SEX IST NICHT GENUG!

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Die erfolgreiche Unternehmerin Sugar Thompson weiß, was sie will: fantastischen Sex – und ihre Freiheit! Bis ihr sexy Bett- und Geschäftspartner Gerald ihr aus heiterem Himmel seine Liebe gesteht und sie vor ein Ultimatum stellt ...


  • Erscheinungstag 30.12.2021
  • ISBN / Artikelnummer 9783751512701
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Gerald Maguire sah zu, wie Sugar an dem Einstellknopf des vibrierenden Wasserbetts drehte. Die rhythmischen Wellenbewegungen, die daraufhin einsetzten, hätten selbst den größten Heiligen zu unzüchtigen Gedanken inspiriert.

In letzter Zeit passierte ihm das dauernd mit Sugar – selbst in ganz unverfänglichen Situationen wie zum Beispiel, wenn sie gemeinsam einen Papierstau im Kopierer beseitigten. Aber drei Tage mit Sugar auf der Fachmesse „Erotika International“, wo sie sich nach neuen Produkten für die Erotikboutique ihres Romantikhotels für Paare umschauten, das war wirklich zu viel.

Jetzt lagen sie also nebeneinander auf einem vibrierenden Wasserbett.

Geralds normalerweise gut funktionierendes Abwehrsystem drohte zu versagen – und das ging jetzt schon seit zwei Wochen so, seit er sich in aller Freundschaft von Adrienne getrennt hatte. Nein, es lag nicht daran, dass sie miteinander Schluss gemacht hatten, sondern an dem, was Adrienne zu ihm gesagt hatte.

„Du bist in deine Geschäftspartnerin verliebt, du Dummkopf“, hatte sie kopfschüttelnd festgestellt, als ob er ein hoffnungsloser Fall von emotionaler Blindheit sei.

Er hatte nur abweisend den Mund verzogen. Er in Sugar verliebt? Wie konnte das sein? Okay, sie hatten sich zueinander hingezogen gefühlt, als sie sich vor zwölf Jahren auf dem College begegneten, aber sie waren vernünftig genug gewesen, diesem Gefühl nicht zu folgen. Sugar war immer mit jemandem liiert gewesen, und Gerald war nicht der Typ, der anderen die Freundin ausspannte.

Okay, vor sechs Jahren, als sie sich geschäftlich zusammengetan hatten, da wären diese Gefühle fast noch einmal aufgeflammt, aber wieder waren sie vernünftig genug gewesen, die Flammen gleich im Keim zu ersticken. Ein wenig schwelte das Feuer allerdings immer noch, aber damit konnte Gerald umgehen.

Bis jetzt.

Sugar rollte sich auf die Seite, ihr Gesicht war nur wenige Zentimeter von seinem entfernt. „Würde dich so etwas anmachen?“, fragte sie, und ihre großen grünen Augen blitzten. Sie erinnerte ihn an eine Katze – sinnlich, geschmeidig, oft wohlig schnurrend, aber immer auf der Hut und beim geringsten Anlass flüchtend. Und nie kam sie, wenn man sie rief. „Dich vielleicht nicht“, stellte sie fest. „Aber die meisten Männer schon.“

Sie zog ihn immer damit auf, dass er so selbstbeherrscht war, ein Charakterzug, der ihm in den letzten sechs Jahren sehr geholfen hatte.

„Es ist wohl eher was für Männer, die auf Seegang stehen.“ Er versuchte, ganz locker und gelassen zu klingen.

„Stimmt.“ Sie drehte den Einstellknopf zurück. „Besser so?“ Ihre Arme berührten sich.

Der veränderte Rhythmus war sogar noch erotischer als die Bewegungen vorher. „Lass es gut sein, Sugar.“

„Ich weiß nicht. Vielleicht muss man das Ding eine ganze Nacht lang testen.“

Oh, verdammt. „Ich denke, ich habe schon einen gewissen Eindruck bekommen.“

Morgen war sein fünfunddreißigster Geburtstag, vielleicht war das sein Problem. Der fünfunddreißigste. Irgendwie hatte er das Gefühl, als müsse sich dadurch in seinem Leben etwas Wesentliches ändern.

„Bist du sicher?“

„Ja.“ Nur um zu beweisen, wie sehr er sich unter Kontrolle hatte, stützte Gerald sich auf die Ellenbogen und sah Sugar an.

Ein großer Fehler. Sein Herz pochte so heftig, dass ihm das Atmen schwerfiel. Ihre Brüste hoben und senkten sich heftig unter ihrem engen Top, und ihr schwarzes Haar kitzelte ihn am Arm. Was ihn aber wirklich bezauberte, war ihr Gesicht. Es war eher rund als oval, aber ihre Züge waren fein, mit einer kleinen Nase und weichen Lippen. Ihre großen grünen Augen drückten so vieles gleichzeitig aus: Intelligenz, Selbstbewusstsein. Und Feuer.

„Es ist eher wie eine Küchenmaschine auf niedrigster Stufe, findest du nicht?“ Sie lächelte vielsagend.

„Vielleicht.“ Er konnte einfach den Blick nicht von ihr losreißen. Was war nur in ihn gefahren? War er etwa in sie verliebt?

„Ein sanftes Wiegen wäre besser.“ Sugar drehte sich erneut zur Seite, um den Knopf noch ein wenig zu verstellen, aber als sie sich zurückrollen ließ, wäre sie fast auf Gerald gelandet. Er spürte ihre Brüste an seinem Körper und ihr dichtes, seidiges Haar an seiner Wange. Sie duftete nach Vanille und auch ein bisschen nach ihrem Lieblingskaugummi.

„Hoppla“, sagte sie und wurde rot.

Gerald hatte das Gefühl, als würde sie sich an ihn schmiegen. Konnte das sein?

„Selber hoppla.“ Plötzlich wurde er von Gefühlen überwältigt. Erregung, Verlangen und noch etwas. Etwas sehr viel Bedeutenderes.

Verdammt! Er war tatsächlich in Sugar verliebt!

Und jetzt? Er musste nachdenken und eine Entscheidung treffen. Aber Sugar erschauerte, leckte sich die Lippen und brachte ihn damit fast um den Verstand.

Küss sie!

Gerald war von Natur aus nicht impulsiv und wägte Entscheidungen gründlich ab.

Na los, küss sie, Blödmann.“

Spontan berührte er Sugars Wange, stützte sich auf einen Ellenbogen und …

„Wie finden Sie das Bett? Tolle Vibrationen, nicht wahr?“ Dieser Idiot von einem Verkäufer beugte sich schamlos über sie, gleichermaßen eifrig und nervend. „Ich garantiere Ihnen, das Modell ‚Good Vibrations 3000‘ ist zurzeit das beste auf dem Markt.“

„Wir sind gerade dabei, die verschiedenen Stufen auszuprobieren“, sagte Sugar und drehte sich auf die Seite. Sie schien erleichtert zu sein über die Ablenkung.

„Sie können das Bett gerne dreißig Tage unverbindlich ausprobieren. Mit Geld-zurück-Garantie.“

Während der Verkäufer und Sugar sich unterhielten, versuchte Gerald seine Gedanken zu sortieren. Er war also in Sugar verliebt. Wann war das passiert? Schon vor längerer Zeit? Womöglich vor Jahren? Hatte er es einfach verdrängt?

Und was sollte er nun mit dieser Erkenntnis anfangen? Hoffen, dass seine Verliebtheit wieder verfliegen würde? Etwas unternehmen? Irgendetwas musste er tun. Vor allem musste er Mr Good Vibrations loswerden.

„Wir sagen Ihnen Bescheid“, erwiderte Gerald abweisend, und der Verkäufer wich zurück, als ob er eine Pistole auf ihn gerichtet hätte.

„Findest du den Preis zu hoch?“, fragte Sugar, als der Mann außer Hörweite war, und tat, als lese sie das Preisschild. Gerald wusste genau, dass sie ihm auswich. „Na ja, unsere Gäste erzeugen wohl sowieso lieber ihre eigenen Tsunamis, meinst du nicht?“

Gerald antwortete nicht und blieb einfach auf der wogenden Matratze liegen.

„Sollen wir uns mal beim erotischen Spielzeug umschauen und danach eine Pause machen?“, schlug sie vor. Sie klang ein wenig außer Atem.

„Ich schätze, ich lasse das Spielzeug aus.“ Nicht um alles in der Welt hätte er jetzt aufstehen und irgendwo hingehen können.

„Ist alles in Ordnung mit dir?“ Sugar stand auf.

„Schon gut.“ Immerhin war er gerade von einem Panzer überrollt worden, bildlich gesprochen. Er war in seine Geschäftspartnerin verliebt. Wahrscheinlich schon seit Jahren. „Geh ruhig. Ich probiere hier noch ein paar Geschwindigkeitsstufen aus.“ Er tat, als wolle er an dem Knopf drehen.

„Wir sehen uns nachher bei dir zum Geburtstagsdinner?“

„Ja, um acht, und sei pünktlich, ich habe das Essen schon bestellt.“ Sugar hatte nur wenige Tage vor Gerald Geburtstag, deshalb feierten sie immer zusammen. Heute war es wieder so weit, sie würden in Geralds Geburtstag hineinfeiern.

„Gut.“ Sugar atmete hörbar aus. Offenbar wollte sie das Feuer, wie immer wenn es neu aufzuflammen drohte, austreten wie ein heruntergefallenes Streichholz.

Aber diesmal nicht. Diesmal würde er etwas unternehmen.

Sugar zögerte, biss sich auf die Unterlippe, drehte sich um, blieb dann doch stehen. Das war so gar nicht typisch für sie. Sugar hatte immer eine ganz entschiedene Meinung zu allen Dingen, mehr als alle anderen Frauen, die er kannte. Sie stritten andauernd, auch wenn Sugar das lieber als Diskutieren bezeichnete. Sie behauptete, auf die Art würden sie den Dingen auf den Grund gehen. Anstrengend war das schon, aber nie langweilig.

Ihre plötzliche Unentschlossenheit erfüllte ihn mit Hoffnung. Sugar winkte ihm zu und ging unsicher rückwärts. Wie gut ihr dieses Kleid stand! Sie sollte immer Seide tragen. Oder vielleicht auch Leder.

Er hatte zufällig beobachtet, wie sie in der Geschenkboutique des Hotels ein Lederkostüm bewundert hatte. Das wäre ein besseres Geburtstagsgeschenk gewesen als der Taschencomputer, den er für sie gekauft hatte, weil ihrer kaputt gegangen war.

Jetzt war es zu spät.

Oder vielleicht nicht. Warum nicht mal etwas Spontanes tun? Er würde ihr das Kostüm kaufen und ihr seine Gefühle offenbaren.

Fast als hätte sie seine Gedanken mitbekommen, drehte Sugar sich plötzlich um und ging schnell weiter.

Gerald schaltete das Wasserbett aus und blieb einen Moment liegen, um zur Ruhe zu kommen. Es war noch nicht zu spät, die Sache einfach zu vergessen. Er musste nichts unternehmen.

Aber er konnte nicht mehr so tun, als sei nichts gewesen. Die Wahrheit hatte ihn getroffen wie ein Blitz. Plötzlich erschien ihm alles schmerzlich klar: Sugar war der Grund dafür, dass keine seiner Beziehungen funktioniert hatte und dass das Leben eines verheirateten Mannes, das er sich so sehr wünschte, ein unerreichbares Ziel zu sein schien.

Sugar hatte es ihm schon immer angetan. Ihr Lachen, das für ihn wie die schönste Musik klang. Ihre verrückten Ideen, mit denen sie ihn immer wieder aus der Bahn warf. Sie öffnete Türen, wo er nur Wände sah. Sie lockte ihn immer wieder aus der Reserve und brachte ihn dazu, Dinge aus dem Bauch heraus zu tun, sich als Mann zu fühlen und ihr alles geben zu wollen. Sie gab ihm das Gefühl, lebendig zu sein.

Und er liebte sie.

Er musste es ihr sagen.

Vielleicht heute Abend beim Essen? Ja, natürlich. Er würde ganz vorsichtig sein, schließlich war Sugars Verhältnis zu dem Wort Liebe nicht ganz unproblematisch. Sie ging damit um, als handle es sich um ein tödliches Gift.

Lass uns mal probieren, was zwischen uns alles möglich ist. Ja, das wäre nicht schlecht, es hörte sich ziemlich locker an – in keiner Weise bedrohlich.

Diese Erotikmesse war vielleicht nicht der beste Ort für eine Liebeserklärung, aber sie waren nun einmal hier, das Dinner war schon bestellt, und er war ein praktisch denkender Mensch.

Er würde Blumen besorgen und das Lederkostüm. Wer weiß, vielleicht würde er es ihr vom Leib reißen, noch bevor diese Nacht vorbei wäre.

Er wollte Sugar. In seinem Bett. Und in seinem Leben. Manchmal musste man einfach mutig sein und aktiv werden.

Auch wenn man dabei ein mulmiges Gefühl hatte. Immerhin ging es hier um Sugar, und sie war unberechenbar.

Auf wackligen Beinen macht Sugar sich auf den Weg zu dem Raum, in dem das Sexspielzeug ausgestellt war. Ihr war so schwindlig, dass sie kaum richtig sehen konnte, geschweige denn klar denken. Was, zum Teufel, war gerade passiert?

Als sie mit Gerald auf dem Wasserbett gelegen und ihm in die Augen geschaut hatte, war ihr plötzlich unerträglich heiß geworden.

Sie hatten das doch alles schon hinter sich gebracht, sie und Gerald: Sie waren über ihre Teenager-Verliebtheit am College hinweggekommen. Und damals, als sie beide einen Cocktail zu viel getrunken hatten, weil sie am nächsten Morgen ihr Hotel eröffnen würden, da hatten sie endgültig geklärt, welcher Art ihr Verhältnis zueinander war. Zum Glück hatte ihr Handy geklingelt, bevor aus der Umarmung zweier Beschwipster mehr hätte werden können.

Sie hatten erleichtert gelacht und waren übereingekommen, dass sie ihre geschäftliche Partnerschaft nicht aufs Spiel setzen wollten, indem sie miteinander schliefen.

Aber vorhin, da hatte Gerald sie so merkwürdig angeschaut, und ihr hatte das gefallen. Ach, Blödsinn! Gerald war nicht nur ihr Geschäftspartner, er war auch ihr bester Kumpel – der Mann, der ihr seit Jahren in allen Höhen und Tiefen des Lebens beistand: während der Krebserkrankung ihrer Mutter, angesichts des Beziehungschaos ihres Vaters, bei der problematischen Scheidung ihrer Schwester und bei ihren eigenen hin und wieder auftretenden Stimmungsstiefs. Gerald war ein großartiger Zuhörer, klug und witzig, und so anders als sie selbst, dass seine Kommentare denselben Effekt hatten wie frischer Wind in einer stickigen Kammer.

Sugar zählte auf ihn, und Gerald zählte auf sie. Jedenfalls nahm sie das an. Sie drehte sich unauffällig um. Er lag noch immer auf diesem verflixten Bett. Und noch immer verspürte sie ein Prickeln am ganzen Körper, nicht wegen des Bettes, sondern wegen der Art, wie Gerald sie angeschaut hatte. Als ob er sein ganzes Leben nur auf sie gewartet hätte. Als ob er einzig und allein mit ihr glücklich werden könnte.

Ihre Knie zitterten sogar ein bisschen.

Verdammt!

Sie biss sich auf die Unterlippe und kämpfte gegen den idiotischen Ausbruch von überschäumender Freude an. Nein, nein, nein! Das hatte doch wirklich keinen Sinn.

Vergeblich versuchte sie, sich auf die Ausstellung des Sexspielzeugs zu konzentrieren.

Sie würden sich also nachher in seinem Zimmer treffen, um gemeinsam Geburtstag zu feiern. Und natürlich stand in seinem Zimmer auch ein Bett!

Sugar hatte das Gefühl, als würde ihr Blut kochen.

Vielleicht war sie einfach nur sexuell ausgehungert? Seit Monaten war sie nicht mehr mit einem Mann zusammen gewesen, allerdings war ihr das kaum aufgefallen. Merkwürdig, mit fünfunddreißig sollte man sich eigentlich auf dem Höhepunkt seiner sexuellen Aktivität befinden.

Gerald war doch ihr Geschäftspartner und bester Freund. Der war doch tabu für alle Zeiten.

Was dachte sie sich eigentlich?

Ihre Freundschaft war doch so viel wichtiger als das, was eine Affäre jemals für sie sein könnte. Denn mehr würde es bestimmt nicht sein – eine heiße, aber kurze Affäre.

Gerald war ein wundervoller Mann, aber ihr fehlte wohl irgendwie die genetische Veranlagung für eine lebenslang glückliche Beziehung. Kein Grund, stolz zu sein, aber es war besser, den Tatsachen ins Auge zu blicken, als sie zu verdrängen oder sich selbst zu bemitleiden.

Der Augenblick auf dem Wasserbett hatte eine tiefe Sehnsucht in ihr ausgelöst, ein Verlangen nach etwas, von dem sie nie geglaubt hatte, dass es das für sie geben könnte. Vielleicht irrte sie sich? Vielleicht musste sie nur die Hand ausstrecken und danach greifen?

Nein, das war total verrückt.

Vielleicht hatte ihre besondere Empfindlichkeit etwas mit ihrem grandiosen Plan zu tun, ihr Hotel zu einer Hotelkette zu erweitern. Vielleicht hatte sie das alles zu sehr aufgewühlt. Heute Abend wollte sie mit Gerald darüber reden. Vielleicht wäre alles wieder wie früher, wenn sie ihn von ihrer Idee überzeugt hatte.

Leicht würde das allerdings nicht werden. Gerald war absolut solide und sehr auf Sicherheit und Stabilität bedacht. Ihre gute geschäftliche Partnerschaft beruhte auf der nicht endenden Bereitschaft zu immer neuen Kompromissen nach intensiven Diskussionen.

So wie die Dinge lagen, bestand zwischen ihnen ein fein abgestimmtes Gleichgewicht aus Feuer und Wasser, Leidenschaft und Vernunft, Yin und Yang. Das würde durch Sex nur zerstört werden. Sie würden also diesen Augenblick auf dem Wasserbett hinter sich lassen müssen, auch wenn Sugar deswegen noch immer weiche Knie hatte.

Energisch strich sie ihr Haar zurück und sah sich die Luxusversion eines Vibrators an. Sie hoffte, ein paar Neuheiten mit nach Hause bringen zu können. Letitia, die Geschäftsführerin ihrer Boutique, zählte auf sie.

Sugar konzentrierte sich jetzt wieder ganz auf ihren Job. Das half ihr stets, innerlich zur Ruhe zu kommen. Zugegeben, sie nahm ihre Arbeit wahrscheinlich zu wichtig, und vermutlich hatte sich deshalb ihr Privatleben fast auf null reduziert. Aber das Hotel hatte nun mal von Anfang von Gerald und ihr den vollen Einsatz gefordert, und dass sie jetzt so erfolgreich damit waren, war eine tolle Leistung. „Spice It Up“ hatten sie ihr Hotel genannt, was so viel bedeutete wie „sorg für ein bisschen Würze“. Es war speziell für Paare gedacht, die frischen Wind in ihre Beziehung bringen wollten. Es war sozusagen eine Kombination aus Romantik- und Wellnesshotel und Sexualtherapie. Im Gegensatz zu anderen Hotels dieser Art, die sich entweder ganz auf den erotischen Aspekt oder ganz auf Wellness konzentrierten, legte man im „Spice It Up“ das Hauptgewicht darauf, Intimität und Nähe zwischen den Partnern zu fördern.

Ihr Erfolg war nicht unbemerkt geblieben. Die Konkurrenz schlief nicht. Und jetzt, nach vier Jahren, war es an der Zeit, sich zu vergrößern. Wachs oder stirb, das war das Gesetz, auf dem jeder geschäftliche Erfolg beruhte. Es war auch Sugars Devise. Jede neue Herausforderung gab ihr ein Gefühl der Genugtuung. Sie liebte es, sich weiterzuentwickeln.

Ja, sie musste sich ganz auf ihr Ziel konzentrieren und unbedingt heute Abend mit Gerald über ihre Pläne sprechen. Vielleicht sollte sie noch auf einen Drink in die Bar gehen. Sie könnte sich ein bisschen entspannen, versuchen, einen klaren Kopf zu bekommen, sich vielleicht mit anderen Messegästen unterhalten und sich innerlich auf die Diskussion mit Gerald einstellen.

In der Bar entdeckte sie einen Bekannten, mit dem sie kurz während einer Marketingpräsentation gesprochen hatte. Der Mann saß am Tresen, hatte die Ärmel seines weißen Hemdes bis zu den Ellbogen aufgekrempelt und die Krawatte gelockert. Er sah ziemlich gut aus, und ein kurzer heißer Flirt wäre bestimmt nicht schlecht. Oder sie könnten auch einfach übers Geschäft reden.

Sugar ließ sich auf dem Barhocker neben ihm nieder. „Wie gefällt Ihnen die Veranstaltung?“ Sie legte den Kopf schief.

Er lächelte. „Ich habe einige interessante Kontakte geknüpft.“ Er wandte ihr das Gesicht zu, signalisierte Interesse. „Und Sie?“

„Ich auch. Und ich habe viel dazugelernt.“

„Was möchten Sie trinken?“

„Dasselbe wie Sie, wenn es Gin ist. Ich bin übrigens Sugar Thompson.“

„Conner Jameson, von ‚ExerSystems‘. Wir liefern Fitnesstraining-Systeme für Hotels.“ Er gab ihr seine Karte, sie reichte ihm ihre. „Wir sind uns, glaube ich, schon einmal begegnet.“

„Ja, ich erinnere mich.“

Er las ihre Karte. „Hm, ‚Spice It Up‘. Ich habe schon davon gehört.“

„Tatsächlich?“ Sugar war allerdings nicht wirklich überrascht. Sie hatte schon von anderen Teilnehmern gehört, wie bekannt ihr Hotel inzwischen war. Die Mitarbeiterin eines Reisebüros für Singles – „Singles Travel Network hieß es“ – hatte ihr erzählt, dass bereits zwei ihrer Partnerhotels Sexualberatung in ihr Programm aufgenommen hätten. Umso mehr ein Grund für Gerald und Sugar, zu expandieren, bevor andere ihnen die Show stahlen.

„Ich habe gehört, Ihr Hotel soll eine echte Goldmine sein.“

„Ach, wirklich? Von wem?“, hakte Sugar nach.

„Von einer Mitarbeiterin von TravelQuest. Sie sind spezialisiert auf Geschäftsreisen. Ihren Namen habe ich vergessen. Sie kannte sich sehr gut aus. Groß, blond …“

„Und sehr attraktiv? Das muss Rionna Morgan gewesen sein.“ Diese Frau war eine wandelnde Kontaktbörse.

„Sie kennen sie?“

„Die Reise- und Hotelbranche ist eine kleine Welt. Da kennt man sich untereinander.“ Außerdem war Rionna offenbar scharf auf Gerald. Jedenfalls hatte sie in seiner Gegenwart so demonstrativ mit den Wimpern geklimpert, dass Sugar sie gefragt hatte, ob sie ein Problem mit ihren Kontaktlinsen habe. Gerald schien es nicht mitbekommen zu haben, aber damals war er ja noch mit Adrienne zusammen gewesen.

„Das stimmt. Umso mehr wundere ich mich, wieso wir uns vor dieser Messe noch nicht begegnet sind.“ Conner sah ihr tief in die Augen.

Sie aber wollte immer noch übers Geschäft reden. „Ich hoffe, Rionna hat recht. Wir überlegen nämlich, ob wir uns nicht Franchisingpartner mit ins Boot holen sollen.“

„Das scheint dem derzeitigen Trend zu entsprechen“, erwiderte er. „Man kann ganz schön Geld damit machen.“

„Ich weiß. Ich hatte schon ein Gespräch mit einer Unternehmensberatung, die auf Franchising von Motels und Hotels spezialisiert ist.“

„Welche Unternehmensberatung?“

„Matthews und Millhouse. Kennen Sie die?“, fragte Sugar.

„Ich habe von ihnen gehört. Sie sind seriös. Wir haben auch an Franchising gedacht, aber es war für uns nicht das Richtige.“

„Wieso nicht?“

„Zu viel Konkurrenz. Außerdem hätte es zu lange gedauert, ein gutes Franchising-Team zusammenzubekommen. Das ist das Wichtigste.“

Sugar nickte. „Foster Matthews hat das auch gesagt. Vor allem müsste erst einmal eine gründliche Bestandsaufnahme gemacht und ein Plan erstellt werden.“

„Haben Sie schon potenzielle Franchising-Partner im Visier?“

„Nein, noch nicht.“ Dazu würde sie Geralds Hilfe brauchen. Sie wollte mit ihm eine Broschüre zusammenstellen, um sie bei der regionalen Tagung der Reisebüros nächsten Monat in San Diego zu verteilen. „Haben Sie noch mehr Ratschläge?“, fragte sie.

„Achten Sie darauf, dass Ihre Partner gut zu Ihnen passen“, erwiderte Conner Jameson. Offenbar war sein Interesse an dem Thema längst nicht so stark wie sein Interesse an ihr als Frau. „Wie sind Sie eigentlich dazu gekommen, ein Hotel für Paare zu eröffnen?“, fragte er.

„Das ist eine lange Geschichte.“ Ihr Drink wurde serviert, und Sugar nippte daran.

„Ich habe Zeit.“ Er lächelte, schien sich immer mehr für sie zu erwärmen.

Das Dumme war nur, ihr ging es nicht so. Da war einfach nichts, nicht einmal ein leises Prickeln.

Zu dumm. Jetzt Sex mit Conner zu haben, das wäre perfekt, um die Sache mit Gerald zu verdrängen. Leider war sie viel mehr an dem interessiert, was er zum Thema Franchising zu sagen hatte, als an ihm selbst.

Sie erzählte ihm, wie es zur Gründung von „Spice It Up“ gekommen war, wie sie und Gerald sechs Jahre zuvor auf die Idee gekommen waren und nach zweijähriger, intensiver Vorbereitung schließlich das Hotel eröffnet hatten.

„Sehr interessant“, sagte Conner, aber er schien ihre Lippen zu meinen, nicht ihr Hotel.

Sugar fühlte sich noch immer nicht fit für ihr Gespräch mit Gerald. Als sie zufällig zum Ausgang blickte, entdeckte sie ihn. Er ging zu den Boutiquen. Wieso das? Er war nicht der Typ, der seine Zahnbürste vergaß, wenn er verreiste, und er aß nie etwas zwischen den Mahlzeiten. Er wirkte so zielstrebig.

Gerald zu beobachten weckte manchmal in ihr den Wunsch, innezuhalten und tief durchzuatmen – sich einmal in ihrem Leben einfach Zeit zu nehmen. Als sie vorhin mit ihm auf dem Wasserbett gelegen hatte, hatte sie das Gefühl gehabt, zum ersten Mal sein Gesicht wirklich in allen Einzelheiten wahrzunehmen. Ein markantes, sehr männlich wirkendes Gesicht, mit Bartschatten auf Kinn und Wangen, einem festen Blick und einem Mund, derr Entschlossenheit verriet. Eigentlich mochte sie weiche Lippen lieber, aber …

„Ein Königreich für Ihre Gedanken“, sagte Conner.

„Nichts von Bedeutung“, erwiderte sie.

„Dann haben Sie wohl nichts gegen eine kleine Unterbrechung?“ Conner beugte sich vor.

Seine weichen Lippen waren eigentlich genau das, was sie mochte. Aber sie dachte immer noch an Gerald. Plötzlich wollte sie diesen Kuss von Conner gar nicht mehr. Sie war ganz erfüllt von einer merkwürdigen Sehnsucht, wie in einem Traum, wo man von einem Zimmer ins andere ging, auf der Suche nach etwas, das man unbedingt finden musste.

Sie legte die Hand auf Conners Wange. „Tut mir leid, ich glaube, ich bin doch zu müde.“

Er sah sie beunruhigt an. „Habe ich etwa …?“

„Mich falsch eingeschätzt? Nein, überhaupt nicht. Ich habe es mir nur gerade anders überlegt. Es tut mir leid, ich würde Sie nur enttäuschen.“

„Das glaube ich kaum.“ Er lächelte wehmütig. „Vielleicht ein andermal?“

„Vielleicht“, sagte sie und ließ den Blick über den Tresen gleiten. „Dort drüben sitzt übrigens eine sehr attraktive Frau.“

Er folgte ihrem Blick und lächelte. „Guter Geschmack.“

Sugar zuckte mit den Achseln. „Ich helfe gern.“ Sie schob ihr Glas weg und stand auf. „Ich gehe besser. Falls Sie jemandem begegnen, der sich für eine Franchising-Partnerschaft interessieren könnte, hätten Sie etwas dagegen, ihm oder ihr meine Karte zu geben?“ Sie reichte ihm einen kleinen Stapel.

„Mach ich.“

„Super.“

„Aber vergessen Sie auch uns nicht. Hochwertige Trainingssysteme zu Großhandelspreisen.“ Er lächelte vielsagend. Er gefiel Sugar, sie hatte nur keine Lust, mit ihm zu schlafen.

Er gab ihr einen Abschiedskuss. „Schlafen Sie gut.“ Er streichelte ihre Wange.

„Das werde ich.“ Was zum Teufel war nur mit ihr los? Sie kannte ihren Körper und wusste normalerweise, was sie brauchte. Und sie kam auch immer auf ihre Kosten. Aber jetzt tat sich bei ihr gar nichts. Vielleicht sollte sie ihre Schilddrüse durchchecken lassen?

Autor

Dawn Atkins
Obwohl es immer Dawn Atkins’ größter Traum war, Autorin zu werden, war sie nicht sicher, ob sie wirklich den Funken Genialität besaß, den es dazu braucht. So wurde sie zunächst Grundschullehrerin und fing dann allmählich an, für Zeitungen und Zeitschriften Artikel zu verfassen. Schließlich gab sie ihre Arbeit an der...
Mehr erfahren