So viel Glück in meinen Armen
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Ihr Hund ist weg! Aus Kimmys Kinderaugen kullern Tränen. Carly wächst das traurige Mädchen sofort ans Herz
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Ihr Hund ist weg! Aus Kimmys Kinderaugen kullern Tränen. Carly wächst das traurige Mädchen sofort ans Herz
Carly Carrothers bog auf den Parkplatz des dreistöckigen Bürogebäudes ein, in dem Cycle Software untergebracht war, und übte dabei unablässig die kleine Rede, die sie sich ausgedacht hatte. „Ich möchte mich verändern, ich werde zurückgehen nach Spenser, Indiana …“
… und den neuen Reverend heiraten. Aber das brauchte sie ihrem Chef ja nicht unbedingt auf die Nase zu binden. Sie lenkte ihren Wagen um einen Kran und einen Stapel von Stahlträgern herum und passierte eine lange Reihe von Baufahrzeugen. Aus irgendeinem Grund sollte das Gebäude um weitere drei Stockwerke erhöht werden. Als ob es nicht schon genug dieser langweiligen Kästen aus Glas und Beton in Südkalifornien gäbe!
Zum Glück war ihr Lieblingsparkplatz im Schatten einer dürren Dattelpalme frei. Sie benutzte den Aufzug, um rascher in den dritten Stock zu kommen. Schließlich wollte sie die Angelegenheit so schnell wie möglich hinter sich bringen.
Lisa, die Empfangssekretärin, saß schon an ihrem Platz. Sie nickten einander freundlich zu.
„John ist wohl noch nicht da?“, fragte Carly gespannt. „Oder?“
Als Lisa den Kopf schüttelte, ließ Carly sich in einen der für Besucher bereitstehenden Sessel fallen. „Verflixt! Na, dann versuche ich es erst einmal bei dir.“ Sie holte tief Luft. „Also, ich werde die Firma verlassen.“
Lisa machte große Augen und wollte etwas sagen, aber Carly hob abwehrend die Hand. „Lass mich erst ausreden.“ Seit fünf Jahren war sie die Assistentin des Geschäftsführers von Cycle Software, und es würde bestimmt nicht leicht sein, ihm zu sagen, dass sie kündigen wolle. Wieder holte sie tief Luft. „John, ich möchte nicht weiter darüber sprechen. Es hat absolut nichts mit meiner Arbeit bei Cycle zu tun.“
Carly sah Lisa besorgt an. „Meinst du, John wird mich ausfragen?“
„Es ist wegen der Enttäuschung, die du mit Peter erlebt hast, nicht wahr?“
Carly ging nicht auf diese Frage ein. Wie braun Lisa ist, dachte sie, eine typische kalifornische Strandnixe. Sie seufzte. „Ich hätte das schon viel früher merken sollen. Ich passe einfach nicht nach Kalifornien.“ Sie deutete auf ihre hellblonden Locken. „Die vertragen das Salzwasser nicht besonders gut. Und die hier …“, sie zeigte auf ihre Sommersprossen, „ … vertragen nicht die viele Sonne.“
Lisa schien unbeeindruckt. „Es ist wegen Peter. Weil er dich verlassen hat und zu Frau und Tochter zurückgekehrt ist.“
Carly zuckte innerlich zusammen. Das Ende ihrer Beziehung zu Peter und seiner kleinen Tochter Laurel war ein schwerer Schlag gewesen. „Ach was, ich habe mir nur ein Wochenende Zeit genommen, um über mein Leben nachzudenken. Das mit Peter ist doch schon Monate her.“
„Aber letzten Samstag haben er und seine Frau wieder geheiratet.“
Carly redete lauter. „Es ist, weil … Ich habe lange mit meiner Mutter telefoniert. Dabei ist mir klar geworden, dass mir zu Hause einiges entgeht.“
„Du wolltest niemals wieder nach Indiana gehen. Und, falls du es noch nicht weißt: Man kann nicht mehr nach Hause zurück, nicht wirklich.“
Carly sprach noch lauter und betont langsam. „Ich brauche einfach einen Mann ohne Vergangenheit, einen, der nicht doch noch an seiner Exfrau und seinem Kind hängt.“
„Aha.“
„Meine Mutter sagt, in Spenser gibt es solch einen Mann. Er war noch nie verheiratet, ist nicht beziehungsgeschädigt und ist auf der Suche nach einer Frau.“
Lisa schüttelte nur den Kopf, und Carly gab es auf. Stattdessen blickte sie erwartungsvoll den Gang hinunter, wo Johns Büro lag. „Also, wann kommt er?“
Lisa lächelte vielsagend. „Oh, in etwa acht Wochen.“
„Was?“
Das Telefon klingelte, und Lisa drückte mit ihrem langen, manikürten Fingernagel routiniert auf den Knopf. „Es tut mir leid“, sagte sie in das Mikrofon ihres Kopfhörers. „Aber Mr Hart ist im Ausland.“
Carly stutzte. John musste zwar oft Auslandsreisen machen, aber er hatte für die nächsten vier Wochen eigentlich keinen Geschäftstermin außerhalb der USA in seinem Terminkalender gehabt.
Lisa fuhr fort: „Ich kann Sie aber mit dem neuen Geschäftsführer Mr Mackenzie James verbinden.“
Was?
Das Telefon klingelte erneut. Und dann gleich wieder. Carly ging in ihr Büro und sah nach, was für E-Mails übers Wochenende eingetroffen waren. Na prima, hier war eine von John. Er bat sie um ihre Unterstützung bei der Einarbeitung des neuen Geschäftsführers, Mackenzie James.
Natürlich hatte sie gewusst, dass Mackenzie Johns Platz übernehmen und sie dann für ihn arbeiten würde. Aber das hätte erst in einem Monat sein sollen. Doch John war, wie sie der E-Mail entnehmen konnte, dreißig Tage eher als geplant abberufen worden und Mackenzie James hatte eingewilligt, seine Stelle entsprechend früher anzutreten. Und das alles ausgerechnet an dem Wochenende, an dem sie zu dem Schluss gekommen war, über ihr Leben nachdenken zu müssen und spät in der Nacht mit ihrer Mutter telefoniert hatte und dabei fast in Tränen ausgebrochen war.
Die Sprechanlage summte, und Carly drückte auf den Knopf. „Ja, bitte?“
„Dein neuer Boss hat aufgehört zu telefonieren. Viel Glück, du Fahnenflüchtige.“
Carly stieß sich von ihrem Schreibtisch ab. Nein, sie würde es sich nicht noch anders überlegen. Außerdem wäre es sicher einfacher, einem Fremden zu sagen, dass sie die Firma verlassen wollte. Sie nahm den vertrauten Anblick ihres Büros in sich auf, als sie zur Tür des Chefzimmers ging; das riesige Fenster mit Blick auf den viel befahrenen Freeway 405, den stets von einer feinen Staubschicht bedeckten Monitor, die Pinnwand mit einem Foto der lachenden kleinen Laurel … Es versetzte ihr immer noch einen Stich, wenn sie es ansah. Ach was, sie würde all das hinter sich lassen, in zwei Wochen, vielleicht sogar früher.
Sie klopfte an die Tür. Jemand rief freundlich „Herein!“, und Carly straffte sich. So weit, so gut. Sie stieß die Tür auf.
Mackenzie James stand mit gebeugtem Kopf hinter seinem Schreibtisch und blätterte in einem Computerausdruck. Er trug die in der Branche übliche lässig-elegante Kleidung: Hosen aus weichem Tuch und ein blütenweißes Hemd. Auf seinem bunten, lose geknoteten Schlips waren „Pinky and the Brain“, die beiden Mäuse aus „Animaniacs“, zu sehen. Carly liebte diese Figuren aus der beliebten Zeichentrickfilmserie auch und murmelte unwillkürlich Brians Erkennungssatz: „Denkst du, was ich denke?“
Mackenzie James hob den Kopf und sah sie geistesabwesend an.
Ihr flaues Gefühl im Magen verschlimmerte sich. Noch bevor sie „Guten Tag“ herausbringen konnte, klingelte sein Telefon.
Er nahm den Hörer, flüsterte ihr zu: „Einen Augenblick bitte“, und drehte sich ein wenig weg, während er telefonierte.
Carly war schrecklich nervös, aber sie nutzte den Augenblick, um ihren neuen Chef zu begutachten. Er war in Johns Alter, Anfang dreißig, hatte dunkles, kurz geschnittenes Haar und dunkle Augen mit Lachfältchen. Ein gut aussehender Mann, ungefähr einsachtzig groß und athletisch gebaut.
Carly verkrampfte die Finger ineinander. Dass er gut aussah, bedeutete keineswegs, dass er es ihr leicht machen würde. Sie betrachtete seine kräftigen Hände, als er rasch etwas auf einen Notizblock schrieb. Plötzlich spürte sie ein glühendes Prickeln in ihrem Nacken. Die Nerven …
Der Hörer landete geräuschvoll auf der Gabel, und Mackenzie James sah sie erneut an, diesmal mit einem höflichen Lächeln.
Unsicher erwiderte sie es. „Ich bin Carly Carrothers“, stellte sie sich vor. „Ihre … Johns Assistentin.“
Wieder klingelte das Telefon, und er machte ein entschuldigendes Gesicht und bedeutete ihr mit einer Handbewegung, sich in den Sessel vor seinem Schreibtisch zu setzen. Während er dann weitertelefonierte, klang seine Stimme eine Tonlage tiefer. Ein Schauer überlief sie, und sie blieb lieber stehen.
Warum nur war sie so schrecklich nervös? Es geschah schließlich jeden Tag, dass Leute ihren Job kündigten. Wieder betrachtete sie Mackenzie, als ob sie aus seinem Aussehen schließen könnte, wie ihr Gespräch wohl verlaufen würde.
Plötzlich begegneten sich ihre Blicke. Sein Ausdruck war freundlich, aber unverbindlich. Vorsichtig lächelte sie Mackenzie an – bis der unverbindliche Ausdruck in seinem Blick sich veränderte.
Ihr wurde bewusst, dass er sie jetzt erst richtig wahrnahm.
Als Frau?
Das Prickeln in ihrem Nacken verstärkte sich noch, und ihre Kehle war auf einmal wie zugeschnürt. Immer noch sahen sie sich in die Augen. Der Moment dauerte viel zu lange.
Sein Telefonat war beendet, und sie räusperte sich. „Carly Carrothers“, sagte sie noch einmal.
„Ich bin Mackenzie James. Bitte nennen Sie mich Mack.“ Wieder lief ihr beim Klang seiner Stimme ein Schauer über den Rücken. „Freut mich, die einzige Person kennenzulernen, auf die ich laut John hundertprozentig zählen kann.“
Verflixt dachte sie. „Ich … nun …“ Sie atmete einmal tief ein und aus und zwang sich, endlich woanders hinzusehen. Wieder klingelte das Telefon. Doch sie wollte die Sache nicht noch länger hinauszögern. Sein Blick brachte sie zu sehr aus der Fassung. Ihr Magen krampfte sich immer mehr zusammen, und sie musste ihrem Nacken dringend Kühlung verschaffen.
„Deshalb bin ich hier“, stieß sie hervor, bevor er den Hörer abnehmen konnte. „Ich möchte kündigen. Meine Kündigungsfrist beträgt zwei Wochen.“
Mack blinzelte. Was hatte sie gesagt? Zwei Wochen Kündigungsfrist? Er drückte auf den Knopf der Sprechanlage und bat Lisa, keine Anrufe mehr durchzustellen.
„Sie wollen die Firma verlassen?“, hakte er nach.
Als Carly den Mund öffnete, begann direkt über ihnen ein Schlagbohrer zu dröhnen, und Mack verstand kein einziges Wort von dem, was sie sagte.
Zum Teufel mit den Bauarbeiten! Dabei war ihm versichert worden, dass seine Arbeit dadurch nicht beeinträchtigt werden würde. „Die Firma verlassen?“, schrie er, um den Lärm zu übertönen.
Sie nickte.
Entnervt von dem höllischen Krach sah er sich in seinem neuen Büro um. Alles war ihm noch völlig unbekannt. Produktinformationen, Benutzerhandbücher, ein Stapel an Papieren, über einen Meter hoch. Eine Assistentin, nicht viel größer, die von zwei Wochen Kündigungsfrist redete. Die Firma verlassen? Oh, nein!
Seine Frau hatte ihn verlassen, aber er hatte zumindest eines daraus gelernt: Er würde nicht noch einmal zulassen, dass eine Frau ihn so im Stich ließ.
Endlich setzte sich Carly in den Sessel vor seinem Schreibtisch. Sie schlug die Beine übereinander. Lange, schlanke Beine in hellen Seidenstrümpfen.
Carly räusperte sich. „Ich hoffe, Sie sehen in meiner Kündigung kein Problem?“
Mack riss sich zusammen. Schöne Beine hin, schöne Beine her, er brauchte diese Frau. „Hören Sie, Carly …“ Er hielt inne. Wie sollte er vorgehen? Vielleicht würden Komplimente wirken? Verdammt, das mussten sie!
Laut John besaß diese Frau unendlich viele Vorzüge. Sie hatte nach dem College eine Ausbildung als Programmiererin begonnen, bis John sie überredet hatte, Bits und Bytes sein zu lassen und seine Assistentin zu werden.
„John sagt, Sie sind mit der gesamten Produktpalette vertraut.“ Mack war bemüht, nicht flehend zu klingen. „Und mit den Stärken und Schwächen der einzelnen Mitarbeiter.“
Sie bewegte die Beine und schlug sie erneut übereinander. Entschlossen wandte er den Blick ab.
„Ich arbeite hier seit fünf Jahren“, erwiderte sie.
Er seufzte. Warum sagte sie nicht, ich hab es mir überlegt und bleibe weitere fünf Jahre? Er versuchte es mit einem weiteren Kompliment. „Und Sie sind fantastisch in Ihrem Job.“
„Es ist sehr nett, dass Sie das sagen, aber …“ Schon wieder bewegte sie die Beine, und er ging um den Schreibtisch herum auf sie zu.
Carly richtete sich auf und blickte ihn misstrauisch an.
Mack hätte sich am liebsten geohrfeigt. Er blieb stehen und zwang sich, ihr ins Gesicht zu sehen. Ihre Haut war zart und hell, und mit Sommersprossen. Sehr attraktiv. Es wirkte, als hätte Tinkerbell, die Lieblingsfigur seiner Tochter, ein bisschen Feenstaub über ihr Gesicht gestreut.
Besorgt fasste Carly sich an die Wange. „Stimmt etwas nicht?“
Das brachte Mack in die Wirklichkeit zurück. Was war bloß los mit ihm? Offenbar hatte der Lärm des Schlagbohrers schon seinen Verstand angegriffen.
„Ja, es stimmt etwas nicht. John musste gehen, und ich musste früher anfangen. Der Job ist neu für mich. Und Sie sollten mir eigentlich helfen.“ Verdammt, jetzt klang er doch flehend. „Sie dürfen einfach nicht kündigen, nicht jetzt.“
Carly runzelte die Stirn und schlug erneut die Beine übereinander. Nun, wo er so nah bei ihr stand, wehte ihm ein Hauch ihres Parfüms entgegen. Ein ausgesprochen femininer, blumiger Duft.
„Ehrlich gesagt, ich hatte gehofft, dass sich meine Kündigungsfrist sogar noch etwas verkürzen ließe“, antwortete Carly. John hatte den Leuten nach ihrer Kündigung manchmal sofort freigegeben.
Mack schloss kurz die Augen. Vergiss Beine und Sommersprossen, befahl er sich. Konzentrier dich. „Sind es finanzielle Gründe? Haben Sie ein besseres Angebot bekommen? Ich bin sicher, wir könnten mitziehen, ja vielleicht sogar ein bisschen mehr bieten.“
Sie schüttelte freundlich den Kopf. „Es ist keine Frage des Geldes.“
„Könnten wir es zu einer Frage des Geldes machen?“
Carly lachte. „Nein, nein. Ich habe mich wirklich entschieden, ich möchte kündigen.“
„Und was ist mit Schuldgefühlen?“ Er lächelte, um die schärfste Waffe, die ihm in den Sinn gekommen war, etwas zu entschärfen.
Ihr Lächeln erlosch.
Sehr gut.
Eine kleine Falte erschien zwischen ihren graugrünen Augen mit langen dunklen Wimpern und hellen Brauen. Plötzlich war es ihm viel zu heiß in seinem Büro. Er beugte sich vor und schaltete den Ventilator ein.
Carly umfasste die Armlehnen des Sessels und biss sich auf die Unterlippe. „Ich weiß, es ist nicht gerade der beste Moment, um zu kündigen.“
„Also doch Schuldgefühle.“
Sie sah jetzt wirklich schuldbewusst aus, und er setzte zum nächsten Stoß an. „Na, kommen Sie. Halten Sie Cycle die Treue. Über Geld können wir reden, auch über mehr Kompetenzen.“
Durch die Luft des Ventilators löste sich eine kleine gelockte Strähne aus ihrer Frisur und fiel auf ihre Lippen. Carly bemerkte es offenbar nicht. Aber er starrte auf ihre dunkelrosa geschminkten Lippen. Wieder wehte ihm ihr Duft zu.
Vielleicht wäre es doch besser, wenn sie die Firma verließ. Er hatte seinen Job, seine familiären Pflichten und absolut keine Zeit, sich mit dem Parfüm oder sonstigen Charakteristika einer Frau zu beschäftigen.
„Nun, ich meine …“ Sie schien unentschlossen. Die kleine Strähne auf ihren Lippen machte ihn nervös. Er hätte sie am liebsten berührt. Nein, es wäre wirklich besser, diese sehr wertvolle, aber auch verführerisch attraktive Mitarbeiterin gehen zu lassen.
Carly seufzte. „Vielleicht sollte ich doch noch wenigstens die Kündigungsfrist einhalten.“
Sie war also nicht nur attraktiv, sondern hatte auch Gefühle.
Endlich schob sie sich die Strähne von den Lippen. Sie hatte schmale Finger mit rosa lackierten Nägeln. Warum machte ihn das erst recht nervös?
Nachdenklich umfasste sie ihr zierliches Kinn. „Hm, es ist zu dumm. Ich wollte das wirklich durchziehen.“
Was meinte sie mit „das“? Egal, er fühlte sich erleichtert. Sie würde also gehen. Es musste ja wohl noch jemanden in der Firma geben, der ihren Platz einnehmen könnte.
„Was ist eigentlich mit dem Termin in San Francisco, den John Ende Juni wahrnehmen wollte? Wer soll das jetzt machen?“, fragte Carly.
„Ich.“ Vielleicht konnte er mit einem der Programmierer zusammenarbeiten, um sich möglichst schnell einen Überblick zu verschaffen.
Carly war überrascht. „Sie? Aber Sie kennen sich mit dem Laufbänder-Programm doch überhaupt noch nicht aus.“
Mack nickte. Er hatte vorher bei einer Firma in Detroit gearbeitet, die Finanzsoftware herstellte. Cycle Software war dagegen auf Programme für Fitnessgeräte spezialisiert. Man hatte angefangen mit Software für Ergografen – Geräte zur Aufzeichnung der Arbeitsleistung von Muskeln. Inzwischen verkaufte Cycle auch Programme für Laufbänder und Rudergeräte.
Carly runzelte die Stirn. „Es soll einem brandneuen Kunden präsentiert werden. Warum wollen ausgerechnet Sie das machen?“
Mack richtete den Blick aus dem Fenster in die Ferne. Dort draußen standen noch mindestens ein Dutzend solcher Paläste aus Glas und Beton. Als Direktionsassistentin würde sie bestimmt überall eine gute Figur machen. „Weil Sie eigentlich dabei sein sollten“, erwiderte er. Vielleicht sollte er lieber den Chefprogrammierer fragen.
„Oh … Also gut.“ Sie seufzte. „Ich bleibe.“
„Was?“ Er fuhr herum. Er hatte sie sich schon in sicherer Entfernung vorgestellt, weit weg in einer anderen Firma, wo niemand von ihrem Parfüm nervös wurde oder von ihrem Lächeln oder von einer vorwitzigen, kleinen Strähne auf ihren Lippen.
„Ich arbeite hier seit fünf Jahren“, erklärte sie. „Ich kann die Firma schlecht in einem solchen Moment verlassen.“
Was sollte er tun? Sie zum Bleiben ermutigen, weil es besser für die Firma war? Sie zum Gehen ermutigen, weil er sich nicht in sie verlieben wollte?
„Nur bis die Brautwerbung vorbei ist.“
Er schluckte. „Die … was?“
„So nennen wir immer die Termine bei potenziellen Neukunden. Ich bleibe so lange, bis dieser Termin bei Muscle Machines Inc. Ende Juni erledigt ist. Dann verschwinde ich.“
„Vier Wochen?“ Mack hätte nicht sagen können, ob er verzweifelt oder erleichtert war.
Carly nickte kurz. „Vier Wochen.“
Carly hatte kaum ihr Büro betreten, als auch schon Lisa hereingeschossen kam und die Tür hinter sich schloss.
„Und? Wie ist es gelaufen?“, wollte sie wissen.
Carly zog eine Grimasse. „Ich bleibe noch bis Ende des Monats.“
„So lange?“ Lisa lächelte. „Aber warum denn? Hast du etwa ein schlechtes Gewissen?“
„Ich wollte eigentlich viel schneller weg von hier.“ Die Erfahrung hatte Carly gelehrt, dass ein Abschied kurz und schmerzlos sein sollte.
„Du meinst, damit dir niemand anders den Traummann in Spenser vor der Nase wegschnappt?“
Carly machte eine wegwerfende Handbewegung. „Natürlich rechne ich nicht damit, mich ausgerechnet in ihn zu verlieben. Er symbolisiert für mich nur alles, wonach ich mich sehne, und was ich in Spenser zu finden hoffe.“
„Einen Mann, der nicht Peter ist“, bemerkte Lisa trocken.
Carly starrte sie entnervt an. „Wie oft muss ich dir noch sagen, dass es nicht wegen Peter ist. Ich will einfach eine unkomplizierte Beziehung zu einem unkomplizierten Mann.“
„Ich zerstöre dir ungern deine Illusionen, aber Forrest Gump gibt es nur im Film.“
„Du weißt genau, was ich meine. Jemanden, der nicht jede Menge Ballast aus früheren Beziehungen mit sich herumschleppt.“
„Und du meinst, nur in Spenser kannst du so jemanden finden?“
„Ich geb’s auf.“ Carly seufzte. „Keine weiteren Erklärungsversuche.“
„Gut.“ Lisa setzte sich. „Lass uns lieber über den neuen Chef reden. Sieht er gut aus?“
„Lisa, du bist verheiratet.“
„Na und? Soll ich mich deswegen nur noch für Kochrezepte interessieren?“ Sie rutschte mit ihrem Stuhl näher zu Carly heran. „Ich denke, wir sollten ihn verkuppeln.“
„Ist er denn Single?“
„Ja. Ich habe ihn gefragt.“
Das kann sich auch nur eine verheiratete Frau erlauben, dachte Carly.
Lisa trommelte mit den Fingern auf die Armlehnen. „Was meinst du, mit wem sollen wir ihn zusammenbringen? Wie wäre es mit …“
„Ich glaube nicht, dass er Zeit für ein Privatleben haben wird.“
„Wie findest du ihn denn?“, fragte Lisa in betont gleichgültigem Ton.
„Er macht mich irgendwie nervös.“ Und ihr wurde heiß in seiner Gegenwart, und sie bekam bei ihm ein flaues Gefühl in der Magengegend. „Ich glaube, wir harmonieren nicht besonders gut miteinander.“
„Ach, wirklich?“
Carly nickte. „Man versteht sich eben nicht mit allen Leuten gleich gut.“ Hätte sie doch nur darauf bestanden, die Firma gleich zu verlassen! Aber sie hatte John Hart und Cycle Software einiges zu verdanken. Sie hatte hier wertvolle Berufserfahrungen gesammelt. Es sollte ihr nicht schwerfallen, die letzten vier Wochen mit Mack zu überstehen. Sie würde einfach ihre Arbeit machen und ihm, so gut es eben ging, aus dem Weg gehen.
Es klopfte. Die Tür wurde geöffnet. Wenn man vom Teufel sprach …
Verflixt, sofort fühlte sie sich wieder schrecklich angespannt.
„Ah, wunderbar, Sie hatte ich gesucht“, rief er.
Hoffentlich meinte er Lisa.
„Sie müssen mir einen Gefallen tun.“ Mack fuhr sich verlegen mit der Hand durch sein schwarzes Haar.
Carly konnte nicht länger still sitzen. Sie stand auf und nahm ihre Wasserflasche. „Ich hole in der Zwischenzeit rasch etwas Wasser.“
„Nein, nein, bleiben Sie.“ Er stellte sich ihr in den Weg. „Ich brauche jemanden, der mich fährt.“
Sie ging weiter, in der Hoffnung, dass er ihr doch noch Platz machen würde. Aber sie stieß mit der Nase fast gegen seine Brust.
Mack sah auf sie hinab und lächelte. „Und da Sie schon einmal aufgestanden sind, nehme ich Sie.“
Als sie in ihrem Wagen saßen, beschloss Carly, Mack einfach zu ignorieren. Das würde sie natürlich nicht immer tun können, aber nachdem er ihr Anweisungen gegeben hatte, wie sie am besten zu seinem Haus kam, schaltete sie einfach das Radio an und versuchte sich zu entspannen.
Kurz darauf drehte er die Musik leiser. „Sie wundern sich wahrscheinlich, warum ich während der Arbeitszeit plötzlich nach Hause muss.“
„Das geht mich nichts an“, erwiderte sie. „Ich setze Sie rasch ab und fahre zur Firma zurück.“ Wenn sie Glück hatte, blieb er den ganzen Tag weg, und dann wären es nur noch neunzehn Arbeitstage, an denen sie seine beunruhigende Anwesenheit ertragen musste.
Er rutschte nervös auf dem Beifahrersitz hin und her und versuchte, seine langen Beine auszustrecken, soweit das in ihrem kleinen Wagen möglich war. „Hm, äh …“ Er sah auf den Tacho. „Es ist gewissermaßen ein Notfall. Könnten Sie vielleicht etwas schneller …?“
Erschrocken sah sie ihn an. „Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?“ Sie wechselte auf die linke Fahrspur. „Was ist denn passiert?“
Mack rieb sich die Knie. „Nur eine weitere Krise in meinem ohnehin schon krisengeschüttelten Dasein. Corndog ist verschwunden.“ Jetzt fuhr er sich mit beiden Händen durchs Haar, offensichtlich ziemlich verzweifelt. „Kimmy schreit wie am Spieß. Die anderen Hunde spielen verrückt. Die Katze ist ebenfalls unauffindbar, und Dad meint, vielleicht ist das Ganze ein Mordkomplott, das auf ihr Konto geht, weil sie dem Präsidenten schon immer nachgestellt hat.“
Carly schnappte nach Luft. Sie wusste, wo die Nervenheilanstalt war. Wie lange würde sie wohl brauchen bis dorthin? Oder sollte sie lieber gleich zum FBI fahren? Waren die nicht zuständig für Mordversuche?
Kein Wunder, dass sie sich in der Gegenwart dieses Mannes von Anfang an so angespannt gefühlt hatte.
Aber nein. John würde doch keinen Geisteskranken in die Firma bringen. Obwohl, seine Krawatte war schon ungewöhnlich … Vorsichtig spähte sie zu ihm hinüber. Er sah eigentlich ganz normal aus, sogar besonders gut, aber …
Als ob er ihren Blick gespürt hätte, wandte er den Kopf und schaute sie amüsiert an. „Sie halten mich für verrückt, nicht wahr?“
Sie schluckte. „Das mit dem Mordkomplott gibt mir zu denken.“
Er lächelte. Er sah fantastisch aus, wenn er lächelte. Und ihr Puls schlug schon wieder schneller.
„Ich werde Sie aufklären.“ Und er begann aufzuzählen. „Corndog ist mein hellbeigefarbener Labrador. Kimmy ist meine vierjährige Tochter. Dad ist mein Vater, er lebt bei uns. Die Hunde sind Hunde, und die Katze ist ein zwanzig Pfund schwerer kastrierter Kater, der seine Wut gern am Präsidenten auslässt.“ Er seufzte und nickte, als ob damit alles geklärt wäre.
„Und … der Präsident?“, fragte sie scheu.
„Diese Ausfahrt bitte.“ Erneut bedachte er sie mit seinem umwerfenden Lächeln. „Oh, der Präsident. Das ist eine Schlange.“
„Ist das ihre politische Einstellung?“
Er grinste. „Es handelt sich um eine harmlose kleine Natter. Wir haben das Tier zum Präsidenten des Veterinärverbandes von Detroit ernannt. Dad war dort früher Mitglied.“
Sie musste lachen.“Ich verstehe.“
Trotz seines Lächelns spürte sie deutlich seine Anspannung, als er nun fortfuhr: „Unser Wagen ist in der Werkstatt. Dad hat Probleme mit seinem Knie, aber er konnte Kimmy so oder so nicht allein lassen, um den Hund zu suchen.“ Nervös trommelte er mit den Fingern auf den Knien.
Sie seufzten beide, als sie wenig später den Wagen vor seinem Haus zum Stehen brachte. Sie konnte es nicht erwarten, Mack loszuwerden und zurück an ihren Schreibtisch zu kommen.
„Danke“, sagte er und stieg aus. Doch noch bevor er die Tür zugeschlagen hatte, öffnete sich die Haustür und ein rosa Wirbelwind stürzte heraus und warf sich in Macks Arme. Es war ein kleines Mädchen, offensichtlich außer sich vor Schmerz.
„Corndog!“, schluchzte sie.
Wesentlich langsamer folgte ihr ein grauhaariger Mann mit einem mittelgroßen und einem kleinen Hund auf den Fersen. Keine Katze in Sicht. Hoffentlich war dem Präsidenten nichts …
Hoppla, was geht mich das an, rief Carly sich zur Ordnung. Sie kannte diese Schlange nicht einmal.