Sexy Flirt mit heißen Folgen

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Ein sexy Foto von ihr im winzigen Bikini. Dazu die Frage: "Kann ich mir das erlauben?" Hastig schickt Mya die SMS aus der Umkleidekabine an ihre beste Freundin Lauren … glaubt sie zumindest. Denn dass sie sich vertippt hat, begreift sie erst Stunden später. Da ist längst Laurens umwerfend attraktiver Playboy-Bruder Brad Davenport bei ihr aufgetaucht. Myas Herz rast, als sie den hungrigen Blick in seinen dunkelbraunen Augen erkennt. Und als er sie verlangend in die Arme zieht, ist sie verloren. Gegen jede Vernunft muss sie seinen leidenschaftlichen Kuss erwidern …


  • Erscheinungstag 26.11.2013
  • Bandnummer 0024
  • ISBN / Artikelnummer 9783733700140
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Kann ich mir das erlauben?

Es war schwieriger, als gedacht, sich selbst in einem winzigen Raum zu fotografieren und dabei nur einen Bikini zu tragen. Mya Campbell unterdrückte ein Kichern und nahm ihre jüngste Aufnahme in Augenschein. Das Foto war total überblitzt, und das, was noch zu erkennen war, wirkte eher albern als glamourös.

Mit einem Schnauben – einer Mischung aus Enttäuschung und Lachen – löschte sie das Bild, änderte ihre Haltung vor dem Spiegel und drückte noch einmal ab. Kritisch betrachtete sie das Ergebnis ihres neuen Versuchs. Vielleicht war sie mit ihrem Vorhaben ein bisschen zu weit gegangen?

„Ist alles in Ordnung?“, erkundigte sich die Verkäuferin auf der anderen Seite des Vorhangs leicht ungeduldig. Ihr eisiger Tonfall wirkte noch hochnäsiger als ihr bemüht perfektes Auftreten.

„Ja, vielen Dank.“ Mya machte noch ein letztes Foto, ehe die Frau den Vorhang zur Seite riss und skeptisch in die Umkleidekabine spähte.

Die Verkäuferin wusste genauso gut wie sie selbst, dass sie sich keinen der Designerbikinis leisten konnte, die mit astronomischen Preisen ausgezeichnet waren. Aber das kleine, lange unterdrückte Teufelchen in ihrem Innern wünschte sich so sehr ein paar neue Kleidungsstücke. Und wenn sie es irgendwie schaffen sollte, einen Sommerurlaub zu bezahlen, dann hätte sie zu gern einen von diesen extrem winzigen Bikinis …

Während sie versuchte, eine Nachricht abzuschicken, konnte sie ein erneutes Kichern nicht unterdrücken. Ihre Finger zitterten so sehr, dass sie kaum die Tasten traf. Der Text wimmelte von Tippfehlern.

„Sind Sie sicher, dass Sie keine Hilfe brauchen?“, rief die Verkäuferin erneut durch den Vorhang.

Natürlich brauchte sie Hilfe. Aber von Menschen in weißen Kitteln. Zu spät – ein leiser Klingelton signalisierte ihr, dass ihre SMS versendet war. Und sie konnte sich diesen kleinen Stofffetzen sowieso nicht leisten.

„Vielen Dank, aber diese Art von Bikini passt nicht zu meinem Typ.“ Selbstverständlich nicht. Mya warf das Handy in ihre Tasche und versuchte, sich aus dem winzigen Stückchen Stoff zu befreien. Als sie einen Blick auf ihren fast nackten Körper im Spiegel erhaschte, errötete sie. Dieser Bikini verbarg wirklich nichts.

Wann würde sie endlich lernen, dass eine Figur wie ihre nicht zwischen zwei winzige Stoffbahnen gepresst werden konnte? In dem Moment, wenn sie sich am Strand hinunterbeugen würde, um ihre Schuhe auszuziehen, wäre schon alles aus einem Top wie diesem herausgefallen. Und zum Schwimmen war ein Bikini auch ungeeignet. Sie könnte also nur ruhig daliegen und sich präsentieren, und das war nun wirklich nicht ihre Art. Aber egal – sie würde sich sowieso keinen Sommerurlaub leisten können.

Niemals würde sie ein solches Foto an jemand anders schicken als an ihre beste und schonungslos offene Freundin Lauren Davenport. Lauren würde das Bild mit Fassung tragen, und Mya kannte ihre Antwort längst, auch ohne eine SMS zurückbekommen zu haben. Es war eindeutig ein Nein.

Brad Davenport schaute auf seine Uhr und unterdrückte ein genervtes Aufstöhnen. Er hatte heute mehrere aufeinanderfolgende Verhandlungen vor Gericht, und jetzt auch noch diese Besprechung, die nicht enden wollte. Sie dauerte schon eine Stunde länger als geplant.

Er bemerkte die Bitterkeit zwischen den Eltern, beobachtete den elfjährigen Gage Simmons, der neben ihm saß und in seinem Stuhl kleiner und kleiner zu werden schien, je mehr seine Eltern sich in gegenseitigen Vorwürfen verloren. Sowohl der Vater als auch die Mutter schienen mehr daran interessiert zu sein, sich gegenseitig in Stücke zu reißen, als daran, das Beste für ihren Sohn zu erreichen. Schließlich verlor Brad die Geduld.

„Ich denke, wir sollten es zunächst dabei belassen“, unterbrach er das Gespräch abrupt. „Mein Klient braucht eine Pause. Lassen Sie uns einen neuen Termin Ende der Woche ausmachen.“

Er sah sich um und erntete zustimmendes Nicken seiner Kollegen. Dann fiel sein Blick auf den Jungen, der ausdruckslos zu Boden starrte. Er kannte diese Miene, hatte sie selbst oft genug aufgesetzt, wenn niemand bemerken sollte, wie verletzt er war.

Nicht nur sein Klient brauchte eine Pause, wenn er ehrlich war. Doch Brads Erschöpfung war seine eigene Schuld – er hatte zu viele Fälle angenommen, weil er einfach nicht Nein sagen konnte.

Zwanzig Minuten später wuchtete er seine schwere Aktentasche ins Auto und dachte an den Abend, der vor ihm lag. Er brauchte Bewegung, nur mit Sport konnte er den Kopf freibekommen, in dem die Gedanken noch immer um die heutigen Verhandlungen kreisten. Er überlegte, welche Fragen er noch stellen musste und welche Antworten Licht ins Dunkel bringen konnten. Ihm schien es, als wenn jeder Punkt auf seiner To-do-Liste sich mit einem Megaphon versuchte, Gehör zu verschaffen. Er hatte Kopfschmerzen.

Brad griff nach seinem Telefon, das er während der Besprechung auf lautlos gestellt hatte. Es gab einige Nachrichten, und er hoffte, es sei vielleicht ein reizvolles Date darunter – ein netter Abend mit einer Frau, die nicht mehr von ihm wollte als ein bisschen Spaß.

Als er die SMS durchsah, entdeckte er eine, deren Absendernummer ihm nichts sagte. Er öffnete sie.

Kann ich mir das erlauben?

Die Nachricht fesselte ihn auf beinahe bizarre Weise, denn das Foto, das dazugehörte, war mehr als ungewöhnlich. Er konnte das Gesicht nicht erkennen, weil er es nur von der Seite sah. Aber das störte ihn nicht weiter. Schließlich war er ein Mann, und was er hier sah, waren verlockende Kurven. Milchweiße, üppige Brüste, die nur knapp von einem purpurroten, verlockenden Bikinioberteil gehalten wurden. Brad stieß einen genüsslichen Fluch aus und konnte nicht verhindern, dass er errötete. Das Foto endete kurz unter ihrem Bauchnabel – verdammt! – aber er konnte sich nicht wirklich beschweren. Diese Brüste waren unvergleichlich, die üppigen Formen ließen ihn denken an … Nein, er konnte gerade gar nicht mehr denken.

Kann ich mir das erlauben?

Diese Puppe konnte sich alles erlauben.

Aufgeschreckt und vergnügt zugleich fuhr er mit den Fingern über den kleinen Bildschirm, um das Foto zu vergrößern. Jetzt konnte er ihr Gesicht besser sehen. Sie lächelte in die Kamera, als wenn sie gerade das aufreizendste Lachen der Welt unterdrücken würde.

Brads Herz schien einen Moment auszusetzen. Es gab nur einen Menschen mit diesem Lächeln. Langsam ließ er den Blick über ihren Mund gleiten. Und da war sie, die verräterische Lücke zwischen ihren Schneidezähnen, die nie korrigiert worden war.

Mya Campbell. Die beste Freundin seiner eigensinnigen Schwester, und persona non grata auf dem Anwesen der Davenports. Doch Lauren hatte es nie gestört, dass ihre Freundin als „unerwünschte Person“ angesehen wurde.

Während der Minute, die Brad an Mya dachte – so lange hatte er noch nie an sie gedacht! – kamen ihm wahllos Bilder und Erinnerungen der vergangenen zehn Jahre in den Sinn. Momentaufnahmen eines Mädchens, das recht häufig bei ihm zu Hause gewesen war, aber regelmäßig verschwand, wenn er oder seine Eltern auftauchten. Wer sollte es ihr übel nehmen? Seine Eltern waren ihr gegenüber wenig gastfreundlich gewesen, dafür umso herablassender.

Für Lauren war das ein Ansporn gewesen, diese Freundschaft nur umso intensiver zu pflegen. Wann immer Mya den Davenports begegnete, war sie von deren Autorität wenig eingeschüchtert gewesen, und auch das Einhalten der normalen gesellschaftlichen Regeln hatte sie wenig interessiert. Die beiden Mädchen hatten sich grauenvoll benommen. Erstaunlicherweise war Mya dennoch die beste Schülerin der ganzen Schule gewesen. Was ihr Verhalten und die verrückte Kleidung anging, war sie ein echter Freak – und genau dadurch war sie schulbekannt.

Nur ein einziges Mal hatte Brad sie angemessen gekleidet gesehen. Dennoch hatte sie missmutig gewirkt und eine unerträglich coole Arroganz zur Schau getragen. Und seine Aufmerksamkeit hatte in jenem Moment nicht ihr, sondern einem weitaus freundlicheren Mädchen gegolten.

Jetzt aber erkannte er ihre voll erblühte Sinnlichkeit. Das Foto spiegelte ihren Humor, von dem er schon viel gehört, den er aber noch nie selbst erlebt hatte. Ehrlich gesagt, war er auch nie daran interessiert gewesen, ihn zu erleben. Plötzlich sah er, was sie all die Zeit verborgen hatte, und sein Körper reagierte mit einer solchen Heftigkeit darauf, dass er zusammenzuckte. Sie hatte ihm dieses Foto geschickt …?

Niemals. Bei diesem verrückten Gedanken lachte er laut auf. Ganz sicher hatte Mya Campbell nicht ihm diese lustvolle Aufforderung gesandt. Sie wusste ja nicht einmal, dass er existierte – höchstens als der große, unnahbare Bruder ihrer besten Freundin. Und sie hatten sich seit bestimmt drei Jahren nicht mehr gesehen.

Brad tippte auf den kleinen Bildschirm, um das Foto auf Normalgröße – besser gesagt, auf ansprechende Ganzkörpergröße – schrumpfen zu lassen. Nein, diese aufreizende Pose war offensichtlich nicht für ihn bestimmt. Das bedeutete, dass die geniale Mya Campbell zum ersten Mal in ihrem Leben einen Fehler gemacht hatte. Wie sollte er damit umgehen? Und, noch viel wichtiger, wo war Mya eigentlich?

Die Fragen kreisten in seinem Hirn, doch diesmal verursachten sie keine Kopfschmerzen, sondern vielmehr eine Vorahnung. Er legte das Mobiltelefon auf den Beifahrersitz seines Cabrios, ohne die anderen Nachrichten abzurufen. Dann setzte er die Sonnenbrille auf, entspannte und startete den Motor. Plötzlich versprach der Abend durchaus reizvoll zu werden, denn es gab ein Rätsel zu lösen.

Kann ich mir das erlauben?

So einfach würde sie nicht davonkommen.

Die Musik war so laut, dass Mya spürte, wie der Boden unter ihren Füßen bebte – und das hieß schon was, bei den hohen Absätzen. Doch sie war die Lautstärke gewohnt und hatte längst gelernt, den Gästen ihre Worte von den Lippen abzulesen. Sechsmal in der Woche arbeitete sie in der angesagtesten Bar der Stadt, jeder Handgriff saß. Egal, was sie machte, Mya Campbell wollte immer die Beste sein.

Sie hatte ihr Handy in die Tasche ihrer engen Jeans gesteckt und lautlos gestellt, damit es nicht störte. Der Geschäftsführer der Bar, Drew, mochte es gar nicht, wenn die Angestellten zwischendurch SMS schrieben oder telefonierten. Verständlich. Außerdem hatte sie sowieso zu viel zu tun. Und deshalb wusste sie nicht, ob Lauren das Foto schon bekommen hatte und was sie davon hielt. Aber da Lauren praktisch mit ihrem Telefon zusammengewachsen war, hatte sie ganz sicher schon eine Antwort geschickt.

Sobald Mya eine Verschnaufpause hatte, wollte sie nachsehen. Sie schob zwölf frisch polierte Schnapsgläser in einer ordentlichen Reihe auf die Theke und stellte sich dabei vergnügt lächelnd Laurens Gesicht vor, wenn sie das Bild sah. Sie würde entsetzt sein – so wie immer, wenn sie Mya in einem neuen, ungewöhnlichen Outfit sah.

„Komm schon, Schönheit, zeig uns, was du draufhast!“

Eine ganze Gruppe junger Kerle drängte sich an ihrem Ende der Bar. Sie feierten Junggesellenabschied und hatten darauf bestanden, dass Mya ihnen die Drinks servierte und nicht ihr Kollege Jonny. Das machte ihr nichts aus. Jonny hatte ihr gezeigt, wie man geschickt und schnell arbeitete. Noch war er besser als sie, doch das war den Jungs egal, sie wollten einfach von einer hübschen Frau bedient werden.

Sie hatte bereits drei Runden für sie eingeschenkt, jetzt kam die letzte, und sie genoss es. Sambucas zu flambieren und unter dem begeisterten Grölen der Gäste zu verteilen war großartig. Mit einer geschickten Handbewegung goss sie die ölige Flüssigkeit ein. Dann erhaschte sie einen Blick des Bräutigams und lächelte.

„Seid ihr bereit?“, fragte sie.

Die Freunde brachen in lauten Jubel aus.

Sie hielt das Feuerzeug an das erste Glas, entzündete den Sambuca und pustete ganz leicht, bis die Flamme von einem Glas zum nächsten übersprang. Tosender Beifall. Kurz schaute sie zu Jonny hinüber und zwinkerte. Diesen Trick beherrschte sie erst seit Kurzem, und sie wusste, dass ihr Kollege den Feuerlöscher in greifbarer Nähe hatte.

Als die Flammen verlöschten, kippten die Jungs den Schnaps hinunter und stellten die Gläser klirrend zurück auf die Theke. Einige verlangten nach mehr, doch sie wusste, dass der Trauzeuge noch andere Pläne hatte. Gleich würden sie in die nächste Kneipe wechseln, und ihr Teil der Veranstaltung wäre geschafft. Sie wollte lieber nicht wissen, wo die Gruppe heute Nacht abstürzen würde.

„Du warst großartig! Lass dich küssen!“, rief einer der Gäste.

„Ein Kuss! Ein Kuss!“, fielen die anderen ein.

Ungerührt nahm Mya das Feuerzeug, entzündete die Flamme und ließ sie langsam vor ihrem Gesicht hin und her gleiten. „Ich will euch nicht wehtun, Jungs“, warnte sie lachend.

Die Männer heulten auf und machten zischende Geräusche, als wollten sie das Feuer löschen. Lachend und ein wenig erleichtert schaute Mya ihnen nach, wie sie ihre Sachen zusammenpackten und gingen.

Und da sah sie ihn.

Brad Davenport, Schwarm aller Mädchen auf der Highschool.

Eine Sekunde lang war sie wie gelähmt. Das Feuerzeug glitt ihr aus der Hand. Als sie geistesgegenwärtig danach griff, erwischte sie es, verbrannte sich aber an der heißen Öffnung. Verdammt! Unwirsch warf sie es in das Regal unter der Theke und rieb ihre schmerzende Handfläche. Doch der stechende Schmerz hinderte sie nicht daran, Davenport anzustarren. Natürlich tat sie das nur, weil er sie anschaute, als sei sie der einzige Grund, warum er in die Bar gekommen war.

Liebe Güte! Sie versuchte, ihren rasenden Puls wieder zu beruhigen. Es konnte doch wohl nicht sein, dass sie sich von einem solchen Blick aus der Fassung bringen ließ!

Damals, als sie noch an Märchen geglaubt hatte, war sie überzeugt davon gewesen, Brad werde irgendwann ihr perfekter Prinz sein. Heute aber wusste sie es besser. Viel besser. Erstens gab es keine Prinzen, zweiten hatte sie – selbst wenn es welche gab – keinen Bedarf und drittens war Brad weit davon entfernt, perfekt zu sein.

Wenn sie ehrlich war, musste sie allerdings zugeben, dass er ziemlich perfekt aussah. Mehr denn je, wenn das überhaupt möglich war. Jeder Zentimeter seines einen Meters dreiundneunzig. Sie wusste seine Größe so genau, weil sie am Holzrahmen der Küchentür gestanden hatte. Neben Laurens Größe und den Maßen ihrer Eltern. Eines der vielen Zeichen eines glücklichen Familienlebens, auf die seine Mutter so viel Wert gelegt hatte.

Sein Haar war ordentlich geschnitten und verlieh ihm den Eindruck eines guten, seriösen Jungen, stellte Mya fest. Dabei war er alles andere als das. In seinen dunkelbraunen Augen schimmerten noch immer die kleinen goldenen Funken wie damals. Mit einem Blick aus diesen Augen hatte er früher jedes Mädchen dahinschmelzen lassen.

Dieser Typ hatte mehr Freundinnen auf seiner Liste als Mya Überstunden. Und sie arbeitete schon, seit sie den Inhaber des kleinen Dorfladens mit neun Jahren überredet hatte, dass sie mit ihrem Fahrrad für ihn Waren ausliefern durfte.

Sie versuchte, sich zu bewegen, doch irgendein Bann hielt ihre Füße am Boden fest. Also blieb sie einfach stehen und sah zu, wie Davenport immer näher kam. Mit jedem seiner Schritte wurde ihr heißer, obwohl sie direkt unter der Lüftung der Klimaanlage stand.

Brad war einer dieser Menschen, für den sich die Menge teilte, sobald er sich einen Weg bahnen wollte. Es war nicht nur seine Größe, nicht nur sein perfekt geschnittenes, ebenmäßiges Gesicht mit den strahlend weißen Zähnen, was diese Reaktion auslöste, sondern auch seine Haltung. Sein Auftreten war siegessicher und selbstbewusst. Die Menschen zollten ihm Achtung, bewusst oder unbewusst. Mya war nicht die Einzige, die ihn anstarrte. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, dass jede Frau in der Bar so reagierte wie sie, und auch die meisten Männer hatten seinen Auftritt wahrgenommen.

Sie musste sich zusammenreißen. Schließlich war sie keine der Frauen, die sich Brad Davenport auf dem Silbertablett anboten – auch wenn er sie mit seinem Blick bedachte. Aber warum gerade sie? So hatte er sie nie zuvor angesehen, tatsächlich hatte er sie niemals überhaupt bemerkt.

Ihr Herz raste. Herrje, sie war doch kein Teenager mehr!

„Hi Brad.“ Als er an den Platz an der Bar trat, den die Junggesellengruppe bereitwillig geräumt hatte, zwang sie sich zu einer völlig normalen Begrüßung.

„Hi Mya.“ Er ahmte ihren kühlen Tonfall nach – allerdings war seiner lässig, während ihrer atemlos geklungen hatte.

Es war einfach ungerecht, dass dieser Typ von der Natur so reich beschenkt worden war. Auf einer Liste der attraktivsten Männer wäre er ganz sicher bei den obersten fünf Prozent dabei. Doch das schien ihn nicht mal zu interessieren.

Während er ganz cool hier auftrat, war sie unter seinem Blick zu keinem klaren Gedanken mehr fähig. Unwillkürlich rieb sie ihre Hände an der Schürze, um sicherzustellen, dass ihre Muskeln ihr wieder gehorchten. Doch ihre Gliedmaßen fühlten sich noch immer an wie Gummi, während ihr Blut kochend heiß durch ihren Körper pulsierte. Worauf wartete sie?

„Was kann ich für dich tun?“

Er setzte jenes charmante Lächeln auf, das nur er beherrschte. „Ein Bier, bitte.“

„Ein bestimmtes?“ Betont lässig strich sie sich eine widerspenstige Haarsträhne aus dem Gesicht und bemerkte erleichtert, dass sie ihre Bewegungen wieder kontrollieren konnte.

„Was du dahast.“ Vollkommen gerade stand er an der Theke, ohne sich aufzustützen, wie es die meisten Gäste machten. Mit seinem dunklen Jackett und dem weißen Hemd, dessen obersten Knopf er geöffnet hatte, wirkte er wie ein Abbild des typischen Juristen, der nach einem langen Abend noch einen Drink braucht. „Machst du in der nächsten Zeit mal eine Pause?“

Unsicher sah Mya ihn an. Ja, sie hatte tatsächlich gleich eine Pause, aber sie war nicht sicher, dass sie die ausgerechnet mit Brad verbringen wollte. Etwas an dieser Situation verwirrte sie. Es schien fast so, als habe er gewusst, dass er sie hier treffen würde. „Es ist gerade viel los“, wehrte sie ab.

„Aber die Jungs hier gehen doch sowieso gleich. Das ist ein guter Zeitpunkt für eine Pause, oder? Was willst du trinken?“

„Ich trinke ni…“

„Wasser, Saft“, unterbrach er sie. „Es gibt ja nicht nur Alkohol.“ Der Punkt ging an ihn.

Machte er sie wirklich gerade an? Das war unmöglich – er hatte sie niemals auch nur wahrgenommen.

Mya war es gewohnt, dass Männer anzüglich wurden, schließlich arbeitete sie in einer Bar. Früher oder später dachten sie alle nur noch an das eine – immerhin war im Laufe des Abends meistens eine Menge Alkohol im Spiel. Sie wusste, wie sie damit umgehen musste, und kleidete sich bewusst unauffällig, um die männlichen Gäste nicht schon durch aufreizende Kleidung auf dumme Ideen zu bringen. Das schlichte schwarze T-Shirt ließ ihre vollen Brüste kleiner wirken, und die Schürze über der engen Jeans verdeckte ihre Hüften und Beine.

Sie stellte das Bier vor Brad auf die Theke und konnte nicht vermeiden, ihn anzusehen. Als ihr Blick den seinen traf, schien es nur noch sie beide zu geben. Ja, er beherrschte es perfekt, einer Frau das Gefühl zu geben, sie sei die Einzige auf der ganzen Welt.

„Okay, ich nehme ein Wasser“, sagte sie hastig. Sie hatte das Gefühl, nüchtern werden zu müssen, obwohl sie keinen Tropfen Alkohol getrunken hatte. Sie schluckte und versuchte, eines der üblichen Thekengespräche zu beginnen. „Ist eine Weile her, seit wir uns gesehen haben. Was machst du so?“

„Ich habe viel zu tun.“

Er arbeitete am Gericht, soweit sie wusste. Aber das war vermutlich nicht die einzige Beschäftigung, die seine Zeit beanspruchte. Schon in der Schule war sein Ruf als Frauenschwarm legendär gewesen. Lauren und sie hatten ihn fünf Jahre lang verfolgt und beobachtet, und sie konnten bestätigen, dass er ein Herzensbrecher war. Damals hatten alle Mädchen versucht, mit Lauren befreundet zu sein, um über sie an ihren Bruder heranzukommen.

„Wenn du eine Pause machen willst, solltest du vielleicht nicht hinter der Theke stehen bleiben“, sagte er, als sie seinen Drink vor ihn stellte.

Es war nur so, dass sie das massive Holz zwischen ihnen durchaus zu schätzen wusste. Eigentlich hatte sie geglaubt, längst über die Teenagerschwärmerei hinwegzusein, doch ein Blick von ihm genügte, und sie schmolz dahin. In seinen Augen lag ein unwiderstehlicher Glanz, dem sie komplett ausgeliefert war.

Während er sie, die Hand leicht auf ihren Rücken gelegt, durch die Menge leitete, stählte sie sich innerlich gegen die Wirkung, die seine Berührung auf sie ausübte. Sie fühlte sich nicht plötzlich unglaublich weiblich, nur weil sie sich der Nähe seines muskulösen Körpers bewusst war. Und sie genoss es keineswegs, dass die Gäste bereitwillig für ihn Platz machten, während er sich seinen Weg durch das dichte Gedränge bahnte und sie behutsam führte, als sei sie eine Prinzessin, die seinen Schutz brauchte. Meine Güte, solch einen Kitsch dachte sie nicht wirklich gerade, oder?

Auf der Terrasse war es dunkler und stiller. Natürlich wusste er, wo er ein einsames Plätzchen abseits des Getümmels finden konnte. Sie presste ihren Rücken an die kühle Hauswand. Zum einen wollte sie einen Blick auf die Bar und die Gäste haben, zum anderen half es ihr, einen Halt zu finden. Doch schon im nächsten Moment wurde ihr klar, dass es ein Fehler gewesen war, denn nun stand Brad genau vor ihr. Er versperrte ihr den Blick, und sie hatte keine Chance mehr, ihm auszuweichen.

Der hämmernde Rhythmus der Musik war nichts gegen ihren Pulsschlag. Aber Brad war zweifellos daran gewöhnt, dass die Frauen in seiner Gegenwart erröteten und nach Luft rangen. Sie hoffte nur, dass ihre Reaktion nicht aus dem Rahmen fiel.

„Würdest du mich eine Sekunde entschuldigen?“, sagte sie beinahe unfreundlich. „Ich muss ein paar Nachrichten auf dem Handy abrufen.“

„Kein Problem.“

Um Zeit zu schinden, tat sie so, als müsse sie ihr Telefon suchen. Sie brauchte einfach nur einen Moment, um sich zu fassen. Und außerdem wollte der kleine Teufel in ihr wissen, wie Lauren auf das Foto reagiert hatte, das sie ihr geschickt hatte. Aber sie hatte keine Nachrichten – das war seltsam angesichts Laurens Handysucht. Stirnrunzelnd betrachtete sie ihr Display.

„Musst du jemanden anrufen?“, erkundigte sich Brad.

„Es geht ganz schnell“, versicherte sie. Und sie könnte noch ein paar Minuten Schonfrist rausholen.

„Selbstverständlich.“ Brad hob sein Glas und trank einen Schluck.

Mya wandte sich ab und wählte Laurens Nummer.

„Und, wie findest du es?“, wisperte sie.

„Wie finde ich was?“

„Das Foto“, erklärte Mya und drehte sich noch etwas mehr zur Wand, um Brads fragendem Blick zu entgehen. „Ich habe es doch schon vor Stunden geschickt.“

„Welches Foto?“

„Na, dieses Foto.“ Myas Herzschlag beschleunigte sich. Sie schaute zu Brad hinüber. Er stand direkt vor ihr – viel zu nahe. Jetzt hob er den Blick und schaute sie fragend an. Es gefiel ihr nicht, dass er ihr Gespräch mithörte. Doch nachdem sie ihn angesehen hatte, konnte sie den Blick nicht mehr abwenden. Nicht, nachdem sie den Ausdruck in seinen Augen bemerkt hatte, dieses besondere helle Funkeln.

„Bei mir ist kein Foto angekommen. Was war denn drauf?“ Lauren lachte unbekümmert.

„Aber ich habe es dir geschickt“, beharrte Mya verzweifelt. Sie war sich ganz sicher, dass sie den Ton gehört hatte, der ihr signalisierte, dass eine Nachricht verschickt worden war. „Du musst es bekommen haben.“

„Nichts. Nada.

Das Blut pochte in Mays Adern. Ihr war so heiß, dass sie kaum mehr klar denken konnte. Denn wenn Lauren das Foto nicht bekommen hatte – an wen hatte sie es dann geschickt?

Nachdenklich starrte sie auf den Mann vor sich und bemerkte, wie eine winzige Veränderung in ihm vorging. In seinen Augen erkannte sie unverhohlene Heiterkeit, als machte er sich über sie lustig. Was?

Unmöglich.

Die vage Befürchtung verwandelte sich in Sekundenschnelle in Gewissheit. Und jetzt lachte Brad auch noch, verdammt, seine Schultern zuckten. Lachte er über sie?

„Ich habe es definitiv nicht gesehen“, beteuerte Lauren. „Aber es ist schön, dass du anrufst, ich habe ewig nichts von dir gehört …“

Mya hörte nicht mehr zu. Sie rief sich die Szene in der Umkleidekabine in Erinnerung. Wie sie gekichert hatte und ganz nebenbei auf die Tasten ihres Telefons gedrückt hatte.

Nein. Bitte nicht.

Laurens Stimme, der Lärm in der Bar – alle Geräusche wurden dumpf, als sei sie in einen Swimmingpool eingetaucht. Ganz allmählich wurde ihr klar, was das alles bedeutete. Und noch immer hielt der Blick aus seinen dunklen Augen sie in seinem Bann.

Ihre Telefonliste war alphabetisch geordnet. Ihr Handy war ein altes Mobiltelefon von Lauren, und sie hatte keine der Nummern gelöscht, die schon gespeichert waren. Natürlich hatte Lauren auch die Nummer ihres Bruders gespeichert. Und B kam vor L.

Davenport. Brad Davenport.

2. KAPITEL

Lauren plapperte am anderen Ende der Leitung immer noch, doch Mya nahm es gar nicht wahr. Langsam ließ sie das Handy sinken, dann schob sie es fassungslos zurück in die Tasche.

„Anscheinend hat mein Handy den Geist aufgegeben“, erklärte sie Brad mit aufgesetzter Fröhlichkeit. „Darf ich mir deines kurz ausleihen?“

Nur mit Mühe unterdrückte Brad das Lachen, das ihn noch immer schüttelte. „Tatsächlich?“, entgegnete er schließlich.

So überzeugend wie möglich nickte Mya und ignorierte das Vibrieren ihres Handys in ihrer Hosentasche.

„Aber dein Telefon klingelt gerade.“

Tja, der schrille Ton überlagerte sogar den Lärm in der Bar.

„Was ist das für ein Klingelton?“

Autor

Natalie Anderson
<p>Natalie Anderson nahm die endgültigen Korrekturen ihres ersten Buches ans Bett gefesselt im Krankenhaus vor. Direkt nach einem Notfall-Kaiserschnitt, bei dem gesunde Zwillinge das Licht der Welt erblickten, brachte ihr ihr Ehemann die E-Mail von ihrem Redakteur. Dem Verleger gefielen ihre früheren Korrekturen und da es gerade einen Mangel an...
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