Süße Küsse für die Ewigkeit

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Keine Frau, die er kannte, hatte einen Mund wie Julia. Er beugte sich vor, um seine Lippen dort zu platzieren, wo sie hingehörten. Auf keinen Fall lässt er sich noch einmal auf sie ein! Vor zehn Jahren hat Julia ihn und seine Liebe eiskalt verraten. Jetzt ist Matt Harper zurück in seiner Heimatstadt - und Julia ist wieder frei. Sofort knistert es heftig zwischen ihnen. Der vermögende Pilot schmiedet einen Plan: Ein letztes Mal wird er Julia nach allen Regeln der Kunst verführen, dann verschwinden. Doch je mehr Zeit sie miteinander verbringen, desto mehr merkt er: Sein Herz fordert etwas anderes. Es will Julia an seiner Seite, und das für alle Zeit …


  • Erscheinungstag 05.02.2019
  • Bandnummer 2066
  • ISBN / Artikelnummer 9783733724771
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Matt Harper schwebte im siebten Himmel.

Lächelnd ließ er die Hand über ihre sexy Kurven wandern und brachte sie höher. Noch höher. Sie schnurrte förmlich unter ihm, und er spürte die Vibrationen tief in seinem Innern. Sie war höllisch heiß, voller Kraft und Finesse, geschmeidig und intelligent. Heute würde er sie bis an ihre Grenzen bringen und darüber hinaus. Sie war wie gemacht für einen Mann wie ihn – und nicht für den alten Mann, der sie gekauft hatte, um sie nur anzustarren. Was für eine Verschwendung. Es brach Matt das Herz, wenn er daran dachte, dass dieses fünfundsechzig Millionen schwere Schätzchen nur herumstehen und Staub ansetzen könnte.

Seine Freundin für diesen Tag war eine neue Gulfstream G650ER – ein hübsches kleines Flugzeug, das sein Vater für Harper Industries gekauft hatte. Warum? Es war ja nicht so, dass sein Vater zu den Ölbohrtürmen fliegen und seine Arbeiter erschrecken wollte, so wie früher. Wenn die Gerüchte stimmten, dann mied sein Vater die Öffentlichkeit und versteckte sich in Casa Larga – der Sommerresidenz der Familie. Matt wusste nichts darüber, denn er hatte seinen Vater seit zehn Jahren nicht gesehen.

Er drehte nach links ab, und das Anwesen der Harpers kam in Sicht. Verdammt, er wäre wirklich lieber irgendwo in einem Kampfgebiet als hier.

Warum, zum Teufel, hatte sein Vater ihn herbeordert?

Er landete auf dem Privatflugplatz der Harpers und stellte den Motor aus. Wenn er doch nur die brutalen Erinnerungen abstellen könnte, die auf einmal auf ihn einprasselten.

So wie früher die Fäuste seines Vaters.

Er war wieder siebzehn Jahre alt, schmeckte das Blut in seinem Mund, hatte die Fäuste erhoben und wartete nur darauf, dass RW ihn noch einmal schlagen würde. Sein Vater hatte ihm schon immer gern Befehle erteilt, doch dieses Ultimatum hatte ihn ernsthaft getroffen.

„Da du die Finger nicht von dem Mädchen lassen kannst, hast du jetzt die Wahl: Entweder gehst du unverzüglich auf die Air-Force-Akademie, oder du wirst dich wundern, was mit deiner kleinen Freundin passiert. Ich verfüge über Infos, mein Junge, die ihre ganze Familie ruinieren können. Willst du, dass ihr das zustößt?“

Niemand konnte einen so aus dem Hinterhalt überfallen wie ein Harper, schließlich entstammten sie einer Familie von Piraten.

War die Drohung echt? Weder damals noch heute wusste Matt es, aber er hatte Julia geliebt. Also blieb ihm keine Wahl, um sie und ihre Familie zu schützen. Noch am selben Tag war er auf die Militärakademie gebracht worden. Er hatte Julia nicht einmal mehr einen Abschiedskuss geben können, war aber überzeugt gewesen, bald zu ihr zurückzukehren. Was für ein Irrtum.

Zehn Jahre später war es ihm gelungen, die Sache mehr oder weniger abzuhaken. Doch trotz vieler umwerfender Frauen hatte er das Mädchen, das er damals zurücklassen musste, nie ganz vergessen. Julia hatte versprochen, für immer zu ihm zu gehören, bis sie drei Monate nach seiner Abreise einen anderen geheiratet hatte. Der Schmerz darüber war schlimmer als alle Verletzungen gewesen, die er bei der Air Force erlitten hatte. Damals hatte er sich geschworen, niemals nach Plunder Cove zurückzukehren.

Bis RW ihm ein Angebot unterbreitet hatte: Er sollte die Gulfstream nach Plunder Cove fliegen, dann würde Harper Industries das letzte Flugzeug kaufen, das Matt noch für seine Flotte in Südostasien brauchte. Ein Investor war abgesprungen, und Matts neue Fluglinie brauchte dieses Flugzeug. Also hatte er sich auf den Deal eingelassen. Und so einfach hatte RW Harper, Pirat und Ölbaron, ihn kaufen können.

Wenigstens würde er nicht lange genug in Plunder Cove bleiben, um Julia Espinoza, oder wie auch immer sie jetzt heißen mochte, zu treffen.

Matt hielt vor Juanita’s Café. Es war früher einer seiner Lieblingsorte in Pueblicito gewesen, dem winzigen Dorf am Rande des Familienanwesens.

Mit acht Jahren war er das erste Mal hierhergekommen – überwältigt von den interessanten Gerüchen und Lebensmitteln. Die spanischen Schilder hatte er nicht verstanden, aber die mexikanischen Süßigkeiten waren einfach zu verlockend gewesen, also hatte er eine Handvoll gestohlen. Seine Mutter war entsetzt gewesen, zum einen, weil er in diesen schmutzigen Laden gegangen war, zum anderen, weil er etwas von diesen Leuten genommen hatte. Sie hatte ihn gezwungen, zurückzugehen und die Sachen zu bezahlen.

Juanita selbst hatte ihn mit einem ernsten Blick bedacht und ihm erklärt, er müsse seine Schuld abarbeiten. Er hatte den gesamten Laden gefegt. Es war das erste Mal gewesen, dass er gearbeitet und das Gefühl gehabt hatte, etwas geschafft zu haben. Am nächsten Tag war er wieder hingegangen und hatte gefragt, ob er noch etwas stehlen dürfe.

„Warum? Hast du deine Lektion nicht gelernt?“, hatte sie gefragt.

„Doch. Ich will wieder fegen. Arbeit macht Spaß.“

Juanita hatte gelacht und ihn umarmt. Sie duftete gut, und ihre Arme waren warm und weich gewesen. Er wünschte, seine Mutter würde ihn auch mal so umarmen.

Claro, amorcito.“ Sie hatte ihm den Besen in die Hand gedrückt. „Den darfst du benutzen, wann immer du willst. Ich bezahle dich in dulces.“

Also hatte er in seinen Sommerferien viel Zeit bei Juanita verbracht und dafür so viele Süßigkeiten bekommen, wie er wollte. Und Churros. Himmel, die hatte er ganz vergessen.

Ihm lief das Wasser im Mund zusammen, als er draußen an einem Tisch darauf wartete, dass Juanita seine Bestellung aufnahm. Es kam ihm fast so vor, als wäre er nie weg gewesen, nur dass Julia heute nicht zu ihm kam.

Eine junge Frau stellte einen Korb mit Chips und eine Schüssel mit Salsa auf den Tisch. „Wollen Sie schon bestellen, Mister?“

„Sie sind nicht Juanita.“

„Genau. Und Sie sind nicht George Clooney. Juanita macht heute ihren anderen Job. Ich bin Ana.“

Nanu? Steckte Juanita in finanziellen Schwierigkeiten? „Wo? Ich bin ein alter Freund von ihr und nur ein paar Tage hier. Ich würde sie gern treffen.“

„Sorry. Es ist ein geheimer Job. Sprich, ich weiß nicht, wo sie ist. Wollen Sie was trinken?“

Matt war enttäuscht. Juanita war die Einzige, die sich wirklich für ihn interessiert hatte. „Ein Bier, bitte. Haben Sie heute Churros?“

„Jeden Tag. Bin sofort zurück.“

Er aß Chips mit höllisch scharfer Salsa und war froh, als Ana ihm das Bier brachte.

Am Nebentisch saßen zwei Frauen, die sich lautstark über Kleider und Schuhe unterhielten.

„Mir ist es total egal, ob ihr euch alle als Piraten verkleidet. Ich ziehe mein neues Kleid an. Wann wird man schließlich schon mal auf das Harper-Anwesen eingeladen.“

Matt verschluckte sich fast. Die Frauen kamen ihm nicht bekannt vor, und niemals würde RW Harper völlig Fremde in sein Haus einladen.

„Entschuldigung. Haben Sie gerade gesagt, dass bei den Harpers eine Party stattfindet?“

„Ja, Mr. RW Harper hat höchstpersönlich den ganzen Ort eingeladen.“

Jetzt wusste Matt, dass etwas nicht stimmte. Seine Eltern hatten immer darauf bestanden, nichts mit den Angestellten zu tun zu haben, und da die meisten Menschen, die für die Harpers arbeiteten, in Pueblicito wohnten, war der gesamte Orte tabu. Matt hatte sich nicht darum geschert. „Und was ist der Anlass dafür?“

„Keine Ahnung. Aber wenn Sie noch ein Date brauchen …“ Sie hob die Hand.

Die andere Frau gab ihr einen Klaps auf den Arm. „Maria, lass das. Du bist mit Jaime verabredet.“

Die Frau schmollte. „Jaime hasst Tanzen. Aber wenn ich mir die Muskeln von dem hier anschaue … Ich würde mal sagen, der kann eine Frau zum Schwitzen bringen.“ Sie drehte sich wieder zu Matt herum. „Sie sind bestimmt ein guter Tänzer, oder?“

Er lachte. „Mir hat man beigebracht, dass Tanzen was für Mädels ist.“

„Quatsch. Was denken Sie denn, mit wem die Mädels tanzen?“

„Meistens tanzen wir miteinander, während die Kerle mit den Füßen scharren“, ertönte eine Stimme hinter ihm. „Tut mir leid, meine Cousinen sind ein bisschen aufgeregt wegen der Party. Keine Ahnung, warum. Ich würde das Haus dieses Angebers nicht mal betreten, wenn man mich bezahlen würde.“ Sie trat um ihn herum und nahm sich einen Chip aus dem Korb ihrer Cousinen. „Nicht dass ich eingeladen wäre.“

Julia.

Matt hatte das Gefühl, einen Stromschlag bekommen zu haben, und rang nach Luft. Sein Herz … schlug das überhaupt noch?

In Julias dunklem Haar schienen sich die Sonnenstrahlen zu fangen; es glänzte wunderbar. Er wusste, dass es seidig-weich war, und wenn er sanft daran zog, würde sie den Kopf zurücklegen und den langen Hals entblößen, damit er sie dort küssen konnte. Sie würde anfangen zu zappeln und versuchen, nicht zu kichern, wenn er an ihrer weichen Haut knabberte, weil sie so kitzelig war. Verdammt, das hatte er geliebt!

Feine Linien waren um ihre dunkelbraunen Augen und um ihre sinnlichen Lippen zu erkennen, aber ansonsten war sie noch immer so, wie er sie in Erinnerung hatte. Ihre Stimme klang noch so, wie er sie in seinen Träumen hörte. Obwohl er selbst sich in vielerlei Hinsicht verändert hatte, kam sie ihm immer noch … perfekt vor.

„Du darfst ja auch gar nicht hin, chica“, sagte Maria.

„Du hättest Mr. Harper erst nach der großen Party verärgern sollen.“ Die andere Frau schnalzte mit der Zunge. „Kann ich dein rotes Kleid anziehen?“

Julia zuckte mit den Schultern und setzte sich zu den Frauen. Sie war größer, als er sie in Erinnerung hatte, und diese Kurven … Verdammt! Die kleine Julia war zu einer umwerfenden Frau herangewachsen.

„Sicher, Linda. Warum nicht? Wo sollte ich es schon tragen?“

Sie wandte sich zu Matt herum, neigte den Kopf und kniff die Augen ein wenig zusammen. „Kennen wir uns?“

Julia konnte seine Augen hinter der verspiegelten Pilotenbrille nicht erkennen, aber irgendwie kam ihr der Mann bekannt vor. Er war ziemlich groß und hatte breite Schultern. Seine Arme waren muskulös und gebräunt. Sein dunkles Haar war militärisch kurz geschnitten, und er trug einen gut getrimmten Bart. Äußerst attraktiv.

Er nahm sich einen Chip mit Salsa und fing prompt an zu husten.

„Vorsicht, das Zeug ist scharf“, warnte sie ihn.

Er wirkte so kräftig, sein Kinn kantig. Nicht schlecht. Seine Nase war gerade, und eine Narbe zeugte davon, dass er schon so manchen Kampf ausgefochten hatte. Gefährlich.

Wie würde es sich wohl anfühlen, mit den Handflächen über seine bärtigen Wangen zu streichen? Weich? Kratzig? In einem Mundwinkel sah sie eine weitere Narbe. Wäre er dort wohl empfindlich beim Küssen? Er musterte sie. Sein Gesicht wirkte hart, wie in Stein gemeißelt, so wie einer dieser griechischen Götter, über die sie auf dem College gelesen hatte. Nur dass die keine Pilotenbrillen trugen.

Oh Mann, starre ich ihn etwa an?

Ja, Julia, das tust du.

„Äh, Sie sehen aus wie jemand, den ich mal kannte. Mein Fehler.“

Er hob das Kinn. „Ihr Fehler?“

„Ja, sorry.“ Sie wandte sich wieder ab, um mit ihren Cousinen zu reden, doch ihre Gedanken waren bei dem gut aussehenden Fremden. Aus unerfindlichen Gründen dachte sie plötzlich an Matt und bekam feuchte Augen.

„Hörst du mir überhaupt zu, chica? Welche Schuhe soll ich zu deinem roten Kleid anziehen?“, fragte Linda.

Julia hob die Hand und wirbelte noch einmal zu dem Fremden herum. „Bist du in einem meiner Seminare? Umweltwissenschaften? Jura?“

Seine Bierflasche blieb auf halbem Weg zum Mund in der Luft hängen, und die dunklen Augenbrauen hoben sich oberhalb der Brille.

„Sieht er etwa aus wie einer deiner hübschen Jungs vom College? Kein Stück. Er ist Pilot. Ich habe das schnieke Flugzeug gesehen, als es über dem Flugplatz gekreist ist“, meinte Maria.

Der Mann hob sein Bier … und schwieg.

Julia überlegte, ob er wohl für Mr. Harper arbeitete. War er ein Geschäftspartner? Freund? Und zog er gerade ein finsteres Gesicht? Sie konnte es wegen dieser blöden Brille nicht erkennen.

„Wir haben dich belästigt. Ignorier uns einfach“, sagte Julia leise und bedeutete ihren Cousinen, sich wieder abzuwenden.

Linda achtete nicht sie. „Ein Pilot! Das ist ja so interessant.“ Das Wort klang eher, als wollte sie sagen: sexy. „Bleibst du denn zur Party heute Abend?“

„Vielleicht.“

Sein Blick war auf Julia gerichtet. Wieso zog sich ihr der Magen plötzlich zusammen?

„Oh, dann solltest du Julia mitnehmen. Jemand muss sie ja mal wieder ausführen“, sagte Maria.

„Nein, ich kann nicht“, erwiderte Julia.

„Klar, schon verstanden.“

Moment, wollte er mit ihr zur Party gehen? Das war ja nicht mehr passiert, seit … Keine Ahnung, dachte sie. „Es liegt nicht an dir. Es ist … Ich darf da nicht hin.“

Er richtete sich auf und wirkte verärgert. „Erlaubt dein Mann dir nicht, das Haus zu verlassen?“

„Ich bin nicht verheiratet. Es ist nur …“ Sie errötete, wie immer, wenn sie verlegen war. „RW Harper hat verfügt, dass ich Casa Larga nicht betreten darf.“

Der Fremde starrte sie an. Sie sah sich in seiner Brille gespiegelt und ärgerte sich darüber, wie klein sie aussah. Wie zerbrechlich. Sie drückte den Rücken durch.

„Genau. Unsere kleine Julia will Mr. Harper verklagen“, erklärte Maria. „Als wenn eine einzelne Frau sich mit einem der mächtigsten Männer Amerikas anlegen könnte.“

Linda schüttelte den Kopf. „Hättest bis nach der Party warten sollen. So was Aufregendes ist hier noch nie passiert.“

Amüsierte den Piloten das etwa? Schnell sagte Julia: „Pass auf. Jemand muss den Kerl aufhalten. Es ist schon schlimm genug, dass seine Bohrtürme da draußen stehen …“ Sie deutete zum Meer. „Wir wissen alle, was geschieht, wenn einer davon leckschlägt. Aber jetzt will er auch noch im Brutgebiet der Seeregenpfeifer bauen! Er muss aufgehalten werden. Sie stehen hier bereits auf der Roten Liste der gefährdeten Vögel.“

„Komm schon, chica. Du regst dich schon wieder über diese kleinen Vögel auf. Und wir haben Gesellschaft.“ Linda lächelte. „Gut aussehende Gesellschaft.“

„Was will Harper bauen?“, fragte der Fremde.

„Sie weiß es nicht. Es sind nur Gerüchte“, meinte Maria.

„Ich habe Spuren in der Nähe der Nester gesehen. Einem Mann wie Harper ist es egal, wen er verletzt.“ Aus irgendeinem Grund schnürte sich ihr die Kehle zu. Wieso war sie heute so emotional? Sie schnappte sich Marias Bier und trank einen Schluck.

„Du brauchst Beweise, bevor du jemanden wie Mr. Harper verklagen kannst. Du hättest warten sollen“, warf Linda ein.

„Beweise?“, fragte der Mann.

„Ja“, sagte Julia. „Ich vermute, dass er schon Pläne gemacht hat. Ich habe gesehen, wie Leute von Baufirmen reingefahren sind. Anwälte. Ein Tischler. Wenn ich die Pläne nur mal sehen könnte, um herauszufinden, was er vorhat …“ Wieso erzählte sie ihm das? Wenn er nun für Harper arbeitete? „Aber ich gehöre nicht zu den Frauen, die bei anderen einbrechen.“

„Ich könnte dir helfen.“

Seine Stimme. Irgendetwas daran versetzte sie in Aufregung. Sie konnte den Blick nicht von seinem Mund losreißen. Die Narbe darunter gab den vollen Lippen noch einen Extrakick. Wie es wohl wäre, diese Narbe zu küssen? Oder irgendeinen anderen Körperteil des Mannes? Es war so lange her …

Maria stieß sie mit dem Ellenbogen an.

Julia blinzelte. „Wie?“

„Ich schmuggle dich rein“, sagte er. „Harper erwartet mich. Komm heute Abend als mein Date mit.“

„Super Idee. Ihr könnt euch als Piraten verkleiden“, rief Linda.

Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, und Julia schmolz fast dahin. Eine Sekunde lang sah er beinahe so aus wie … Nein. Sie würde jetzt nicht an Matt denken. Solche Gefühle auf einen Fremden zu projizieren würde sie nur in Schwierigkeiten bringen.

„Warum willst du mir helfen?“

„Jemand muss die Sache stoppen. Hätte nichts dagegen, wenn du es wärst.“

Warum? Er kannte sie doch gar nicht. Es war durchaus möglich, dass Harper diesen Mann schon beeinflusst hatte. Komm einem Piraten in die Quere, und du musst zahlen – das hatte sie am eigenen Leib erfahren müssen.

Aber Linda hatte recht. Hier passierte nie etwas Aufregendes. Das letzte Mal war sie zusammen mit Matt auf dem Anwesen gewesen. Sie würde einen starken Mann an ihrer Seite brauchen, der sie vor schmerzlichen Erinnerungen bewahrte. „Hol mich in der Bougainvillea Lane 3 c ab. Soll ich den Weg beschreiben?“

Er schnaubte. „Das finde ich schon.“

Mit seinen drei Straßen war Pueblicito wahrscheinlich der kleinste Ort, den er je gesehen hatte.

„Ihre Churros, Mister.“ Ana, die Kellnerin, stellte einen Teller mit einem Berg des Krapfengebäcks vor ihn hin.

„Danke.“ Er fuhr mit dem Finger durch die Zucker-Zimt-Mischung und probierte, ehe er zufrieden seufzte.

„Heiß und süß?“ Ihre Stimme klang heiserer als sonst, und ohne darüber nachzudenken, leckte sich Julia die Lippen.

Er richtete den Blick auf sie, und noch einmal wünschte sie sich, dass er die Brille abnahm, damit sie ihm in die Augen sehen konnte.

„Okay, ich muss los.“ Sie stand auf, ehe sie sich noch mehr blamierte. „Ich besorge uns Piratenkostüme. Wir sehen uns um sieben.“

Sie ging los und merkte auf einmal, dass sie nicht einmal den Namen des Piloten kannte. Verdammt, war sie so verzweifelt auf eine Verabredung aus?

„Ich werde da sein, Julia“, rief er ihr hinterher.

Sie stolperte fast, als er ihren Namen sagte, aber sie blickte sich nicht um. Es klang vertraut. Überwältigend. Sexy. Sie kämpfte gegen das Verlangen an und zwang sich, weiterzugehen. Der Pilot war nicht der Junge, dem sie ihr Herz geschenkt hatte, sosehr sie es sich auch wünschen mochte. Ihre einzige wahre Liebe war schon vor Jahren im Kampf gefallen.

Matt Harper war tot.

2. KAPITEL

Matts Körper schien in Flammen zu stehen, und nichts hätte er lieber getan, als Julia mit ihrem süßen kleinen Hintern gegen die nächste Wand zu drängen und sie zu küssen, bis sie keine Luft mehr bekam.

Verdammt, das war echt armselig. Sie hatte ihn nicht einmal erkannt.

Julia ging davon, und er schaffte es nicht, die Augen von ihr abzuwenden. Armselig.

„Sorg dafür, dass sie Spaß hat. Aber brich ihr nicht das Herz“, drohte Maria ihm.

„Ich werde nicht lange genug hier sein, um Herzen zu brechen.“ Er trank sein Bier aus.

Linda zwinkerte Maria zu. „Gut. Er ist genau das, was sie braucht.“

„Ein heißer Pilot, der ihr Herz im Sturm erobert und davonfliegt, ehe er besitzergreifend werden kann?“

Linda schnaubte. „Maria, entweder schickst du Jaime in die Wüste, oder du lernst, mit ihm zu leben.“

„Ich sage doch nur, dass wir alle mal ein bisschen Spaß gebrauchen können, aber Julia verdient es am meisten. Nach dem, was passiert ist …“ Sie blickte zu Matt. „Na ja, sie hat einiges durchgemacht.“

Was genau hatte sie verdient? Himmel, er hatte Höllenqualen wegen eines Mädels gelitten, das ihn vergessen hatte, kaum dass er gegangen war. Sie hatte ihn einen Fehler genannt. Er sollte sich ein Flugzeug chartern und sofort wieder aus Plunder Cove verschwinden.

Trotzdem fragte sich Matt, was Julia durchgemacht hatte. Hatte sein Vater seine damalige Drohung wahr gemacht? Steckte sie in Schwierigkeiten?

„Ich bin froh, dass du sie mit auf die Party nimmst. Sie braucht ein bisschen Spaß im Leben“, sagte Maria.

Spaß? Er war mehr an Antworten interessiert. Warum hatte sein Vater ihn hierher beordert? Um ihn damit zu quälen, ihm seine Ex-Freundin vorzuführen? Wenn ja, dann würde er ein Wörtchen mit ihm reden, bevor er verschwand. Aber erst würde er dafür sorgen, dass Julia sicher war.

Das waren seine Gründe, warum er sie auf die Party mitnehmen wollte. Es hatte nichts damit zu tun, wie sexy sie ausgesehen hatte – und was er alles für heiße Dinge mit ihr tun wollte. Andererseits … eine zwanglose Nacht mit ihr war vielleicht genau das, was er brauchte.

Noch ein letztes Mal würde er ihr Fehler sein, und dann würde er für immer verschwinden.

Matt bezahlte und verabschiedete sich von Julias Cousinen. Auf dem Weg zum Parkplatz tätigte er einen Anruf. „Bring das Batmobil, Alfred.“

Zweifellos besaß sein Vater einen überteuerten Sportwagen, den er sich ausleihen konnte, denn Geschwindigkeit war das Einzige, worin Matt und RW sich einig waren.

Fünf Minuten später blickte er auf, als ein Lamborghini Veneno auf den Parkplatz einbog.

„Heilige Scheiße.“

Veneno war das italienische Wort für Gift. Lamborghini hatte genau drei dieser Autos für jeweils mehrere Millionen Dollar verkauft. Fasziniert schlenderte Matt zur Fahrerseite.

Das Fenster glitt herunter, und eine belustigte Stimme fragte: „Sie haben geläutet?“

Matt lehnte sich hinab. „Hallo Alfred. Schön, Sie zu sehen.“

Der Chauffeur seines Vaters, der eigentlich Robert hieß, hatte inzwischen keine Haare mehr, dafür aber tiefere Falten.

„Ich bin immer noch Alfred? Ich dachte, Sie hätten Ihre Batman-Besessenheit überwunden.“ Das Funkeln in seinen Augen verriet, wie sehr er sich darüber freute, dass Matt den Spitznamen benutzte.

Matt und sein kleiner Bruder Jeff hatten jahrelang gespielt, Batman und Robin zu sein. Dementsprechend wurde aus dem Familien-Chauffeur Alfred. Und auch wenn Robert zunächst die Nase gerümpft hatte, hatte er sich schnell an das Spiel gewöhnt.

Alfred stieg aus, nahm Matts Gepäck und verstaute es.

„Lassen Sie mich fahren“, sagte Matt.

„Ihr Vater hat mich fast umgebracht, als ich Sie damals den Bugatti habe fahren lassen.“

Matt grinste. „Mich auch, aber das war es wert.“ Vor allem die Spritztour, die er mit Julia gemacht hatte. Er streckte die Hand aus.

„Na gut, aber wenn hinterher auch nur ein Kratzer dran ist, dann kündige ich.“ Alfred drückte Matt den Schlüssel in die Hand und setzte sich auf den Beifahrersitz.

„Es überrascht mich, dass Sie nicht schon längst gekündigt haben.“ Matt ließ den Motor an, der röhrend zum Leben erwachte.

„Ha, was würdet ihr Harpers denn ohne euren fantastischen Fahrer tun?“

Matt blickte auf den Tachostand. „Sieben Meilen? Das würde ich nicht gerade Fahren nennen. Streichelt der alte Mann dieses Wägelchen nur?“ Matt bemerkte, dass Alfred zusammenzuckte, ehe er wieder eine neutrale Miene aufsetzte. „Was ist los? Ist mein Vater tatsächlich zu einem Eremiten geworden?“

„Er hat schwere Zeiten hinter sich, Matthew. Ich bin froh, dass ihr Kinder alle gekommen seid.“

„Jeff und Chloe sind auch hier? Wie hat er das denn geschafft?“

„Es steht mir nicht zu, darüber zu reden. Sie und Ihre Geschwister werden heute Abend darüber informiert.“

„Auf der Party.“

„Ja.“ Alfred verschränkte die Arme und blickte starr geradeaus. Seine Lippen waren offensichtlich versiegelt. Als Matt losfuhr, meinte er nur: „Versuchen Sie bitte, auf der Straße zu bleiben.“

„Haben Sie ein bisschen Vertrauen. Ich fliege jetzt Jets. Da werde ich doch wohl mit so einem kleinen Auto fertigwerden.“ Er trat aufs Gaspedal.

„Heilige Muttergottes.“ Alfred bekreuzigte sich.

Matt lachte. „Entspannen Sie sich. War ich wirklich so schlimm als Teenager?“

„Erschreckend.“ Aber er sagte es lächelnd. „Immer in Eile, so schnell wie möglich von hier wegzufliegen.“

„Ja, das stimmt.“

„Ich habe das verstanden, Matthew. Ich war in grauer Vorzeit auch mal ein Teenager.“ Er lachte leise.

Merkwürdig, Matt hatte ihn noch nie lachen gehört. Es war bestimmt nicht leicht, all die Jahre als Fahrer für die Harpers zu arbeiten.

„Und wie es scheint, haben Sie genau das bekommen, was Sie sich gewünscht haben, Captain Harper. Sie sind weggeflogen.“

Genau das, was er sich gewünscht hatte? Schön wär’s. „Tut mir leid, wenn ich Ihnen damals das Leben schwer gemacht habe.“

Was hatte sein Vater wieder für einen diabolischen Plan ausgeheckt? Matt würde es heute Abend erfahren, mit Julia an seiner Seite. Er würde sie beschützen und den alten Mann daran hindern, irgendwem wehzutun.

Wie in alten Zeiten.

Julia lief in ihrem kleinen Schlafzimmer auf und ab. „Ich fasse es nicht, dass ich mich darauf eingelassen habe. Wieso habe ich das getan?“

„Weil der Pilot einfach unglaublich heiß war?“ Linda fächerte sich Luft zu.

Ja, ja, das war er. Trotzdem wusste sie noch immer nicht, warum er ausgerecht sie eingeladen hatte.

„Was soll ich denn bloß anziehen?“

„Jedenfalls nicht dein rotes Kleid. Das hast du mir schon versprochen“, erklärte Linda. Sie und Maria saßen auf Julias Bettkante und lackierten sich die Nägel.

„Okay, aber was soll ich anziehen? Harper darf mich nicht erkennen, sonst wirft er mich raus.“

„Das macht bestimmt Eindruck auf den Piloten“, meinte Maria.

„Frag doch Tia Nona. Sie hat reichlich Piratenkostüme.“

„Wieso?“

Linda zuckte mit den Schultern. „Weil sie auf Piraten steht?“

Julia schnaubte. „Wohl kaum. Sie hat mich immer vor Piraten gewarnt – vor allem vor Matt Harper. Was ziemlich lästig war, schließlich war er überhaupt nicht so wie seine Piraten-Vorfahren.“

„Meinst du die Harpers, die auf Piratenschiffen gesegelt sind, oder die, die unsere Vorfahren gekauft haben, damit sie für sie schuften?“, fragte Maria.

„Sie haben unsere Vorfahren gegen Vieh eingetauscht. Kühe waren mehr wert als unsere Leute. Harpers sind Diebe.“ Linda blies auf ihre Nägel.

Maria schüttelte den Kopf. „Nein, sie sind Piraten.“

Julia brauchte keine Geschichtsstunde. „Matt war nicht so wie sie. Er war … süß.“

„Von wegen, der Junge war alles andere als süß. Er hat schwarze T-Shirts getragen, Jeans mit Löchern und ist auf Motorrädern herumgebraust.“

Autor

Kimberley Troutte
Kimberley Troutte ist eine mehrfach ausgezeichnete Bestsellerautorin. Sie wurde für den RITA Award nominiert und rangiert regelmäßig unter den Top 100 der New York Times und USA Today. Die Schriftstellerin lebt im Süden von Kalifornien, zusammen mit ihrem Ehemann, zwei Söhnen, einer Wildkatze, einer alten Schlange, einem Leguan und verschiedenen...
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