Sehnsucht nach heißen Küssen

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Nur eine leidenschaftliche Nacht hat Milliardär Will Sanders mit der hinreißenden Megan verbracht - und kann seitdem nicht aufhören, an sie zu denken. Doch in ihrem Leben ist kein Platz für einen Mann, das hat sie ihm unmissverständlich klargemacht. Als Will erfährt, dass Megan von einem skrupellosen Betrüger bedroht wird, bietet er ihr Schutz auf der Ranch seiner Familie an. In der Abgeschiedenheit der texanischen Wüste tauschen sie heiße Küsse - aber bald bedrohen die Schatten der Vergangenheit ihr Glück …


  • Erscheinungstag 21.01.2020
  • Bandnummer 2117
  • ISBN / Artikelnummer 9783733726027
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Will Sanders stürmte durch die Glastüren des Sheriffbüros nach draußen und blinzelte ins grelle Sonnenlicht. In ihm kochte eine Wut, dass die vom Gehweg aufsteigende Septemberhitze nichts dagegen war. Es wusste immer noch niemand, wo Richard Lowell sich aufhielt, und Will war es leid, dass es keine nennenswerten Fortschritte gab. Die Jagd nach dem Mann schien gar kein Ende nehmen zu wollen.

Dieser Bastard hatte versucht, ihn umzubringen. Dann hatte er auch noch – zumindest soweit sie wussten – vier Frauen für seine Zwecke ausgenutzt, indem er sich als Will ausgegeben hatte. Er hatte ihnen ihr Geld und ihre Würde geraubt und zwei von ihnen schwanger sitzen lassen. Lowell hatte Wills guten Freund und Vertrauten Jason Phillips getötet und Millionen unterschlagen. Trotzdem lief er immer noch frei herum. Wie viele Leben sollte er denn noch ruinieren, bis er endlich bekam, was er verdiente?

Seit Will damals in Mexiko mit stechenden Kopfschmerzen und lückenhafter Erinnerung aufgewacht war, war er emotional labil. Manchmal sah er sich im Spiegel an und erkannte sich kaum wieder. Vor der schicksalhaften Reise mit Rich hatte er alles gehabt, was ein Mann sich nur wünschen konnte. Erst nach diesem Weckruf war ihm klar geworden, dass er seine Freunde, seine Familie und sein Glück immer für selbstverständlich gehalten hatte.

Diese Zeit ist vorbei, sagte er sich immer wieder vor und hoffte, dass das Mantra ihm helfen würde, seine Dämonen in Schach zu halten.

Er musste unbedingt Ruhe bewahren, denn am Ende konnten nur Logik und ein klarer Verstand zum Erfolg führen. Er konnte es sich nicht leisten, sich von unkontrollierten Gefühlen zu unüberlegtem, am Ende kontraproduktivem Handeln verleiten zu lassen.

Er setzte sich hinters Steuer, holte sein Handy heraus und rief seine Lieblingskontakte auf. Sein Herz machte einen kleinen Satz beim Anblick von Megans Namen ganz oben auf der Liste. Von wegen Gefühle sollten nicht sein Handeln bestimmen …

Die Lage zwischen ihnen war angespannt, seitdem sie nach der Trauerfeier für Jason eine explosiv leidenschaftliche Nacht zusammen verbracht hatten. Sie telefonierten immer noch mehrmals in der Woche, aber sie vermieden es beide, das Gespräch auf persönliche Themen zu bringen. Stattdessen redeten sie über den Mangel an Fortschritten auf der Suche nach Lowell und darüber, wie es Jasons Tochter Savannah ging, seitdem sie ihren Vater verloren hatte. Megan liebte ihre siebenjährige Nichte sehr und verbrachte so viel Zeit wie möglich mit dem kleinen Mädchen. Will wusste, dass es ihr das Herz brach, wenn Savannah nach ihrem Papa fragte.

Seit etwa einer Woche wartete Will darauf, dass Megan endlich bereit war, darüber zu reden, was zwischen ihnen passiert war, aber sie weigerte sich standhaft, das Thema anzusprechen. Es kam ihm fast so vor, als ob sie das alles zu vergessen versuchte. Will hoffte, dass er sich irrte. Ihm ging es nämlich ganz anders.

Aber auch wenn sein Verlangen nach ihr immer heftiger wurde, war Will klar, dass er vorsichtig sein musste. Nur weil sexuelle Lust sie auf spektakuläre Weise zusammengebracht hatte, bedeutete das noch lange nicht, dass sie eine dauerhafte Beziehung aufbauen konnten.

Ihre Lage war mehr als kompliziert. Sie waren im Grunde genommen Fremde füreinander, die von der Polizei gebeten worden waren, miteinander verheiratet zu bleiben, solange Rich auf freiem Fuß war. Sie wohnten nicht zusammen und hatten, abgesehen von gelegentlichen Telefongesprächen und Begegnungen im Familien- und Freundeskreis, nie viel Zeit zusammen verbracht.

Aber jedes Mal, wenn er Megan sah, kämpfte Will mit der wachsenden Sehnsucht nach einem gemeinsamen Leben mit ihr. Seine Wahrnehmung hatte sich grundlegend verändert. Er sah in ihr nicht mehr nur Jasons hübsche kleine Schwester, sondern hatte angefangen, sie als seine Frau zu betrachten. Leider gehörte sie nicht wirklich ihm. Zumindest nicht so, wie er es sich wünschte.

Sie hatte einen Hochstapler geheiratet, und Will fragte sich immer wieder, ob sie sein Gesicht eigentlich abstoßend fand, weil es dem des Mannes so ähnlich sah, der ihm seine Identität gestohlen hatte. Sie weigerte sich, über Rich zu reden. Sie empfand mit Sicherheit dieselbe Scham und Wut darüber, dass sie hereingelegt worden war, die auch Will belastete. Ob sein Gesicht sie für immer an die schrecklichen Erlebnisse erinnern würde?

Es gab so viel, was er über Megan wissen wollte. Abgesehen von seinem drängenden Verlangen, mit den Händen über ihre nackte Haut zu streichen, ihren Mund zu genießen und ihr alle ihre Bedürfnisse zu erfüllen, wollte er wissen, wovon sie träumte und was sie erreichen wollte, wollte wissen, welche Ziele sie für ihre Firma hatte und warum er eigentlich nicht aufhören konnte, an sie zu denken.

Was also hinderte ihn daran, nach Antworten auf diese und die vielen anderen Fragen zu suchen? Warum gab er der unwiderstehlichen Anziehungskraft, die Megan auf ihn ausübte, nicht nach, von ihrer leidenschaftlichen Wahnsinnsbegegnung nach Jasons Trauerfeier einmal abgesehen? Teilweise lag es daran, dass die starke körperliche Anziehung zwischen ihnen seine Gefühle ins Trudeln brachte. Direkt nachdem er aus Mexiko wieder nach Hause gekommen war, wollte er abwarten, bis Rich verhaftet war, und sich anschließend um eine Scheidung oder Annullierung der Ehe kümmern und dann nie wieder daran denken. Doch schon lange vor ihrer stürmischen Nacht, in der er sie in den Armen gehalten und ihren Hunger gespürt hatte, war ihm nicht wohl bei dem Gedanken gewesen, dass er Megan wieder gehenlassen musste. Sie ging ihm unter die Haut und entfachte seine Lust wie keine Frau vor ihr. Gleichzeitig war er sich nicht sicher, wie er sie halten konnte oder ob er es überhaupt tun sollte.

Das Handy, das er immer noch in der Hand hielt, vibrierte. Erschrocken sah er auf das Display, ehe er antwortete.

„Hey Lucy, was gibt’s?“

„Ich wollte dich nur daran erinnern, dass ich ein paar Tage weg bin, um die Pferde abzuliefern und in Houston nach den geretteten Tieren zu sehen.“

Seine Stiefschwester war eine begnadete Pferdetrainerin, die sich auf vernachlässigte Tiere spezialisiert hatte. Sie und ihr vierjähriger Sohn wohnten mit Will zusammen im Haupthaus auf der Ace in the Hole-Ranch.

„Das hatte ich nicht vergessen“, log er, während ihm aufging, wie wenig er sich um irgendetwas anderes gekümmert hatte, seitdem sie Lowells Versteck gefunden hatten.

Rich hatte das Geld, das er unterschlagen hatte, in Goldbarren umgetauscht und außerhalb von Royal versteckt, damit er seine ergaunerten Millionen leichter geheim halten und wegschaffen konnte. Bis jetzt hatte noch niemand verstanden, warum er sie nicht einfach mitgenommen hatte, als er vor Monaten geflohen war, aber alle waren sich einig, dass er früher oder später zurückkommen musste, um die Beute zu holen.

Will war noch Tage später überzeugt gewesen, dass auf die Entdeckung des Verstecks auch eine schnelle Verhaftung des Hochstaplers folgen musste, aber es war ein Tag nach dem anderen vergangen ohne ein Anzeichen von Rich. Will verlor mehr und mehr den Mut.

„Willst du Brody wirklich mitnehmen?“, fragte er.

„Die Reise dauert länger, als ich zuerst gedacht hatte, deswegen hab ich beschlossen, ihn lieber in Royal zu lassen.“

„Das klingt vernünftig. Wir zwei werden schon unseren Spaß haben, wenn du nicht da bist.“

„Äh …“, fing Lucy zögernd an. „Ehrlich gesagt hatte ich gedacht, er könnte bei Jesse und Jillian bleiben. Brody ist gerne mit Mac zusammen, und du hast gerade so viel um die Ohren …“

Jesse war Lucys älterer leiblicher Bruder und Wills Stiefbruder. Er leitete die gemeinsame Ranch, sodass Will die Freiheit hatte, seiner Leidenschaft nachzugehen und sich um das Familienunternehmen zu kümmern. Jesse hatte sich in ein anderes Opfer von Lowell verliebt: Jillian Norris. Sie war ein Showgirl aus Las Vegas und nach einem One-Night-Stand mit Rich von ihm schwanger geworden, noch während der sich als Will ausgegeben hatte. Ihre E-Mails und Anrufe bei Will in den Wochen vor dem verhängnisvollen Angelausflug in Mexiko hatten letztlich dazu geführt, dass sein ehemals bester Freund ihn angegriffen und beinahe getötet hätte.

„Na klar“, sagte Will in das peinliche Schweigen hinein und gab sich alle Mühe, sich den Schlag in die Magengrube nicht anmerken zu lassen, den er gerade bekommen hatte. „Das verstehe ich. Sag Jesse und Jillian, dass ich da bin, falls sie Hilfe mit Brody brauchen.“ Doch schon während er das Angebot machte, bezweifelte er, dass sie es in Anspruch nehmen würden. „Gute Reise.“

„Danke. Wir sehen uns in einer Woche.“

Er legte auf und versuchte, die Zurückweisung abzuschütteln, die seine Stimmung trübte. In den Monaten, die er in Mexiko verbracht hatte, hatte er sich mit nichts anderem beschäftigt als der Frage, wie er wieder nach Hause kommen konnte. Er wollte so schnell wie möglich in sein altes Leben zurückkehren, sich auf Freunde und Familie konzentrieren und seine Geschäfte erfolgreich führen und sich wieder seines Lebens freuen.

Jetzt, nachdem er sich monatelang zurückgezogen und dabei zugesehen hatte, wie die Menschen um ihn herum ihr Leben weiterführten – sich verliebten, aktiv ihre Welt gestalteten –, fühlte er sich einsamer als je zuvor. Will rief noch einmal seine Lieblingskontakte auf und starrte Megans Namen an.

Er hätte sich gern bei ihr gemeldet. Sie war in den letzten Monaten, in denen sie aufeinander angewiesen waren, weil Richard Lowell noch immer frei herumlief, so wichtig für ihn geworden. Will zog die Stirn kraus. Warum machte er sich selbst etwas vor? Vor anderen seine Gefühle für Megan herunterzuspielen war eine Sache, aber das wilde Verlangen vor sich selbst zu leugnen, das ihn jedes Mal ergriff, wenn er in ihrer Nähe war, war einfach nur idiotisch.

Als er daran dachte, wie sie sich nach der Trauerfeier für Jason geliebt hatten, versetzte es ihm einen schmerzhaften Stich. Die Sehnsucht nach ihr brannte wie Feuer in ihm. Megan war eine Sucht für ihn geworden, die er nie mehr loslassen wollte. Der verzweifelte Hunger in ihren Küssen und der fieberhafte Sex hatten ihn in ganz neue Höhen der Leidenschaft katapultiert.

Wuchs ihm das mit ihr über den Kopf? Offensichtlich. Seine Gefühle waren widersprüchlich, wenn es um sie ging. Und er hatte keine Ahnung, was sie für ihn empfand. Bei ihrer hitzigen, wilden Begegnung war es darum gegangen, mit einem Verlust zurechtzukommen, dem keiner von ihnen sich allein stellen wollte. Er durfte nicht erwarten, dass etwas, das aus der Trauer heraus entstanden war, der Anfang von etwas ganz Neuem sein würde.

Aber für ihn war es genau das gewesen.

Seine tiefe Verbindung mit Megan in dieser Nacht war zu einem ständigen Pulsieren von Sehnsucht geworden. Will wollte dasselbe, was sein Bruder bei Jillian gefunden hatte. Was Cole bei Dani gefunden hatte. Von den fünf Frauen, die als angebliche Erbinnen zu seiner Beerdigung eingeladen worden waren, war nur Megan nicht mit der Liebe ihres Lebens zusammen. War das vielleicht Rich Lowell gewesen, als er sich als Will ausgegeben hatte? Er hatte ihr keine dieser Fragen gestellt, weil er sich nicht sicher war, was ihre Antwort für ihn bedeutet hätte.

Ehe er weiter über seine Beweggründe nachdenken konnte, tippte Will eine Textnachricht.

Cora Lee will am Samstag auf der Ranch eine Grillparty geben. Wäre schön, wenn du auch kommen könntest.

Sobald er die Nachricht abgeschickt hatte, erfasste ihn Nervosität. Egal was seine wirren Gefühle von ihm wollten, er und Megan waren auf absehbare Zeit aufeinander angewiesen. Ironischerweise fiel Will jetzt gerade auf, dass ein Teil von ihm nichts dagegen hätte, wenn Lowell der Polizei noch eine Weile aus dem Weg gehen konnte. Denn solange er nicht gefasst war, konnte Will so viel Zeit mit Megan verbringen, wie er verkraften konnte. Er erwischte sich das erste Mal seit Stunden bei einem Lächeln; wenn es um die atemberaubende Megan Phillips-Sanders ging, konnte Will eine Menge vertragen.

Der Himmel vor ihrem Bürofenster war schon fast nachtblau, als Megan endlich damit fertig war, die Geschäftszahlen für die Herbstkollektion auszuwerten. Ihre Leute hatten sich selbst übertroffen, und sie war voller Stolz, als sie über die nächste erfolgreiche Saison nachdachte.

Ihre ganze Familie staunte über den Erfolg ihrer Firma, sie selbst eingeschlossen. Megan hatte Royals Shoes gegründet, um endlich aus dem Schatten ihrer Brüder zu treten. Als sie verkündet hatte, in das Geschäft mit luxuriösen Schuhen einsteigen zu wollen, sahen alle sie immer noch als das jungenhafte Mädchen, das ihre ganze Kindheit lang versucht hatte, mit ihren älteren Geschwistern Schritt zu halten. Sie verstand das sehr gut. Sie waren schließlich ihre großen Brüder. Aber es hatte trotzdem geschmerzt, dass sie nicht daran geglaubt hatten, dass sie ihre eigene Firma gründen und zum Erfolg führen könnte.

In einem Bundesstaat wie Texas und einer Stadt wie Royal war größer immer besser. Ranches, Vermögen, Persönlichkeiten. Es war schwer, sich in einer Umgebung hervorzutun, in der Leistungsbereitschaft normal und nichts Besonderes war. Seitdem sie alt genug gewesen war, um zu verstehen, dass ihre Brüder der ganze Stolz ihrer Eltern waren, hatte Megan versucht, die Aufmerksamkeit ihrer Familie auf sich zu lenken. Aaron und Jason waren beide Klassenbeste gewesen. Und als ob das noch nicht genug wäre, waren die beiden auch noch gut im Sport.

Megan sank auf die Ledercouch in ihrem Büro und legte die Füße auf den gläsernen Beistelltisch. Beim Anblick der Stilettos aus ihrer Kollektion mit ihren schwarz-weißen Streifen und der mit Strasssteinen besetzten Schnalle musste sie lächeln. Um erfolgreich zu sein, musste Royals Shoes sich im überfüllten Markt der Luxusgüter behaupten. Deswegen hatte Megan beschlossen, dass jedes einzelne Paar ihrer Schuhe etwas ganz Besonderes haben musste.

Ihr Handy vibrierte. Sie sah mit einem Blick auf das Display, dass Dani Moore ihr eine Nachricht geschickt hatte. Die beiden Frauen waren seit ihrer Teenagerzeit miteinander befreundet, als Dani gerade frisch auf die Highschool gekommen und Megan ihre Patin geworden war, die ihr den Übergang von der Mittelschule erleichtern sollte. Trotz des Altersunterschieds waren sie über Jahre hinweg befreundet geblieben, selbst als sie nicht in derselben Stadt gewohnt hatten.

Ich schaffe es morgen nicht um 2.

Megan las die Nachricht und seufzte enttäuscht. Neben Danis Arbeit im Glashaus, ihrer Beziehung mit Cole und den Pflichten, die sie als Mutter von Zwillingen hatte, blieb ihr nur wenig freie Zeit. Megan hatte Dani ein Paar Schuhe geschenkt und gehofft, dass sie sie damit vielleicht dazu inspirieren konnte, sich ein wenig Zeit für sich selbst zu nehmen und sie zum Shoppen zu begleiten. Sie brauchten beide etwas zum Anziehen für die Verlobungsfeier von Megans älterem Bruder Aaron mit Kasey Monroe, Wills früherer Assistentin und Kindermädchen der siebenjährigen Savannah.

Megan war ein wenig überrascht, wie schnell der hochintelligente, ehrgeizige Aaron sich damit abgefunden hatte, ganz allein für das Kind seines Bruders verantwortlich zu sein. Natürlich konnte es gut sein, dass Kasey die treibende Kraft hinter seiner plötzlichen Häuslichkeit war.

Sie seufzte leise, während sie darüber nachdachte, wie viele Romanzen die Turbulenzen in ihrem Umfeld nach sich gezogen hatten, die Rich Lowell verursacht hatte, indem er sich als Will ausgegeben hatte. Megan und Will waren eigentlich die Einzigen, die sich in den Monaten seit seiner Rückkehr als immun gegen die Liebe erwiesen hatten. Sie legte nach allem, was sie wegen Rich hatte durchmachen müssen, zur Zeit keinen Wert auf ein Liebesleben. Außerdem war es für sie beide eine Herausforderung, sich auf eine neue Romanze einzulassen, solange Will und sie von der Polizei gebeten worden waren, so zu tun, als wären sie noch verheiratet.

Nachdem sie Dani geantwortet hatte, dass sie sie sehr gut verstehen konnte und mit ihr ein Treffen gegen Ende der Woche ausgemacht hatte, sah Megan sich die Nachricht an, die sie vorhin von Will bekommen hatte. Ihr Herz zuckte, als sie die kurze Nachricht las.

Cora Lee will am Samstag auf der Ranch eine Grillparty geben. Wäre schön, wenn du auch kommen könntest.

Megan starrte die Worte auf dem Display ein paar Minuten lang an und wünschte sich, sie hätte eine Antwort auf diese scheinbar beiläufige Einladung. Er wollte offensichtlich höflich sein, und es machte sie wütend, dass sie sich darüber ärgerte. Sie wollte sich nicht eingestehen, dass sie sich wünschte, dass er ihr sagte, dass er da weitermachen wollte, wo sie bei ihrer leidenschaftlichen Begegnung letzte Woche aufgehört hatten. In dieser Nacht hatte zwischen ihnen Hochspannung geherrscht, und seitdem wusste Megan nicht genau, wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollte. Wenn sie miteinander redeten, waren sie deshalb immer so höflich, dass es peinlich war.

Aber vielleicht bildete sie sich das auch nur ein. Will war nicht anders als sonst. Er war so voller Teilnahme wie immer, seitdem er herausgefunden hatte, dass er eine Ehefrau hatte. Er wusste, dass Richard Lowell sie betrogen hatte, und auch wenn keiner von ihnen die rechtlichen Folgen ihrer Verstrickung richtig begriff, war ihm klar, dass sie genauso Opfer in der ganzen Sache war wie er.

Mit einem tiefen Seufzer stand Megan auf und sammelte ihre Handtasche und ihre Aktentasche ein. Es war spät geworden, und sie musste nach Hause fahren. Sie kam nicht gern zurück in ihr großes leeres Haus am Stadtrand. Was sich früher wie ein Sinnbild für ihren Erfolg angefühlt hatte, erinnerte sie jetzt an den größten Fehler, den sie je gemacht hatte. An manchen Tagen hätte sie am liebsten eine Fackel genommen und alles zu Asche verbrannt. Aber die Erinnerung an ihre Ehe mit einem Mann, der sie belogen und manipuliert hatte, war untrennbar in ihre Seele eingegraben. Es gab kein Entrinnen.

Megan schaltete die Alarmanlage ein und trat aus dem Vordereingang. Das Gebäude hatte elektronische Sicherheitssysteme, deshalb brauchte sie nicht stehenzubleiben, um abzuschließen. Vor ihr lag der Parkplatz im Dunkeln. Ganz hinten in der Ecke stand ihr Porsche, dessen signalrote Lackierung nur noch bräunlich schimmerte.

„Megan.“

Sie drehte sich nach der vertrauten Stimme um. Rich. Ihr Herz pochte, und sie blieb wie angewurzelt stehen. Er war dunkel gekleidet, grau oder vielleicht schwarz, sodass er im Schatten des Parkplatzes kaum zu erkennen war. Danach zu urteilen, wie perfekt seine Kleidung an seinem starken Körper saß, trug er wohl einen der teuren Anzüge, die er bevorzugte. Das musste man Richard Lowell lassen: Selbst auf der Flucht war er makellos gekleidet.

Ihr fiel wieder einmal auf, wie ähnlich er Will sah. Nachdem sie in den letzten Monaten den echten Will Sanders kennengelernt hatte, konnte Megan jedoch kaum noch glauben, dass sie sich wirklich für dieses Ungeheuer interessiert hatte. Aber der Beweis, dass es so war, steckte an ihrem Finger. Wie hatte sie nur so dumm sein können?

Scham flackerte in ihr auf und fraß ihr Selbstvertrauen auf, während ihr „Ehemann“ von rechts auf sie zukam, um sich zwischen sie und ihren Porsche zu stellen. Ihr ging zu spät auf, in welcher Gefahr sie sich befand. Panik überkam sie. Wie blöd von ihr, so lange zu bleiben und dann ganz allein nach Hause zu fahren.

„Was willst du von mir?“

„Ich will dich. Der einzige Grund, warum ich zurückgekommen bin, ist, um dich zu überzeugen, mit mir zu kommen.“

Bei seinen Worten überkam sie heftiger Ekel. Sie zuckte zusammen, wusste aber dass es keinen Sinn hatte wegzulaufen. In ihren hohen Absätzen schaffte sie es niemals bis ins Firmengebäude, bevor er sie eingeholt hatte.

Also blieb sie standhaft und sorgte dafür, dass man ihr die Furcht nicht ansehen konnte. „Was soll das heißen?“

„Du bist meine Frau. Wir gehören zusammen.“

Im abnehmenden Licht der Abenddämmerung konnte sie seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen, deswegen war sich Megan nicht sicher, ob er glaubte, was er sagte, oder ob das wieder eins von seinen perversen Spielen war, um ihr Angst einzujagen.

„Ich bin nicht deine Frau.“

„Doch, das bist du“, erwiderte Rich in harschem Ton. „Du liebst mich.“

„Ich habe mich in Will Sanders verliebt.“

Bildete sie es sich nur ein, dass die Wut Rich veränderte, oder hatte sie kaum wahrnehmbare Signale in seiner Körpersprache bemerkt, Hinweise auf drohende Gewalt? Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass er Hand an sie legte.

„Du hast dich in mich verliebt. Ich bin der Mann in deinem Bett gewesen. Der, von dem du nie genug kriegen konntest.“ Drohend kam er ein paar Schritte auf sie zu. „Weißt du nicht mehr, wie du meinen Namen gestöhnt hast, wenn du gekommen bist?“

Megan nahm all ihren Mut zusammen und erklärte: „Ich habe Wills Namen gerufen, nicht deinen.“

„Ich war Will. Dein Will.“ Er ballte seine rechte Hand zur Faust, ließ seinen Arm aber ausgestreckt an seiner Seite hängen. „Der einzige Will Sanders, der dich haben wollte.“

Während sie Richs verbalen Angriff einsteckte, behielt sie instinktiv seine Hände im Auge. Sie stemmte die Füße in den Boden, um ein besseres Gleichgewicht zu bekommen. Falls er versuchte sie zu packen, wollte sie bereit sein, ihm auszuweichen.

„Aber du bist nicht Will Sanders“, stellte sie unnachgiebig fest. „Und du bist das genaue Gegenteil von ihm.“

Ihr Urteilsvermögen brüllte ihr zu, sie solle den Mund halten. Er war ein Mörder, und sie war ganz allein auf einem dunklen Parkplatz. Es gab weit und breit niemanden, der sie hätte retten können.

„Ja. Ich bin besser.“ Als er mit seiner Überlegenheit angab, entspannte sich Richs Haltung, aber sein Tonfall war noch immer rasiermesserscharf. „Ich bin immer schon klüger gewesen als er. Der Unterschied zwischen uns war nur, dass man mir kein Vermögen auf dem Silbertablett serviert hat. Ich hab mir alles selbst erarbeitet.“

Und damit hatte seine Besessenheit wahrscheinlich angefangen, vermutete Megan. Vielleicht war das etwas, das sie gemeinsam hatten. In der Highschool war sie selbst eine Zeitlang fasziniert von Will gewesen. Nur dass sich Richs Bewunderung in bösen Neid verwandelt hatte.

„Wieso hast du meinen Bruder umgebracht?“ Es war vielleicht der Gipfel der Dummheit, sein Verbrechen anzusprechen, aber Megan brauchte Antworten.

„Jason hat zu viele Fragen gestellt und zu viel herausgefunden.“

„Also hast du ihn einfach getötet.“ Diese Feststellung spürte sie rau in der Kehle, während ihre Trauer sie beinahe überwältigte. „Hast du vor, mich auch noch umzubringen?“

„Ich könnte dir niemals etwas antun. Du gehörst mir.“

„Ich gehöre dir überhaupt nicht“, erwiderte sie scharf, denn allein der Gedanke daran erfüllte sie mit Verzweiflung. „Und du hast den Verstand verloren, wenn du wirklich glaubst, dass ich mit dir die Stadt verlasse.“

Während ihrer Auseinandersetzung hatte Megan ihre rechte Hand immer weiter auf das Seitenfach ihrer Handtasche zugeschoben, wo die Pistole steckte, die sie sich für den Fall eines Zusammentreffens wie diesem besorgt hatte. Die Waffe war zwar klein und hatte einen rosafarbenen Perlmuttgriff, aber sie war trotzdem zuverlässig und tödlich. Sie hatte die Pistole, einige Tage nachdem Will wieder in Royal aufgetaucht war, gekauft. Da sie allein lebte und abends lange arbeitete, hatte sie sich eine Szene wie diese schon Hunderte Male ausgemalt. Aber jetzt, wo es so weit war, zweifelte Megan daran, dass sie kaltblütig auf Rich schießen konnte.

„Ich habe hier ein Leben“, fuhr sie fort, während sie die Sicherung löste und die Finger um den Griff schloss. Rich kam einen Schritt auf sie zu.

„Dein Leben… oder geht es um Will?“, fragte Rich höhnisch. „Du machst dir was vor, wenn du glaubst, dass er dich lieben könnte. Ich hab euch zusammen gesehen. Mir ist schon klar, warum du noch nicht die Scheidung eingereicht hast. Du hoffst, dass er sich in dich verliebt. Aber dazu wird es nicht kommen.“

„Du hast keine Ahnung.“ Getrieben von Gefühlen, die sie nicht hätte beschreiben können, holte Megan die Waffe aus der Tasche und richtete sie auf ihn. „Keinen Schritt weiter.“

Zum Glück riss Rich die Augen auf, doch dann fing er an zu lachen. „Willst du mich vielleicht mit dem Spielzeug erschießen?“

„Nicht wenn du abhaust und mich in Ruhe lässt.“ Sie versuchte, sich nicht darum zu kümmern, wie heftig ihre Hände zitterten, und hoffte, dass Rich es nicht merkte. „Ich gehe nirgendwo mit dir hin.“

„Das werden wir noch sehen.“

Er kam noch einen Schritt auf sie zu, und sie drückte ab, ohne darüber nachzudenken. Der Schuss hallte durch die Stille des Abends und Megan erschrak. Sie sah sich nicht um, als sie sich hinter das Steuer setzte und den Motor anließ, aber als sie den Gang einlegte, wurde die Tür aufgerissen. Rich sah mit irrem Blick auf sie herab. Megans Herz klopfte bis zum Hals, sodass sie nicht schreien konnte. Anstatt die Tür zuzuziehen, stieß sie sie auf und in Richs Unterleib, während sie Gas gab. Das Kreischen der Reifen auf dem Asphalt übertönte ihren panischen Schrei.

Einen Augenblick lang hielt Rich die Tür noch fest, aber Megan trat das Gaspedal durch, und dann war er verschwunden. Sie schnappte vor Angst und Anstrengung nach Luft, als sie vom Parkplatz nach rechts auf die Straße einbog. Zum Glück war kein Verkehr auf der Straßenseite, die zu Royals Shoes führte, denn Megan wollte nur so schnell wie möglich so weit weg von Rich, wie sie nur konnte. Sie warf einen Seitenblick auf die Pistole, die auf dem Beifahrersitz lag. Gott sei Dank hatte sie die Waffe gekauft und schießen geübt. Aber sie konnte es immer noch nicht fassen, dass sie sie tatsächlich gegen Rich benutzt hatte.

Megan konnte sich nicht entscheiden, was sie fühlte. Ein Teil von ihr war einfach nur erleichtert, dass sie einem Verrückten unbeschadet entkommen war. Aber sie fühlte auch Reue, weil sie mit einer Waffe auf einen anderen Menschen geschossen hatte. Und tief in ihrem Inneren hatte sie Angst vor dem Monster, in das Rich sich offensichtlich verwandelt hatte.

Ihr Auto schien wie von allein den Weg zum Büro des Sheriffs zu finden. Sie hatte in letzter Zeit viel zu oft mit der Polizei zu tun gehabt, aber sie konnte auch nicht einfach nach Hause fahren, denn sie wusste ja nicht, ob sie Rich noch einmal begegnen würde, ehe sie berichtet hatte, dass er sie überfallen hatte.

„Ruf Will an“, befahl sie dem Kommunikationssystem ihres Autos. Als sie den Rufton aus den teuren Lautsprechern hörte, hatte sie einen Kloß im Hals.

„Hey Megan, ich hab grad an dich gedacht.“ Seine tiefe Stimme durchschnitt den letzten Faden, der ihre Gefühle unter Kontrolle hielt, und sie fing an zu zittern.

„R-Rich …“

„Ist alles okay?“ Seine Besorgnis war deutlich zu hören.

„Er hat mir aufgelauert.“

Ein unflätiges Fluchen und dann: „Bist du verletzt?“

„Nein.“ Sie atmete stockend ein und schüttelte den Kopf. „Ich glaube, ich hab ihn angeschossen.“

Auf diese Feststellung folgte ein Schweigen, ehe Will fragte: „Wo bist du?“ Sein Tonfall war brüsk und voller Ungeduld.

Autor

Cat Schield
<p>Cat Schield lebt gemeinsam mit ihrer Tochter, zwei Birma-Katzen und einem Dobermann in Minnesota, USA und ist die Gewinnerin des Romance Writers of America 2010 Golden Heart® für romantische Serienromane. Wenn sie nicht gerade neue romantisch-heiße Geschichten schreibt, trifft sie sie sich mit ihren Freunden um auf dem St. Croix...
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