So heiß brennt unser Begehren

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Einem Mann hinterherzulaufen, der ihr das Herz gebrochen hat, ist für Brooke Davis normalerweise das Letzte. Und jetzt muss sie Nicolas Alessandro um die halbe Welt folgen, um ihm zu gestehen, dass sie schwanger ist. Aber auch er hat eine Überraschung für sie: Er hat ihr seine adelige Herkunft verschwiegen. Nic ist ein Prinz, und eine Bürgerliche wie Brooke ist natürlich nicht standesgemäß. Ihre Beziehung hat also keine Zukunft. Trotzdem lodert das Feuer des Begehrens zwischen ihnen plötzlich heißer als jemals zuvor …


  • Erscheinungstag 21.02.2017
  • Bandnummer 1964
  • ISBN / Artikelnummer 9783733723606
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Über das Flüstern des Windes hinweg, der durch die Zedern auf der hügeligen Seite der Insel wehte, waren plötzlich Schritte zu hören, die näher kamen. Nic Alessandro wusste, er war nicht mehr allein.

„Hier hast du dich also versteckt!“

Die Stimme von Brooke Davis war wie sein Lieblingswodka: rauchig und weich, sexy, mit einem Hauch von Schärfe. Und sie stieg ihm genauso schnell zu Kopf.

Nicht genug, dass ihm sein Kater schwer zu schaffen machte. Brookes unerwartetes Auftauchen brachte ihn jetzt völlig durcheinander. Denn er durfte sich über ihr Erscheinen nicht freuen. Die Zukunft, die er einmal mit ihr geplant hatte, war unmöglich geworden.

Sein älterer Bruder Gabriel hatte eine Frau geheiratet, die keine Kinder bekommen konnte. Gabriel würde somit keinen Sohn haben, der den Thron von Sherdana übernehmen konnte, dem Fürstentum, das seit vielen Hundert Jahren von Nics Familie regiert wurde. Nic war der Nächste in der Thronfolge und musste daher eine Ehefrau wählen, die vom Gesetz seines Landes als zukünftige Mutter der fürstlichen Linie akzeptiert werden würde. Doch Brooke war Amerikanerin und kam daher nicht infrage.

„Ist dies das kleine Haus am Berg, von dem du mir erzählt hast?“, fragte Brooke nun und trat vom Privatweg zu ihm auf die Terrasse. „Das Häuschen auf der entlegenen griechischen Insel, von dem du behauptet hast, es würde mir bestimmt nicht gefallen, weil es kein fließendes Wasser und keine Innentoiletten hat?“

Obwohl sie amüsiert klang, merkte Nic doch, wie angespannt sie war. Warum war sie hergekommen? Hatte ihr Bruder Glen sie geschickt, um ihn davon zu überzeugen, dass er nach Kalifornien zurückkehren sollte? Es war unwahrscheinlich, dass ihn Brooke aus freien Stücken aufsuchte, nicht nachdem er sie so schlecht behandelt und ihre Beziehung beendet hatte.

„Die ganze Zeit habe ich mir vorgestellt, du würdest mitten im Nirgendwo in einer kleinen Hütte hausen“, fuhr Brooke fort. „Stattdessen wohnst du in einer Luxusvilla mit einem prächtigen Blick auf den Hafen.“

Sie war von der Seite der Terrasse her gekommen, die hinunter zum Strand führte. Also musste sie mit dem Boot eingetroffen sein. Die hundertfünfzig Stufen der Treppe hatten ihr anscheinend nichts ausgemacht. Brooke trainierte täglich und war daher immer in bester körperlicher Verfassung.

Warum nur hatte er ihrer übermächtigen Anziehungskraft nachgegeben? Die letzten fünf Jahre lang hatte er ihr gegenüber so getan, als würde er nichts für sie empfinden. Dann war er endlich seinen Gefühlen gefolgt, und es war trotzdem noch zu früh gewesen. Er hatte angenommen, dass er seine fürstlichen Pflichten mit der Verlobung von Gabriel und Lady Olivia Darcy offiziell vergessen konnte, doch das war ein Fehler gewesen.

„Du fragst dich bestimmt, wie ich dich gefunden habe.“

Brooke kam langsam auf ihn zugeschlendert. Sie trug eine weiße Baumwollbluse und verblichene Jeans. Der graue Schal um ihren Hals gehörte zu ihren Lieblingsstücken.

Sie berührte alles, woran sie vorbeikam – die Rückseite des Clubsessels, die Mauer am Rand der Terrasse, die Kräuter in den Terrakottatöpfen. Als ihre Finger die fuchsienfarbigen Blätter einer Bougainvillea streiften, beneidete Nic die Blume um die Berührung.

Zu dieser frühen Morgenstunde stand die Sonne noch hinter der Villa und wärmte nur den vorderen Garten. Wäre es Winter gewesen, hätte er sich mit einer Tasse Kaffee auf die seitliche Terrasse gesetzt und den wenigen Sonnenschein genossen. Doch jetzt, Ende Juli, zog er die hintere Terrasse vor, von der aus man einen herrlichen Blick auf den Ort Kioni und den dazugehörigen Hafen hatte. Der ablandige Wind hielt die Feuchtigkeit des Ionischen Meers fern und machte seinen Rückzugsort umso angenehmer.

„Ich nehme an, Glen hat dich geschickt“, sagte Nic.

Brooke verzog das Gesicht. „Nein, es war meine Idee.“

Das war ein doppelter Schlag. Anscheinend akzeptierte Brooke nicht, dass er ihre Beziehung beendet hatte. Und Glen wollte nicht, dass er zurückkehrte, um weiter an der Rakete zu arbeiten, nachdem ein Mitglied des Teams bei einer Explosion ums Leben gekommen war. Eine Explosion, die durch den Ausfall des Betriebssystems ausgelöst worden war, das Nic entwickelt hatte.

Als die Griffin explodiert war, hatte Nic seinen Traum begraben, die Raumfahrt privatisieren zu können. Nach dieser Niederlage hatte er Kalifornien verlassen, nur um festzustellen, dass ihn zu Hause seine Vergangenheit in Form seiner fürstlichen Verpflichtungen in Sherdana erwartete.

„Du hast Glen doch vor zwei Jahren einmal mit hierher gebracht“, unterbrach Brooke seine Gedanken. „Ihr habt hier ein Wochenende verbracht. Glen kam mit Horrorgeschichten von stundenlangen Treckingtouren in der Wildnis zurück. Doch jetzt ist mir klar, dass es sich bei diesen Touren in Wirklichkeit um den Abstieg zu einem Privatstrand handelte und dass die Wildnis nichts anderes als die Bars in der Stadt waren. Ihr solltet euch schämen! Und ich habe ihn auch noch bemitleidet.“

Nic rieb sich das Kinn und verbarg ein Grinsen. Ihr Bruder und er hatten wirklich eine tolle Zeit gehabt.

„Dabei habt ihr beide hier in Wirklichkeit wie die Fürsten gelebt“, fuhr Brooke fort.

Wie die Fürsten. Ihre Worte ernüchterten Nic sofort. Hatte sie dieses Wort absichtlich gebraucht? Hatte Glen seine Geheimnisse verraten?

„Wie kannst du dir ein solches Haus überhaupt leisten? Glen und du, ihr wart doch immer auf der Suche nach Investoren für die Rakete. Wenn du so eine Villa besitzt, hättet ihr das Projekt doch auch selbst finanzieren können.“

Die Situation entspannte sich ein wenig, aber nur ein wenig. Brooke kannte die Wahrheit noch nicht. Und wenn sie sie herausfand …

Sag’s ihr. Sag ihr, wer du bist.

Ein weiser Rat. Doch leider sah sich Nic nicht in der Lage, seiner inneren Stimme zu folgen. Dafür hatte er seine wahre Identität zu lange vor Brooke verborgen. Bestimmt würde sie entsetzt sein, wenn sie erfuhr, wie viel er ihr verschwiegen hatte. Aber es konnte höchstens noch eine Woche dauern, bis die Medien herausfanden, dass er auf der Suche nach einer Ehefrau war. Er würde von einem unbedeutenden Wissenschaftler zu einem Mann werden, der Schlagzeilen machte. Spätestens dann würde Brooke es zu schätzen wissen, dass sie ihre Beziehung vor dem Rest der Welt geheim gehalten hatten.

Sie war in einen Mann verliebt, der gar nicht existierte. Ein Mann mit Ehre und Integrität. Diesen Werten zu folgen, hatte man Nic von frühester Jugend an beigebracht. Doch in dem Moment, als er Brooke in die Arme geschlossen und sie zum ersten Mal geküsst hatte, waren sie vergessen gewesen.

„Das Haus gehört mir und meinen Brüdern“, sagte er und wünschte sich insgeheim, so vieles wäre anders.

Ihr Schweigen schien die Stille vor dem Sturm zu sein. „Verstehe.“

Das war’s schon? Kein Tobsuchtsanfall? „Was verstehst du?“

„Dass es eine Menge gibt, worüber wir reden müssen.“

Aber Nic wollte nicht reden. Er wollte sie in die Arme nehmen und sie so lange lieben, bis sie beide zu erschöpft waren, um noch zu sprechen. „Ich habe dir schon alles gesagt.“

Brooke schüttelte den Kopf. „Nein, so leicht kommst du mir nicht davon. Du schuldest mir Antworten.“

„Na gut.“ Er schuldete ihr noch viel mehr. „Was möchtest du wissen?“

„Du hast Brüder?“

„Ja, zwei. Wir sind Drillinge.“

„Du hast mir nie von deiner Familie erzählt. Warum nicht?“

„Da gibt es nicht viel zu erzählen.“

„Das sehe ich anders.“

Sie trat näher. Ihr Duft von Honig und Vanille stieg ihm in die Nase und verdrängte das Aroma von Zypressen und Salzwasser in der Luft. Sie streckte die Hand aus, zog seine Sonnenbrille herunter und sah ihn stirnrunzelnd an.

Er wappnete sich gegen den Ansturm der Gefühle, die ihn zu überwältigen drohten, während Brooke ihn mit ihren grüngrauen Augen aufmerksam studierte. Eigentlich hätte er ihr sagen müssen, dass sie wieder gehen sollte. Aber er war so froh darüber, sie zu sehen, dass ihm die Worte nicht über die Lippen kamen.

„Du siehst schrecklich aus.“

„Mir geht es prima.“ Doch seine Stimme klang heiser. Er wischte ihre Hand beiseite und rückte seine Sonnenbrille wieder zurecht.

Im Gegensatz zu ihm wirkte Brooke wie das blühende Leben. Ihre dunkelroten Haare umrahmten das ovale Gesicht und fielen ihr in Wellen bis auf die Schultern. Sie hatte eine makellos helle Haut, und ihre Grübchen und die hohen Wangenknochen machten sie zu einer Schönheit, die keinen Mann kaltlassen konnte.

„Was hast du die ganze Zeit gemacht, so allein in dieser Villa?“, erkundigte sie sich.

„Wenn du es unbedingt wissen musst, ich habe gearbeitet.“

„Vielleicht an deiner Bräune?“ Sie sah ihn herausfordernd an. „Oder an einem Kater? Ich sehe es deinen Augen an, dass du getrunken hast.“

„Ich habe bis spät in die Nacht geschuftet.“

„Verstehe.“ Sie musterte ihn zweifelnd. „Ich sollte uns jetzt besser einen Kaffee machen. Du wirkst so, als könntest du ihn brauchen.“

Geschützt von seiner Sonnenbrille sah Nic ihr nach, wie sie mit ihrem typischen sinnlichen Hüftschwung auf langen Beinen davonging. Sie hatte wirklich einen tollen Körper, was allerdings kein Wunder war bei all dem Yoga und Joggen. Sein Puls ging schneller, als er daran dachte, wie es sich anfühlte, wenn sie diese Beine um seine Hüften schlang und ihn an sich zog.

Obwohl der Morgen noch frisch war, wurde ihm plötzlich ganz heiß. Noch vor einer Stunde war er aufgewacht und hatte sich so gefühlt wie immer in den letzten Tagen – ein wenig übel, deprimiert und immer noch erschüttert über den Unfall, der sich beim Teststart des Prototyps der neuen Rakete ereignet hatte.

Brookes plötzliches Auftauchen hier auf der Insel kam ihm so vor, als hätte man ihn mit einem Trompetenstoß aus dem Schlaf gerissen.

„Jemand muss sich um dich kümmern“, verkündete Brooke wenig später, als sie mit einem Tablett, auf dem zwei Espressotassen standen, zurückkehrte.

Nic sog das bittere Aroma tief ein. Der Kaffeeduft reichte schon, um ihn zurück ins Leben zu bringen.

Sie ließ sich mit der Tasse in der Hand auf dem Loungesofa nieder, nahm einen Schluck und verzog das Gesicht. „Igitt! Ich musste die Maschine nur anstellen und habe vergessen, wie stark du ihn magst.“

Er verzichtete auf einen Kommentar. Doch ihm war klar, dass ihre Anwesenheit und das Koffein eine tödliche Kombination für ihn waren.

„Wie sieht’s aus, störe ich dich etwa bei einem romantischen Wochenende?“

Fast hätte er sich verschluckt. Er hielt die Tasse ganz fest und biss sich auf die Lippen.

„Nein, sieht nicht so aus“, bemerkte Brooke, nachdem er sich nicht geäußert hatte. „Sonst würdest du dich bestimmt bemühen, mich möglichst rasch loszuwerden.“

Verdammt, warum tauchte sie jetzt hier auf, wenn er am wenigsten darauf gefasst war? Wenn er sich schwach und verletzlich fühlte? Sie war für ihn die Verführung in Person und das Letzte, was er jetzt gebrauchen konnte. Auf gar keinen Fall durfte sie erfahren, wie sehr er sie begehrte. Es hatte ihn vor einem Monat schließlich all seine Kraft gekostet, mit ihr Schluss zu machen. Aber jetzt, da sie beide zusammen auf dieser Insel waren, fragte er sich plötzlich, ob er willensstark genug sein würde, sie wieder zurückzuweisen.

Das Schweigen wurde immer drückender. Nic stellte seine Tasse ab und lehnte sich mit geschlossenen Augen zurück. Am liebsten hätte er die Hand ausgestreckt, um Brooke zu berühren, doch er traute sich nicht.

„Ich kann gut nachvollziehen, warum ihr dieses Haus gekauft habt. Der Blick ist einfach herrlich! Ich könnte stundenlang hier sitzen und einfach nur schauen.“

Nic schnaubte ungläubig. Brooke gehörte nicht zu den Menschen, die lange eine Aussicht bewunderten. Dazu war sie viel zu dynamisch.

„Das Wasser ist unglaublich blau. Und ich kann es kaum erwarten, die Stadt zu erkunden.“

Die Stadt erkunden? Eins war klar: Er musste dafür sorgen, dass er sie so schnell wie möglich ins Flugzeug setzte, bevor er der Verführung nachgab. Er wusste aus Erfahrung, dass es keinen Zweck haben würde, vernünftig mit ihr zu reden. Und auch mit Drohungen würde er nicht viel ausrichten. Die beste Technik, mit Brooke umzugehen, bestand darin, ihr ihren Willen zu lassen. Doch genau das durfte er diesmal auf keinen Fall tun.

Als sie das Schweigen schließlich brach, klang ihre Stimme sorgenvoll. „Wann kommst du wieder zurück in die USA?“

„Gar nicht.“

„Das kann doch nicht dein Ernst sein.“ Sie machte eine kleine Pause. „Was ist mit der Griffin? Und mit deinem Team? Du kannst das alles doch nicht einfach aufgeben.“

„Jemand ist gestorben, wegen eines technischen Fehlers in dem System, das ich …“

Brooke legte ihm eine Hand auf den Arm und sah ihn beschwörend an. „Glen war derjenige, der auf dem Teststart bestanden hat. Er hat nicht auf dich gehört, als du ihm gesagt hast, du wärst noch nicht so weit. Die Schuld liegt ganz allein bei ihm.“

„Aber Walter ist tot.“ Nics Stimme brach. „Es war meine Schuld.“

„Das ist also der Grund, warum du dich hier vergräbst? Du gibst einfach auf, weil etwas schiefgegangen ist? Und von mir erwartest du, ich soll ruhig dabei zuschauen, wie du dein Lebenswerk wegwirfst? Um dann was zu tun?“

Darauf hatte Nic keine Antwort. Was sollte er schon in Sherdana machen, außer zu heiraten und einen Erben zu produzieren? Er hatte kein Interesse an den Regierungsgeschäften. Das war Gabriels Job. Und sein anderer Bruder Christian hatte seine Firmen und Investments, die ihn beschäftigten. Alles, was Nic wollte und was er je gewollt hatte, war, Raketen zu bauen, mit denen eines Tages Menschen ins All fliegen konnten. Jetzt, da diese Möglichkeit nicht mehr bestand, kam ihm sein Leben leer vor.

„Es geht doch noch um mehr!“ Brooke verstärkte den Druck auf seinen Arm. „Bitte beleidige meine Intelligenz nicht, indem du das leugnest.“

Nic schüttelte den Kopf. „Das würde ich nie tun, Dr. Davis.“ Eine weniger intelligente Frau hätte ihn nicht so gefangen nehmen können, unabhängig davon, wie schön sie war. Doch Brookes Kombination aus Sex-Appeal und Intellekt war unwiderstehlich. „Wie viele Doktortitel hast du inzwischen eigentlich?“

„Nur zwei.“ Sie zog die Hand zurück und fügte hinzu: „Wechsel nicht das Thema!“

„Du bist doch bestimmt müde.“

„Kann man sagen.“ Sie schloss die Augen. „Ich bin seit gestern Morgen unterwegs. Weißt du, wie lange es bis hierher dauert? Ungefähr zwanzig Stunden. Und ich konnte im Flugzeug nicht schlafen.“

„Warum nicht?“

Sie holte tief Luft. „Weil ich mir Sorgen um dich gemacht habe.“

Das war nur einer der Gründe, warum Brooke sich entschlossen hatte, neuntausend Kilometer nach Griechenland zu fliegen. Der vierte auf ihrer Liste, um genau zu sein. Doch sie hatte unbedingt mit Nic persönlich sprechen müssen.

Am Telefon hatte sie ihm nicht erzählen wollen, dass sie in der achten Woche schwanger war.

Bevor sie ihm das beichtete, musste sie erfahren, warum er vor vier Wochen ihre Beziehung beendet hatte. Am Anfang war sie zu verletzt gewesen, denn eigentlich hatte sie gedacht, alles würde ganz wunderbar laufen. Doch dann war der Unfall mit der Griffin passiert. Danach hatte Nic Kalifornien verlassen, und sie hatten sich nie ausgesprochen.

„Ich brauche deine Sorgen nicht“, erwiderte er nun kühl.

„Natürlich nicht.“ Sie holte tief Luft. „Deshalb siehst du auch so aus, als wärst du mit einem Lastwagen zusammengestoßen.“

Seine Mundwinkel zuckten. „Schönes Bild.“

Brooke betrachtete ihn, und nichts entging ihr. Nicht die dunklen Ringe unter seinen Augen oder sein erschöpfter Gesamtzustand. Sie registrierte die Stoppeln auf seinem Kinn, die verrieten, dass er sich anscheinend seit Tagen nicht mehr rasiert hatte. Seine dunkelbraunen goldgefleckten Augen wirkten leer und leblos. Ja, er sah furchtbar aus.

„Brooke, warum bist du wirklich gekommen?“

Die schnelle Ausrede erstarb ihr auf den Lippen. Nic schien zu glauben, dass sie gekommen war, um ihn dazu zu überreden, mit dem Projekt weiterzumachen. Aber sie wusste, dass er es verdient hatte, die Wahrheit zu hören. Daher entschied sie sich für den Grund Nummer drei auf ihrer Liste.

„Du bist einfach verschwunden, ohne dich von mir zu verabschieden. Als du auf meine Anrufe und Mails nicht geantwortet hast, habe ich mich entschlossen, dir nachzufliegen.“ Sie holte noch einmal tief Luft und sah ihn fest an. „Ich will wissen, warum du dich von mir getrennt hast.“

Er strich sich durch das dichte schwarze Haar, ein sicheres Zeichen seiner inneren Anspannung. „Ich habe dir doch gesagt, dass du …“

„Dass ich eine zu große Ablenkung bin.“ Sie funkelte ihn böse an. Nic war das genaue Gegenstück zu ihr. Immer sehr ernst, er ließ sich nie gehen wie andere Leute. Für Brooke war das von Anfang an eine Herausforderung gewesen. Doch erst, als ihr Flirt an Fahrt aufnahm, hatte sie gemerkt, dass Nic längst nicht so kontrolliert war, wie die meisten dachten.

„Und du hast gesagt, dass du nicht genügend zum Arbeiten kommst“, fuhr sie fort und seufzte frustriert. Fünf Monate lang hatte er an den Wochenenden nicht gearbeitet und stattdessen die Zeit mit ihr verbracht. Nie hätte sie geglaubt, dass er sich irgendwann wieder in einen Workaholic verwandeln würde. „Ich verstehe es einfach nicht. Wir hatten doch eine wunderbare Zeit. Ich dachte immer, du wärst glücklich gewesen.“

Nics Mund wurde zu einem schmalen Strich. „Ja, es hat Spaß gemacht. Aber ich hatte den Eindruck, dass es für dich mehr war als für mich.“

Sie zuckte zusammen, biss sich auf die Lippen und dachte einen Moment lang über seine Worte nach. „Du hast mit mir Schluss gemacht, weil ich dir gesagt habe, dass ich dich liebe?“ Damals hatte sie sich keine Sorgen wegen ihres Geständnisses gemacht. Denn sie war davon ausgegangen, dass Nic sowieso glaubte, sie hätte sich schon vor fünf Jahren in ihn verliebt. „Hast du uns überhaupt jemals eine Chance gegeben?“

Er schüttelte den Kopf. „Ich dachte, es wäre besser, die Sache zu beenden, bevor sich das Ganze zu lang hinzieht. Es war falsch von mir, mich auf eine Beziehung mit dir einzulassen.“

„Ja, aber warum hast du mir das nicht sofort gesagt?“

„Weil ich dachte, es wäre leichter für dich, zu glauben, dass ich mich für die Arbeit und gegen dich entschieden habe.“

„Anstatt mir gegenüber ehrlich zu sein und zuzugeben, dass ich nicht die Richtige für dich bin.“

So hatte sich Brooke dieses Gespräch nicht vorgestellt. Tief in ihrem Herzen hatte sie immer gedacht, dass Nic glücklich darüber gewesen war, wie sich ihre Beziehung in letzter Zeit entwickelt hatte. Sie hatte wirklich geglaubt, er würde etwas für sie empfinden. Wie hatte sie sich nur so irren können?

Sie sah ihn unschlüssig an. Normalerweise handelte sie meist impulsiv, ohne vorher groß nachzudenken. Aber jetzt, da sie schwanger war, trug sie plötzlich die Verantwortung für einen kleinen Menschen. Sie würde noch ein wenig Zeit brauchen, um zu entscheiden, wie sie Nic die Wahrheit beibringen wollte.

„Wahrscheinlich bin ich einfach zu optimistisch“, sagte sie leichthin in einem Versuch, den Schmerz in ihrer Brust zu überspielen.

„Brooke …“

„Nein, bitte nicht!“ Sie hob abwehrend die Hände. „Vielleicht sollten wir später über alles sprechen. Warum führst du mich nicht zuerst einmal durch deinen Palast?“

„Es ist kein Palast“, erwiderte er mit ernster Miene.

„Im Vergleich zu dem Haus, in dem ich aufgewachsen bin, ist es das sehr wohl.“

Nic knurrte nur, erhob sich und gab ihr zu verstehen, ihm zu folgen. Bevor sie hineingingen, schlüpfte Brooke aus ihren Sandalen. Der Marmorboden fühlte sich an ihren Fußsohlen kühl an. Doch als sie ihm folgte und dabei seinen Arm berührte, stieg eine fiebrige Hitze in ihr auf.

„Dieser Raum ist eine Kombination aus Wohnzimmer und Küche“, sagte er im selben Tonfall, in dem er sonst potenzielle Investoren durch die Firma führte.

Staunend sah sie sich um. Ihr Blick fiel als Erstes auf die großen abstrakten Bilder, die hinter der weißen Ledercouch an der Wand hingen. Zu ihrer Linken erstreckte sich eine L-förmige Küche mit einer Kücheninsel und einem großen Esstisch aus Glas mit acht schwarzen Stühlen. Die Stühle bildeten einen scharfen Kontrast zu den weißen Wandschränken und den Haushaltsgeräten aus Edelstahl.

„Ein bisschen zu modern für meinen Geschmack“, meinte sie. „Aber die Möbel passen gut zu den Bildern. Sie gefallen mir sehr. Wer hat sie gemalt?“

„Meine Schwester.“

Er hatte auch noch eine Schwester? „Ich würde sie gern kennenlernen.“ Doch kaum hatte Brooke den Satz ausgesprochen, wusste sie auch schon, dass das nie passieren würde. Nic hatte ihr schließlich unmissverständlich klargemacht, dass er sie nicht in seinem Leben haben wollte. In den nächsten ein oder zwei Tagen würde sie eine Entscheidung treffen müssen. Deshalb war sie schließlich hergekommen. Sie brauchte seine Hilfe, um ihre Zukunft zu planen. „Hat Glen von deiner Familie gewusst?“

„Ja.“

Das tat weh. Die beiden Männer hatten sich immer wie Brüder nahe gestanden, aber Brooke hätte nie gedacht, dass Glen vor ihr Geheimnisse hatte.

„Erzähl mir mehr über deine Brüder“, forderte sie ihn auf.

„Wie gesagt, wir sind Drillinge. Ich bin der Mittlere.“

„Du hast also zwei Brüder und eine Schwester“, fasste sie erstaunt zusammen.

Wer war Nic Alessandro wirklich? Im Moment wirkte er nicht so wie der ständig überarbeitete Raketenkonstrukteur, als den sie ihn kennengelernt hatte. Obwohl er sichtlich mitgenommen war, hätte er in den Khakishorts und dem weißen kurzärmeligen Hemd gut als Model für die neue Sommerkollektion von Armani durchgehen können. Und die teure Sonnenbrille sowie seine leichte Bräune verliehen ihm das Aussehen eines Playboys.

„Gibt es noch mehr, was ich über dich wissen sollte?“ Sie machte eine kleine Pause. „Hast du eine Frau?“

„Nein.“

Sie lächelte leicht bei seinem entschiedenen Tonfall und musste daran denken, wie gern sie ihn früher immer geneckt hatte. Doch das schien lange her zu sein. Seit ihrem ersten Kuss war es ernst zwischen ihnen geworden. Inzwischen wusste Brooke, dass Nic die Macht hatte, ihr das Herz zu brechen.

„Wer kümmert sich denn um alles hier, wenn du nicht da bist?“, fragte sie und versuchte, die aufsteigende Trauer zu unterdrücken.

„Es gibt eine Haushälterin, sie wohnt in der Stadt. Einmal die Woche kommt sie zum Putzen her, wenn wir nicht da sind. Wenn wir kommen, wohnt sie hier und kocht für uns. Ihr Mann kümmert sich um den Garten, das Boot und die nötigen Reparaturen.“

Brooke sah hinaus auf die Terrasse mit dem großen Holztisch und den Stühlen mit Leinenbezug. Farbige Terrakottakübel nahmen dem Ganzen ein wenig von seiner formalen Strenge.

„Was ist oben?“

Nic rührte sich nicht. „Die Schlafzimmer.“

„Könnte ich vielleicht eins davon benutzen?“, fragte sie leise.

Ein Muskel zuckte in seinem Gesicht. „Es gibt viele gute Hotels in der Stadt.“

„Du wirfst mich raus?“ Sie sah, dass er einen Wimpernschlag lang betroffen wirkte, und schöpfte neue Hoffnung. Vielleicht würde er ihr ja doch eine plausible Erklärung für sein merkwürdiges Verhalten liefern. „Das kannst du nicht machen. Du kannst mich doch nicht wieder wegschicken, während hier so viel Platz ist.“

Er zögerte und gab sich dann einen Ruck. „Ich werde dir zeigen, wo du duschen und dich ein bisschen ausruhen kannst, bevor du wieder zurück nach Hause fährst.“

Obwohl es schmerzte, zu sehen, dass er sich über ihr plötzliches Auftauchen nicht freute, hatte sie im Grunde doch ein bisschen damit gerechnet. „Dann kann ich also bleiben?“, fragte sie unsicher.

„Für den Moment.“

Schweigend folgte sie ihm durch die Doppeltüren hinaus auf die Terrasse. Nic steuerte geradewegs auf ihre Tasche zu, die sie neben der Treppe, die zum Strand hinunter führte, abgestellt hatte.

„Ich kann immer noch nicht fassen, wie schön es hier ist“, sagte sie und sah sich bewundernd um.

Er nickte nur und griff nach ihrem Gepäck. „Ja, Kioni ist ein kleines Paradies und längst nicht so überlaufen wie die ägäischen Inseln. Im Sommer ist es hier natürlich voller als sonst, aber die Touristen halten sich in Grenzen. Komm mit, das Gästehaus ist dort drüben.“ Er wies auf ein Gebäude etwas abseits vom Haupthaus.

„Du solltest mir die Sehenswürdigkeiten der Insel zeigen.“

„Nein. Du wirst dich ein bisschen ausruhen, und dann buchen wir dir einen Flug nach Hause.“

Sie sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Warum denn? Ich habe einen Rückflug in einer Woche.“

„Musst du dich nicht auf dein Semester in Berkeley vorbereiten?“

„Noch habe ich den Job nicht.“ Brooke hatte zwar eine Stelle an der Universität von Santa Cruz, aber es war seit Jahren ihr Traum gewesen, in Berkeley italienische Studien zu lehren. Doch dann hatte sie mit Nic eine Beziehung angefangen und bald nur noch eins gewollt: ein Leben mit ihm!

Autor

Cat Schield
<p>Cat Schield lebt gemeinsam mit ihrer Tochter, zwei Birma-Katzen und einem Dobermann in Minnesota, USA und ist die Gewinnerin des Romance Writers of America 2010 Golden Heart® für romantische Serienromane. Wenn sie nicht gerade neue romantisch-heiße Geschichten schreibt, trifft sie sie sich mit ihren Freunden um auf dem St. Croix...
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