Süße Verführung im Pazifik

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Ausgerechnet der attraktive Playboy Zarios D’Amilo besucht die Party ihrer Eltern und lässt Emma keine Sekunde aus den Augen! Verwirrt von seiner Aufmerksamkeit, flüchtet sie aus der Villa an den einsamen Strand des Pazifiks. Doch plötzlich ist Zarios da, reißt sie stürmisch in seine Arme und küsst sie, wie sie noch nie geküsst wurde. Das muss sie sein, die große Liebe! Oder vielleicht auch nur eine süße Illusion? Denn am nächsten Morgen gibt es ein böses Erwachen. Schockiert erfährt Emma aus der Presse: Zarios wird schon bald die schöne Arabella heiraten …


  • Erscheinungstag 02.01.2010
  • Bandnummer 1826
  • ISBN / Artikelnummer 9783862951116
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Rate mal, wer heute Abend kommt!“

Ihre Mutter klang so aufgeregt, als sie den Telefonhörer auflegte, dass Emma lächeln musste.

„Halb Melbourne kommt.“

Lydia Hayes redete seit Wochen nur noch vom sechzigsten Geburtstag ihres Mannes und der großen Feier, die sie zu diesem Anlass ausrichtete. Das ursprünglich geplante Abendessen im Familienkreis hatte sich mittlerweile zu einer Gartenparty mit Festzelt und Bedienung ausgewachsen. Das beeindruckende Anwesen der Hayes war bis in den letzten Winkel herausgeputzt und der Platz für das Partyzelt so gewählt worden, dass die offenen Seiten einen atemberaubenden Blick über die Port Phillip Bay boten. Wenn das Wetter mitspielte, konnte man sogar über die Bucht mit ihren zerklüfteten Felsen und dem feinen weißen Sandstrand hinweg die Skyline der City sehen. Ein Tanzparkett war errichtet worden, die Band baute ihre Instrumente und Verstärker auf. Überall schwirrten Helfer herum, und Lydia wurde immer nervöser, je näher der Abend rückte. Der Anruf ließ sie nun für einen Augenblick alles andere vergessen.

„Wir bekommen unerwarteten Besuch.“ Sie klatschte vor Freude in die Hände. „Nun komm schon, rate!“

„Mum …“, stöhnte Emma nur, die sich gerade in ein Badetuch gewickelt die Zehennägel lackierte. Den ganzen Tag war sie ihrer Mutter bei den verschiedenen Vorbereitungen zur Hand gegangen und fürchtete, nun selbst nicht mehr rechtzeitig fertigzuwerden.

„Sag’s mir einfach.“

„Zarios!“

Der rote Nagellack ging daneben. Sie griff nach einem Wattestäbchen und tupfte über ihren kleinen Zeh, ohne sich anmerken zu lassen, wie sehr die Nachricht sie aufwühlte.

Zarios – allein der Name jagte ein Prickeln durch ihren ganzen Körper. Jeder wusste sofort, von wem die Rede war, auch ohne dass sein berühmter Nachname genannt wurde.

Fotos von dem ungemein attraktiven, wenn auch häufig finster dreinblickenden Junggesellen erschienen regelmäßig in den Klatschspalten. Er hatte den Ruf eines unverbesserlichen Frauenhelden. Nach allem, was inzwischen über den Mann geschrieben worden war, fragte man sich, wieso es überhaupt noch Anwärterinnen gab, die bereit waren, sich mit ihm einzulassen.

Und es gab viele davon. Die Affären endeten ausnahmslos in Tränen. Wobei es natürlich die Damen waren, die sie vergossen.

„Warum?“ Ihre Neugier war einfach übermächtig. Sie verschloss das Nagellackfläschchen und sah ihre Mutter fragend an.

Ihre Väter waren zwar die besten Freunde, dennoch verstand sie nicht, wieso Zarios D’Amilo auf die Idee kam, zur Geburtstagsparty ihres alten Herrn zu erscheinen. Hatte er nichts Besseres vor an diesem Samstagabend? Ein Date mit einem Supermodel oder ein Flug zu einer Veranstaltung des Jetsets? Sicher stellte Eric Hayes’ sechzigster Geburtstag keine besondere Attraktion für ihn dar.

Als Rocco D’Amilo vor nahezu fünfzig Jahren im Alter von elf nach Australien gekommen war, hatte es der Sohn italienischer Einwanderer schwer gehabt. Er sprach kein Englisch und wurde in der Schule wegen seiner fremdländischen Gewohnheiten gehänselt. Erst als Eric Hayes Partei für ihn ergriff und dem Anführer der Rabauken ein blaues Auge schlug, brachen für den kleinen Italiener bessere Zeiten an. Aus dem ungleichen Paar wurden Freunde fürs Leben.

Rocco gründete später ein Bauunternehmen, Eric wurde Immobilienmakler. Selbst als Rocco mit seiner jungen Frau und dem neugeborenen Sohn nach Italien zurückkehrte, riss der Kontakt nicht ab. Sie waren einander Trauzeugen, Paten für ihre Kinder, und ihre Freundschaft war Roccos Rettungsanker, als seine Frau ihn und seinen damals vierjährigen Sohn verließ.

Eric hatte es mit der Zeit zu Wohlstand gebracht. Dank einiger weitsichtiger Immobilieninvestitionen führte seine Familie ein sorgenfreies Leben. Auch Rocco war erfolgreich, in Australien genauso wie in Rom. Doch erst als sein Sohn in die Firma eintrat, entwickelte sich der ehemalige Familienbetrieb zu dem Imperium, das er heute war. Nachdem er die besten Universitäten besucht hatte, führte Zarios das Unternehmen weiter. Die Mischung aus herausragender Intelligenz, gepaart mit den ethischen Grundsätzen, die er von seinem Vater übernommen hatte, erwies sich als unschlagbares Erfolgsrezept.

Mit dem nötigen Wissen und großem Elan hatte er aus dem Bauunternehmen eine weltweit agierende Immobilienfirma mit angeschlossener Finanzierungsgesellschaft gemacht. Die D’Amilo Kreditbank hatte bereits Niederlassungen in ganz Europa und Australien und stand im Begriff, weitere Filialen in Asien und den USA aufzubauen. Nun, da Rocco sich aus dem Geschäftsleben zurückziehen wollte, ging man allgemein davon aus, dass Zarios auch offiziell die Firmenleitung übernehmen würde.

Wenn nur sein Privatleben nicht so ausschweifend wäre!

„Er hat seine letzte Ermahnung erhalten.“ Obwohl sie nur zu zweit waren, senkte Lydia ihre Stimme zu einem Flüstern. „Dein Vater hat mir erzählt, dass der Vorstand Zarios’ Eskapaden nicht mehr länger tolerieren will. Sie wollen verhindern, dass er zum Mehrheitsaktionär wird.“

„Diese Entscheidung liegt doch sicher bei Rocco?“ Emma sah ihre Mutter fragend an.

„Rocco hat ebenfalls die Geduld mit ihm verloren. Er hat alles für den Jungen getan. Und was ist der Dank? Wenn sich alle Vorstandsmitglieder gegen ihn stellen …“, ihre Stimme wurde nun noch leiser, „… und es sieht ganz danach aus, dann …“ Sie warf Emma einen bedeutungsvollen Blick zu. „Jedenfalls hat er schlechte Karten, wenn sich die Gerüchte bestätigen, dass er mit Miranda Schluss gemacht hat. Eine stabile Beziehung, darauf hatten alle gehofft.“

„Sie waren doch erst vier Monate zusammen!“

„Das ist lang – in Hundejahren.“

Emma brach in hilfloses Kichern aus.

Ihre Eltern brachten sie manchmal zur Weißglut. Besonders wenn sie ihren Bruder Jake ihr ganz unverhohlen vorzogen. Oder ihren Beruf als Künstlerin abtaten, so als würde sie keiner richtigen Arbeit nachgehen. Doch in Momenten wie diesem, wenn sie unbekümmert mit ihrer Mutter lachte, gestand sie sich ein, dass sie ihre Eltern über alles liebte.

Während sie so in ihr Handtuch gewickelt dasaß und sich über den Scherz ihrer Mutter amüsierte, die sich selbst vor Lachen ausschüttete, wurde ihr die Kostbarkeit dieses Augenblicks bewusst.

Langsam senkte sich die Abendsonne über die Bucht und tauchte das Wohnzimmer in goldenes Licht. Wie sie diesen Ausblick liebte! Das Grundstück der Hayes reichte bis zu den Klippen. Sie war hier aufgewachsen, kannte jeden Strauch und jeden Stein, die Höhlen in den Felsen, in denen sie als Kind so gern gespielt hatte. Sie wusste, wo der versteckte schmale Pfad abzweigte, der durch die Klippen hinab zum Strand führte. Und heute war die Luft so klar, dass man über das tiefblaue glitzernde Meer hinweg bis nach Melbourne schauen konnte.

Sie ahnte, dass sie später noch oft an diesen wunderbaren und perfekten Sommerabend zurückdenken würde.

„Komm, wir müssen uns beeilen!“ Lydia wischte sich die Lachtränen aus den Augen und trieb ihre Tochter an. „Wo sollen wir ihn nur unterbringen?“

„Er bleibt über Nacht?“ Emmas Augen weiteten sich bei dem Gedanken.

„Aber ja doch!“ Lydias inzwischen überstrapazierte Nerven drohten sie nun im Stich zu lassen. „Rocco hatten wir als Übernachtungsgast eingeplant, aber Zarios … Wir werden ihm dein Zimmer geben müssen.“

„Auf gar keinen Fall!“

„Wir können ihn kaum auf dem Sofa im Arbeitszimmer schlafen lassen. Jake schläft in seinem früheren Zimmer, Rocco ist im Gästezimmer untergebracht. Es bleibt nur dein Zimmer übrig. Und jetzt beeil dich, du musst dich noch anziehen.“ Lydia war nicht bereit, diese Frage weiter zu diskutieren. „Meine Freundinnen werden vor Neid erblassen. Kannst du dir Cindys Gesicht vorstellen, wenn sie es erfährt? Du hast dir doch hoffentlich etwas Hübsches zum Anziehen gekauft?“

„Ein Hochzeitskleid vielleicht?“

„Immerhin hat er sich von Miranda getrennt!“ Lydia ging nicht auf den ironischen Unterton in Emmas Stimme ein. Sie selbst war nicht über die Mitte der gesellschaftlichen Aufstiegsleiter hinausgekommen und entschlossen, ihre Kinder in Höhen zu sehen, die ihr verwehrt geblieben waren. „Der begehrteste Junggeselle Australiens kommt heute zum sechzigsten Geburtstag deines Vaters. Bist du denn gar nicht aufgeregt?“

„Natürlich bin ich aufgeregt.“ Emma lächelte. „Weil es Dads Geburtstag ist.“

„Dann mach dich jetzt fertig.“ Mit einer wedelnden Handbewegung wollte sie ihre Tochter fortschicken, doch dann rieb Lydia sich mit einem leisen Stöhnen die Schläfen. „Sie können jeden Augenblick hier sein.“

„Mum, so beruhige dich doch.“

„Und wenn die Gäste nun etwas Spektakuläres erwarten?“

„Dann zaubern wir Zarios aus dem Hut“, sagte Emma schmunzelnd, doch ihre Mutter hatte keinen Sinn mehr für Scherze. „Unsere Gäste sind zu einer Geburtstagsfeier eingeladen, und es wird eine wunderbare Party.“ Sie durchquerte das Wohnzimmer, ging zu ihrer Mutter und nahm deren Hände. „Sie kommen, um mit dir und Dad zu feiern. Freu dich einfach darauf!“

„Und Jake ist noch nicht einmal hier.“ Lydias Stimme drohte zu kippen. „Mein eigener Sohn kann nicht einmal pünktlich erscheinen. Er hat doch hoffentlich daran gedacht, die Kanapees für das Frühstück zu bestellen?“ Emma hörte die Panik in der Stimme ihrer Mutter und beeilte sich, die Katastrophe abzuwenden.

„Natürlich hat er daran gedacht. Geh jetzt frische Bettwäsche holen. Ich mache mich inzwischen fertig und räume schnell mein Zimmer auf.“

Ihr Zimmer hatte sich nicht verändert, seit sie vor sieben Jahren von zu Hause ausgezogen war, um an der Universität Kunst zu studieren. Sie kam gern hierher zurück und liebte die Geborgenheit ihres kleinen Reichs. An diesem Abend war ihr Blick allerdings etwas kritischer als sonst, und Emma fragte sich, was Zarios wohl zu den Bildern an den Wänden sagen würde, zu den Vorhängen, die sie mit zwölf selbst gebatikt hatte, zu den überquellenden Bücherregalen und den vielen Fotos aus ihrer Kindheit, die auf der Kommode standen.

Sie hatte von Anfang an vorgehabt, zu diesem speziellen Geburtstagsfest ein besonders schönes Kleid zu tragen. Ihre winzige Kunstgalerie in Melbournes Chapel Street befand sich in direkter Nachbarschaft zu einer Reihe von schicken Boutiquen. Was ist nur in mich gefahren?, fragte sie sich, als sie nun in das tiefblaue Kleid schlüpfte, an dem ihr Blick im Schaufenster hängen geblieben war. Die Farbe erinnerte sie an den Ozean an einem herrlichen Sommertag. Der Preis war abschreckend gewesen. Die geschickte Verkäuferin hatte sie jedoch überreden können, das Kleid zumindest einmal anzuprobieren. Als sie sich dann im Spiegel betrachtete, hatte ein innerer Kampf eingesetzt. War es nicht doch zu viel Geld?

Und zu wenig Stoff?

Ein paar Zentimeter kürzer, als sie es sich vorgestellt hatte. Dafür sehr figurbetont an genau den falschen Stellen, wie sie fand. Wollte sie ihren Po wirklich so zur Schau stellen? War ihr Busen plötzlich größer geworden? Hauchzarte, eng anliegende Seide, die bei jedem Schritt ihre Beine umspielte.

Sie sah göttlich darin aus.

Und es passt genau zu den sündteuren Sandaletten, die ich dazu gekauft habe, dachte sie, als sie jetzt den Schuhkarton aus dem Schrank holte.

Ein letztes Mal mit dem Glättstab durch die Haare, das Lipgloss nicht vergessen. Sie dankte dem Himmel dafür, dass sie ihre Bedenken über Bord geworfen und das Kleid gekauft hatte. Nun musste sie sich vor Zarios D’Amilo nicht verstecken, den sie heute nach ihrer letzten peinlichen Begegnung vor vielen Jahren zum ersten Mal wiedersehen würde.

Sie nahm eines der Fotos von der Kommode und betrachtete die versammelte Hochzeitsgesellschaft. Wie kindisch, dachte sie, als sie spürte, dass sie errötete. Es ist doch nur ein Bild. Doch selbst auf dem Foto erlag sie dem Zauber von Zarios’ ernsten dunklen Augen.

Ich war doch erst neunzehn …

Neunzehn und sehr naiv. Sie war bei Jakes Hochzeit eine der Brautjungfern gewesen. Fürchterlich herausgeputzt in Unmengen von rosafarbenem Tüll.

Unter den Gästen befand sich auch Zarios. Gerade erst nach Australien zurückgekehrt, hatte er mit starkem italienischem Akzent gesprochen. Sie hätte ihm stundenlang zuhören können. Er war der attraktivste Mann, den sie je getroffen hatte. Die ganze Hochzeit war wie im Traum an ihr vorbeigezogen. Bis er schließlich pflichtschuldigst mit ihr getanzt hatte. Und weil er unwiderstehlich war, und sie zu viel Champagner getrunken hatte, hatte sie sich in ihn verliebt.

Sie legte das Foto zuunterst in eine Schublade und schloss sie mit Schwung. Auf keinen Fall sollte er das Bild sehen. Sie wollte nicht riskieren, dass er sich an den peinlichen Vorfall erinnerte. Doch die Bilder in ihrem Kopf ließen sich nicht so leicht beiseiteschieben wie ein Foto. Zarios und sie beim Tanzen. Wie er sich zu ihr hinabgebeugt hatte, um ihr etwas zu sagen, und sie geglaubt hatte, er wolle sie küssen. Erwartungsvoll hatte sie die Augen geschlossen und die Lippen gespitzt.

Noch heute, sechs Jahre später, wurde ihr heiß bei dem Gedanken, wie naiv sie gewesen war.

Sein tiefes kehliges Lachen klang ihr noch im Ohr. „Vielleicht später, wenn du erwachsen bist.“ Als der Tanz zu Ende war, hatte er sie lächelnd mit einem Klaps auf den Po verabschiedet. „Außerdem würde dein Vater es mir nie verzeihen“, hatte er noch hinzugefügt.

Er hat es bestimmt schon längst vergessen, versuchte sie sich zu beruhigen.

Bei all den Schönheiten, mit denen er sich umgab, würde er mit Sicherheit nicht mehr an das linkische junge Ding denken, das geglaubt hatte, er wolle es küssen. Außerdem war sie inzwischen sechs Jahre älter und klüger geworden. Sie würde diesem professionellen Herzensbrecher nicht mehr auf den Leim gehen.

So dumm wie damals würde sie sich nicht mehr benehmen. Sie probte einen kühlen und distanzierten Blick vor dem Spiegel. Ob eine Hochsteckfrisur gut dazu aussah? Sie türmte ihre langen blonden Haare auf und entschied sich dagegen. Vielleicht sollte sie das Ganze einfach als Anekdote betrachten und darüber lachen …

Vielleicht sollte sie ihr Zimmer aufräumen!

Ihre Mutter kam mit frischer Bettwäsche herein, und Emma sammelte schnell herumliegende Kleidungsstücke, Kosmetikartikel und Zeitschriften ein. Lydia hängte Handtücher über das Fußende des Betts und stellte einen Wasserkrug und ein Glas auf den Nachttisch. „Meinst du, ich sollte ihm einen kleinen Snack herrichten lassen? Oder fällt dir sonst noch etwas ein?“

„Eine Schachtel mit Baldrian, damit er sich nicht fürchtet?“, schlug Emma vor und brachte ihre Mutter damit zum Kichern. „Nach allem, was man hört, ist er es nicht gewohnt, in der Nacht allein zu sein.“

Es war so leicht, ihre Mutter zum Lachen zu bringen. Allerdings kehrte die Anspannung sofort zurück, als sie den Hubschrauber hörten, der sich über die Bucht hinweg ihrem Anwesen näherte. Auch wenn ihre Eltern und Freunde wohlhabend waren, so würde sich doch niemand außer den D’Amilos zu einer Party fliegen lassen. Emma trat ans Fenster und beobachtete, wie der Helikopter einen Augenblick auf der Stelle schwebte, die Markise zu flattern begann, das Gras sich unter dem wirbelnden Propeller flach legte und dann …

Unwillkürlich musste sie den Atem angehalten haben, denn die Glasscheibe beschlug nicht mehr. Und als ein langes Bein in einer Designerhose sichtbar wurde, wusste sie, dass er es war.

Der Rest war auch nicht von schlechten Eltern.

Zarios half seinem Vater beim Aussteigen. Geduckt gingen sie unter den Rotorblättern hindurch über den Rasen auf das Haus zu. Dem bereits wieder startenden Hubschrauber schenkten sie keinen weiteren Blick, so selbstverständlich war für sie diese Art des Reisens.

Zarios trug eine schwarze Abendhose, dazu ein maßgeschneidertes weißes Hemd. Die rastlose Energie, die er ausstrahlte, sein makelloses Aussehen und die Art, wie er den Kopf zurückwarf und über eine Bemerkung seines Vaters lachte, das alles schnürte ihr die Luft ab. Plötzlich schaute er direkt nach oben, als wüsste er, dass er beobachtet wurde, und sie zuckte zurück.

„Emma!“ Sie hörte die aufgeregte Stimme ihrer Mutter und riss sich zusammen. „Sie sind da! Eine ganze Stunde zu früh!“ „Das sind die Menschen, die mir am liebsten sind“, sagte Rocco auf Italienisch, während sie über den Rasen schritten, und erinnerte seinen Sohn daran, wie viel ihm die Hayes bedeuteten. „Ich erwarte, dass es heute Abend keinen Skandal gibt.“

„Du glaubst zu viel von dem, was du liest.“ Zarios lachte. „Ich kann mich durchaus benehmen, wenn es darauf ankommt. Außerdem denke ich nicht, dass ein sechzigster Geburtstag mir viele Möglichkeiten für Entgleisungen bieten wird.“

„Zarios …“ Rocco ging nicht auf den scherzhaften Ton ein. Er hatte es für eine gute Idee gehalten, seinen Sohn mitzunehmen. Das gefährliche Glitzern in den Augen, mit dem Zarios nach der jüngsten Trennung suchend um sich blickte, gefiel ihm überhaupt nicht. War es wirklich klug gewesen, ihn ausgerechnet zu diesem Fest einzuladen? Auf dem kurzen Flug zum Anwesen der Hayes hatte Rocco sich an Jakes Hochzeit erinnert. Sein Sohn war damals sofort von der Tochter des Hauses angetan gewesen. Er hatte ihn gewarnt, und glücklicherweise hatte Zarios auf ihn gehört und die Finger von Emma gelassen. Inzwischen waren sechs Jahre vergangen, und Rocco hatte keinen Einfluss mehr auf die Liebschaften seines Sprösslings. „Erinnerst du dich noch an ihre Tochter Emma?“

„Blond und gut aussehend?“ Zarios grinste, als die Bilder von damals in ihm aufstiegen. Vielleicht würde der Abend doch nicht so langweilig werden. „Ja, allerdings.“

„Sie ist zu einer sehr attraktiven Frau herangewachsen.“

„Wunderbar.“

„Warte!“ Rocco zog ein Taschentuch hervor und wischte sich über die Stirn.

„Alles in Ordnung, Pa?“

„Nur ein kleines Ziehen in der Brust.“ Er holte eine Tablette aus einem silbernen Pillendöschen und legte sie sich unter die Zunge. „Nicht weiter tragisch.“ Tatsächlich verspürte er einen leichten Druck. Vielleicht nicht stark genug für seine Medizin, doch möglicherweise half die Mitleidstour, Zarios ein wenig gefügiger zu machen. „Du weißt, wie sehr ich Lydia verehre. Aber du weißt auch, dass sie nicht mit Geld umgehen kann. Nun, wie es scheint, schlägt Emma in dieselbe Richtung …“

„Dann ist es ja nur gut, dass ich reich bin“, witzelte Zarios. Sein Vater blieb ernst.

„Eric macht sich Sorgen …“ Es ist nur eine kleine Lüge, hielt er sich zugute. Wenn ich Zarios davon abhalten kann, Emma nachzustellen, muss ich mir später von Eric keine Vorhaltungen machen lassen, dass mein Sohn seiner Tochter das Herz gebrochen hat.

Genau das würde Zarios nämlich tun. Ein Anflug von Müdigkeit überkam ihn, und Rocco tupfte sich noch einmal über die Stirn, bevor er das Taschentuch wegsteckte. Zarios würde ihr mit Sicherheit das Herz brechen.

„Lass dich nicht mit ihr ein.“ Er ging nun wieder weiter. „Es gäbe zu viel Ärger.“

„Ihr seid schon da!“ Eric, der sich im Gegensatz zu seiner über die Maßen nervösen Frau keine Gedanken über Unterbringung und Garderobe machte, ging entspannt auf seinen alten Freund zu und umarmte ihn herzlich. Zarios blieb etwas abseits stehen.

„Wir wollten ein wenig Zeit mit euch verbringen, bevor die anderen Gäste kommen.“ Rocco strahlte und überreichte Eric ein aufwendig verpacktes Geschenk. „Leg es beiseite, und sieh es dir morgen an.“

„Auf der Einladung stand ‚keine Geschenke‘“, sagte Lydia tadelnd. Es war ihr jedoch anzusehen, wie sehr sie sich über das Wiedersehen freute. „Zarios, wie schön, dass du kommen konntest!“

„Ja, ich freue mich auch.“

Er sprach mit tiefer, melodischer Stimme, und sein Akzent war noch immer auszumachen. Emma verspürte ein leichtes Kribbeln im Nacken, als sie die Treppe hinunterging und sich bemühte, kühl und distanziert zu wirken. Sie sah, wie er ihre Mutter auf beide Wangen küsste und danach ihren Vater begrüßte. Dann richtete er seine dunklen Augen direkt auf sie.

„Emma. Wir haben uns lange nicht mehr gesehen.“ Sein Lächeln war verhalten. Während des Bruchteils einer Sekunde hatte er die Veränderungen an ihr bemerkt. Sie hatte sich das Haar wachsen lassen, es fiel ihr wie ein langer, seidiger Vorhang über die Schultern. Ihr ehemals überschlanker sportlicher Körper wies an den richtigen Stellen Rundungen auf, und ihr Kleid betonte ihre äußerst weiblichen Kurven und die schlanken Beine. Zarios war dankbar für die Warnung seines Vaters. Ohne sie würde der Abend mit Sicherheit einen anderen Verlauf nehmen.

Emma war auch damals schon hübsch gewesen. Aber jetzt sah sie hinreißend aus!

„Ja, sehr lange.“ Sie war am Fußende der Treppe angelangt und blieb auf der untersten Stufe stehen. Trotzdem musste er sich hinunterbeugen, um sie auf die Wange zu küssen. Dabei nahm er ihren Duft wahr.

Genau wie damals, schoss es ihm durch den Kopf, während seine Lippen leicht über ihre Wangen strichen. Könnte ich sie doch jetzt so küssen, wie sie es sich damals gewünscht hat, dachte er impulsiv. Aber wieder war er gezwungen, sich zurückzuhalten.

Die anderen gingen weiter, sodass sie kurz miteinander allein waren. Beide in Gedanken versunken. „Du siehst gut aus.“ Er runzelte leicht die Stirn. „Wie lange ist es her, seit wir uns zuletzt gesehen haben?“

„Ein paar Jahre, glaube ich“, antwortete sie schulterzuckend. Er sollte nicht merken, dass sie es bis auf den Tag genau wusste. „Vier oder vielleicht fünf?“

Er schüttelte den Kopf. Sie folgten den anderen ins Wohnzimmer. „Es war auf der Hochzeit deines Bruders.“

„Dann sind es fünf Jahre.“ Sie lächelte. „Nein, sechs.“

„Kommt herein“, drängte Lydia. „Emma, bring unseren Gästen etwas zu trinken.“

In diesem Augenblick erschien eine der für den Abend eingestellten Kellnerinnen mit einem Tablett voll eilig gefüllter Champagnergläser. Emma nahm sich ein Glas, bevor ihre Mutter sie weiterscheuchte.

„Einen richtigen Drink!“, flüsterte ihr Lydia hastig zu.

„Whisky?“ Den hatte Rocco bei seinen früheren Besuchen immer getrunken. „Mit einem Schuss Wasser?“

„Du hast ein gutes Gedächtnis.“ Rocco strahlte.

„Zarios?“ Sie zwang sich, ihn anzusehen.

„Was möchtest du?“ Seine dunklen Augen hielten ihre fest, und sie hätte schwören können, dass er bewusst einen Moment länger als nötig schwieg. Eine Andeutung? Sofort loderte das Feuer, das sie seit der Hochzeit ihres Bruders unterdrückt hatte, wieder in ihr auf. Sie kam nicht dagegen an.

„Whisky.“ Kein Bitte, kein Danke. „Ohne Wasser.“

Und sie stand in Flammen.

Ihre Hand zitterte, als sie das Sektglas abstellte, bevor sie die goldfarbene Flüssigkeit einschenkte. Ihre Erinnerung hatte ihr keinen Streich gespielt. Er war noch genauso gefährlich wie damals und dazu eingebildet und überheblich. Sie reichte ihm das Glas, versuchte die leichte Berührung ihrer Finger zu ignorieren, nahm ihr Glas und durchquerte rasch das Wohnzimmer, um sich möglichst weit von ihm entfernt aufs Sofa zu setzen.

Die Flucht sollte ihr nicht gelingen.

Er nahm neben ihr Platz. Ein wenig zu nah für ihren Geschmack. Sie berührten sich nicht, doch sie spürte die Wärme seines Körpers und neigte sich leicht zu ihm hin, da die Federn des alten Ledersofas unter seinem Gewicht nachgaben.

Er ließ ihr keinen Raum. Aber vermutlich war das sein Trick. Kaum jemand hätte etwas bemerkt. Nur wenn man neben ihm saß oder ihn genau musterte, empfand man es. Sie trank einen Schluck von ihrem Champagner und wünschte, sie hätte auch Whisky gewählt. Irgendetwas, um ihre Nerven zu beruhigen, die Stromschläge auszuteilen schienen.

„Ich nehme an, Jake und seine Frau kommen heute Abend ebenfalls?“

„Jake kommt allein.“

„Sie haben Zwillinge, stimmt’s?“, setzte er das Gespräch fort und beobachtete, wie sich ihre Miene entspannte und Emma lächelte, während sie von ihrer Nichte und ihrem Neffen erzählte.

„Harriet und Connor. In ein paar Wochen werden sie drei.“ Als hätte er nur auf sein Stichwort gewartet, kam ihr Bruder ins Zimmer geeilt.

„Darling!“ Stürmisch fiel Lydia ihrem Sohn um den Hals. Der Groll über seine Verspätung war vergessen. „Wie schön, dich zu sehen!“

„Tut mir leid“, entschuldigte er sich, „der Verkehr war ein absoluter Albtraum.“

„An einem Samstag?“ Emma konnte sich die Bemerkung nicht verkneifen.

„Wegen des Football-Spiels.“ Lydia strahlte ihn an. „Die Stadt gleicht einem Hexenkessel. Ich bin so froh, dass du heil durchgekommen bist. Du hast doch an die Kanapees für morgen gedacht?“

Jakes Lächeln gefror, er schaute Hilfe suchend zu seiner Schwester, und Lydias Augen weiteten sich vor Schreck. Emma war versucht, ihn auflaufen zu lassen. Sie wollte nicht schon wieder für ihn die Kohlen aus dem Feuer holen. Ihre Eltern sollten endlich sehen, dass er nicht einmal in der Lage war, den winzigen Gefallen, um den sie ihn gebeten hatten, auszuführen. Doch wie Jake nur zu genau wusste, brachte sie es nicht über sich.

„Ach, ich habe ganz vergessen, es dir auszurichten, Mum. Die Bäckerei hat vorhin angerufen und bestätigt, dass mit Jakes Bestellung alles in Ordnung geht. Sie liefern morgen in aller Frühe.“

„Ach, Emma“, fuhr ihre Mutter sie an. „Das hättest du mir wirklich sagen können!“

Autor

Carol Marinelli
Carol Marinelli wurde in England geboren. Gemeinsam mit ihren schottischen Eltern und den beiden Schwestern verbrachte sie viele glückliche Sommermonate in den Highlands. Nach der Schule besuchte Carol einen Sekretärinnenkurs und lernte dabei vor allem eines: Dass sie nie im Leben Sekretärin werden wollte! Also machte sie eine Ausbildung zur...
Mehr erfahren