Skandal um Prinzessin Cecelia

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Cecelias heißes Liebesabenteuer mit Shane hat Folgen: Die Prinzessin erwartet ein Kind - von einem Bürgerlichen, der zudem ihr größter geschäftlicher Konkurrent ist. Um einen Skandal zu vermeiden, gibt es nur eine Lösung: Shane muss schnellstens um Cecelias Hand anhalten ...


  • Erscheinungstag 16.12.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733754532
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Erleichtert legte Fürst Easton Carradigne den Hörer auf. Aller Voraussicht nach war die Zukunft des kleinen Fürstentums Colina nun gesichert.

Schwerfällig erhob sich der achtundsiebzigjährige Fürst, um aus dem hohen Fenster die geliebte Aussicht zu bewundern.

Trotz der abendlichen Stunde waren die Weite und die Pracht der Landschaft unübersehbar. Selbst jetzt im Februar war das Land dank des milden Mittelmeerklimas schneefrei.

Nichts auf der Welt lässt sich mit Colina vergleichen, dachte Easton. In Scharen schwärmten die Touristen in dieses Paradies, das sich vom Gebirge bis hinunter zum Meer zwischen Frankreich und Spanien erstreckte. Sie schätzten die traumhaften Strände, die heißen Quellen in den Bergen, das gute Klima und die vorzüglichen Weine.

Easton regierte dieses Land und seine hunderttausend Untertanen seit mehr als fünfzig Jahren voller Hingabe und hoffte von Herzen, dass seine Nachfolgerin es ihm gleichtun würde.

Noch bis vor einem Jahr war sein ältester Sohn Byrum als Erbprinz der designierte Thronfolger gewesen. Doch bei einer Safari in Afrika war Byrum zusammen mit seiner Frau Sarah durch einen Jeep-Unfall ums Leben gekommen.

Traditionsgemäß hätte Eastons Wahl nun auf deren Sohn Markus fallen müssen, doch dann waren ihm unglaubliche Gerüchte zu Ohren gekommen. Es hieß, Markus hätte beim Unfall seiner Eltern die Hände im Spiel gehabt. Doch abgesehen vom Wahrheitsgehalt dieser Geschichten ließen ihn auch sein exzessiver Alkoholkonsum und seine häufigen Depressionen nicht geeignet erscheinen, das Fürstentum zu regieren.

Während der Trauer um Byrum hatte Easton sich keine Gedanken über seine Nachfolge gemacht, bis sich seine hin und wieder auftretenden Schwächeanfälle im letzten Monat so verschlimmert hatten, dass sein Hausarzt ihn unter strengster Geheimhaltung zu ärztlichen Untersuchungen nach Paris schickte.

Die Ärzte dort fanden heraus, dass er an einer seltenen, unheilbaren Blutkrankheit litt. Sie gaben ihm noch höchstens ein Jahr zu leben.

Damit war die Frage der Nachfolge nun vordringlich geworden. Obwohl das Fürstentum in seiner achthundertjährigen Geschichte fast immer in direkter Linie vom Vater auf das älteste Kind vererbt worden war, gestattete das Gesetz ausdrücklich, dass der Fürst seinen Nachfolger selbst bestimmen konnte.

Dies hatte er nun vor.

Ein leises Klopfen an der Tür kündigte Fürst Eastons Berater General Harrison Montcalm an.

„Ist alles vorbereitet, Durchlaucht?“, fragte er.

„Mein Privatjet steht morgen in aller Frühe zum Abflug bereit“, erwiderte Easton. „Meine Schwiegertochter erwartet uns.“ Wie lange hatte er die elegante Charlotte Delacey Carradigne nicht gesehen? Zwanzig Jahre?

Ihr letztes Zusammentreffen hatte stattgefunden, nachdem sein jüngster Sohn Drake bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen war. Er hinterließ seine Frau und drei Töchter in New York. Charlotte war als Präsidentin der familieneigenen Reederei sehr beschäftigt und hatte Colina seit Drakes Beerdigung nicht mehr besucht. Zu seiner Schande musste Easton sich eingestehen, dass er seine Enkelinnen sträflich vernachlässigt hatte.

Die Zeit verging so schnell. Viel zu schnell, wie Easton jetzt erkennen musste.

„Sie haben den wahren Grund Ihres Besuchs nicht genannt?“, fragte Sir Harrison.

„Nein. Ich wollte meine Enkelinnen sehen, wie sie wirklich sind. Je weniger sie wissen, desto besser. Vor allem, was Cecilia angeht.“

„Also haben Sie Prinz James nicht als Thronerben in Betracht gezogen?“ Nur Sir Harrison durfte es wagen, eine solche Frage zu stellen.

„Das steht nicht zur Debatte“, erwiderte Easton bedrückt. „Glauben Sie mir, ich wünschte, es wäre anders.“

Sein zweiter Sohn James, der als Wildhüter in Wyoming jobbte, war das schwarze Schaf der Familie. Er hatte drei gescheiterte Ehen mit nicht standesgemäßen Frauen hinter sich, aus denen mehrere Kinder hervorgegangen waren. Keines dieser Kinder schien zur Thronfolge geeignet.

Nein, Charlottes Töchter waren seine Favoriten. Vor allem die Älteste, Cecilia, die ihr Studium der Betriebswirtschaft erfolgreich abgeschlossen hatte und jetzt als Vizepräsidentin der Reederei DeLacey arbeitete. Mit neunundzwanzig Jahren schien sie Easton erfahren genug, das kleine Fürstentum zu regieren.

„Wie Sie es wünschten, werden wir mit kleinem Stab reisen“, bemerkte Sir Harrison.

„Sehr gut. Ellie kommt doch mit?“ Eleanor Standish war die Privatsekretärin des Fürsten.

„Sicher. Außerdem begleiten uns sechs Bodyguards“, fuhr Sir Harrison fort. „Und natürlich der Sicherheitschef.“

Sir Harrison machte keinerlei Anspielung darauf, dass es sich bei Sicherheitschef Captain Devon Montcalm um seinen eigenen Sohn handelte.

„Der Duke of Raleigh aber auch, oder?“, fragte Easton.

„Sicher. Er ist über seinen delikaten Auftrag informiert.“ Cadence St. John sollte vor allem über die Sicherheit der Prinzessinnen wachen. Denn sollte Markus tatsächlich für den Tod seiner Eltern verantwortlich sein, würde er mit Sicherheit nicht zögern, die Prinzessinnen einzuschüchtern oder möglicherweise sogar zu bedrohen.

„Ich hoffe sehr, dass Prinzessin Cecilia Ihren Vorstellungen entsprechen wird“, sagte Sir Harrison.

„Das wird sie“, bekräftigte der Fürst, ehe er seinen Berater entließ.

„Glückwunsch“, sagte die Ärztin. „Sie sind schwanger.“

„Ich bin was?“ CeCe Carradigne saß auf dem Rand der Untersuchungsliege und versuchte diese Neuigkeit zu verdauen, die ihr galt – der unverheirateten CeCe, die bisher absolut keine mütterlichen Gefühle entwickelt hatte.

„Die Schwangerschaft war geplant, nehme ich an?“, fuhr Dr. Elizabeth Loesser fort.

„Nicht wirklich.“ CeCe rang vergeblich um Fassung.

„Eine Schwangerschaft ist immer etwas Erfreuliches, vor allem, wenn die Mutter so kerngesund ist wie Sie“, sagte die Ärztin. „Sollten Sie jedoch eine Freigabe zur Adoption erwägen, werde ich Ihnen selbstverständlich auch weiterhelfen.“

Eine Carradigne und ihr Baby zur Adoption freigeben? Das wäre ein gefundenes Fressen für die Klatschpresse. CeCe sah schon die Schlagzeilen vor sich: „Fürstliches Baby unerwünscht“.

Doch auch so würden sich die Paparazzi auf die Geschichte stürzen, sobald ihre Schwangerschaft publik würde: „Prinzessin schwanger, aber wo ist der Vater?“, würden sie in jeden Winkel Amerikas trompeten.

„Eine Freigabe zur Adoption kommt natürlich nicht in Frage“, antwortete sie.

„Nun, ich bin sicher, der werdende Vater wird sich seiner Verantwortung stellen“, fügte Dr. Beth hinzu.

„Der Vater?“, wiederholte CeCe. Auch das noch! Die Neuigkeiten hatten sie so überwältigt, dass sie bisher keinen Gedanken an Shane O’Connell verschwendet hatte. „Er hat damit nichts zu tun.“

„Ach, meine Liebe.“ Offenbar nahm Dr. Beth an, der Vater sei verheiratet.

Verdammter Shane O’Connell! Der Typ sollte nur versuchen, Besitzansprüche zu stellen!

Warum musste sie aber auch Hals über Kopf mit diesem dunkelhaarigen, dunkeläugigen Mann ins Bett steigen!

Obwohl die Erfahrung ganz außergewöhnlich aufregend gewesen war. Bei dem Gedanken an Shanes schmale Hüften und seinen verführerischen Mund spürte sie eine plötzliche innere Hitze.

Wütend über sich selbst, schenkte CeCe der restlichen Unterhaltung mit der Ärztin nur noch wenig Aufmerksamkeit. Sie hatte nur einen einzigen Gedanken: Was soll ich jetzt tun?

Nachdem sie einen neuen Untersuchungstermin vereinbart hatte, gab CeCe telefonisch ihrem Fahrer Bescheid, dass er sie abholen sollte. Dann verließ sie hastig die Arztpraxis, die mit Informationen für werdende Mütter und Vitaminen voll gestopfte Aktentasche fest unter den Arm gepresst.

Schwanger! Und ausgerechnet von Shane O’Connell!

CeCe selbst hatte die Zusammenarbeit zwischen seinem Transportunternehmen und der Reederei DeLacey eingefädelt, um auf internationaler Ebene noch konkurrenzfähiger zu werden. Obwohl ihre Geschäftsinteressen übereinstimmten, verliefen die Verhandlungen zwischen ihnen zumeist stürmisch.

Sie neigten beide zu ausgeprägtem Eigensinn, und sobald sie sich gemeinsam in einem Raum befanden, krachte es. Außer in dieser einen bewussten Nacht.

Shane und sie hatten sich in seiner Wohnung verabredet, weil sie dort ungestörter verhandeln konnten als in dem zweigeschossigen Penthouse, wo CeCe mit ihrer Mutter, einer ihrer Schwestern und dem Personal lebte. Sie hatte keinen Augenblick bedacht, dass es gefährlich sein könnte, einen Abend mit einem Mann allein in dessen Wohnung zu verbringen.

Sie hatten über Geschäfte gesprochen und sich dabei wie üblich gestritten, während sie einige Drinks nahmen. Plötzlich hatten sie einander in den Armen gelegen.

Hinterher waren sie beide überaus verlegen gewesen. Zumindest CeCe, die sich so schnell wie möglich verabschiedet hatte.

Und ausgerechnet diese eine Liebesnacht war nicht ohne Folgen geblieben.

Draußen auf der Straße wehte ein eisiger Wind den Duft von frischen Hotdogs von einem nahe gelegen Imbissstand herüber. Heißhunger überfiel CeCe.

Waren Hotdogs gut für das Baby? Egal. Sie lief die wenigen Schritte zum Imbiss. Kaum hatte sie ihren Hotdog bezahlt, hielt auch schon der Mercedes mit ihrem Fahrer an der Ecke.

„Ins Büro bitte“, wies sie den Chauffeur Paulo an. Ein Blick auf die Uhr zeigte CeCe, dass es bereits nach ein Uhr war. Und um halb zwei hatte sie einen Termin mit Shane.

Shane war immer sehr ungeduldig, daher wollte CeCe sich auf keinen Fall verspäten und ihm dadurch einen Vorteil verschaffen. Der gemeinsame Liefervertrag mit dem chinesischen Spielzeughersteller Wuhan musste unter Dach und Fach gebracht werden, und sie würden sich heute zum ersten Mal seit jenem bewussten Abend sehen.

Sollte sie ihm von der Schwangerschaft erzählen? Vermutlich hatte er ein Recht darauf, es zu erfahren. Die Frage war nur: Wie informierte man einem äußerst smarten Selfmademan möglichst geschickt über seine bevorstehende Vaterschaft?

Um genau ein Uhr neunundzwanzig erreichten sie das neunzehnstöckige Verwaltungsgebäude der Reederei DeLacey. CeCe sprang aus dem Wagen, bedankte sich bei Paulo und eilte durch die Lobby.

Schwungvoll stieß sie die zweiflügelige Glastür mit der Aufschrift ‚Geschäftsführung – Vizepräsidentin‘ auf. Ihre Sekretärin Linzy Lamar saß vor einem der PCs, sprang bei CeCes Erscheinen aber sofort auf. Sie war eine gut aussehende geschiedene Frau von Mitte dreißig, die voll in ihrem Beruf aufging.

„Mr. O’Connell erwartet Sie bereits in Ihrem Büro“, sagte sie. „Und Ihre Mutter wollte Sie ebenfalls sprechen.“

„Hat sie Ihnen den Grund genannt?“

„Nein, Miss Carradigne. Sie meinte, sie würde später noch einmal vorbeischauen. Ich habe Ihnen die neue Verkehrsstatistik auf den Schreibtisch gelegt.“

„Danke“, erwiderte CeCe im Vorbeigehen und öffnete die breite, glänzende Holztür zu ihrem hellen Arbeitszimmer.

Shanes breitschultrige Silhouette hob sich vor einem der Fenster mit Blick über den Hafen ab. „Ich rufe Sie zurück“, sagte er gerade in sein Handy und beendete das Gespräch. Stirnrunzelnd wandte er sich zu CeCe um.

Als ihre Blicke sich trafen, schien die Zeit für einen Augenblick stillzustehen.

Aus seinen dunkelbraunen Augen musterte er CeCe so eindringlich, dass sie kaum zu atmen wagte. In den zwei Monaten seit ihrem letzten Zusammentreffen hatte sie ganz vergessen, welche Anziehungskraft er ausüben konnte.

Er tippte auf seine Armbanduhr. „Du kommst fünf Minuten zu spät. Ich bin ziemlich in Eile, mein Terminkalender ist voll.“

„Ich wurde unerwartet aufgehalten“, gab sie kühl zurück und knallte ihre Aktentasche auf den Schreibtisch.

„Beim Mittagessen, nehme ich an.“

„Keineswegs. Ich habe unterwegs gegessen.“

„Davon bekommt man Magengeschwüre.“

„Das lass mal mein Problem sein.“

Shane schenkte ihr ein schiefes Lächeln, das ihr eine Hitzewelle durch den Körper jagte. Ärgerlich über ihre Reaktion knöpfte sie ihren Mantel auf und warf ihn über einen Sessel.

„Dann lass uns mit der Arbeit anfangen, wenn du schon nicht über deine Essgewohnheiten reden willst.“ Er legte seinen Laptop auf den Konferenztisch und klappte den Deckel auf. In knappen Worten legte er ihr seine Pläne dar.

CeCe saß neben ihm, doch seine bloße Gegenwart lenkte sie so ab, dass sie ihm gar nicht richtig zuhören konnte.

„Du hast ganz glasige Augen“, bemerkte er nach einer Weile. „Langweile ich dich?“

„Überhaupt nicht“, erwiderte CeCe. „Dein Plan ist brillant.“

Mit einem Mal wurde ihr klar, dass sie selbst auch einen brillanten Plan brauchte, und zwar ganz dringend. Nicht für das Geschäft mit Wuhan, sondern um das Thema Kinder zur Sprache zu bringen.

„Hast du noch Vorschläge?“

„Spielzeug“, sagte CeCe.

„Wie bitte?“

„Sie stellen Spielzeug her.“

„Das weiß ich.“

Wie immer, wenn CeCes Gehirn auf vollen Touren arbeitete, sprudelten die Ideen nur so aus ihr heraus. „Wir werden mehr tun, als nur ihre Produkte zu befördern“, erklärte sie Shane. „Zusätzlich machen wir kostenlose Werbung für sie und für uns gleich mit.“

„Und wie stellst du dir das vor?“

„Du weißt doch, dass DeLacey zwei neue Containerschiffe kaufen wird, falls wir den Vertrag an Land ziehen“, sagte sie. „Ich stelle mir vor, sie in Wuhans Unternehmensfarben zu lackieren, also in …“

„Gelb und rot“, ergänzte Shane.

„Genau. Ihr Logo setzen wir direkt neben unseres und ziehen ihre Flagge unter unserer eigenen auf. Und bei deinen Flugzeugen und LKWs verfahren wir genauso. Für jeden soll auf einen Blick erkennbar sein, dass DeLacey und O’Connell Spielzeug bringen.“

„Wie der Nikolaus“, ergänzte Shane.

„So ist es.“ CeCe gefiel ihre Idee immer besser. „Und zusätzlich starten wir in sämtlichen Medien eine professionelle Werbekampagne.“

„Das könnte klappen“, gab Shane nachdenklich zu. „Eine persönliche Note ist genau das, was den meisten Transportunternehmen fehlt.“

„Apropos Kinder …“, sagte CeCe und unterbrach sich mitten im Satz.

„Ja?“ Er war ihr jetzt ganz nah.

„Magst du sie?“

„Ob ich Kinder mag?“, wiederholte er. „Worauf willst du hinaus?“

„Du könntest zum Beispiel als … Sprecher auftreten. In den Werbefilmen. Könntest erklären, wie wichtig Kinder für menschlichere Geschäftsbeziehungen sind. Darüber, dass du selbst es kaum erwarten kannst, eigene Kinder zu haben.“

„Ich?“

„Wer denn sonst?“, fragte CeCe. „Ich meine, ich bin eine Frau. Wen reißt es schon vom Hocker, wenn ich über Kinder rede? Aber wenn du davon erzählst, was Vaterschaft bedeutet – oder bedeuten kann – oder wie sehr du dich darauf freust …“

„Tut mir leid, CeCe.“ Shane lehnte sich zurück. „Dafür bin ich nicht der Typ.“

„Wieso nicht?“, fragte sie und hoffte, dass sich ihre Enttäuschung nicht allzu deutlich auf ihrem Gesicht abzeichnete.

„Ich habe kein Interesse an Kindern“, erwiderte er knapp. „Sie würden mir schlicht das Gefühl geben, in der Falle zu sitzen“, fuhr er fort. „Meine eigene Kindheit war ziemlich bescheiden. Das soll keine Entschuldigung sein, aber das Thema Familie ist nicht mein Ding.“

„Du Egoist!“, fuhr CeCe ihn an und sprang auf, weil sie es nicht ertrug, auch nur eine Sekunde länger neben ihm zu sitzen. „Ich dachte, die Zeiten hätten sich längst geändert, schließlich demonstrieren Männer heutzutage auf der Straße für ihre Rechte als Väter. Lebst du immer noch im Mittelalter, oder was?“

„Einen Augenblick mal.“ Shane stand nun ebenfalls auf. „Um Himmels willen, wovon reden wir eigentlich? Ich dachte, es geht hier um eine Werbekampagne. Nimm es doch nicht so persönlich.“

„Es ist eine großartige Werbekampagne.“ CeCe hob die Stimme. „Zumindest war sie großartig, bis du sie kaputtgemacht hast.“

„Was ist eigentlich los?“ Shane betrachtete sie verständnislos.

„Nichts ist los. Alles. Liegt das denn nicht auf der Hand?“

„Vielleicht sollten wir erst mal über das reden, was zwischen uns geschehen ist“, schlug Shane vor.

„Gar nichts ist geschehen“, erwiderte CeCe.

„Wenn nichts geschehen ist“, erklang die Stimme ihrer Mutter von der Tür her, „warum regst du dich dann so auf?“

CeCe erstarrte. Wie viel hatte Charlotte wohl mitgehört?

Mit natürlicher Anmut betrat ihre Mutter den Raum. „Schön, Sie zu sehen, Shane“, sagte sie.

„Es ist mir ein Vergnügen, Lady Charlotte“, erwiderte er höflich. Wie alle Menschen in New York, mit Ausnahme ihrer eigenen Töchter, hatte er großen Respekt vor ihr.

Ihre Kleidung und ihr Äußeres waren immer tadellos und perfekt auf die Gelegenheit abgestimmt. Heute trug sie einen blauen Wollblazer, der die Farbe ihrer Augen betonte, zu einer grauen Seidenbluse und einem weißen Wollrock.

„Diskutiert ihr den Wuhan-Vertrag?“, fragte Charlotte. „Was habt ihr beschlossen?“

Sie blieb stehen, also fassten CeCe und Shane sich kurz. Die Präsidentin der Reederei DeLacey nickte zustimmend, als sie geendet hatten. „Sagt mir Bescheid, wenn ihr die Präsentation fertig habt.“

„Einer der Repräsentanten von Wuhan hat CeCe und mich für übermorgen zu einem Brunch eingeladen“, sagte Shane. „Er kann es kaum abwarten, eine echte Prinzessin kennen zu lernen.“

„Gut, sie wird da sein“, antwortete Charlotte, ohne ihre Tochter zu fragen, ob ihr der Termin auch passte. „Würden Sie uns jetzt bitte entschuldigen, Shane?“

„Natürlich.“ Shane klappte seinen Laptop zu. Als er sich verabschiedete, spürte CeCe wieder seinen eindringlichen Blick auf sich ruhen.

Nachdem die Tür sich hinter ihm geschlossen hatte, sagte Charlotte unvermittelt: „Sieh an, sieh an. Da hast du eine Eroberung gemacht.“

„Wie bitte?“

„Du bist natürlich nicht die Richtige für ihn“, fuhr ihre Mutter ungerührt fort. „Ein Mann wie er braucht eine Frau, die bereit ist, ihn zum Mittelpunkt ihres Lebens zu machen. Eine Frau, die sanft und nachgiebig ist, was man von dir ja nicht behaupten kann. Nicht umsonst nennt man dich in der Firma ‚Barrakuda‘.“

Obwohl CeCe im Grunde einer Meinung mit Charlotte war, zuckte sie bei den Worten ihrer Mutter innerlich zusammen.

„Linzy sagte mir, du warst vorhin schon mal da. Was gibt es?“, fragte sie, um das Thema zu wechseln.

„Eine Überraschung – dein Großvater wird uns besuchen“, sagte Charlotte. „Na, was sagst du dazu? Er trifft schon morgen ein. Vermutlich ist es fürstliches Vorrecht, sich nicht lange vorher anzumelden.“

„Weshalb kommt er nach New York?“, fragte CeCe aufgeregt. „Normalerweise unternimmt er doch keine weiten Reisen mehr.“

„Er hat mir keine Erklärung gegeben. Nur dass die Reise geheim ist“, erwiderte Charlotte. „Er wird bei uns wohnen. Sein Stab hält sich in der Botschaft auf. Die Bodyguards quartieren wir in der freien Wohnung unter uns ein.“

CeCe war vollkommen durcheinander. In ihrem Privatleben herrschte gerade ein solches Chaos, wie sollte sie da den Besuch des Fürsten unterbringen? Aber ihr blieb ja keine Wahl. „Kann ich irgendwie behilflich sein?“

„Er hat ausdrücklich darum gebeten, dass du dir Zeit für ihn nimmst“, sagte ihre Mutter. „Also richte dich bitte in allem nach seinen Wünschen.“

„Aber meine Arbeit …“

„Nimm dir frei“, schlug Charlotte vor. „Zu diesem Brunch mit Shane solltest du allerdings gehen. Nichts beeindruckt manche Kunden so sehr wie eine echte Prinzessin. Ansonsten komme ich aber auch ganz gut ohne dich zurecht, schließlich leite ich die Firma seit dem Tod deines Vaters.“

Die Worte ihrer Mutter trafen CeCe wie ein Schlag ins Gesicht. Seit dem Abschluss ihres Betriebswirtschaftsstudiums vor fünf Jahren hatte sie intensiv daran gearbeitet, die Firmenstruktur der Reederei von Grund auf zu reorganisieren. Aber diese Leistung schien Charlotte wenig zu beeindrucken.

„Schade, dass dir meine Arbeit so wenig wert ist.“

„Jetzt mach aus einer Mücke keinen Elefanten.“ Ihre Mutter brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen. „Du bist mir die meiste Zeit eine große Hilfe. Jetzt denk aber bitte daran, dass der Fürst morgen Nachmittag eintrifft, du wirst das Büro also rechtzeitig verlassen. Den Rest besprechen wir zu Hause.“

Damit verließ sie den Raum, und CeCe blieb vor Wut schäumend zurück. Manchmal wusste sie wirklich nicht, wer sie mehr in Rage brachte, Charlotte oder Shane.

Plötzlich wurde ihr übel. Das brachte sie wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Bis zur Abreise des Fürsten musste sie ihre Schwangerschaft unbedingt auch vor der Familie geheim halten.

2. KAPITEL

Shane hielt sein Handy ans Ohr gepresst, als das Taxi vor dem Bürogebäude in der Madison Avenue hielt, in dem O’Connell Industries ein ganzes Stockwerk belegte.

„Dann bis Donnerstag“, sagte er zu dem chinesischen Handelsvertreter, mit dem er gerade ein Treffen in einem französischen Restaurant in der Nähe von CeCes Wohnung vereinbart hatte. „Die Prinzessin freut sich, Sie kennen zu lernen.“

Er bezahlte den Fahrer, nahm seine Aktentasche und hastete durch die überfüllte Lobby zum Fahrstuhl.

In der einunddreißigsten Etage befand sich die Zentrale von O’Connell Industries. Wie immer genoss es Shane, die weitläufige Empfangshalle zu durchqueren, wo an zahlreichen Schreibtischen hektisch gearbeitet wurde und ununterbrochen Telefone klingelten. Was für ein Kontrast zu dem schäbigen Loch, in dem er seine Karriere begonnen hatte.

„Mr. O’Connell? Ferguson ist da“, begrüßte ihn seine Sekretärin Tawny Magruder, als er seine Büroräume erreichte. Mit einer Kopfbewegung wies sie auf den Mann, der vor Shanes Arbeitszimmer wartete.

Ed Ferguson war Shanes persönlicher Assistent und Butler und als solcher zuständig für die beiden Wohnungen an der Ost- beziehungsweise an der Westküste, das Ferienhaus, die Yacht und den Firmenjet.

Über dem Arm hielt er einen in Plastikfolie gehüllten Smoking. „Ich dachte, Sie haben womöglich nicht genug Zeit, um sich zu Hause für die Charity-Veranstaltung heute Abend umzuziehen.“

„Was täte ich nur ohne dich?“, fragte Shane Ed, mit dem er früher in einer Wohngruppe für Vollwaisen gelebt hatte. Aus anfänglicher Freundschaft hatte sich schließlich ein vertrauensvolles Arbeitsverhältnis entwickelt.

„Genau. Womöglich kämen Sie sonst noch auf die Idee, ich könnte Ihre Klamotten von der Reinigung holen“, sagte Tawny.

„Nie würde ich es wagen, dich darum zu bitten“, erwiderte Shane.

Seine Sekretärin lächelte. Genau wie Ed und er hatte auch sie eine schwierige Vergangenheit hinter sich und war Shane so treu ergeben, dass sie ihn notfalls sogar mit Klauen und Zähnen verteidigt hätte.

„Wenn Sie Hilfe beim Anziehen brauchen, kann ich später noch einmal wiederkommen“, meinte Ferguson, der darauf bestand, seinen Chef und Freund zu siezen.

„Ich bin durchaus in der Lage, mich allein anzuziehen, Ed. Aber vielen Dank für den Smoking.“

In seinem Büro erledigte Shane zuerst seine E-Mails und tätigte dann einige Telefonate. Er liebte diesen Arbeitsraum genauso wie sein Büro in Long Beach. Aber im Gegensatz zu CeCe Carradigne würde er den Luxus seiner Umgebung nie als selbstverständlich betrachten.

CeCe Carradigne. Vor seinem geistigen Auge erschien ihre aristokratische, schlanke Gestalt. Er sah ihre großen grünen Augen vor sich, die durch die blonden Ponyfransen und die etwas schräg stehenden Wangenknochen noch betont wurden.

Vergeblich hatte er heute auf ein kleines Zeichen von Vertrautheit von ihr gewartet. Hatte er doch insgeheim gehofft, sie würde ganz entspannt sein und mit ihm scherzen, vielleicht seine Wange berühren …

Nichts davon war geschehen. Anscheinend war sie wirklich aus Eis, wie die Leute behaupteten.

Wenn sie nur nicht diese Anziehungskraft auf ihn ausüben würde. Von Anfang an hatte er ihre Intelligenz bewundert, doch nachdem er nun die weiche weibliche Seite hinter ihrem geschäftsmäßigen Auftreten entdeckt hatte, war er erst wirklich fasziniert von ihr.

CeCe Carradigne ging ihm einfach nicht mehr aus dem Kopf.

Warum hatte sie sich nur so aufgeregt, als er sich nicht für die Freuden der Vaterschaft begeistern wollte? Wahrscheinlich, weil er ihr damit ihre brillante Werbeidee verdorben hatte. Aber er war nun wirklich nicht der richtige Mann dafür, da er keinerlei Interesse an Kindern hatte und sich nicht einmal vorstellen konnte, selbst jemals eigene zu haben.

Sein Vater war bei einem Werksunfall ums Leben gekommen, als Shane acht Jahre alt war. Von da an hatte seine Mutter tagsüber als Krankenschwester und nachts als Bedienung arbeiten müssen, um sie beide durchzubringen. Meistens kam Shane also von der Schule in die leere Wohnung, machte sich sein Essen selbst und legte sich schlafen, ohne seine Mutter gesehen zu haben.

Als er zwölf war, geriet sie vor dem Lokal, in dem sie arbeitete, in eine Schießerei zwischen zwei feindlichen Banden. Sie hatte sich zur falschen Zeit am falschen Ort aufgehalten, wie die Polizei hinterher sagte.

Shane vermisste seine Mutter verzweifelt und hasste die beiden Waisenhäuser, in denen er untergebracht wurde. Er riss häufig aus, bis er schließlich in eine betreute Wohngruppe kam.

Warum nur stiegen jetzt diese Erinnerungen in ihm auf, die er längst vergessen geglaubt hatte? Wahrscheinlich, weil CeCe von Kindern gesprochen hatte.

Schade, dass ihr Gespräch unterbrochen worden war. Shane wandte sich erneut dem Computer zu.

Seine Firma und die Reederei DeLacey waren miteinander vernetzt, unter anderem, um Videokonferenzen abhalten zu können. Dieses System wollte er jetzt gleich nutzen.

Während des neunstündigen Fluges von Colina nach New York döste Fürst Easton die meiste Zeit vor sich hin. Er war dankbar für den Komfort des Privatjets, auch wenn vieles für die Luxusliner sprach, mit denen man früher bevorzugt den Atlantik überquert hatte.

Mit seiner jungen Frau Cassandra war er einige Jahre nach dem Tod seines Vaters Fürst Cyrus per Schiff nach Amerika gereist. Damals hatten sie Staatsgeschäfte mit ihren Flitterwochen kombiniert.

Obwohl Cassandra vorgab, nicht gern in der Öffentlichkeit aufzutreten, wurde sie aufgrund ihrer Eleganz und ihrer Schlagfertigkeit schnell zum Liebling der Presse.

Noch immer vermisste er Cassandra unendlich, war sie doch seine beste Freundin und Beraterin gewesen. Ihr Tod vor sechs Jahren hatte den Fürsten in tiefe Verzweiflung gestürzt.

Mit Freuden hätte er sein Leben für ihres und für das seiner beiden toten Söhne gegeben. Mit Cassandra hatte er seine Trauer geteilt, als Drake zusammen mit seinem Schwiegervater beim Absturz einer Privatmaschine ums Leben kam, während sein Neffe Markus schwer verletzt überlebt hatte.

Easton erinnerte sich daran, wie Byrum und Sarah einen Wachposten vor dem Klinikzimmer ihres Sohnes postiert hatten, und wie glücklich sie gewesen waren, als sie ihren fünfzehnjährigen Sohn endlich wieder nach Hause – nach Colina – holen konnten. Es schien unfassbar, dass dieser geliebte Sohn die Finger beim Tod seiner Eltern im Spiel gehabt haben sollte. Doch die Gerüchte waren nie ganz verstummt.

Die Erinnerungen wühlten ihn so auf, dass an Schlaf nicht mehr zu denken war. Er bestellte sich etwas zu essen, und kurze Zeit später landete der Jet in New York.

Autor

Jacqueline Diamond
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