war die Kleine solchen Beschimpfungen nicht ausgesetzt gewesen, so hoffte er zumindest. Aber jetzt? Wer sollte sie schützen? Hin und wieder vielleicht die Haushälterin Sherry, doch die hatte andere Dinge zu tun.

Blake hatte als Kind weder eine Nanny noch eine Haushälterin gehabt, zu der er sich hätte flüchten können. Er erinnerte sich an endlos lange Tage, an denen er niemanden sah außer dem Koch, der ihm etwas zu essen machte. Er war sehr einsam gewesen, und wenn sein Vater sich um ihn „kümmerte“, bestand das darin, dass er sich endlos darüber beschwerte, welche Last Blake für ihn war.

Das sollte Abigail nicht passieren. Bis vor zwei Jahren hatte Blake nie an seine elende Kindheit gedacht. Aber Abigails Schicksal brachte all die Erinnerungen zurück, die er sehr gut verdrängt hatte.

„Du meinst, ich könnte so etwas wie Abigails Nanny sein?“, nahm er das Gespräch wieder auf.

„Warum nicht? Du hängst doch so an ihr.“ Armands schmale Lippen verzogen sich zu einem boshaften Lächeln. „Vielleicht bist du sogar bereit, es dich etwas kosten zu lassen? Damit du mit ihr zusammen sein darfst, meine ich.“

Widerlich. „Hast du nicht genug Geld?“

Sekundenlang zögerte Armand, und Blake fragte sich, ob es ihm wirklich um Geld ging. Das konnte nicht sein, Geld war für seinen Vater nie ein Thema gewesen.

„Es geht mir nicht um Geld, Sohn. Sondern um Freiheit.“

Freiheit? „Wieso?“

Armand Boudreauxs Absätze klickten auf dem Marmorfußboden, als er hin und her ging. Das tat er immer, wenn er nachdachte, besser gesagt, wenn er etwas im Schilde führte. Wie gut Blake das von früher kannte. Das Herz wurde ihm schwer.

Armand blieb stehen und legte einen Zeigefinger an seine Unterlippe, als müsse er gründlich nachdenken. „Ich glaube, es gibt eine Lösung, die beide Seiten zufriedenstellt.“

Von wegen. „So? Das wäre ja mal was ganz Neues. Bisher haben deine Lösungen immer nur dir genützt.“

„Das kommt auf den Blickwinkel an.“ Armand sah ihn kalt an. „Diesmal wäre sie gut für Abigail. Das ist es doch, was du willst, oder?“

„Ich habe bisher nichts dergleichen gesagt.“

„Deine Körpersprache ist deutlich genug.“

Blake biss sich auf die Lippen. Er hatte geglaubt, seine Gefühle verborgen zu haben. Schweigend sah er seinen Vater an. Erstaunlich, wie gut Armand in die sterile Schönheit dieses großen Hauses passte, der perfekte Hintergrund für seinen eleganten und eiskalten Auftritt.

„Ja, ich glaube, so wird es funktionieren“, sagte Armand. „Ich habe lange darauf gewartet.“ Sein silbergraues Haar glänzte in der Sonne, die durch die hohen Fenster fiel. „Und ich kriege das von dir, was ich will.“

Blakes Magen krampfte sich zusammen. Plötzlich war er wieder der achtzehnjährige Junge, der seinem Vater nicht gewachsen war und deshalb sein Zuhause hinter sich gelassen hatte. Schon wandte er sich um, um die Flucht anzutreten, da sah er aus dem Augenwinkel eine kleine Gestalt mit braunen Locken und pinkfarbenen Leggings, die oben auf dem Treppenabsatz stand.

Himmel, was soll ich nur tun?

Er konnte seinen Vater wegen Vernachlässigung seiner Tochter anzeigen, aber das würde er nie durchkriegen. Dazu kannte Armand viel zu viele Leute in einflussreichen Positionen. Außerdem festigte das nur den Ruf von Armand Boudreaux, unbesiegbar zu sein. Dann würde Abigail unter seinem Einfluss bleiben müssen.

Soll ich sie jetzt einfach mitnehmen? ging es Blake plötzlich durch den Kopf. Aber dann würde er wegen Kindesentführung angeklagt werden, und Abigail landete schnell wieder bei ihrem Vater.

Er brauchte mehr Zeit, musste sich alles sehr genau überlegen. Auf keinen Fall konnte er Abigail im Stich lassen, auch wenn das bedeutete, dass sich sein Leben von Grund auf ändern würde. Ein Playboy mit einem Gewissen – ob ihm das jemand abnehmen würde?

Er wandte sich wieder um. „Was soll ich tun?“

Mit einem kurzen triumphierenden Lächeln stieß Armand die Tür zu seinem Büro auf, ging hinein und kam mit einem Ordner in der Hand zurück. Blake zwang sich, ihn zu fixieren und keinen Blick auf Abigail zu werfen, die oben auf der ersten Treppenstufe saß, gerade außerhalb von Armands Sichtweite.

„Hier in der Stadt lebt eine Frau, die etwas hat, das mir gehört. Du wirst es mir zurückholen. Sie heißt Madison Landry.“

Blake runzelte die Stirn. „Dafür hast du doch deine Anwälte.“

„Das haben wir schon versucht, ohne Erfolg. Wir müssen es anders anfangen.“

Dass Armand Boudreaux einen Misserfolg zugab, war so selten, dass Blake ihn verblüfft ansah. „Dann soll ich von einer deiner früheren … Geliebten, vermute ich mal, etwas für dich zurückholen?“ Offenbar hatte es auf legalem Weg nicht geklappt. Was erwartete sein Vater von ihm?

Armand schüttelte süffisant lächelnd den Kopf und nahm ein Foto aus der Mappe. „Hast du jemals etwas vom Belarus-Diamanten gehört?“

„Nein.“ Blake hatte sich nie für Juwelen interessiert.

„Es ist ein sehr seltener blauer Diamant von zwei Karat, den ein russischer Prinz unserer Familie geschenkt hat. Das war, bevor wir aus Frankreich nach Amerika übergesiedelt sind. Ich habe später, jung und leichtsinnig, wie ich war, diesen Diamanten in einen Verlobungsring fassen lassen. Und zwar für eine Frau, die so etwas Außergewöhnliches weiß Gott nicht verdient hatte.“

Das überraschte Blake maßlos. Davon hatte er noch nie etwas gehört. Er sah sich das Foto des exquisiten ovalen Steins genauer an. „Dann warst du schon mal verlobt, bevor du meine Mutter geheiratet hast?“

„Ja, mit der Tochter einer der reichsten Familien Louisianas, von der allerdings kaum noch jemand lebt. Sie hieß Jacqueline Landry. Die Verlobung hielt nicht mal ein Jahr.“

„Sie hat dich sitzen gelassen?“ Wenn nicht, hätte Armand bestimmt dafür gesorgt, den Ring wieder in die Finger zu kriegen, bevor er Schluss machte.

Armand richtete sich kerzengrade auf, als wollte er diese Unterstellung empört zurückweisen, dann senkte er jedoch den Kopf. „Sie war dumm genug, mich zu verlassen, und hat den Ring natürlich mitgenommen, dabei gehört der Diamant unserer Familie.“

Aber doch nicht der Ring? Blake hatte den dringenden Verdacht, dass es seinem Vater nicht eigentlich um den Diamanten ging, sondern dass etwas anderes dahintersteckte. Geld? Stolz? Kaum möglich nach all den Jahren. „Dann hättest du ihn nicht verschenken dürfen.“

„Glaub mir, ich habe mich bemüht, ihn wiederzubekommen. Aber alle Briefe kamen ungeöffnet zurück.“

„Was hast du denn gedacht? Nach meiner sehr eingeschränkten Erfahrung ist so was üblich bei einer geplatzten Verlobung.“

„Spar dir deinen Sarkasmus!“, fuhr Armand ihn an. „Ich will den Ring, und ich werde ihn kriegen!“ Nervös strich er sich das Haar zurück und zog sein Jackett gerade.

Wie vertraut waren Blake diese Gesten. So hatte sein Vater sich schon früher beruhigt, wenn er ausgerastet war.

„Du wirst dafür sorgen!“

„Und wie? Wer hat denn den Ring?“

„Was weiß ich? Wahrscheinlich Jacquelines Tochter Madison.“

Blake schüttelte zweifelnd den Kopf. „Vielleicht, vielleicht auch nicht. Und wenn, wer sagt dir, dass sie ihn immer noch hat?“

„Ich habe nirgendwo einen Hinweis darauf gefunden, dass der Ring verkauft wurde oder irgendwo aufgetaucht ist. Das bedeutet, dass er bei den Landrys sein muss. Du musst die Tochter finden und den Ring an dich bringen. Wenn’s sein muss, auch ohne dass sie davon weiß.“

Empört trat Blake einen Schritt zurück. „Du kannst doch nicht ernsthaft erwarten, dass sie mir so einfach einen kostbaren Ring gibt, der mal ihrer Mutter gehört hat?“

„Das schaffst du schon irgendwie. Ein Mann wie du, der zahllose Frauen verführt und sie dann abserviert hat, hat mit so einer Aufgabe sicher kein Problem.“ Wieder lächelte Armand boshaft. „Das ist eins deiner wenigen Talente. Zeig, was du kannst.“

Blake zuckte innerlich zusammen. Das tat weh, auch wenn es von seinem Vater kam, der ihn nicht anders behandelt hätte, selbst wenn sein Sohn CEO irgendeines riesigen Wirtschaftsunternehmens geworden wäre. Dass Blake als Kunsthändler und als Künstler äußerst erfolgreich war, wussten nur wenige seiner engsten Freunde. „Die Frauen haben immer gewusst, worauf sie sich einließen.“

„Das muss in diesem Fall anders laufen. Ja, ich verbiete dir, ihr reinen Wein einzuschenken.“ Armand warf ihm einen scharfen Blick zu. „Hinterher kannst du es natürlich tun. Und wenn du als Grund angeben willst, dass du deine Schwester retten wolltest, so ist das deine Sache.“ Er reichte ihm den Ordner. „Hier. Lies dir alles genau durch, und gib mir Bescheid.“

„Das kann ich nicht machen.“

„Es gibt noch eine Bedingung“, fuhr Armand unbeeindruckt fort. „Solange der Ring nicht in meiner Hand ist, darfst du Abigail nur mit meiner Zustimmung sehen. Danach gehört sie dir. Das bekommst du schriftlich mit allen juristischen Konsequenzen. Dann kannst du ihr die Erziehung geben, die sie deiner Meinung nach verdient.“

Nur mit Mühe konnte Blake seinen Zorn verbergen. Auch wenn ihm nicht klar gewesen war, was er sich von einer Auseinandersetzung mit seinem Vater versprach, so etwas hatte er nicht erwartet. Es war miserabel gelaufen. Und nun sollte ausgerechnet er, der in seinem Leben zumindest nach außen hin jeder Verantwortung aus dem Weg gegangen war, ein Mädchen mit einer schweren Krankheit erziehen?

Als könne er Gedanken lesen, fragte Armand Boudreaux feixend: „Bist du sicher, dass ein Playboy wie du einer solchen Aufgabe gewachsen ist?“

„Müde?“

Erschrocken hob Madison Landry den Kopf. Wie peinlich. Schon wieder war sie von ihrer Chefin beim Dösen erwischt worden. „Entschuldigung“, stammelte sie. „Ich kann in letzter Zeit schlecht schlafen.“

„Ist schon okay.“ Trinity Hyatt sah sie mit ihrem warmherzigen Lächeln an, für das sie berühmt war. „Außerdem ist heute dein freier Tag. Warum bist du überhaupt hier?“

Madison zuckte mit den Schultern. „Es gibt doch immer viel zu tun“, sagte sie ausweichend. Es stimmte, dass es im Maison de Jardin, einem spendenfinanzierten Frauenhaus und sicheren Hafen für missbrauchte Frauen und Kinder, ständig etwas zu tun gab. Mal musste Wäsche gewaschen, dann Bewerbungsunterlagen ausgefüllt, Anträge beim Jugendamt gestellt und Spendenbriefe verschickt werden. Entsprechendes Chaos herrschte auf Madisons Schreibtisch.

Doch das war nicht der eigentliche Grund, dass sie an ihrem freien Tag hier saß. Das Grundstück des Maison de Jardin grenzte an das Anwesen ihrer Familie, und Madison suchte dringend Ablenkung. Über die Ursache für ihre Schlafprobleme wollte sie nicht sprechen. Zu sehr verfolgten sie die Erinnerungen an die letzten Lebenstage ihres Vaters, an seine Schmerzen und seine qualvollen Atemzüge. Ewig würde sie dem alten Familienarzt dankbar sein, der zu ihnen nach Hause gekommen war, um die Leiden des Kranken zu lindern, denn ihr Vater hatte sich geweigert, in ein Krankenhaus zu gehen.

Trinity sah sie aufmerksam und mitfühlend an, und Madison hatte das Gefühl, sie wusste, was los war. So war es auch.

„Es tut mir so leid, dass du nicht schlafen kannst“, sagte ihre Chefin freundlich. „Nach dem Tod meiner Mutter ist es mir ähnlich ergangen. Ich konnte gedanklich einfach nicht abschalten.“

„Ja, das ist schwierig“, gab Madison zu und spielte nervös mit ihrem Kuli. Nur darüber würde sie ein Gespräch zulassen, nicht aber über die anderen Gründe für ihre Schlaflosigkeit. „Nachdem man viele Nächte gewacht hat, muss man sich das Schlafen richtig wieder antrainieren.“

„Wie viele Jahre hast du deinen Vater gepflegt?“

Trinity lehnte sich an den Türrahmen und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie blickte sich in dem Raum um, sodass Madison Zeit hatte, sich zu sammeln. Das hier war früher Trinitys Büro gewesen. Nach dem Tod ihres Mannes Michael hatte sie die Firma Hyatt Heights übernommen, die ihr Mann gegründet hatte. Seine Eltern und er hatten auch das Maison de Jardin in New Orleans gegründet. Seit Trinity die Firma führte, hatte sie nicht mehr so viel Zeit für das Frauenhaus. Außerdem gab es Auseinandersetzungen mit den Verwandten ihres verstorbenen Mannes, die das Testament angefochten hatten.

Madisons Engagement und dieser Job hatten sich von selbst ergeben. Sie war zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen. Schon als Teenager hatte sie im Frauenhaus ausgeholfen, auch wenn sie wegen der Krankheit ihres Vaters seltener hier sein konnte, als sie wollte. Als Trinity die Firma übernehmen musste, hatte sie Madison zu ihrer Nachfolgerin im Frauenhaus gemacht. Trotz ihres jungen Alters war Madison mit ihrer Lebenserfahrung genau richtig in dem Job.

Abwartend blickte Trinity sie an.

„Zehn Jahre. Aber wirklich schlimm waren nur die letzten fünf.“

„Madison“, sagte Trinity leise und machte ein paar Schritte auf sie zu. „Du weißt hoffentlich, dass es in deiner Situation vollkommen normal ist, sich nicht gut zu fühlen.“

Madison nickte nur. Die quälenden Erinnerungen an die letzten Jahre ihres Vaters schnürten ihr den Hals zu. Multiple Sklerose war eine grauenhafte Krankheit, eine, die sie nicht mal ihrem ärgsten Feind wünschte. Die Gedanken an all das, was ihr Vater hatte durchmachen müssen, schnitten ihr immer wieder ins Herz. Sie war noch ziemlich jung gewesen, als er seine Firma verlor. Dann kam die Diagnose MS, und kurz darauf starb seine Frau, die Liebe seines Lebens. Aber Vater und Tochter hatten auch gute Zeiten erlebt. Sie hatten einander, und das war für sie beide sehr wichtig gewesen.

„Ja, ich weiß“, brachte sie schließlich heraus. Sie durfte die Erinnerungen nicht länger zulassen. Je mehr Raum sie ihnen gab, desto mehr lähmten sie sie. Sie musste nach vorn blicken. „Ist schon alles in Ordnung, braucht eben seine Zeit. Als ich gestern Nacht nicht schlafen konnte, habe ich im Haus herumgeräumt und mir dann die Tagebücher meiner Mutter vorgenommen.“

Trinity schüttelte besorgt den Kopf. „Bist du sicher, dass es richtig ist, dich jetzt schon mit so etwas zu befassen? Sind die Erinnerungen nicht noch zu frisch? Dein Vater ist doch erst ein halbes Jahr tot.“

„Es ist nicht einfach, aber es muss sein. Ich will das Haus möglichst bald verkaufen.“ Nervös schob sie die Papiere auf dem Schreibtisch hin und her. Die Vorstellung, sich von dem Haus zu trennen, dem einzigen Zuhause, das sie jemals gehabt hatte, war schrecklich. Doch sie konnte es nicht halten. Sosehr sie sich in den letzten Jahren auch bemüht hatte, sie hatte nicht die Mittel, ein großes altes Gebäude zu erhalten. Aber bevor sie es auf den Markt bringen konnte, musste sie alles durchgehen, aussortieren, weggeben, verkaufen, was sich im Laufe der Jahrzehnte angesammelt hatte. Erst vor wenigen Monaten hatte sie die Tagebücher ihrer Mutter gefunden. Sie zu lesen tat ihr gut. Ihre Eltern hatten eine glückliche Ehe geführt.

Wie sollte sie nur das Geld aufbringen, um die notwendigen Reparaturen machen zu lassen? In ihrem neuen Job als Geschäftsführerin des Maison de Jardin verdiente sie zwar gut, aber während sie ihren Vater gepflegt hatte, hatte sie nur Aushilfsjobs annehmen können. Da blieb kaum etwas übrig für gute Handwerkerarbeit. Was sehr schade war, denn das Herrenhaus war eins der schönsten und ältesten im berühmten Garden District von New Orleans.

Nach den langen Jahren der Pflege hatte Madison keine Kraft mehr. Am liebsten würde sie das Haus, so wie es war, an jemanden verkaufen, der Geld genug hatte, um es wieder in alter Schönheit erstehen zu lassen. Das würde ihr zwar wehtun, aber einmal vollbracht, würde der Schmerz allmählich nachlassen.

Während ihres Lebens war sie die meiste Zeit auf sich allein gestellt gewesen und hatte sich nur eine Sache zurzeit vornehmen können, auch wenn vieles drängte. Jetzt, im Maison de Jardin, war sie Mitglied eines Teams, eine ganz neue Erfahrung, die sie etwas freier atmen ließ.

„Das tut mir so leid, Madison.“

„Es geht schon“, sagte sie und brachte ein schiefes Lächeln zustande. „Der Job hier ist das Beste, was mir passieren konnte. Danke, Trinity.“

„Ich muss mich bei dir bedanken. Ohne dich müsste ich das Haus schließen. Und ich weiß, dass die Frauen bei dir in guten Händen sind. Doch jetzt Schluss mit dem Gesäusel.“ Trinity lachte. „Ich habe eine Überraschung für dich. Dein Kleid ist da!“

Die meisten Frauen wären wahrscheinlich begeistert gewesen, doch Madison machte diese Nachricht eher nervös. Nicht wegen des Kleides an sich, aber wegen der Gelegenheit, zu der sie es tragen würde. Demnächst würde sie mit Trinity zum ersten Mal an einem Wohltätigkeitsball teilnehmen, denn als Geschäftsführerin des Maison de Jardin konnte sie solchen gesellschaftlichen Ereignissen nicht aus dem Weg gehen, sondern musste sich unter die High Society von New Orleans mischen. Auch wenn Trinitys verstorbener Mann eine ordentliche Summe für das Frauenhaus vorgesehen hatte, war es immer gut, mehrere Geldquellen zu haben.

Noch vor gut dreißig Jahren hätte Madison ganz automatisch zu dieser Gesellschaft dazugehört. Ihre Eltern kamen beide aus angesehenen Familien, die die Stadt erst zu dem gemacht hatten, was sie jetzt war. Aber irgendetwas war geschehen, und zwar zur Zeit der Hochzeit ihrer Eltern. Madison wusste nichts Genaues, sondern kannte nur Gerüchte. Auch ihre Mutter war in diesem Punkt sehr verschwiegen gewesen. Ihre Eltern hatten zurückgezogen gelebt, obgleich sie in einem angesagten Viertel wohnten.

Madison ahnte nur, dass es irgendeine Art von Skandal gegeben hatte. Deshalb war sie auch so an den Tagebüchern ihrer Mutter interessiert, die sie auf dem Dachboden entdeckt hatte. Vielleicht stand darin etwas darüber, wie ihre Eltern einander kennengelernt und warum sie geheiratet hatten.

Sie schreckte hoch, als Trinity sie einfach bei der Hand nahm und sie in die Wohnung im ersten Stock führte, die Trinity bis zu ihrer Heirat bewohnt hatte und die jetzt leer stand.

Auf der hellblauen Tagesdecke im Schlafzimmer lag ein bildschönes lavendelfarbenes Kleid ausgebreitet. Madison stockte der Atem. Zögernd trat sie ans Bett und strich über den weichen, fließenden Stoff.

„Ich weiß, es ist eine ungewöhnliche Farbe“, sagte Trinity leise, „aber ich glaube, es wird sehr gut aussehen zu deinem roten Haar.“

Hoffentlich, dachte Madison, denn so würde sie sich den Reichen und Mächtigen von New Orleans vorstellen. Bei dem Gedanken hatte sie einen Kloß im Hals. Der erste Eindruck war entscheidend, das war ihr klar. Sie wusste, dass ihre Familie eine bedeutende Rolle in der Geschichte der Stadt gespielt hatte, doch das verlor im Laufe der Zeit an Bedeutung. Stattdessen bestimmte Geld alles. So war es heutzutage überall auf der Welt.

Autor

Dani Wade
<p>Als Jugendliche erstaunte Dani Wade die Mitarbeiter der örtlichen Bibliothek regelmäßig. Sie lieh sich wöchentlich bis zu zehn Bücher aus – und las diese dann tatsächlich bis zu ihrem nächsten Besuch. Sie stellte sich gerne vor, selbst in der Rolle der weiblichen Heldin zu stecken. Vielleicht gelingt es ihr auch...
Mehr erfahren