Sexy Lily - Versuchung pur

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Ein Abenteuer in der Wildnis! Das hat Erfolgsmanager Daniel auf die Liste der Dinge gesetzt, die er unbedingt noch erleben will. Sex mit der Trekkingführerin meinte er damit eigentlich nicht. Aber schon der erste heiße Kuss mit der schönen Lily geht ihm unter die Haut …


  • Erscheinungstag 18.06.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733736262
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Die Feuerwehrfrau Lily Peterson stand am Rand einer Klippe mit Blick auf das, was bis vor Kurzem noch die fantastisch grünen Berge von Montana gewesen waren. Jetzt waren die Gipfel schwarz und rauchten immer noch.

Sie sollte dafür sorgen, dass kein neues Feuer ausbrach, was nicht eben einfach war, da die Erde unter ihren Füßen noch sehr heiß war.

Die Bäume über und unter ihr waren zu Gerippen verbrannt. Jahrzehntelange Forstentwicklung war von einem Idioten zunichtegemacht worden, der sein Campingfeuer nicht richtig gelöscht hatte.

Aber wenigstens war es ihnen gelungen, diesen Teil des Waldes zu retten. Dafür hatten sie Wochen gebraucht. Lily war vollkommen erschöpft und konnte sich kaum noch auf den Beinen halten.

Mit einer Hand schirmte sie die Augen gegen das Sonnenlicht ab und sah sich nach den anderen um. Sie trat näher an den Rand des Plateaus, das gut dreißig Meter über dem Tal lag. Matt und Tony waren weit unter ihr, mindestens eine halbe Meile entfernt und mehrere Fußballfeldlängen voneinander getrennt.

Aufgrund der ständigen Finanzkürzungen waren sie hoffnungslos unterbesetzt, was zur Folge hatte, dass jeder Einzelne von ihnen zu viele Stunden an den Brandstellen verbrachte und zu wenig Zeit hatte, um sich zwischendurch zu erholen.

Als sie merkte, dass sie zu schwanken begann, weil sie beinahe im Stehen einschlief, lehnte sie sich an einen Baum und sank an dem Stamm zu Boden.

Für einen Moment schloss sie die Augen, weil die Sonne blendete.

Und deshalb sah sie die neue, pechschwarze Rauchwolke nicht, die von einem Flecken keine fünf Meter entfernt aufstieg …

1. KAPITEL

Lily lag flach auf dem Rücken, während ihr Physiotherapeut ihr das Bein über den Kopf bog und sie anfeuerte: „Mach mit, Lily. Hör auf zu jammern, und arbeite mit.“ Ein höllischer Schmerz durchschoss sie von den Hüften bis zu den Haarspitzen.

Sie biss die Zähne zusammen. Der Schweiß brach ihr aus. Ihr Top klebte an ihrer Haut, und ihr Bein zitterte, als sie die verletzten Muskeln anspannte. Verdammt, tat das weh!

Vielleicht war ein Berufswechsel gar keine schlechte Idee. Sie würde ja nicht zum ersten Mal den Job wechseln. Nach der Highschool hatte sie als Expeditionsleiterin gearbeitet, was sie aufgab, um Rettungssanitäterin zu werden. Und als sie es nicht mehr aushielt, ein Opfer von Messerstechereien nach dem anderen von den Straßen in Los Angeles zu holen, hatte sie gekündigt und war in die Wald- und Flächenbrandbekämpfung gegangen.

Sie liebte diese Arbeit. Ja, sie genoss es, von Feuer zu Feuer zu ziehen, von Montana in die Dakotas, nach Idaho und Wyoming. Das passte ideal zu ihrem rastlosen Wesen. Bis zu ihrem schwerwiegenden Fehler, der sie um ein Haar das Leben gekostet hätte.

Nein, sie durfte sich nichts vormachen. Mit ihren Verletzungen konnte sie ihren Beruf unmöglich weiter ausüben. Dabei wünschte sie sich nichts sehnlicher, als wieder da draußen zu sein.

„Mehr, Lily.“

Sie kniff die Augen zusammen und streckte sich so, dass ihre Muskeln brannten. Doch viel schlimmer als die Schmerzen waren ihre Ungeduld und Rastlosigkeit. Ihr fehlten das Adrenalin, die Aufregung. Action war nun mal ihr Leben.

„Verdammt, autsch!“, schrie sie ihren Physiotherapeuten an, der ein umwerfend gut aussehender Mann war, Typ Denzel Washington.

Eric nickte und trat einen Schritt zurück. „Ich habe mich schon gefragt, ob du gar keine Schmerzgrenze hast.“

„Keine Sorge, du hast sie gefunden.“

Er lächelte, denn es waren ja nicht seine Muskeln, die so gemein wehtaten. „Warte hier. Ich hole dir Eis.“

Seit ihrem Fehler hatte sie viel Zeit im Krankenhaus verbracht, was angesichts ihrer lebensbedrohlichen Verletzungen nicht ungewöhnlich war. Sie war inmitten eines lodernden Waldbrandes aufgewacht und von den Flammen zurückgedrängt worden, bis sie schließlich über die Klippe stürzte und mehrere brennende Bäume streifte. Zwölf Meter tief war sie gestürzt. Und nun war sie eine Exfeuerwehrfrau, die sich kein Stück weit bewegen konnte.

Okay, wahrscheinlich musste sie doch noch etwas Geduld haben.

Sie lauschte den Stimmen der anderen Physiotherapeuten und Patienten. Ein Handy bimmelte. Lily hasste Handys. Überhaupt hatte sie nicht viel für elektronischen Schnickschnack übrig, was sie in ihrer Generation wohl zu einer Art Außenseiterin machte.

Sie brauchte die Natur, in der nichts den Klang einer sanften Brise störte. Allein der Gedanke daran weckte eine tiefe Sehnsucht in ihr, und sie sah durchs Fenster zur Golden Gate Bridge. Leider gab es in San Francisco keine Natur.

Nun piepte etwas in ihrer Nähe – irgendein Laptop –, und seufzend kroch sie zu einem der Stühle an der Wand.

Um sie herum gab es nur Menschen mit Verletzungen und Schmerzen. Deprimierend. Sie sah auf den Stapel Zeitschriften neben dem Stuhl. Mode, Klatsch … und dann fiel ihr Blick auf die U.S. Weekly Review, auf deren Titel „Adrenalinschub“ stand.

Aha. Zum ersten Mal seit langer Zeit interessierte sie sich wieder für etwas und nahm die Schmerzen in Kauf, als sie die Hand nach der Zeitschrift ausstreckte. „Au, au, au …“ Das Heft klappte gleich bei der Titelstory auf. Der Untertitel lautete: „Dieser Artikel hat mein Leben verändert.“

Kein Zeitschriftenartikel hatte jemals Lilys Leben verändert, und so begann sie recht skeptisch zu lesen. Der Autor behauptete, im Leben drehte sich alles darum, Risiken einzugehen. Seiner Meinung strebten zu viele Menschen nach Sicherheit.

So weit stimmte Lily ihm zu. Auch sie hatte das Risiko geliebt, von denen das letzte damit endete, dass sie hier gelandet war. Ja, sie hatte ihr Leben bis zum Extrem gelebt, und das in allen Bereichen.

In fast allen, aber über ihr nicht vorhandenes Liebesleben wollte sie lieber nicht nachdenken.

In ihrer Welt kamen und gingen die Männer, ohne dass auch nur ein einziger von ihnen bleibenden Eindruck hinterlassen hätte. Egal. Ihr Lebensplan sah nun einmal nichts Langfristiges vor.

Sie wandte sich wieder dem Artikel zu. „Geben Sie Vollgas“, forderte der Autor und erklärte, dass ein Risiko zu wagen nicht unbedingt etwas mit körperlicher Betätigung zu tun haben musste, sondern einfach bedeutete, irgendetwas abseits des eingetretenen Pfades zu unternehmen.

Lilys Pfad führte derzeit von einem Arzt zum nächsten, und sie fühlte sich mehr als bereit, davon abzuweichen. Nur wie?

Andererseits … wie könnte sie damit leben, es nicht zu tun?

„Ah, da bist du“, sagte Eric, der mit der versprochenen Eispackung zurückkam. Er klopfte auf die Matte neben sich, worauf Lily stöhnend die Zeitschrift beiseite warf und zurückkroch.

Zwei Monate später

Lily hatte sich inzwischen weit genug erholt, um die erzwungene Ruhe als unerträglich zu empfinden. Sie war frustriert und hatte wiederkehrende Albträume, wie sie inmitten von Flammen aufwachte, und sie hatte Sangst vor dem Alleinsein.

Sie könnte ihre Mutter zu sich rufen, aber der gefiel der Gedanke viel zu gut, dass Lily „endlich zur Ruhe kam“. Lily hatte keine Geschwister, und ihr Vater … nun, angeblich ähnelte sie ihm sehr. Zumindest hatte man ihr das erzählt, doch wissen konnte sie es nicht, denn er war seit Jahren nicht mehr aufgekreuzt.

Wie dem auch sei, sie war allein, und daran ließ sich nichts ändern. Allerdings fühlte sich sie auch zum ersten Mal im Leben schwach, was ihr gar nicht gefiel. Sie brauchte eine neue Herausforderung.

Vor allem aber brauchte sie Geld. Seit Wochen war sie auf der Suche nach einem geeigneten Job, fand jedoch keinen, der sie interessierte.

Sie schlug den Stellenanzeigenteil der Zeitung auf, und ihr fiel sofort eine Anzeige ins Auge. Outdoor Adventures, eine Firma, die Expeditionen anbot, suchte baldmöglichst eine Trekkingführerin.

Lily starrte auf die Anzeige und erlebte ein Déjà-vu. Als Achtzehnjährige – vor fast zwölf Jahren – hatte sie bei Outdoor Adventures ihren ersten Job gehabt. „Geben Sie Vollgas … Gehen Sie Risiken ein“ … War das ein Zeichen? Sie könnte noch einmal an den Anfang zurückkehren.

Sie griff zum Telefon und wählte die angegebene Nummer. Als sie Keith Tylers tiefe, schmerzlich vertraute Stimme hörte, brachte sie keinen Ton mehr heraus. Alte Erinnerungen wurden wach: ans Bergsteigen, an die Wandertouren, die sie geführt hatte, und daran, wie sie damals gewesen war.

„Hallo?“, fragte Keith mit einem Anflug von Ungeduld in der Stimme. „Ist da jemand?“

„Wow“, brachte sie schließlich heraus. „Du hörst dich noch genauso an wie früher.“

Es trat eine Pause ein. „Lily? Lily Peterson?“

„Wie geht es dir, Keith?“

„Ich freue mich, von dir zu hören. Erst kürzlich habe ich an dich gedacht und mich gefragt, ob du dich eigentlich noch an mich erinnerst.“

„Natürlich erinnere ich mich. Du warst …“ Was sollte sie sagen? Ihr erster Boss … oder ihr erster Liebhaber?

Lily legte sich auf ihrem Bett zurück, schloss die Augen und tauchte in die Vergangenheit ein. Sie hatte gerade den Highschool-Abschluss gemacht und war endlich in der Lage, ihrer Wanderlust nachzugeben. Also verließ sie Los Angeles, ihre Mutter und ihre Freunde und begann, als Expeditionsleiterin zu arbeiten.

Als Keith‘ Expeditionsleiterin. Er war zehn Jahre älter als sie, bewundernswert weltgewandt und natürlich auch umwerfend sexy. Einen langen, heißen Sommer lang hatte sie für Outdoor Adventures Touren durch die Sierras geführt und Leuten alles über das Leben im Freien beigebracht.

Bis sie zu ihrem nächsten Abenteuer aufbrach und Keith und all die Erinnerungen zurückließ. „Ich habe deine Anzeige in der Zeitung gesehen“, sagte sie.

„Und ich habe dich in der Zeitung gesehen, allerdings nicht im Anzeigenteil, sondern auf der Titelseite. Das war ein ziemlich übler Sturz.“

Nach all den Monaten zuckte sie immer noch zusammen, wenn jemand sie darauf ansprach. Warum musste ihr Versagen in der Öffentlichkeit breit getreten werden? „Ja.“

„Du hast dir die Wirbelsäule gebrochen. Sitzt du jetzt im Rollstuhl?“

„Nein.“

„Aber in der Zeitung stand, dass du nie wieder laufen könntest.“

„Glaub mir, ich laufe, und mir geht’s gut.“ Na ja.

„Nur nicht gut genug, um weiter als Feuerwehrfrau zu arbeiten.“

„Wenn ich bedenke, dass ich deine Unverblümtheit mal mochte …“

„Ja, ich fürchte, ich habe mich nicht sehr verändert.“ Sie hörte an seiner Stimme, dass er lächelte. „Dann willst du also wieder ins Trekkinggeschäft einsteigen? Kannst du denn …“

„Ich weiß, dass ich es kann“, fiel sie ihm ins Wort. Von wegen! Sie wusste es absolut nicht. „Stell mich auf die Probe.“ Bitte, bitte, versuch’s mit mir. Lily brauchte diesen Job, sie musste draußen sein und sich beweisen, dass sie wieder alles schaffte.

„Du warst eine tolle Führerin“, gestand Keith. „Also, wenn es dir ernst ist, ich habe nächste Woche eine Campingtour in den Sierras. Aber es bedeutet vier Tage lang sieben bis zehn Meilen Fußmarsch am Tag.“

„Das schaffe ich“, sagte sie rasch, obwohl sie erbleichte, als sie dachte, was sie ihrem Körper damit zumutete.

„Tja, niemand kennt diese Region besser als du. Eigentlich wärst du genau die Richtige. Die Vorbesprechung ist in drei Tagen in meinem Büro.“

Sie lächelte, das erste Mal seit Langem. Ja, sie würde es schaffen und sich endlich wieder lebendig fühlen. „Ich werde da sein.“

„Die Wanderung wird dir sicher guttun.“

Guttun? Wahrscheinlich nicht.

Die Büros von Outdoor Adventures befanden sich in einem großen alten Jugendstilbau direkt an der Bucht. Zweimal war Lily auf der Suche nach einem Parkplatz schon daran vorbeigefahren. In San Francisco fand man nie einen Parkplatz. Genau in diesem Moment wurde eine Parklücke frei. Das ist ein Zeichen, dass ich das Richtige tue, dachte sie. Also betätigte sie den Blinker und … fuhr fast in einen brandneuen Lexus, dessen Fahrer denselben Parkplatz ansteuerte.

Ihr Wagen war nur Zentimeter von dem anderen entfernt, und der Fahrer sah sie durch seine Designer-Sonnenbrille an.

Nein, den kriegst du nicht, dachte sie und zeigte erst auf die Parklücke, dann auf sich. Meiner.

Der Mann in dem Lexus hob die Augenbrauen und neigte fragend den Kopf, als wäre er nicht daran gewöhnt, dass ihm jemand etwas abschlug. Und dann tat er jetzt etwas Überraschendes. Er winkte ihr zu und ließ ihr tatsächlich den Vortritt.

Verwundert fuhr Lily in die Lücke. Bis sie aus ihrem Wagen ausstieg, war der Lexus fort. Er musste wohl bis Seattle fahren, um einen Parkplatz zu finden.

In diesem Augenblick blickte sie auf und sah es. Der Behindertenausweis, den man ihr nach ihrem Unfall gegeben hatte, baumelte an ihrem Rückspiegel. Sie hatte vergessen, ihn wieder abzunehmen.

Also hatte ihr der andere Fahrer den Parkplatz aus Mitleid überlassen.

Wie sie das hasste! Ich brauche kein Mitgefühl von Fremden, dachte sie wütend und versuchte ihre Schmerzen im Rücken zu ignorieren.

Ihr Arzt hatte ihr gesagt, sie wäre gesund genug, um von hier bis ans Ende der Welt zu wandern, aber der Schmerz beim ersten Auftreten würde bleiben.

Es war Juli und für San Francisco ungewöhnlich kühl. Lily machte es nichts aus, denn sie mochte die feuchte Luft und die salzige Brise, auch wenn sie sich wieder nach den Bergen sehnte.

Falls du es denn so weit schaffst.

Sie verdrängte ihre Zweifel und ging die Treppe hinauf. Vor ihr ging ein Mann, groß und schlaksig, mit kurzem dunklem Haar und in einem Leinenanzug, der direkt aus einem Hochglanzmagazin für Herrenmode hätte stammen können. Er hielt irgendein elektronisches Dings in der Hand und hatte einen Stöpsel im linken Ohr. Mit dem Daumen tippte er in Lichtgeschwindigkeit etwas in das kleine Gerät ein, während er ging und mit sich selbst sprach.

Nein, gar nicht wahr! Er sprach nicht, sondern sang. Und das ziemlich schlecht. Lily verstand ein paar der Worte, die er sang, und erkannte, dass er gerade dabei war, einen sehr schönen Song von U2 zu verstümmeln.

Er steckte das Gerät, offenbar ein Minicomputer mit Handyfunktion, in seine Tasche. Lily bemerkte, dass das Display noch leuchtete, was bedeutete, dass er gerade neue Nachrichten bekam. Doch er ignorierte sie, um einen streunenden Hund zu streicheln, der auf der Außentreppe des Bürogebäudes stand.

Der Hund, ein Mischling mit schwarzen, weißen und schlammfarbenen Flecken, rollte sich auf den Rücken, damit der Mann ihm den Bauch kraulte, wobei ihm die Zunge seitlich aus dem offenen Maul hing.

„Braver Hund“, sagte der Fremde und setzte sich in seiner beigefarbenen Leinenhose auf die Stufen, woraus Lily schloss, dass er seine Kleidung nicht selbst reinigte.

Der Hund antwortete, indem er vor Freude sabberte.

Als Lily auf ihrer Stufe ankam, sahen beide zu ihr auf, und der Mann lächelte ihr zu.

Es war der Lexusfahrer.

2. KAPITEL

Sein Lächeln wirkte ansteckend, auch wenn Lily nicht verstand, warum. Normalerweise entlockte ihr dieser Typ Mann kein Lächeln. Sie mochte rebellische Abenteurer. Naturburschen eben.

Dieser Mann in seinem edlen Anzug und mit den Taschen voller elektronischer Spielzeuge sah zwar nicht schlecht aus, aber sie stand nun mal nicht auf Computerfreaks. „Sie hätten mir den Parkplatz nicht überlassen müssen“, sagte sie.

„Okay.“ Er sah sie an, und ihr fiel auf, dass seine Augen eine Mischung aus Whiskeybraun und Meergrün waren.

„Sie wollten ihn doch für sich.“ Er schien das lustig zu finden. „Sie sind es wohl nicht gewohnt, Parkplätze geschenkt zu bekommen, was?“ Er beugte sich vor, zog die Augenbrauen hoch und sagte: „Soll ich Ihnen einen Tipp geben? Die richtige Antwort wäre ‚Danke schön‘.“

Verdammt, er hatte recht. „Danke schön“, sagte sie und ging durch die Tür, die er ihr aufhielt. Sie durchquerte die Eingangshalle des Gebäudes und weigerte sich, darüber nachzudenken, wie gut er roch, oder dass er ihr Humpeln bemerken würde.

„Alles okay?“, fragte er wie aufs Stichwort.

Ihre Schultern versteiften sich. „Ja, mir geht es gut.“ Um es zu beweisen, marschierte sie an den Fahrstühlen vorbei zu der Tür, die ins Treppenhaus führte. „Ich werde die Treppe nehmen, wo Sie mir schon erspart haben, von Timbuktu herzuwandern.“

Er lachte, und es klang so leicht und unbeschwert, dass Lily sich unwillkürlich umdrehte und ihn ansah. Lachfältchen umrahmten seine interessanten Augen, woraus sie schloss, dass er häufiger lachte.

„Freut mich, dass ich das verhindern konnte“, sagte er. „Stellen Sie sich doch nur vor, wie viel Benzin Sie für den Weg nach Timbuktu und zurück verbraucht hätten.“ Sein Handy piepte wieder, und er griff in seine Tasche. „Entschuldigung, ich muss da rangehen, sonst zerstört sich das Ding selbst.“

„Klingt gefährlich.“

„Ja, schön ist das nicht.“

Während er sich seinem Minicomputer widmete, tat Lily, was sie immer tat, wenn sie sich unbehaglich fühlte – sie ging weg. Auf halbem Weg die Treppe hoch dachte sie, sie müsste sterben, und blieb stehen, um zu verschnaufen. Verdammt!

Als sie schließlich oben ankam, öffnete sie die Tür zu Outdoor Adventures und atmete tief durch. Wie vertraut ihr das alles war. An den Wänden hingen immer noch die Karten und Fotos aus der ganzen Welt. Auf den Karten waren jene Orte mit Fähnchen markiert, zu denen sie bereits Expeditionen geleitet hatten.

Als sie das erste Mal herkam, war sie von der energiegeladenen Atmosphäre und dem Hauch von Abenteuer in der Luft vollkommen hingerissen gewesen. Und während des Vorstellungsgesprächs hatte Keith auf seinem Schreibtisch direkt vor ihr gesessen, überlebensgroß und wahnsinnig attraktiv. Er versprach, ihr alles über die Arbeit als Tourguide beizubringen. Und dieses Versprechen hatte er gehalten.

Nachdem Lily auf seinem Schreibtisch ihre Unschuld verloren hatte.

Jetzt war eine Gruppe von Leuten im Empfangsbereich, die Wasser tranken und an Müsliriegeln knabberten – die klassische Szene vor einer Vorbesprechung mit den zukünftigen Tourteilnehmern. Lily blickte sich um. Als sie Keith entdeckte, war sie schlagartig keine verletzte Frau mehr, die auf die dreißig zuging, sondern eine nervöse Achtzehnjährige.

„Lily“, sagte er und kam auf sie zu. Sein weizenblondes Haar war immer noch fast schulterlang, die Lachfalten um seine himmelblauen Augen waren mehr und tiefer geworden, doch das machte ihn nur noch attraktiver. Er war nach wie vor schlank und durchtrainiert, immer bereit für das nächste Abenteuer.

Gerade das hatte damals für Lily seinen besonderen Reiz ausgemacht. Und jetzt stand sie vor ihm und wartete darauf, dass alte Gefühle aufkamen, aber das geschah nicht.

Keith nahm sie in die Arme und küsste sie auf beide Wangen, wobei er sich mehr Zeit ließ, als es der Anstand erlaubte.

Nicht dass Keith sich je um Anstand und Sitte geschert hätte. Ihn interessierte nicht, was andere Leute von ihm dachten.

„Du siehst fantastisch aus“, sagte er so leise, dass nur sie es hören konnte, und reichte ihr etwas zu trinken von einem Tablett in der Nähe. „Ich stelle dich jetzt der Gruppe vor. Alle mal herhören!“, rief er, und prompt verstummten alle anderen Anwesenden. „Das ist Lily Peterson. Ihren Lebenslauf kennen die meisten wahrscheinlich schon aus den Reiseunterlagen, aber jetzt habt ihr alle Gelegenheit, sie persönlich kennenzulernen und ihr Fragen zu stellen.“

Nun redeten alle auf einmal, und Keith lachte.

Lily nicht. Sie wurde selten nervös. Schließlich hatte sie schon einmal ohne Aussicht auf Rettung und Überleben in einem Schneesturm auf einem Berg festgesessen und war mit einem Kajak eine besondere gefährliche Stromschnelle hinuntergepaddelt, wobei ihr Boot an den Felsen zerschellt war. Verdammt, sie war sogar schon von einer Klippe gestürzt, hatte sich die Wirbelsäule gebrochen und von den Ärzten gehört, dass sie wohl nie wieder würde gehen können. In keiner dieser Situationen war sie nervös gewesen.

Doch fremde Menschen kennenzulernen … das machte sie nervös. Sie nippte kurz an ihrem Wasser und rang sich ein Lächeln ab. „Hallo, Leute.“

„Fangen wir mit Rose McCall an“, sagte Keith. „Rose ist Maklerin und auf der Suche nach etwas Neuem und Spannendem. Deshalb will sie mit auf die Wanderung.“

Rose winkte Lily mit ihren manikürten und diamantenbeladenen Fingern zu. „Ich freue mich schon darauf.“ Sie trug Designerjeans, die tief so eng waren, dass Lily sich fragte, wie sie sich darin überhaupt bewegen konnte. Ihr schwarzes Neckholder-Top war strassbesetzt. Das aufwendige Make-up kaschierte ihr wahres Alter, aber Lily schätzte sie auf Ende dreißig.

Eine Frau auf der Pirsch, dachte Lily, während sie ihr die Hand schüttelte. „Freut mich.“

Rose lächelte. „Ganz meinerseits. Ich habe eine Frage. Was hältst du von Sandalen?“

„Auf der Wanderung?“

„Ja. Meine Zehen müssen atmen können.“

„Wahrscheinlich werden sie vorher und nachher atmen wollen, aber während der Tour sind Wanderstiefel am besten“, sagte Lily so diplomatisch wie möglich.

„Dem stimme ich zu“, sprang Keith ihr bei, die Hände auf ihren Schultern, und drehte sie sanft zum nächsten Teilnehmer. „Und das hier ist Roland Rocklin.“

Roland war ein ganz in Schwarz gekleideter Mittzwanziger, und er sah so atemberaubend aus, dass Lily unwillkürlich blinzelte.

„Rock“, korrigierte Roland und reichte ihr lächelnd die Hand. Lily fiel auf, dass er auffallend muskulös war.

„Ringer?“, fragte sie prompt.

„Boxer“, antwortete Rock grinsend. „Mein Trainer hat mir diesen Trip zum Geburtstag geschenkt und meinte, ich wäre ein Weichei, wenn ich die Tour nicht bis zum Ende durchstehe.“

„Ach, du wirst schon durchhalten“, versicherte Lily ihm. „Wir schaffen es alle.“

„Das beruhigt mich.“ Rocks Blick wanderte zu Rose, die gerade das Nackenband ihres Tops neu knotete, wobei der Stoff ein Stück herunterglitt und für einen kurzen Moment eine ihrer Brustspitzen entblößte.

„Huch.“ Sie kicherte. „Entschuldigung, achtet gar nicht auf mich.“

Rock blieb der Mund offen stehen.

Keith räusperte sich. „Und weiter geht’s. Das, Lily, sind Jack und Michelle Moore.“ Er zeigte auf das junge Pärchen neben Rose. Sie waren beide typisch kalifornisch blond und topmodisch gekleidet. Zudem sahen sie aus, als wohnten sie in einem Fitnesscenter. „Die Tour ist ein Geschenk von Michelles Vater zum ersten Hochzeitstag.“

„Geschenk … oder Strafe für was auch immer“, sagte Michelle lachend, als sie Lily die Hand schüttelte.

„Es wird sicher keine Strafe“, beruhigte Lily sie.

„Na gut. Übrigens, ich habe mich gefragt“, Michelle beugte sich zu Lily vor, „ob es vielleicht eine Möglichkeit gibt, nur so zu tun, als wären wir dabei. Du weißt schon, falls mein Vater nachfragt.“

Lily sah sie verwundert an. „So tun?“

„Hör nicht auf sie“, mischte sich Jack ein. „Wir sind dabei.“ Dann wandte er sich an seine Frau. „Du hast dich bereit erklärt, damit dein Vater dich weiterhin finanziell unterstützt. Wenn dir das Geld so wichtig ist, dann wanderst du auch.“

Michelle seufzte. „Okay. Aber … könnten wir vielleicht die Zeiten etwas ändern, damit wir morgens nicht ganz so früh rausmüssen?“

Lily schüttelte den Kopf. „Bedaure, nein. Wir müssen um acht Uhr starten.“

Autor

Jill Shalvis
Mehr erfahren