Sexy Biker und andere Gefahren

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"Ich brauche deinen Schutz!" Cat muss sich an ihren Kumpel Smoke wenden, denn ihr brutaler Ex will ihr die Tochter wegnehmen. Ihr bleibt nur, zum Schein eine Beziehung mit Smoke einzugehen, damit sie unter den Schutz des Rockerclubs "Knights of Ruin" gestellt wird. Schon bald werden die Nächte mit Smoke immer heißer, und Cat muss sich eingestehen, dass kein anderer Mann sie mehr verlocken kann. Aber ist der Biker wirklich ungefährlich für sie und ihre kleine Familie?


  • Erscheinungstag 05.04.2019
  • Bandnummer 6
  • ISBN / Artikelnummer 9783733738372
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Für Jenny.

Weil du so geduldig auf das Ende von Cats und Smokes Geschichte gewartet hast …

Hier kommt es endlich.

Ich hoffe, es gefällt dir. :-)

1. KAPITEL

Cat

Wenn man auf die Hilfe einer Outlaw Motorcycle Gang angewiesen ist, weiß man, dass man knietief in der Scheiße steckt. Besonders schlimm ist es, wenn man wirklich alles dafür tun würde, diese Hilfe auch zu bekommen.

Aber was soll man auch machen, wenn das eigene Kind in Gefahr ist? Dann stellt man sich jedem Dämon, kämpft gegen jeden Drachen – nur wird es schwierig, wenn man den Drachen nicht allein töten kann.

Ich würde jeden Preis zahlen, um Annie von ihrem Vater fernzuhalten.

So bin ich also hier gelandet, vor dem Clubhaus der Knights of Ruin, im Regen, an einem Samstag um Mitternacht. Um mich herum fand eine der lautesten Partys statt, die ich jemals erlebt hatte.

Ich wollte nicht reingehen. Ich hatte mir immer geschworen, dass es nicht so weit kommen würde.

Aber wenn dein Kind sich in den Händen des Teufels befindet und die Polizei denkt, alles sei in Ordnung, was zur Hölle bleibt einem dann übrig?

Es gab nur einen Menschen, der mir helfen konnte, und der war leider da drinnen.

Dane Kingsolver, alias Smoke, seit der Kindheit mein bester Freund und Eintreiber für die Knights. Ach, und er ging nicht an sein verdammtes Handy.

Das Clubhaus befand sich in einer alten Lagerhalle aus Backstein, am Rande Brooklyns. Motorräder standen wie Spielzeuge aufgereiht vor dem Gebäude und wurden von ein paar Prospects bewacht, von denen auch einer vor der Tür stand. Der harte Bassbeat der Rocksongs dröhnte bis nach draußen. Ein paar Frauen redeten mit dem Prospect an der Tür. Ihre Haare waren zu kunstvollen Mähnen gestylt, und die Röcke reichten kaum über ihre Hintern. Alle auf der Suche nach ein bisschen Gefahr, nach einem Abenteuer.

Idiotinnen. Sie wussten ja gar nicht, in was für eine Gefahr sie sich wirklich begaben. Fast wollte ich rübergehen und es ihnen sagen, aber ich blieb stehen. Sie würden sowieso nicht zuhören. Ich hatte es schon oft genug versucht.

Als sie nach drinnen verschwanden, ging ich zu dem Prospect rüber, der mit den Händen in den Taschen seiner tief sitzenden Jeans vergraben dastand. Vermutlich hielt er sich für Gott, weil er entscheiden durfte, wer reinkam und wer draußen bleiben musste. Er war noch jung, hatte hübsche blaue Augen, und seine Lippen umspielte ein Hauch von Milde.

Das würde nicht mehr lange anhalten, denn bald würde er genauso ein Monster sein wie der Rest von ihnen.

Misstrauisch sah er mich an; offensichtlich hatte er keine Ahnung, wer ich war. Keine große Überraschung, denn wenn ich es irgendwie vermeiden konnte, ließ ich mich hier auch nicht blicken.

Ich fixierte ihn mit meinem Blick; einen Feind sollte man niemals aus den Augen lassen. „Ich muss mit Smoke reden.“

Meine Stimme klang monoton und eindeutig so, als sollte man sich nicht mit mir anlegen. Gib dir keine Blöße, denn sonst holst du dir schnell zwei blaue Augen und kniest zwischen den Scherbenresten deiner Würde und Stärke auf dem Boden.

Never ever. Never fucking ever.

Der Prospect beäugte mich noch misstrauischer. „Und wer bist du?“

„Cat. Cat Livingston.“

Der Junge taxierte mich, und ich wusste genau, was er sah: eine abgekämpfte Frau in Skinny Jeans und einem ausgeblichenen Ramones-Shirt. Ungeschminkt. Mit dreckigen Sneakers, von denen sich an einer Stelle die Sohle ablöste.

Aber das war mir scheißegal. Ich war schließlich nicht hier, um ihn zu beeindrucken, sondern um Smoke zu sehen. Um mein Kind zu retten. Denn eines wusste ich ganz sicher: dass Smoke die Kleine fast so sehr liebte wie ich und alles für sie tun würde. Auch für mich würde er alles tun. Wir waren immer füreinander da.

„Ja … Also, ich kenne dich nicht“, fing der Prospect an, „und ich denke verdammt noch mal nicht, dass du …“

„Was du denkst, interessiert mich nicht“, unterbrach ich ihn scharf. „Ich bin Smokes beste Freundin, und er wird ziemlich angepisst sein, wenn du mich nicht sofort reinlässt.“

„Hey, pass auf, was du sagst“, blaffte er aufgeblasen zurück. „Zeig verdammt noch mal ein bisschen Respekt.“

Super. Nun wurde ich also von einem Teenager-Arsch zurechtgewiesen, während mein gewalttätiger Ex mein Kind hatte.

Gerade wollte ich ihm sagen, wo er sich seinen bescheuerten Respekt hinschieben sollte, als Tiger mit einer Zigarette in der einen Hand und einem Bier in der anderen durch die Tür kam. Tiger war groß, hatte drahtige Muskeln wie Smoke und war gut mit ihm befreundet. Seine Haare waren fast schwarz, außerdem hatte er ungewöhnlich bernsteinfarbene Augen, weswegen er wahrscheinlich auch Tiger genannt wurde.

Er war zwar auch ein Arschloch, aber kein so großes wie dieser Idiot vor mir.

„Hey, Cat“, sagte er in seiner tiefen Stimme, als er mich entdeckte. „Was treibt dich denn hierher?“

Den Prospect ignorierte ich und sah zu Tiger, der oben an der Treppe stand. „Ist Smoke da? Ich muss mit ihm reden. Es ist wichtig.“

Tiger lehnte sich gelassen gegen den Türrahmen, hob sein Bier hoch und nahm einen Schluck. „Ja, er ist hier. Aber ich weiß nicht, ob du ihn gerade sehen willst.“

„Wieso nicht? Wie gesagt, es ist dringend. Es geht um Leben und Tod … so ziemlich.“

„Mh-hm.“ Tigers Blick durchbohrte mich, obwohl er weiter lässig am Türrahmen lehnte. „Na ja, er ist den Flur entlang, bei den Schlafzimmern.“

Das war alles, was ich wissen musste. Ich wollte nicht noch mehr Zeit verschwenden, also würdigte ich den finster blickenden Prospect keines Blickes, als ich zügig die Stufen nach oben ging. „Danke, Tiger“, murmelte ich und eilte an ihm vorbei durch die offene Tür.

Er lachte leise. „Denk daran, dass das hier eine Party ist, und gib nicht mir die Schuld, wenn du in etwas reinplatzt, das dir nicht gefällt.“

Ich hätte auf ihn hören sollen, tat es aber nicht. In meinem Kopf drehte sich alles nur um mein Kind und das Arschloch, das sie von der Schule abgeholt, nicht wie abgemacht zu mir zurückgebracht hatte und weder auf meine Nachrichten noch Anrufe reagierte.

Die Angst saß tief in meinen Knochen, aber ich versuchte nicht daran zu denken.

„Pass auf dich auf, Cat“, rief Tiger mir nach. „Du weißt, wie es auf den Partys der Knights abläuft. Eine Frau allein ist Freiwild.“

Ich wusste genau genommen nicht, wie die Partys der Knights so waren, denn ich war noch nie auf einer gewesen. Aber Smoke hatte mir schon genug davon erzählt. Jede Menge Alkohol, Rauchen und laute Musik. Drogen. Sex.

Für mich klang das alles lächerlich, doch als ich durch den Flur ging und mir langsam auffiel, dass ich mittendrin war, ja, da verurteilte ich das Ganze.

Der Gemeinschaftsraum des Clubhauses sah aus, als wäre eine Studentenverbindung in der riesigen, zugigen Lagerhalle außer Kontrolle geraten. Es standen große schwarze Ledersofas rum, Bilder von Motorrädern und nackten Frauen hingen an der Wand, dazwischen standen noch ein paar Tische voller Bierflaschen. Es stank nach Zigarettenrauch, Joints und abgestandenem Bier.

An einer Seite befand sich eine Bar, wo gerade ein Typ auf dem Bauch eines fast nackten Mädchens kleine Gläser mit Alkohol füllte. Dabei lachte die junge Frau so doll, dass die Gläser fast herunterfielen.

Ich ging weiter, direkt durch die Tür, ohne stehen zu bleiben. Ein paar Biker waren an einem Pooltisch, wo zwei so gut wie nackte Frauen die Queues trugen. Wieder andere schienen sich ernsthaft zu unterhalten, abgesehen von der einen Frau, deren Hand zwischen den Beinen des einen Mannes ruhte, während sie sich ebenfalls mit dem daneben vergnügte.

Mein Gott. Smoke hatte wirklich nicht gelogen, was die Partys anging.

Ich war vorher nur ein paar Mal im Clubhaus gewesen, aber ich wusste, wo die Schlafzimmer waren, und machte mich direkt auf den Weg. Dann hielt mich aber ein massiger Kerl auf, der über und über tätowiert war, einen schwarzen Vollbart trug und die auffälligsten hellgrünen Augen besaß, die ich je gesehen hatte.

„Big Red“ stand auf seinem Aufnäher. Der VP, Vize-President der Knights. Ich kannte ihn noch nicht, aber Smoke hatte mir von ihm erzählt. Der fieseste Wichser seit Dschingis Khan angeblich.

Natürlich musste ich genau ihn jetzt treffen.

„Hey, Süße, was machst du hier?“, fragte er beiläufig. „Dich habe ich noch nie im Clubhaus gesehen.“

Ich versuchte freundlich zu sein und lächelte. „Ich will zu Smoke. Tiger meinte, er wäre hier.“

Super. Erst dieser Prospect und jetzt der hier.

Er lachte und kniff mir ins Kinn, was mir überhaupt nicht gefiel. „Smoke ist im Moment beschäftigt, Süße.“

„Wieso? Was macht er denn?“

Wieder lachte Big Red. „Hannah ist bei ihm. Er will bestimmt nicht gestört werden.“

Natürlich war eine Frau bei ihm. Na ja, jeder hier hatte eine – wieso sollte er keine haben?

Wut breitete sich langsam in meiner Magengrube aus. Ich war also nicht nur gezwungen, hierherzukommen und um Hilfe zu bitten, ich musste jetzt auch noch meinen besten Freund beim Sex unterbrechen. Und das alles nur, weil mein beschissener Ex, Justin, Annie nicht wie versprochen nach Hause gebracht hatte.

Ich ging an dem enormen VP vorbei. „Ach, ich denke, er hat nichts dagegen, wenn ich dazustoße.“

Big Red ließ ich zurück und ging durch die nächste Tür in einen weiteren Flur. Hier war es leiser, man hörte nur den Beat von House aus einem Zimmer und Stöhnen aus einem anderen.

Oh Gott, hoffentlich ist er nicht in dem Zimmer.

Ich ging weiter den Flur entlang und fragte mich, wo zum Teufel er wohl steckte und ob ich langsam anfangen sollte, an Türen zu klopfen und mich zu blamieren, als ich um die Ecke ging.

Und stehen blieb.

Wie angewurzelt.

Ein großer Mann lehnte an der Wand. Ein mir vertrauter Mann. Eins zweiundneunzig. Breite Schultern. Schmale Hüften. Haare so dunkel wie schwarze Tinte und sehr kurz geschnitten. Wangenknochen, um die ihn selbst Gott beneiden würde. Außerdem ein Mund, der nur Sünde kannte – jedenfalls laut ein paar von meinen Freunden.

Smoke. Der Mensch, den ich auf der ganzen Welt am besten kannte und der mich auch am besten kannte. Seit meinem fünften Lebensjahr. Er war damals sieben, und wir wohnten nebeneinander. Schon vom ersten Moment an waren wir befreundet, als er auf sein Skateboard sprang, der kleine Junge in kaputten Jeans mit aufgeschürften Knien, der das Mädchen von nebenan beeindrucken wollte. Genau in dem Moment entschied ich, dass ich ihn heiraten würde.

Aber das tat ich natürlich nicht.

Denn dann wäre ich jetzt sicherlich nicht hier, im Clubhaus der Biker, und würde ihm dabei zusehen, wie er seine langen Finger in den dunklen Haaren der Frau vergrub, die vor ihm kniete und ihm offensichtlich einen blies.

Mich überkam eine seltsame Hitzewelle. Er hatte immer Frauen um sich herum, und ich habe auch öfter gesehen, wie er mit ihnen rummachte, es hatte mich nie gestört. Aber irgendetwas an dieser Situation gerade traf mich plötzlich wie ein Schlag ins Gesicht.

Er war immer eher der ruhige, zurückhaltende Typ. Ließ nie jemanden seine Gedanken erkennen, hielt alles unter Verschluss. Selbst mir gegenüber.

Deswegen nannten sie ihn Smoke. Man konnte sich nie ein deutliches Bild von ihm machen, um ihn herum blieb es immer etwas trüb, so, als würde man ihn durch Nebelschwaden ansehen. Oder Rauch.

Aber jetzt war dieser Nebel nicht da, und sein Gesichtsausdruck …

Mir war immer bewusst gewesen, dass er ein wunderschöner Mann war, aber vorher hatte ich es nie wirklich gespürt. Doch jetzt zog mich diese Intensität, die sich auf seinem Gesicht widerspiegelte, in ihren Bann.

Seine Aufmerksamkeit lag ganz auf der Frau. Ich ertappte mich dabei, wie ich mich fragte, was für ein Ausdruck wohl in seinen dunklen Augen lag. Ob sein Blick dasselbe gierige Verlangen zeigen würde wie seine anderen Gesichtszüge.

Und wie es wohl wäre, wenn er dich so ansehen würde.

Scheiße. Den Gedanken schob ich schnell beiseite. So weit würde es nie kommen. Einmal, ich muss ungefähr sechzehn gewesen sein, war ich unsterblich in ihn verknallt, aber er gab mir keinerlei Hinweise, dass es ihm ähnlich ging. Nicht einen einzigen.

Also verdrängte ich das Thema und vergaß die ganze Sache. Ich wollte ganz sicher nicht, dass all die alten Gefühle jetzt wieder hochkamen, verdammt.

Ich liebte Smoke, er war mein bester Freund. Aber wenn es um Sex ging, hatte man mit Männern nur Schwierigkeiten, und ich wollte, was das angeht, nichts mehr mit ihnen zu tun haben.

Dann, als ob er meine Anwesenheit gespürt hätte, schoss sein Kopf hoch, und der Blick aus seinen schwarzen Augen traf meinen.

Scheiße. Irgendetwas in seinem Blick ließ meine Knie für einen Moment weich werden, und mir wurde schummrig. Ich vergaß komplett, wer ich war.

„Cat?“

Normalerweise klang seine Stimme ruhig und tief, aber jetzt hatte sie etwas Raues, Heiseres an sich, das mich zittern ließ.

„Verdammt, was machst du hier?“

Ich konzentrierte mich auf die Wand gegenüber. „Sorry, ich wollte nicht stören. Aber … ich brauche deine Hilfe.“

„Meine Fresse, ich bin hier … beschäftigt …“

„Es geht um Annie.“

Er verstummte. Kurz später murmelte er der Frau, die vor ihm kniete, etwas zu. Man hörte das Rascheln von Stoff, das Klimpern der Ketten, die an Smokes tief sitzender Jeans hingen, und dann, wie ein Reißverschluss geschlossen wurde.

Würde doch nur das Rot aus meinen Wangen verschwinden und mein Herz nicht so schnell schlagen. Ich hatte keine Ahnung, was eigentlich mit mir los war, aber was auch immer es war, dafür hatte ich gerade keine Zeit.

Die Frau huschte an mir vorbei und warf mir noch einen angepissten Blick zu. Sie mochte es offensichtlich auch nicht, unterbrochen zu werden.

„Was ist los?“, wollte Smoke wissen.

Ich versuchte mich kurz zu beruhigen und sah dann wieder zu ihm.

Sein Gesichtsausdruck war wieder wie immer – verschlossen, wachsam. Nichts drang durch die dicke Wand hinter seinen dunklen Augen. Der wilde, leidenschaftliche Blick war verschwunden, als hätte es ihn niemals gegeben.

„Tut mir leid, ich wollte wirklich nicht herkommen. Aber es ist wegen Justin. Er hat Annie von der Schule abgeholt und sollte sie vor vier Stunden wieder zu mir bringen, hat er aber nicht. Jetzt geht er nicht an sein Handy und antwortet nicht auf meine Nachrichten, und …“

Meine Stimme brach ab, ich merkte, wie Panik in mir aufstieg.

„Hey“, fing er leise an, in seiner vertrauten, tiefen Stimme, bei der alle Panik aus meinen Gedanken wich. „Alles gut, wir holen sie zurück. Hast du noch jemandem davon erzählt?“

„Nein.“

„Wie bist du hergekommen? Mit dem Auto?“

„Ja.“ Die kurzen, prägnanten Fragen beruhigten mich noch mehr.

„Gut.“ Er fuhr sich mit der Hand über seine kurz geschnittenen Haare. „Fuck. Ich will, dass du nach Hause fährst und da wartest. Ich hole Annie.“

Ich wusste, dass er mir helfen würde, wie immer. Und trotzdem musste ich mich vor Erleichterung erst mal an die Wand lehnen, um nicht zusammenzusacken.

Smoke musterte mich aufmerksam. Er erkannte sofort, wenn ich drohte zusammenzubrechen.

„Soll dich jemand nach Hause bringen? Ich kann Tiger sagen, dass er es übernehmen soll.“

„Nein, ist in Ordnung. Ich habe mein Auto.“ Mein Hals schnürte sich zu, und Angst lag schwer in meinem Bauch. „Ich will sie nur wiederhaben, Dane. Bitte.“

Aus Panik benutzte ich seinen richtigen Namen, und obwohl er es hasste, sah er mich mitfühlend an.

Dann hob er eine seiner großen, warmen Hände und berührte mich an der Wange, nur ganz leicht, flüchtig. „Alles gut, Kitten. Ich bringe sie dir zurück.“

Kitten. Wenn ich ihn Dane nannte, nannte er mich Kitten. Ein dummer Witz zwischen uns.

Doch zum ersten Mal überhaupt lösten der Kosename und die Berührung etwas in mir aus. Ein ungewohnter Schauer schoss durch meinen Körper.

„Verdammt, wieso macht er das auch? Er weiß, dass ich ihn umbringe, sollte er Annie auch nur ein Haar krümmen.“

„Ich weiß es nicht. Er wirkte normal, als er sie letzte Woche nach Hause gebracht hat.“

Seit ein paar Wochen verhielt sich Justin inzwischen schon ruhig; die Androhung der einstweiligen Verfügung hielt ihn in Schach. Er war selbst Anwalt und tönte immer groß davon, wie er ein Schlupfloch finden könnte, aber getan hatte er glücklicherweise nichts.

Wenn nun allerdings Smoke bei ihm aufschlug, um Annie zu holen und irgendein Scheiß passieren würde …

„Mach aber nichts Dummes, ja?“

Annie war für ihn wie eine Tochter und sein Beschützerinstinkt daher auch enorm.

„Ich weiß, dass Justin ein Wichser ist, aber er kann dir das Leben echt schwer machen.“

Smoke sah zu mir runter, sein Gesichtsausdruck hart. „Er bekommt, was er verdient hat, Cat. Dagegen kannst du nichts tun. Erst recht, wenn er noch mal versucht, so eine Scheiße abzuziehen.“

Ich musste schlucken, plötzlich war mein Hals ganz ausgetrocknet. „Um ihn mache ich mir keine Sorgen.“

Irgendetwas an seinem Blick veränderte sich, aber ich konnte es nicht ganz einordnen.

„Ja, ich weiß. Mach dir keine Gedanken.“

Er lächelte, aber ich wusste, wie wütend er war.

„Ich bringe ihn nicht um.“

Und zum zweiten Mal an diesem Abend erzitterte ich.

2. KAPITEL

Smoke

Für die Kleine würde ich töten. Für Cat würde ich töten.

Ich wollte diesem Wichser Justin meine Hände um den Hals legen und die Scheiße aus ihm herauswürgen.

So was wie das hier hatte er noch nie gebracht, und ich wusste, dass es ein schlechtes Zeichen war. Bisher hatte er die Finger von Annie gelassen, aber es war nur eine Frage der Zeit. Arschlöcher wie er waren alle gleich. Da ich mit so einem aufgewachsen war, wusste ich das auch ziemlich genau.

Als ich dann den Ständer meines Motorrads hochklappte, kam Tiger zu mir rüber. Er sah ziemlich bekifft aus. Kein Wunder, bei der Graswolke rund um den Eingang des Clubhauses.

„Wo willst du hin?“

„Cat hat ein Problem mit Annie“, antwortete ich knapp. „Darum kümmere ich mich schnell.“

„Brauchst du Hilfe?“

„Nein.“

Je weniger Leute mit reingezogen wurden, desto besser. Besonders wenn dieser verdammte, eitle Anwalt anfängt, den Dicken markieren zu wollen. Der einzige Grund, weshalb er noch rumlaufen und atmen konnte, war, dass er der Sohn des Chiefs der Polizei hier war.

Keep, President der Knights, wollte nicht, dass wir mit den Bullen aneinandergerieten, denn wir hatten sie seit ungefähr einem Jahr in der Tasche. Hie und da ein paar Gefallen, und sie ließen uns in Ruhe.

Wenn nun aber der Sohn des Chiefs sterben würde, wäre der Deal wohl geplatzt.

Cat hat er schon mal wehgetan, ziemlich doll sogar. Allein dafür hätte ich ihn umgebracht und auf die Abmachung geschissen, hätte sie mir nicht gesagt, dass ich es nicht tun soll.

Das habe ich zwar nie verstanden, aber sie war meine Freundin, und ich wollte ihr Leben nicht noch schlimmer machen, als es sowieso schon war.

„Sicher?“

Tiger wollte immer dabei sein, wenn irgendetwas passierte, aber heute sollte er lieber hierbleiben. Er hatte sowieso schon zu viel geraucht.

„Ja.“ Ich ließ den Motor meiner Harley an, das Getöse erfüllte die ruhige Nacht. „Aber behalte dein Handy im Auge, falls ich doch noch Verstärkung brauche.“

Er salutierte mir mit zwei Fingern zu, und ich fuhr los, raus auf die Straße.

Wo Justin lebte, wusste ich schon. Manchmal fuhr ich an seinem Stadthäuschen vorbei, nur um ihn daran zu erinnern, dass ich noch da war und nur auf einen Grund wartete, ihn zu erledigen. Als Warnung, damit er sich von den beiden Menschen fernhielt, die mir am allermeisten bedeuteten.

Was zur Hölle er mit Annie vorhatte, wusste ich nicht. Aber er hatte den größten Fehler seines Lebens begangen, da war ich mir sicher.

Ich muss Glück gehabt haben, denn als ich vor seinem Haus auf den Bürgersteig fuhr, öffnete sich gerade die Tür, und der Wichser kam raus – Annie in einem Arm, mit dem anderen zog er einen riesigen Koffer holpernd die Treppe herunter.

Erst bemerkte er mich gar nicht: Offensichtlich hatte er es recht eilig, das Kind und den Koffer in seinen schicken BMW zu wuchten, daher ließ ich ihn ein paar Minuten lang noch denken, er würde davonkommen. Dann stieg ich von meinem Bike und ging rüber zum Auto, gerade als er hinter sich die Tür zuzog. Ich riss sie wieder auf, noch bevor sie in Schloss fiel.

„Was zum Teufel?“

Vom Fahrersitz schaute er zu mir hoch, das Gesicht verzerrt vor Wut. Aus dieser Wut wurde allerdings schnell Angst, als ich mich entspannt mit einer Hand am Autodach abstützte und mit der anderen an der Tür, sodass er nicht aussteigen konnte.

„Hey, Justin“, sagte ich mit einem Lächeln. „Wohin geht’s denn?“

Er verzog sein Gesicht. „Verschwinde vom Auto, oder ich rufe die Polizei.“

Ich lachte. „Ja … weißt du, ich glaube nicht, dass das eine gute Idee wäre.“

„Smoke!“, Annie zappelte in ihrem Kindersitz herum. Sie war erst sechs und wusste noch nicht, was für ein Arschloch sie als Vater hatte. „Was machst du hier? Wir machen einen Ausflug, nur Daddy und ich!“

„Na, Kleine.“ Meine Stimme blieb ruhig und freundlich, gleichzeitig scannte ich sie kurz ab. Es schien ihr gut zu gehen, sie grinste mich genauso an wie immer, als wäre sie überglücklich. „Wie läuft’s dahinten?“

Sie kicherte. „Hier läuft nichts. Kommt Mommy gleich?“

„Bald, Süße.“

Ich sah wieder zu ihrem Vater. Der Typ war außer sich, die Lippen zu einer harten Linie zusammengepresst.

„Annie muss jetzt nach Hause“, sagte ich bestimmt. „Du schnallst sie jetzt ab, gibst sie mir, und dann passiert auch nichts.“

„Als ob.“ Justin griff nach den Autoschlüsseln. „Sie ist meine verdammte Tochter, und ich mache mit ihr, was ich verdammt noch mal will!“

Fuck. Der Wichser hörte wirklich nicht zu, oder?!

Ich beugte mich runter und griff nach den Schlüsseln, bevor er reagieren konnte, zog sie aus der Zündung und schmiss sie so stark ich konnte rüber auf die andere Straßenseite. „Fang, Hurensohn.“

Justin sah aus, als würde er jeden Moment platzen. „Fass sie an und …“

„Und was?“, unterbrach ich ihn, langsam hatte ich genug von dem Scheiß. „Rennst du dann zu Daddy? Versteckst dich hinter den beschissenen Gesetzen? Oder stehst du zur Abwechslung mal deinen Mann und legst dich mit mir an?“

In dem Moment hoffte ich, er würde mich schlagen. So dringend suchte ich nach einem Grund, ihm in die Fresse zu hauen, es tat schon beinahe weh.

Aber es war, als wüsste er das genau, als könne er mir ansehen, wie sehr ich das wollte, denn plötzlich lehnte er sich zurück.

„In Ordnung“, fing er an. „Bring sie halt nach Hause. Aber du kannst Cat gleich ausrichten, dass ich wiederkomme.“ Der Arsch hatte die Frechheit, mich anzulächeln. „Mit einem Gerichtsbeschluss.“

Ich wollte ihn auf der Stelle so sehr würgen, aber das konnte ich natürlich nicht. Keep würde mich umbringen, wenn ich den Deal mit den Bullen versaute, und so dumm war ich nicht. Selbst ein Schlag in sein Gesicht wäre zu viel.

Ein Schauer lief mir über den Rücken.

Bisher hatte Justin nie damit gedroht, das alleinige Sorgerecht für Annie zu beantragen, weil er sie sowieso von Anfang an nicht bekommen wollte. Dass er nur auf sein Umgangsrecht bestand, um Cat zu ärgern, glaubte ich ihr auch.

Einen entscheidenden Unterschied gab es allerdings zwischen uns: Ich würde niemals einer Frau wehtun, so, wie er es getan hatte, oder ein Kind benutzen wie er Annie.

Ich warf ihm ein Grinsen zu – eins, das ihm einen frühen Tod versprach. „Tu das, wenn du denkst, dass du damit durchkommst.“

Er lächelte inzwischen ziemlich eingebildet. „Oh, das ist kein Problem. Jeder Richter im Land wird mir das alleinige Sorgerecht zusprechen. Besonders gegen eine alleinstehende Mutter mit einem gefährlichen Biker als Freund.“

Nur dank dem intensiven Antrainieren von Selbstkontrolle konnte ich mein Gesicht ruhig halten und die Hand von meiner Waffe lassen. Ansonsten hätte ich ihm eine Kugel in seinen verfickten Kopf gejagt.

Er wollte mich also gegen Cat verwenden.

Cat hatte den Club von Anfang an gehasst, gehasst, dass ich ein Knight war, und das konnte ich auch verstehen. Aber bis jetzt hatte es nie wirklich zwischen uns gestanden, da sie nichts mit dem Club zu tun hatte.

Aber jetzt …

Autor

Jackie Ashenden
<p>Jackie Ashenden schreibt düstere, gefühlsgeladene Stories über Alphamänner, denen die Welt zu Füßen liegt, bevor sie von ihren umwerfenden Gegenspielerinnen in Stücke gerissen wird. Sie lebt mit ihrem Ehemann, dem unvergleichlichen Dr Jax, zwei Kindern und zwei Ratten in Auckland, New Zealand. Wenn sie nicht gerade Alphamänner und ihre kühnen...
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