Sommernacht in Rom

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Tausend Sterne leuchten über Rom, als Bethany in Cristianos Armen liegt. Doch sie weiß: Es ist ein Liebestraum auf Zeit. Denn sie, ein bescheidenes Mädchen aus Irland, und dieser attraktive italienische Millionär – das kann nicht für immer sein. Oder doch?


  • Erscheinungstag 11.06.2022
  • ISBN / Artikelnummer 9783751514811
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Cristiano De Angelis saß abgeschirmt in seinem angenehm kühlen Mercedes, während er durch seine Sonnenbrille das hektische Treiben auf den Straßen betrachtete. Sengende Hitze ließ die Luft flirren, Autos fuhren Stoßstange an Stoßstange. Diesen Teil Roms kannte er genauso gut wie sein Penthouse in London, wo er den größten Teil des Jahres lebte. Ab und zu nahm er sich jedoch die Zeit, seine Familie in Italien zu besuchen. Als Spross einer der reichsten italienischen Familien, war er in Rom aufgewachsen und zur Schule gegangen, ehe er in England sein Studium begonnen hatte. Obwohl er gern in seine Heimatstadt kam, verspürte er auch ein Gefühl der Enge, selbst wenn er nur eine Woche blieb. Und er war jedes Mal ein wenig erleichtert, wenn er in das eher anonyme London zurückkehrte.

Stirnrunzelnd dachte er an das Gespräch, das er eben mit seiner Mutter und seinem Großvater geführt hatte. Gemeinsam hatten sie in dem luxuriös ausgestatteten Speisezimmer im Haus des Großvaters zu Mittag gegessen. Im Laufe der Unterhaltung war wieder einmal deutlich geworden, wie sehr sie beide sich Nachkommen von Cristiano wünschten.

Seine Mutter hatte ihm händeringend dargelegt, es sei ihr größter Wunsch, dass er endlich sesshaft werden und sein Glück finden sollte. Sein Großvater hingegen hatte seine nachlassende Gesundheit und sein Alter ins Spiel gebracht, als ob er schon ein klappriger Greis wäre und nicht ein rüstiger achtundsiebzigjähriger Mann, dessen schiere Präsenz schon Aufmerksamkeit einforderte.

„Ich kenne da ein sehr hübsches Mädchen“, hatte seine Mutter gesagt und dann innegehalten, um zu ergründen, ob ihre lässig hingeworfene Bemerkung auf fruchtbaren Boden gefallen war. Doch Cristiano ging nicht darauf ein. Obwohl er wusste, dass er eines Tages eine passende Frau heiraten musste, war er jetzt noch nicht bereit dazu. Entschieden war er bei seinem Standpunkt geblieben. Denn hätte er auch nur einen Moment geschwankt, hätten sie sofort eine ganze Liste möglicher Kandidatinnen ins Spiel gebracht.

Ein amüsiertes Lächeln stahl sich auf seine Lippen, während er die Sonnenbrille abnahm und die Menschen betrachtete, die in Scharen durch die Straßen mit ihren eleganten Designerläden schlenderten. Als hätten sie das Wort Kreditkrise noch nie gehört.

Schließlich klopfte er an die gläserne Trennscheibe und teilte seinem Chauffeur Enrico mit, dass er ihn hier herauslassen könne.

„Bringen Sie den Wagen zu mir nach Hause“, sagte Cristiano. Auch wenn ihm die Aussicht auf einen Spaziergang in der sengenden Sommersonne nicht sonderlich behagte und er lieber in dem angenehm kühlen Mercedes sitzen geblieben wäre, wollte er bei dem dichten Verkehr nicht noch mehr Zeit verlieren. „Ich muss etwas für meine Mutter abliefern. Und wenn ich die Seitenstraßen nehme, bin ich schneller, als wenn Sie mich hinfahren. Ich nehme mir dann ein Taxi nach Hause.“

„Aber Sir, die Sonne …“

Enrico war schon seit Cristianos Kindertagen Chauffeur der Familie. Und ihm behagte es gar nicht, dass Cristiano sich der Hitze aussetzen wollte.

„Ich bin doch keine alte Jungfer, die gleich in Ohnmacht fällt, Enrico“, gab er trocken zurück. „Eine halbe Stunde werde ich da draußen wohl aushalten. Und sehen Sie sich doch all die Menschen an, die durch die Straßen bummeln. Sie scheinen auch nicht unter der Temperatur zu leiden.“

„Das sind ja auch Frauen, Sir. Sie sind von Natur aus in der Lage, bei jedem Wetter einen Einkaufsbummel zu machen, ohne dass sie in irgendeiner Weise Schaden nehmen …“

Cristiano lächelte immer noch, als er in die gleißende Helligkeit hinaustrat, die Augen wieder geschützt hinter der Sonnenbrille. Auch wenn er die Blicke der Frauen spürte, an denen er vorbeiging, ignorierte er sie. Er wusste, sollte er seine Schritte verlangsamen, würde es nicht lange dauern, bis eine langbeinige, dunkelhaarige Schönheit der Gesellschaft sich ihm nähern würde. Obwohl er nicht mehr ständig in dieser Stadt lebte, war er in gewissen Kreisen wohlbekannt. Seine Besuche in Rom verliefen selten ohne hoffnungsvolle Einladungen von Frauen, die sich um ein Treffen mit ihm bemühten, auch wenn sie normalerweise keinen Erfolg damit hatten. Denn trotz der Vorwürfe seiner Mutter war er sehr wählerisch. Und während er die belebte Einkaufsstraße verließ, erinnerte ihn seine Haltung Frauen gegenüber wieder an ihre Versuche, ihn zu verkuppeln. Noch mit keiner Frau war er längere Zeit ernsthaft zusammen gewesen, auch wenn er gegen die Ehe per se nichts einzuwenden hatte. Und ein Leben ohne Kinder konnte er sich auch nicht vorstellen, obwohl er diesen Punkt eben mit einer unwirschen Handbewegung abgetan hatte. Dabei waren ihm seine Eltern in puncto Ehe doch ein leuchtendes Beispiel gewesen. Schon als Kinder hatten sie sich gemocht und passten in jeder Hinsicht perfekt zusammen. Und so wie im Märchen hätten sie glücklich bis ans Ende ihrer Tage zusammengelebt, wäre sein Vater nicht vor fünf Jahren gestorben. Seine Mutter trug immer noch Schwarz, bewahrte Bilder von ihm in ihrer Handtasche und sprach in seiner Gegenwart manchmal von ihm.

Doch in Zeiten schneller Scheidungen und geldgieriger Frauen, die auf das große Los hofften, wie sollte er da eine vergleichbare Verbindung finden?

Es dauerte etwas mehr als zwanzig Minuten, bis er vor dem eleganten Apartmentkomplex stand, wo er die zarte Orchidee abliefern sollte. Als Dankeschön an eine Frau, die vor zwei Wochen bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung ausgeholfen hatte. Seine Mutter, die zum Landsitz der Familie aufgebrochen war, wollte mit dem Geschenk nicht so lange warten, bis sie wieder in Rom war.

Der Spaziergang war keineswegs so unangenehm gewesen, wie er sich vorgestellt hatte. Jetzt wurde ihm bewusst, dass er nur selten zu Fuß ging. In London stand ihm Tag und Nacht ein Chauffeur zur Verfügung. Zudem erschien ihm ein Spaziergang aus reiner Lust und Laune als Zeitverschwendung, da ihm sein voller Terminplan ohnehin nur wenig Raum gab.

Nachdem er das luxuriös ausgestattete Gebäude betreten hatte, entschied er sich, die Treppe zu dem Apartment im dritten Stock zu nehmen. Das Treppenhaus mit den dicken Teppichen und der erlesenen Tapete zeugte von Eleganz. Das Apartment wäre sicher ähnlich elegant ausgestattet, wie er vermutete. Doch niemand öffnete die Tür, obwohl er einige Male geklingelt hatte.

Was, zum Teufel, sollte er nun mit dieser überteuerten Treibhauspflanze anstellen?

Er fluchte leise, weil er sich hatte erpressen lassen, diesen lächerlichen Auftrag auszuführen. Dann beschloss er, laut an die Tür zu klopfen. So wie in jedem exklusiven Apartmenthaus herrschte auch in diesem Flur gespenstische Stille. Er wusste aus eigener Erfahrung, dass die Reichen lieber für sich blieben. Er selbst würde seine Zeit auch nicht mit sinnlosem Geplauder im Flur oder Aufzug verschwenden und war froh, dass er über einen eigenen Lift verfügte, der ihn in sein Penthouse beförderte.

Erneut klopfte er an die Tür, diesmal noch lauter. Und endlich hörte er trippelnde Schritte dahinter.

Unter normalen Umständen wäre Bethany sofort zur Tür gestürmt und hätte den ungebetenen Besucher scharf zurechtgewiesen, aber diesmal war es etwas anderes …

Sie schaute auf das Kleid, das sie trug, und wurde zunehmend nervös. Ein Kleid, für das seine Besitzerin sicher so viel ausgegeben hatte wie für einen Kleinwagen. Es war wunderschön und umschmeichelte ihre gute Figur. Es gab nur ein Problem: Noch vor einer Viertelstunde hatte es in einem fremden Kleiderschrank gehangen.

Himmel! Was hatte sie sich nur dabei gedacht, das Kleid anzuprobieren? Die letzten drei Tage hatte sie es geschafft, der Versuchung zu widerstehen. Warum war sie ihr gerade jetzt erlegen? An diesem Tag war es draußen sehr heiß gewesen. Zurück im Apartment, hatte sie in dem luxuriösen Marmorbad ein Schaumbad genommen. Dann war sie ins Ankleidezimmer gegangen, drei Mal so groß wie ihre winzige Studentenbude früher. Vorsichtig hatte sie all die herrlichen Kleider, Jacken und Mäntel berührt, war schließlich an dieser besonderen Kreation hängen geblieben und hatte nicht widerstehen können.

Das Klingeln an der Tür ignorierte sie. Als dann immer wieder an die Tür geklopft wurde, wusste sie, dass es nicht Amy sein konnte, die übers Wochenende zu ihrem Freund nach Florenz gefahren war. Ein Hausierer auch nicht, da diesen Menschen strikt untersagt war, das Gebäude zu betreten. Blieb nur noch einer der Bewohner oder, schlimmer noch, ein Freund der Eigentümerin dieses Apartments.

Das vierte Klopfen riss sie unbarmherzig aus ihren Grübeleien, die sich vor allem darum drehten, dass sie ihren Job hier verlieren und in Polizeigewahrsam genommen werden würde. Ein Witz, wenn man bedachte, dass es eigentlich Amys Aufgabe war, auf die Wohnung aufzupassen.

Sie blieb hinter der Tür stehen und öffnete sie nur so weit, dass der Besucher nichts von dem Kleid sehen konnte, das sie sich ausgeliehen hatte. Ihr Blick wanderte von unten nach oben. Teure braune Halbschuhe, cremefarbene Hose und Poloshirt, gebräunte Arme und eine teure Uhr, um die sich dunkle Härchen kräuselten. Als sie ihm schließlich ins Gesicht sah, verschlug es ihr den Atem. Tatsächlich war der Fremde so außergewöhnlich attraktiv, dass Bethany sich wie benommen fühlte.

Doch sie fasste sich schnell wieder, als sie sich daran erinnerte, wo sie war. In einem Apartment, das nicht ihr gehörte, in einem Kleid, das auch nicht ihr eigenes war. Rasch wich sie noch ein Stück hinter die Sicherheit der schweren Tür zurück.

„Ja, bitte? Kann ich Ihnen helfen?“ Sie wollte ihn nicht anstarren, konnte es jedoch nicht verhindern. Es waren nicht allein seine Größe, die ebenmäßigen Züge oder sein männlicher Körper, die sie in seinen Bann zogen. Vielmehr war es seine Aura von unumschränkter Selbstsicherheit und Einfluss, die ihm eine unwiderstehlich sinnliche Anziehungskraft verlieh.

Cristiano, zu Anfang überrascht, eine junge Frau vorzufinden statt einer Witwe in mittleren Jahren, betrachtete ihr zartes, herzförmiges Gesicht, den vollen Mund, die schräg geschnittenen grünen Augen und das kupferrote Haar, das ihr fast bis zu den Hüften reichte.

„Verstecken Sie sich hier?“, fragte er und sah fasziniert zu, wie sie errötete. Sie verhielt sich ganz anders als andere Frauen, die in seiner Gegenwart mit den Wimpern klimperten und sich geziert gaben, um ihr Interesse zu bekunden.

„Verstecken?“, fragte sie und stellte fest, dass seine Stimme zu seinem Äußeren passte. Tief, lässig und selbstbewusst. „Ich verstecke mich keineswegs.“ Bethany wich noch ein Stück zurück. Sie kannte diesen Mann nicht, doch sollte er hier wohnen oder ein Freund sein, wusste er, dass sie nicht Amelia Doni war, eine Frau von Mitte vierzig, der dieses Apartment gehörte. Vielleicht wusste er sogar, dass eine einundzwanzigjährige Frau, die zufällig auf diese Wohnung aufpasste, niemals ein so sündhaft teures Kleid besitzen würde. „Ich bin nur ein bisschen überrascht … dass Besuch kommt … tut mir leid. Ich weiß nicht einmal, wie Sie heißen …“

„Cristiano De Angelis.“ Er wartete auf ein Zeichen, dass sie ihn erkannte. Denn jede Frau, der ein solch luxuriöses Apartment gehörte, würde von der Familie De Angelis schon gehört haben. Allerdings fragte er sich, warum er sie bisher bei keinem der gesellschaftlichen Ereignisse getroffen hatte, die er immer besuchte, wenn er in Rom war. Denn an ihr Gesicht würde er sich sicherlich erinnern. Sie war keine der üblichen italienischen Schönheiten, obwohl sie die Sprache fließend beherrschte. Vielmehr sah sie … Plötzlich wurde ihm bewusst, warum er sie vielleicht noch nicht getroffen hatte. Er lächelte, während er mühelos vom Italienischen ins Englische wechselte.

„Da ich mich nun vorgestellt habe, könnten Sie mir vielleicht sagen, ob ich hier richtig bin … Signora Doni?“

„Tut mir leid. Sie haben mir noch nicht gesagt, was Sie wollen.“

Cristiano hielt ihr die Schachtel mit der Orchidee hin, die er für einen Moment völlig vergessen hatte. „Von meiner Mutter.“

Verdutzt sah Bethany ihn an. Er wollte also nur etwas abliefern und wusste nicht einmal, wie Amelia Doni aussah. Also hatte er auch keine Ahnung, dass das Kleid nicht ihr gehörte. Sie entspannte sich ein wenig und streckte die Hand nach der Blumenschachtel aus.

„Wunderbar. Vielen Dank.“

Wunderbar? Vielen Dank? Müsste sie ihn nicht hereinbitten? Zumindest einen Anschein von Interesse zeigen, ihn näher kennenlernen zu wollen?

„Wollen Sie mich nicht hereinbitten?“, fragte Cristiano gedehnt. „Schließlich bin ich fast eine halbe Stunde in der Hitze draußen gebraten worden, nur um eine Topfpflanze abzuliefern. Ein kalter Drink wäre mir jetzt sehr recht.“ Er mochte kaum glauben, dass sie tatsächlich ein paar Sekunden überlegte, ob sie ihn wirklich hereinlassen sollte.

„Sie haben vielleicht noch nicht von mir gehört, aber ich kann Ihnen versichern, dass die Familie De Angelis in Rom sehr bekannt ist. Also besteht kein Grund, dass Sie um Ihr Leben oder Ihre Besitztümer fürchten müssten.“ Seit wann musste er jemandem seine Herkunft erklären? Außerdem hatte ihn noch keine Frau bisher mit einem Blick bedacht, als würde er sie jeden Moment anfallen.

„Das tue ich doch gar nicht. Aber man hat mir beigebracht, nicht mit Fremden zu sprechen.“

„Ich habe mich vorgestellt, also bin ich nicht länger ein Fremder. Außerdem kennen Sie meine Mutter, wenn auch nur flüchtig …“ Er lächelte, und Bethany schien dahinzuschmelzen. Ihre Haut prickelte, ihre Kehle war plötzlich trocken und ihre Brüste überempfindlich.

Sonst reagierte Bethany nie auf diese Weise, wenn es um das andere Geschlecht ging. Sie konnte entspannt mit Männern plaudern, sie necken, ohne so verstörend auf sie zu reagieren. In ihrer Gegenwart hatte sie sich immer wohlgefühlt. Sie war die mittlere von drei Schwestern. Während die ältere über einen herausragenden Intellekt verfügte, war die jüngste eine strahlende Schönheit, die schon mit elf Jahren den Jungen den Kopf verdreht hatte. Bethany hielt die Mittelstellung und hatte sich immer für durchschnittlich attraktiv und recht clever gehalten. Ihre Haltung Männern gegenüber zeichnete sich durch Zurückhaltung aus. Deshalb war sie ein wenig schockiert, aber auch erstaunt, welchen Gefühlsaufruhr dieser attraktive Fremde in ihr auslöste.

„Na schön. Ich denke, Sie können einen Moment hereinkommen“, räumte sie nervös ein. „Es ist wirklich heiß draußen. Wenn Sie mögen, hole ich Ihnen ein Glas Wasser …“ Sie hielt ihm die Tür auf, damit er an ihr vorbeigehen konnte.

„Hübsch hier“, meinte Cristiano, der sich flüchtig umgesehen hatte. Da er in einer prunkvollen Umgebung aufgewachsen war, interessierte ihn die Zurschaustellung des Reichtums anderer Leute nicht. „Seit wann wohnen Sie denn hier?“ Er hatte sich bei dieser Frage zu ihr umgedreht. Ihr Anblick beeindruckte ihn so sehr, dass die Zeit für ihn einen Moment stillzustehen schien. Ihre Augen waren von einem so klaren Grün, wie er es noch nie gesehen hatte, und ihre kupferrote Haarpracht unterstrich auf vorteilhafteste Weise ihre zarte, blasse Haut. Ihre Sommersprossen gaben ihrer Schönheit eine besondere Frische und bewahrten sie davor, nur ein attraktives Gesicht unter vielen zu sein. Jetzt konnte er noch weniger verstehen, warum sie so bedacht darauf gewesen war, sich zunächst hinter der Tür zu verstecken. Denn sie hatte einen umwerfend schönen Körper. Schlank, aber mit vollen Brüsten. Und ihrem Kleid nach zu urteilen, verfügte sie über einen ausgezeichneten Geschmack.

„Seit wann ich hier wohne?“, wiederholte Bethany wie ein Papagei. „Noch nicht lange.“ Und das stimmte tatsächlich. „Ich hole Ihnen schnell ein Glas Wasser. Wenn Sie bitte … hier stehen bleiben würden … Es dauert nicht lang.“

„Sie sehen aus, als ob Sie ausgehen wollen. Ich habe wohl einen schlechten Zeitpunkt für meinen Besuch erwischt, nicht wahr?“ Mit glühendem Blick sah er sie an, während er versucht war, dieses zufällige Treffen ein wenig befriedigender zu gestalten. Es geschah selten, dass er in die Rolle des Jägers gedrängt wurde. Und noch seltener, dass er so schnell auf diese Weise auf eine Frau reagierte. Doch es gefiel ihm.

„Sie meinen also, ich will ausgehen?“ Bethany zwang sich, den Blick von ihm abzuwenden, und stakste in ihren geborgten Stöckelschuhen zur Küche.

„Sind Sie immer so schreckhaft?“

Bethany, die gerade eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank nehmen wollte, schreckte bei seiner Bemerkung tatsächlich zusammen, weil sie erst jetzt merkte, dass er ihr in die Küche gefolgt war.

„Mir wäre es lieber, wenn Sie sich nicht so anschleichen“, meinte sie angespannt. „Hier, bitte. Das Wasser.“ Sie reichte ihm das Glas, dann verschränkte sie erleichtert die Arme vor der Brust.

„Haben Sie auch einen Vornamen, Miss Doni?“ Dieser Frau musste man wohl alles aus der Nase ziehen.

„Warum wollen Sie meinen Vornamen wissen?“, fragte sie, während ihr durch den Kopf ging, welche Folgen diese Enthüllung nach sich ziehen könnte. Eigentlich hatte Amy, eine Verwandte der Eigentümerin, in dem Apartment nach dem Rechten sehen sollen. Darüber war Amy nicht eben begeistert gewesen. Sie hatte erst vor Kurzem einen Mann kennengelernt, und die Aussicht, einen ganzen Monat ihrer Sommerferien in Rom verbringen zu müssen, begeisterte sie ganz und gar nicht. Bethany hingegen war überglücklich, diese Aufgabe übernehmen zu können. Sie würde ihr Italienisch aufbessern können, in der schönsten Stadt der Welt. Zudem genoss sie freie Unterkunft in einem Apartment, das sie sonst nie im Leben zu Gesicht bekommen hätte. Und obendrein würde man sie dafür noch bezahlen. Gäbe sie jedoch ihre wahre Identität preis, würde nicht nur sie selbst, sondern auch Amy großen Ärger bekommen. Benommen senkte sie den Blick und lehnte sich gegen die Anrichte.

„Ist alles in Ordnung mit Ihnen?“

Als Bethany die Augen wieder öffnete, merkte sie bestürzt, dass er ihr viel zu nahe stand und sie nach Luft schnappen musste. Trotzdem klang ihre Stimme gelassen, als sie erwiderte: „Ja, mir geht es gut.“ Als sie ein kleines Stück abrückte, runzelte Cristiano verwirrt die Stirn.

„Sie sehen aber nicht so aus. Ihr Gesicht ist gerötet. Vielleicht von der Hitze. Sie haben eine sehr helle Haut. Die Italienerinnen sind die Hitze während der Sommermonate in Rom gewohnt, aber Sie sind ja keine Italienerin, nicht wahr? Obwohl Sie die Sprache fließend beherrschen.“ Sein Blick schweifte durch die perfekt ausgestattete Küche, die anscheinend kaum benutzt wurde. „Ist das Ihr … Feriendomizil?“

Verblüfft sah Bethany ihn an. Gab es tatsächlich Leute, die über so eine Ferienwohnung verfügten? Marmor überall und Gemälde an den Wänden, die ein Vermögen gekostet haben mussten. Und das Ankleidezimmer voll mit teuersten Designerkleidern.

Er bestätigte ihre Überlegungen, indem er hinzufügte: „Ich jedenfalls habe verschiedene Feriendomizile.“

„Ach ja?“, meinte sie ausweichend und war froh, als er seinen Blick von ihr abwandte und einen Schluck Wasser nahm.

Lässig zuckte Cristiano die Schultern. „Ja. Hier. Und in Paris, New York und auf Barbados. Die in Paris und New York benutze ich hauptsächlich, wenn ich dort geschäftlich zu tun habe.“ Er stellte das Glas auf die Anrichte und beschloss, das Gespräch wieder auf sie zu bringen. „Also, wie lautet Ihr Vorname …“

„Amelia“, erklärte Bethany niedergeschlagen und verkreuzte die Finger hinter ihrem Rücken.

„Und wo wohnen Sie normalerweise, Amelia Doni?“

„In London.“

„Sie sind wohl nicht sehr gesprächig, Miss Amelia Doni? Ich nehme doch an, dass Sie nicht verheiratet sind …? Jedenfalls habe ich keinen Ehering an Ihrer Hand gesehen.“

„Wenn Sie das Wasser dann ausgetrunken haben …“

Sie klang ganz und gar nicht so, als ob sein Interesse ihr schmeicheln würde, wie er irritiert feststellte. Stattdessen schien sie ihn nicht schnell genug loswerden zu können.

„Wie lange sind Sie denn schon in Rom?“, fragte Cristiano. Je abweisender sie sich gab, desto entschlossener war er seltsamerweise, die Barriere zwischen ihnen zu durchbrechen.

Bethany zuckte die Schultern und murmelte: „Nicht sehr lange.“

„Aber vermutlich schon lange genug, dass man Sie für die Wohltätigkeitsveranstaltung hat einspannen können.“

„Wohltätigkeitsveranstaltung?“

„Die Orchidee. Die gegenwärtig auf dem Tischchen im Flur dahinwelkt. Ein Dankeschön meiner Mutter, die solche Veranstaltungen immer sehr unterstützt. Sie wäre selbst gekommen, ist aber aufs Land gefahren und wird eine Weile dort bleiben.“

„Aufs Land …“, wiederholte Bethany und merkte, dass sie wie jemand klang, der ein wenig schwer von Begriff war.

„Wir haben ein Landhaus“, erklärte Cristiano, den ihr mangelndes Interesse an all dem, was er zu sagen hatte, sehr verwirrte. „In den Bergen ist es viel kühler als in der Stadt …“

„Ja … das denke ich mir. Sagen Sie ihr Danke schön … für die Pflanze …“

„Welche Rolle haben Sie denn bei der Wohltätigkeitsveranstaltung gespielt?“

„Ich … nun ja, eigentlich ziehe ich es vor, nicht über Vergangenes zu sprechen. Ich bin ein Mensch, der im Hier und Jetzt lebt …“

„Dann sind Sie genau die richtige Frau für mich. Ich muss erst morgen wieder in London sein. Gehen Sie heute Abend mit mir essen.“

„Wie bitte? Nein! Nein, nein …“ Bethany war hin und her gerissen. Zum einen war sie schockiert, weil er sie so überrascht hatte, zum anderen war sie erstaunt, dass sie seine Einladung tatsächlich akzeptieren wollte. Sie kannte sich selbst kaum wieder, aber vielleicht verhielt sie sich deshalb so seltsam, weil sie sich in einer fremden Umgebung befand. „Sie müssen jetzt gehen“, drängte sie benommen.

„Warum? Erwarten Sie jemanden? Einen Mann vielleicht? Sind Sie liiert?“

„Nein.“ Langsam ging sie zur Eingangstür. Es fiel ihr schwer zu lügen, und sie wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis ihr ein Fehler unterlief.

„Sie sind also nicht liiert. Und Sie erwarten niemanden. Warum sträuben Sie sich dann, mit mir zu Abend zu essen?“

„Ich … ich glaube, dass es doch ein wenig unhöflich ist von Ihnen, hierherzukommen, um eine Lieferung abzugeben und mich dann zum Abendessen einzuladen …“

„Sie fühlen sich also nicht geschmeichelt?“

„Ich weiß nicht …“

„Da wäre doch ein Abendessen die perfekte Gelegenheit, sich Klarheit zu verschaffen.“ Irgendwie hatte sie es geschafft, ihn zur Tür zu drängen, und umklammerte nun mit ihrer schmalen, blassen Hand die Türklinke.

„Das glaube ich kaum. Aber trotzdem danke für die Einladung. Und natürlich für die Blume. Ich werde mich um die Pflanze kümmern, obwohl ich nicht besonders geschickt darin bin.“

„Komisch. Ich auch nicht.“ Lässig lehnte er sich gegen die Tür, sodass Bethany sie nicht öffnen konnte. „Jetzt haben wir schon eines gemeinsam.“

„Machen Sie das öfter?“, fragte sie. Ihr Herz klopfte bis zum Hals, da er sie völlig verunsicherte. „Ich meine, bei Fremden hereinplatzen und sie zum Abendessen einladen? Na gut, so unhöflich ist es auch wieder nicht, aber Sie müssen zugeben, dass es etwas seltsam anmutet.“ Prüfend sah sie ihn an. „Sie kennen mich doch überhaupt nicht. Ich könnte Gott weiß wer sein.“

Autor

Cathy Williams
<p>Cathy Willams glaubt fest daran, dass man praktisch alles erreichen kann, wenn man nur lang und hart genug dafür arbeitet. Sie selbst ist das beste Beispiel: Bevor sie vor elf Jahren ihre erste Romance schrieb, wusste sie nur wenig über deren Inhalte und fast nichts über die verschiedenen Schreibtechniken. Aber...
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