Tausendundeine Nacht mit meinem Traummann

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Zwischen Scheich Adan und der jungen Amerikanerin Piper sprühen vom ersten Moment an die Funken. Als Adan ein Skandal droht, braucht er dringend eine Scheinehefrau. Plötzlich erhält Piper die prickelnde Chance, ihrem Prinzen aus Tausendundeiner Nacht ganz nahezukommen …


  • Erscheinungstag 07.05.2021
  • ISBN / Artikelnummer 9783751501910
  • Seitenanzahl 146
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Ein Trip ins Paradies gefällig? Piper McAdams fand, dass der Mann drüben an der Bar genau der richtige Begleiter dafür wäre.

Seit zwanzig Minuten saß sie nun an diesem Ecktisch in der Chicagoer Hotelbar und hielt sich an einem Cosmopolitan fest, während sie die Vorzüge des Fremden begutachtete. Er trug einen teuer wirkenden dunkelblauen Anzug aus feinster Seide, dazu eine hochpreisige Armbanduhr, und sah einfach unverschämt gut aus. Sein Haar war dunkelbraun, widerspenstig und irgendwie total sexy. Doch was sie an diesem Typen am meisten anzog, waren seine Grübchen, wenn er der blonden Barkeeperin zulächelte, die nichts unversucht ließ, um seinen Blick in den tiefen Ausschnitt ihres Tops zu lenken.

Piper konnte die junge Frau gut verstehen, obwohl sie selbst eigentlich eher zurückhaltend war, wenn auch nicht prüde. Mit einem Mann ins Bett gehen, ohne dass er ihr einen Ring an den Finger stecken musste – gern. Dumm nur, dass sie seit ewigen Zeiten keinen mehr kennengelernt hatte. Weder für Sex noch für eine echte Beziehung. Und ganz bestimmt war es ihr in den sechsundzwanzig Jahren ihres Lebens noch nie passiert, dass sie Lust hatte, mit einem völlig Fremden eine wilde Nacht zu verbringen. Bis heute Abend.

In diesem Moment drehte sich der Mann zu ihr um und lächelte. Unauffällig vergewisserte sich Piper, ob hinter ihr eine andere aufregende Blondine saß, doch da war niemand. Als sie erneut dem Blick des Fremden begegnete, wurde ihr bewusst, dass er sie immer noch unverwandt ansah. Hektisch nahm sie ihr Handy und tat so, als würde sie eine SMS lesen.

Peinlich. Er hatte bemerkt, wie sie ihn angestarrt hatte. Aber wenn er die Wahl hatte zwischen der blonden Sexbombe hinter dem Tresen und ihr, einer durchschnittlich gut aussehenden Brünetten, war ja klar, wofür er sich entscheiden würde. Wahrscheinlich konnte ein attraktiver Typ wie er jede haben, die er wollte.

Trotzdem nahm Piper ihren kleinen Klappspiegel aus der Handtasche und prüfte nervös, ob ihre Wimpertusche vielleicht verschmiert oder ihr Haar zerzaust war. Nein, alles in Ordnung.

Lächerlich, sich überhaupt wegen eines Mannes Gedanken zu machen. Ihre bisherigen Erfahrungen hatten ihr gezeigt, dass die meisten ohnehin nur Interesse an ihr heuchelten, weil sie wussten, dass sie aus bester Familie stammte und vermögend war. Der Typ da drüben würde ihr vermutlich keinen zweiten Blick gönnen …

„Warten Sie auf jemanden?“

Seine tiefe, wohlklingende Stimme schreckte Piper auf. Er hatte einen sehr britischen Akzent, und als sie zu ihm aufsah, schaute sie in bernsteinfarbene Augen. Ihr Puls begann zu rasen. „Ich … nein, ich warte auf niemanden“, brachte sie schließlich heraus.

Er legte die Hand auf die Lehne des freien Stuhls. Am kleinen Finger seiner linken Hand funkelte ein goldener Siegelring mit einem einzelnen Rubin. „Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich mich zu Ihnen setze?“

Wow! Damit hatte sie nicht gerechnet. „Im Gegenteil“, erwiderte sie.

Nachdem er seinen Drink auf den Tisch gestellt und seinen Mantel über die Stuhllehne gelegt hatte, setzte er sich und wirkte – im Gegensatz zu Piper – völlig entspannt, als ob es ganz normal für ihn sei, Frauen in Hotelbars anzumachen.

„Es wundert mich, dass Sie nicht in Begleitung sind“, bemerkte er. „Sie sind viel zu schön, um einen Samstagabend ganz allein zu verbringen.“

Ihn nur anzusehen, ließ Schmetterlinge in ihrem Bauch tanzen. Dieser aufregende Mund, die entzückenden Kerben in seiner Wange. Und dann noch so ein schmeichelhaftes Kompliment! „Ich war vorhin auf einer Cocktailparty“, bekannte sie.

Aufmerksam blickte er sie an. „Hier im Hotel?“

Sie nippte an ihrem Drink und setzte das Glas so hart wieder ab, dass es fast überschwappte. „Ja. Zu Ehren irgendeines stinkreichen Scheichs aus irgendeinem arabischen Königreich. Ich bin geflüchtet, ehe ich ihm vorgestellt werden konnte. Zum Glück, nehme ich an, denn ich kann mich einfach nicht an seinen Namen erinnern.“

„Prinz Mehdi?“

„Genau.“

„Ich habe diese Party auch gerade verlassen.“

Ups. War sie jetzt in einem Fettnapf gelandet? Vorsichtig fragte sie: „Kennen Sie den Prinzen?“

„Schon ewig. Seit seiner Geburt, um genau zu sein.“ Er lächelte.

Peinlich, dachte sie. „Es tut mir leid, wenn ich mich negativ über Ihren Freund geäußert habe. Ich mag einfach keine reichen Männer. Die sind alle total eingebildet.“

Er strich mit dem Zeigefinger über den Rand seines Glases. „Ich finde, Prinz Mehdi ist ein netter Kerl.“

„Meinen Sie das ernst?“

„Ja. Er ist bestimmt der bodenständigste der drei Mehdi-Brüder. Außerdem sieht er am besten aus.“

In diesem Moment erinnerte sich Piper an ihre guten Manieren. „Ich heiße übrigens Piper McAdams“, sagte sie. „Und Sie sind …?“

„Hocherfreut“, erwiderte er lächelnd und gab ihr die Hand. Dabei strich er sanft mit dem Daumen über ihr Handgelenk.

Sie erschauerte lustvoll, dann riss sie sich zusammen. „Nun, Mr. Hocherfreut, haben Sie auch einen Vornamen?“

„A. J.“

„Keinen Nachnamen?“

„Fürs Erste möchte ich daraus noch ein kleines Geheimnis machen. Na ja, sind Nachnamen unter Freunden nicht überflüssig?“

Ihr war klar, dass er etwas vor ihr verbarg, aber sie war so fasziniert von diesem Fremden, dass sie alle Vorsicht vergaß. Immerhin wandte sie ein: „Sind wir denn schon Freunde?“

„Noch nicht, aber ich hoffe, das wird sich im Lauf der Nacht ändern.“

Piper schlug nervös die Beine übereinander und zupfte am Saum ihres Cocktailkleids. „Was machen Sie beruflich, A. J.?“

Er lockerte seine Krawatte und verschränkte die Hände auf dem Tisch. „Ich bin Privatpilot und fliege für eine reiche, berühmte Familie. Die Mitglieder dieser Familie schützen ihre Privatsphäre.“

„Dann tragen Sie eine hohe Verantwortung.“

„Kann man so sagen.“ Er räusperte sich. „Und womit verdienen Sie Ihr Geld, Ms. McAdams?“

Mit einem Job, mit dem sie sich nicht identifizieren konnte. „Ach, ich bin eine Art Lobbyistin für die Firma meines Großvaters. Das heißt, ich bin oft unterwegs und brauche viel Geduld. Aber nennen Sie mich doch bitte Piper.“

Nachdenklich betrachtete er sie. „McAdams ist ein schottischer Name, und Ihr Haar hat definitiv einen rötlichen Schimmer. Ihre Augen sind blau, also deutet alles darauf hin, dass Sie schottischer Abstammung sind. Dennoch ist Ihr Teint nicht hell.“

Unwillkürlich berührte sie ihre Wange. „Meine Urgroßeltern mütterlicherseits waren Kolumbianer. Die Familie meines Vaters stammt aus Schottland. Ich bin sozusagen der perfekte Mix aus beiden Kulturen.“

„Kolumbianisch und schottisch. Eine sehr attraktive Kombination. Werden Sie im Sommer braun?“

Sofort produzierte ihr Kopfkino ein erregendes Bild. A. J. und sie am Strand. Nackt … „Schon, aber ich bin nur selten zu Hause und habe nicht viel Zeit, um faul am Strand zu liegen.“

„Und wo ist Ihr Zuhause?“

„In South Carolina. Charleston, um genau zu sein.“ Was sie ihm nicht erzählte, war, dass sie zurzeit im Gästehaus der noblen Villa ihrer Großeltern residierte.

Er überlegte einen Moment. „Sie haben gar keinen Südstaatenakzent.“

„Den haben sie mir im Internat an der Ostküste auch sehr bald ausgetrieben“, erklärte Piper.

Interessiert beugte er sich vor. „Tatsächlich? Mich hat meine Familie auf eine Militärakademie in England geschickt.“

Daher stammte also seine britische Aussprache. „Wie lange waren Sie dort?“

Er wurde plötzlich ernst. „Viel zu lange für meinen Geschmack.“

Aha, dahinter steckte bestimmt eine Geschichte. „Ich nehme an, die Akademie war nur für männliche Absolventen?“

„Dummerweise. Allerdings hatten wir in der Nachbarschaft eine konfessionelle Mädchenschule, da gab es dann natürlich einen regen Austausch.“

„Wie weit ging dieser ‚Austausch‘?“

Er grinste. „Je nachdem. Manchmal war ich erfolgreich, manchmal habe ich mir die eine oder andere Abfuhr eingehandelt.“

„Abfuhr? Das kann ich nicht glauben.“

„War das ein Kompliment?“ Sein Grinsen wurde noch breiter. „Und Sie? Haben Sie sich ausgetobt?“

Sie war eher ein Mauerblümchen gewesen. „Mein Internat lag weit ab vom Schuss, und die Vorschriften waren sehr streng. Unsere Internatsleiterin hätte vermutlich zuerst geschossen und erst dann gefragt, hätte sich ein junger Mann zu uns verirrt.“

Seine Augen funkelten amüsiert. „Ich bin sicher, eine so schöne Frau wie Sie hatte keine Probleme, alles nachzuholen, nachdem Sie dem Internat entronnen waren.“

Wenn er nur wüsste, wie sehr er mit dieser Vermutung danebenlag! „Sagen wir einfach, ich hatte genügend Verehrer. Die meisten trugen altmodische Namen, stammten aus bester Familie und besaßen mehr Geld als erotische Anziehungskraft. Mein Großvater legte Wert darauf, dass ich nur Männer aus seinen Kreisen kennenlernte.“

„War denn kein einziger guter Liebhaber dabei?“

Ein einziger Liebhaber, und der war alles andere als gut gewesen. Piper vermutete, dass A. J. gut im Bett war. Das hätte sie nur zu gern herausgefunden. „Da ich nicht dazu neige, mit meinen Eroberungen zu prahlen, wechseln wir lieber das Thema. Gibt es in Ihrem Leben jemanden?“

„Es gab jemanden. Bis vor einem Jahr. Aber das ist vorbei.“

„War die Trennung schlimm?“

„Nur mühsam. Es dauerte eine Weile, bis ich sie davon überzeugt hatte, dass wir getrennt sind.“

Sein Ton war abweisend. Piper begriff, dass er nicht darüber reden wollte. „Auf den ersten Blick hielt ich Sie für einen Italiener. Stimmt das?“

Er lächelte. „Nein, aber ich liebe Italien und spreche auch die Sprache.“

„Dann sind Sie Franzose?“

„Je ne suis pas français, mais je peux bien embrasser à la française.“

Humor besaß er also auch. Das machte ihn noch verführerischer. „Ah, okay, Franzose sind Sie also nicht, können aber französisch küssen. Ich bin sicher, die Mädchen auf der Nonnenschule wussten Ihre Zungenfertigkeit zu schätzen“, gab sie frivol zurück. „Aber Sie haben meine Frage nach Ihrer Herkunft noch nicht beantwortet.“

„Ich bin zwar nicht Franzose, trotzdem freut es mich, dass Sie diese Sprache verstehen.“

Sie legte in einer dramatischen Geste die Hand auf ihre Brust und deklamierte in schönstem Südstaatenakzent: „Hey, Süßer, wir sind nicht alle bloß schön und dumm. Ich spreche Französisch, Deutsch und ein wenig Japanisch.“

„Falls Sie mal einen Dolmetscher für Italienisch benötigen, sagen Sie mir Bescheid.“

„Gern. Ich war noch nie in Italien, aber nach Rom möchte ich irgendwann einmal.“

„Nicht irgendwann. Bald. Allerdings bevorzuge ich Neapel und die Amalfiküste …“

Er begann von Italien zu erzählen, und Piper hing förmlich an seinen Lippen. Doch statt ihm zuzuhören, dachte sie unablässig daran, wie es wohl sein würde, diese Lippen zu küssen. Bald ließ sie ihrer Fantasie freien Lauf, träumte von seinem Mund auf ihren Brüsten, seiner Zunge zwischen ihren …

„… rot wie Hummer von der Sonne und immer das Smartphone in der Hand, um bei Facebook was zu posten.“

„Wie bitte?“ Sie hatte völlig den Faden verloren.

„Anscheinend habe ich Sie mit meinen Geschichten zu Tode gelangweilt“, bemerkte er schmunzelnd.

Wenn er wüsste … „Es tut mir so leid. Das muss an diesem Cocktail liegen“, entschuldigte sie sich hastig.

Ohne zu fragen, nahm er ihr Glas, trank einen Schluck und stellte es abrupt wieder ab. „Das schmeckt ja grässlich. Was ist da drin?“

Piper konzentrierte sich gerade mehr auf die Stelle am Glas, die er mit seinen Lippen berührt hatte. Näher würde ihr sein Mund wohl nicht kommen – außer, sie nahm allen Mut zusammen und flirtete noch heftiger mit ihm. „Vor allem Wodka und Cranberrysaft“, erklärte sie. „Zu viel Wodka offensichtlich, denn das Zeug hat mich fast umgehauen.“ So wie du, fügte sie im Stillen hinzu.

Er schob ihr sein halb volles Glas hin. „Probieren Sie das hier.“

Misstrauisch beäugte sie die goldbraune Flüssigkeit. „Was ist das?“

„Zwanzig Jahre alter Scotch. Wenn Sie den getrunken haben, wollen Sie nie wieder was anderes.“

Sie nahm an, dass es ihr mit diesem Typen ähnlich gehen würde. Einmal mit ihm im Bett, und sie würde vermutlich nie wieder einen anderen wollen. „Hm, vielleicht sollte ich das lieber lassen. Ich habe keine Lust, auf allen vieren in mein Hotelzimmer zurückzukriechen.“

„Falls Sie dabei Hilfe benötigen, stelle ich mich gern zur Verfügung.“

Piper erwiderte sein verführerisches Lächeln. „Wenn das so ist, probiere ich einen Schluck.“

Der Whisky brannte in ihrer Kehle. Am liebsten hätte sie das Zeug ausgespuckt. Sie schluckte hart und schob das Glas zurück.

„Schmeckt er Ihnen nicht?“, erkundigte er sich und klang fast beleidigt.

„Tut mir leid, das ist einfach nicht mein Ding. Aber ich war noch nie besonders trinkfest.“

„Wie steht’s mit Küssen?“, fragte er. Gerade als sie ihm ihr Interesse daran signalisieren wollte, räusperte er sich. „Entschuldigung. Ich sollte mich zusammenreißen. Sie sind viel zu nett für solche Anzüglichkeiten.“

„Glauben Sie wirklich, mir macht ein harmloser Flirt keinen Spaß?“

„Hm, ich weiß nicht. Sie haben so etwas Unschuldsvolles. Fast etwas Unberührtes.“

Zu dumm aber auch. „Heißt es nicht: Der erste Eindruck kann täuschen?“

„Das stimmt, aber Augen lügen nicht. Ich konnte Ihnen ansehen, dass Ihnen unser Gespräch immer unangenehmer wurde.“

„Könnte es nicht einfach sein, dass ich Sie anziehend finde und deshalb nervös bin?“ Oh Gott, hatte sie das gerade eben wirklich gesagt? Ja, offensichtlich. Ihre Freundinnen würden Freudentänze aufführen, ganz im Gegensatz zu ihrem Großvater.

„Ich fühle mich geschmeichelt“, sagte er und schaute ihr in die Augen. „Um ehrlich zu sein – ich finde Sie ebenfalls überaus anziehend und würde Sie gern besser kennenlernen. Deshalb möchte ich Ihnen einen Vorschlag machen. Den Sie natürlich ablehnen dürfen. Trotzdem hoffe ich, er findet Ihre Zustimmung.“

Dies war der Augenblick der Wahrheit. Würde sie so unvernünftig sein und mit diesem attraktiven Fremden ins Bett gehen? Durfte sie ein solches Risiko wagen? Sie kannte ihn ja schließlich kaum, wusste noch nicht einmal seinen Nachnamen. Oh verdammt, klar würde sie mit ihm schlafen. „Los, fragen Sie.“

Als er aufstand und die Hand ausstreckte, klopfte ihr Herz zum Zerspringen. Sie hielt den Atem an, wartete darauf, dass er sie einladen würde, mit ihm aufs Zimmer zu gehen. Das Ja lag ihr schon auf den Lippen.

„Würden Sie mir die Ehre erweisen, mich auf einem kleinen Spaziergang zu begleiten, Piper McAdams?“, fragte A. J.

Normalerweise ging Scheich Adan Jamal Mehdi nicht mit schönen Frauen spazieren, sondern ins Bett. Zumindest bis zu seinem Keuschheitsgelübde vor acht Monaten, das seine Brüder von seiner Seriosität überzeugen sollte. Sie sollten ihn endlich ernst nehmen. In diesem Moment jedoch hatte sein Gelöbnis jeden Reiz verloren.

Allerdings gehörte Piper McAdams nicht zu jenem Typ Frau, den er bevorzugte. Sie besaß Humor, war offen und sehr natürlich, ganz im Gegensatz zu jenen mondänen Schönheiten, mit denen er sich sonst umgab. Piper war klein, was sie mit hohen Absätzen perfekt auszugleichen wusste, sodass der Unterschied zu seinen einsneunzig nicht so sehr auffiel. Die hochhackigen Pumps betonten ihre für so eine zierliche Person aufregend langen Beine, und sein Blick wurde von ihren vollen Brüsten magisch angezogen. Er stellte fest, dass ein Keuschheitsgelübde noch lange nicht ausreichte, um spontanes Verlangen zu unterdrücken.

Sie waren schon etwa zwanzig Minuten am See entlangspaziert und hatten sich dabei über belanglose Dinge unterhalten, als Adan die Themen ausgingen. Bisher hatte er immer geglaubt, Konversation gehöre zu seinen Stärken. Ganz abgesehen vom Küssen. Jetzt versuchte er, sich auf Ersteres zu konzentrieren. „Haben Sie Geschwister?“, fragte er.

Ein Windstoß ließ sie frösteln, denn sie trug nur eine dünne schwarze Kaschmirjacke über ihrem Cocktailkleid. „Eine Zwillingsschwester“, erwiderte sie. „Sie heißt Sunshine, aber wir nennen sie Sunny.“

Der Name war ihm ein Begriff. „Etwa Sunny McAdams, die bekannte Journalistin?“

Piper lächelte. „Genau. Wir sind übrigens zweieiige Zwillinge, deshalb sehen wir uns überhaupt nicht ähnlich.“

Das stimmte, aber beide waren bildschön. Die eine blond, die andere brünett. „Piper und Sunshine sind sehr ungewöhnliche Namen“, bemerkte er. „Was haben sich Ihre Eltern dabei gedacht?“

Ihre Miene wurde ernst. „Soweit ich weiß, bekam Sunny ihren Namen von unserer Mutter. Unseren Vater haben wir nie kennengelernt – wir wissen nicht einmal, wer er ist. Meine Mutter vermutlich auch nicht. Sie verkehrt im internationalen Jetset, wir waren ihr immer nur lästig. Deshalb sind wir auch bei unseren Großeltern aufgewachsen.“

Daher also ihr plötzlicher Stimmungsumschwung. Adan hatte bezüglich seiner Herkunft so seine eigenen Fragen, gleichzeitig hatte er nicht die geringste Lust, zu tief in Familiengeschichten zu wühlen. „Sunny hat ihren Namen also von Ihrer Mutter. Und Sie?“

„Von meinem Großvater“, antwortete sie lächelnd. „Er liebt Bagpipes – Dudelsäcke.“

Adan war froh, dass ihr Anflug von Melancholie verschwunden war. „Auf der Schule habe ich gelernt, den Dudelsack zu spielen, aber einen Kilt wollte ich nicht tragen.“

Sie blieb stehen und lehnte sich gegen die Balustrade. „Sagen Sie, ist es wahr, dass Männer unter dem Kilt nichts anhaben?“

„Nun ja, Männer brauchen die Vergewisserung, dass sie immer noch Männer sind, auch wenn sie einen Rock tragen“, meinte er schmunzelnd und konnte nicht verhindern, dass sich seine Männlichkeit in Gegenwart dieser außergewöhnlichen Frau nur zu deutlich regte.

Sie lachte leise. „Vermutlich stimmt das sogar. Weshalb wurden Sie von Ihren Eltern ins Internat geschickt?“

Das hatte er seine Eltern schon oft gefragt und darauf immer dieselbe Antwort erhalten. Geglaubt hatte er es nie. „Angeblich war ich ziemlich aufsässig. Mein Vater fand, ich hätte militärische Strenge nötig.“

„Wahrscheinlich hat er nicht mit einer Mädchenschule in der Nachbarschaft gerechnet“, bemerkte sie.

Ihre kesse Bemerkung trug nicht dazu bei, seine Erregung zu mildern. „Davon wusste er, glaube ich, nichts.“ Sein Vater hatte sich für seinen jüngsten Sohn nie besonders interessiert.

„Wenn Sie ihn heute danach fragen würden“, sagte Piper weise, „dann würden Sie wahrscheinlich herausfinden, dass er alles wusste. Väter und Großväter wissen auf geheimnisvolle Weise immer Bescheid.“

Er trat neben sie ans Geländer und schaute hinaus auf den See. „Mein Vater ist vor Kurzem gestorben. Meine Mutter lebt schon lange nicht mehr.“

„Das tut mir leid, A. J. Es war gedankenlos von mir.“

„Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen, Piper. Woher hätten Sie das wissen sollen?“ Und noch etwas wusste sie nicht: dass er zur königlichen Familie einer Dynastie aus dem Mittleren Osten gehörte. Ihm war klar, dass er es ihr nicht verschweigen durfte. Andererseits hatte sie deutlich gemacht, dass sie reiche Männer verabscheute, und er war reich. Sehr reich. Deshalb wollte er ihr diese Information vorenthalten.

Heute Abend würde er nur Pilot sein und kein Prinz. „Haben Sie die Universität besucht?“, fragte er und unterdrückte sein Verlangen, sie einfach in die Arme zu nehmen und zu küssen.

„Ja, in South Carolina. Allerdings war es eine reine Frauenuniversität. Mein Großvater glaubte offenbar, man dürfe mich nicht auf die Männerwelt loslassen. Da er für die Ausbildung zahlte, blieb mir nichts anderes übrig, als so schnell wie möglich das blöde Examen zu machen.“

Nachdenklich schaute er sie an. „Anscheinend sind Sie nicht die geborene Geschäftsfrau. Was würden Sie gern tun, wenn Sie nicht im Auftrag Ihres Großvaters durch die Welt reisen müssten?“

„Mich interessiert Kunst“, antwortete sie, ohne zu zögern. „Ich möchte malen.“

„Warum tun Sie es dann nicht?“ Er selbst war seiner Leidenschaft gefolgt, nur, dass diese mit Flugzeugen zu tun hatte.

Sie seufzte. „Dafür gibt es viele Gründe. Der wichtigste ist, dass ich mich verpflichtet fühle, für die Firma, die Familie da zu sein.“

Auch er kannte das Gefühl, der Familie verpflichtet zu sein. „Und was ist mit Ihren Träumen? Ihrem eigenen Glück, Piper?“

Einen Moment schwieg sie. „Das ist alles so kompliziert“, bekannte sie dann.

Das hatten Familienbeziehungen so an sich. Seine bildete da keine Ausnahme.

Als er merkte, dass Piper fröstelte, ärgerte sich Adan über seine Rücksichtlosigkeit. „Ihnen ist kalt“, sagte er. „Möchten Sie ins Hotel zurückkehren?“

Sie schüttelte den Kopf. „Nein, ich fühle mich wohl. Wirklich.“

„Sie sind dünn angezogen, und ich vermute, hinter diesem wunderschönen Mund klappern Ihre Zähne.“

Ihr hinreißendes Lachen bezauberte ihn. „Vielleicht ein wenig. Es ist ziemlich kühl für Chicago im April.“

„Da weiß ich ein Mittel.“

Er begann, seinen Mantel aufzuknöpfen. Piper hob abwehrend beide Hände. „Um Himmels willen, nein. Ich möchte nicht verantwortlich dafür sein, dass Sie sich zu Tode frieren.“

Dabei genügte ihre Gegenwart, um Adan durch und durch glühen zu lassen. „Sind Sie sicher? Ich bin an extreme Temperaturen gewöhnt.“

„Ganz sicher. Mir ist nicht kalt.“

Trotzdem zog er seinen Mantel aus und legte ihn ihr um die Schultern. „Besser?“

„Viel besser, aber nun wird Ihnen kalt.“

Wohl kaum, dachte er. Eine leichte Brise zerzauste ihr dunkles Haar. Sie war wunderschön mit ihren leuchtend blauen Augen, ihren korallenroten Lippen. Der Anblick war so verführerisch, dass er sie beinahe geküsst hätte. Aber nur beinahe …

Sie atmete tief durch, dann sagte sie: „Ich möchte, dass Sie etwas für mich tun, A. J.“

Wollte sie einen heißen Tee? Als Ausrede, um zurück ins Hotel gehen zu können und sich höflich zu verabschieden? „Was denn?“

„Ich möchte, dass Sie mich küssen.“

Das traf ihn unvorbereitet. Sollte er? Durfte er? Sanft strich er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und fuhr mit dem Daumen über ihre Wange. „Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee wäre.“ Diesen Satz hatte er schon oft gehört, doch noch nie hatte er ihn selbst benutzt.

Enttäuscht sah sie zu ihm auf. „Warum nicht?“

„Weil es nicht bei einem Kuss bleiben würde.“

Sie lächelte ihn engelsgleich an. „Haben Sie Probleme, sich zu beherrschen?“

Normalerweise nicht. Sonst wäre er kein so guter Pilot. Und kein Liebhaber, dem die Frauen zu Füßen lagen. Doch diese junge Frau hier brachte ihn aus irgendeinem Grund fast um den Verstand, und er fürchtete tatsächlich, die Kontrolle zu verlieren.

Ehe er antworten konnte, schlang sie ihm die Arme um den Nacken und zog seinen Kopf zu sich herab. Sanft presste sie ihm die Lippen auf den Mund, ließ ihre Zunge hineingleiten. Wow, dieser Engel küsste wie eine Teufelin, und wie sie sich an ihn schmiegte, gefiel ihm über alle Maßen. Klar wäre es noch netter gewesen, jetzt im Hotelzimmer zu sein, nackt, heiß, hemmungslos. In diesem Moment schrillten in seinem Kopf alle Alarmglocken.

Adan riss sich zusammen und löste sich von Piper, ehe er etwas tat, das sie beide später vielleicht bereuen würden. Piper sah ihn so verletzt an, dass er rasch beteuerte: „Sie sind eine Frau, der ein Mann mit mehr Selbstkontrolle, als ich sie besitze, nur schwer widerstehen könnte.“

Schon hellte sich ihre Miene auf. „Das hat noch niemand zu mir gesagt.“

„Dann kannten Sie wohl bisher nur Männer, die Ihre Qualitäten nicht zu schätzen wussten.“

Plötzlich wirkte sie verlegen. „Und Sie? Schätzen Sie meine … meine Qualitäten?“

Wenn sie wüsste, wie erregt er war, hätte sie nicht zu fragen brauchen. „Ich schätze Ihre Qualitäten überaus, aber ich respektiere Sie auch. Daher werde ich Sie jetzt ins Hotel begleiten und Ihnen Gute Nacht sagen.“ Denn wenn er das nicht tat, war er in Versuchung, sein Keuschheitsgelübde weit vor Ablauf der Frist zu brechen.

Piper zog einen Schmollmund. „Es ist doch noch früh am Abend, und mir ist immer noch kalt.“

„Umso mehr Grund, ins Hotel zurückzukehren.“

„Ihr Zimmer oder meins?“

Offenbar hatte sie nicht vor, lockerzulassen. „Ihr Zimmer, und ich gehe in meins.“

Sie seufzte. „Na gut, wenn Sie das wirklich wollen.“

Von Wollen konnte keine Rede sein. „Ich begehre Sie, Piper McAdams. Aber wäre es tatsächlich klug, noch weiterzugehen?“

„Wie lautet Ihre Antwort?“

„Sehr unklug.“

Autor

Kristi Gold
Mehr erfahren