So weich, so zart, so sexy

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Heiße Liebesspiele im Fitness-Studio der Firma, im nächsten Moment kann jemand hereinkommen und John und Paris überraschen. Aber die beiden haben jedes Gefühl für Ort und Zeit verloren. Paris verzaubert John mit dem sinnlichen Spiel ihrer Zunge so sehr, dass er einem brennenden Verlangen nachgibt. Fast! Plötzlich siegt seine Vernunft. Paris ist die Tochter seines Chefs. Dass dieser ihn mit ihr verkuppeln will, ahnt er nicht. Auch Paris weiß nichts von den Plänen ihres Vaters. Sie ist jetzt maßlos enttäuscht über Johns Zurückhaltung. Werden sich ihre erotischen Träume je erfüllen?


  • Erscheinungstag 09.12.2012
  • Bandnummer 0981
  • ISBN / Artikelnummer 9783864949500
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Image

1. KAPITEL

John hatte ihren Auftritt zwar verpasst, dennoch wusste er, dass sie einen bleibenden Eindruck hinterlassen hatte. Dazu hätte sie gar nicht bewusst verspätet am Arm ihres Vaters ankommen müssen. Ihr Vater war Kevin Grantham, der große “K. G.”, milliardenschwerer Bauunternehmer und Gastgeber dieser Veranstaltung.

Paris Grantham zog mit ihrem atemberaubenden Körper und ihrer Größe von einem Meter achtzig immer alle Blicke auf sich.

John lockerte die Schultern und befeuchtete sich die Lippen. Wieso war ausgerechnet jetzt kein Kellner in Sicht? Er suchte in der Menge nach einem der Männer in weißen Jacketts, doch stattdessen sah er wieder Paris. Ihr Kleid schimmerte wie Bronze und wirkte zart wie Spitze. Paris hob sich darin von den anderen Frauen ab, die überwiegend kurze schwarze Cocktailkleider trugen, und sah mit ihren langen Beinen und der schmalen Taille grazil wie ein Model aus.

John lockerte sich den Kragen und wünschte, er könnte gegen andere Verspannungen, die er empfand, ebenso leicht etwas unternehmen. Zum Glück kam endlich ein Kellner vorbei, und er nahm sich ein Glas von dem Tablett. Vielleicht half etwas Champagner als Abkühlung.

Eigentlich hatte er gar nicht kommen wollen, doch von den Führungskräften von Grantham wurde die Teilnahme an solchen Projektpräsentationen erwartet. Andererseits hatte John dieses ungeschriebene Gesetz bisher immer ignoriert, denn er konnte steife Veranstaltungen mit Small Talk nicht ausstehen und auch nicht die lächerlichen Häppchen, die dabei serviert wurden. Er trank einen Schluck Champagner und betrachtete den einzigen Grund, weswegen er heute Abend gekommen war. Diesmal ganz objektiv und ohne auf seinen Körper zu hören.

Das Haar, das sie sonst immer offen getragen hatte, war hochgesteckt und betonte ihren langen Hals und die anmutige Kopfhaltung. Paris trug den Kopf hoch erhoben und sah aus, als würde sie alles um sie herum über ihre Nasenspitze hinweg ansehen. Ihre zierliche gerade Nase wirkte dafür wie geschaffen. Selbst ein Diadem hätte in ihrem goldblonden Haar nicht lächerlich gewirkt.

Ja, dachte er verächtlich. K. G. hätte seiner hochwohlgeborenen Tochter ein Krönchen aufsetzen sollen. Sie sollte dort auf dem Podest stehen anstatt des Modells von Granthams neuestem Wohnkomplex in Sydney. Das Acacia-Projekt stand ganz eindeutig nicht im Mittelpunkt dieser Veranstaltung.

Eingehend betrachtete John Paris’ Gesicht und suchte nach einem Anzeichen dafür, dass sie diese blasierte Miene nur aufgesetzt hatte, weil sie zu der Veranstaltung passte. Doch anscheinend hatte sie sich tatsächlich verändert, denn ihr Lächeln wirkte wie gemeißelt, und die ganze Zeit über hob sie scheinbar interessiert die Augenbrauen.

Allmählich löste sich seine Anspannung, und er empfand so etwas wie Enttäuschung. Was hatte er denn anderes erwartet?

Die Paris von früher. Damals hatte sie mit ihrem Lächeln einen ganzen Saal aufgeheitert, und im Blick ihrer ausdrucksvollen großen graublauen Augen hatte sich jede ihrer Empfindungen gespiegelt. Zur Weihnachtsfeier war sie in einem Minirock aus schwarzem Leder aufgetaucht, den Champagner hatte sie direkt aus der Flasche getrunken, und sie hatte getanzt, als habe sie die Musik im Blut.

Mit ihrer offenen, ehrlichen Art hatte sie John verzaubert, obwohl sie damals gerade erst volljährig gewesen war. Doch bevor er sich mit der Tatsache anfreunden konnte, dass die Tochter seines Chefs ihn begehrte, war sie nach London geflüchtet, wo sie bei ihrer Mutter gelebt hatte.

Er hatte Paris sehen wollen, um sich davon zu überzeugen, dass all die Gerüchte, die über sie kursierten, falsch waren.

Allerdings sah sie jetzt wirklich wie eine Frau aus, die ihren Verlobten verließ, weil ihm das Geld ausging. Und eine Frau wie die, die er vor sich sah, würde in so einer Situation natürlich prompt zu ihrem Daddy und seinen Millionen zurückkommen.

John leerte sein Glas und wünschte, er könnte mit etwas Tequila seine Stimmung aufheitern. Am liebsten hätte er sich durch die Anzug- und Abendkleidträger gedrängt, um Paris bei den Schultern zu packen und zu schütteln. Er hatte ihr gesagt, sie solle erwachsen werden, aber damit hatte er nicht gemeint, dass sie sich zu einer hochnäsigen Society-Lady entwickelte.

Aber was wusste er schon über Paris Grantham? Jahrelang hatte sie als ungelenker Teenager an den Gartenpartys ihres Vaters teilgenommen, bei denen in erster Linie übers Geschäft geredet wurde. John hatte sie bemitleidet und sich oft mit ihr unterhalten. Als sie ins Internat kam, hatte er sie zwei Jahre lang nicht gesehen. Bis zu jenem Abend vor sechs Jahren, als sie ihm sehr deutlich gezeigt hatte, was sie für ihn empfand.

John war damals sechsundzwanzig gewesen und kurz davor, die Leitung von Granthams wichtigstem Projekt zu übernehmen. Mit achtzehn war Paris noch zu jung und zu wild gewesen. Außerdem hätte John sich nur Ärger eingehandelt, wenn er sich mit der Tochter seines Chefs eingelassen hätte.

Das war jetzt sechs Jahre her. Sie war immer noch die Tochter des Chefs, doch ansonsten hatte sich alles geändert. Erst jetzt merkte John, wie angestrengt er die Zähne aufeinandergepresst hatte. Eigentlich sollte er sich über die Veränderungen freuen, denn im Moment konnte er es überhaupt nicht gebrauchen, dass eine Frau ihn ablenkte und aus der Ruhe brachte.

Die unterschiedlichsten Gefühle tobten in ihm, aber Freude gehörte nicht dazu. Enttäuschung war dabei, ein Gefühl des Verlusts und Wut. Es ließ ihm einfach keine Ruhe, er musste herausfinden, wieso Paris damals so unvermittelt verschwunden war. Und weshalb sie zurückgekommen war.

Kaum merklich schüttelte Paris den Kopf. Ihr fielen vor Müdigkeit fast die Augen zu. Während des langen Flugs gestern war sie noch so aufgeregt gewesen, doch davon spürte sie jetzt nichts mehr.

Ihr kam es vor, als hätte sie in der vergangenen Nacht kaum ein Auge zugetan. K. G. hatte sie geweckt, indem er die Vorhänge zurückzog, sodass die Oktobersonne in ihr Zimmer schien. Angeblich konnte Caroline, ihre angehende Stiefmutter, es kaum erwarten, sie zu treffen. Caroline hatte darauf bestanden, dass sie gemeinsam einen Einkaufsbummel machten und essen gingen. Sie behauptete, Paris dürfe nicht länger schlafen, sonst werde sie sich nie an die Zeitumstellung gewöhnen.

Im Moment war ihr die Zeitumstellung ziemlich gleichgültig, solange sie nicht den Eindruck hatte, jeden Augenblick im Stehen einzuschlafen. Als sie daran dachte, was ihre Mutter von einem solchen Mangel an Selbstdisziplin halten würde, musste sie fast lächeln.

Lady Pamela kannte keine Gnade, wenn es um tadelloses Benehmen ging.

Bis jetzt wäre ihre Mutter stolz auf sie gewesen. Paris’ Cocktailkleid war für den Geschmack ihrer Mutter vielleicht ein bisschen zu gewagt, aber Kleid, Schuhe und Schmuck passten perfekt zueinander, und die Steckfrisur entsprach ganz dem Stil ihrer Mutter. Paris konnte es kaum erwarten, das Haar zu lösen, aber bis dahin erfüllte die Frisur ihren Zweck. Das Gewicht der Haare sorgte dafür, dass Paris den Kopf hoch erhoben hielt, und das ließ sie nicht vergessen, zu lächeln und sich für jede Begrüßung freundlich zu bedanken. Immer wenn ihr Lächeln gefror, rief sie sich schnell in Erinnerung, wieso sie hier war, und lächelte weiter.

Bald schon würde sie zum großen Team bei Grantham gehören.

Schon vor Jahren hatte sie den Versuch aufgegeben, ihren Vater davon zu überzeugen, dass sie mehr konnte, als nur schön herumzustehen. Jetzt hatte K. G. sie gebeten, nach Hause zu kommen und ihm bei einem besonderen Projekt zu helfen.

Paris ließ sich von K. G. zur nächsten Gruppe von Gästen führen.

“Prinzessin, ich möchte dir jemanden vorstellen. Das hier sind …”

Sie begrüßte Hugh und Miffy, Miranda und Bob. Oder hieß er Bill? In ihrem Kopf tanzten Namen, Gesichter und Titel durcheinander. Gab es hier eigentlich irgendjemanden, der ihr noch nicht vorgestellt worden war? Wie als Antwort darauf teilte sich vor ihr die Menge, und Paris blickte direkt in vertraute dunkle Augen.

Natürlich hatte sie gewusst, dass John hier war. Gleich nach ihrem Eintreten hatte Paris ihn in der Menge erspäht, als würde ihr Blick magnetisch zu ihm hingezogen. Die breiten Schultern, der weiße Kragen, das Jackett und der gebräunte Hals, das reichte ihr, um ihn auch von hinten zu erkennen. Er hat sich verändert, schoss es ihr durch den Kopf. Er trägt die Haare kürzer und einen Anzug. Hastig hatte sie sich von seinem Anblick losgerissen.

Wieso sollte John auch nach sechs Jahren immer noch dieselbe Frisur haben? Oder dachte sie, dass ein Manager von Grantham in Jeans und T-Shirt zu so einer Veranstaltung kommen würde?

Allmählich erkannte sie auch, dass er sich noch in anderer Hinsicht verändert hatte. Er zwinkerte ihr nicht zu, lächelte auch nicht vielsagend und hob auch nicht prostend das Glas. Diesen wütenden Ausdruck in seinem Blick konnte Paris nicht verstehen. Er reichte sein Glas einem Kellner und kam zielstrebig auf sie zu.

Hilfe! dachte Paris.

Sie hatte extra ein Kleid ausgesucht, das John beeindrucken sollte, und obwohl sie darin Erfahrung hatte, eine Unterhaltung mit einer spritzigen Bemerkung zu eröffnen, war sie noch nicht bereit, ihm gegenüberzutreten, denn sie fühlte sich viel zu erschöpft und benommen.

Paris drehte sich um und entschuldigte sich bei den Leuten, zwischen denen sie sich hindurchdrängte. Doch ihr Rock war zu eng und die Absätze ihrer Schuhe warenh zu hoch. Sie konnte nicht schnell entkommen. Schließlich stürzte sie durch die Tür in die große und zum Glück menschenleere Eingangshalle. Immer noch sah sie Johns entschlossenes Gesicht vor sich. Entschieden lief sie zum Waschraum der Damen. Sie warf die Tür zu und atmete erleichtert aus, als sie allein in dem kleinen Vorraum stand.

Es war kühl hier, und die Sitzgruppe aus Wildleder sah unglaublich bequem aus.

Paris sank auf einen der Sessel, zog sich die Schuhe aus und legte die nackten Füße auf den niedrigen Tisch. Dann schloss sie die Augen.

“Versteckst du dich, Prinzessin?”

Paris schrak hoch. Es gab nur einen Menschen, der den Kosenamen, mit dem sonst nur K. G. sie anredete, mit solchem Hohn aussprechen konnte. Dieser Mann setzte sich gerade in den Sessel gegenüber. Hatte sie wirklich geglaubt, er würde sich dadurch abhalten lassen, dass dies hier der Waschraum für Damen war?

“Ich ruhe mich nur aus”, stellte sie richtig. “Meine Füße tun weh.”

Sein Blick glitt zu ihren Füßen, und entsetzt sah Paris zu, wie er mit seinen langen gebräunten Fingern einen ihrer Knöchel umfasste. Atemlos hielt sie inne, während er mit dem Daumen über die Drucklinie fuhr, die einer der Schuhriemen auf ihrem Spann hinterlassen hatte. Eine verräterische Wärme breitete sich in ihr aus.

“Kein Wunder, dass du Schmerzen hast”, stellte er mit tiefer Stimme fest. “Deine Schuhe sind zu klein.”

Unvermittelt ließ er ihren Fuß los, und irgendwie schaffte Paris es, die Füße vom Tisch zu nehmen. Entschieden stellte sie sie auf den Boden und presste die Knie zusammen, als könne sie dadurch die erregende Hitze verdrängen, die sie erfasst hatte.

“Meine Füße sind noch vom Flug angeschwollen”, erwiderte sie kühl. “Deshalb sitze ich hier und entspanne mich etwas.”

Skeptisch musterte er sie und ließ sie keine Sekunde lang aus den Augen. “Seltsam. Mir kam es eher so vor, als würdest du vor mir weglaufen.”

“Wieso sollte ich?”

“Keine Ahnung. Vielleicht hast du es dir angewöhnt, immer wegzulaufen.”

Sein spöttischer Tonfall regte sie auf, aber sie verkniff sich eine Antwort. Stattdessen ging sie in Gedanken die Anweisungen ihrer Mutter durch. Gerade sitzen, Kopf hoch, lächeln. Eine kühle Erwiderung. Leider fiel ihr im Moment nichts Gescheites ein. In ihrem Gehirn herrschte noch Nebel wie in London.

“Hast du nichts zu sagen, Prinzessin? Möchtest du nicht mit mir über das Weglaufen sprechen?”

“Ich dachte, wir seien uns einig, dass ich nur meinen Füßen eine kleine Ruhepause gönnte.”

“Ich spreche ja nicht von heute Abend.”

Paris wünschte, John würde sich nicht so weit vorbeugen. Sie hatte den Eindruck, als könne sie seinen Ärger körperlich spüren. Immer mit der Ruhe, sagte sie sich und tat so, als begreife sie jetzt erst, worauf er anspielte. Sie riss die Augen auf. “Du denkst doch nicht, ich sei damals nach London geflüchtet. Ich hatte schon lange mit dem Gedanken gespielt.”

“K. G. hat es nie erwähnt.”

“Ich hatte mit ihm auch nicht darüber gesprochen.”

“Ach, nein?” Wie er es sagte, klang es sehr skeptisch.

“Meine Mutter hatte ich jahrelang nicht gesehen. Ich wollte etwas Zeit mit ihr verbringen, um sie besser kennenzulernen.”

“Du hast sechs Jahre gebraucht, um Lady Pamela kennenzulernen?”, fragte er abfällig.

Nein, dachte sie. Es hat sechs Jahre gedauert, bis ich erkannt habe, wie nützlich es ist, meine Gefühle zu verbergen und mehr auf meinen Stolz zu achten. Kühl sah sie John an. “Im Grunde habe ich sechs Jahre gebraucht, um deinen Rat zu beherzigen und erwachsen zu werden.”

“Habe ich jetzt die erwachsene Paris Grantham vor mir?” Mit einem angedeuteten Lächeln betrachtete er sie von Kopf bis Fuß. Ganz offensichtlich hielt er nicht viel von dem, was er sah.

“Wolltest du es denn nicht so?” Sie reckte das Kinn.

“Nein.”

Seine direkte Antwort tat ihr weh. Sie musste schlucken, und all die großen Erwartungen, mit denen sie hierher nach Australien geflogen war, kamen ihr wieder in den Sinn. Paris war enttäuscht. Es liegt an der Zeitverschiebung, sagte sie sich. Man sagt, dass man dadurch zu Tode erschöpft und sentimental wird. Sie bückte sich, um sich die Schuhe wieder anzuziehen. John war schneller, und eine Sekunde später baumelten ihre Pumps von seinem Finger.

“Willst du die wirklich wieder anziehen?”

Paris sah John wütend an. “Was willst du von mir? Weshalb bist du mir überhaupt gefolgt?”

“Um mit dir zu reden, Prinzessin.”

“Über alte Geschichten?”

“Nur über eine ganz bestimmte Nacht.”

“Wir können uns gern unterhalten, aber mein Gedächtnis ist nicht mehr so gut.”

Sie würde niemals zugeben, wie genau sie sich noch an jede Einzelheit von damals erinnern konnte. Wutentbrannt hatte er sie vom Tisch mit sich gezerrt, und als er sie mit dem Taxi nach Hause fuhr, hatte sie auf dem Rücksitz innerlich gejubelt. Selbst nach sechs Jahren konnte sie sich noch an jedes Wort und jede Empfindung erinnern, als sei das alles erst gestern geschehen.

“Das mit dem Erwachsenwerden wusstest du noch”, erwiderte er ruhig. “Vielleicht kannst du dich auch noch an das erinnern, was davor kam.”

“Ich schätze, ich habe dir irgendeinen Vorschlag gemacht, aber ich war zu betrunken, um mich jetzt noch genau zu erinnern.” Sie zuckte mit den Schultern.

“Du hast mich in dein Bett eingeladen, und das war kein gedankenloser Vorschlag einer Betrunkenen.”

Paris’ Herz schlug wild. Dass er nach so langer Zeit wieder darauf zu sprechen kam, konnte doch nicht etwa bedeuten, dass ihm dieses Ereignis wichtig war?

“Du wolltest mich als deinen ersten Liebhaber”, fuhr er fort und sprach jedes Wort ruhig und sehr betont aus.

“Du hattest Recht, dass ich erwachsen werden musste. Lies nicht zu viel in diese Sache hinein.” Vor Verlegenheit wurde sie rot, doch Paris sammelte ihren Mut, stand auf und streckte die Hand nach ihren Schuhen aus. Doch John zog sie aus Paris’ Reichweite und stand ebenfalls auf.

“Du hast gesagt, dass du mich liebst.”

“Damals war ich jung und naiv.” Sie kam um den Tisch herum und versuchte, ihre Schuhe zu erwischen, aber John machte einen Schritt zur Seite, und sie beide standen sich auf einmal fast auf den Zehen.

“Und was bist du jetzt, Prinzessin? Alt und weise?”

“Ich bin erwachsen und über diese Sache von damals hinweg.”

“Wirklich?” Als er die Hand ausstreckte, und ihr Kinn umfasste, konnte Paris vor Überraschung nicht reagieren. “Ist das für dich Erwachsensein? Indem du so eine Frisur trägst?” Er fuhr ihr durchs Haar und langsam bis zum Hinterkopf.

Paris biss die Zähne aufeinander, um am Ende nicht noch zu stöhnen. Ein paar Haarnadeln lösten sich, und eine dicke Strähne fiel ihr in die Stirn. Jetzt sah sie nur noch eine seiner Wangen, die durch seinen Bartwuchs dunkel wirkten. Seine schmale Nase war seit einem Unfall auf einer Baustelle ein ganz klein wenig schief, und seine Lippen wirkten in dem kantigen Gesicht viel zu sinnlich.

Doch sein schöner Mund lächelte jetzt nicht. John wirkte verbissen, und seine Augen funkelten nicht so warm, wie Paris es in Erinnerung hatte. Trotz der Lachfältchen sah er eher wie ein Mensch aus, der seit langer Zeit viel zu selten gelacht hatte. Anscheinend gab er sich viel Mühe, die Sorgenfalte zwischen seinen Augenbrauen zu vertiefen.

Paris hatte nicht die geringste Lust, ihm diese Falte zu glätten.

“Stört dich meine Frisur?” Sie löste sich aus seinem Griff und sah ihn mit blitzenden Augen an. “Gibt es sonst noch etwas außer meiner Frisur, was du kaputt machen willst? Mein Kleid vielleicht? Das ist auch Teil meiner Rolle als erwachsene Frau.”

Das war ein Fehler, erkannte Paris, als sein Blick zu ihrem Kleid glitt.

“Oh ja”, erwiderte er leise. “Das Kleid gehört ganz entschieden zu dir.” Mit einem Finger fuhr er am Ausschnitt entlang.

Paris konnte es kaum fassen, dass schon bei dieser leisen Berührung ihre Brüste zu glühen schienen. Ich sollte meinen Kopf untersuchen lassen, dachte sie, wenn ich auf eine so abfällige Berührung so erregt reagiere. Sie richtete sich auf. “Was ist mit dir los, John? Ich verstehe dein Verhalten nicht, und ehrlich gesagt bin ich es leid, dieses …” Sie fand keine treffende Beschreibung. “Ich bin um die halbe Welt geflogen und habe den Tag damit verbracht, mich mit der neuesten Kandidatin für den Posten meiner Stiefmutter zu unterhalten.” Sie atmete tief durch. “Und jetzt muss ich mich auch noch damit auseinandersetzen, dass du mich wütend ansiehst, mich betatschst und mir die Frisur ruinierst. Was denkst du, soll hier … He, wag es ja nicht!”

Er senkte den Kopf und brachte sie mit seinen Lippen zum Verstummen. Allerdings wusste Paris ohnehin nicht mehr, worüber sie sich hatte beschweren wollen. In dem Augenblick, in dem Johns Lippen ihren Mund berührten, vergaß sie alles andere. Wie aus weiter Ferne hörte sie, dass ihre Schuhe zu Boden fielen, dann spürte sie Johns Hände an den Schultern. Seine Jackettaufschläge streiften ihren Körper, und ihr Herzschlag dröhnte ihr in den Ohren.

Einen Moment konnte sie sich dadurch ablenken, dass sie sich ganz auf ihre Wut konzentrierte. Dann musste sie allerdings wieder Luft holen. Der Duft seiner Haut hatte sich in keiner Weise geändert, und Paris erkannte ihn sofort wieder. Kein Rasierwasser, nur der Duft männlicher Haut. Paris musste sich an den Aufschlägen seines Jacketts festhalten, damit ihre Knie nicht nachgaben.

Paris kostete die zärtliche Berührung seiner warmen, festen Lippen aus. Sachte strich er ihr mit den Daumen über den Hals. Doch genauso unvermittelt, wie der Kuss begonnen hatte, beendete John ihn auch wieder. Die widersprüchlichsten Gefühle tobten in Paris. Auch in seinem Blick erkannte sie Verwirrung, doch sofort kehrte der wütende Ausdruck in seine Augen zurück.

Langsam löste Paris den Griff und strich sein Jackett glatt. Mit Mühe setzte sie ein Lächeln auf. “Na, wenn das eine Kostprobe dessen war, was ich in den letzten sechs Jahren versäumt habe, dann kann ich mich aber glücklich schätzen.”

Sein Blick wirkte gefährlich, und er verstärkte den Griff um ihre Schultern. “Möchtest du eine wirkliche Kostprobe bekommen?”

Ihr Herz schlug schneller bei der Vorstellung, als er sich vorbeugte und den Blick auf ihren Mund richtete. Ihr zitterten die Knie, und es kam ihr so vor, als würde sie nur durch Johns starke Arme aufrecht gehalten. Gleichzeitig hielt John sich auf Abstand.

Doch er küsste sie nicht noch einmal. Stattdessen fuhr er fast zögernd mit der Zunge über ihre Unterlippe, bevor er sich zurückzog und aufrichtete. Sein Lächeln wirkte verkrampft. “Ein bisschen zu süß für meinen Geschmack. Wie Süßstoff.”

Fassungslos machte Paris den Mund auf, dann schloss sie ihn wieder.

“Woher, glaubst du, kommt das?” Fragend hob er die Augenbrauen. “Warst du zu lange mit Lady Pamela zusammen, oder liegt das an dem armen alten Teddy?”

“Edward ist weder arm noch alt!”

“Ach, nein? Bankrott, aber nicht arm? Klingt interessant. Hast du ihn deswegen verlassen?”

Langsam schüttelte sie den Kopf. War John wütend, weil sie vor sechs Jahren weggelaufen war? Gefiel ihm ihre Frisur nicht? Passte es ihm nicht, dass sie ihren Verlobten verlassen hatte?

“Glaubst du, ich habe ihn verlassen, weil er bankrott ist?” Das war wirklich der Gipfel. Paris musste fast auflachen.

Es stimmte, dass sie den “armen Teddy” wegen Geldproblemen verlassen hatte. Er hatte ihr Vermögen beziehungsweise das ihres Vaters haben wollen, um sich finanziell zu sanieren. Nur deswegen hatte er sie überhaupt heiraten wollen.

Fast hätte sie John die ganze Wahrheit über den “armen alten Teddy” erzählt, doch er wirkte immer noch so abfällig, dass sie nur die Schultern straffte und ihn herablassend ansah. “Ich hätte das Zehnfache von Edwards Besitz aufkaufen können.”

“Dein Vater hätte das gekonnt.”

“Wenn du es so genau nehmen willst.” Sie zuckte mit den Schultern.

“Bist du deshalb zurückgekommen? Um die Rolle der Erbin zu spielen?”

“Ich will hier gar nichts spielen.” Ihr Tonfall war schneidend, genau wie der Schmerz in ihrer Brust. Die Rolle der Erbin passte ihr genauso wenig wie die des “armen” reichen Mädchens, des Opfers oder der Siegerin. “Ich bin nach Hause gekommen, weil K. G. mich darum gebeten hat. Er hat mir einen Job angeboten.”

Verächtlich stieß er die Luft aus. “Als was denn?”

Das wusste Paris selbst nicht. Ihr reichte es schon, dass ihr Vater sie um Hilfe gebeten hatte, doch das brauchte John nicht zu erfahren. Wieder reckte sie das Kinn. “Vielleicht gibt es in deiner Abteilung eine passende Stelle für mich.”

Etwas blitzte in seinen Augen auf.

“Wenn ich näher darüber nachdenke, dann würde ich gern in deiner Abteilung arbeiten. Ich werde mit Daddy darüber reden.” Paris wusste, dass sie herablassend klang, aber das kam ihr nur fair vor, nachdem John ihr vorwarf, nur die reiche Erbin spielen zu wollen.

Sein Blick verriet nicht, was in ihm vorging. Dann drehte er sich auf dem Absatz um und ging weg.

“Dann sehen wir uns ja bald im Büro”, rief Paris ihm nach, und John zögerte einen Moment an der Tür, bevor er sie ohne einen weiteren Blick zurück zuwarf. Paris blieb zurück und kochte innerlich vor Wut. Sie wollte ihm nachlaufen, ihn anschreien oder irgendetwas nach ihm werfen, damit er zurückkam und sie ihren Streit fortsetzen konnten.

Dabei wusste sie nicht einmal genau, wohin dieser Streit führen sollte.

Entnervt wandte sie sich dem Spiegel zu. Sie sah genauso aus, wie dieser Abend verlaufen war. Entsetzlich.

So viel zu den Lektionen ihrer Mutter, wie man immer die Fassung bewahrte. Dabei hatte Paris so viel von diesem Abend erwartet. Diese Erwartungen hatten anscheinend zu viel mit den Träumen ihrer Jugend zu tun. Sie schüttelte den Kopf. In diesen Träumen lächelte John immer noch so herzlich wie damals. In seinem Blick lag Wärme, und beim Klang seines Lachens schlug ihr Herz Purzelbäume.

Hatte sie wirklich erwartet, dass vier Jahre als rechte Hand ihres Vaters spurlos an John vorbeigingen? Nein, mit Veränderungen hatte sie gerechnet, und in gewisser Weise hatte sie sich vor diesen Veränderungen gefürchtet. Sie hatte fast damit gerechnet, dass sie beim ersten Blick in sein Gesicht wieder dieselbe tiefe Verbundenheit wie damals spüren würde. Und dass sie sich Hals über Kopf in den Mann verlieben würde, der genauso von seiner Arbeit besessen war wie ihr Vater. Und das war ihr schlimmster Albtraum.

Sie wandte sich vom Spiegel ab. John Manning hatte sich zu einem Mann entwickelt, der es nicht verdiente, dass man von ihm träumte oder etwas von ihm erwartete. Er verdiente es, dass er am Montag in sein Büro kam, nur um festzustellen, dass sie direkt mit ihm zusammenarbeitete.

Schluss mit dem Fantasieren! sagte sie sich.

Die Chance, dass ihr Vater ihr einen Job gab, den sie sich von ihm wünschte, war genauso groß wie die, einen Mann zu finden, der sie nicht nur wegen ihres Geldes liebte. Nämlich gleich null.

2. KAPITEL

Schon beim ersten Klingeln nahm John den Anruf auf seinem Handy entgegen. Er klemmte den Apparat zwischen Wange und Schulter, um sich den zweiten Joggingschuh anzuziehen.

“Freut mich, dich zu erwischen”, begrüßte K. G. ihn ohne Umschweife. “Ich hatte schon damit gerechnet, dass du zu dieser Uhrzeit bereits im Fitnessstudio steckst.”

“Ich habe verschlafen.”

“Es geschehen noch Wunder. Kommst du heute Vormittag ins Büro?”

“Nur ganz kurz.”

“Bestens.” Es klang fast wie ein Bellen. “Dann um zehn in meinem Büro.”

Autor

Bronwyn Jameson
Es hat lange gedauert, bis Bronwyn Jameson wusste, welchen Beruf sie einmal ergreifen wollte. In ihrer Kindheit träumte sie davon, Tierärztin zu werden – leider kann sie kein Blut sehen, sodass daraus nichts wurde. Danach spielte sie mit dem Gedanken, sich dem Journalismus zuzuwenden, war allerdings zu schüchtern, um sich...
Mehr erfahren