Sexy, reich und unverschämt

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Aussehen: fantastisch. Ausstrahlung: verboten sexy. Berufserfahrung: keine! Als Alexandra Croft ihrem neuen Boss gegenübersteht, ist die schöne Chefdesignerin entsetzt. Bad Boy Kit Walker soll die Dating-App "Cupid’s Arrow" übernehmen? Und sie muss ihn einarbeiten! Eine Herausforderung für Workaholic Alex, denn sie lebt Disziplin, während Kit das süße Leben liebt. Immer wieder lässt er sie spüren, wer das Sagen hat. Was für ein Mistkerl! Doch je unverschämter der Playboy sie provoziert, desto mehr verfällt sie seinem Charme …


  • Erscheinungstag 07.01.2020
  • Bandnummer 2114
  • ISBN / Artikelnummer 9783733725990
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Mein Motto lautet: Wenn du als Frau einen Raum betrittst, dann beherrsche ihn. So einfach ist das. Als ich an diesem Morgen ins Büro von Cupid’s Arrow komme, in einer Hand einen Kaffee, in der anderen die Präsentationsmappe, sorgt das Klicken der Absätze meiner tiefroten Pumps auf dem Linoleumboden dafür, dass der eine oder andere müde Mitarbeiter den Kopf hebt, zu mir herübersieht – und schlagartig wach ist. Mein Team lächelt nervös, denn sie alle wissen, wie sehr ich an solchen Tagen unter Strom stehe – und dass Köpfe rollen, wenn ich nicht genau das bekomme, was ich will.

„Wir treffen uns am Konferenztisch“, lasse ich sie wissen. „Das Meeting beginnt in zwei Minuten.“

Ben, der Leiter der technischen Abteilung, der grundsätzlich nur an den wichtigen Sitzungen meines Designteams teilnimmt, kommt auf mich zu und hält mir einen Kaffee hin. Als er bemerkt, dass ich mir bereits einen gekauft habe, errötet er, was bei seiner blassen Haut und dem strohblonden Haar besonders auffällt.

Verlegen sieht er auf meinen Becher. „Ich hatte ja keine Ahnung, dass du Zeit hattest, dir selbst einen zu kaufen … na ja, dann hast du jetzt wohl zwei.“

Ich lege meine Sachen auf dem Konferenztisch ab, um sein Geschenk entgegenzunehmen. „Das ist ja ein fettarmer Latte Macchiato“, bemerke ich erfreut.

„Ja, dein Lieblingsgetränk“, entgegnet er.

„Man kann nie genug Kaffee haben“, sage ich und trinke einen Schluck. „Dankeschön.“

„Gern geschehen.“

Während ich die heiße Flüssigkeit aus dem Styroporbecher genieße, kann ich förmlich fühlen, wie sich das Koffein in meinem Körper verteilt – wofür ich sehr dankbar bin. Das wird ein langer Tag, und ich kann jede Unterstützung gebrauchen.

Heute muss einfach alles perfekt laufen.

Während mein Team am Konferenztisch Platz nimmt, schalte ich den großen Bildschirm an der Wand ein. Erwartungsvoll sehen mich alle an. Seht und lernt von einem Profi, Leute, denke ich.

„Okay, da ihr alle da seid, können wir beginnen“, sage ich. „Wie ihr wisst, sind wir gerade dabei, das Branding von Cupid’s Arrow neu zu gestalten. Kann einer von euch noch mal zusammenfassen, wie ich es gern hätte?“

Niemand antwortet, und ich seufze.

Gott, manchmal fühle ich mich wie eine Babysitterin.

„Komm schon, Ellie, sag wenigstens du was“, fordere ich die Frau auf, die seit der Mittelstufe meine beste Freundin ist. Ellie Mason ist mir zu Cupid’s Arrow gefolgt, nachdem ich meinen Traumjob gefunden hatte und mein Team vergrößern wollte. Ich habe nie bereut, meine beste Freundin und gleichzeitig eine so begnadete Designerin mit an Bord geholt zu haben.

„Die Farbgestaltung der App ist von grundlegender Bedeutung für die Zielgruppe, die wir ansprechen wollen“, beginnt sie, wohlüberlegt und strukturiert wie immer. „Cupid’s Arrow ist vor allem eine Dating-App für junge Leute. Die dunklen Farben auf unserer Homepage und im Messenger sprechen sie möglicherweise nicht an. Wir brauchen also eine Farbgebung, die die Aufmerksamkeit der jungen Zielgruppe erregt.“

„Danke, Ellie. Zum Glück hört mir wenigstens eine zu“, erwidere ich und bringe mein Team zum Lachen. „So, und jetzt lasst mich mal sehen, welche Lösungsvorschläge ihr zu bieten habt.“

Hastig blättern alle in ihren Mappen herum, um nach den Entwürfen zu suchen, die eigentlich schon vor fünf Minuten hätten auf dem Tisch liegen sollen.

Tim, das jüngste Teammitglied, stellt seinen Entwurf als Erster vor. Kräftige Grundfarben bestimmen das Design.

Nachdenklich beiße ich mir auf die Wange, während ich seinen Entwurf begutachte. „Tim, das ist gut – wenn man einmal davon absieht, dass nur Kinder auf so kräftige Farben stehen. Aber wir machen hier das Design für eine Dating-App. Und wir wollen doch keine Siebenjährigen damit ansprechen, oder?“

Tim lacht ein wenig verlegen, und ich lächle ihm aufmunternd zu, als ich ihm die Mappe wieder gebe. Ich hoffe, dass die anderen bessere Arbeit geleistet haben. Rasch schaue ich mir die übrigen Entwürfe an und sammle die Highlights. Alastair erwartet noch heute eine Entscheidung. Leider sind keine umwerfenden Ideen dabei, obwohl Ellie wirklich gute Arbeit geleistet hat. Sie lächelt, als sie mir ihre Mappe reicht, doch ich erwidere ihr Lächeln nicht, damit es nicht so aussieht, als würde ich sie bevorzugen. Das wäre unprofessionell.

Dann präsentiere ich ihnen mein eigenes Konzept auf dem Monitor. „Rot und Grau …“, erkläre ich, „… sprechen sowohl Frauen als auch Männer an. Sie sind ein Hingucker, und Rot vermittelt Leidenschaft. Außerdem sind es zeitlose Farben.“

Interessiert folgt das Team meinen Ausführungen. Ellies Blick sagt mir, dass sie weiß, wie genervt ich bin – denn eigentlich hätten meine Leute von allein darauf kommen müssen.

„Nehmt die Entwürfe von Ellie und mir als Grundlage für die weitere Ausarbeitung“, sage ich. „Von jedem von euch erwarte ich bis heute Nachmittag wenigstens drei Vorschläge, damit wir eine Entscheidung treffen können. Ist das klar?“

Alle nicken begeistert, und es scheint, als hätte meine Präsentation ihnen neue Energie verliehen. Als sie wieder an ihren Schreibtischen sitzen, werfe ich Ellie einen vielsagenden Blick zu. Irgendwie schafft es mein Team immer wieder, mich an den wichtigsten Tagen im Stich zu lassen.

Ungerührt deutet Ellie auf den Kaffeebecher vor mir. „Du brauchst mehr Koffein, Griesgram“, sagt sie und lacht. Natürlich weiß sie, dass Kaffee Balsam für meine Seele ist.

Wortlos leere ich den zweiten Becher des Tages. Es ist erst zehn Uhr morgens, und ich fühle mich schon völlig erledigt. Wenigstens kann ich mir sicher sein, dass mein Team sich für meinen Designentwurf entscheidet. Es mag ein bisschen großspurig klingen, aber ich weiß nun einmal, dass meine Ideen die besten sind. Cupid’s Arrow hat mich nicht ohne Grund im zarten Alter von zwanzig Jahren angeheuert. Ebenfalls nicht grundlos bin ich bereits nach vier Jahren Abteilungsleiterin geworden – nach vier Jahren ungebrochener Begeisterung, Hingabe und harter Arbeit. Auf meinen Schultern lastet die Verantwortung für das gesamte Designteam, und dafür habe ich Anerkennung verdient, finde ich.

Während ich meine Unterlagen ordne, kommt Ben zu mir herüber.

„Danke, Ben“, sage ich. „Leider haben wir noch nichts entschieden, aber ich gebe dir sofort Bescheid, wenn wir etwas Konkretes haben, damit du mit deiner Arbeit beginnen kannst.“

„Alles klar“, erwidert er. „Was machst du eigentlich heute nach der Arbeit?“

Der Gedanke, dass ich nach Feierabend lediglich zu Hause die Reste des chinesischen Essens erwärme, das ich gestern bestellt habe, stimmt mich traurig. Deshalb beschönige ich meine Pläne. „Ich denke, ich mache mir mal einen gemütlichen Abend“, sage ich, als würde ich sonst immer auf Partys gehen, anstatt mich in Wohlfühlklamotten aufs Sofa zu legen und Grey’s Anatomy zu gucken.

„Vergiss es. Wir sollten …“, setzt er an, aber in diesem Moment wird die Bürotür aufgestoßen und Alastair Walker tritt ein – der CEO von Cupid’s Arrow und die einzige Person hier, der ich Rechenschaft schuldig bin.

„Wie geht es dir, meine liebe Alexandra? Geht die Arbeit voran?“, fragt er mit dem britischen Akzent, den er auch nach zwölf Jahren in Chicago nicht abgelegt hat. Er zieht seine maßgeschneiderte Anzugjacke zurecht, während er durch den Raum schreitet. Für einen Mann seines Alters ist er außerordentlich attraktiv mit seinen markanten Gesichtszügen und den grauen Schläfen, der Körper muskulös und durchtrainiert.

Ben tritt den Rückzug an, sobald er ihn erblickt.

„Zwar langsam, aber sie geht voran“, erwidere ich lächelnd.

Wenn Alastair das Büro betritt, nehmen alle Haltung ein. Ich bin froh, dass meine Mitarbeiter wissen, was sich in Gegenwart des Bosses ihrer Chefin gehört. Allerdings vergeht mir mein zufriedenes Lächeln, als ich sehe, wie ein großer, dunkelhaariger Mann hinter Alastair den Raum betritt und sich neben ihn stellt.

Ein junger Mann.

Ein ziemlich heißer Mann.

Ein Mann in einem perfekt sitzenden dunkelgrauen Anzug, mit roter Krawatte und todschicken Designerschuhen, die ungewöhnlich langen Haare im gekonnten Wuschel-Look.

Als unsere Blicke sich treffen, wird mein Mund ganz trocken. Noch nie habe ich einen Mann mit einer so natürlichen Attraktivität und Coolness gesehen.

Er hat dunkelbraune Locken.

Hellbraune, beinahe bernsteinfarbene Augen.

Und einen sexy Dreitagebart.

Ach ja – und einen Körper, für den man sterben könnte.

Groß, mit breiten Schultern, die in seinem Jackett perfekt zur Geltung kommen.

Ich habe zwar keine Ahnung, was er mit Alastair zu tun hat, aber ich weiß, dass er der bestaussehende Typ ist, den ich jemals gesehen habe.

Mir kommt es so vor, als würde sich der Raum um mich drehen, und ich verliere fast das Gleichgewicht.

„Ich möchte Ihnen allen meinen jüngsten Sohn vorstellen, das schwarze Schaf der Familie.“ Alastair klopft dem jungen Mann auf die Schulter. Sein Sohn lächelt zwar, aber für einen Moment glaube ich, in seinem Blick einen Schatten zu erkennen, als sein Vater ihn das schwarze Schaf nennt.

Er tritt einen Schritt vor. „Kit Walker“, sagt er mit einer dunklen, samtigen Stimme und sieht mich an. Mir bleibt fast das Herz stehen.

„Und hier haben wir die Geheimwaffe von Cupid’s Arrow“, sagt Alastair und deutet auf mich. „Alexandra Croft.“

Unverwandt sieht Kit mich aus seinen bernsteinfarbenen Augen an, während er mir die Hand entgegenstreckt.

Atmen, Alex!

„Ein schwarzes Schaf und eine Geheimwaffe“, bemerkt er amüsiert. „Das klingt nach einer gefährlichen Mischung.“

„Und beide häufig völlig zu Unrecht unterschätzt“, entgegne ich und stelle erleichtert fest, dass meine Stimme nicht so zittrig klingt, wie ich mich fühle. Sein Händedruck ist fest und warm, und in seinem Blick erkenne ich Belustigung, Neugierde – und noch etwas anderes. Respekt vielleicht?

Ihm scheint meine Bemerkung gefallen zu haben. Vielleicht hat er verstanden, dass ich nachfühlen kann, wie sehr ihn die Bemerkung seines Vaters getroffen hat. Ich schätze, meine Eltern hätten auch nie erwartet, mich da zu sehen, wo ich jetzt bin.

„Es ist mir eine Freude, Sie kennenzulernen, Kit“, füge ich hinzu.

„Das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite.“ Auch sein Akzent ist so sexy britisch, dass man darüber nachdenken sollte, ihn in den USA zu verbieten.

Als mir bewusst wird, dass wir uns immer noch anstarren, befreie ich meine Hand aus seinem Griff. Es ist mir peinlich, dass mein Team gesehen hat, wie ich Kit anschmachte. Natürlich kenne ich die Geschichten über Alastairs jüngsten Sohn – keine davon ist besonders ruhmreich. Da ich mich jetzt davon überzeugen konnte, dass er nicht nur den Ruf eines Playboys hat, sondern auch durch und durch wie einer aussieht, glaube ich alles, was man sich über ihn erzählt.

„Warum machen Sie sich nicht alle persönlich miteinander bekannt, während ich mit Mrs. Croft spreche?“, schlägt Alastair vor. „Ben, wir sehen uns nachher im Computerraum.“

„Ja, Sir“, erwidert Ben, nickt Kit zu, der seinen Gruß erwidert, und drückt mir freundschaftlich den Arm, bevor er in sein Büro zurückkehrt.

Neugierig sieht Kit ihm nach, bevor er sich wieder mir zuwendet. Da ist er, dieser Blick, forschend und intensiv. Rasch sehe ich weg und folge Alastair in sein Büro.

Nicht zurücksehen, Alexandra, ermahne ich mich im Stillen. Du hast noch nie zugelassen, dass ein Typ dich von der Arbeit ablenkt. Also fang jetzt nicht damit an.

Trotzdem spüre ich die ganze Zeit ein angenehmes Kribbeln an meiner Hand, dort, wo Kit Walker mich berührt hat.

2. KAPITEL

Alastair hält die Tür zu seinem Büro auf und bedeutet mir, als Erste einzutreten. „Setz dich.“

Ein wenig nervös rücke ich meinen Blazer zurecht. Dieses unerwartete Meeting mit meinem Boss wirft mich aus der Bahn. Ich werde das Gefühl nicht los, dass mein Job auf dem Spiel steht.

Könnte das sein?

Blödsinn, Alexandra, dieser Laden wäre nichts ohne dich.

Alastair hat meine Nervosität wohl bemerkt, denn er lacht, während er hinter dem Schreibtisch Platz nimmt. „Kein Grund zur Sorge, Alexandra. Du weißt, wie sehr ich deine Arbeit schätze. Setz dich bitte.“

Erleichtert komme ich seiner Bitte nach und sehe ihn erwartungsvoll an.

Er verschränkt die Finger und sieht nachdenklich auf seine Hände. „Das, was ich zu sagen habe, fällt mir nicht leicht“, sagt er schließlich. „Wir sind jetzt schon so lange Kollegen, und du gehörst zu meinen besten Leuten. Deswegen erzähle ich es dir, bevor es die anderen erfahren. Ich gehe, Alex.“

„Was meinst du damit?“, frage ich erschrocken.

Leise lacht Alastair. „Ich dachte eigentlich, du kannst es gar nicht erwarten, mich von hinten zu sehen.“

„Selbstverständlich nicht!“, rufe ich empört. Was fällt meinem Boss ein, mich jetzt zu verlassen? Wohin will er überhaupt?

„Nichts für ungut, Alex“, beschwichtigt er und trinkt einen Schluck von dem Tee, den ihm sein Assistent John zwischenzeitlich gebracht hat. „Ich weiß nicht, weshalb du so überrascht bist. Wir alle müssen mal in den Ruhestand gehen, selbst Workaholics wie du.“

„Ja, klar, aber du bist immer noch …“

„Jung?“, fragt er, lacht und schüttelt den Kopf. „Das schätze ich so an dir, dass du so unfreiwillig komisch bist. Willst du mir wirklich erzählen, du hättest das nicht kommen sehen?“

„Nein, wie denn auch? Du hast uns ja nicht vorgewarnt.“

„Tja, das tue ich hiermit. Offiziell reiche ich meinen Rücktritt zum Ende der Woche ein.“

Nur schwer kann ich dem Drang widerstehen, an meinen Fingernägeln zu kauen, so sehr wirft mich diese Neuigkeit aus der Bahn. Ein neues Management könnte alles verändern. Ich fühle mich wohl bei Cupid’s Arrow, weil Alastair Brite und sein Führungsstil sehr entspannt ist. Er war immer ein unkomplizierter und freundlicher Boss und hat mich meine Abteilung leiten lassen, wie ich wollte. Was wird geschehen, wenn er nicht mehr da ist?

„Was bedeutet das für uns?“, frage ich.

„Das erkläre ich dir gleich. Zuvor muss ich dich noch um einen Gefallen bitten.“

„Klar doch“, erwidere ich, denn ich würde alles für ihn tun. Schließlich hat Alastair mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Wenn er mir damals nicht vertraut hätte, hätte ich niemals eine solche berufliche Chance bekommen. Also tue ich selbstverständlich alles, worum er mich bittet.

„Ich erzähle es dir jetzt schon, weil du für dein Team verantwortlich bist. Ich weiß, dass du einen großen Teil der Arbeit selbst erledigst, vermutlich arbeitest du sogar noch mehr als ich. Es beschämt mich nicht zu gestehen, dass du den größeren Teil zum Erfolg dieses Unternehmens beigetragen hast. In Wirklichkeit bin ich nämlich ziemlich faul – ein Frauenheld, der im Informationszeitalter ein erfolgreiches Datingportal etablieren will. Ich hätte nie gedacht, dass es so ein großer Erfolg werden würde, und du hast großen Anteil daran, Alex. Ohne dich wären wir nicht dort, wo wir jetzt sind.“

Ich spüre, dass meine Mundwinkel zu zucken beginnen. „Das ist schon okay“, erwidere ich gerührt. „Du bist ein großartiger Boss. Zwei Ehen, zwei Scheidungen, zwei Söhne, um die du dich nebenbei kümmern musst und … nun ja, du bist eben ein charismatischer Mann. Bei jedem wichtigen Anlass in dieser Stadt vertrittst du auf ganzer Linie die Botschaft von Cupid’s Arrow.“

Alastair lacht etwas verlegen. „Wie wahr, wie wahr. Ich gebe zu, dass ich mit diesem Unternehmen gewachsen bin. Dich habe ich stets als meinen Schützling betrachtet, denn ich glaube, eines Tages kannst du dabei helfen, diesen Laden zu leiten. Allerdings gibt es da noch andere, denen dieses Privileg von Rechts wegen zusteht.“

Ich weiß, dass er von seinen Söhnen spricht. Sein Ältester ist sehr erfolgreich im Mediengeschäft tätig, während Kit eher in die Kategorie Partyheld fällt und für drei Jahre in Thailand oder so gewesen ist.

„William hat genug mit seiner eigenen Firma zu tun“, unterbricht Alastair meine Gedanken. Es ist beinahe so, als könne er sie lesen. „Und Kit … war für eine Weile in Thailand. Doch es ist an der Zeit, dass er lernt, hart zu arbeiten – oder wenigstens überhaupt zu arbeiten.“ Er lehnt sich zurück. „Kit verfügt über keinerlei Erfahrungen, was ich ehrlich gesagt jedoch nicht als Problem betrachte. Als du zu mir gekommen bist, hattest du auch keine, und jetzt sehen wir ja, wie weit du gekommen bist. Was mir bei Kit mehr Sorgen macht …“, nachdenklich runzelt er die Stirn, „… also, er ist nicht an ein geregeltes Berufsleben gewöhnt. Er ist genau so wie ich in seinem Alter – faul, unkonzentriert, unreif. Ich fürchte, das liegt in seinen Genen. Die Gene seiner Mutter sind wohl auch nicht besonders hilfreich, möchte ich dazu sagen.“

Alle wissen, dass Alastair seine zweite Frau, Kits Mutter, nur geheiratet hat, weil sie schwanger war. Sie war ein Partygirl, das er auf einer Reise nach London kennengelernt hat. Schon ziemlich bald nach der Eheschließung hat er ihr auch schon wieder den Laufpass gegeben.

„Aber Kit ist jung, für ihn besteht noch Hoffnung. Mit etwas Führung könnte er es sogar zu etwas bringen. Er scheint ganz erpicht darauf zu sein, meine Nachfolge anzutreten.“

Natürlich ist er das, denke ich. Wer würde nicht gern die Führung eines millionenschweren Unternehmens mit Hunderten von Angestellten übernehmen?

„Er ist brillant, Alex“, erklärt Alastair. „Und außerdem total gelassen. Er könnte es wirklich zu etwas bringen. Ich bin fest entschlossen, etwas Vernünftiges aus ihm zu machen. Es würde mir das Herz brechen, wenn er versagen und Schande über den Familiennamen bringen würde. Er hat so viel Potenzial.“

Die Vorstellung, zukünftig Anweisungen von jemand völlig Unerfahrenem entgegennehmen zu müssen, gefällt mir ganz und gar nicht. Doch was bleibt mir anderes übrig, als es hinzunehmen? Dieser Job bedeutet mir einfach zu viel, als dass ich ihn aufs Spiel setzen würde.

„Was kann ich tun, damit du dich mit dieser … Veränderung besser fühlst?“, frage ich.

Alastair lacht leise. „Konzentrier dich einfach auf das Geschäft – so wie immer. Kit könnte zwar einen Mentor gebrauchen, er würde aber nie einen akzeptieren. Er mag es nicht, wenn man ihm sagt, was er zu tun hat. Während er sich hier eingewöhnt, werde ich ein Auge auf ihn haben, aber ich kann nicht die ganze Zeit hier sein. Ich möchte, dass du ihn anleitest.“

Ihn anleiten.

Ausgerechnet ihn, diesen sexy, heißen, Frauenherzen brechenden Playboy, der Boss, nein, der meinen Boss spielen will, soll ich anleiten? Die Vorstellung behagt mir ganz und gar nicht.

„Warum so still, Alex? Ausgerechnet du, sonst nie um ein Wort verlegen, so schweigsam?“ Fragend sieht Alastair mich an. „Erinnerst du dich? Du hast versprochen, mir einen Gefallen zu tun.“

Seufzend lächle ich schließlich. „Da habe ich mir wohl selbst in den Fuß geschossen, oder?“

Alastair lächelt.

Trotzdem werde ich dieses beklemmende Gefühl in der Magengegend nicht los. Ich weiß, dass ich keine andere Wahl habe, als mich zu fügen. Doch ich kenne Typen wie Kit. Sie sind arrogant. Wahrscheinlich hatte er in der Schule gute Noten und hat alle Prüfungen mühelos bestanden. Solche Kerle fühlen sich stark genug, um die Welt zu erobern, aber Arbeit ist nichts für sie, weil sie nicht daran gewöhnt sind.

Ich bin völlig anders. Statt auf Partys zu gehen, habe ich immer studiert. Meine Eltern sind perfektionistische Workaholics, die kaum Zeit für mich hatten – es scheint also in meinen Genen zu liegen, hart und viel zu arbeiten.

Arbeit ist wie eine Religion für meine Eltern. Im Augenblick telefonieren wir lediglich zu Weihnachten und an Geburtstagen miteinander und sprechen dabei meistens über – Arbeit. Mein ein und alles ist meine kleine Schwester Helena, die ich auf die beste Uni geschickt habe, und das konnte ich nur, weil ich so hart arbeite. Sie ist in ihrem zweiten Semester in Stanford, und wir beide sind sehr stolz darauf.

Meine Eltern haben immer daran geglaubt, dass beruflich erfolgreiche Menschen nicht so geboren, sondern gemacht werden. Seit wir die Highschool beendet haben, haben sie weder mich noch Helena finanziell unterstützt. Sie halten das für eine prägende Erfahrung, doch ich denke, dass meine clevere, technikbegeisterte Schwester nur die beste Ausbildung genießen sollte.

Deshalb ist meine Arbeit so wichtig für mich. Ich arbeite in meinem Traumjob und möchte es meiner Schwester ermöglichen, ihren ebenfalls zu finden.

Ein Mann wie Kit weiß nichts davon, wie es ist, für einen anderen Menschen ein Opfer zu bringen. Er ist nicht mehr als ein Junge, der bisher nur Spaß im Leben gehabt hat. Ich stelle es mir schwierig vor, seine Babysitterin zu spielen, dafür habe ich außerdem nicht so schwer geschuftet. Nein, diese Vorstellung behagt mir ganz und gar nicht.

Ich habe einfach keine Zeit für arbeitsscheue Jungs. Es sei denn, meine Karriere steht auf dem Spiel.

„Was soll ich machen?“, frage ich Alastair.

„Steh ihm einfach zur Seite. Wenn er erst einmal Vertrauen zu dir gefasst hat, bemerkt er vielleicht, wie viel du arbeitest und möchte dir in nichts nachstehen. Beobachte ihn, bring ihm etwas bei und … halte mich auf dem Laufenden.“

„Und worüber soll ich dich auf dem Laufenden halten?“

„Wie er sich so anstellt. Schließlich steht sein Erbe auf dem Spiel. Ich möchte sicher sein, dass mein Junge es auch verdient. Und ehrlich gesagt hoffe ich, dass er durch deinen Einfluss ein wenig mehr Begeisterung für diese Firma zeigt, als ich es anfangs getan habe.“

Mir ist äußerst unwohl bei dem Gedanken daran, ihm über seinen Sohn berichten zu müssen, aber ich liebe Cupid’s Arrow zu sehr, um es in die falschen Hände fallen zu lassen. „Und wenn ich dir etwas berichte, was … was dir vielleicht nicht gefällt?“, frage ich.

„Dann hilf ihm dabei, sich zu ändern – zum Wohle der Firma.“ Nachdem er die Last der Verantwortung auf meine Schultern abgeladen hat, steht Alastair auf. „Lass ihn uns reinrufen.“

„Alastair, warte!“ Nur ungern möchte ich Kit Walker schon wiedersehen, während ich noch um Fassung ringe.

Doch mein Boss gibt seinem Assistenten bereits den Auftrag. „John, sind Sie vielleicht so freundlich und sagen meinem Sohn Bescheid?“

Rasch stehe ich auf, und es dauert keine zwei Minuten, dann klopft es drei Mal leise an der Tür. Kit wartet nicht einmal ab, bis Alastair ihn hereinbittet, sondern macht einfach die Tür auf.

Alastairs jüngster Sohn ist wirklich der heißeste Typ, dem ich jemals begegnet bin.

„Komm her, Kit“, sagt Alastair, der bereits wieder hinter dem Schreibtisch sitzt. „Alex und ich haben gerade über dich und Thailand gesprochen.“

Kit steht in der Tür und mustert mich. „Natürlich habt ihr das“, erwidert er in seinem sexy britischen Akzent.

Was, bitte schön, hat das jetzt wieder zu bedeuten?

„Alex, sind Sie eigentlich schon mal aus Chicago herausgekommen?“, erkundigt er sich, während er zu seinem Vater an den Schreibtisch geht.

„Sie können mich Alexandra nennen – oder Mrs. Croft“, erwidere ich steif.

Alastair lacht, und Kit zieht die Augenbrauen hoch. „Selbstverständlich, Miss Croft“, entgegnet er amüsiert. „Gibt es noch weitere Anweisungen für mich, bevor ich mich hinter diesen Schreibtisch setzen darf?“ In gespielter Ehrfurcht streichelt er das Holz, als sähe er den Tisch zum ersten Mal.

Macht er sich über mich lustig? Hat er etwa unser Gespräch belauscht, oder ist er einfach clever genug, um zu wissen, was sein Vater vorhat?

In mir regt sich Widerwille. Am liebsten würde ich ihn warnen. Pass auf! In dieser Firma wissen die Leute ihre Arbeit zu schätzen und werfen ihre Zeit nicht weg wie du deine Frauen. Aber natürlich sage ich nichts dergleichen. „Nur eine Bitte, Mr. Walker. Ihr Vater hat mir stets vertraut, wenn es um das Wohl meines Teams ging. Ich hoffe, dass Sie es genauso handhaben werden.“

„Oh, mich können Sie ruhig Kit nennen.“ Er lächelt. „Und ich gebe mein Bestes, um Ihnen dieselben Freiheiten zu gewähren, die Sie unter meinem Vater genossen haben, Miss Croft.“ Das Lächeln ist genauso umwerfend wie der Typ, zu dem es gehört.

Dabei weiß ich, dass er mit mir spielt – und ich ahne, dass sich hinter dem hübschen Gesicht weit mehr verbirgt, als auf den ersten Blick offenkundig ist. Wie Alastair schon sagte – sein Sohn ist intelligent, stolz und hat offenbar einen sechsten Sinn. Ich kann nichts dagegen tun, aber Kits Lächeln berührt mich tief.

Autor

Katy Evans
New York Times, USA TODAY und Wall Street Journal Bestsellerautorin Katy Evans schreibt Geschichten, die mitten ins Herz treffen – mit anbetungswürdigen Helden und sympathischen Heldinnen, die wissen, was sie wollen. Um mehr über sie und ihre Bücher zu erfahren, besuchen Sie ihre Website. Sie freut sich, von Ihnen zu...
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