Süchtig nach dir und deinen Küssen

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"Haltet den Dieb!" Beherzt entreißt Draco Morelli dem Dieb den Koffer, der sich prompt öffnet. Es regnet entzückende BHs und sexy Höschen … Und als die schöne Besitzerin des Gepäckstücks vor Draco steht, kühlt das heiße Verlangen des Italieners nicht etwa ab. Wie gut, dass sich ihre Wege trennen, als sie das Flughafengebäude verlassen! Denn eine Frau in seinem Leben ist das Letzte, was Draco möchte. Doch ausgerechnet bei der Hochzeit von Freunden sehen sie sich wieder. Einmal konnte Draco dieser Versuchung namens Eve Curtis widerstehen. Ob ihm das ein zweites Mal gelingt?


  • Erscheinungstag 29.03.2016
  • Bandnummer 2225
  • ISBN / Artikelnummer 9783733706630
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Sie hasste es, zu spät zu kommen.

Während sie sich durch die Menge schlängelte, checkte sie die neuen Nachrichten auf ihrem Handy. Ihre Finger wischten gerade über das Display, als ein scharfer Ruck sie fast von den Füßen riss.

Instinktiv umklammerte sie den Gurt ihrer Reisetasche. Doch der Dieb war größer als sie, und so gab es nur ein kurzes Gerangel, und schon flüchtete er mit ihrer Tasche.

„Hilfe! Haltet den Dieb!“

Aber niemand reagierte auf ihr Schreien. Bis der Jugendliche auf einen Passanten traf, der ihm nicht auswich.

Sie sah, wie er gegen den Mann prallte und zu Boden stürzte. Dann verschwand er aus ihrem Blick.

So konnte sie nicht sehen, wie der Dieb benommen den Kopf schüttelte und wütend zu dem Mann aufblickte, zu dessen Füßen er lag. Die Wut in seinem Gesicht verwandelte sich in Angst. Er ließ die Tasche los, sprang auf und war verschwunden.

Draco seufzte. Normalerweise wäre er jetzt hinter dem Kerl hergerannt, aber er war auch so schon zu spät. Als er die gestohlene Reisetasche hochhob, sprang sie prompt auf und ergoss ihren Inhalt auf den Boden.

Er blinzelte verwundert. In den dreiunddreißig Jahren, die er auf der Welt war, hatte er schon so einiges gesehen, aber dass er jetzt knöcheltief in Damenunterwäsche stand, verblüffte ihn doch.

Mit spöttisch gehobener Augenbraue und einem kleinen Lächeln auf den sinnlichen Lippen beugte er sich hinunter und zog mit spitzen Fingern einen BH aus dem Durcheinander. Seide, ein Karomuster in frechem Rosa und, wenn er sich nicht täuschte, Körbchengröße D.

Halblaut las er das handgestickte Firmenlogo.

Eve’s Temptation. Er glaubte sich entfernt an den Namen zu erinnern.

Besaß Rachel nicht etwas Ähnliches, allerdings in einer dezenteren Farbe? Draco seufzte. Er vermisste zwar den tollen Sex, aber nicht Rachel. Und er bereute es nicht, ihre kurze Affäre beendet zu haben.

Rachel hatte sich einfach nicht an die Regeln gehalten. Es hatte mit dem Gebrauch der Worte wir und uns angefangen – Wir könnten bei meinen Eltern vorbeifahren. Meine Schwester hat uns ihre Skihütte für Neujahr angeboten. Er machte sich Vorwürfe, dass er es so weit hatte kommen lassen. Aber der Sex mit Rachel war nun mal wirklich gut gewesen.

Vor ein paar Monaten hatte sich die Situation dann zugespitzt, als sie ihn rein zufällig in einem Luxuskaufhaus traf. Es war einer der seltenen Tage gewesen, an denen er Zeit für seine Tochter hatte.

Es waren noch nicht einmal ihre auffälligen Bemühungen gewesen, sich bei Josie einzuschmeicheln, sondern die Bemerkung seiner Tochter auf dem Heimweg.

„Sei nicht zu grob zu ihr, wenn du sie abservierst, Dad.“

Als er den besorgten Ausdruck in ihren Augen sah, wurde ihm klar, dass er im Begriff war, sein Privatleben nicht mehr von den anderen Belangen seines Lebens zu trennen. Dabei war das gerade jetzt, wo Josie älter wurde, wichtiger denn je.

Damals, als er erkennen musste, dass die Mutter seines Kindes nicht zu ihm zurückkehren würde, hatte er sich geschworen, es zu beschützen. Es sollte nicht darunter leiden, dass es verlassen worden war.

Im Laufe der Zeit hatte er zwar einige unvermeidliche Fehler gemacht, aber immerhin nicht zugelassen, dass seine Tochter eine Beziehung zu seinen flüchtigen Affären aufbaute. Und damit riskierte, verletzt zu werden, wenn auch diese Frauen wieder verschwanden.

„Hübsch“, murmelte er und strich über die zarte Seide.

„Das ist meiner.“ Eves Blick war auf den rosa karierten BH gerichtet, von dem sie hoffte, dass er in der kommenden Saison der Renner werden würde.

„Sie sind Eve?“

„Ja.“ Mit großer Wahrscheinlichkeit würde ihre Antwort Skepsis hervorrufen. Es wäre nicht das erste Mal.

Sie sah einfach nicht wie eine erfolgreiche Geschäftsfrau aus. Und schon gar nicht wie die Gründerin einer Firma für glamouröse, leicht verrückte Damenunterwäsche.

„Es war mutig von Ihnen, den Dieb zu stellen.“ Ihr Lächeln verschwand schlagartig, als sie dem Mann ins Gesicht sah. „Ich bin sehr …“ Sie räusperte sich und schluckte.

Sie brauchte einige Zeit, um dem wilden Herzrasen, der plötzlichen Hitze, die durch ihre Adern schoss, und diesem unwillkürlichen Zusammenkrampfen ihres Magens einen Namen zu geben. Selbst die feinen Härchen auf ihren Armen reagierten auf das, was dieser Mann ausstrahlte. Es war – jetzt sag es schon, Evie, ermahnte sie sich entschlossen – purer Sex!

„Dankbar“, beendete sie ihren Satz.

Er sah wirklich bemerkenswert gut aus! Der Kerl war vielleicht der bestaussehende Mann, der ihr je untergekommen war. Aber nicht sein Gesicht oder der athletische Körper hatten all ihre Nerven in Alarm versetzt. Es war diese Aura von absoluter Männlichkeit, die er ausstrahlte.

Gutes Aussehen hatte sie nie sehr beeindruckt. Das hieß nicht, dass sie etwas gegen markante hohe Wangenknochen oder gegen ein klassisch geschnittenes Kinn gehabt hätte. Auch nichts gegen sinnliche Lippen oder unverschämt lange Wimpern, die dunkle Augen umrahmten. Es war nur so, dass Eve markante Gesichter gefielen. Gesichter, die Männer gehörten, die noch weniger Zeit vor dem Spiegel verbrachten als sie selbst. Und weil er ein Mann war, musste er sich auch keine Sorgen wegen der dünnen weißen Narbe an seinem Mund machen. Sie steigerte noch seine geheimnisvolle und gefährliche Aura, auch wenn er sie sich wahrscheinlich als Kind bei einem Sturz vom Rad zugezogen hatte.

Er lächelte ironisch. Sie hielt ihn für einen Helden, dabei war er nur stehen geblieben und der Dieb war in ihn hineingerannt! „Ich habe es überlebt.“

Draco betrachtete die atemlose Besitzerin der Reisetasche und reichte ihr den BH. Ihrer war es bestimmt nicht. Sie hatte definitiv nicht D Körbchen. Er war sich sogar ziemlich sicher, dass sie gar keinen BH trug. Sein interessierter Blick blieb an ihren kleinen, festen Brüsten hängen, die sich unter der weißen Bluse heftig hoben und senkten.

Eve merkte, wohin er blickte, und errötete. Obwohl sie keinen Grund dazu hatte. Nichts konnte weniger enthüllend sein als ihre lose fallende Bluse. Denn alles, was eng saß, rieb an der kleinen Narbe unter ihrem Schulterblatt, die immer noch ein wenig empfindlich war.

„Danke.“ Sie bemühte sich, etwas Wärme in ihre Stimme zu legen, und knöpfte vorsichtshalber ihre Jacke zu. Nächste Woche würde die Narbe so weit verheilt sein, dass sie wieder einen BH tragen konnte.

„Heißen Sie wirklich Eve?“ Er betrachtete neugierig ihr herzförmiges Gesicht und den verführerischen Mund.

„Und Sie heißen Adam, was?“

„Nein, Draco, aber Sie können mich gerne Adam nennen.“

„Nettes Angebot, aber ich bezweifle, dass wir uns je duzen werden.“ Sie bedankte sich noch einmal, stopfte das letzte Hemdchen in den Koffer und ließ ihn zuschnappen. Mit einem kurzen Nicken eilte sie davon.

Warum wackelst du so mit den Hüften, Eve? Er schaut dir ja doch nicht nach, schimpfte sie im Stillen.

Aber er schaute ihr nach.

Frazer Campbell las die Seite zu Ende und begann dann noch einmal von vorne. Draco beherrschte nur mühsam seine Ungeduld.

„Wahrscheinlich nichts als eine leere Drohung?“, meinte er.

Der Brief war von Hand geschrieben. Es war die Schrift seiner Exfrau, die Formulierungen stammten aber bestimmt nicht von ihr. Jemand hatte ihr geholfen, und man musste kein Genie sein, um zu wissen, wer. Der Verlobte seiner Ex, Edward Weston, verdankte seinen Sitz im Parlament nur seinen guten Beziehungen.

Draco kannte den Mann nicht persönlich, und würde ihn diese Sache nicht höchstpersönlich betreffen, hätte er nur darüber gelacht.

Doch wenn es etwas gab, wo bei ihm der Spaß aufhörte, so war es das Wohlergehen seiner Tochter.

Frazer, der ein paar Jahre älter war als der Mann, der im Augenblick wie ein gefangener Panther im Zimmer auf und ab ging, strich das Papier glatt und legte es auf seinen Schreibtisch.

„Die Sache ist doch nicht wirklich gefährlich, oder?“ Nur ein Dummkopf würde Draco drohen. Der in London lebende italienische Unternehmer war für vieles bekannt, aber nicht dafür, auch die andere Wange hinzuhalten, wenn man ihn schlug. Frazer schätzte sich glücklich, Draco seinen Freund zu nennen. Na ja, man schließt schnell Freundschaft mit jemandem, mit dem man einmal in einer Lawine verschüttet war. Wäre es nicht so gewesen, hätte allein Dracos Ruf Frazer dazu gebracht, einen großen Bogen um ihn zu machen.

„Willst du hören, was ich denke?“ Erst jetzt bemerkte Frazer das Outfit seines Freundes. Draco trug einen Cut. „Gehst du zu einer Hochzeit?“, fragte er vorsichtig.

„Hochzeit!“ Die Verachtung, mit der sein Freund das Wort hervorstieß, ließ erkennen, was er von der Institution Ehe hielt.

„Eine Heirat wäre immerhin die perfekte Lösung für dein Problem. Keiner könnte mehr sagen, deine Tochter habe keinen …“, er machte eine Pause und suchte in dem Brief nach der Formulierung. „… dauerhaften weiblichen Einfluss in ihrem Leben.“ Draco ließ sich in einen Sessel vor dem Schreibtisch fallen.

„Eher würde ich meine Mutter zu mir holen.“ Der andere lachte. Er kannte Veronica Morelli. „Man macht einmal einen Fehler“, fuhr Draco fort, „aber kein zweites Mal. Außer man ist ein völliger Narr.“

Frazer, dessen zweite Ehe absolut glücklich war, widersprach nicht. „Findest du es gut, sich bei einem völligen Narren einen teuren juristischen Rat zu holen?“

Draco grinste ihn an, und plötzlich blitzten Wärme und Humor in seinen dunklen Augen auf. „Keine Regel ohne Ausnahme. Außerdem komme ich zu dir als Freund. Deine Honorare könnte ich mir gar nicht leisten.“

Der ältere Mann schnaubte spöttisch. Draco Morelli war von Geburt an reich und privilegiert. Er hätte sich zurücklehnen und sein Erbe genießen können. Aber er war der geborene Unternehmer, und zum Erstaunen seiner italienischen Familie hatte er in den letzten zehn Jahren einige erfolgreiche Kapitalanlagen getätigt, sodass in Finanzkreisen sein Name jetzt ein Synonym für Erfolg war.

Hinter seinem Lächeln verbarg sich eine eiserne Entschlossenheit. Seine kurze Ehe war ein völliges Desaster gewesen, aber sie hatte ihm eine Tochter geschenkt, die er anbetete. Deswegen bereute er nichts. Aber freiwillig den gleichen Weg noch einmal gehen …?

Er hatte Affären, aber keine Beziehungen. Sex war für ihn einfach nur ein Grundbedürfnis. Es fiel ihm nicht schwer, eine gewisse Distanz zu seinen Partnerinnen zu wahren. Allerdings war es gar nicht mehr so einfach, seine Affären vor seiner dreizehnjährigen Tochter zu verbergen, die bereits erschreckend erwachsen und vernünftig war.

„Sie spricht vom Sorgerecht, genauer gesagt Edward tut es.“ Der neue Mann seiner Ex entsprach so gar nicht dem Jagdschema einer Frau, die sonst auf Männer stand, die ihre Söhne sein könnten. Draco bezweifelte, dass die Beziehung lange dauern würde. Und wenn, dann wünschte er ihr alles Gute!

Aber auf keinen Fall ließ er zu, dass das Leben seiner Tochter auf den Kopf gestellt wurde, nur weil Clare das Muttertier in sich entdeckt hatte.

„Ich mag Clare. Es ist schwer, Clare nicht zu mögen“, räumte ihr Exmann ein. „Aber ich würde keine Katze in ihre Obhut geben, geschweige denn einen Teenager.“

Josie war drei Monate alt gewesen, als seine Exfrau zur Maniküre ging und nicht mehr wiederkehrte. Draco war mit zwanzig ein allein erziehender Vater und musste ganz schnell eine Menge lernen. Und er lernte immer noch.

„Sie verlangt das gemeinsame Sorgerecht, Draco. Und sie ist die Mutter des Mädchens.“ Draco wollte heftig widersprechen, aber Frazer unterbrach ihn mit einer Handbewegung und fuhr ruhig fort: „Aber wenn man die Umstände und ihre Vorgeschichte bedenkt, glaube ich nicht, dass sie vor Gericht recht bekommt. Selbst wenn sie Edward Weston heiraten sollte. Aber es ist ja nicht so, als hätte sie keine Beziehung zu Josie.“

Draco nickte. Trotz ihrer Fehler liebte Clare ihr einziges Kind auf ihre Weise. Das bedeutete, es konnten Monate vergehen und außer ein paar E-Mails hörte ihre Tochter nichts von ihr. Dann tauchte sie plötzlich wieder auf, beladen mit Geschenken und spielte für einige Zeit die hingebungsvolle Mutter. Bis irgendetwas anderes ihr Interesse weckte.

Wenn Draco heute an seine Exfrau dachte, dann geschah das zwar noch mit einem leisen Zynismus, aber der lodernde Zorn von damals hatte sich längst gelegt. Er war sogar fähig zuzugeben, dass sich dieser Zorn eigentlich gegen ihn selbst gerichtet hatte. Und das mit gutem Grund. Er hatte Sentimentalität für Liebe gehalten. Und den Fehler gemacht, eine Ehe einzugehen, die in einer Katastrophe enden musste.

„Du meinst, ich muss mir keine Sorgen machen?“, fragte er.

„Ich bin Rechtsanwalt, Draco. In meiner Welt muss man sich immer um irgendetwas Sorgen machen.“

Draco sah auf die Uhr, sprang auf und wischte einen unsichtbaren Fussel von seinem maßgeschneiderten grauen Cut. Eigentlich fand er Hochzeiten deprimierend und langweilig. Aber Josie freute sich darauf, sich in Schale zu werfen. Und so ging er ihr zuliebe zu der Feier von Charlie Latimer.

Im Aufzug musste er wieder an die Besitzerin der Reizwäsche mit den smaragdgrünen Augen denken und war so in Gedanken versunken, dass er erst nach einiger Zeit merkte, dass die Tür längst offen stand.

Reiß dich zusammen, Draco! Dabei konnte er sehr gut Prioritäten setzen. Gerade diese Fähigkeit hatte ihm geholfen, die ersten Wochen und Monate nach Clares Verschwinden zu überleben.

Nachdem er sich daran erinnert hatte, fiel es ihm nicht schwer, seine Gefühle wieder unter Kontrolle zu bekommen. Außerdem war das grünäugige Fräulein gar nicht sein Typ. Obwohl, sie hatte so etwas …

„Oh, Verzeihung.“

Die junge Frau war sicher nicht zufällig mit ihm zusammengeprallt. Draco hielt sie am Arm fest, als sie das Gleichgewicht zu verlieren drohte.

Sie war blond, sah blendend aus, und sie war sein Typ. Automatisch lächelte er sie an. „Alles in Ordnung?“

„Ich habe nicht geschaut, wo ich hintrete. Die hohen Absätze sind schuld.“ Sie bewegte demonstrativ einen Fuß hin und her, und Draco war so höflich, einen ausgiebigen Blick auf die schlanken Fesseln zu werfen.

„Ich weiß nicht, ob Sie sich noch erinnern …“ Sie klimperte mit den Wimpern und zog einen reizenden Schmollmund, aber Draco hatte schon Besseres gesehen. Wenn das grünäugige Fräulein jemals auf die Idee käme, einen Schmollmund zu ziehen, würden ihr ihre Lippen einen eindeutigen Vorteil verschaffen. „Wir haben uns letzten Monat bei der Wohltätigkeitsveranstaltung gesehen.“

„Oh natürlich“, log Draco. Es waren viele attraktive Frauen dort gewesen. Und wahrscheinlich hatte er mit einigen geflirtet. „Wenn Sie mich entschuldigen würden, ich habe es eilig.“

„Schade, aber Sie haben ja meine Nummer. Ich würde gerne Ihre Einladung zum Dinner annehmen.“ Bevor Draco so tun konnte, als würde er sich erinnern, erstarrte die Blonde, machte große Augen und winkte dann hektisch jemandem zu, der gerade die Straße überqueren wollte.

„Eve!“, kreischte sie.

Seufzend drehte Eve sich um und zwang sich zu einem Lächeln.

Sie hatte die beiden längst entdeckt. Es überraschte sie nicht, dass das Paar, das an der Einfahrt zur Tiefgarage stand, in der sie ihren Wagen geparkt hatte, die Aufmerksamkeit auf sich zog, wie es nur bei schönen Menschen der Fall war. Im Allgemeinen hatte sie nichts gegen schöne Menschen. Sie beneidete sie auch nicht. Es wäre der reinste Albtraum für sie gewesen, überall Aufmerksamkeit zu erregen. Es war nur, dass dieser Mann …

Na ja, wenn es um Statussymbole ging, dann waren ein Unterwäsche-Model und ein Angeberauto genau das Richtige für ein Alphamännchen. Wie ihr Vater eines gewesen war. Aber um fair zu sein – dieser Mann war nicht ihr Vater. Wieso reagierte sie dann so auf ihn?

Weil dieser Mann, den sie gar nicht kannte, sie die absurde Anziehung ahnen ließ, deretwegen sich ihre Mutter auf eine Affäre mit einem verheirateten Mann eingelassen hatte

Jetzt lass mal die Kirche im Dorf, Eve, sagte sie sich und vermied es, einen Blick auf die blutroten Fingernägel zu betrachten, die besitzergreifend seinen Arm streichelten.

Ihr Herz schlug so laut, dass sie fast nicht hörte, was sie der Frau antwortete, die für ihren perfekten Körper genauso berühmt war wie für ihre reichen Freunde. Wenn er Sabrinas neuester Freund war, dann musste er Geld haben. Das würde auch seine arrogante Selbstsicherheit erklären, die ihr wirklich unter die Haut ging.

„Hallo, Sabrina.“ Dem großen Unbekannten schenkte sie nur ein kurzes Nicken.

„Eve, ich freue mich so, dich zu sehen.“ Eve bekam einen Kuss auf jede Wange. „Und genau zur richtigen Zeit. So kann ich dir persönlich sagen … ich stehe zur Verfügung.“

Erwartete man von ihr, dass sie wusste, was die Frau damit meinte?

Draco beobachtete Eves Gesicht. Ihm war klar, dass sie keine Ahnung hatte, wovon die Blonde sprach, und musste ein Lachen unterdrücken. Die Erregung, die in ihm erwacht war, als er die zierliche Gestalt erkannte, war nicht so leicht zu unterdrücken.

Er war nicht daran gewöhnt, dass Frauen die Straßenseite wechselten, wenn sie ihn sahen. Normalerweise passierte eher das Gegenteil. Und er fragte sich, was er wohl getan hatte, dass sie ihn so von oben herab behandelte. Seinem Ego machte das nichts aus, es war robust genug. Aber sein Interesse war geweckt. Wie konnte man diese Ablehnung in hingebungsvolle Bewunderung verwandeln? Doch nein, eigentlich wünschte er sich nur ein Lächeln von ihr.

„Ach wirklich?“, erwiderte Eve.

„Ja, aber mein Agent sagt, er warte immer noch auf einen Rückruf von Ihnen. Er sagt allerdings, Sie würden dieses Mal keine Models buchen.“ Sie rollte mit den Augen.

„Ihr Agent hatte recht. Dieses Mal arbeiten wir mit ganz normalen Frauen. Was ich meine, ist …“

„Sie meint, dass normale Frauen noch nicht mal davon träumen können, so auszusehen wie du, Sabrina“, warf Draco ein.

Sagen Sie mir nicht, was ich zu meinen habe, hätte Eve am liebsten geantwortet.

„Sie sind so lieb.“ Sabrina hauchte einen Kuss auf seine Wange.

Eve rollte genervt die Augen. In dem Moment traf sie über den Kopf des Models hinweg ein Blick. Draco lächelte sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. So mochte ein Fuchs ein hilfloses Huhn anschauen.

Eve machte schmale Augen und hob herausfordernd das Kinn. Sie dachte nicht daran, das Lächeln eines Mannes zu erwidern, der mit einer Frau flirtete, während eine andere ihn küsste.

Das Model löste sich von ihm. „Aber sollen sie nicht glauben, wenn sie die Dessous kaufen, sehen sie darin aus wie ich?“, meinte sie etwas verwirrt.

Eve seufzte. Sie hatte weder Zeit noch Lust, sich vor dieser egozentrischen Frau zu rechtfertigen. Unwillkürlich wanderte ihr Blick noch einmal zu dem großen, arroganten Begleiter von Sabrina. Gleich zu gleich gesellt sich gern, dachte sie giftig. „Tut mir leid, aber ich muss los. Nett, Sie getroffen zu haben.“ Sie hörte selbst die Unsicherheit in ihrer Stimme. Mit gesenktem Kopf eilte sie auf den Ausgang zu.

Das kurze Zusammentreffen ließ sie mit einem Gefühl zurück … sie schüttelte lachend den Kopf und suchte mit zitternder Hand nach den Schlüsseln in ihrer Handtasche. Sie hatte heute wirklich anderes zu tun, als über die erregende Wirkung nachzudenken, die ein Fremder mit ziemlich viel Sexappeal auf sie ausübte. Der außerdem auch noch alles in sich vereinigte, was sie an einem Mann verabscheute! Sie hatte Jetlag, ihre Mutter war gerade dabei, ihr Leben komplett auf den Kopf zu stellen, und außerdem lag eine kleine Operation hinter ihr. Eve rieb sich die Schulter und verzog das Gesicht. An so einem Tag durfte sie sich wirklich ein wenig sonderbar fühlen.

„Ich würde zu gerne wissen, wieso Sie dauernd vor mir weglaufen.“

Eve fuhr erschrocken herum und hätte fast die Schlüssel fallen lassen. Wie zum Teufel konnte ein so großer Mann sich so leise anschleichen? Er stand nur wenige Meter von ihr entfernt neben einem glänzenden Angeberauto, das genau zu ihm passte.

„Es gibt ein Gesetz, das Stalking verbietet.“ Sie wusste genau, dass das Adrenalin in ihrem Körper nicht von der Angst herrührte. Und das ärgerte sie.

„Das ist auch gut so. Aus Erfahrung kann ich sagen …“

„Mein Gott, so viel Erfolg bei Frauen zu haben muss wirklich anstrengend sein.“ Fast hätte sie hinzugefügt, dass sie nicht zu diesen Frauen gehörte. Zum Glück ahnte er ja nichts von der verwirrenden Erregung, die sie bei seinem Anblick packte.

„Ich bin geschmeichelt …“

„So habe ich das nicht gemeint.“ Sie klang atemlos. Und fühlte sich auch so. Trotzdem, und obwohl ihre bissige Antwort bei Draco nur ein Lächeln hervorrief, versuchte sie, ihren Widerstand aufrechtzuerhalten.

Sie kannte ihn nicht.

Sie mochte ihn nicht.

Und noch nie hatte sie so auf einen Mann reagiert. Wirklich noch nie!

„Ruhig, cara, das hier ist mein Wagen.“ Er drückte auf die Fernbedienung, und die Scheinwerfer des Angeberwagens gingen an.

Wie blöd konnte man eigentlich sein! Glaubst du wirklich, so ein toller Mann würde dir nachlaufen? schimpfte sie im Stillen mit sich und riss wütend die Tür ihres Wagens auf.

„Hätten Sie Lust, irgendwann mit mir essen zu gehen?“

Draco war fast genauso überrascht wie sie, als er sich das sagen hörte. Zu beobachten, wie sie in ihr Auto stieg, und zu wissen, dass er sie nie wiedersehen würde, hatte eine sehr untypische Reaktion in ihm ausgelöst.

„Na ja, es wäre doch ewig schade, wenn … ich meine …“ mit einer eindrucksvollen Bewegung seiner schlanken Hand deutete er auf sie und sich, „wo doch die Chemie zwischen uns stimmt.“

Draco war mit der Erklärung für sein ungewohntes Verhalten eigentlich ganz zufrieden. Er betrachtete ihr herzförmiges Gesicht und stellte fest, dass sie es allem Anschein nach nicht war.

Beim Anblick der leichten Röte, die die zarte Haut überzog, nickte er beifällig. Da war Leidenschaft! Er hatte recht gehabt. Die Chemie stimmte.

„Ich denke mal, es liegt an Ihrem Ego. Jede Frau soll Ihre willige Sklavin sein.“

Er machte ein Gesicht, als würde er ernsthaft über ihre Behauptung nachdenken. Dann schüttelte er langsam den Kopf. „Sklavin deutet auf Passivität hin.“ Seine Stimme war jetzt ein verführerisches Schnurren, während er auf ihren Mund starrte. Der Ausdruck in seinem Gesicht weckte ein seltsames Kribbeln in Eves Magen, eine Mischung aus Empörung und Lust. Letztere wollte sie aber nicht wahrhaben. „Passivität finde ich langweilig.“

„Und ich finde Männer mit einem zu großen Ego langweilig!“, erwiderte sie spöttisch und glitt auf den Fahrersitz. „Und außerdem – die Chemie stimmt überhaupt nicht“, zischte sie ihm noch zu, bevor sie die Wagentür zuknallte.

Das Getriebe machte ein besorgniserregendes Geräusch, als sie in der Eile den verkehrten Gang einlegte. Aber trotz des knirschenden Geräuschs konnte sie Dracos kehliges Lachen hören.

2. KAPITEL

Die beiden Frauen, die im Schlafzimmer warteten, waren beide um die zwanzig. Da endete aber auch schon die Gemeinsamkeit.

Das Mädchen, das auf der Bettkante des Himmelbetts saß, die schlanken Fesseln übereinandergeschlagen, war eine große elegante Blonde mit blauen Augen. Die andere, die seit fünf Minuten nervös im Zimmer auf und ab lief, begleitet von dem wütenden Hämmern ihrer hohen Absätze, war weder groß noch blond. Und obwohl beide Frauen die gleichen Kleider trugen, wirkte sie irgendwie nicht elegant.

Ohne die High Heels war sie nur knapp 1,60m groß. Ihr kastanienbraunes Haar hatte sie wie immer zu einem schweren Knoten im Nacken zusammengefasst. Und auch wenn die Frisur den langen Hals und die feine Linie ihres Kinns vorteilhaft betonte, war dies nicht der Grund, weshalb sie sich gerade für dieses Styling entschieden hatte. Es war einfach so, dass die Haare sich bei dem kleinsten bisschen feuchte Luft in eine Unmasse von Kringellöckchen verwandelten, die nicht zu bändigen waren. Und Eve hatte gerne alles unter Kontrolle, was jeden Aspekt ihres Lebens betraf.

Es hatte eine Zeit gegeben, da versuchte sie die lässige Eleganz ihrer Freundin Hannah nachzuahmen. Aber es wollte einfach nicht klappen. Immer sah sie aus, als steckte sie in den Kleidern ihrer Mutter.

Nach und nach hatte Eve ihren eigenen Stil gefunden oder – wie Hannah es nannte – ihre Uniform, was ein wenig unfair war. Wer hat schon Zeit zum Shoppen, wenn er ein Unternehmen leiten muss?

„Autsch!“ Sie stolperte über den Saum des himmelblauen Brautjungfernkleids und stieß sich das Knie an der Fensterbank.

„Wärst du zur Anprobe gekommen, wäre das Kleid jetzt nicht zu lang“, meinte Hannah. Es saß zwar in der Taille, aber der Ausschnitt verrutschte immer, wenn Eve sich zu schnell bewegte.

Eve schnaufte genervt. Wenn die Natur es oben herum gut mit ihr gemeint hätte, wäre alles kein Problem gewesen. Aber selbst mit den Tüchern, die sie sich in den trägerlosen BH gestopft hatte, hätte es eine Körbchengröße mehr gebraucht, damit das Oberteil des Kleids nicht ins Rutschen kam. Außerdem scheuerte der BH an der kaum verheilten Wunde.

Immerhin, während sie mit dem Kleid kämpfte, dachte sie wenigstens nicht die ganze Zeit daran, dass ihre Mutter sich an einen Mann wegwarf, der sie nicht verdiente. Denn seitdem ihre Mutter aufgeregt wie ein Schulmädchen die frohe Botschaft verkündet hatte, konnte sie an nichts anderes mehr denken. Eve hatte darum gebetet, ihre Mutter möge zur Vernunft kommen.

Sie war es nicht.

„Die Maße, die du geschickt hast, sind anscheinend nicht mehr aktuell“, meinte Hannah. „Na ja, nur wegen einer Anprobe aus Australien herüberzukommen wäre auch ein wenig aufwendig gewesen.“

„Ich bin nicht wegen meiner Mutter so weit fortgezogen!“

„Das habe ich auch nie angenommen.“

„Wozu soll diese plötzliche Eile gut sein?“ Die Art, wie Hannah sie ansah, ließ Eve stutzen. „Weißt du das?“

Hannah legte schützend die Hand auf ihren Bauch. Es war schon komisch, dass die kluge Eve, die sonst vieles intuitiv erahnte, nicht den kleinsten Verdacht hatte. Die schnelle Auffassungsgabe ihrer Freundin hatte sie oft ein wenig eingeschüchtert. Trotzdem gab es Zeiten, da merkte sie nicht, was direkt vor ihrer Nase passierte. Hannah wechselte schnell das Thema.

„Hauptsache, du bist rechtzeitig gekommen. Ich hätte mich gefreut, wenn du auch bei meiner Hochzeit dabei gewesen wärst.“

Autor

Kim Lawrence
Kim Lawrence, deren Vorfahren aus England und Irland stammen, ist in Nordwales groß geworden. Nach der Hochzeit kehrten sie und ihr Mann in ihre Heimat zurück, wo sie auch ihre beiden Söhne zur Welt brachte. Auf der kleinen Insel Anlesey, lebt Kim nun mit ihren Lieben auf einer kleinen Farm,...
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