Tausend Sterne über Spanien

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Ein Fotoshooting in Barcelona: Unter Miguel Menendez‘ kritischen Blicken zeigt Supermodel Amber, was sie kann. Und der spanische Millionär scheint überzeugt. Denn als tausend Sterne über Spanien leuchten, lädt er Amber auf seine Jacht ein. Eine Nacht, wie für die Liebe gemacht …


  • Erscheinungstag 28.12.2023
  • ISBN / Artikelnummer 9783751528368
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Den Kopf ein bisschen nach links. Ja, genau so! Gut, Amber, sehr gut.“

Amber Taylor folgte den Anweisungen des Fotografen. Die heiße spanische Sonne brannte auf ihren mit hohem Lichtschutzfaktor eingecremten Körper. Aber sie beschwerte sich nicht. Das Shooting war ihre erste wirklich große Werbekampagne auf dem internationalen Markt.

Mit vierundzwanzig stand ihre Karriere am Scheideweg. Fast zehn Jahre arbeitete Amber nun schon als Model und hatte dafür Schlaf, Schokolade und ein soziales Leben geopfert. Sie war fest entschlossen, ganz nach oben zu kommen.

„Okay … jetzt das Handy hochheben und dabei lächeln, lächeln …“

Also hielt sie das flache Handy in die Luft und setzte ihr unverkennbares Lächeln auf, von dem ihr Agent behauptete, es verspreche die Welt und noch viel mehr.

Von links ertönte ein anerkennendes Pfeifen, das einen unerwarteten Schauer über Ambers Rücken und Arme jagte. Als fühlte sie den Blick des Unbekannten bis in ihr Innerstes. Was natürlich albern war. Nur Superman besaß den Röntgenblick. Kein echter Mensch verfügte über die Fähigkeit, einen anderen auf diese Art zu durchdringen. Dennoch fühlte sie sich berührt. Sogar liebkost.

Angestrengt versuchte sie, das seltsame Gefühl abzuschütteln. Sie lächelte noch intensiver, woraufhin ein zweiter Pfiff erklang. Es kostete sie viel Kraft, nicht unwillkürlich die Beine zusammenzupressen. Noch nie hatte sie so reagiert.

Nie.

Ein Kraftausdruck drang über ihre hübschen Lippen, ohne dass sich ihr Lächeln merklich veränderte. Was war nur los mit ihr?

„Legen Sie eine Pause ein“, sagte eine autoritäre Stimme mit dem Hauch eines spanischen Akzents.

Wie befohlen, stellte der Fotograf die Kamera beiseite, und Amber legte das Handy auf einem kleinen Tischchen ab. Dann wollte sie ihren hauchdünnen Bademantel vom Stuhl nehmen und hineinschlüpfen, doch zwei männliche Arme hielten ihn schon für sie bereit.

„Kommen Sie, querida, solch zarte Haut darf nicht zu lange der Sonne ausgesetzt werden.“

Amber erlaubte dem Fremden, ihr in den Mantel zu helfen, wobei sie ein eigenartig unwirkliches Gefühl verspürte. Noch hatte sie sein Gesicht nicht gesehen und dennoch den Eindruck, sie würden sich auf intime Weise kennen.

Unglaublich! Und nur ein ganz kleines bisschen erschreckend.

„Wessen nicht sonderlich brillante Idee war es, das Shooting in der Mittagshitze anzusetzen?“

„Es ist wegen des Lichts, Señor Menendez. Gerade jetzt wirkt es perfekt“, erklärte der Chef der Werbekampagne etwas kleinlaut.

„Sind wir so unzivilisiert? Lassen wir nicht während der Siesta die Arbeit ruhen?“

„Ich muss mich entschuldigen, Señor. Wenn wir gewusst hätten, dass Sie das Shooting beaufsichtigen wollen, hätten wir es auf eine andere Zeit gelegt.“

Der Mann hinter Amber lachte. Er hatte ein wunderbar warmes und volles Lachen. „Ich bin nicht um mich besorgt.“

Wieder überfiel Amber der seltsame Drang, die Beinmuskeln anzuspannen. Sie zwang sich, einen Schritt nach vorn zu machen und so seinen Händen zu entkommen, die mittlerweile auf ihren Schultern lagen. Wann hatte sie je die Berührung eines Mannes verlängern wollen? Keine einzige Situation kam ihr in den Sinn. Männer waren entweder Vertragspartner oder Requisiten bei Fotoshootings, sonst nichts.

Sie drehte sich um und sah Miguel Menendez zum ersten Mal. Was hatte sie noch über ihn gelesen?

Seiner Familie gehörte Menendez Industries, die Muttergesellschaft der Handyfirma, für deren Werbekampagne sie gerade posierte. Obwohl Vater und Großvater immer noch aktiv die Geschäfte leiteten, waren Analysten sich einig, dass Miguel für die meisten Expansionen der letzten fünf Jahre die Verantwortung trug.

Neben weiteren Hightech-Projekten hatte er die Mobilfunksparte ins Unternehmen geholt, was sich für das über hundert Jahre alte und viele Milliarden schwere Familienunternehmen als überaus lukrativ erwies.

Amber hatte ihre Hausaufgaben gemacht und so viel wie möglich über die Firma und das Produkt, für das sie werben sollte, gelernt. So bereitete sie sich immer auf einen Auftrag vor. Doch absolut gar nichts hatte sie auf das Gefühl vorbereitet, dem Milliardär persönlich gegenüberzustehen.

Natürlich kannte sie Fotos aus Klatschzeitschriften – aber kein Bild fing das Wesen dieses Mannes auch nur ansatzweise ein. Die Schnappschüsse zeigten nichts von der überwältigenden Anziehungskraft oder der unglaublichen maskulinen Präsenz.

Groß, schlank und muskulös. Mit seinen eins neunzig besaß Miguel Menendez einen Körper, für den die meisten männlichen Models ein Jahresgehalt geopfert hätten. Hemd und Hose von Dolce & Gabbana trug er, als wären sie nur für ihn gemacht worden. Was wahrscheinlich sogar stimmte. Amber erkannte Schnitt und Stil der beiden Designer, sah jedoch auch kleine Unterschiede, die darauf hinwiesen, dass diese beiden Kleidungsstücke nicht zur Kollektion der Laufstege gehörten.

In seinen grauen Augen las sie Interesse und offene Freundlichkeit, die sie überraschte.

Seine aristokratischen Gesichtszüge und die dunklen lockigen Haare waren hinreißend, aber da gab es noch etwas. Und genau dieses Etwas ließ Amber in dem unbehaglichen Schweigen, das sich nach seinem letzten Kommentar über die Anwesenden gesenkt hatte, noch einen Schritt rückwärts machen.

Er lächelte. „Meine Sorge gilt dieser bezaubernden jungen Lady, deren Schönheit nicht durch einen Sonnenbrand beeinträchtigt werden sollte.“

„Wir haben Amber mit Lichtschutzfaktor fünfzig eingecremt“, erklärte der Fotograf kurz angebunden.

Miguel kniff die Augen zusammen. „Sie tragen ein langärmliges Hemd und einen Hut. Sehr vernünftig … aber unterdessen tut sie so, als würde sie mit nichts weiter als drei dreieckigen Stofffetzen bekleidet telefonieren.“

„Sie ist ein Model.“

Und das sagte alles. Ihr Körper war ein Werkzeug. Um Produkte zu verkaufen. So lautete das Gesetz nun einmal, und es störte Amber nicht einmal.

Doch offensichtlich ärgerte es Miguel Menendez. Was für ein Glück, dass nicht ich es bin, die er mit seinem Blick vernichtet, dachte Amber. Betreten zupfte der Fotograf an seinem Kragen und sah flehend zum Kampagnenleiter hinüber, der wiederum Miguel ungläubig anstarrte.

„Sie ist eine wunderschöne Frau, um die Sie sich besser kümmern sollten, wenn wir mit ihrem Gesicht die Menschen dazu bringen wollen, unsere Produkte zu kaufen.“ Dann wandte er sich an Amber, und seine harte Miene wurde weicher. „Obwohl ich immer noch nicht ganz verstehe, was eine kaum bekleidete Dame und ein Handy gemeinsam haben.“

Sie lachte, hingerissen von seiner gespielten Verwirrung. „Mit meinem Körper wurden schon Autobatterien verkauft. Ich weiß nicht, wo da die Verbindung liegt. Dennoch bin ich persönlich dankbar, dass die Werbeleute einen Zusammenhang sehen. Und ehrlich gesagt, habe ich schon Fotoshootings in der kalifornischen Wüste im Sommer absolviert. Dies hier ist auch nicht schlimmer. Glauben Sie mir.“

Miguel neigte den Kopf zur Seite. „Sie sagten, mit Ihrem Körper?“

Amber zuckte die Schultern.

„Bestimmt verkaufen Sie doch die Produkte?“

„Eher mein Image, welches hauptsächlich aus meinem Körper besteht.“

Entschieden schüttelte er den Kopf. „Nein. Es gibt Tausende, wirklich wunderschöne Frauen, die jetzt an Ihrer Stelle stehen könnten. In Ihrem Lächeln liegt ein ganz besonderer Zauber verborgen. Sie sind es, die meine Marketingabteilung engagiert hat … und nicht nur ein Körper.“

Er hatte recht. Zu modeln hieß mehr, als Körperteile ins richtige Licht zu setzen, obwohl viele Menschen sich das nicht vorstellen konnten. Dennoch blieb ihr Körper ihr wichtigstes Arbeitsgerät. Das würde sie aber für sich behalten und ihm nicht widersprechen.

Daher sagte sie nur: „Danke.“

„Dieses Lächeln … ist es echt? Oder können Sie es für andere Personen oder die Kamera einfach so anknipsen?“

Die Frage fühlte sich wie ein Schlag in die Magengrube an. Sie erinnerte Amber zu sehr an das Problem, mit dem sie sich in letzter Zeit häufiger beschäftigte. War sie bloß eine Marionette oder ein echtes empfindsames Wesen? Manchmal fühlte sie sich wie ein Spielzeug, das nur funktionierte, wenn der Fotograf an den Fäden zog. Für ihre Karriere hatte sie immer hart gearbeitet. Aber wer besaß in Wirklichkeit die Kontrolle über ihr Leben?

„Wann haben Sie zum letzten Mal etwas nur so zum Vergnügen getan?“, fragte Miguel weiter, obwohl sie seine erste Frage noch nicht beantwortet hatte.

„Ich …“ Sie wusste es nicht. Verletzlich und schutzlos stand sie da. Es gab nur einen sicheren Ort, an den sie flüchten konnte. Also setzte sie das unechte strahlende Lächeln auf.

„Meine Karriere schenkt mir all den Spaß, den ich brauche, Señor Menendez. Und wenn die Gentlemen mich nun entschuldigen würden, ich möchte gern noch etwas trinken, bevor das Shooting weitergeht.“

Miguel hielt sie am Arm fest, bevor sie gehen konnte. „Lassen Sie mich Ihnen einen Fruchtsaft kaufen. Und ich heiße Miguel.“

Er entließ die beiden anderen Männer mit einer Kopfbewegung.

„Ist das ein Befehl?“, fragte Amber. Die Härchen in ihrem Nacken richteten sich auf, als sie Miguel wieder ansah.

Ihr Körper mochte zwar ein Werkzeug sein, ein Spielzeug war er aber nicht. Und wenn er glaubte, sie würde in ihrer Freizeit die nette Dekoration an seiner Seite mimen, irrte er sich gewaltig.

„Muss es einer sein?“, konterte er, die Kälte in ihrer Stimme ignorierend.

„Das kommt darauf an. Nennen Ihre anderen Angestellten Sie beim Vornamen?“

„Manche ja, einige nicht. Und rechtlich gesehen sind Sie nicht meine Angestellte. Ein privater Dienstleister hat Sie für eine bestimmte Aufgabe eingestellt. Somit liegen Sie außerhalb meiner Zuständigkeit.“

„So weit außerhalb, dass Sie in der Mitte eines erfolgreichen Shootings eine Pause anordnen und die beiden Männer fortschicken, denen ich unterstellt bin?“

Nun zuckte er mit den Schultern.

„Ich denke nicht, dass irgendjemand innerhalb Ihrer Firma wirklich außerhalb Ihres Zuständigkeitsbereiches liegt, Miguel … außer mir.“ Ihrem Lächeln fehlte jetzt jede Spur von Wärme. „Ich bin ein Model, keine Hostess.“

Unverdrossen schenkte er ihr ein aufrichtiges Lächeln, seine grauen Augen blitzten amüsiert und zugleich anerkennend auf. „Sie sind eine wunderschöne Frau, die ich gern näher kennenlernen möchte. Trinken Sie den Fruchtsaft mit mir, dann können Sie immer noch entscheiden, ob Sie mit mir zu Abend essen möchten.“

Amber öffnete den Mund, um zu widersprechen. Doch er legte rasch einen Finger auf ihre Lippen.

„Opfern Sie mir nur einen kleinen Moment Ihrer Zeit. Bitte.“

Dies war kein Mann, der das Wort „Bitte“ oft gebrauchte. So viel stand fest.

Er ließ seine Hand an ihrem Mund. „Ihre Entscheidung wird keinerlei Auswirkungen auf den Vertrag als Gesicht dieser Werbekampagne haben.“

Sie starrte ihn an und versuchte zu ergründen, wie ehrlich er das Angebot meinte. In allen Artikeln, die sie gelesen hatte, war er als aufrichtiger Mann beschrieben worden. Und als fair. Sie beschloss, daran zu glauben.

Solange sein Finger auf ihren Lippen ruhte, konnte sie nicht antworten. Nun, sie hätte gekonnt, fand es jedoch schon schwierig genug, mit dem eigenartigen Gefühl zurechtzukommen, das die Berührung in ihr auslöste. Deshalb nickte sie kurz.

Miguel lächelte und ließ die Hand sinken. „Gut.“

Für das Fotoshooting war ein Bereich des Strands abgesperrt worden. Miguel führte Amber zu einem kleinen Café außerhalb dieser Zone. Dort setzten sie sich an einen Tisch.

Ein junger Kellner eilte zu ihnen, und seine Augen weiteten sich, als er den Gast erkannte. Offensichtlich war Miguel Menendez ein Prominenter in seinem Heimatland – wie die Hollywoodschauspieler in ihrem.

Ihr Gastgeber bestellte zwei Gläser Fruchtsaft, bevor Amber ihr übliches Glas Wasser ordern konnte. Gut, die Mineralien würden nicht schaden. Und die zusätzlichen Kalorien zog sie mit einem innerlichen Schulterzucken bereits vom Abendessen ab.

„Wollten Sie schon immer Model werden?“, fragte er, nachdem der Kellner gegangen war.

„Ja. Und was ist mit Ihnen? Wollten Sie immer ein Tycoon werden?“

Er lachte. Das Geräusch ließ ihre Nervenenden vibrieren. „Ich wurde mehr oder weniger als einer geboren. Mein Vater war Geschäftsmann und sein Vater ebenfalls.“

„Aber Sie haben das Familienunternehmen zu beispiellosem Erfolg geführt.“

Aufmerksam musterte er sie. „Lesen Sie die Klatschmagazine?“

„Eher Fachzeitungen. Meine Mutter arbeitet als Finanzberaterin. Ich bin mit Gutenachtgeschichten aufgewachsen, in denen der große böse Wolf überbewertete Obligationen verkauft hat und der Märchenprinz solide Kapitalanlagen.“

„Dann überrascht es mich umso mehr, dass Sie sich für diese Karriere entschieden haben.“

„Warum? Ich habe in eine Anlage investiert, die ich nach Belieben berechnen kann … mein Aussehen. Ich habe wirklich hart gearbeitet, um eine lukrative Dividende zu erhalten. Im Gegensatz zu anderen Geschäftsstrategien halte ich mein Vorgehen für eine profitable Investition, da ich die volle Kontrolle über alle Vorgänge behalte.“

„Und? Sind die Gewinne die Arbeit wert?“ Unterschwelliger Respekt hatte sich in seine Stimme geschlichen.

„Was ist mit Ihnen? Rechtfertigen Ihre Erfolge Ihre Opfer?“

„Ja. Was ist schon ein langer Arbeitstag verglichen mit der Sicherheit meiner Familie?“

Dass er sich für seine Familie verantwortlich fühlte, gefiel Amber. In ihrem Leben gab es nur ihre Mom, die sie über alles liebte. Amber nippte an dem Saft. „Glücklicherweise muss ich seit meinem Universitätsabschluss vor zwei Jahren nicht mehr vierundzwanzig Stunden am Tag arbeiten.“

„Sie haben studiert?“

„Überrascht Sie das?“

„In Anbetracht Ihrer Hingabe an Ihre Karriere, ja. Empfanden Sie das Studium nicht als hohen Preis, bevor Sie das eigentliche Ziel Ihres Lebens anstreben konnten?“

„Schon, aber meine Mom war anderer Meinung. Sie hat mich immer in meinem Wunsch, Model zu werden, unterstützt. Allerdings dauert diese Karriere nicht ewig. Und je besser meine Ausbildung, desto professioneller kann ich auch meine Karriere managen.“

„Gibt es dafür nicht einen Agenten?“

„Ein Model, das seine Karriere vollständig in die Hände von anderen legt, kann sich genauso gut gleich selbst disqualifizieren.“

„Das klingt wie ein gut einstudierter Grundsatz.“

„Ist es auch.“

Wieder lag Wärme und Anerkennung in seinem Blick. „Ich mag Sie, Amber.“

„Und ich glaube, ich könnte Sie auch mögen, Miguel.“

„Nur glauben?“

„Ich bin ein vorsichtiger Mensch.“

Er warf den Kopf in den Nacken und lachte.

Tief in ihrem Inneren, ganz in der Nähe ihres Herzens, brachte dieses Lachen etwas zum Schmelzen.

Miguel war da, als das Shooting zwei Stunden später endete.

Tatsächlich war er die ganze Zeit über geblieben und hatte dem Leiter der Kampagne, dem Fotografen und auch ihr Fragen gestellt. Brannte der Boden zu heiß unter ihren nackten Füßen? Wollte sie etwas trinken? Und dann fragte er, was sie eigentlich von der ganzen Kampagne hielt.

Sie bat um eine kleine Pause, trank einen Schluck Wasser und sagte es ihm. Die Vision des Designers beeindruckte sie. Sie glaubte an den Erfolg der Kampagne.

„Sie haben den Markt studiert?“

„Würden Sie das nicht tun, wenn es Ihr Job ist, ihn zu repräsentieren?“

„Vermutlich ja.“ Er griff nach dem Sonnenschutzspray und hüllte sie in einen feinen Nebel. „Sie überraschen mich immer wieder, Amber. Bei einer Frau ist das für mich eine ganz neue Erfahrung.“

„Dann müssen Sie Ihre Zeit mit den falschen Frauen verbracht haben.“

„Ich denke, das können wir annehmen.“ Er zwinkerte ihr zu.

Ihr Herz hörte auf zu schlagen. Wortwörtlich. Danach pochte es im doppelten Tempo, sodass sie sich ganz schwindelig fühlte. Dieser Mann wirkte sich gar nicht gut auf ihr seelisches Gleichgewicht aus.

„Ich muss weiterarbeiten“, sagte sie und klang dabei nur ein wenig atemlos.

„Iss mit mir zu Abend.“

Es wunderte sie, dass er nicht schon früher auf seine Einladung zurückgekommen war. Anscheinend wusste er genau, wie man mit Frauen umging. Er gewährte ihr Zeit, eine eigene Entscheidung zu treffen. Wie wichtig Kontrolle für sie war, schien er von Anfang an gespürt zu haben. Indem Miguel ihr die Zeit für einen Entschluss einräumte, gab er ihr das Gefühl, den Überblick zu behalten. Eigentlich sollte sein Vorgehen Amber beunruhigen, doch sie war viel zu sehr damit beschäftigt, ihren eigenen Empfindungen zu lauschen.

In ihr regte sich nicht nur ein fremdes Verlangen, sondern noch andere, seltsame Gefühle. Sie mochte Miguel Menendez wirklich.

Das war beängstigend und zugleich sehr, sehr aufregend.

„Einverstanden“, hörte sie sich antworten. „Aber das morgige Shooting beginnt noch vor dem ersten Hahnenschrei. Ich muss früh zurück in meine Suite.“

„Es wird mir eine Freude sein, darauf zu achten, dass du rechtzeitig ins Bett kommst … wenn es das ist, was du willst.“

2. KAPITEL

Miguels Bemerkung für unschuldig zu halten, wäre dumm. Amber mochte unerfahren sein, aber naiv war sie nicht. Sie runzelte die Stirn.

Das zauberte nur ein weiteres Lächeln auf seine Lippen. „Du bist niedlich, wenn du versuchst, böse auszusehen.“

Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann jemand sie das letzte Mal als niedlich bezeichnet hatte. Das war zuletzt in ihrer Kindheit passiert – lange bevor sie die stoische Haltung eines Models entwickelt hatte. Es fühlte sich seltsam gut an. Zu viel an diesem Mann rührte sie auf eine Weise, die ihren Seelenfrieden gefährdete.

„Glaub mir, wenn ich wütend aussehen will, tue ich das auch.“

Spöttisch hob er eine Augenbraue. „Wenn du das sagst.“

„Begeh nicht den Fehler, mich bevormunden zu wollen.“

„Niemals.“

Diese Antwort beruhigte sie einigermaßen. „Ich muss zurück an die Arbeit.“

„Ich hole dich um sechs zu einem frühen Dinner ab.“

„Ich wusste gar nicht, dass die Restaurants so früh geöffnet haben.“

„Darum kümmere ich mich schon.“

Reiche Tycoons bekamen vermutlich überall und zu jeder Zeit das Essen, auf das sie gerade Lust verspürten.

Danach ging das Shooting weiter. Und Miguel blieb.

Als der Fotograf verkündete, für heute seien alle Aufnahmen im Kasten, stand Miguel schon mit einem leichten, knöchellangen, weißen Bademantel bereit, der Ambers Körper sofort vor der Sonne schützte. Kurz fragte sie sich, wo er ihn hergezaubert hatte, schlüpfte aber ohne zu zögern hinein.

Ihr makelloser jugendlicher Teint war schließlich eines ihrer Markenzeichen.

Der Fotograf zwinkerte ihr zu, als er ging. Der Leiter der Kampagne lächelte. Keiner der Männer wirkte erbost darüber, dass sie die Aufmerksamkeit des Milliardärs erregt hatte.

Waren sie daran gewöhnt, dass Miguel mit jedem Model anbändelte, mit dem sie ein Shooting machten?

„Du runzelst schon wieder die Stirn.“ Miguel richtete den Bademantel an ihren Schultern und schaute sie besorgt an.

„Flirtest du mit allen Models, die für Kampagnen gebucht werden?“, fragte sie.

„Meine Firma ist viel zu groß, als dass ich bei jedem Fotoshooting zusehen könnte. Und nicht alle Models sind weiblich, meine Vorlieben aber strikt heterosexuell“, scherzte er.

Ausweichen war nicht dasselbe wie leugnen. Sie brauchte ein definitives Nein, um sich wegen des Dinners gut zu fühlen. „Ich glaube, wir lassen das mit dem Abendessen besser“, erklärte sie kühl.

„Auf keinen Fall.“ Leichte Verärgerung lag in seiner Stimme. „Meinst du ernsthaft, ich bin auf meine Werbeabteilung angewiesen, um mich mit einer Frau zu verabreden?“

„Nein. Doch das bedeutet nicht automatisch, dass du aus der Situation nicht einen Vorteil ziehst.“

„Der Gedanke stört dich wirklich, nicht wahr?“

„Ja.“

Miguel rief den Leiter der Kampagne zu sich, der gerade aus dem kleinen Wohnwagen kam, der während des Shootings als Hauptquartier diente. „Stephan!“

„Si, señor?“

„Sagen Sie Miss Taylor, wie oft ich mit den Models für die Werbekampagnen flirte.“

Stephan musterte Amber eingehend. In seinen dunklen Augen spiegelte sich Überraschung. Ob aus Verwunderung, weil sie es gewagt hatte, seinem Arbeitgeber die Frage zu stellen oder wegen der Frage selbst, konnte Amber nicht einschätzen.

„Noch nie, Señor“, erwiderte er aufrichtig.

„Es spielt auch keine Rolle“, meinte sie und errötete. „Trotzdem halte ich ein Dinner für keine gute Idee.“

Miguel entließ seinen Angestellten mit einem Nicken, bevor er sich wieder zu ihr umdrehte. Nun sah er fast wütend aus. „Ich finde, es ist eine sehr gute Idee, und du auch. Ich weiß nicht, wovor du Angst hast. Aber ich versichere dir, dazu besteht kein Grund.“

„Für eine Frau wie mich birgst du ein erhöhtes Risiko.“

Autor

Lucy Monroe
Die preisgekrönte Bestsellerautorin Lucy Monroe lebt mit unzähligen Haustieren und Kindern (ihren eigenen, denen der Nachbarn und denen ihrer Schwester) an der wundervollen Pazifikküste Nordamerikas. Inspiration für ihre Geschichten bekommt sie von überall, da sie gerne Menschen beobachtet. Das führte sogar so weit, dass sie ihren späteren Ehemann bei ihrem...
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