Tiffany Exklusiv Band 50

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KÜSS MICH - BOSS! von MCBRIDE, JULE
Was für eine verrückte Idee! Auf Wunsch seines Vaters lässt Rafe sich darauf ein, die Rollen mit seiner neuen Sekretärin Leigh zu tauschen! Ein Spiel mit dem Feuer, denn es knistert heftig zwischen Rafe und der sexy Blondine - die irgendetwas im Schilde zu führen scheint …

DER GANZ BESONDERE KICK von O'REILLY, KATHLEEN
Erschöpft legt Hilary sich auf ein Ausstellungsstück der Bettenfirma, in der sie arbeitet - und schläft ein. In ihrem Traum hat sie heißen Sex mit Ben, dem attraktiven Sohn ihres Chefs! Da wird Hilary plötzlich wach: Neben ihr liegt Ben! Wird ihre Fantasie nun wahr?

RAFFINIERTE VERFÜHRUNG von ATKINS, DAWN
Als Cheryl ihrem neuen Boss Tucker Manning gegenübersteht, verspürt sie brennendes Begehren! So wie einst auf dem College, als sie ein Liebespaar waren. Zu gern würde Cheryl ihre leidenschaftliche Affäre fortsetzen. Doch ihr heißblütiger Exlover gibt sich extrem unterkühlt …


  • Erscheinungstag 24.01.2017
  • Bandnummer 0050
  • ISBN / Artikelnummer 9783733752743
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Jule McBride, Kathleen O’Reilly, Dawn Atkins

TIFFANY EXKLUSIV BAND 50

1. KAPITEL

„Was haben diese Leute bloß mit deinem Vater angestellt?“, flüsterte Shark besorgt. „Er ist total verweichlicht.“

Rafe Ransom nickte. Das stimmte wirklich. Nachdem sein Vater von diesem seltsamen Psychologie-Seminar zurückgekehrt war, hatte er sich vollkommen verändert. Er betonte immer wieder, wie wichtig es sei, dass Männer echte Freundschaften schlossen, und es nervte mittlerweile alle – auch Rafe – dass sein Vater ständig über Gefühle sprach, alle umarmte und ihnen auf die Schultern klopfte. „Ransom High Risk Negotiations“ war ein Unternehmen, das bei Entführungen und Geiselnahmen erfahrene Unterhändler stellte, die im Namen der Angehörigen mit den Geiselnehmern verhandelten. Jetzt hatte Jack Ransom für seinen Sohn Rafe Leigh Mackinley eingestellt. Rafe hielt nicht viel von seiner neuen Assistentin, aber noch mehr missfiel ihm, dass sein Vater ihm ständig in aller Öffentlichkeit um den Hals fiel.

Er fuhr sich durch das dichte schwarze Haar und betrachtete seinen Vater. Jack hatte einen großen Kopf mit glänzender Glatze, breite Schultern, und in seinem von Narben überzogenen Gesicht saßen funkelnde dunkle Augen. Sein Nacken erinnerte an den eines Stieres, und an einer Hand fehlte ihm der kleine Finger. Wie kam dieser Mann bloß zu dem Glauben, es könnte einem Unterhändler bei Geiselnahmen helfen, Gefühle zu zeigen?

Rafe blickte an Leigh vorbei zum Fenster. Es war fünf Uhr nachmittags im Februar, und der Himmel über Manhattan verdunkelte sich bereits. Dann sah er zu den fünfzehn verärgerten Männern, ausnahmslos Experten für Geiselnahmen, die um den neuen runden Konferenztisch saßen und ihn jetzt flehend anblickten.

Jack lächelte. „Ich hoffe, dass dieser runde Tisch uns ständig daran erinnert, uns gegenseitig bei persönlichen Problemen zu helfen und ehrlich miteinander zu sprechen.“

Rafes bester Freund Shark strich sein Jackett glatt und fuhr sich über das nach hinten gekämmte schwarze Haar. „Bei allem Respekt, Sir, wenn wir während einer Entführung so viel Offenheit zeigen, könnte es uns das Leben kosten.“

„Nicht, wenn wir unter uns sind“, widersprach Rafes Vater mit seiner rauen Stimme. „An diesem runden Tisch werden wir lernen, dass wir hier alle für einen und einer für alle da sind.“

„Das ist ja alles gut und schön, Dad.“ Rafe wusste, dass es seine Pflicht war, im Namen der anderen zu sprechen. „Aber wir sind Unterhändler und Verhandlungsführer, nicht die drei Musketiere.“

Zustimmend nickten die muskulösen Männer, deren Blicke stahlhart wirkten. Ihre Assistentinnen, die hinter ihnen saßen, notierten schweigend alles, was gesagt wurde. Rafe wusste, dass es diesen Männern nicht um Mitgefühl, Ehre oder Moral ging. Sie wollten nur gut und schnell verdienen.

Shark, der schon so gut wie alles erlebt hatte, warf Rafe einen auffordernden Blick zu. „Unternimm etwas, Rafe“, flüsterte er eindringlich.

„Das geht schon wieder vorüber“, flüsterte Rafe zurück.

Peinlich berührt schüttelte Shark den Kopf. „Wann denn?“

Hoffentlich bald, dachte Rafe. Aber im Moment mussten sie mit den Veränderungen leben, die sein Dad nach dem Seminar beschlossen hatte. Bei Rafe betraf das vor allem Leigh Mackinley. Alle anderen Assistentinnen stammten von einer Model-Agentur. Während Rafe in Bogota dafür gesorgt hatte, dass ein entführter Manager wieder freigelassen wurde, hatte sein Vater Leigh für ihn engagiert. Bei seiner Rückkehr war Rafe vor Wut fast geplatzt.

Leigh war das genaue Gegenteil ihrer bisherigen Mitarbeiterinnen. Sie schrieb ernsthaft jedes Wort von Rafes Vater mit. Sie hatte große braune Augen, deren Blick unglaublich offen und unschuldig wirkte, und kurz geschnittenes Haar goldblondes Haar. Ihre ungewöhnlich kleinen Ohren verschwanden fast darunter, und Rafe hatte beschlossen, dass ihre Sommersprossen keineswegs süß aussahen. Diese Frau war höchstens ein Meter sechzig groß, und im Vergleich dazu kam Rafe sich wie ein Riese vor. Außerdem musste er sich ständig bemühen, ihre weiblichen Rundungen nicht zu beachten. Im Moment wurden ihre vollen Brüste von einem eng anliegenden braunen Kaschmirpullover bedeckt, und Rafe kämpfte gegen seine Erregung an. Trotz des Pullovers und des BHs zeichneten sich ihre Brustspitzen deutlich ab, und plötzlich fiel ihm das Atmen schwer. Diese Frau besaß etwas, das ihn unwiderstehlich anzog.

Rafe zwang sich, sie nicht anzustarren, und überlegte, wie sehr Leigh sich von ihrer Vorgängerin Cindi unterschied. Cindi hatte immer weit ausgeschnittene Blusen und Miniröcke getragen. Sitzungen wie diese jetzt hatte sie immer dazu genutzt, ihre rot lackierten Krallen zu feilen. Rafe seufzte. Wirklich schade, dass Cindi einen Werbevertrag mit einer Jeansfirma abgeschlossen hatte. Denn nur deswegen saß Leigh jetzt hier. Sie hatte an einer Eliteuniversität studiert, sprach fließend Spanisch, war geschieden und hatte ein Baby. Ihre Fingernägel kaute sie immer ab, anstatt sie zu feilen. Jetzt blickte sie zu ihm, und Rafe lächelte.

Höflich erwiderte Leigh Mackinley das Lächeln und strich sich den Wollrock über den Knien glatt. Dann blickte sie wieder auf ihren Notizblock und schrieb weiter. Sie hatte die Beine übereinandergeschlagen und wippte jetzt leicht mit einem Fuß. Rafe musste sich sehr beherrschen, um ihr nicht über die Knie zu streichen, und beim Gedanken daran, ihre wohlgeformten Oberschenkel zu berühren, regte sich erneut Verlangen in ihm.

„Es gibt da noch ein paar Veränderungen, die das Büro betreffen“, verkündete Jack. „Die Assistentinnen sitzen während unserer Treffen hinter ihren Vorgesetzten. Also Männer, rückt ein Stück zur Seite und macht ihnen Platz. Ist es nicht viel schöner, wenn wir alle nebeneinander sitzen?“

Einen Moment lang schwiegen alle betreten, dann hörte man vereinzelt ein unwilliges Schnauben. Seit diese Agentur gegründet wurde, saßen bei den Treffen nur die männlichen Unterhändler am Tisch.

„Jack.“ Shark wirkte ernsthaft betroffen. „Wir haben doch schon der neuen Kleiderordnung zugestimmt.“ Erst gestern nämlich hatte Jack auf Leighs Vorschlag hin angeordnet, dass die Männer im Büro anstatt der Jeans auch Anzüge trugen, zumal die Frauen sich auch immer zurechtmachten. Diese Neuerung machte Rafe auch nicht gerade glücklich, zumal er den Eindruck hatte, dass die Krawatte ihm die Luft abschnürte.

„Jack“, warf Silencer ein. Er war früher mal Spion gewesen und hatte unter diesem Decknamen gearbeitet. „Wenn die Assistentinnen mit am Tisch sitzen, wird es uns immer unterbrechen, wenn sie uns Kaffee nachfüllen.“

Magnum, ein ehemaliger Scharfschütze, räusperte sich. „Genau das wollte ich auch gerade einwenden, Silencer.“

Rafe hörte kaum zu. „Dad.“ Er fühlte sich als Sprecher aller Angestellten. „Es ist schon nach fünf Uhr, und wir würden dieses Treffen gern beenden.“

„Ganz meine Meinung.“ Magnum nickte zustimmend.

„Und vorher“, fuhr Rafe fort, „möchte ich noch auf den Termin mit den Leuten von der Werbeagentur erinnern. Bis dahin müssen wir uns im Klaren sein, wie wir in Zukunft an neue Kunden herantreten.“ Er erkannte, dass er Jack im Moment nicht für seine Vorschläge begeistern konnte. Jack lächelte gerade strahlend Leigh zu, und es war Rafe peinlich, wie angestrengt sein Vater versuchte, Leigh für seinen Sohn zu interessieren.

Jacks entschlossenes Lächeln erinnerte die Männer daran, dass dieser Mann ein unerbittlicher Verhandlungspartner war, wenn er nicht gerade unter dem Einfluss irgendeines blödsinnigen Seminars stand. Er stützte die Ellbogen auf den Tisch und verschränkte die Finger. „Bin ich noch der Chef dieser Agentur?“

Innerlich machte Rafe sich schon auf einen Vortrag seines Vaters gefasst. Rafe hatte die Agentur zwar gemeinsam mit seinem Vater aufgebaut, doch Jack war der Chef. „Natürlich bist du das, Dad, aber …“

„Also dann …“ Jack schnalzte endgültig mit den Lippen. „Dann rutscht zur Seite, damit die Ladys mit uns an den Tisch können.“

Rafe unterdrückte seinen Ärger und rutschte zur Seite. Keine Sekunde später spürte er Leighs wippenden Fuß an seinem Hosenbein. Er konnte es selbst nicht fassen, wie sehr ihn diese leichte Berührung erregte. Ihre Finger waren ständig in Bewegung, und jetzt spielte sie gedankenverloren mit ihrem dreieckigen goldenen Ohrschmuck. Rafe betrachtete ihre abgekauten Fingernägel.

„Mr. Ransom“, sagte sie mit ihrer tiefen und leicht heiseren Stimme, deren Tonfall Rafe jedes Mal wieder überraschte, denn Leigh sah für so eine sinnliche Stimme viel zu zierlich aus.

Jack lächelte. „Ja, Leigh?“

„Ich danke Ihnen. Mit dem Tisch als Unterlage können wir uns viel leichter Notizen machen.“

Rafe stöhnte auf, und die anderen Männer verdrehten die Augen. „Dad, ich spreche für uns alle, wenn ich sage, es freut uns, dass dieses Psychologie-Seminar dein Leben bereichert hat. Aber die Welt dort draußen ist hart, und wir haben es mit Geiselgangstern zu tun. Da wollen wir keine Freundschaften schließen, sondern diese Kerle hinter Schloss und Riegel bringen.“

„Genau.“ Shark straffte die breiten Schultern.

Rafe versuchte, den gekränkten Ausdruck auf dem Gesicht seines Vaters zu übersehen, aber als Jack die Stirn runzelte, wirkte er durch die zahllosen Fältchen und kleinen Narben zu Tode betrübt.

„Sieh es mir nach, mein Sohn.“ Jack rieb sich über die Glatze. „Aber ich muss noch eine Ankündigung machen, und sie hat mit Leigh zu tun.“

Rafe fragte sich, ob er nur eifersüchtig war, weil Leigh seinen Vater eingewickelt hatte, aber er war überzeugt, dass er sich da nichts einbildete. Niemand mochte diese Frau. Die Männer hatten ihm gegenüber schon angedeutet, er solle sie doch rauswerfen. Heute trug Shark aus Protest gegen die neue Kleiderordnung seinen hässlichsten Anzug, und alle waren entnervt, weil Leigh Jack in seinen neuen Ideen nur bestärkte.

„Das ist auch der letzte Punkt meiner Tagesordnung“, fuhr Jack fort.

Wir können es alle kaum erwarten, dachte Rafe spöttisch und hob fragend die Augenbrauen.

„Ein Geschäftsfreund hat mir etwas vorgeschlagen, das in seiner Zuckerraffinerie wahre Wunder bewirkt hat. Und da im Moment so viele von uns hier in New York sind …“

„Das ist doch nicht immer so“, unterbrach Rafe ihn. „Wenn so viele unserer Männer in der Stadt sind, bedeutet das nur, dass die Geschäfte nicht gut laufen, Dad.“

„Ich bekomme schon ein Magengeschwür, Sir“, warf Shark ein.

„Und ich zu hohen Blutdruck.“ Silencer hob den Finger.

„Dad“, fuhr Rafe fort. „Diese Männer hier wollen Geld verdienen.“

„Geld ist nicht alles“, widersprach Jack seufzend. „Die Beziehungen dagegen, die wir heute knüpfen, können ein Leben lang halten.“

Silencer klang, als müsse er sich jeden Moment übergeben.

Rafe schloss abwartend die Augen und öffnete sie dann wieder.

„Nein, das ist doch alles nicht wahr“, flüsterte Shark neben ihm.

Unter Leighs Einfluss verwandelte Jack sich von einem knallharten Söldner in ein braves Lamm mit flehendem Blick. Als Rafes Vater allerdings sein Vorhaben schilderte, wirkten die Männer zunächst entsetzt, und dann konnten sie ihr Gelächter nur noch mit Mühe unterdrücken.

„Ich will, dass die einzelnen Teams durch den vorübergehenden Rollentausch noch enger zusammengeschweißt werden“, verkündete Jack abschließend. „Das ist doch eine tolle Idee, Rafe, oder? Davon können beide Seiten nur profitieren. Was meinst du dazu?“

Was sollte er schon sagen? Rafe war sprachlos. Als ihm klar wurde, dass sein Vater es ernst meinte, überkam ihn Panik. „Du willst, dass Leigh und ich die Rollen tauschen?“

Vergnügt lächelte Jack seinem Sohn zu. „Wie ich schon sagte, bei meinem Freund in der Zuckerraffinerie hat sich dadurch ein völlig neues Betriebsklima eingestellt, und alle haben ihren Nutzen daraus gezogen.“

„Ein zuckersüßes Betriebsklima, darauf verzichte ich gern“, stellte Rafe fest.

„Ich auch“, stimmte Shark zu.

„Wenn ihr mich fragt“, mischte Silencer sich ein, „dann reicht mir ein einfacher Gewinn als Nutzen. Ich bin da sehr anspruchslos, Jack. Geld reicht mir schon.“

Jack sah seinen Sohn an. „Komm schon, Rafe. Wie viele Väter können ihren Söhnen die Chance geben, einmal das wirkliche Leben eines anderen zu führen?“

Zum Glück nicht viele! dachte Rafe und blickte auf Leighs Wade. Sie hatte den Schuh jetzt von der Ferse gestreift, er hing nur noch an ihren Zehen. Zierliche Füße hat sie, stellte Rafe fest. Ganz schmale Gelenke und süße Zehen.

„Du wirst mit ihr tauschen“, verkündete sein Vater gerade. „Und zwar das Auto, die Wohnung …“

Rafe fragte sich, ob es viel Papierkrieg verursachen würde, wenn er seinen Vater in eine Anstalt einweisen ließ. Wenigstens wirkte Leigh jetzt genauso fassungslos, und Rafe vermutete, dass sie zumindest in diesem Fall Jack in seinen verrückten Plänen nicht noch bestärken würde. „Du meinst, ich soll sie meinen großen Humvee fahren lassen?“

„Einen Humvee?“ Sofort klang Leigh etwas interessierter.

Jack lächelte. „In einer Woche werden Sie wissen, wie man sich als Boss fühlt, Leigh.“

„Das könnte Rafe mir ja auch beschreiben, wenn er nur gelernt hätte, über Gefühle zu sprechen“, erwiderte Leigh.

„Gefühle kenne ich sehr gut“, raunte Rafe ihr zu. Leigh trug eine schmale Goldkette, die im Ausschnitt ihres Pullovers verschwand. „Im Moment würde ich Ihnen am liebsten den Hals umdrehen.“

Sie lächelte nur und blickte weiter zu Rafes Vater. „Mr. Ransom.“ Sie sprach etwas lauter. „Ich halte das für eine absolut geniale Idee.“

„Gut. In einer Woche“, fuhr Jack fort, „werdet ihr beide der Gruppe über eure Erfahrungen berichten, und ich bin sicher, dass wir alle einen Nutzen daraus ziehen können. Ich wünschte, ich wäre derjenige, der mit Leigh tauscht.“

Rafe wartete auf Leighs Einwände, aber sie sagte keinen Ton, und Rafe konnte seinen Ärger nicht länger zurück halten. „Was haben die Leute dir bei diesem Seminar nur angetan, Dad?“

Vor diesem Seminar war Jack ein bulliger ungehobelter Kerl gewesen, und jetzt wirkte er so, als wolle er gleich morgen anfangen, Tischdecken zu häkeln. Die Männer waren entsetzt darüber, und Rafe konnte den Gedanken nicht ertragen, dass Leigh Mackinley es sich mit ihrem süßen kleinen Po auf seinem schwarzen Ledersofa bequem machte. Dann würde sie ihm sein schönes Sortiment an exotischen Bieren wegtrinken und dabei mit seiner Fernbedienung spielen. Und auf keinen Fall wollte Rafe, dass sie in seiner Bettwäsche aus schwarzer Seide schlief. Er konnte sich gut vorstellen, wie es in Leighs Apartment aussah. Bestimmt wirkte es wie in einem kühlen Büro.

Und dann war da noch das Baby!

Erleichterung überkam ihn. „Sie hat doch ein Baby. Ein Baby kann nicht mit in mein Apartment. Das … das steht so im Mietvertrag, Dad.“ Das stimmte zwar nicht ganz, aber Rafe fand, es hörte sich sehr überzeugend an. Außerdem hatte jeder Einwohner von Manhattan Verständnis dafür, dass niemand den Verlust seiner Wohnung riskieren wollte.

Zum ersten Mal wirkte Leigh unsicher, und ihre Stimme klang zitternd. „Kimmie kann bei mir zu Hause bleiben, und Sie könnten den Babysitter spielen, Rafe. Außerdem lebt meine Mom noch bei mir.“

Fassungslos holte Rafe Luft. „Heißt das, ich soll mit Ihrer Mutter zusammen leben?“

„Mit ihrer Mutter!“ Jack war begeistert. „Nächste Woche werden wir alle von Rafe erfahren, was es heißt, alleinerziehend zu sein.“

„Du weißt das doch selbst am besten, Dad“, erinnerte Rafe ihn und kochte innerlich vor Zorn. „Du hast mich doch auch allein aufgezogen.“ Er wandte sich direkt an Leigh. „Sie sind doch auch nicht dazu bereit. Keine Mutter überlässt ihr Baby einem Fremde.“

„Ich tue nur meinen Job“, erwiderte sie.

Rafe merkte, dass er auf verlorenem Posten kämpfte.

„Drücken wir es mal so aus“, bemerkte Jack. „Wenn du dich weigerst, wirst du entlassen.“

„Na, du gibst dir ja große Mühe, eine harmonische Grundstimmung im Team zu entwickeln“, stellte Rafe spöttisch fest.

„Entscheide dich, mein Sohn.“

Rafe warf Leigh einen düsteren Blick zu. Begriff sie denn nicht, wie ernst es Jack war? Jetzt stand Rafes Job auf dem Spiel, auch wenn man Jack ansah, wie unwohl er sich dabei fühlte, seinen Sohn dermaßen unter Druck zu setzen. Rafe seufzte.

„Sie würden mir wirklich Ihr Baby überlassen, Leigh?“ Rafe sprach ganz ruhig und blickte sie aus seinen grünen Augen durchdringend an. Erleichtert stellte er fest, wie besorgt und verunsichert sie aussah. Anscheinend kam sie wieder zur Vernunft. „Dad ist es bitterernst mit seinem Vorhaben.“ Verführerisch senkte er die Stimme. „Kommen Sie“, drängte er, „helfen Sie mir aus dieser Klemme.“

Sie schluckte nervös, gab aber nicht nach. „Also wirklich, ich finde den Vorschlag großartig. Ihr Dad hat recht. Wir werden unglaublich viel dabei lernen.“

Silencer gab sich keine Mühe mehr, sein Lachen zu unterdrücken. Shark prustete auch los, und Rafe fragte sich, was in dieser Frau vorging. Drohend blickte Jack einen nach dem anderen in der Runde an. „Die Sitzung ist vorbei. Rafe und ich werden die noch ausstehenden Details klären.“

Der Raum leerte sich so schnell, als sei gerade eine Bombendrohung eingegangen. Nachdem alle draußen waren, wandte Rafe sich an seinen Vater, um vernünftig mit ihm zu reden. „Denk doch mal nach, Dad. Es geht mir ja gar nicht um mich, aber eine Alleinerziehende wie Leigh kann doch keinen Fremden gebrauchen, der zu ihrer Mutter zieht. Und wie wird sich das arme einsame Baby fühlen, wenn seine Mom nicht bei ihm ist?“ Rafe wusste, dass er alle Register zog, doch was blieb ihm anderes übrig? „Und was wird erst Leighs Mom zu diesem Vorhaben sagen? Sie soll mit einem fremden Mann die Wohnung teilen! Was würdest du denn denken, wenn ich auf einmal jemand Fremden mitbringen würde und sage, der wohnt jetzt bei dir? Jemanden, den du noch nie zuvor getroffen hast.“

Schuldbewusst senkte Jack den Kopf.

Prima, dachte Rafe. Das hat anscheinend gesessen. Jetzt muss ich nur noch so weitermachen. „Dad“, fuhr er in einschmeichelndem Tonfall fort. „Mir ist klar, was du vorhast, und ich weiß die Geste wirklich zu schätzen. Du willst mich mit Leigh zusammenbringen, aber …“

„Leigh ist so nett“, unterbrach Jack ihn störrisch und hob den Kopf.

„Ich muss zugeben, dass sie schnell tippen kann“, stimmte Rafe zu. „Und sie ist pünktlich.“

„Sie ist auch sehr attraktiv.“

Rafe stieß die Luft aus, während sein Vater und er aufstanden. „Auf ihre eigene Art schon“, gab er zögernd zu. Immer noch konnte er sich nicht erklären, wieso er sich dermaßen zu ihr hingezogen fühlte. Frauen, die hilflos wirkten, traf er in seinem Job häufig, und gerade weil diese Frauen oft den Beschützerinstinkt in ihm weckten, hielt er sich von ihnen fern. Im Moment brauchte Leigh seinen Schutz vielleicht nicht, aber sie wirkte so vertrauensvoll und gutgläubig, dass sie früher oder später von irgendjemandem ausgenutzt werden würde. Und dann wollte Rafe nicht in ihre Probleme verwickelt werden.

Seufzend blickte er zu seinem Dad. Wo steckte in diesem Mann noch der Vater, den er kannte und liebte? Jack war immer der Macho gewesen, der Rafe bei seinen Liebesabenteuern ermutigt hatte. Vor Jahren, kurz nach Rose Ransoms Tod, hatte Jack das Militär verlassen, war Söldner geworden und hatte Rafe auf seinen Reisen rund um den Globus mitgenommen. Trotz der widrigen Umstände war sein Dad ihm immer ein guter Vater gewesen. „Dad, tu mir das nicht an.“

„Rafe.“ Sein Vater sprach mit leiser Stimme. „Du bist jetzt zweiunddreißig. Ich war zehn Jahre jünger, als ich deine Mutter geheiratet habe.“

Beim Tod seiner Mutter war Rafe erst zwei Jahre alt gewesen, und seitdem bildeten Jack und er ein festes Team. Kurz dachte Rafe an seine letzte feste Beziehung, und sofort bereute er es. Charmaine sollte ihm wirklich eine Lehre sein. „Worauf willst du hinaus?“

„Ich bin dein Vater. Vertrau auf meine Erfahrung.“

Entnervt fuhr Rafe sich durchs Haar und stützte dann die Hände in die Hüften. „Mir war nicht ganz klar, wieso du Leigh eingestellt hast, aber jetzt verstehe ich es. Du willst mich verkuppeln, Dad, aber du hast mir selbst immer wieder gesagt, ich solle mich nicht binden.“

Jack wirkte deprimiert. „Was stimmt denn nicht mit Leigh? Sie ist eine sehr anständige Frau.“

„Wer will denn eine anständige Frau?“ Rafe unterdrückte einen Fluch. „Leigh, ich wusste nicht, dass Sie hier sind.“

Wie ein Gespenst stand sie an der Tür des Konferenzzimmers. Ihre Wangen waren gerötet, und die Sommersprossen auf ihrer Nase wirkten noch dunkler als sonst. „Das habe ich gemerkt.“

Rafe wurde verlegen. „Tut mir leid.“ Wenigstens war sie jetzt hier, um ihn gegen seinen Vater zu unterstützen. Von ihr reichte wahrscheinlich ein Wort aus, um Jack zum Einlenken zu bewegen. Doch diese Hoffnung war falsch, wie Rafe sofort darauf bemerkte.

„Dieser Rollentausch ist eine fabelhafte Idee, Mr. Ransom“, sagte Leigh. „Ich bin sicher, Sie haben alles genau überlegt, aber ich wollte nur sichergehen. Uns werden doch Überstunden gezahlt, oder? Rafe und ich werden schließlich auch nachts in den vertauschten Rollen leben.“

„Wie konnte ich das übersehen!“ Jack lächelte. „Absolut richtig. Sie bekommen Überstunden gezahlt, Leigh.“

Sie weiß sehr gut, wie sie sich durchsetzen kann, erkannte Rafe, als sie lächelnd nickte, die Schultern straffte und das Zimmer wieder verließ, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen. Sein Mund war staubtrocken. Große schlanke Frauen, das war eigentlich sein Fall. Diese Frauen sahen ihm direkt in die Augen und sagten ganz offen, was sie sich von ihm wünschten. Nur Leigh gab sich unberührbar. Sie ist wirklich sehr anständig, dachte er und betrachtete ihren Kaschmirpullover, den Wollrock und die flachen Pumps. Er begehrte diese Frau, ob er es wollte oder nicht. Wenigstens hatte sie ihnen beiden jetzt bezahlte Überstunden ausgehandelt.

„Ich werde dich nicht entlassen.“ Jack kam auf Rafe zu. „Nicht, wenn du mit Leigh die Rollen tauschst. Glaub mir, mein Sohn, du wirst mir noch dafür danken.“

„Verlass dich nicht drauf. Und dass du mich nicht rauswirfst, brauchst du nicht extra zu betonen.“

„Ganz so sicher solltest du dir nicht sein.“

Seit diesem blöden Seminar konnte Rafe wirklich nicht mehr vorhersagen, wie sein Vater sich verhalten würde. Bevor er etwas antworten konnte, schlang Jack seine kräftigen Arme um ihn, und Rafe hielt die Luft an, während seine muskulöse Brust an Jacks massigen Körper gepresst wurde.

„Dad“, beschwerte er sich.

„Ich habe dich als Kind viel zu selten in den Arm genommen.“ Jack seufzte.

Unbeholfen klopfte Rafe ihm auf die Schulter. „Bitte, Dad, du hast deine Sache sehr gut gemacht.“

„Nein“, widersprach Jack aufgebracht. „Und ich werde erst zufrieden sein, wenn du genauso glücklich bist wie ich mit Rose.“

Rafe verkniff sich jeden weiteren Protest. Vorsichtig wich er ein wenig zurück und sah seinem Dad in die Augen. Das Leben beim Militär und als Söldner hatte seinen Vater abgehärtet, doch jetzt wirkte dieser Mann den Tränen nahe. Rafe wollte sich nicht weiter mit ihm streiten. Sein Vater war anscheinend nicht mehr zurechnungsfähig.

Noch einmal seufzte Rafe und entschuldigte sich. Dann machte er sich auf die Suche nach Leigh. Er fand sie vor seinem Büro. Als Erstes bemerkte er ihren wohlgerundeten Po, während sie sich bückte, um den Computer auszuschalten. „Ich will gerade gehen. Meine Mom holt Kimmie von der Tagesstätte ab, also kann ich Ihnen jetzt gleich mein Apartment zeigen, und Sie geben mir am besten die Schlüssel zu Ihrem.“

Ist sie verrückt? fragte Rafe sich und ging näher an ihren Schreibtisch. „Wir arbeiten erst zwei Wochen zusammen, und Sie kennen mich doch kaum. Wieso sind Sie mit diesem Plan einverstanden, Leigh?“

„Uns bleibt doch keine andere Wahl.“ Unsicher trat sie einen Schritt nach hinten und spielte unruhig mit Gegenständen auf dem Schreibtisch.

Als erfahrener Unterhändler bei Entführungen war Rafe es gewohnt, Menschen rasch und ziemlich sicher einzuschätzen. Doch Leigh gab ihm Rätsel auf. Die meisten Menschen mochten sie auf Anhieb, und sie war zu jedem freundlich. Aber wieso war Jacks Meinung so wichtig für sie? Weshalb hatte sie ihm nicht einfach gesagt, dass ihr Privatleben ihn nichts anging?

Rafe war zwar nicht sehr stolz auf sich, aber ihm gingen allmählich die Mittel aus, um Leigh noch weiter einzuschüchtern. Also griff er auf den uralten Trick der körperlichen Überlegenheit zurück und trat noch dichter an sie heran, in der Hoffnung, dass die Nähe seines durchtrainierten Körpers sie zum Umdenken brachte. Stattdessen wurde er selbst durch diese Nähe verunsichert, und sein Puls beschleunigte sich.

„Wir können die Rollen nicht tauschen.“ Seine Stimme klang heiser. „Ich habe schließlich mein eigenes Leben.“

Auf einmal wirkte ihr Blick sehr entschlossen. „Und ich etwa nicht?“

„Natürlich, Sie auch. Braucht Ihr Baby Sie nicht zu Hause?“

Sie wirkte tatsächlich besorgt, und Rafe wandte den Blick nicht von ihren verführerisch braunen Augen ab. „Uns bleibt doch keine Wahl, Rafe“, wiederholte sie, ähnlich wie er mit gesenkter Stimme. „Sie wollen doch Ihren Job nicht verlieren, oder?“

„Selbstverständlich nicht“, gab Rafe zu und kämpfte gegen die Wirkung ihres sinnlichen Tonfalls. Frauen wie sie dürfen nicht so eine Stimme haben, schoss es ihm durch den Kopf. So tief und immer eine Spur rau. Rafe nahm nicht an, dass sie Kettenraucherin war oder regelmäßig Whiskey trank, doch ihre Stimme erinnerte ihn an schummrige verräucherte Bars. Dass die Menschen ihm etwas verheimlichten, war er gewöhnt, dennoch überraschte es ihn, als er erkannte, dass Leigh Mackinley nicht ganz offen mit ihm war. Ich muss mich irren, sagte er sich, aber für einen Augenblick war er sogar zu dem Rollentausch bereit, nur um mehr über ihr Privatleben zu erfahren. Nach einem weiteren prüfenden Blick sagte er sich jedoch, dass er sich wahrscheinlich nur einbildete, sie verfolge andere Ziele, als sie vorgab.

„Es könnte wirklich sein, dass Ihr Dad Sie feuert“, drängte Leigh ihn weiter.

Rafe atmete tief durch und versuchte, nicht darauf zu achten, wie sehr ihr Duft ihn erregte. „Sie wollen die Rollen mit mir tauschen, nur weil Sie um mein Wohl besorgt sind?“

„Anscheinend verstehen Sie mich vollkommen falsch, Rafe. Ich will das alles nicht tun, aber es ist eben unser Job.“

„Geht es Ihnen um die bezahlten Überstunden?“ Diese Möglichkeit kam ihm erst jetzt in den Sinn.

„Genau, darum geht es. Ich brauche das Geld dringend.“

Sofort bekam er ein schlechtes Gewissen. Die Assistentinnen erhielten kein sehr hohes Gehalt, und vielleicht brauchte sie das Geld für ihr Baby. Ohne sich dagegen wehren zu können, streckte er die Hand aus und strich ihr beruhigend über die Schulter.

Verwundert sah sie ihn an. „Rafe?“

Er antwortete nicht. Langsam drückte er sich an sie. Nur ganz kurz berührten seine Beine ihre Schenkel, und dieser flüchtige Kontakt sandte einen prickelnden Schauer durch seinen Körper. „Wenn Sie Geld brauchen, Leigh, dann stelle ich Ihnen gern einen Scheck über die Summe Ihrer Überstunden aus.“ Himmel, was war nur in ihn gefahren? Hatte er sich nicht fest vorgenommen, sich niemals mit verletzlich wirkenden Frauen einzulassen, die ihm wahrscheinlich nur Ärger einbrachten, weil sie irgendwann seine Hilfe brauchten? „Dann können Sie mir dabei helfen, meinem Dad diese alberne Idee mit dem Rollentausch auszureden.“

„Glauben Sie, ich lasse mich kaufen? Einfach so?“

Was hatte sie denn dagegen? „Sie sagten doch, dass Sie das Geld brauchen. Ich will Ihnen nur helfen.“ Verflixt, er steckte schon in der Schlinge. Mit ihrem vertrauensvollen Blick hat sie ihn eingewickelt. Nein, er durfte sich davon nicht beeindrucken lassen. Er durfte nicht vergessen, dass sie mit ihrer Mutter zusammenlebte und ein Baby hatte. Er blickte auf das Foto auf ihrem Schreibtisch. Ein niedliches, fröhlich lachendes Baby. Sein Blick wanderte zurück zu ihr, zu dem mädchenhaften Gesicht mit den kurzen blonden Haaren. Im hellen Licht der Deckenlampen sah es aus, als würde es strahlen wie reines Gold. Verlangen flackerte in Rafe auf. Er musste hier weg, und zwar schnell. „Kommen Sie, Leigh“, lockte er. „Wieso gehen Sie nicht auf meinen Vorschlag ein und nehmen das Geld?“

Sie schwieg, und in diesem Moment wurde ihm klar, dass sie nicht älter als fünfundzwanzig sein konnte. Also zu jung für ihn. Obwohl er wusste, wie unvernünftig das war, flüsterte er: „Ich mache Sie nervös, stimmt’s?“

Lange sah sie ihm in die Augen. „Ein bisschen.“

„Also, Sie machen mich auch nervös, seit ich Sie das erste Mal gesehen habe.“, gestand er.

„Ich mache Sie nervös?“, fragte Leigh überrascht.

Und wie! dachte er. „Wieso wollen Sie unbedingt diesen Job?“ Er wünschte sich, nicht so stark auf sie zu reagieren. „Mit Ihren Sprachkenntnissen könnten Sie als Dolmetscherin doch viel mehr Geld verdienen.“ Sie konnte jederzeit eine Stelle bei einem Verlag oder den Vereinten Nationen finden. „Ich frage mich, wieso Sie auf jede Laune meines Vaters eingehen.“

Immer noch fuhr sie rastlos über ihren Schreibtisch. Mit den kurzen abgekauten Nägeln sollten ihre Finger eigentlich unerotisch aussehen, doch Rafe fand alles an ihr sinnlich. Jetzt hob sie eine Hand und strich ihm sachte über den Aufschlag des Jacketts. Rafe hielt den Atem an. „Ich hatte nie vor, Sie nervös zu machen, Rafe.“

Dann hör doch auf damit! „Sie werden mich nicht davon abhalten, mich Ihnen weiter zu nähern“, warnte er sie, und leise lächelnd blickte er auf ihre Hand an seiner Brust. Ohne darüber nachzudenken, rückte er noch enger an Leigh heran. Eigentlich konnte sie sich jetzt wegen sexueller Belästigung über ihn beschweren oder ihre Kündigung einreichen, doch sie rührte sich nicht, und darüber war Rafe froh. „Wenn ich es nicht besser wüsste“, reizte er sie weiter und versuchte, dabei möglichst unbeteiligt zu wirken, „dann könnte ich den Eindruck bekommen, als würden Sie mich ermutigen.“

„Ich gehe auf die Vorschläge Ihres Vaters ein, weil er hier der Boss ist.“

„Stimmt das wirklich?“ Langsam strich er ihr kreisend über die Schulter, und als sie immer noch nicht schreiend das Weite suchte, fuhr er fort: „Ich bin hier auch der Boss, Leigh.“

„Und was soll mir das sagen?“

„Wollen Sie auch auf meine Launen eingehen?“

Sie hatte den Kopf leicht in den Nacken gelegt, und Rafe sah den Pulsschlag an ihrem Hals. Die Sommersprossen auf ihrer Nase wirkten noch dunkler. „Das würde Ihnen gefallen, habe ich recht, Rafe?“

„Dazu bräuchte ich eine Kostprobe.“

Verunsichert strich sie sich das Haar aus der Stirn, und am liebsten hätte er eine Strähne berührt, um zu herauszufinden, ob es sich so seidig anfühlte, wie es aussah.

„Vergessen Sie nicht, dass das Ganze die Idee Ihres Vaters war.“ Sie machte eine Pause und senkte die Stimme, um ihren Worten mehr Nachdruck zu verleihen. „Mir ist es nämlich nicht gleichgültig, ob ein Fremder in meinem Bett schläft.“

Gebannt beobachtete Rafe, wie sie sich mit der Zungenspitze über die Unterlippe fuhr. „Ein Fremder? Oder ich?“

Der Blick ihrer umwerfenden braunen Augen bekam einen kühlen durchdringenden Ausdruck, doch er wirkte in keiner Weise bedrohlich. „Sie. Ob Sie es mir glauben oder nicht, Sie sind nicht mein Typ, Rafe.“

Er sah ihr unverwandt in die Augen, während er sie mit den Hüften sanft, aber auf eindeutige Weise bedrängte. „Aber dass Sie von mir fasziniert sind, würde einiges erklären. Beispielsweise Ihre Nervosität. Oder weshalb Sie dem Plan meines Vaters so bereitwillig zugestimmt haben.“

Fassungslos starrte sie ihn an. „Sie müssen verrückt sein.“

Das entlockte ihm nur ein Lächeln. „Auf jeden Fall wäre es eine Erklärung dafür, warum Sie gerade jetzt den Körperkontakt zu mir dulden.“ Seine Finger schlossen sich fester um ihre Schulter und massierten sie. Seine Stimme klang weich wie Samt. „Sie fühlen sich zu mir hingezogen, habe ich recht?“

Lange sah sie ihn prüfend an, und als sie dann sprach, konnte er sie kaum hören. „Vielleicht versuche ich gerade, mich zu entscheiden.“

„Diese Entscheidung haben Sie schon getroffen. Ich habe mir bereits eine Theorie über Sie zurechtgelegt.“

„Ach, ja?“

Rafe nickte. „Sie sind geschieden“, sagte er. „Im Moment sind Sie nicht zu einer ernsthaften Beziehung bereit, und vielleicht sehnen Sie sich nach ein bisschen männlicher Gesellschaft. Am besten mit einem Mann, der seine Freiheit liebt und Ihnen nicht das Herz bricht.“ Vielleicht dachte sie sogar daran, dass ihre Mutter heute Nacht auf das Baby aufpassen konnte, damit sie, Leigh, mit zu ihm kommen konnte.

„Anscheinend wollen Sie diese Woche dazu nutzen, viele neue Eindrücke zu bekommen“, erwiderte Leigh spöttisch.

Er lachte leise. „Davon könnten wir beide profitieren.“

Leigh verdrehte die Augen. „Eine etwas plumpe Masche, oder?“

Wieder lachte er. „Möglich. Dann wollen Sie also wirklich nicht gern in meinem Bett schlafen?“ Lächelnd sah er sie an.

„Nein.“ Es klang nicht sehr überzeugend.

„Noch nicht“, korrigierte er und strich mit der Hand über ihren Rücken. Erstaunt stellte er fest, wie muskulös ihr zierlicher Körper sich unter dem weichen Pullover anfühlte.

„Ein bisschen Überzeugungsarbeit könnte helfen“, erwiderte sie leise.

„Liebend gern“, flüsterte er zurück. Ohne weiteres Zögern senkte er den Kopf und presste seine heißen Lippen auf ihren Mund. Sein erfahrener Kuss versprach sinnliche Freuden, die alle Grenzen sprengten.

2. KAPITEL

„Wir werden das später beenden.“

Als sein Vater auftauchte, hatte Rafe den Kuss mit diesem Versprechen abgebrochen, und Leighs Knie zitterten jetzt noch. Er folgte ihr nach Hause, und Leigh konnte immer wieder nur daran denken, dass der große Wagen, in dem sie saß, viel mit Rafe gemeinsam hatte. Er war perfekt gebaut, hielt viel sehr und war ganz schön schwer zu lenken. Allerdings steckte Leigh im Moment so tief in Schwierigkeiten, dass dieser Wagen ihr noch von Nutzen sein konnte. Er bot ihr viel größeren Schutz als ihr silberfarbener Kombi, falls es hart auf hart kam. Zitternd atmete Leigh durch und blickte in den Rückspiegel.

„Rafe“, sagte sie leise, als sie ihn hinter sich sah. Ohne sich dessen bewusst zu sein, nahm sie eine Hand vom Lenkrad und kaute am Daumennagel. Sosehr sie Rafe auch brauchte, eines hatte sie während der zwei Wochen bei Ransom High Risk schon gelernt: Rafe hasste hilflose Frauen, und wahrscheinlich half er nur einer Frau, mit der er gerade eine Affäre hatte.

Also musste Leigh ihn verführen. Ihr Ehemann hatte ihr zwar eingeredet, dass sie beim Bügeln besser als beim Sex war, doch zum Glück sah Rafe atemberaubend aus. Er war ungewöhnlich groß, und mit seinen breiten Schultern, den muskulösen Oberarmen und den kräftigen Oberschenkeln hatte er etwas Einschüchterndes. Als er sie geküsst hatte, hatte er sich so eng an sie geschmiegt, dass sie deutlich gefühlt hatte, wie sehr sie ihn erregte. Und die Erinnerung an diese intime Nähe ließ sie innerlich erbeben.

Allerdings blieb ihr auch keine andere Wahl. Sie musste ihn verführen, selbst wenn er hässlich wäre. Doch Rafe war nicht hässlich. Ganz im Gegenteil.

Mit wild klopfendem Herzen sah sie immer wieder in den Rückspiegel. Sie konnte seinen Mund sehen. Mit diesen Lippen hat er mich geküsst, dachte sie. Was für volle sinnliche Lippen! Eigentlich dürfte kein Mann solche Lippen haben. An der Wange hatte sie sein seidiges schwarzes Haar gespürt und das leichte Kratzen seiner Bartstoppeln. Leigh sah ganz deutlich seine grünen Augen vor sich mit den schwarzen Augenbrauen und den dichten schwarzen Wimpern.

Auch seine Hände fand sie erregend. Im Moment umklammerte er mit seinen kräftigen Fingern das Lenkrad ihres kleinen Autos, und Leigh vergaß fast die Angst, die sie Tag und Nacht quälte.

Eigentlich hatte sie nur wegen dieser Angst die Stelle bei Ransom High Risk angenommen. Leigh unterdrückte ein Zittern und blickte in die Dunkelheit. In den Ständern der kleinen Geschäfte wurden rote Grußkarten, herzförmige Geschenkschachteln und Blumensträuße angeboten. Ihr fiel ein, dass heute Valentinstag war, und in diesem Augenblick sehnte sie sich unsagbar nach einem ganz normalen romantischen Dinner mit einem Mann, der sie liebte.

Rafe kam für diese Rolle nicht infrage.

Bei ihren Nachforschungen hatte sie herausgefunden, dass er der beste Entführungsunterhändler in New York war, und deshalb war sie zu Ransom High Risk gegangen. Sie hatte ihn um Hilfe anflehen wollen, stattdessen wurde sie für eine Bewerberin für Cindis Stelle gehalten. Weil Rafe ihr Chef sein würde, hatte sie beschlossen, die Situation für sich zu nutzen. Sie hatte mit Jack gesprochen und dann auf Rafes Rückkehr gewartet. Laut einem Zeitungsartikel hatte Rafe einmal fünf Tage lang nicht geschlafen, während er mit einem Verbrecher verhandelte, der vierundzwanzig Kinder aus einem Kindergarten in einem Schulbus gefangen hielt. An diesen Kindern musste ihm sehr viel gelegen haben, und deshalb hoffte Leigh inständig, dass er eine gutmütige Ader besaß und Mitleid mit ihr bekam. Weil er sich so rührend für die gekidnappten Kinder eingesetzt hatte, hatte Leigh auch keine Bedenken, ihn mit Kimmie allein zu lassen. Sicherer als bei ihm konnte kein Baby sein.

Allerdings war ihre Hoffnung auf sein Mitleid vergebens gewesen.

Als er nach New York zurückkehrte, hatte er sie nur kühl angesehen und war dann wortlos ins Büro seines Vaters gestürmt. Eine halbe Stunde lang hatten die beiden sich dort drinnen angeschrien.

Seitdem suchte Leigh ständig nach einem Weg, um Rafe zu erweichen. Viermal hatte sie ihm Fälle vorgelegt, bei denen es für die Firma nichts zu verdienen gab. Er hatte als Antwort nur erwidert: „Keine Scherze, bitte. Ich lasse mich nicht umsonst anschießen. Wer hat Ihnen denn erzählt, dass wir bei Ransom High Risk die Wohlfahrt sind? Sieht das hier für Sie aus wie ein gemeinnütziger Verein? Rettet die Wale? Helft den Gummibärchen?“

In diesen Situationen hatte Leigh ihn fast gehasst.

Jack Ransom konnte ihr auch nicht weiterhelfen. Trotz dieses Seminars, das er wirklich dringend nötig gehabt hatte, war er ein aufbrausender Mann voller Launen. Obwohl er Leigh für das Beste seit der Erfindung von Schnittbrot hielt, würde er sich hintergangen fühlen, wenn er erkannte, dass sie mit Hintergedanken zu Ransom High Risk gekommen war. Sie brauchte dringend Hilfe, aber sie wollte seine hohe Meinung von ihr nicht zerstören. Außerdem hatte Jack bereits sehr unbeholfen angefangen, sie mit Rafe zu verkuppeln. Jeden Tag erzählte Jack ihr von Rafes trauriger Kindheit ohne Mutter und betonte, dass Rafes grobe Art nur von einer liebenswerten Frau wie ihr gemildert werden könne.

„Liebenswert“, flüsterte sie. Wie ungern sie Jack enttäuschte! Sie tastete nach der Handtasche auf dem Beifahrersitz und der Pistole darin. Im Moment hatte sie den Eindruck, überall von Gefahr umgeben zu sein. Und das galt besonders für den Fahrer des Wagens hinter ihr.

Heute Nacht war hoffentlich nicht ihre einzige Chance, Rafe zu verführen. Sie wollte allein in seinem Apartment sein, um seinen Computer durchzuchecken. Rafe arbeitete oft zu Hause und hatte auf seinem Rechner eine Datei mit Namen von Profi-Gangstern, Informanten und bekannten Entführern. Heute würde Leigh ausdrucken, was sie an Daten bekommen konnte. Wenn sie doch nur Rafes Tageshonorar von 2000 Dollar bezahlen könnte! Aber die Preise dieser Unterhändler waren zu hoch für sie. Sie schluckte und überlegte, dass es vielleicht gar nicht so schrecklich wäre, mit Rafe zu schlafen.

In diesem Moment klingelte das Handy.

Wie immer kämpfte sie gegen die aufsteigende Panik an. Mit einer Hand umklammerte sie das Lenkrad, mit der anderen zog sie das Handy aus ihrer Handtasche.

Mühsam unterdrückte sie das Zittern in ihrer Stimme. „Hallo?“

Niemand antwortete. Sie lauschte nach Nebengeräuschen aus dem Handy, an denen sie erkennen konnte, woher der Anruf kam. „Ich weiß, dass Sie da sind, also sprechen Sie doch bitte mit mir. Ich werde alles tun, was Sie verlangen.“

Obwohl ich das eigentlich nicht kann, dachte sie, und ihr wurde eiskalt. Wusste der Anrufer denn nicht, dass sie kein Geld mehr besaß? Sie war mit ihren Nerven am Ende. Hatten diese Männer vielleicht schon herausbekommen, dass sie zu Ransom High Risk gegangen war? Wurde sie beobachtet?

Entsetzt sah sie in den Rückspiegel – direkt in Rafes entschlossenes Gesicht. Sein eindringlicher Blick beruhigte sie etwas.

Eine verzerrte Stimme sagte: „Haben Sie die 40.000?“

„Ja.“

„Sie bekommen weitere Anweisungen. Befolgen Sie sie, sonst bringen wir ihn um.“

Die Leitung wurde unterbrochen.

Sie würden wieder anrufen. Das taten sie immer. Oder vielleicht diesmal nicht? Das war Leighs größte Angst. Eines Tages würde das Handy, das sie immer bei sich trug, vielleicht nicht mehr klingeln.

Und sie würde niemals erfahren, ob Kimmies Vater noch lebte.

Entschlossen straffte sie die Schultern und verdrängte ihre Angst. Als ihr Vater noch lebte, hatte er ihr oft gesagt, dass die Mackinleys zu stolz waren, um mit ihren Problemen andere zu belästigen. Aber mittlerweile hatte Leigh schon so lange gute Miene zum bösen Spiel gemacht, dass sie nicht wusste, wie lange sie diese Fassade noch aufrechterhalten konnte.

Ich muss Rafe unbedingt verführen, dachte sie. Damit er mir hilft.

Und es würde ihr leicht fallen, dabei zu lächeln. Schon jetzt konnte sie etwas befreiter atmen, wenn sie an ihn dachte. Wenn es einen Mann gab, der ihr helfen konnte, dann war er es. Vorhin während des Kusses hatte sie zum ersten Mal ihre Probleme für einen kurzen Moment vergessen. Sie hatte sich dem Kuss hingegeben und die leidenschaftliche Berührung seiner Zunge ausgekostet, während sie sich in seine Arme schmiegte. Dort hatte sie sich geborgen gefühlt. Bei der Erinnerung an den Kuss errötete sie.

Ihr wurde klar, dass sie immer noch das Handy umklammerte, und schnell rief sie ihre Mutter an, um ihr zu erklären, weswegen sie Rafe mit nach Hause brachte. Dann steckte sie das Handy wieder zu der Waffe in die Tasche.

Hinter ihr saß das Ziel ihrer Verführungsversuche immer noch eingezwängt in ihrem kleinen Auto. Rafe hatte den Fahrersitz ganz nach hinten geschoben. Dennoch fand er für seine langen Beine kaum Platz.

Leigh dachte daran, wie diese kraftvollen Schenkel sich an sie gedrückt hatten. Deutlich hatte sie auch Rafes Erregung gespürt. Ihr Herz schlug wie wild. Nicht einmal Oliver, ihr Exmann, hatte sie so leidenschaftlich geküsst. Eigentlich hatte Rafe sie einschüchtern wollen, damit sie auf den Rollentausch verzichtete, doch dadurch hatte er nur erreicht, dass ihr das Vorhaben, ihn zu verführen, nicht mehr so unangenehm erschien.

Rafe war überrascht, als er das heruntergekommene Apartmenthaus sah, in dem Leigh lebte. Die Reisetasche, die er immer bei sich trug, falls er ganz schnell zum Flughafen musste, stellte er gleich neben der Eingangstür ab und blickte sich im Treppenhaus um. „Hier lebst du?“

„Trautes Heim, Glück allein.“

Er konnte Leigh in dem dunklen Flur kaum erkennen. Sie betrachtete ihn ganz unverhohlen von Kopf bis Fuß, und Rafe musste lächeln. Diese anerkennenden Blicke von Frauen kannte er, und es gefiel ihm, dass Leigh ihn attraktiv fand. „Ich weiß ja nicht, wie es dir geht“, sagte er und kam leise lachend auf sie zu, „aber nach diesem Kuss im Büro wünsche ich mir eine Wiederholung.“

Gelassen knöpfte sie sich den Mantel auf. „Wer sagt denn, dass es die nicht gibt?“

„Anscheinend niemand.“ Er schlug seinen Mantel auf und presste ganz unvermittelt die Hüften an Leigh. Sofort spürte er wieder diese leidenschaftliche Glut, die zwischen ihnen beiden herrschte. Leigh war einfach unwiderstehlich. Mit beiden Händen umfasste er ihre schmale Taille und strich ihr sanft über den weichen Pullover. Diese Berührung reichte schon aus, um ihn wieder zu erregen.

Noch mehr verblüffte ihn allerdings, dass es Leigh nicht zu stören schien.

Verlangend sah er sie an. Am Blick ihrer glänzenden Augen erkannte er, dass sie genauso empfand wie er. „Wir arbeiten doch zusammen“, erinnerte er sie leise. „Küsse sind noch in Ordnung, aber wenn wir so weitermachen, landen wir zusammen im Bett.“

Sie lachte leise. „Klingt nicht schlecht.“

„Aber vielleicht ist es nicht klug.“

„Deine Assistentinnen bleiben nie lange in ihrem Job“, stellte sie nur fest.

„Heißt das, du kündigst?“ Sobald er es aussprach, wurde Rafe bewusst, dass er das nicht mehr wollte.

„Irgendwann.“ Sie legte ihm die Hand an den Aufschlag des Mantels. „Wegen unserer beruflichen Verbindung sollten wir uns also keine Sorgen machen. Außerdem will dein Dad doch auch, dass wir Zeit miteinander verbringen.“

Entnervt seufzte Rafe auf. „Mein Vater will, dass wir heiraten, Leigh.“

Wieder lächelte sie, und Rafe sah wie gebannt auf ihren Mund. „Ich mag deinen Dad.“

Das gefiel ihm. Genau wie ihr Lächeln und ihre heisere sinnliche Stimme. „Ich auch“, sagte er leise.

Leighs leises Lachen war verführerisch und klang fast wie Musik. „Dein Dad ist sehr aufrichtig, und ich bin sicher, dass man sich in Notlagen immer auf ihn verlassen kann.“

„Auf jeden Fall hat er einen Narren an dir gefressen.“ Und ich auch, gestand Rafe sich ein, während er seinen Griff um ihre Taille verstärkte. Doch obwohl sein Dad und auch Leigh ihm beide ihre Zustimmung gezeigt hatten, blickte er sich nachdenklich im Flur um. Irgendetwas an der ganzen Situation störte ihn. „Dein Apartment hätte ich mir anders vorgestellt.“

„Was hast du denn erwartet?“ Leigh klang leicht gereizt.

Er hob die Schultern. „Eine schickere Gegend.“ Vielleicht in der Nähe des Central Parks, wo auch er wohnte. Die Assistentinnen der Firma bekamen kein großes Gehalt, aber bei Leighs Bildung, ihrem Stil und ihrer teuren Kleidung war Rafe davon ausgegangen, dass sie bei der Scheidung eine großzügige Abfindung bekommen hatte.

„Bei uns oben sieht es anders aus“, versicherte sie ihm mit heiserer Stimme. „Du wirst dich hier wohlfühlen, Rafe.“

Nicht so wohl wie bei mir zu Hause, dachte er. Trotz der frisch gestrichenen Wände und des sauberen Fußbodens wirkten die Ziegelwände feucht, die Beleuchtung war düster, und in den Wänden hörte man die Abflussrohre. Dass Leigh hier lebte, kam ihm irgendwie nicht richtig vor. Außerdem parkte sie immer so weit vom Büro entfernt, obwohl es für die Angestellten extra reservierte Parkplätze gab. Wieso fuhr sie überhaupt mit dem eigenen Wagen? Mit der U-Bahn wäre sie doch viel schneller.

„Ich wollte nicht unhöflich sein“, sagte Rafe. „Es ist nur anders, als ich es mir vorgestellt hatte.“ Er lächelte. „Und du bist auch ganz anders.“

„Was soll das denn heißen?“

Lange blickte er sie schweigend an. Er hätte diese unschuldig aussehende vertrauensselige Frau nicht küssen dürfen, aber jetzt war es geschehen. Und nach dem ersten Kuss konnte er sich einfach nicht zurückhalten. Bei ihr spürte er eine Mischung aus Unsicherheit und festem Willen, die ihn ganz verrückt vor Lust machte. „Ich glaube, ich fange an, dich zu mögen, Leigh.“

„In den vergangenen zwei Wochen habe ich dich kennengelernt, Rafe. Und ich glaube, ich mag dich auch.“

Misstrauisch sah er ihr in die Augen. „Das kann ich kaum glauben. Immerhin habe ich mir große Mühe gegeben, dich zu vergraulen.“

„Du warst verärgert, weil dein Dad mich eingestellt hat, ohne es mit dir abzusprechen“, wiegelte sie ab. „Das ist doch verständlich. In so einer Situation fällt es schwer, jemanden auf Anhieb zu mögen.“

„Jetzt tue ich es aber.“ Er blickte auf ihre Lippen, den leicht verschmierten rosa Lippenstift, und er musste daran denken, wie aufreizend sie ihn geküsst hatte. Rafe strich ihr mit den Fingerknöcheln über die samtweiche Wange. „Weißt du, woran ich auf der Fahrt hierher gedacht habe?“ Sie schüttelte den Kopf, und Rafe bemerkte, dass ihre Wangen sich leicht gerötet hatten. Er lächelte. „Doch, das weißt du.“

Ihre braunen Augen glänzten. „Wirklich schade, dass ich nicht dein Typ bin.“

Sie weiß, wie man flirtet, dachte er. Und er mochte Frauen, die nie um eine Antwort verlegen waren. „Weißt du denn, wie mein Typ aussieht?“

„Ich habe Nachforschungen angestellt.“

„Dann leg das hiermit zu den Akten, Darling.“ Er beugte den Kopf und küsste Leigh so stürmisch, dass ihr Lächeln erstarb. Leidenschaftlich drang er mit der Zunge in ihren Mund ein.

Leigh ging bereitwillig darauf ein und strich Rafe mit der Zungenspitze über die Lippen, bevor sie den Kuss abbrach.

„Das war wundervoll“, flüsterte er.

„Hör auf, das Thema zu wechseln.“ Sie seufzte. „Deinen bevorzugten Typ Frau kenne ich aus den ganzen Bewerbungsmappen für Cindis Job.“

Innerlich zuckte Rafe zusammen und wünschte sich plötzlich, dass die Bewerberinnen der Model-Agenturen nicht immer großformatige Hochglanzfotos von sich mitschicken würden. „Tja dann“, lächelnd streichelte er ihre Taille, „dann solltest du wenigstens wissen, dass jede dieser Frauen mindestens siebzig Anschläge pro Minute tippen konnte.“

„Und das mit knapp zwanzig Jahren. Ich bin beeindruckt.“

„So sind eben die Frauen, die ein Mann gern im Büro um sich hat“, erwiderte Rafe und spürte ihren Seidenschal an der Wange, als er zärtlich ihren Hals küsste. „Könnte aber auch sein, dass ein Mann noch andere Frauen braucht …“ Er verstummte.

„Im Bett?“, beendete Leigh den Satz für ihn.

Rafe hob den Kopf und blickte sie prüfend an. „Versuchst du, mich zu verführen?“, fragte er ganz offen.

Sie lächelte vielsagend. „Gut möglich.“

„Jedenfalls machst du das ganz hervorragend“, gab er zu. „Aber könntest du mir den Grund dafür erklären?“ Seit sie bei ihm arbeitete, hatte er sich ihr gegenüber absichtlich sehr kühl verhalten.

Sie zuckte mit den Schultern. „Wieso denn nicht? Das Leben steckt voller Überraschungen.“

„Und zu diesen Überraschungen gehörst du auf alle Fälle.“ Immer noch konnte er nicht fassen, welche Wirkung sie auf ihn hatte. Er räusperte sich. „Wieso verrätst du mir nicht, was du in mir siehst?“

„Vielleicht sehe ich in dir einen Fall für einen wohltätigen Verein.“

„Wie bitte?“ Er unterdrückte ein Lächeln und sah ihr in die verheißungsvoll glänzenden Augen.

„Kann doch sein, dass ich zum Verein ‚Rettet die Wale‘ gehöre. Oder zu ‚Helft den Gummibärchen‘.“

Wieder zuckte Rafe innerlich zusammen. Wieso hatte er bloß so verärgert auf ihren Vorschlag reagiert, auch einen unbezahlten Job anzunehmen? Sie verspannte sich kaum merklich, und Rafe fiel das Atmen schwer. „Morgen im Büro werden wir uns diese Fälle ohne Bezahlung noch einmal ansehen“, sagte er leise. „Gegen zusätzliche Arbeit habe ich noch nie etwas einzuwenden gehabt.“

„Ich habe aber gemeint, dass du der Fall für den wohltätigen Verein bist“, entgegnete sie trocken.

So weit kommt’s noch, dachte Rafe und stellte fest, wie sehr er das Flirten mit Leigh genoss. „Ich? Lass mich raten: Bin ich der Wal, den es zu retten gilt?“

Sie fuhr ihm über die Brust und zog spielerisch an seiner Krawatte. „Nein, du bist eher das Gummibärchen.“

„In deiner Nähe schon.“

„Shark hat mir verraten, dass du dich gerade erst von einer Frau namens Charmaine getrennt hast.“ Leigh lachte leise. „Vielleicht will ich dir nur wieder auf die Füße helfen. Du siehst also, dass ich mich über dich erkundigt habe.“

Er hielt die Luft an, als er ihre Finger an der Brust spürte. Was hatte diese Frau eigentlich vor? Sollte er vor Lust sterben? Bei der Berührung ihrer zierlichen Finger durchzuckte ihn brennende Begierde, und sein Herz schlug schneller. „Shark hat mit dir über mein Liebesleben gesprochen?“

„Nur über den aktuellen Stand“, erwiderte sie mit leicht spöttischem Lächeln.

Er musste lachen. „Dann war das ja eine kurze Unterhaltung.“

„Du klingst aber nicht sehr deprimiert deswegen.“

„Das bin ich auch nicht.“ Er konnte kaum glauben, dass er mit Leigh über seine gescheiterte Beziehung sprach. „Das Thema Charmaine ist für mich jedenfalls beendet, das kann ich dir versichern.“

„Hast du sie geliebt?“

Rafe überlegte einen Moment. „Nein. Charmaine war Sharks Assistentin“, erklärte er dann. „Sie verließ unsere Agentur und arbeitet jetzt als Fotomodell für die Stiefelmarke ‚Big Boss Sneakers‘.“

„Dann ist Charmaine die Blondine auf den großen Plakaten? Die nichts am Leib hat außer diesen dünnen Netzen?“

„Na ja, Stiefel hat sie auch noch an“, stellte Rafe richtig. „Sie stammt aus einer sehr einfachen Familie und wuchs in der Bronx auf. Letztes Jahr brauchte sie Hilfe dabei, einen Kredithai davon zu überzeugen, ihren jüngeren Bruder nicht umzubringen.“

Verstehend nickte Leigh. „Also eine schöne begabte junge Frau, die männlichen Beistand benötigte.“

„Genau. Ihrem Bruder geht es gut, weil Shark und ich seine Schulden bezahlt haben, aber zwischen Charmaine und mir lief es nicht so gut. Deshalb habe ich auch beschlossen, niemals mehr einem Bekannten zuliebe einen Fall ohne Bezahlung anzunehmen.“

„Hat sie dich so sehr verletzt?“

Rafe schüttelte den Kopf. „Gar nicht mal. Ich dachte nur, dass …“ Er schwieg einen Moment und fragte sich, wieso er so freimütig mit Leigh über Charmaine sprach.

Ihr Tonfall klang interessiert. „Du dachtest?“

„Ich glaube, ich hatte mit dem Gedanken gespielt, eine dauerhafte Beziehung einzugehen.“ Nicht einmal Rafes Vater wusste, dass Rafe sich mittlerweile mehr als nur Spaß von einer Frau erhoffte. Und für Charmaine war das Leben eine einzige Party gewesen. Rafe gab es nur ungern zu, aber sie war die erste Frau gewesen, die ihm den Laufpass gab. Noch dazu wegen eines anderen Mannes. Zärtlich sah er Leigh in die Augen. „Wie lange ist es denn bei dir her?“

Unwillkürlich hielt Leigh die Luft an und schluckte, als er mit einer Hand unter ihren Mantel fuhr und ihr über die Schulter strich. „Was?“

Er beugte sich so dicht zu ihr, dass sie seinen warmen Atem an der Wange spürte. „Seit du mit jemandem zusammen warst.“

„Länger als mir lieb ist.“

Dann lass uns keine Zeit verlieren, dachte er. „Leigh, ich muss dir sagen, dass ich kaum glauben kann, was hier geschieht. Nach meiner Erfahrung sind Frauen wie du nie so … so herausfordernd.“

Sie lachte auf, und Rafe spürte dieses Lachen in seinem ganzen Körper. „Ich rühre mich ja nicht einmal.“

„Das brauchst du auch gar nicht.“ Er malte sich aus, wie es sein mochte, wenn sie die schlanken Beine um seine Hüften schlang und er eins mit ihr wurde. Leigh war aufregender als jede andere Frau, die er bislang kennengelernt hatte. „Mein Vater hat ja keine Ahnung.“

Sie legte ihm die Hände auf die Schultern. „Er findet, dass du eine Frau brauchst.“

„Da hat er recht. Ich brauche eine Frau. Und zwar dich.“

„Im Vergleich zu Charmaine bin ich vielleicht zu anständig.“

Ihr spöttischer Ton stachelte seine Begierde noch mehr an, und Rafe strich ihr sanft mit den Lippen über den Mund, bevor er sie glutvoll küsste. Gleichzeitig streichelte er ihren Hals, und sie erschauerten beide vor Erregung. Seine Stimme war jetzt noch einschmeichelnder. „Leigh.“ Wieder wunderte er sich darüber, dass sie sich so entgegenkommend zeigte. „Ich muss dir ein großes Geheimnis gestehen.“

„Nämlich?“

„Ich mag anständige Frauen.“

Sie lachte. „Das klang vorhin im Büro noch ganz anders.“

„Jeder kann seine Meinung ändern.“ Wie zum Beweis küsste er sie erneut, diesmal sehr zärtlich und sanft. Solche Küsse mochte er am meisten, denn sie führten zu zärtlichem Sex, der sich ganz langsam steigerte und scheinbar endlos hinzog. Rafe hob den Kopf und strich ihr sanft über die kalte Wange. Wieso versuchte Leigh bloß, ihn zu verführen? Weil sie sich nach der Scheidung nach einem Mann sehnte?

„Was hältst du davon, wenn wir zu mir fahren?“, schlug er vor. „Wir könnten uns etwas zu essen kommen lassen. Vielleicht kann deine Mom heute Nacht auf das Baby aufpassen, und wir beide …“

Jetzt wirkte sie auf einmal besorgt. „Vielleicht morgen, Rafe.“

Morgen! So lange konnte er nicht warten! Unwillkürlich verstärkte er den Griff an ihrer Taille, als wolle sie ihm weglaufen. Unwillig stöhnte er auf. „Aber ich möchte diese Nacht mit dir verbringen.“

Ihre Augen glänzten gerührt. „Das freut mich unsagbar, Rafe, denn …“ Sie errötete. „Ich brauche Hilfe, Rafe.“

Tun wir das nicht alle? dachte er und umfasste ihre Schultern. „Ich weiß, Leigh“, versicherte er ihr atemlos. Was immer sie auch für Bedürfnisse hatte, er würde sich bemühen, sie voll und ganz zu erfüllen.

Erleichtert sah sie ihn an. „Wirklich, Rafe?“, fragte sie. „Du weißt es?“

„Sicher.“ Er betrachtete ihr Haar und stellte sich vor, mit beiden Händen durch die kurzen blonden Strähnen zu fahren. „Ich verstehe es. Und ich bräuchte nicht lange, um dich wunschlos glücklich zu machen.“

Leigh runzelte die Stirn. „Aber woher weißt du das? Wie bist du darauf gekommen?“

Lächelnd stieß er die Luft aus. Wie zierlich sie war und wie klein! Sanft legte er ihr das Kinn auf den Kopf und kostete das Gefühl aus, ihr Haar zu spüren, bevor er sie auf die Stirn küsste und dabei von einer Woge der Zärtlichkeit erfasst wurde, wie er es noch nie zuvor erlebt hatte. „Ich weiß es, weil man es dir deutlich ansieht, Leigh. Deine Augen verraten dich. Im Büro hast du mich oft beobachtet, und jetzt schmiegst du dich voller Hingabe an mich.“

„Du denkst, ich rede von Sex.“ Es klang nicht glücklich, obwohl sie seine Küsse mit begierigem Eifer erwidert hatte.

Enttäuschung überkam ihn. „Tust du das denn nicht?“

Sie wirkte jetzt verunsichert, und keiner von ihnen lächelte mehr. „Ach, Rafe.“ Sie nahm die Hände von seinen Schultern und faltete sie vor der Brust. „Ich weiß nicht recht. Das geht alles so schnell.“

„Keine Angst.“ Er war überzeugt, sie voll und ganz zu verstehen. „Es ist nichts dabei, wenn man sich nur nach Sex sehnt.“ Er verschränkte die Finger mit ihren und führte eine ihrer Hände an seinen Schenkel. „Ich schätze, dein Exmann hat dich tief verletzt.“

Sie nickte. „So kann man es auch ausdrücken.“

„Es tut mir leid, wenn es zwischen euch beiden nicht geklappt hat“, stellte Rafe fest. „Aber jetzt musst du an dich selbst denken, Leigh.“

Sie befeuchtete ihre trockenen Lippen mit der Zunge. „Glaubst du, Rafe?“

„Ich bin mir sicher.“ Es klang wie ein Versprechen. „Allein wenn ich dich küsse, stehe ich innerlich schon in Flammen, Leigh“ Sanft legte er eine Hand um ihre Brust. Mit dem Daumen berührte er die aufgerichtete Knospe, und sie stöhnten beide gleichzeitig auf. „Siehst du?“, flüsterte er. „Das fühlt sich sehr gut an, oder, Leigh?“

„Ja“, antwortete sie. „Das tut es wirklich.“

Unvermittelt beugte er den Kopf vor und sog sanft an ihrer Unterlippe. Schon bald würde er jeden Zentimeter ihres Körpers erkunden. Und er würde ihr alles geben, was sie seit so langer Zeit vermisste.

„Bist du das mit Rafe Ransom, Liebes?“, rief eine weibliche Stimme aus dem oberen Stockwerk.

Sie hörten Schritte die Treppe hinunterkommen. Rafe lehnte sich zurück und wurde fast wütend, weil er die Hand von Leighs Brust lösen musste. Sein Körper bebte vor Verlangen, und als er ihr abschließend noch einmal sachte über die Brustspitze strich, erschauerte Leigh so heftig, dass er erkannte, dass es ihr genauso ging wie ihm.

Dann blickte sie zur Treppe, und auch Rafe sah in diese Richtung.

Dort stand ihre Mutter.

3. KAPITEL

Rafe unterdrückte den Wunsch, die Ellbogen aufzustützen, und sah zu Leigh. Sie passt einfach nicht zu mir, überlegte er. Ich habe vielleicht mehr Geld auf dem Konto, aber diese Frau hier hat Stil. Zu gern hätte er gewusst, was sie ausgerechnet zu ihm trieb. Suchte sie nur jemanden für eine flüchtige Affäre? Der Gedanke hätte ihn eigentlich freuen sollen, aber er fühlte sich seltsamerweise gekränkt.

„Heißen Sie wirklich Rafael?“, erkundigte Leighs Mutter Barbara sich und unterbrach damit seine Gedanken. „Was für ein schöner Name.“

„Meine Mutter hat ihn ausgesucht.“ Er zuckte mit den Schultern. „Aber alle nennen mich Rafe.“

„Aha.“ Barbara blickte ihn über das Blumengesteck mitten auf dem Tisch hinweg an. Sie hatte dieselben braunen Augen wie Leigh. „Sehen Sie doch“, sagte sie. „Kimmie zeigt auf Sie. Er möchte, dass Sie ihn halten, Rafe. Ist er nicht der süßeste kleine Junge, den Sie je gesehen haben?“

„Er ist wirklich sehr niedlich“, versicherte er.

Barbara beugte sich zu dem Hochstuhl, der zwischen Leigh und ihr stand, und strich ihrem Enkel über die Wange. „Suchst du männliche Gesellschaft, mein Kleiner?“

Fröhlich krähend klatschte das Baby in die Hände und steckte dann die Finger in seinen Erbsen- und Möhrenbrei.

„Mom!“ Warnend sah Leigh sie an, und ihre Wangen waren gerötet.

„Es stimmt doch. Kimmie kommt fast nie mit Männern in Kontakt. Rafe, Sie sind der erste Mann, den Leigh seit ihrer Scheidung mit nach Hause bringt.“

„Rafe wird Kimmie keine Hilfe sein“, antwortete Leigh, die sich über die Bemerkung ihrer Mutter ärgerte. Mit einem flüchtigen Lächeln fügte sie hinzu: „Es sei denn, du willst, dass dein Enkel lernt, wie man die Herkunft seiner Narben mit so wirkungsvoll erklärt, dass die Mädchen hin und weg sind.“

Rafe blickte zu Barbara und fragte sich, ob alle Eltern versuchten, ihre Kinder zu verkuppeln. „Messerwerfen gehört auch dazu“, erklärte er ganz ernsthaft. Er streifte sich das Jackett ab. Obwohl es Februar war, trug er darunter nur ein kurzärmeliges Hemd. Als Leigh wie gebannt auf die ringförmige Tätowierung aus dunklen Blättern an seinem linken Oberarm sah, spannte er den Bizeps an.

„Und dann kannst du Kimmie ja auch noch erklären, wo man die besten Tätowierungen bekommt“, fügte sie hinzu.

Lächelnd schüttelte er den Kopf. „Machst du Witze? Nach dem Messerwerfen kommen erst noch Schwertschlucken, Feuer spucken und die Kunst, wie man mit dem Kopf Holzbretter zertrümmert.“ Er lachte leise. „Vorausgesetzt, unsere bildschöne Assistentin hat bis dahin überlebt.“

Jetzt musste auch Leigh lachen. „Schon klar. Die, die beim Messerwerfen fast nackt vor der Scheibe steht. Aber kannst du wirklich Bretter mit dem Kopf zertrümmern?“

Sie wirkte ernsthaft interessiert, und deshalb antwortete er auch ganz ehrlich. „Ja, aber es tut höllisch weh. Ich jongliere lieber mit Katzen.“

Sie nickte. „Und wahrscheinlich ernährst du dich ausschließlich von Bier und Brezeln.“

„Nein, nein“, widersprach er. „Hin und wieder brauche ich auch unbedingt einen Tequila.“

Leighs Augen glänzten im Kerzenlicht. „Eine ausgewogene Ernährung ist wirklich wichtig.“

„Um Himmels willen!“ Barbara lachte.

„Solange du meinem Sohn heute noch nichts über Branding und Piercing erzählst, kann ich euch zwei anscheinend getrost allein lassen.“

Es gefiel Rafe, wie Leigh auf seine Scherze einging. „Freut mich, dass du so viel von meinen erzieherischen Fähigkeiten hältst.“ Er faltete seine Serviette zusammen und sah wieder zu dem Baby. „Es tut mir leid“, sagte er entschuldigend. „Als ich hierher kam, dachte ich, Kimmie sei ein …“

„Ein Mädchen?“ Barbara lachte.

„Noch so eine Beleidigung meines strammen Sohns, und du kannst dich auf etwas gefasst machen“, scherzte Leigh.

Rafe hob die Schultern. „Ich weiß einfach zu wenig über Babys. Ich muss gestehen, dass sie für mich alle gleich aussehen.“

„Das wird sich ändern“, stellte Leigh klar. „Wenn du dich näher mit Kimmie beschäftigt hast, wirst du Babys mit ganz neuen Augen betrachten.“

„Wahrscheinlich.“

„Ach, Unsinn.“ Barbara strich Rafe über die Hand, und er war überrascht, wie sehr er diese vertrauliche mütterliche Geste genoss. „In diesem Alter kann man die Jungen ja wirklich kaum von den Mädchen unterscheiden.“

„Tja“, erwiderte er lächelnd, „Sie sehen auf jeden Fall viel zu jung aus, um schon Großmutter zu sein.“

Leigh verdrehte die Augen. „Glaubst du, mit so plumper Schmeichelei erreichst du etwas?“

Barbara lächelte froh. „Das war nicht plump. Und er kann damit alles erreichen. Vielen Dank, Rafe. Das ist das Netteste, was ich seit langem gehört habe.“

„Freut mich.“ Entspannt lehnte er sich zurück und beobachtete Barbara. Sie tauchte eine Serviette in eine Schale mit Wasser und wischte damit Kimmies Finger ab. Rafe wusste noch nicht genau, wie er sie einschätzen sollte. Sie hatte dasselbe markante Kinn wie Leigh, dennoch wirkte sie resigniert, als habe sie ihre Hoffnungen für die Zukunft aufgegeben. Vielleicht hing das mit dem Tod ihres Mannes im vergangenen Jahr zusammen.

Rafe atmete tief durch. Aus Leighs Bemerkungen hatte er erkannt, dass ihr Vater und sie sich sehr nahe gestanden hatten. Es musste ein großer Verlust für sie sein. Er mochte gar nicht daran denken, wie er sich fühlen würde, wenn er seinen Vater verlor.

Leigh sah ihn aufmerksam an. „Du dachtest also, Kimmie sei ein Mädchen, ja?“

„Tja, er … Heißt er denn Kim?“ War das nicht eigentlich ein Mädchenname?

„Kimball George Mackinley“, erklärte Barbara stolz. „Alles Namen von seinen Vorfahren.“

Leigh aß das letzte Stück Fleisch von ihrem mit Goldrand verzierten Teller und hob dann Kimmie aus seinem Hochstuhl. Liebevoll drückte sie ihn an die Brust. „Wenn er zu reden anfängt, wo er wohl bald tun wird, müssen wir uns einen Namen überlegen, der …“

„Männlicher ist“, stellte Barbara lächelnd fest. „Ich habe schon darüber nachgedacht.“

„Ich auch“, fügte Leigh hinzu.

Rafe traute sich nicht, etwas dazu zu sagen. Leighs heisere Stimme klang in seinen Ohren nach, und er konnte nur immer wieder feststellen, wie reizend sie zusammen mit ihrem Baby aussah. Das Licht der Kerzen erhellte ihr Gesicht, und sie lächelte ihr Kind fast ehrfürchtig an. Hatte Leigh ihren Mann auch so geliebt? Unten im Treppenhaus hatte sie sich leidenschaftlich an ihn geschmiegt, also war sie durch ihre gescheiterte Ehe Männern gegenüber anscheinend nicht verbittert. Sie ließ sich nichts bieten, ging auf jeden Scherz ein, und im Moment sehnte Rafe sich danach, ihre Lippen überall an seinem Körper zu spüren. Ihre Brust hatte sich so sinnlich und erregend angefühlt.

Nun sah diese Frau wie eine Göttin aus.

Anscheinend spürte sie seinen durchdringenden Blick, denn sie schaute ihn an, und Rafe konnte kaum atmen. Er seufzte auf und lenkte sich ab, indem er das Apartment genauer musterte. Er kam sich wie in einem Krimi vor oder wie bei einem seiner Aufträge, wenn er herausfinden musste, welches Teil des Puzzles nicht zu den anderen passte.

Wie kamen zwei so gebildete, kultivierte Frauen in eine derartige Absteige? Die kostbaren Möbel und teuren Lampen passten überhaupt nicht zu dem abgetretenen Linoleum auf dem Boden und den billigen Fensterläden. Wieso war der Tisch wie für einen König gedeckt, wenn es nur Hackbraten gab? Anscheinend hatten die Frauen seit Carters Tod finanzielle Schwierigkeiten. Hatte Carter nicht für sie vorgesorgt? Hatte er ihnen Schulden hinterlassen? Aber wieso nutzte Leigh dann nicht ihre Fähigkeiten und ihre Bildung, um einen besser bezahlten Job zu finden?

Aufmerksam beobachtete er Barbara, die genauso nervös wie ihre Tochter wirkte. Allerdings hatte sie ihre Fingernägel nicht abgekaut. Zuerst hatte Rafe angenommen, Barbara sei über seinen Einzug beunruhigt, doch sie betonte immer wieder, wie froh sie sei, ihn bei sich zu haben. Er verstand das alles einfach nicht.

Trotzdem konnte er den Blick kaum von Leigh abwenden. Oder von Kimmie. Er konnte sich gut vorstellen, dass Leigh und ihre Mutter den Kleinen in Gedanken schon im Schach-Club anmeldeten, in Rhetorik-Kurse schickten und ihn in dunkelblau einkleideten. Das ist auch gut und schön, dachte er, wenn sie sich die Privatschulen leisten können. Aber wenn der Kleine in einem Viertel wie diesem aufwächst, sollte er lieber frühzeitig den Umgang mit Klappmessern und Schlagringen erlernen.

„Möchtest du ihn auch mal halten?“ Leigh kam um den Tisch herum.

„Ich glaube nicht, dass …“, brachte Rafe stammelnd heraus.

Sie setzte ihm das Baby einfach mit dem dicken Windelpo aufs Knie und legte Rafes Hand auf Kimmies Rücken. Rafes Herz raste vor Aufregung wie wild. „Ich glaube, ich habe noch nie im Leben ein Baby gehalten.“

Erstaunt sah Barbara ihn an. „Noch nie?“

In den amerikanischen Schulen im Ausland trifft man selten auf Babys, dachte Rafe. Er schüttelte nur den Kopf. „Nein.“ Nur diese französischen Kinder aus dem entführten Bus, aber die waren alle älter als Kimmie gewesen. Selbst jetzt noch wusste Rafe genau, wie sie sich bei ihrer Rettung mit den kleinen Fäusten an seinen Schultern fest geklammert hatten. Er hatte sie zu ihren Eltern gebracht und den Gedanken kaum ertragen können, dass diese kleinen Wesen schon solche schlimmen Ängste hatten ausstehen müssen.

Mit sanfter Stimme sprach Leigh weiter. „Hier. Ich zeig’s dir. Du musst dich ein bisschen entspannen, Rafe.“

„Ich bin vollkommen entspannt“, widersprach er sofort. „Er … ist so klein“, brachte er heraus. Er blickte zu Kimmie, der seine Puppe fest umklammerte.

Eine Puppe! Rafe runzelte die Stirn. Vielleicht sollte ich ihm morgen eine kleine schwarze Jeans und eine Baseball-Kappe kaufen. Und etwas anderes Spielzeug konnte Kimmie auch gut gebrauchen. Autos, Trucks, ein paar Bauklötze. Eben Spielzeug für einen Jungen. Die Puppe war so groß wie eine Barbie-Puppe und hatte langes braunes Haar, das ihr in zerzausten Strähnen vom Kopf herabhing. Die Puppe war splitternackt, und Kimmie hielt sie an den Füßen fest umklammert.

Flüchtig sah Rafe zu Leigh und ihrer Mutter. „Er hat einen guten Geschmack, was Frauen betrifft“, sagte er. „Und anscheinend weiß er auch, wie man sie daran hindert, wegzulaufen.“

Leigh lachte. „Tja, er ist ein junger Mann, der nicht vor Verpflichtungen zurückschreckt.“

Barbara lächelte. „Die Puppe heißt Gigi, und sie ist seine ganz besondere Freundin.“

Rafe wippte Kimmie auf und ab und beugte sich zu ihm. „Ich stehe ja mehr auf Blondinen, Kumpel, aber Gigi ist schon eine tolle Frau.“

Leigh sprach mit ihrer Mom über den Job, den Barbara sich suchen wollte. Rafe hörte nur mit halbem Ohr hin. Es ging um ein Krankenhaus und eine Kirche in Greenwich Village.

Stirnrunzelnd rieb Rafe sanft Kimmies Rücken. Das Greenwich Village war ein sehr nobles Viertel. Hatten die Mackinleys dort gelebt? Wann und wieso waren sie dann an die Lower East Side gezogen? Rafe beschloss, am nächsten Tag nachzuforschen, seit wann die Frauen hier lebten.

Mit einem flüchtigen Blick zu Rafe fuhr Barbara fort: „Sind Sie sicher, dass es Ihnen nichts ausmacht, Kimmie morgen zur Kinderkrippe zu bringen?“

„Das tue ich gern.“ Rafe hatte es schon während des Dinners angeboten.

„Sie sind so ein netter Mann“, stellte Barbara leise fest. „Ich bin nur froh, dass Carter – das ist mein verstorbener Mann – das alles nicht mehr miterlebt.“

Was alles? fragte Rafe sich. Was genau ist denn passiert?

Leigh errötete und warf Rafe einen entschuldigenden Blick zu. Anscheinend wollte sie nicht, dass Außenstehende von ihren privaten Angelegenheiten erfuhren, aber Rafe wollte unbedingt mehr wissen.

„Daddy wäre stolz auf dich gewesen, Mom.“

Rafe blickte sich um. Überall standen Fotos von Carter Mackinley. Die meisten Aufnahmen waren Urlaubsfotos aus besseren Zeiten. Wieso verrieten die Frauen nicht mehr darüber, was ihnen zugestoßen war? Weshalb waren sie auf Rafes vorsichtige Fragen während des Dinners in keiner Weise eingegangen?

Irgendetwas Merkwürdiges ging hier vor. Rafe war sicher, dass die beiden Frauen in der Küche diskutiert hatten, was sie ihm sagen sollten und was nicht.

Nachdenklich betrachtete er Kimmie auf seinem Schoß. Das Baby erwiderte seinen Blick aus unschuldigen Augen. Dieser vertrauensselige Ausdruck erinnerte ihn an Leigh. Auf einmal fingen Kimmies Lippen zu zittern an, und Rafe bereitete sich schon darauf vor, den Kleinen an jemanden abzugeben, der besser mit weinenden Kindern umgehen konnte als er. Doch dann lächelte der Kleine.

Er lächelt mich an, erkannte Rafe. Langsam beugte er sich vor und erwiderte das Lächeln.

Kimmie kicherte, und Rafes Lächeln wurde stärker. „Anscheinend sind wir beide uns einig.“

Barbara wandte sich an Rafe. „Hätten Sie etwas dagegen, wenn er in Ihrem Zimmer schläft? Es ist etwas umständlich, das Bettchen umzustellen.“

Rafe verspannte sich, und das Baby zog die Augenbrauen zusammen. „Braucht er nicht nachts frische Windeln, ein Fläschchen oder sonst etwas?“

„Er ist ein prima Kerl“, versicherte Barbara ihm. „Er wird die ganze Nacht durchschlafen, genau wie Leigh früher.“ Sie lächelte ihre Tochter liebevoll an. „Es sei denn, Sie haben etwas dagegen, Rafe.“

Er wunderte sich immer wieder darüber, dass Barbara diesen seltsamen Rollentausch ohne jeden Protest akzeptierte. Wollten Leigh und sie die Sache allen Ernstes durchziehen? „Ich kann mich an vieles anpassen.“ Er blickte zu Leigh. „Während meiner Arbeit bin ich es gewohnt, mit Fremden zusammenzuleben. Im letzten Jahr habe ich volle vier Monate bei einer Familie in Mexico City verbracht.“

„Ich werde tun, was ich kann, damit Sie dieses Haus als Heim empfinden.“ Barbaras Lächeln war sehr aufrichtig. „In Mexico City, sagten Sie? Ich habe früher Spanisch gesprochen. Es ist schon eine Ewigkeit her, aber vor meiner Ehe mit Carter habe ich mich sehr für Sprachen interessiert.“ Stolz blickte sie ihre Tochter an. „Leighs Spanisch ist ausgezeichnet.“

„Das habe ich bemerkt.“ Rafe wusste, dass Leigh Spanisch genauso flüssig sprach wie er selbst. Seit er dieses Apartment betreten hatte, hatten schon zweimal verärgerte Spanisch sprechende Nachbarn an die Tür geklopft und sich bei Leigh über irgendwelche Probleme mit den Wasserleitungen beschwert, als sei sie dafür verantwortlich, sich mit dem Vermieter auseinander zu setzen.

Leigh seufzte nur und sah ihren Sohn bedrückt an. „Tja, ich … ich schätze, ich sollte jetzt gehen.“

„Das solltest du, mein Liebes.“ Barbara schluckte. Anscheinend wollte sie auch nicht, dass ihre Tochter fuhr, aber wieso hielt sie sie dann nicht auf?

Leigh stand auf, und Rafe blickte ihr atemlos nach. „Ich bringe dich noch zur Tür.“

„Bitte bleib doch sitzen, Rafe. Ich habe noch nicht alles gepackt.“

Rasch gab Leigh Kimmie einen Kuss und ging schnell zur Tür. Dennoch bemerkte Rafe ihren schmerzvollen Gesichtsausdruck. Er runzelte die Stirn. Offensichtlich fiel es ihr schwer, ihren kleinen Sohn zurückzulassen.

„Ich räume lieber den Tisch ab.“ Barbara ging in die Küche.

„Was geht hier denn nur vor, Kumpel?“, flüsterte Rafe Kimmie zu. Als der Kleine nur schnaubte, schüttelte er langsam den Kopf. „Soso, du verweigerst also die Aussage?“ Vorsichtig hob er das Baby hoch und begab sich auf die Suche nach Leigh. Sie stand vor der verkratzten Wohnungstür, an der sich mehrere Riegel befanden, und hatte bereits den Mantel an.

„Ist es wegen deiner Mom?“

Sie runzelte die Stirn. „Meiner Mom?“

Er senkte die Stimme zu einem Flüstern. „Dass du die Nacht nicht mit mir verbringen willst.“

Im gedämpften Licht wirkten ihre Augen im Kontrast zu der blassen Haut noch dunkler. Ihr Blick war offen und ehrlich. „Seit Mom und ich zusammenwohnen“, gab sie zu, „bin ich noch nie die ganze Nacht weg geblieben.“

Er musste lächeln, weil das Baby ihm einen Finger ins Ohr steckte. „Vorhin im Treppenhaus“, sagte er in einschmeichelndem Ton, „kam es mir vor, als seien wir uns einig, wie die heutige Nacht verlaufen soll. Deine Mutter ist nett, aber du bist noch viel netter, Darling.“ Mit der freien Hand fuhr er ihr unter den Mantel und strich ihr unter dem Pullover über die Taille. Leighs Atem ging schneller, und sie verspannte sich. „Ich möchte bei dir sein, Leigh. Heute Nacht.“ Langsam glitt sein Blick von ihren Augen zu den vollen Lippen. „Andererseits“, fügte er hinzu, „gibt es Dinge, die das Warten wert sind.“

Mit einem Arm hielt er Kimmie fest und strich mit der anderen Hand Leigh über die Hüfte und den Po, bevor er mit der Hand zwischen ihre Schenkel fuhr. Ihre Wärme zu spüren erregte ihn so sehr, dass er Leigh voller Begierde küsste. Lustvoll drang er mit der Zunge zwischen ihre Lippen.

Als er den Kuss endlich abbrach, flüsterte er: „Nach diesem Kuss habe ich mich schon während des gesamten Dinners gesehnt.“

„Ich mich auch. Vielleicht haben wir morgen Nacht mehr Zeit.“

„Darauf freue ich mich jetzt schon.“ Ein letztes Mal presste er die Lippen auf ihren Mund und vertiefte den Kuss, bis er fast ganz vergaß, wo sie beide sich befanden.

„Bitte“, brachte sie heraus und drückte gegen seine Brust. „Ich muss los, Rafe.“

Seine Stimme klang heiser und verlangend. „Wenn du nicht bald gehst, lasse ich dich vielleicht nicht weg.“ Er lachte leise. „Dann halte ich dich an den Füßen fest, so wie Kimmie es bei Gigi macht.“

Hastig trat sie einen Schritt zurück und sah zu Kimmie. „Ich habe ihn noch nie nachts allein gelassen“, sagte sie mit unsicherer Stimme zu. „Kein einziges Mal. Er ist zwar abgestillt und hat sich längst ans Fläschchen gewöhnt, von daher dürfte es keine Probleme geben, aber …“

Wütend unterdrückte Rafe einen Fluch. Jetzt wurde Leigh von ihrem Baby getrennt, nur weil sein Dad diesen haarsträubenden Plan ausgeheckt hatte, um sie miteinander zu verkuppeln. Er hob Kimmie etwas höher und strich Leigh mit einem Daumen über die Wange. „Komm schon, Darling. Wir lassen das mit dem Rollentausch einfach. Uns ist doch beiden klar, dass mein Dad seit dem Seminar etwas seltsam ist.“

Da musste sie lächeln. „Ehrlich gesagt glaube ich auch, dass er ein bisschen spinnt, aber ich weiß ja nicht, wie er vorher war.“

„Glaub mir, er war hinterhältig wie eine Schlange. Und uns allen hat er so besser gefallen. Pass auf, wir erzählen ihm einfach, wir hätten die Apartments getauscht.“

Autor

Jule Mc Bride
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Dawn Atkins
Obwohl es immer Dawn Atkins’ größter Traum war, Autorin zu werden, war sie nicht sicher, ob sie wirklich den Funken Genialität besaß, den es dazu braucht. So wurde sie zunächst Grundschullehrerin und fing dann allmählich an, für Zeitungen und Zeitschriften Artikel zu verfassen. Schließlich gab sie ihre Arbeit an der...
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Kathleen Oreilly
<p>Kathleen schrieb ihren ersten Liebesroman im Alter von 11, welcher, zu ihrem ungebrochenen Erstaunen, laut in ihrer Klasse in der Schule vorgelesen wurde. Nach 20 Jahren ist sie jetzt stolz Karriere als Romanautorin gemacht zu haben. Kathleen lebt mit ihrem Ehemann und ihren zwei Kindern in Texas.</p>
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