Süße Versuchung für Schwester Gabby

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"Max ist ein Herzensbrecher!" Trotz der Warnung kann Gabby ihrem Chef nicht widerstehen: Dr. Max Maitland setzt sie mit einem Lächeln schachmatt. Sie gibt sich ihm hin - und bereut das schon am nächsten Morgen. Denn mit einem Playboy wie Max kann es keine Zukunft geben …


  • Erscheinungstag 23.09.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783733719494
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

PROLOG

„Wir haben einen Spender.“ Max Maitland legte seinem Zwillingsbruder die Hand auf die Schulter. Ein erster Schritt, um die Dinge zwischen ihnen wieder ins Reine zu bringen. Das hatten sie wirklich sehr nötig. Dazu noch eine große Portion Mut sowie Max’ Fähigkeiten als Chirurg.

Das Leben des kleinen Jamie hing davon ab, dass die Operation erfolgreich verlief. Ein Fehlschlag kam nicht infrage. Dafür stand viel zu viel auf dem Spiel.

„Ja, wir haben einen Spender.“ In Mitchells Augen leuchtete Hoffnung auf, als sie gemeinsam zum Stationstresen gingen. „Mich.“

„Was? Nein! Es gab einen Unfall. Eine Niere wird gerade hergeflogen. Wir müssen noch einige Tests machen, aber ich denke, dass alles kompatibel ist.“ Max wollte nicht auch noch das Risiko eingehen, seinen eigenen Bruder auf dem OP-Tisch zu haben. „Ich bin natürlich der leitende Transplantationschirurg. Jetzt warten wir nur noch auf den Rest des Teams.“

„Nein. Ich will es so. Ich möchte meinem Sohn eine Niere spenden. Ich muss das tun, verdammt.“ Mitch schluckte angestrengt. Dabei packte er die Kante des Stationstresens so fest, dass seine Knöchel weiß hervortraten.

Max wusste, wie schwer es für seinen Zwillingsbruder gewesen war, mit der Neuigkeit klarzukommen, dass er Vater war. Und noch schlimmer, als er erfuhr, dass sein Kind ohne schnelle Hilfe sterben würde.

Er zog Mitch von all den schrillenden Telefonen, piependen Monitoren und lautem Babygeschrei fort und sah ihn direkt an. Ein stählerner Blick in blaue Augen, die den seinen so ähnlich waren. Maitland-Augen. Jamies Augen. Jamie war sein Neffe, der Sohn seines Bruders.

Max wurde die Brust eng. Wie lange hatte er sich danach gesehnt, eine echte Familie zu haben. Sein eigenes Fleisch und Blut. Wie viele Nächte hatte er von dieser Familie geträumt. Von Menschen, denen er etwas bedeutete, die an ihn glaubten.

Jetzt konnte er etwas tun, um die Kluft zwischen sich und seinem Zwillingsbruder zu überwinden und eine richtige Familie zu sein. „Bist du sicher?“, fragte er Mitch. „Du kennst die Risiken. Es ist ein großer Eingriff.“

„Ich bin kompatibel, und ich weiß, dass Eltern-Kind-Transplantationen am besten funktionieren. Und ich würde alles für mein Kind tun. Alles“, erklärte Mitch.

Max nickte. Entschlossenheit war die hervorstechendste Eigenschaft der Maitlands, dicht gefolgt von Sturheit. Dennoch versuchte er, seinen Bruder davon abzubringen. „Lass uns erst mal abwarten, was die Untersuchungen bei dieser Spenderniere ergeben. Dann sehen wir weiter.“

„Nein, gebt sie jemand anderem.“

„Das wäre eine gute Chance für Jamie“, beharrte Max. „Es gibt nur sehr wenige Organspender. Da sollten wir wenigstens mal schauen.“

Energisch schüttelte Mitch den Kopf. „Würdest du deinem Sohn das antun? Würdest du abwarten, ob die Dinge sich gut entwickeln? Oder ob er durch die höhere Wahrscheinlichkeit einer Abstoßung bei einem fremden Spender wieder krank wird? Zuschauen, wie er leidet, obwohl du ihm leicht helfen könntest? Oder würdest du ihm nicht auch lieber die besten Chancen geben? Würdest du es tun?“

Für deinen Neffen? Für mich?

Mitch brauchte es nicht auszusprechen. Jahre voller Enttäuschung und Neid, Wut und Trauer standen zwischen ihnen. Würdest du dein Leben für deine Familie riskieren? Selbst wenn man nur wenig Zeit mit dieser Familie verbracht hatte?

Ohne zu zögern, antwortete Max: „Natürlich würde ich das tun. Ich werde dafür sorgen, dass alles gut wird.“

1. KAPITEL

Im The Shed, dem Klub in der Nähe des Krankenhauses, dröhnte Techno-Musik. Tiefe Bassrhythmen brachten Max’ gesamten Körper zum Vibrieren. Laut. Hart. Heftig. Durch eine Glastür, die auf die Tanzfläche führte, sah er die Silhouetten der Tanzenden, die bei ihren wilden Moves in die Luft boxten. So wie Max es jetzt auch gern getan hätte. Wie immer, wenn eine Operation gelungen war. Aber was er heute geschafft hatte, dazu gab es nichts Vergleichbares.

Mission erfüllt.

Bill, der Barkeeper, wies mit einem Nicken auf die Flaschen hinter sich. „Hey, Max. Das Übliche?“

„Klar doch. Immer her damit.“

„Gibt’s was zu feiern?“

„Ich denke schon.“ Da musste man vorsichtig sein. Die ersten vierundzwanzig Stunden waren oft entscheidend. Er hatte es Mitch und Jodi genau erklärt. Durch die Operation hatte Jamie jetzt zwar eine funktionierende Niere, aber es konnte immer noch vieles schiefgehen. Viel zu viel.

Doch daran wollte er lieber nicht denken. Gefühle hatten bei der Arbeit eines Chirurgen nichts zu suchen. Bisher hatte Max das auch gut geschafft. Aber seinem Neffen das Leben zu retten, war eine ganz andere Sache.

Bill schob ihm eine Bierflasche über die Theke zu. Das hervorragende selbstgebraute Bier und die Tatsache, dass die Mitarbeiter hier nie irgendwelche Fragen stellten oder Ratschläge erteilten, waren der Grund dafür, dass Max The Shed als sein zweites Zuhause betrachtete. Nach einem anstrengenden Operationstag genoss er die Chance, den Stress so gut wie möglich in vertrauter Umgebung abzubauen. Danach am besten noch irgendeine Form schweißtreibender, körperlicher Betätigung – vorzugsweise im Bett.

Hier in der Bar waren außer ihm nur noch ein Pärchen aus der Laborabteilung und eine einzelne Frau, die ein paar Hocker weiter mit dem Rücken zu ihm am Tresen saß. Dichte, dunkle Locken fielen ihr bis über die Schultern.

Max musterte ihren geraden Rücken, wobei sein Blick an der schwarzen, langärmligen Bluse hängen blieb, die sie trug. Ihre Kleidung erinnerte eher an eine Beerdigung als an Spaß. Er fragte sich, weshalb sie sich ausgerechnet eine solche Party-Bar ausgesucht hatte. Die meisten Frauen hier zeigten sehr viel nackte Haut. Interessiert ließ er den Blick über ihre schmale Taille und den Rock wandern, der ihre runden Hüften perfekt betonte.

Er stellte sich vor, wie seine Hände über diese Kurven gleiten würden.

Stattdessen fuhr er sich mit kühlen Fingern über den Nacken, um die Anspannung in seinen Schultern zu lockern. Mann, nach der achtstündigen Operation brauchten seine verkrampften Muskeln dringend Entspannung. Und er wusste auch schon genau, welche.

Zuerst einen schnellen Drink. Dann auf die Tanzfläche und danach vielleicht …

Wer konnte das schon wissen? Die Nacht war ja noch jung.

„Barkeeper? Hey!“ Die Lockenmähne schimmerte, als die Frau die Hand hob. „Entschuldigung. Noch einen Mojito, bitte.“

Verblüfft lehnte Bill sich über den Tresen und raunte Max zu: „Ist seit einer Stunde hier und hatte schon drei.“

Max erhaschte einen kurzen Blick auf ihr Gesicht – und spürte eine intensive, drängende Regung in seiner Magengrube. Es war lange her, dass er so stark auf eine Frau reagiert hatte.

Ihr Haar umrahmte ein sanftes Gesicht. Volle Lippen mit einem Hauch von rotem Lippenstift. Beinahe perfekte Züge, dazu eine Stupsnase und ein paar Sommersprossen. Die Art Frau, der jeder Mann einen zweiten, wenn nicht sogar dritten Blick gönnen würde. Doch der knappe Tonfall in ihrer Stimme zeigte, dass man ihr lieber nicht in die Quere kommen sollte.

Selbstverständlich wurde Max’ Interesse dadurch nur noch angeheizt. Feurige Frauen stellten immer eine Herausforderung dar. Und er liebte Herausforderungen. Nicht ohne Grund war er Aucklands erfolgreichster Transplantationschirurg.

Sie bemerkte seinen Blick, schaute jedoch nicht weg.

Was für Augen, wow. Große, dunkle, mandelförmige Augen, in denen ein Glitzern lag. War es Kummer? Oder eher Ärger?

Max lehnte sich über den Tresen zu Bill hin. „Wartet sie auf jemanden? Ist sie versetzt worden?“

Bill schüttelte den Kopf. „Nee, glaube ich nicht. Sie hat weder aufs Handy noch auf die Uhr geguckt.“

Gut, dachte Max. Also würde er niemandem auf die Füße treten. Diesen Männercode brach er nicht so leicht wie Mitch. Er hob sein Bier in ihre Richtung. „Harter Tag?“

„Und er wird von Minute zu Minute härter.“ Sie nahm ihr frisch aufgefülltes Glas und drehte ihm erneut den Rücken zu.

„Verstehe. Sie wollen also nicht reden, ja?“, meinte Max.

Sie fuhr herum und starrte ihn böse an. „Ach, wie kommen Sie denn darauf? Tut mir leid, aber mein Rücken ist heute nicht zum Plaudern aufgelegt.“ Wieder wandte sie sich ab, allerdings nicht ganz so weit wie zuvor.

„Passen Sie auf, dass Sie von all dem Hin-und-her-Drehen kein Schleudertrauma kriegen.“ Max betrachtete ihr Profil. Das erhobene Kinn, die zusammengepressten Lippen.

Aber auch die Andeutung eines Lächelns.

Eigentlich hatte er gehen wollen, doch das schwache Lächeln zog ihn an.

Da er sich grundsätzlich nicht gerne geschlagen gab, setzte er sich auf den Hocker neben sie. „Ist schon okay. Wir müssen nicht reden.“

„Ach, wirklich?“ Ihr Brustkorb hob und senkte sich schnell, als sie sich ihm zuwandte. Dabei berührte sie mit ihren schlanken Fingern einen Diamanten in Herzform, den sie an einer schmalen Silberkette um den Hals trug.

Mit ihren dunklen Augen musterte sie ihn von Kopf bis Fuß. „Sagen Leute so was tatsächlich? Kommt das aus ‚Billige Anmachsprüche für Anfänger‘?“ Sie hob die Hand. „Nein, warten Sie. Es ist eine Smartphone-App, richtig? ‚Lahme Sprüche, um jemanden abzuschleppen‘.“

„Autsch, wie grausam. Ich bin tödlich verletzt.“ Theatralisch griff sich Max ans Herz. „Eigentlich ist es von der Webseite ‚Versuche bloß, freundlich zu sein.com‘. Aber vergessen Sie’s. Ich lasse Sie in Ruhe.“

Sie wirkte erstaunt. „Nein, tut mir leid. Geben Sie mir noch einen Spruch.“

„Das war schon mein bester. Mehr habe ich nicht zu bieten.“ Mit einem Augenzwinkern holte er sein Handy heraus und flüsterte: „Schnell, helfen Sie mir. Wie hieß die App noch gleich?“

„Ja, klar. Als ob Sie das nötig hätten.“ Sie lachte. Das Glitzern in ihren Augen wirkte jetzt humorvoll. Ihre Mundwinkel zeigten klar nach oben. Obwohl sie es zu unterdrücken versuchte, hatte Max ihr dennoch ein Lächeln entlockt.

Er war richtig stolz darauf. Offenbar hatte sie ihren Spaß an solchen kleinen Wortgeplänkeln. Genau wie er. Die Wirkung ihres Lächelns auf seine Libido war geradezu verblüffend.

Sie zog die Augenbrauen hoch. „Sie haben doch sicher noch mehr Sprüche auf Lager? Ich sag Ihnen was: Probieren Sie sie an mir aus, und ich bewerte sie auf einer Skala von eins bis zehn. Dann muss keine andere Frau mehr unter den miesen Versionen leiden.“

„Na schön.“ Max trank einen großen Schluck Bier. Wenn das bedeutete, noch ein paar Minuten länger mit ihr zu lachen, warum nicht? Danach würde er auf die Tanzfläche gehen. „Der absolute Lieblingsspruch eines meiner Freunde war: ‚Hey, Süße, tun dir nicht die Beine weh, weil du die ganze Nacht durch meine Träume gelaufen bist?‘“

„Nein. Nein, auf keinen Fall. Wahrscheinlich ist sie vor einem Albtraum davongelaufen.“ Mit gespielt angewiderter Miene senkte sie den Daumen. „Das ist gruselig. Eine knappe Drei. So was sagt doch keiner, oder?“ Den Kopf leicht zurückgeneigt, lachte sie.

Wie gebannt hing sein Blick an ihrem zarten Hals. Max stellte sich vor, wie er die Mulde küsste, in der die Silberkette lag. Als die Unbekannte sich vorbeugte, fing er einen feinen Blumenduft auf.

Kopfschüttelnd meinte sie: „War das Ihr bester Versuch? Sie sind wirklich unglaublich schlecht in solchen Sprüchen.“

„Zum Glück hatte ich noch nie welche nötig.“

„Der schlimmste, den ich je gehört habe, war: ‚Ist dein Vater Bäcker? Weil du so hübsche Brötchen hast.‘“ Sie schnaubte verächtlich, nahm einen Schluck von ihrem Drink und zeigte dann auf ihr Gesicht. „Hey, Augen hierher!“

„Offenbar war er ein guter … Menschenkenner.“ Widerstrebend hob Max seinen Blick von der Rundung ihrer Brüste unter der schwarzen Bluse zu ihrem Mund mit seinem Lächeln. Die Schatten von eben waren verschwunden, und ihre Augen glänzten. Er hatte seine Aufgabe erledigt. „Im Ernst, vorhin haben Sie tatsächlich ausgesehen, als könnten Sie etwas Aufmunterung gebrauchen.“

„Und da wollten Sie den Job übernehmen? Wie süß.“ Ihre Augen verengten sich, während sie mit dem Finger auf ihn zeigte. „Aber ich bin ganz gut ohne Ihre Hilfe klargekommen. Sie sollten jetzt gehen. Vielen Dank.“

Hm, das war mal was Neues. Max hatte schon sehr lange keine Abfuhr mehr einstecken müssen.

Er spürte den Adrenalinschub in seinen Adern. Sein Instinkt sagte ihm, dass er und diese schöne Unbekannte eine Menge Spaß miteinander haben könnten. Und sein Instinkt irrte sich nur sehr selten. Also musste er sich wohl noch ein bisschen mehr anstrengen.

„Und trotzdem lächeln Sie gerade.“ Er streckte die Hand aus. „Ich heiße Max.“

„Max.“ Sie überlegte, wobei sie mit den Fingern schnippte. „Max … Max Maitland. Ah ja, dachte ich mir doch, dass ich Sie schon irgendwo gesehen habe.“

„Wo denn?“ Ihm war sie jedenfalls nicht begegnet, sonst hätte er sich garantiert daran erinnert.

„Ich hatte heute meinen ersten Tag auf der Kinder-Intensivstation“, erklärte sie. „Als Sie Ihre Visite gemacht haben, habe ich mich ein paar Stunden um den kleinen Jamie gekümmert. Er ist wunderbar.“

„Ja. Das stimmt.“ Sein Brustkorb wurde ihm seltsam eng. Max atmete tief durch. Wahrscheinlich lag es an dem langen OP-Tag heute. Er hatte Jamie zuletzt schlafend in den Armen seiner Mutter gesehen, soweit es die Kabel und Schläuche zuließen. Er war noch so klein. Fast noch ein Baby. Nierenversagen war immer schrecklich, aber mit drei Jahren? Einfach ungerecht. Rasch schaute Max auf sein Handy. Keine Nachrichten. Gut. „Er ist mein Neffe.“

„Hab ich mir schon gedacht“, antwortete die Frau. „Der gleiche Name, die gleichen Augen. Hübsches Kind. Es muss hart gewesen sein, mit anzusehen, wie Ihr Neffe um sein Leben kämpfte, und ihn dann zu operieren. Das erfordert viel Mut.“

Prüfend sah sie ihn an, als könnte sie ihm bis auf den Grund seiner Seele schauen. Plötzlich gab es eine undefinierbare Verbindung zwischen ihnen. Max spürte, dass sie einiges von dem nachvollziehen konnte, was er durchgemacht hatte.

Merkwürdig. Die Frauen, die er sonst immer traf, wollten nur ihren Spaß haben. Einen Segeltörn auf seinem Boot, teure Restaurants, an dem glamourösen Leben eines erfolgreichen Chirurgen teilhaben. Keine von ihnen hatte jemals hinter die Fassade und das Geld geblickt. Und ganz bestimmt hatte keine bisher seine Seele mit einem solchen Röntgenblick durchleuchtet.

„Sie haben heute etwas Gutes getan“, stellte die Fremde fest. „Etwas sehr Gutes.“

Max beugte sich zu ihr. „Das kommt daher, dass ich gut bin.“

„Na, das ist schon besser. Ihre Punktzahl steigert sich, Dr. Maitland. Vielleicht eine Acht.“ In ihren Augen flammte Verlangen auf, und ihr Mund öffnete sich leicht, als sie sich mit der Zungenspitze über die Lippen fuhr.

Trotzdem befand er sich plötzlich auf heiklem Terrain.

Berufliches mit Vergnügen zu verbinden, davon hielt Max gar nichts. Zu viel Tratsch, zu viele Erwartungen. Davon hatte er schon mehr als genug gehabt.

Dennoch war da irgendetwas zwischen ihnen. Eine erotische Spannung, die sie beide wahrnahmen. Zwar ohne Worte, aber durch schnelle Blicke. Wie ein aufziehender Sturm. Aufregend, intensiv, elektrisierend.

Plötzlich jedoch zog sie abweisend die Augenbrauen zusammen. „Aber ich weiß alles über Männer wie Sie. Berühmter Chirurg. Arbeitet viel zu viel. Keine Zeit für Freunde oder Beziehungen.“ Sie schaute auf seine Hand. „Kein Ehering. Niemand, zu dem Sie nach Hause gehen können. Sonst wären Sie längst dort. Sie sind bloß auf was Schnelles, Heißes, Unkompliziertes aus.“

Keine Frau hatte Max jemals so offen herausgefordert. Heftige Begierde erfasste ihn, und er flüsterte ihr ins Ohr: „Glauben Sie, Sie würden in das Bild passen?“

„Heute nicht. Wenn es Ihnen also nichts ausmacht, ich brauche ein bisschen Privatsphäre.“ Sie hielt Bill ihr Glas hin. „Noch einen, bitte.“

Max wollte sie nicht fragen, warum sie unbedingt vorhatte, sich zu betrinken. Sie konnte tun und lassen, was ihr gefiel. Jedenfalls machte sie den Eindruck, dass sie gut auf sich selbst aufpassen konnte. Je weniger er von ihr wusste, desto besser. So konnte alles auf der rein beruflichen Ebene bleiben.

Aber sein Interesse ließ sich längst nicht mehr zügeln.

Sanft fasste er sie am Arm, damit sie das Glas abstellte. Dann drehte er ihre Hand mit der Handfläche nach oben und strich leicht mit dem Daumen über ihre Finger. Keine Ringe. Gut. Seine Berührung hatte die Atmosphäre zwischen ihnen noch stärker elektrisiert. „Finden Sie nicht, Sie sollten es ein bisschen langsamer angehen?“

Sie befreite ihre Finger aus seinem Griff, und ihr Stirnrunzeln vertiefte sich. „Was? Ich hatte gerade mal vier Drinks. Ich kann immer noch gehen, sprechen und zählen. Keine große Sache. Reißen Sie sich meinetwegen nur kein Bein aus. Das hier erlaube ich mir einmal im Jahr. Mir geht’s hervorragend, also verderben Sie mir bitte nicht meine Party.“

Zu gerne hätte Max gefragt, wieso einmal im Jahr? Was war passiert? Wieso gerade hier? Warum zum Teufel musste er ausgerechnet auf sie treffen, obwohl er doch wirklich nur eine schnelle, heiße Nummer gesucht hatte? Denn ihre Einschätzung war absolut korrekt. Doch mit ihr fühlte es sich jetzt schon kompliziert an. Nicht zuletzt, weil sie Kollegen sein würden. Trotzdem gab es da diese unsichtbare Anziehung zwischen ihnen.

„Hey, ich bin Transplantationschirurg“, erwiderte er. „Eine Leber versagt gelegentlich. Ich mach mir eben Sorgen.“

„Ach, Herzchen, das ist nicht nötig.“ Unwillkürlich zuckte es um ihre Mundwinkel. „Einmal im Jahr. Ansonsten bin ich eine Heilige.“

„Dann können Sie sich ja glücklich schätzen, dass ich Sie heute Abend gefunden habe“, entgegnete er. „Ihre Leber wird mir ewig dankbar sein.“

„Könnte sein. Aber mein Gehirn wird Ihnen niemals verzeihen.“ Entnervt schüttelte Gabby den Kopf. Der Kerl ärgerte sie. Andererseits war er aber auch ziemlich attraktiv mit seinem zerwühlten dunklen Haar, den engen schwarzen Jeans und seinen erstaunlich blauen Augen, die ihren Blick geradezu anzogen. Sie waren von einem tiefen, faszinierenden Blau und umrahmt von geradezu verboten langen Wimpern.

Ganz zu schweigen davon, wie sein ausgeprägter Bizeps und die breiten Schultern sich unter dem weißen Hemd abzeichneten.

Als er ihre Hand berührte, bemühte sie sich, die plötzliche Hitze in ihrer Magengrube zu ignorieren.

Schließlich war der Kerl unhöflich und viel zu eingebildet. Ein Meter neunzig und nur Probleme.

Sein Ruf eilte ihm voraus. Es war das erste Mal, dass Gabby eine Job-Einführung bekommen hatte, die gleich mit einer Warnung verbunden gewesen war. Vor Max Maitland, großartiger Chirurg und Serien-Herzensbrecher.

Wenn sie nicht gesehen hätte, wie weich sein Ausdruck bei der Erwähnung von Jamie geworden war, hätte Gabby dem Gerücht geglaubt und ihn als egozentrischen Charmeur abgestempelt.

Aber in Wortgefechten war er ihr durchaus ebenbürtig, wie sie anerkennend feststellen musste. Allerdings konnte man sein Ego nicht übersehen. Aus unschöner Erfahrung hatte sie übergroßes Selbstbewusstsein und zu viel Charme von der Liste derjenigen Eigenschaften gestrichen, die ihr an Männern gefielen. In einem hatte ihre Großmutter, ihre Nonna, recht gehabt: Männern konnte man nicht trauen.

Gabby verdrehte die Augen. „Wenn ich das nächste Mal einen Rat von der Antispaß-Polizei brauche, weiß ich ja, an wen ich mich wenden muss.“

„Dann werde ich in meinem Superhelden-Outfit natürlich sofort zur Stelle sein“, gab Max zurück.

„Ich will Sie mir wahrhaftig nicht mit Ihren Unterhosen über der Hose vorstellen.“ Achselzuckend verkniff sie sich ein Lachen und versuchte geflissentlich, nicht auf seine langen Beine in den engen Jeans zu schauen.

„Wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert und benutzen solche Outfits jetzt nicht mehr. Ich werde Ihnen ein kleines Geheimnis verraten.“ Er leerte sein Bier. „Wir transformieren uns.“

Beinahe musste Gabby doch lachen. „Das interessiert mich nur, wenn Sie mir noch einen Mojito hertransformieren.“

„Auf jeden Fall einen alkoholfreien Mojito.“ Trotz ihrer Proteste bedeutete er Bill, ihr einen zu bringen. „Äh, ich kenne immer noch nicht Ihren Namen.“

„Sie sind sehr nervig.“ Aber verdammt attraktiv und eigentlich absolut tabu. Alles, wovor man sie gewarnt hatte. Außerdem noch witzig und sexy. Dazu kam diese seltsame Anziehung, die sie zu ignorieren versuchte. Aber über die Arbeit würde Max ihren Namen bald genug herausfinden. „Stationsschwester Radley. Gabby für meine Freunde.“

„Also Gabby, freut mich, Sie kennenzulernen.“ Er streckte ihr die Hand entgegen. „Haben Sie irgendwelche interessanten Geheimnisse, die Sie mir erzählen wollen?“

Auf gar keinen Fall. Sie war nach Auckland gezogen, um hier einen Neuanfang zu machen und nicht, um die Vergangenheit wieder aufleben zu lassen. Sie wollte endlich frei sein. Ihren eigenen Raum haben. Niemand mehr, der sie herumkommandierte.

Abweisend betrachtete sie seine Hand. In Max hatte sie einen ebenbürtigen Gegner gefunden. Die meisten Männer hätten schon längst die Flucht ergriffen. In einem anderen Leben könnte das hier sogar Spaß machen.

Sie wich seiner Frage aus. „Wie schon gesagt, Sie dürfen mich nicht Gabby nennen. Für Sie bin ich Stationsschwester Radley.“

„Gabby. Das heißt also Gabrielle? Gabriella?“ Er grinste breit, als sie ihm die Zunge herausstreckte. Es war, als wüsste er genau, welche Knöpfe er bei ihr drücken musste. „Ah, Gabriella. Ihre Augen verraten so vieles. Schöner Name, aber ich werde bei Gabby bleiben. Vielen Dank.“

„Sind Sie bei allen Leuten so forsch oder bloß bei mir?“

„Da dies Ihr erster Tag in einem neuen Job ist, hätte ich angenommen, dass Sie einen guten Eindruck machen wollen.“ Max lachte. „Ich gebe Ihnen mal einen Tipp: Sie sollten es anderen Menschen ein bisschen leichter machen, Sie kennenzulernen.“

„Normalerweise tue ich das auch. Nur nicht bei Leuten wie Ihnen.“ Und nicht heute, wenn sie einfach nur allein sein wollte. „Keine Sorge, ich kann auch professionell und kompetent sein. Morgen.“

„Ich kann’s gar nicht erwarten. Noch mehr Frostigkeit, und wir müssen die Heizung höher drehen. Zur Sicherheit werde ich lieber einen Schal einpacken.“ Er warf erst einen schnellen Blick auf ihr halb leeres Glas, dann auf seine Uhr, und lächelte. „Gabby, Sie haben entschieden einen falschen Eindruck von mir. Oder Sie leiden unter Wahnvorstellungen oder sind betrunken. So oder so sind Sie eine Gefahr für sich selbst. Wenn Sie jetzt fertig sind, bringe ich Sie nach Hause.“

„Langsam, Freundchen. Kommt nicht infrage.“ Sie hatte die Nase voll von Leuten, die ihr vorschreiben wollten, was sie zu tun und zu lassen hatte. „Ich will noch nicht nach Hause.“

Gabby hielt inne. Zu Hause? Wo war das überhaupt? Bestimmt nicht das WG-Zimmer, in dem sie gestern all ihre Kartons abgestellt hatte.

Aber genauso wenig Wellington mit seinen bittersüßen Erinnerungen und dunklen Schatten.

Doch sie war fest entschlossen, nicht daran zu denken. Abgesehen von heute Abend. Sie hatte einen anstrengenden Tag hinter sich. Ein neuer Job, neue Kollegen. Ein süßer kleiner Junge, der um sein Leben kämpfte. All das verstärkte die Emotionen, die dieser besondere Erinnerungstag mit sich brachte, den sie jedes Jahr wie eine Art Mahnwache feierte.

Und jetzt drängte sich auch noch Mr. Ich-bin-sexy-und-weiß-es-auch dazwischen und brachte den brisanten Gefühlsmix aus Anspannung, altem Zorn und tiefer Verletzung, der in ihr kochte, noch mehr zum Brodeln.

„Danke, aber ich komme gut allein zurecht.“ Gabby zog ihre Jacke an, verlor dabei das Gleichgewicht, rutschte vom Hocker und prallte gegen Max’ durchtrainierten Bauch. „Ups.“

„Sind Sie sicher?“ Seine Stimme war so nah, dass sie seinen Atem an ihrem Nacken spürte. „Falls ich Ihnen irgendwie helfen kann …“

Eigentlich war Gabby ziemlich sicher gewesen, dass sie nicht beschwipst war.

Aber jetzt kamen ihr Zweifel. Vielleicht hatten die Mojitos sie doch ein bisschen benebelt. Sie war nicht an Alkohol gewöhnt, und auch nicht daran, Männer in einer Bar zu treffen. Weder die Lichter einer fremden neuen Stadt noch die starken Arme eines Mannes wie Max Maitland gehörten zu ihrem normalen Leben dazu.

Rasch umfasste er ihre Taille, um sie aufzufangen, ehe er sie auf die dunkle Straße hinausführte. Hitze schoss durch ihren Körper. Sie nahm Max’ Duft wahr, holzig und verführerisch. Sie stemmte die Hände gegen seine Brust, um Abstand zu halten. Trotzdem war sie außerstande, sich von ihm zu lösen. Ihr Körper weigerte sich ganz einfach.

Als sie ihren Blick über seine Brust, den sexy Mund bis zu den durchdringenden blauen Augen hinaufwandern ließ, wurde ihr klar, dass es keinen Sinn hatte, dagegen anzukämpfen. Auch wenn Max es nicht ausgesprochen hatte, konnte sie es an dem Glitzern in seinen Augen und der schnelleren Atmung erkennen.

Wie lange war es schon her?

Viel zu lange.

Gabby hatte es geschafft, sich von intimen Situationen fernzuhalten – bestärkt durch Nonnas eiserne Regeln und eigene schlimme Erfahrungen.

Doch jetzt bot Max ihr eine schnelle, heiße Nummer – und brachte ihre Entschlossenheit ins Wanken. Zehn Jahre lang hatte sich Gabby an die Regeln gehalten, aus lauter Angst davor, was passieren könnte.

Doch das hier war anders. Max war anders. Er wollte nur seinen Spaß. Er war nicht der Typ, der irgendwelche Versprechungen machte. Ihre neuen Kolleginnen hatten sie davor gewarnt, und ihr sollte es recht sein.

Sie hatte jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder sie ging zurück zu ihren Mitbewohnern in das kalte, große Haus und verbrachte die Nacht allein mit ihren Erinnerungen. Oder sie konnte auf Max’ Angebot eingehen. Eine Nacht voller Leidenschaft, Spaß und Gefahr erleben.

Autor

Louisa George
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