Tiffany Extra Hot & Sexy Band 81

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HEIßE NACHT AUF DER JACHT DES MILLIONÄRS von GREEN, SHERELLE
Becca will von dem sexy Millionär Joshua DeLong nicht Liebe - sondern nur Geld für ihre Charity-Organisation! Doch nachdem Joshua sie auf seine weiße Jacht vor Miami einlädt, führt er sie dort mit einem ungeheuer aufregenden Vorschlag in Versuchung …

ATEMLOS IN MANHATTAN von BOLD, ANABETH
Wenn Susan und ihre Freundin in den Clubs von Manhattan tanzen und flirten, haben sie feste Regeln: nie die Namen nennen, nie ein zweites Date, nie verlieben. Doch dann lernt Susan einen ultraheißen Typen kennen. Es knistert, es prickelt - zum Teufel mit dem Vorsatz?

BERÜHRT, GESPÜRT - VERFÜHRT! von HOFFMANN, KATE
Ein One-Night-Stand mit diesem breitschultrigen Cowboy war nicht genug, findet Sunny. Als Logan Quinn die Ranch ihres Vaters wieder verlässt, versteckt sie sich in seinem Wohnwagen. Ein Trip quer durch Australien verspricht eine Menge Nächte in Logans starken Armen …

JAZZSONGS FÜR DEN PLAYBOY von HODGES, CHERIS
Jamal hat den Ruf, der größte Playboy von ganz Atlanta zu sein. Weshalb MJ sich ihre Träume um den Security-Experten verbietet! Aber als sie ihn für ein Jazz-Festival einstellt, werden die Träume plötzlich Realität. Bis der letzte heiße Song verklingt - oder länger?


  • Erscheinungstag 18.09.2018
  • Bandnummer 81
  • ISBN / Artikelnummer 9783733753856
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Sherelle Green, Anabeth Bold, Kate Hoffmann, Cheris Hodges

TIFFANY EXTRA HOT & SEXY BAND 81

SHERELLE GREEN

Heiße Nacht auf der Jacht des Millionärs

Joshua traut seinen Augen nicht: Aus der strengen Becca ist plötzlich eine heiße Traumfrau geworden! Statt über ihr Projekt zu reden, lädt er sie lieber auf seine Jacht ein. Der perfekte Ort zum Verführen …

ANABETH BOLD

Atemlos in Manhattan

Seit Michael in einem Club eine süße Blondine geküsst hat, muss er immerzu an sie denken. Er will sie – aber sie ist verschwunden! Wie soll er nur das schönste Mädchen von Manhattan finden?

KATE HOFFMANN

Berührt, gespürt – verführt!

Gut, dass ich sie nie wiedersehen werde, redet sich Logan ein. Eine Nacht lang hat er die aufregende Rancherstochter Sunny geliebt, jetzt fährt er weiter. Er ahnt nichts von seiner blinden Passagierin …

CHERIS HODGES

Jazzsongs für den Playboy

MJ ist die erotischste Frau, die Jamal kennt. Schade, dass sie ihm immer aus dem Weg geht! Aber als er mit ihr ein Jazz-Festival plant, ist Jamal entschlossen, besonders eng mit ihr zusammenzuarbeiten …

1. KAPITEL

„Sie sind mit der Aunt Penny Foundation verbunden. Leider können wir Ihren Anruf im Moment nicht entgegennehmen. Hinterlassen Sie bitte Ihren Namen, Ihre Telefonnummer und den Grund Ihres Anrufes, wir werden uns so schnell wie möglich mit Ihnen in Verbindung setzen.“

Joshua DeLong verzog verärgert das Gesicht, als erneut der Piepton erklang. Wieder mal der Anrufbeantworter. Wieder mal musste er eine Nachricht für Becca Wright hinterlassen. Die junge Frau war für die Öffentlichkeitsarbeit der Aunt Penny Foundation zuständig, und es war frustrierend, dass er ihre Handynummer nicht besaß und gezwungen war, sie über die Stiftung zu erreichen. Er wollte gerade seine Nachricht auf den Anrufbeantworter sprechen, als sein Handy klingelte.

„Zumindest ruft mich heute irgendwer zurück“, murmelte er, bevor er abnahm. Das folgende geschäftliche Telefonat verlief genau so, wie er es sich wünschte: kurz und zu seinen Gunsten.

Josh genoss die leichte Brise, die durch sein dunkelbraunes, gelocktes Haar fuhr. Diesen perfekten Junimorgen verbrachte er an der Küste Miamis auf dem Oberdeck seiner luxuriösen Jacht. Sie war ihm eher ein Zuhause als seine beiden Penthouse-Wohnungen in New York und Los Angeles. Vielleicht zog er sie vor, weil sie ihm die Möglichkeit bot, seiner Routine zu entkommen, wenn ihm danach war. Früher hatte Josh keine Auszeiten von seinem gewohnten Leben gebraucht, aber seit geraumer Zeit fand er nur noch Entspannung, wenn er mit der Jacht hinaus aufs Meer fuhr.

Josh legte das Handy auf den polierten Teaktisch und nahm sein iPad zur Hand. Ein kurzer Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass ihm die Zeit davonlief. Er musste am Nachmittag nach L. A. fliegen und sollte diesen Vormittag produktiv verbringen. Unglücklicherweise spielte Ms. Wright eine wichtige Rolle in seinen Plänen. Er hatte zwar gestern Abend versucht, über einige Kontakte an ihre Handynummer zu kommen, aber bisher leider keinen Erfolg gehabt.

Er scrollte durch die Artikel über die Aunt Penny Foundation und begann, an der Stelle weiterzulesen, an der er gestern aufgehört hatte. Es war ein Interview mit Becca Wright und der Gründerin der Stiftung, Haley Adams. Obwohl beide Frauen beeindruckende Lebensläufe hatten, war ihm besonders Becca ins Auge gefallen. Sie hatte einen Abschluss an einer Eliteuniversität. Besaß jahrelange Erfahrung mit Wohltätigkeitsveranstaltungen und Spendenaktionen. War eine preisgekrönte Violinistin. Darüber hinaus hatte sie viele akademische Auszeichnungen erhalten. All das überraschte ihn nicht sonderlich, er hatte zuvor bereits zwei andere Artikel über Becca gelesen, die ein ähnliches Bild der jungen Pressefrau präsentiert hatten.

Die Kalenderfunktion seines iPads erinnerte ihn daran, seinen Freund Daniel Cobb anzurufen, der ebenso wie er Mitglied beim Prescott George Club war. Josh erinnerte sich noch gut an die Zeit, als er seinen Ruf als Corporate Raider aufgebaut hatte. Als Firmenjäger kaufte er Anteile von börsenorientierten oder auch unterbewerteten Unternehmen, um sie dann zu veräußern. Oft wurden dadurch ganze Unternehmen zerschlagen.

Joshua war rasch sehr erfolgreich geworden und hatte gehofft, dass der Prescott George Gentleman Club – oder der Millionaire Moguls Club, wie diese elitäre Gruppe auch genannt wurde – auf ihn aufmerksam werden würde. Er hatte sich nicht viele Chancen ausgerechnet: Der Prescott George Club nahm nicht jeden in seinen Kreis auf, besonders nicht einen Mann wie ihn, der nicht von altem Geldadel abstammte, sondern sich hochgearbeitet hatte – „neureich“ nannte man es wohl. Als er schließlich doch noch eingeladen worden war, dem Club beizutreten, hatte er keine Sekunde gezögert.

Josh verschob die Kalendererinnerung um eine Stunde und las den Artikel weiter, bis er auf ein Bild von Becca Wright stieß. Sie trug eine weiße Bluse, die bis oben zugeknöpft war, und darüber eine schwarze Kostümjacke, die zwei Nummern zu groß schien.

Josh öffnete einen neuen Tab und googelte Fotos von Becca. Jedes Foto, das erschien, war konservativer als das Vorhergehende. Ein Foto ließ ihn innehalten. Darauf trug Becca einen beigefarbenen Cardigan über einem schlichten weißen Top. Ihr Haar hatte sie zu einem Dutt aufgesteckt, und ihre schwarz geränderte Brille war eine Spur zu groß für ihr ovales Gesicht. Sie trug kaum Make-up, und obwohl sie lächelte, erreichte dieses Lächeln nicht ihre Augen. Habe ich sie vorher schon einmal gesehen? Das Foto kam ihm irgendwie vertraut vor, aber er konnte es nirgendwo einordnen.

Er griff erneut zum Telefon, um die Stiftung noch einmal anzurufen. Wieder nur die Mailbox.

„Hallo, hier spricht Joshua DeLong von Prescott George. Ich hätte immer noch gern mit Ms. Wright gesprochen. Wie Sie wissen, ist die Aunt Penny Foundation als Empfänger der Einnahmen unserer jährlichen Wohltätigkeitsgala in diesem Sommer ausgewählt worden. Wie ich bereits in meinen anderen Nachrichten erklärt habe, muss ich heute Nachmittag die Stadt verlassen und …“ Er hielt inne, als ihm klar wurde, warum ihm Becca so bekannt vorkam. Sie sah genauso aus wie Ms. Perkins, seine Lehrerin aus der Mittelstufe und Schreckgespenst seiner Kindheit. Obwohl seine Nachforschungen ihm verraten hatten, dass Becca erst achtundzwanzig Jahre alt war, ähnelten ihre Kleidung und auch ihre Frisur denen der älteren Lehrerin.

„Wir sollten uns daher noch heute Vormittag treffen“, beendete Josh abrupt seine Nachricht. Er hatte eigentlich vorgehabt, seine Handynummer und ein paar andere Details zu hinterlassen, aber das unangenehme Gefühl, das Beccas Ähnlichkeit mit dieser gefürchteten Lehrerin bei ihm hervorrief, ließ sich nicht einfach ignorieren.

Er war oft mit dieser kalten, rechthaberischen Frau aneinandergeraten, da er immer wieder in Streitereien geraten war. Ms. Perkins war wahrscheinlich die bösartigste Frau, der er je in seinem Leben begegnet war, und das wollte was heißen: Josh hatte in seinem Leben einige sehr unangenehme Leute getroffen.

Ich konnte diese Frau nie ausstehen. Sie hat aus meiner Kindheit die reinste Hölle gemacht. Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken, als er erneut Beccas Foto betrachtete. Er konnte nur hoffen, dass er es nicht mit einem Klon von Ms. Perkins zu tun hatte.

„Zehn, neun, acht, sieben …“ Becca gab sich Mühe, ihre angespannten Nerven zu beruhigen, während sie aus den vielen Akten und Papieren kleine Haufen bildete. „Sechs, fünf, vier, drei, zwei, eins.“

Sie hielt inne und atmete tief durch. Seit dreißig Minuten versuchte sie, der Unordnung auf ihrem Schreibtisch Herr zu werden. Nach zehn Akten gönnte sie sich jeweils eine Verschnaufpause von zehn Sekunden, um nicht durchzudrehen.

Seitdem die Empfangsdame der Aunt Penny Foundation vor einer Woche unerwartet gekündigt hatte, stand Becca unter Stress wie noch nie in ihrem Leben. Normalerweise war sie gut im Multitasking und konnte mehrere Projekte gleichzeitig leiten. Aber die Sekretärin, die ihr eine Zeitarbeitsfirma geschickt hatte, war dabei keine Hilfe. Statt sich der Arbeit zu widmen, für die sie eingestellt worden war, verbrachte die junge Frau den größten Teil ihrer Zeit am Handy mit ihren Freunden oder am Rauchen.

„Stacy!“, rief Becca, nachdem die Zehn-Sekunden-Pause vorbei war. „Wo ist die Akte mit den Studenten, die sich letzten Monat um ein Stipendium beworben haben?“

Nach einigen Minuten schlenderte Stacy um die Ecke. „Was erwarten Sie von mir? Ich habe erst vor ein paar Tagen angefangen, woher soll ich denn wissen, wo sie ist?“

Becca blinzelte. Die jungen Leute von heute. Ich hätte nie so mit meinem Chef gesprochen. „Nun, Ihre einzige Aufgabe gestern war es, eben diese Liste im PC zu ergänzen. Das war ja wohl nicht zu viel verlangt.“

Stacy starrte sie unbeeindruckt an.

„Ach, egal!“, gab Becca auf. „Geben Sie mir die eingegangenen Nachrichten. Ich erwarte einen wichtigen Anruf.“

„Haben Sie kein Handy?“

„Doch“, zischte Becca, „aber die Nummer hat nicht jeder, daher gehört es zu Ihren Aufgaben, ans Telefon zu gehen. Da ich das Telefon nicht ununterbrochen habe klingeln hören, haben Sie ja wohl wenigstens das gemacht.“

„Nein, habe ich nicht.“ Stacy warf mit einer gekonnten Kopfbewegung ihr langes schwarzes Haar über die Schultern. „Ich habe einfach den Anrufbeantworter eingeschaltet. Ich hätte bei dem lauten Klingeln ja kein Wort mehr verstanden bei meinem Telefonat. Ein Jonathan Delaney hat mehrmals angerufen.“

Becca ging im Geist die Liste der Anrufe durch, die sie erwartete. Doch dieser Name sagte ihr nichts.

„Wissen Sie“, fuhr Stacy fort, „Sie sollten auf das Festnetz verzichten und nur noch das Handy benutzen. Niemand hat noch einen Festnetzanschluss. Man schreibt auch keine Briefe mehr, heute wird alles online gemacht.“

Unglaublich. „Ich bin überrascht, dass Sie überhaupt wissen, was ein Festnetz ist.“ Eine so ungehaltene Ausdrucksweise sah Becca nicht ähnlich, aber sie war genervt von der jungen Frau und wollte wissen, wer sie heute zu erreichen versucht hatte. Haley war nicht im Haus, was bedeutete, dass Becca sich heute um alles allein kümmern musste. Die neue Aushilfe war offensichtlich nicht in der Lage, die einfachsten Arbeiten zu erledigen.

Becca seufzte. Sie hätte gern für morgen einen Termin mit dem Repräsentanten vom Prescott George Club gemacht. Sie runzelte die Stirn. Wie war doch gleich sein Name? Sie schnippte mit den Fingern, als es ihr einfiel: Richtig. Joshua DeLong.

„Oh nein“, stieß Becca hervor, als sie aus ihrem Büro hinaus zum Empfang lief. Konnte es sein, dass Stacys „Jonathan Delaney“ in Wahrheit Joshua DeLong war? Sie hoffte, dass sie mit dieser Vermutung falschlag, aber wenn sie an den katastrophalen Verlauf dieser Woche dachte, wäre das durchaus möglich.

Der Schreibtisch im Empfangsbereich war noch chaotischer als ihrer. Nachdem sie Stacys riesige Handtasche heruntergenommen hatte, musste sie haufenweise Akten und Papiere zur Seite schieben, um an die Telefonanlage zu kommen. Sie hörte einige Nachrichten ab, bis sie die tiefe, angenehme Stimme eines Mannes hörte, der sich als Joshua DeLong vorstellte. Er hatte dreimal angerufen. Die letzte Nachricht, die etwas abrupt endete, hatte er vor einer Stunde hinterlassen.

„Stacy!“, rief Becca erneut. Und wieder kam Stacy mit nervtötender Langsamkeit zu ihr herüber. „Erinnern Sie sich nicht daran, dass ich gestern gesagt habe, wie wichtig der Anruf von Joshua DeLong sei? Haben Sie jemals daran gedacht, dass Sie den Namen falsch verstanden haben könnten, als er wiederholt anrief?“

„Oh, das erklärt einiges“, meinte Stacy und nickte. „Bei der letzten Nachricht klang er richtig verärgert.“

„Sie haben seine Nachricht gehört und mir nichts gesagt?“

Statt zu antworten, zuckte Stacy nur mit den Schultern und stolzierte mit der gleichen Ruhe davon, mit der sie gekommen war.

Becca gab die Nummer ein, die Joshua hinterlassen hatte.

„Hallo, hier ist Joshua DeLong.“

„Mr. DeLong. Hier Becca Wright von der Aunt Penny Foundation. Entschuldigen Sie, dass ich nicht früher zurückgerufen habe, aber ich habe eben erst von Ihren Nachrichten erfahren.“

„Kein Problem. Ich habe noch einige Stunden Zeit, bevor ich zum Flughafen muss. Können wir uns jetzt gleich noch treffen?“

„Sicher, nennen Sie mir Zeit und Ort.“ Mr. DeLong heute statt morgen zu treffen, brachte ihren Zeitplan durcheinander, aber sie würde diese Unannehmlichkeit in Kauf nehmen müssen. Die Stiftung brauchte die Unterstützung von Prescott George, also besaß dieses Meeting Priorität.

„Wir treffen uns also im Southern Royal Yacht Club in South Beach?“ Seine Wahl des Treffpunkts überraschte sie. Man musste Mitglied sein, um überhaupt auf das Hafengelände zu gelangen, in dem die Reichen und Schönen ihr Clubhaus und die Liegeplätze für ihre luxuriösen Jachten hatten.

„Ja. Ich werde Sie am Eingang abholen. Und keine Sorge: Ich weiß, der Jachtclub hat einen schlechten Ruf wegen seiner Exklusivität, aber wir sind ganz normale Menschen.“

Wer’s glaubt, wird selig. „Okay, kein Problem. Ich kann in vierzig Minuten dort sein.“ Nachdem sie das Telefongespräch beendet hatte, war sie etwas ruhiger. Mr. DeLong wusste offensichtlich nicht, aus welcher Familie sie stammte. In Interviews erwähnte sie ihren sozialen und finanziellen Hintergrund nie. Sie wusste jedoch, welche Menschen im Southern Royal Yacht Club ein- und ausgingen. „Normal“ war nicht das Wort, mit dem sie sie beschreiben würde.

„Oh, der ist heiß.“

Becca drehte sich zu Stacy um. „Was haben Sie gesagt?“

Stacy berührte den Touchscreen ihres Handys und kam zu Becca herüber. „Haben Sie diesen Joshua DeLong schon mal gesehen? Ich habe ihn gegoogelt, während Sie mit ihm telefoniert haben.“

„Sie können nicht arbeiten, aber mich belauschen, wenn ich telefoniere?“

Stacy antwortete nicht, sondern reichte Becca ihr Handy. Wow! Die tiefblauen Augen waren das Erste, das ihr an diesem Mann auffiel. Sie bildeten einen faszinierenden Kontrast zu seiner karamellfarbenen Haut und den lockigen, dunklen Haaren.

„Heiß, nicht wahr?“, fragte Stacy. Becca starrte noch ein wenig länger auf das Foto, bevor sie Stacy das Handy zurückgab.

„Hören Sie zu, ich habe gleich ein Meeting mit Mr. DeLong, und mein Vertrauen zu Ihnen reicht nicht aus, um Sie allein im Büro zu lassen. Also mache ich für heute zu. Kommen Sie morgen wieder.“

„Ich werde aber für heute bezahlt, oder?“

Becca warf Stacy einen gereizten Blick zu und machte sich im Geiste eine Notiz, nach dem Treffen mit Mr. DeLong direkt die Zeitarbeitsfirma anzurufen.

„Stacy, nehmen Sie einfach Ihre Sachen, damit ich abschließen kann.“ Becca musste für die Unterhaltung mit Mr. DeLong alle ihre Sinne beisammen haben und sollte sich daher nicht länger von Stacy irritieren lassen. Ihr das Foto von Joshua DeLong zu zeigen, war das einzig Gute, was Stacy bisher getan hatte.

Auf der Fahrt zu der Marina rief sich Becca alle Informationen ins Gedächtnis, die sie über Joshua DeLong gesammelt hatte. Er war fünfunddreißig, noch nie verheiratet gewesen und hatte keine Kinder. Er war kürzlich in die Liste der einflussreichsten schwarzen Männer Amerikas aufgenommen worden und hatte sein Vermögen als Corporate Raider gemacht. Er hatte erstaunlich viel geleistet, war aber auch in einem Zeitungsartikel als einer der skrupellosesten Männer Amerikas bezeichnet worden. Was sie über die Firmenjäger wusste, ließ sie dem Artikel in einigen Punkten recht geben. Seine Karriere auf dem Unglück anderer Menschen aufzubauen, war kaum bewundernswert. Besonders da Becca sich den größten Teil ihres Lebens auf der anderen Seite des Spektrums befunden und sich um die gekümmert hatte, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens standen.

Als sie sich dem Jachtclub näherte, sah sie einen hochgewachsenen Mann, der vor dem Gate stand und Basketballshorts und ein weißes T-Shirt trug. Wohl kaum ein passendes Outfit für ein Businessmeeting.

Sie parkte ihren Wagen und ging auf Joshua DeLong zu. Je näher sie ihm kam, umso nervöser wurde sie. Oh, komm schon, Becca, du hast schon oft attraktive Männer getroffen. Sie konnte sein Gesicht nicht zur Gänze erkennen, da er Ray-Bans und eine Baseballkappe trug, doch allein seine Haltung ließ sie aufmerken. Dieser Mann strahlte Kraft und Selbstvertrauen aus. Er mochte lässig angezogen sein, aber seine Aura war alles andere als das.

„Hallo, ich bin Becca Wright“, grüßte sie ihn, als sie nähertrat. „Ich freue mich, Sie persönlich kennenzulernen, Mr. DeLong.“

„Bitte, nennen Sie mich Joshua oder Josh.“ Er reichte ihr die Hand.

„Nur, wenn Sie Becca zu mir sagen.“ Sein Händedruck war warm und fest, und sein Lächeln zeigte ebenmäßige weiße Zähne.

Sie hatte angenommen, dass das Meeting im Clubhaus stattfinden würde, aber Josh führte sie am Gebäude vorbei und über einen Steg auf die Boote zu.

„Wo gehen wir hin?“, fragte sie nach einigen Minuten.

„Auf meine Jacht.“

Sie zog die Augenbrauen hoch. „Auf Ihre Jacht? Sie meinen, Sie haben eine eigene private Jacht?“

Er schaute kurz über die Schulter. „Ja.“

Sie runzelte die Stirn. „Wäre es nicht angebrachter, wenn wir im Clubhaus über das Geschäftliche sprächen?“

„Nein.“ Josh ging weiter, ohne eine Erklärung abzugeben.

„Nein? Einfach so?“

Er nickte und blieb plötzlich stehen. „Wir sind schon da.“ Er wies auf einen Steg, der zu einer beeindruckenden, großen Jacht führte. Es gab nicht viel, das Becca die Sprache verschlagen konnte, aber beim Anblick dieses Schiffes stockte sogar ihr der Atem. Die Jacht war wunderschön und eine der größten im Hafen.

Nachdem sie das erste Deck betreten hatten, bemerkte sie, dass zwei Stapel Unterlagen auf einem schmalen, eleganten Holztisch bereitlagen.

„Bitte, nehmen Sie Platz“, forderte Joshua sie auf und wies auf eine L-förmige graue Couch mit schwarzen und weißen Kissen.

Sie tat, wie geheißen, insgeheim neugierig, ob diese Kissen ebenso weich waren, wie sie aussahen. Sie fühlten sich sogar noch besser an, stellte sie fest, während sie es sich auf der Couch bequem machte. Josh nahm ihr gegenüber Platz, nahm seine Baseballkappe ab und fuhr mit den Fingern durch seine dunklen Locken. Ich frage mich, ob sie so seidig sind, wie sie aussehen.

„Okay, sollen wir gleich zum Geschäftlichen kommen?“ Josh sah einige Papiere durch, bevor er seine Ray-Ban abnahm und sie anschaute. Oh Mann! Er hatte eine Art zu lächeln, die Frauen wahrscheinlich scharenweise dazu animierte, ihre Höschen auszuziehen. Natürlich spürte sie nichts von diesem Effekt, aber sie wusste aus Erfahrung, welche Wirkung dieser Typ Mann auf Frauen hatte.

„Ja, lassen Sie uns beginnen.“ Becca gab sich Mühe, ihre Aufmerksamkeit auf den Stapel Papier vor sich zu lenken, statt auf seine beeindruckenden Augen. Falls sie eine der Frauen wäre, die bei attraktiven Männern schwach wurden, wäre es jetzt um sie geschehen. Glücklicherweise hatte sie bereits viele außergewöhnlich gut aussehende Männer getroffen und wusste, dass deren Schönheit oft nur Fassade war und einen unguten Charakter ohne Skrupel verbarg. Noch konnte sie nicht sagen, ob Joshua DeLong auch zu diesen Männern gehörte.

2. KAPITEL

Josh lächelte, als er sah, wie Becca sich auf die Unterlagen konzentrierte, die er für sie bereitgelegt hatte. Er hatte das Gefühl, dass sie eine jener Frauen war, die sich nicht so schnell von einem Mann beeindrucken ließen. Aber für einen winzigen Moment hatte er Anerkennung in ihren Augen aufflackern sehen.

„Es tut mir leid, wenn Sie Ihre Pläne ändern mussten, um mich heute zu treffen. Wie ich bereits am Telefon sagte, wollte ich Sie noch unbedingt treffen, bevor ich die Stadt verlasse. Ich habe große Pläne für die Wohltätigkeitsveranstaltung, aber ich muss sicher sein, dass diese Ideen auch zur Aunt Penny Foundation passen.“

„Ich nehme an, ich sollte Ihnen die Stiftung ein wenig erklären“, meinte Becca und wandte sich ihm zu. „Es sei denn, Sie wollen mir direkt von Ihren Plänen berichten.“

„Nein, bitte, fahren Sie fort. Ich wüsste wirklich gern mehr über die Stiftung.“

„Nun, wie Sie wissen, bin ich zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit der Aunt Penny Foundation, die von Haley Adams gegründet wurde. Haley und ich sind nicht nur Kolleginnen, sondern auch Freundinnen, die die gleichen Visionen teilen. Und während Tante Penny eine echte Person ist, arbeitet sie weder für die Stiftung noch kümmert sie sich um deren Aktivitäten.“

„Aber sie ist finanziell beteiligt, richtig?“, fragte Josh. „Ich glaube, ich habe in einem Artikel gelesen, dass sie die Hauptsponsorin ist.“ Josh griff zu den Wasserflaschen, die er auf den Tisch gestellt hatte, bevor Becca kam, und bot ihr eine an.

„Danke.“ Sie öffnete die Flasche und trank einen Schluck. „Ja, Tante Penny ist die Hauptsponsorin und der Grund, warum die Stiftung überhaupt existiert. Sie war Haleys Nachbarin, während sie aufwuchs, und obwohl sie keine Blutsverwandte ist, wurde sie für meine Freundin doch zu einer Art Ersatzgroßmutter. Durch Tante Pennys emotionalen Rückhalt und ihre finanzielle Unterstützung war Haley in der Lage, ihren Abschluss an einer Eliteuniversität zu machen.“

„Diese Tante Penny scheint ja etwas ganz Besonderes zu sein.“ Josh hatte nicht das Glück gehabt, seine Großmutter väterlicherseits kennenzulernen, aber er stellte sich vor, dass sie so wie Tante Penny gewesen wäre. Unglücklicherweise konnte er nicht das Gleiche von der Mutter seiner Mom sagen. Wärme und Fürsorge waren für diese Frau Fremdwörter.

„Das ist sie.“ Becca nickte. „Auch in meinem Herzen wird Tante Penny immer einen besonderen Platz haben. Eines Tages kam Haley zu mir und sagte, dass sie sich wünschte, jeder könnte eine Tante Penny haben – und somit war die Stiftung geboren. Unsere gemeinnützige Organisation hilft Studenten, die kein Geld fürs College haben. Wir bieten auch Mentoring an.“

Josh wusste natürlich, worum es bei der Aunt Penny Foundation ging, er hatte gründlich recherchiert. Aber es war viel netter, es direkt von Becca zu hören. „Das ist eine großartige Geschichte. Ich werde sie beim nächsten Prescott-George-Meeting vorbringen. Warum die Stiftung ins Leben gerufen wurde, wird sicherlich auch die Medien interessieren.“

Becca zog die Augenbrauen zusammen. „Natürlich freuen wir uns, wenn Sie beim Meeting von uns erzählen, aber ich bin ein wenig verwirrt. Soweit ich mich erinnern kann, waren die Medien in den vergangenen Jahren nie involviert gewesen.“

„Nun, das stimmt. Aber ich habe gründlich über Ihre Stiftung nachgedacht und darüber, wie viel mehr Spenden wir sammeln könnten, wenn wir Berühmtheiten zur Gala einladen würden. Die Stars würden nicht nur gerne ihr Scheckbuch zücken, sie würden auch mit den Medien über das Event und Ihre Stiftung sprechen.“

„Ich bin ja auch für erhöhtes Spendenaufkommen, aber ich will nicht, dass die Aunt Penny Foundation ein Tummelplatz für Paparazzi wird.“

„Je mehr Paparazzi, umso mehr Spenden.“

„Ich bin überrascht, dass Prescott George diese Richtung einschlagen will.“ Sie schaute Josh prüfend an. Doch Josh blieb gelassen. Er war davon überzeugt, dass es richtig war, die Gala in die Medien zu bringen. Wenn er Becca davon überzeugen konnte, wären seine Argumente bei der Vorstandssitzung noch schlagkräftiger.

„Wenn man ein breiteres Publikum zum Spenden anregen möchte, muss man manchmal Risiken eingehen.“

„Manchmal ist es das Risiko nicht wert.“

„Aber manchmal ist es das.“ Josh setzte sich auf. „Wir haben weniger als zwei Monate Zeit bis zur Gala, wir müssen einige meiner Ideen rasch verwirklichen, wenn wir Berühmtheiten ansprechen wollen.“

Als er Beccas skeptischen Gesichtsausdruck sah, musste er unwillkürlich an Ashton denken. Sowohl Becca als auch Ashton hatten Angst, Chancen zu ergreifen. Ashton Rollins war der derzeitige Präsident von Prescott George und ein gnadenloser Verfechter überholter Traditionen. Er war nie bereit, Risiken einzugehen, von denen die Organisation profitieren könnte.

Becca schob den Stapel Unterlagen zur Seite und sah Josh an. „Sie gehören wohl auch zu den Leuten, die glauben, dass es keine schlechte Werbung gibt?“

„Ganz recht“, antwortete Josh lächelnd. „Solange man ein anständiges Leben führt, hat man auch nichts von den Medien zu befürchten. Von mir erscheinen ständig Fotos und Artikel. Irgendetwas über mich findet man immer in den Zeitungen oder im Internet – ob es der Wahrheit entspricht oder Fake News sind, sei einmal dahingestellt. Aber auch wenn es lediglich Gerüchte sind, die mich verleugnen, so lasse ich mich nicht davon beeinflussen, sondern nutze die Medien zu meinem Vorteil. Diese Publicity stärkt meinen Erfolg.“

Becca schüttelte den Kopf. „Ich kann mir nicht vorstellen, wie es wäre, wenn mein Leben ständig auf dem Präsentierteller läge – vor allem, wenn auch noch falsch über mich berichtet würde. Wenn ich gewollt hätte, dass ich ständig in den Medien erscheine, wäre ich Schauspielerin geworden.“

Josh lachte. „In der heutigen vernetzten Welt muss man bereit sein, sich hinauszuwagen. Was die Gala betrifft, werden natürlich wir bestimmen, was die Medien bringen. Keine Sorge.“

„Ich verstehe, worauf Sie hinauswollen, aber ich bin lieber bekannt für das, was ich geleistet habe. Wenn Stars und Berühmtheiten auf Wohltätigkeitsveranstaltungen auftreten, redet man doch nur noch davon, mit wem sie ausgehen und was sie tragen. Der gute Zweck wird dabei leicht aus den Augen verloren.“

Ein kurzer Blick auf die Uhr zeigte Josh, dass er das Meeting zum Abschluss bringen musste. Leider! Er fand die Unterhaltung mit Becca sehr anregend.

„Becca, ich kann Ihnen versprechen, dass Prescott George nur das Beste für die Aunt Penny Foundation möchte.“ Er lehnte sich etwas vor. „Was Sie und Haley für Studenten aus benachteiligten Familien machen, ist bewundernswert. Ich schätze Ihre Vision und die Geschichte, die hinter Ihrer Stiftung steht. Ich will nur helfen, anderen zu zeigen, was für großartige Arbeit Sie leisten. Sie haben Prescott Georges Unterstützung nicht nur für die Gala, sondern auch für die Zukunft. Wenn Sie mir erlauben, dass ich einige meiner Werbeideen für die Gala umsetze, verspreche ich Ihnen, dass Sie nicht enttäuscht sein werden. Was sagen Sie? Sind Sie einverstanden?“

Für einige Sekunden zweifelte er, ob sie überhaupt gehört hatte, was er gesagt hatte. Sie schaute ihn zwar an, doch im Geist schien sie meilenweit entfernt zu sein. Ihr Schweigen gab ihm jedoch die Chance, sie sich genauer anzusehen. Live sah sie weit besser aus als auf den Fotos.

„Okay“, stimmte sie schließlich zu. „Wenn Sie denken, dass Publicity der Aunt Penny Foundation helfen wird, mehr Spenden einzunehmen, dann bin ich zu einem Versuch bereit. Ich bin sicher, dass Sie bald zum Flughafen fahren müssen, ich werde also die Unterlagen, die Sie mir zusammengestellt haben, durchsehen und dann den Inhalt mit Haley besprechen, bevor ich mich wieder bei Ihnen melde.“

„Das hört sich gut an. Ich werde Ihnen die Unterlagen auch noch per E-Mail zusenden, bevor ich abfliege.“ Josh reichte ihr die Hand.

Becca schaute auf die Hand, ergriff sie aber nicht. „Wenn ich mit einer Ihrer Ideen nicht übereinstimme, werden wir den Plan noch einmal überarbeiten, bevor Sie ihn umsetzen, richtig?“

„Natürlich.“

„Gut. Dann haben wir eine Abmachung.“ Sie schüttelte schließlich seine Hand und für den Bruchteil einer Sekunde nahm er wahr, wie weich ihre war.

Nachdem sie die Jacht verlassen hatten und er sie wieder zum Tor gebracht hatte, sah er ihr lächelnd nach. Du hast mich überrascht, Becca Wright. Er wusste zwar noch nicht, warum, aber Josh hatte das untrügliche Gefühl, seiner nächsten großen Herausforderung begegnet zu sein.

Becca warf einen Blick auf die Uhr an der Wand. Einundzwanzig Uhr. Sie hätte bereits vor Stunden das Büro verlassen sollen, aber sie hatte noch so viele Unterlagen durchzusehen und Daten einzugeben, bevor sie endlich nach Hause gehen konnte.

„Meine geistige Kapazität ist für heute erschöpft“, meinte Haley, die im Eingang zu Beccas Büro stand. „Du solltest dir den Rest deiner To-do-Liste morgen vornehmen.“

Becca fuhr sich mit den Händen übers Gesicht. „Ich wünschte, das könnte ich, aber ich habe vergessen, die Zeitarbeitsfirma wegen Stacy anzurufen, und will noch einiges erledigt haben.“

„Ich dachte mir schon, dass du das sagen würdest.“ Haley ging zum Empfang und kehrte mit zwei Cupcakes und zwei Becher Kaffee zurück.

„Du kannst Gedanken lesen“, stöhnte Becca und akzeptierte dankbar den Cupcake und den Kaffee. „Dafür lege ich gern eine Pause ein.“

Als Haley sich ihr gegenübersetzte, machte Becca ein wenig Platz auf ihrem Schreibtisch. Wie gewöhnlich waren sie beide die Letzten im Büro. Innerhalb eines Jahres war die Aunt Penny Foundation von zwölf engagierten Angestellten auf fünf geschrumpft, Becca, Haley und die Teilzeitkräfte eingeschlossen. Becca konnte verstehen, dass die Empfangssekretärin sie so abrupt verlassen hatte. Es war noch eine Untertreibung zu sagen, dass die Stiftung schon bessere Tage gesehen hatte.

Becca biss in ihren Cupcake. „Oh mein Gott, schmeckt das gut.“

„Ja, köstlich“, stimmte Haley ihr zu. „Ach übrigens, da fällt mir ein, dass die Aushilfe, Stacy, mir Fotos von Joshua DeLong gezeigt hat. Ist er in Wirklichkeit auch so sexy, wie er auf den Bildern im Netz aussieht?“

Becca runzelte die Stirn. „Stacy zeigt offensichtlich Joshs Fotos mit genau dem Enthusiasmus herum, den wir gern bei ihrer Arbeit sehen würden.“

„Ach so ist das, du redest dieses gutaussehende Mitglied des Millionaire Moguls Club also bereits mit Vornamen an.“

Becca lachte bei der Erwähnung des Spitznamens des Gentleman Clubs. „Hast du die Artikel über Josh gelesen?“

„Na klar.“ Haley trank einen Schluck Kaffee. „Stacy hat sie mir bereitwillig vorgelesen.“

„Morgen muss ich wirklich die Zeitarbeitsfirma anrufen“, meinte Becca und schüttelte den Kopf. „In den meisten Artikeln wird er als arroganter, aber sehr cleverer Firmenjäger dargestellt, dem es gelingt, jegliche Zweifel seiner skeptischsten Kunden zu vertreiben. Diese Qualitäten – zusammen mit seinem Charme – machen ihn zu einer Größe, die man nicht unterschätzen darf.“

„Hast du einen anderen Eindruck von ihm gewonnen?“, fragte Haley. „War er weniger beeindruckend, als in den Artikeln behauptet wird?“

Becca dachte über das kurze Meeting mit Josh nach. „Nein, die Artikel stimmen schon.“

Haley zog eine Augenbraue hoch. „Aber? Komm schon, raus mit der Sprache. Was verschweigst du mir?“

Selbst jetzt meinte Becca seinen intensiven Blick zu spüren, als er ihr auf dem Rückweg zu ihrem Wagen hinterherschaute. „Er war genau so, wie man sich Joshua DeLong vorstellen würde: arrogant, clever und charmant. Er hat den größten Teil des Meetings damit verbracht, mich zu überzeugen, dass wir Stars einladen sollten, damit wir mehr Spenden bekommen und die Medien auf uns aufmerksam werden.“

„Das hört sich doch super an“, erwiderte Haley enthusiastisch. „Ich wusste es. Ich hatte von Anfang an ein gutes Gefühl, mit diesen Multimillionären zusammenzuarbeiten.“

„So viel Publicity würde dir wirklich nichts ausmachen? Was ist, wenn die Medien die Aunt Penny Foundation falsch darstellen und den Sinn des Ganzen verfälschen?“

Haley zuckte die Schultern. „Kostenlose Werbung ist doch das Beste, was uns passieren kann. Wir müssen jede Chance ergreifen, wenn wir die Stiftung retten wollen.“

Genau das hatte auch Josh gesagt. „Na gut. Wenn du damit einverstanden bist, werde ich dir auch noch die restlichen Unterlagen von Josh per E-Mail schicken. Ich gebe zu, er hat einige ganz gute Ideen. Ich möchte nur verstehen, was er damit bezwecken möchte.“

„Ich kenne diesen Blick“, sagte stellte Haley fest. „Du vertraust ihm nicht.“

„Ich kenne ihn doch kaum.“

„Genau. Du vertraust ihm also nicht?“

Becca dachte an seine perfekten weißen Zähne, seine Locken und seine beeindruckende Jacht. „Ich bin einfach nur skeptisch. Josh ist ein Überredungskünstler. Am Ende unserer Unterhaltung hatte er mich fast davon überzeugt gehabt, ihm die Zügel zu überlassen.“

Haleys Blick wurde sanfter. „Hör zu, Becca, wir wissen beide, dass die letzten Jahre sehr schwer für die Stiftung waren. Wir bekommen nicht mehr die Unterstützung und die Spenden wie zuvor. Betriebswirtschaftlich gesehen durchleben wir gerade eine Krise, aber wir beide haben nicht studiert und unsere gut bezahlten Jobs aufgegeben, um die Aunt Penny Foundation jetzt untergehen zu sehen.“

„Wir denken uns etwas aus, damit es nicht so weit kommt.“ Becca reichte über den Tisch und ergriff Haleys Hand. „Erinnerst du dich noch, was wir auf dem College immer gesagt haben?“

Haley lächelte. „‚Egal wie der Tag verläuft, am Ende warten immer Kaffee und Schokolade auf dich‘?“

Becca lachte. „Das meinte ich nicht. Ich dachte eher daran, dass wir immer etwas erreichen wollten, mit dem wir das Leben anderer zum Guten verändern könnten.“

„Natürlich erinnere ich mich daran. Auf dem College hatten wir noch Träume und waren bereit, die Welt zu erobern.“

„Und jetzt machen wir genau das. In nur wenigen Jahren konnten wir über einhundert Studenten helfen, Stipendien fürs College und für Universitäten zu bekommen. Wir arbeiten jeden Tag daran, die Welt ein wenig gerechter zu machen, und wir werden noch viele, viele Jahre so weitermachen.“

„Dann versuche, offen gegenüber Joshua DeLong zu sein“, mahnte Haley sanft. „Egal, was du über ihn denkst, behalte das Ziel fest im Auge. Ich weiß, wie skeptisch du Männern wie ihm gegenüber bist, aber du darfst nicht zulassen, dass Vorurteile dein Urteilsvermögen beeinflussen. Wir brauchen diese Unterstützung, Becks.“

Immer wenn Haley ihren Spitznamen benutzte, wusste Becca, wie angespannt und nervös ihre Freundin war. Becca wusste, dass es in ihrer aller Interesse war, dass sie Haleys Rat annahm und sich auf das Gute konzentrierte, das von der Unterstützung von Prescott George kommen würde.

„Mach dir keine Sorgen, Haley. Uns wird die Chance unseres Lebens geboten, und es ist meine volle Absicht, daraus das Beste für unsere Stiftung zu machen.“

Selbst wenn es bedeutet, dass ich mit einem Mann wie Joshua DeLong zusammenarbeiten muss.

3. KAPITEL

„Das wird aber auch Zeit“, stieß Josh hervor, als er sich auf die schwarze Couch im Wohnzimmer seines Penthouse fallen ließ. Er war jetzt seit einigen Tagen in Los Angeles und hatte die ganze Zeit in Meetings gesessen. Gestern Abend hatte er geglaubt, endlich zu einer Übereinkunft mit den Aktionären des Unternehmens, in das er als Letztes investiert hatte, gekommen zu sein, aber dann hatte sich die Debatte noch zäher und langwieriger fortgesetzt.

Das letzte Mal hatte er so hart verhandeln müssen, als er gerade am Anfang seiner Karriere gestanden hatte. Normalerweise konnte Josh Meetings geschickt in die von ihm gewünschte Richtung führen, aber dieses Unternehmen war längst nicht so entgegenkommend, wie er es gehofft hatte. Zeiten wie diese machten seine Arbeit wirklich schwierig.

Da sein Meeting viel länger gedauert hatte als gedacht, hatte er wieder einmal einen Anruf von Daniel Cobb verpasst. Er musste sich endlich einmal darum bemühen, Daniel zu erreichen, um mit ihm unter vier Augen über den jetzigen Zustand von Prescott George zu sprechen. Das konnte nicht mehr länger warten.

In letzter Zeit hatte jeder Gedanke an den Club einen schlechten Beigeschmack. Während die Millionaire Moguls ihr Netz über die Staaten zogen, waren sie immer noch an die strengen Vorgaben und veralteten Strukturen gebunden, die nicht viel Wachstum innerhalb der Organisation zuließen. Es galt immer noch die unausgesprochene Regel, dass ein Mann wie Josh niemals Präsident von Prescott George werden konnte. Ashton Rollins – oder Mr. Langweiliger, wie Josh ihn insgeheim nannte – war ein typisches Beispiel dafür, dass alter Geldadel eine Garantie für hochkarätige Posten war. Machtpositionen im Club wurden seit ewigen Zeiten von Mitgliedern derselben einflussreichen Familien besetzt, die sich weigerten, alte Zöpfe abzuschneiden, und damit den Zeitgeist verpassten. Josh war mehr als bereit, das zu ändern.

Es war kein Geheimnis, dass Josh nicht das typische Prescott-George-Mitglied war. Während die meisten Männer dem strikten Dresscode folgten und sich an die vorgegebenen Regeln bei Meetings hielten, trug Josh, was er wollte, und sagte auch, was er wollte. Sein Vorgehen und Benehmen gab vielen Mitgliedern das Gefühl, dass er nicht richtig dazugehörte. Jedoch hatte Josh bereits mitbekommen, dass es wiederum einige andere Mitglieder gab, die ebenso wie er unzufrieden mit dem Status quo waren. Daniel Cobb eingeschlossen.

Es war an der Zeit, dass frischer Wind wehte, aber obwohl Josh mit den erzkonservativen Werten und Regeln, die die Organisation immer noch bestimmten, nur schlecht zurechtkam, war er doch stolz, ein Mitglied von Prescott George zu sein. Die Millionaire Moguls gaben Stipendien aus und verteilten großzügige Spenden an gemeinnützige soziale Organisationen. Einer Stiftung wie der Aunt Penny Foundation unter die Arme zu greifen, war nur der Zuckerguss auf einem großen Kuchen. Da Josh für die Verteilung der Spenden und für die Öffentlichkeitsarbeit in diesem Bereich zuständig war, konnte er so maßgeblich dazu beitragen, das Leben anderer Menschen zu verändern.

Die Gala könnte der Wendepunkt sein, den Prescott George brauchte, und die Aunt Penny Foundation würde davon profitieren. Josh wusste, dass Becca skeptisch war, aber er hatte keinen Zweifel daran, dass die Beteiligung der Medien eine gute Sache wäre und die Stiftung weiterbringen würde.

Josh gähnte und streckte sich, bevor er sich auf der Couch auf die Seite legte. Er war seit Monaten nicht mehr so unruhig gewesen. Seit seiner Kindheit hatte er Zeiten, in denen er eine starke nervöse Energie verspürte. Seinen Eltern war damals aufgefallen, dass er sich manchmal nicht konzentrieren konnte. Er konnte sich noch an die Arzttermine erinnern, bei denen man versuchte, bei ihm die Diagnose ADHS zu stellen. Es hatte Jahre gedauert, bis seine Eltern und seine Lehrer begriffen, dass er nicht unter ADHS litt, sondern in der Schule nicht genug gefordert wurde, da sein IQ bedeutend höher als der der meisten Schüler war. Als Konsequenz durfte er zwei Klassen überspringen.

Normalerweise würde Josh in solch einem Moment eine Frau anrufen, die er oft kontaktierte, wenn er in L. A. war, und sie fragen, ob sie nicht Lust hätte, ihn zu besuchen, um den Überschuss an Energie loszuwerden. Aber nach der stressigen Nacht, die er gehabt hatte, gab es seltsamerweise nur einen Menschen, den er jetzt gern sehen würde.

Ohne nachzudenken, zog er sein Handy hervor, öffnete Skype und scrollte so lange, bis er Beccas Kontaktdaten fand. Obwohl es in Miami erst vier Uhr morgens war, rief er spontan an und war überrascht, als sie abnahm. So wie es aussah, trug sie normale Bürokleidung.

„Hallo, Becca. Danke, dass Sie meinen Anruf entgegengenommen haben.“

„Hallo, Josh.“ Die Art, wie sie seinen Namen aussprach, war sehr viel freundlicher als der Blick, mit dem sie ihn gerade betrachtete. „Für einen Weckruf sind Sie früh dran. Ist alles in Ordnung? Rufen Sie wegen der Fragen an, die ich zu den Unterlagen habe?“

Verflixt. Josh hatte gesehen, dass vor ungefähr zwölf Stunden eine E-Mail von ihr eingegangen war, hatte aber noch keine Gelegenheit gehabt, sie zu lesen. Normalerweise würde er nie jemanden anrufen, bevor er Antworten parat hatte.

„Es tut mir leid. Ich habe praktisch ein achtundvierzigstündiges Meeting hinter mir. Ich hatte noch keine Zeit, Ihre Mail durchzulesen.“

Becca verschwand kurz aus seinem Sichtfeld. Als sie zurückkehrte, hielt sie sich eine Hand vor den Mund. Offensichtlich kaute sie. „Ich verstehe. Entschuldigen Sie, wenn ich esse. Ich bin erst vor Kurzem aus dem Büro gekommen und habe Hunger. Ich habe noch nicht einmal geschlafen.“

„Wow! Ich wusste nicht, dass Ihre Arbeit Sie bis in die frühen Morgenstunden auf Trab hält.“

Becca runzelte die Stirn. „Scheinbar ist meine Arbeit in Ihrer Welt nicht von Bedeutung, sonst würden Sie nicht zu dieser Schlussfolgerung kommen.“

Autsch. Auch wenn er müde war, sollte er darauf achten, was er sagte. „Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen, Becca. Keine Ahnung, warum ich das gesagt habe. Es lag nicht in meiner Absicht, Sie zu verletzen. Ich wollte eigentlich sagen, dass ich mich für Ihre Arbeit in der Stiftung interessiere und ich gern mehr darüber erfahren würde. Wie ich sehe, sind Sie sehr engagiert.“

„Ich bin sehr engagiert, Mr. DeLong.“ Ihre Lippen wurden schmaler. „Ich bin auch intelligent. Ich weiß also sehr gut, was Sie meinten.“

Josh wollte nicht lachen, aber die Tatsache, dass es ihm gelungen war, sie innerhalb von zwanzig Sekunden zu ärgern, obwohl er genau das Gegenteil beabsichtigt hatte, reizte ihn zu sehr. „Ich muss sagen, dass ich normalerweise länger brauche, um in ein Fettnäpfchen zu treten.“

„Ich bin sicher, dass Sie mit Ihrem Charme fast immer durchkommen. Sie können mich jedoch nicht beleidigen und dann erwarten, dass eine Entschuldigung mich vergessen lässt, was Sie gesagt haben.“

„Nein“, meinte Josh immer noch lachend. „Das kann ich nicht. Schade, dass mein Charme von Ihnen so abprallt.“

Sie hatte die Stirn leicht gerunzelt, und er sah, dass sie immer noch verärgert war, aber irgendwie fand er es süß, wie sie ihre hübsche Nase dabei krauszog.

„Vielleicht habe ich ein wenig überreagiert“, gab sie dann zu.

Josh zog eine Augenbraue hoch. „Nur ein wenig?“

„Es war ein langer Tag. Ich gebe dem Schlafentzug die Schuld daran, wie ich reagiert habe.“

„Keine Sorge, ich sollte nachdenken, bevor ich etwas sage. Aber wie Sie schon sagten, es war ein langer Tag.“

„Apropos langer Tag: Ich wollte eigentlich nur noch schnell etwas essen und dann zu Bett gehen. Gibt es noch etwas, bei dem ich Ihnen helfen kann?“

Josh war normalerweise nie um ein Wort verlegen, aber Becca besaß etwas, das ihn innehalten und über ihre Worte nachdenken ließ. „Essen Sie ruhig, während wir reden. Ich wollte über nichts Besonderes mit Ihnen sprechen.“

Sie wirkte etwas skeptisch, nahm aber einen weiteren Bissen von dem Essen. Ihm fiel auf, wie langsam und bedächtig sie kaute. Ihr dabei zuzusehen war beinahe hypnotisierend.

„Ich meine es ernst. Ich rufe Sie nur an, weil ich nach diesen endlosen Meetings so erschöpft bin und Sie aus irgendeinem Grund der einzige Mensch waren, mit dem ich reden wollte. Aber wenn Sie das Gespräch beenden wollen, ist das natürlich okay für mich. Ich kann verstehen, dass Sie nach so einem langen Tag Ihre Ruhe haben wollen.“

Nur weil er sie über Skype kontaktiert hatte, bekam er mit, wie ihre mandelförmigen Augen sich leicht weiteten und ihr wohlgeformter Mund sich vor Überraschung öffnete.

Für einen Moment sagte niemand etwas. Josh begrüßte das Schweigen und nahm die Chance wahr, Becca zu betrachten. Dabei entging ihm nicht, dass sie ihn ebenfalls musterte. Länger als zehn Sekunden in die Augen einer Frau zu schauen – besonders einer, die er gerade erst kennengelernt hatte – kam bei Josh nicht oft vor. Er wusste, dass solch ein Verhalten Frauen auf falsche Gedanken brachte, sodass sie zu schnell anhänglich wurden. In Beccas hellbraune Augen hätte Josh jedoch die ganze Nacht schauen können.

Obwohl sie müde war, schien ihre goldbraune Haut im gedämpften Licht des Zimmers von innen her zu leuchten. Wahrscheinlich war sie in ihrem Schlafzimmer. Er konnte nur einen Zipfel eines weißen Kissens hinter ihrem Rücken sehen und jetzt, da sie ihre Sitzhaltung geändert hatte, auch eine Ecke eines Nachttisches, auf dem ihr Teller mit dem Essen stand. Eine weitere Bewegung von ihr ließ ihn Kissen und Nachttisch vergessen. Stattdessen wanderte sein Blick auf ihre Bluse, die nicht, wie vermutet, bis obenhin zugeknöpft war, sondern einen ziemlich tiefen Einblick gewährte.

Ein Gentleman schaut einer Dame nicht in den Ausschnitt, ermahnte er sich. Er musste sie zu lange angestarrt haben, denn Becca schaute an sich hinunter und verschränkte unwillkürlich die Arme vor der Brust. Dabei hatte er trotz der zwei offenen Knöpfe nicht einmal den Ansatz von Brüsten sehen können. Als ihre Blicke sich trafen, schüttelte sie den Kopf.

„Was ist?“, fragte er gespielt unschuldig.

„Nichts“, erwiderte sie und nahm noch einen Bissen. Dabei musste er wohl in die Luftröhre gekommen sein, denn sie fing an zu husten.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte er besorgt.

„Ja“, keuchte sie und rang nach Luft. „Manchmal, wenn ich etwas Großes in meinem Mund habe, ersticke ich fast. Ich hätte es langsamer machen sollen.“

Hat sie überhaupt eine Ahnung, wie sexy das gerade geklungen hat? Sein Gesicht musste einen amüsierten Ausdruck angenommen haben, denn sie hustete jetzt noch mehr.

„Das habe ich nicht richtig ausgedrückt.“

„Da bin ich anderer Meinung.“

„Ich wollte damit sagen, dass es manchmal schwierig für mich ist, zu schlucken. Meine Kehle muss sich erst anpassen.“ Kaum waren die Worte heraus, hielt sich Becca rasch den Mund zu. Aber es war zu spät, Josh musste erneut lachen.

„Okay, das hört sich auch nicht besser an.“ Becca suchte nach Worten. „Ich habe totale Probleme mit dem Würgereflex.“

Josh musste noch herzhafter lachen. Er wusste jetzt, warum sie so sorgfältig kaute, aber die Situation war einfach zu köstlich.

„Das war bei Weitem die humorvollste Unterhaltung, die ich seit Langem hatte, Becca.“ Er hatte vor Lachen Tränen in den Augen. „Danke. Das habe ich gebraucht.“

„Ich bin die ganze Woche hier.“ Ihr Lächeln war so gezwungen, dass er erneut einen Lachanfall bekam. Irgendwann stimmte sie mit ein. Josh gefiel der Klang ihres Lachens. Es war nicht hell oder gar schrill, sondern sanft und weich wie Samt.

Sie redeten noch für ein paar Minuten, bevor sie das Telefongespräch beendeten. Josh erhob sich nicht, um ins Schlafzimmer zu gehen, sondern dachte noch einige Zeit an Becca, bevor er auf der Couch einschlief.

4. KAPITEL

„Bitte, sag mir, dass du dem heißesten Mann in ganz Miami nicht erzählt hast, dass du einen Würgereflex hast.“

Becca schaute von ihrem Schreibtisch auf und sah Leanna Timmons an. Leanna war ihre erste Angestellte gewesen und über die Jahre für Haley und Becca unentbehrlich geworden. Leanna besaß seit einiger Zeit einen Friseur- und Kosmetikladen, arbeitete aber immer noch als Teilzeitangestellte für sie. Heute hatte sie pinke und schwarze Strähnen in ihrem blonden Bob, die zu ihrem schwarzen Top und pinkfarbenen Rock passten. Bei jeder anderen Frau hätte diese Kleidung verrückt ausgesehen, aber Leanna wirkte damit wie ein Rockstar.

„So war das nicht.“

Leanna verschränkte die Arme vor der Brust. „Wirklich? Als ich heute Morgen mit Haley sprach, meinte sie, du hast zugegeben, einen Würgereflex zu haben, wenn du etwas Großes in den Mund nimmst.“

Becca seufzte. Sie hatte Haley gebeten, das nicht weiterzuerzählen, aber offensichtlich hatte ihre beste Freundin das beflissentlich überhört. Sie konnte Haley noch nicht einmal deswegen zur Rede stellen, weil sie bei einem Geschäftsessen war.

„Also gut, vielleicht habe ich Josh gegenüber so etwas Ähnliches erwähnt, aber ich hatte meinen Apfel nicht klein genug geschnitten und beim Essen geredet. Du weißt, dass ich mein Essen langsam und in kleinen Portionen zu mir nehmen muss.“

„Hättest du nicht wenigstens ein paar Meetings warten können, bevor du Joshua DeLong etwas von deinem Würgereflex erzählst?“

Becca musste zugeben, dass das Skype-Gespräch mit Josh für sie nicht besonders gut gelaufen war. Doch er schien sich amüsiert zu haben und sein Lachen war ansteckend gewesen. Ich weiß immer noch nicht, warum er mich eigentlich angerufen hat. Er hatte zwar behauptet, dass sie die einzige Person gewesen wäre, mit der er hatte reden wollen – aber, komm schon! Hier ging es um Joshua DeLong. Um den Playboy schlechthin. Warum sollte er ausgerechnet an sie gedacht haben?

Nach dem Meeting auf der Jacht hatte sie noch mehr Informationen über ihn eingeholt. Auf einigen Fotos war er mit Schauspielerinnen, Models und anderen Frauen zu sehen gewesen, die hohe Wangenknochen und eine gertenschlanke, perfekte Figur hatten. Becca war also kaum sein Typ, deswegen tat sie sich schwer, seinen Worten zu glauben.

„Becca.“ Stacy klopfte leicht an die halb geöffnete Tür. „Hier ist jemand, der Sie sehen möchte.“

Die Tatsache, dass Stacy ausnahmsweise einmal angeklopft hatte, war so erstaunlich, dass Becca schlagartig wieder in die Wirklichkeit zurückkehrte.

„Wer ist es?“

„Joshua DeLong.“ Natürlich, wer sonst. Das erklärte, warum Stacy sich auf einmal gut benahm. „Er möchte mit Ihnen zu Mittag essen.“

Leanna stieß einen leisen Schrei aus. „Das ist perfekt! Jetzt kannst du dein Bestes geben, damit er die letzte Unterhaltung vergisst.“

„Ich werde nicht mit ihm essen gehen. Ich habe viel zu viel zu tun.“ Außerdem brauchte sie keine weiteren peinlichen Situationen mehr. Es reichte für eine Woche.

„Du musst gehen“, erklärte Leanna und zog Becca aus dem Sessel. „Wahrscheinlich hat er die Unterlagen überarbeitet und will sie mit dir durchgehen.“

„Sie hat recht“, meinte Stacy. „Er hat was von Papieren gesagt.“

Großartig! Sie kannte Josh erst seit einer Woche und schon brachte er ihr Leben durcheinander.

„Aber ich kann doch nicht so mit ihm essen gehen.“ Becca sah an sich hinunter. Sie trug schwarze Hosen, eine beige Bluse und darüber einen schwarzen Blazer. Definitiv nicht das richtige Outfit für ein Essen mit einem Mann wie Joshua DeLong.

„Du bist eine wunderschöne Frau“, erwiderte Leanna ungerührt. „Wir müssen nur noch letzte Hand anlegen.“ Leanna zog ihr den Blazer aus und öffnete dann die ersten drei Knöpfe ihrer Bluse.

„Das sind zu viele“, protestierte Becca und knöpfte zwei wieder zu.

Leanna runzelte die Stirn. „Können wir nicht einen Kompromiss machen und du lässt wenigstens zwei auf?“

Becca nickte. „Na gut, damit kann ich leben.“

„Gut! Und jetzt zu den Schuhen. Nimm meine. Ich denke, wir haben die gleiche Größe.“ Leanna zog ihre schwarzen High Heels aus.

Becca schaute auf ihre beigen Ballerinas. „Was stimmt nicht mit meinen Schuhen?“

Leanna blinzelte. „Süße, du kannst nicht mit flachen Schuhen zu einem Essen mit einem Mann wie Joshua DeLong gehen.“

Becca zuckte die Schultern. „Wahrscheinlich hast du recht.“ Sie zog die Ballerinas aus und schlüpfte in die High Heels. Sie hatte früher oft solche getragen, erst jetzt wurde ihr klar, wie sehr sie sie vermisst hatte.

Leanna trat zurück und begutachtete ihr Werk. „Perfekt. Jetzt musst du nur noch dein Haar aus diesem Dutt befreien.“

Becca schob Leannas Hände weg. „Das kommt gar nicht infrage. Mein Haar wird in dieser Sommerhitze schrecklich aussehen, und ich habe keines meiner Produkte dabei, die es zähmen könnten.“

„Hallo? Ich bin Besitzerin eines Friseur- und Kosmetiksalons.“ Leanna griff zu der Tasche, die sie neben sich gestellt hatte. „Ich habe immer alles mit.“

„Tut mir leid, Leanna, aber deine Tricks werden ein anderes Mal zum Einsatz kommen müssen. Ich weigere mich, meine Frisur wegen eines Geschäftsessens zu ändern.“

Leanna und Stacy tauschten einen bedeutungsvollen Blick. „Okay, ich nehme an, das reicht für den Moment“, erklärte Leanna dann. „Jetzt geh dort hinaus und mach deine Sache besser als bei eurem letzten Gespräch.“

Becca musste grinsen, doch das Lächeln verging ihr, als sie um die Ecke bog und ihr Blick auf Josh fiel, der in der Nähe des Empfangsschreibtisches stand.

Du schaffst das, dachte sie, während sie auf ihn zuging. Diesmal war er geschäftsmäßiger angezogen. Er trug dunkle Hosen mit einem hellblauen Hemd. Als Josh sie sah, nahm er seine Sonnenbrille ab, und erneut war sie für einen Moment von seinen tiefblauen Augen fasziniert.

„Hallo, Becca“, grüßte er sie. „Es ist schön, dich zu sehen.“

„Hallo, Josh.“ Starr nur nicht zu lange auf seine perfekten Zähne. „Was führt Sie hierher?“

„Ich hatte gehofft, dass wir bei einem Mittagessen die geänderten Unterlagen noch einmal durchgehen können.“

Becca spürte die Blicke von Leanna und Stacy auf sich. „Gute Idee.“

„Großartig. Ich habe vor der Tür geparkt. Ich hoffe, es ist in Ordnung, wenn wir mit meinem Wagen zum Restaurant fahren und ich Sie dann später wieder hier absetze.“

„Das ist in Ordnung.“ Während sie Josh nach draußen folgte, winkte sie noch einmal kurz Leanna und Stacy zu, doch kaum hatte sie den Bürgersteig betreten, blieb sie wie gebannt stehen.

„Ach, du meine Güte!“, stieß sie hervor und ging auf den Wagen zu, der vor dem Büro geparkt war. „Gehört diese atemberaubende Schönheit Ihnen?“

„Ja“, sagte Josh mit einem Lachen. „Das ist eines meiner Autos.“

Eines seiner Autos? Becca hatte ein paar heimliche Vergnügen, und luxuriöse Wagen waren unter den Top Fünf. „Darf ich?“, fragte sie und konnte es gar nicht abwarten, mit den Fingern über den glatten Stahl zu fahren.

„Klar.“ Josh schien ihre Bitte nicht seltsam zu finden, daher strich sie mit der Hand fast ehrfürchtig über den Kotflügel des Wagens.

„Sie mögen luxuriöse Fahrzeuge?“, fragte Josh. „Es ist ein …“

„Ein Bugatti Chiron. Er kann bis über vierhundert km/h schnell werden und ist einer der kraftvollsten Luxuswagen der Welt.“ Becca hatte ihm nicht das Wort abschneiden wollen, aber dieser Bugatti war einfach hinreißend schön. Sie ging um den Wagen herum und bewunderte jedes Detail.

Schließlich schaute sie wieder zu Josh hinüber. Er stand auf dem Fußweg, die Arme vor der Brust verschränkt, und grinste.

„Entschuldigen Sie, aber solche Autos faszinieren mich einfach.“

„Sie müssen sich nicht entschuldigen.“ Er ging zum Wagen und öffnete die Tür für sie. „Wenn ich ein Mann wäre, der zur Eifersucht neigt, hätte ich Sie bereits vor Minuten bei Ihrer Bewunderung unterbrochen. Stattdessen haben Sie mich neugierig gemacht, woher diese Liebe zu Luxusautos kommt.“

Becca lächelte ihm zu und sie stiegen in den Wagen. Während der ersten Minuten der Fahrt sprach keiner von ihnen.

„Sie wollen also, dass ich darum bettele?“

Becca wandte sich Josh zu. „Um was?“

„Zu erfahren, woher Sie so viel über Autos wissen.“

Becca lachte. „Ich habe das Gefühl, dass Sie in Ihrem ganzen Leben noch nicht um etwas betteln mussten.“

Als Josh an einer Ampel halten musste, schaute er zu ihr hinüber. „Etwas sagt mir, dass sie die Art von Frau sind, die mich dazu bringen könnte.“ Sein Blick wurde noch intensiver und war irgendwie anders als zuvor. „Und etwas sagt mir, dass es mir nichts ausmachen würde.“

Flirtet er mit mir? Es kann doch unmöglich sein, dass Joshua DeLong mit mir flirtet. Doch als sie sein Lächeln sah, wusste sie, dass sie sich irrte. Aus welchem Grund auch immer flirtete Josh tatsächlich mit ihr – und sie musste zugeben, dass ihr das gegen jede Vernunft gefiel.

„Mögen Sie die französische Küche?“, fragte Josh, als sie an einem Tisch in einem der besten Restaurants der Stadt Platz nahmen. Selbst am Tag herrschte hier eine intime Atmosphäre.

„Ich liebe sie, aber mir war nicht bewusst, dass wir so exklusiv essen würden.“

Josh schaute sich um. „Dieses Restaurant bietet das beste französische Essen in ganz Miami. Der Küchenchef hat bereits viele Preise gewonnen.“

„Ich habe auch nur Gutes über dieses Lokal gelesen“, meinte Becca, während sie die Speisekarte öffnete.

„Übrigens, was ich Ihnen die ganze Zeit schon sagen wollte“, meinte Josh, während auch er zur Speisekarte griff. „Sie sehen heute besonders gut aus.“

„Danke“, erwiderte sie lächelnd. Er bemerkte, dass ihre schwarz geränderte Brille nicht mehr ganz so groß war wie die, die er auf ihren Fotos im Internet gesehen hatte. Diese Brille gefiel ihm viel besser. Sie passte irgendwie zu ihr.

Er konnte nicht sagen, was heute anders an ihr war, aber sie wirkte gelöster als das letzte Mal. Eigentlich hatte er ihr das sofort sagen wollen, aber ihre Begeisterung über seinen Bugatti hatte ihn das vergessen lassen. Die Freude auf ihrem Gesicht war so mitreißend gewesen, dass er ihr gern den ganzen Tag zugeschaut hätte. Er wollte immer noch wissen, wie viel sie tatsächlich über Autos wusste, aber sie war im Wagen nicht weiter darauf eingegangen, daher würde er dieses Thema nicht weiter anschneiden. Zumindest nicht sofort.

Nachdem sie bestellt hatten, zog er zwei Stapel Papiere hervor und reichte ihr einen davon. „Ich habe Ihre Vorschläge eingefügt.“

Becca nahm den Stapel entgegen und begann, durch die Seiten zu blättern. „Sieht alles gut aus“, bestätigte sie, bis sie ein einzelnes Blatt Papier herausnahm. „Was ist das?“

Josh zog die gleiche Seite aus dem Stapel vor ihm. „Da Sie ja mehr als zweifelnd meiner Idee, die Medien miteinzubeziehen, gegenübergestanden haben, habe ich eine Liste von Berühmtheiten erstellt, die dafür bekannt sind, wohltätige Organisationen zu unterstützen und mit Herzblut für diese Zwecke einzustehen.“

Josh wartete geduldig, bis Becca die Details durchgelesen hatte. Schließlich hob sie den Blick und sah ihn an. „Diese Liste ist ganz schön beeindruckend.“

„Freut mich, dass Sie so denken.“ Josh hatte nicht gewusst, wie sehr er ihre Anerkennung brauchte, bis er sie erhalten hatte. „Ich habe außerdem gute Freunde in der Unterhaltungsbranche und den Medien und dachte, dass es vielleicht helfen würde, wenn sie bereits vor der Gala ein wenig Werbung für Ihre Stiftung machen würden.“

Josh war sich nicht sicher, ob Becca begriff, wie stark sein Wunsch war, der Aunt Penny Foundation zu helfen.

„Wie denken Sie darüber?“, fragte er, da er ihren Gesichtsausdruck nicht deuten konnte. Sie hatte wahrlich ein Pokerface.

„Ich muss zugeben, dass ich bei unserem ersten Treffen nicht sicher war, ob wir die Medien überhaupt einschalten sollten – dass wir in diesem Aspekt dieselben Vorstellungen haben. Aber nachdem ich Ihre überarbeitete Version gelesen habe, bin ich sicher, dass Ihre Ideen gut für die Stiftung sind.“

Josh jubelte innerlich, ließ sich aber nach außen hin nichts anmerken. „Ich bin froh, das zu hören. Die Aunt Penny Foundation wird von Ihrer Entscheidung profitieren.“

Sie legten die Papiere zur Seite, als ihr Essen kam. Das Essen war fantastisch, und Becca schien es genauso zu genießen wie er selbst.

„Sie wollen also wirklich, dass ich bettele?“, fragte er schließlich.

„Reden wir wieder von meiner Liebe zu außergewöhnlichen Autos?“

„Können Sie es mir verdenken? Ich treffe nicht jeden Tag jemanden, der so viel über meinen Wagen weiß wie ich selbst.“

„Das ist ja auch nicht irgendein Auto, sondern ein Bugatti Chiron.“ Becca trank einen Schluck Wasser. „Jeder Liebhaber luxuriöser Wagen sollte die Top Ten innerhalb von fünf Sekunden erkennen.“

„In fünf Sekunden? Wie wäre es mit soliden zwanzig?“

„Nein.“ Becca schüttelte den Kopf. „Würde Ihre Mutter zwanzig Sekunden brauchen, bevor sie Sie als ihr Kind erkennt?“

Josh dachte über diese Frage nach. „Natürlich nicht, aber Mütter haben auch einen besonderen Bezug zu ihren Kindern.“

„Menschen, die luxuriöse Wagen mögen, lieben diese wie ihre Kinder. Und deshalb sollte es nicht zwanzig Sekunden dauern, sie zu erkennen.“

Josh warf einen Blick auf den Parkplatz, auf dem sich teure Luxuswagen aneinanderreihten. Becca schien seine Gedanken zu erraten.

„Falls Sie vorhaben, mich zu bitten, Ihnen Marke und Modell eines der luxuriösen Autos auf dem Parkplatz zu nennen – geben Sie sich bitte keine Mühe“, meinte sie.

„Warum? Haben Sie Angst, dass Sie versagen und Ihre Theorie der Fünf-Sekunden-Regel sich als falsch erweist?“

Becca lehnte sich in den Stuhl zurück. „Ganz im Gegenteil. Der Grund, warum Sie sich keine Mühe machen sollten, ist die Tatsache, dass ich auf dem Weg von Ihrem Wagen zum Restaurant bereits alle Wagen registriert habe.“

Josh schüttelte den Kopf. „Das glaube ich erst, wenn ich es höre.“

Ein spöttisches Lächeln umspielte ihre Lippen. „Ihren Bugatti lasse ich mal beiseite und fange mit dem Mercedes-Benz S-Klasse in der rechten Ecke des Parkplatzes an. Zwei Wagen von ihm entfernt steht ein Mercedes Benz E-Klasse. Dann wären weiter in der Mitte zwei 5er-BMWs – einer silbergrau, der andere weiß. Ein knallgelber Lamborghini Aventador steht neben dem weißen BMW. Ein Lexus ES steht in der linken Ecke zwei Plätze von einem klassischen Jaguar, Baujahr 1966, entfernt. Und dann wäre da noch der rote Ferrari 250 GT California Spider, Baujahr 1958, dessen Besitzer dem Valet-Parkservice bestimmt ein Extratrinkgeld zugesteckt hat, damit sein Wagen in der Nähe zum Eingang stehen kann. So ein Auto sollte nie zu lange unbeaufsichtigt sein – der Besitzer des Jaguars könnte von ihm lernen.“

Josh gab sich große Mühe, keine Miene zu verziehen. Wer um alles in der Welt ist diese Frau?

Er war äußerst selten sprachlos, aber nach Beccas Vortrag brachte er kein Wort heraus. Etwas an ihr forderte ihn heraus. Er hatte schon so lange nach einer Frau gesucht, die ihm die Stirn bieten konnte, dass er oft geglaubt hatte, sie würde nicht existieren. Nun, zumindest hatte er das gedacht, bis Becca Wright aufgetaucht war.

„Wenn Sie mitgezählt haben, wüssten Sie, dass ich fünfundvierzig Sekunden Zeit gehabt hätte, um alle neun Wagen zu identifizieren, aber wir beide wissen, dass der Weg ins Restaurant kürzer war.“ Becca trank einen Schluck Wasser. „Und Sie brauchen mir nicht zu sagen, dass Sie beeindruckt sind, ich kann es in Ihren Augen sehen.“

Ihr Lächeln war so breit und selbstzufrieden, dass er unwillkürlich zurücklächeln musste. Alles, was sie gesagt hatte, war richtig gewesen. Er war tatsächlich beeindruckt. Mehr, als er es seit Langem gewesen war.

Er musste diese Frau so schnell wie möglich wiedersehen. Und er hatte auch schon eine Idee, wie ihm das gelingen könnte.

5. KAPITEL

Das Café war so gut besucht, dass Becca und Haley sich zu dem Tisch, an dem Leanna bereits saß, durchkämpfen mussten.

„Du meinte Güte!“, stieß Becca atemlos hervor, als sie endlich Platz nahmen. „Warum ist hier denn so viel los?“

Leanna lachte. „Nun, zuerst einmal ist es Mittagszeit und zweitens gibt es hier heute kostenlose rot-blaue Sandwiches zu Ehren des Unabhängigkeitstags in dieser Woche.“

„Igitt“, stieß Haley hervor. „Das hört sich ja gruselig an. Ich will nicht wissen, was da drin ist.“

Leanna trank einen Schluck Tee. „Das kannst du selbst herausfinden. Als ich für uns das Übliche bestellt habe, hat der Kellner mich gefragt, ob wir die neuen Sandwiches probieren wollen, und ich habe Ja gesagt.“

„Wenn ihr sie nicht mögt, kann ich sie ja Stacy mitbringen.“

„Statt sie zu feuern, bringst du ihr jetzt Sandwiches mit?“, fragte Leanna. „Habe ich da etwas nicht mitgekriegt? Als ich das letzte Mal im Büro war, war Stacy alles andere als die perfekte Empfangssekretärin.“

Becca zuckte die Schultern. „Sie wächst mir langsam ans Herz. Als ich die Zeitarbeitsfirma angerufen habe, sagte man mir, dass dies der letzte Versuch gewesen wäre, sie zu vermitteln. Am Ende konnte ich nicht anders, als zu sagen, dass wir es noch einmal mit Stacy versuchen würden.“

Sie musste noch ernsthaft mit dem Mädchen über sein Verhalten reden, aber sie hoffte, dass Stacy begriff, was für eine Chance sie erhalten hatte, und ihre Arbeitsmoral ändern würde.

„Okay, genug davon.“ Haley klatschte leicht in die Hände. „Du wolltest uns doch verraten, wozu Josh dich heute Abend eingeladen hat.“

Becca holte ein Blatt Papier aus der Handtasche und reichte es ihnen. „Da ich das Gefühl hatte, dass ihr beide mich deswegen löchern würdet, habe ich die E-Mail mit der Einladung ausgedruckt, die er mir nach unserem Telefonat geschickt hat.“

Leanna nahm ihr das Blatt aus der Hand, und sie und Haley lasen den Text aufmerksam durch. „Ich fasse es nicht. Du gehst zu der Gala-Premiere dieses Films, von dem jeder im Moment spricht? Er kommt erst in zwei Monaten in die Kinos!“

Becca nickte. „Ich freue mich total darauf. Ihr wisst doch, wie sehr ich Actionfilme liebe.“

„Und es ist eine dieser exklusiven Premieren in der North-Bay-Road-Gegend“, rief Haley aus. „Ich muss dich wohl nicht daran erinnern, dass dort nur die Reichen und Berühmten wohnen. Ich kann es nicht glauben, dass du zu solch einem tollen Event gehen wirst und immer noch so gelassen wirkst.“

Oh, sie war nicht gelassen. Ganz im Gegenteil, sie war hypernervös und hatte schon daran gedacht, die Einladung nicht anzunehmen, aber dann hatte sie wieder Joshs Stimme im Ohr. „Ich finde, diese Premiere ist eine großartige Gelegenheit, sich unter einflussreiche Leute zu mischen und etwas über die Aunt Penny Foundation zu erzählen“, hatte er gesagt, als er sie am Wochenende zu der Premiere eingeladen hatte. Diesem Argument hatte sie nichts entgegensetzen können.

„Ich freue mich so für dich“, meinte Leanna. „Was wirst du anziehen?“

„Ich denke, ich ziehe das Kleid an, das ich letztes Jahr beim Bankett für unsere Studienabsolventen getragen habe.“

Haley berührte leicht Beccas Arm. „Das ist nicht dein Ernst, oder? Ein Event wie dieses verlangt geradezu ein besonderes Kleid.“ Haley warf Leanna einen bedeutungsvollen Blick zu. „Ich glaube, wir schließen das Büro heute etwas früher“, sagte sie dann. „Wir müssen shoppen gehen. Leanna und ich werden dir helfen, heute Abend perfekt auszusehen.“

Becca schüttelte den Kopf. „Ich habe keine Lust, so viel Aufstand wegen meines Aussehens zu machen. Das ist kein Date. Es spielt also keine Rolle, wie ich aussehe.“

Haley warf ihr einen ungläubigen Blick zu. „Ach, komm schon, Becca. Willst du mir wirklich weismachen, dass du ihn nicht attraktiv findest?“

„Ich gebe ja zu, dass er äußerst gutaussehend und sexy ist. Ich weiß es. Er weiß es. Genau wie die meisten Bewohner von Miami es wissen. Aber ich werde nicht mit ihm ins Bett gehen, eher fliege ich auf den Mond.“

Haley zog eine Augenbraue hoch. „Niemand hat etwas davon gesagt, mit ihm ins Bett zu gehen. Aber die Tatsache, dass du es erwähnst, bedeutet, dass du zumindest schon daran gedacht hast.“

Natürlich habe ich daran gedacht! Welche Frau würde nicht an Sex denken, wenn sie in die blauen Augen von Joshua DeLong schaut? „Selbst wenn ich daran gedacht hätte, ist das unerheblich.“

„Oh nein, Süße“, bemerkte Leanna. „Das sehe ich ganz anders.“

„Hast du gesehen, wie schön die Frauen sind, mit denen er ausgeht?“, fragte Becca. „Warum sollte er eine Frau wie mich wollen?“

„Becca, du bist mindestens genauso schön wie diese Frauen oder sogar noch schöner. Du geizt nur mit deinen Reizen.“

Becca sah Haley skeptisch an. „Du hörst dich wie meine Mutter an.“

Haley schüttelte den Kopf. „Ich sage nur die Wahrheit. Du könntest hinreißend aussehen, wenn du dir nur ein wenig Mühe geben würdest. Joshua DeLong würde dir zu Füßen liegen, wenn du endlich einmal deine Schönheit zur Geltung bringen würdest.“

Becca schaute auf ihre langweilige weiße Bluse und die ebenso langweilige schwarze Hose hinunter. Es hatte einmal eine Zeit gegeben, in der sie sehr auf ihr Äußeres geachtet hatte, aber irgendwann hatte sie den Fokus auf andere Dinge gerichtet. Und sie war sich nicht sicher, ob sie ausgerechnet heute Abend wieder zu ihrem alten Selbst zurückkehren wollte.

Als ihr Essen kam, ließen ihre Freundinnen sie in Ruhe und redeten über andere Dinge. Erst als sich das Ende ihres Lunches näherte, ergriff Becca noch einmal das Wort.

„Ich denke, das Kleid vom Bankett wird für heute Abend reichen. Ich brauche mich nicht herauszuputzen.“ Während sie den letzten Bissen ihres Salates verspeiste, spürte sie Haleys Blick auf sich.

„Wovor hast du Angst?“, fragte Haley. „Dass Josh dich nicht attraktiv finden könnte?“

„Das ist es nicht.“ Becca schaute von ihrem Teller auf. „Ich nehme an, dass ein Teil von mir Angst hat, dass er genau das tun könnte.“ Und wenn er das tut, wie werde ich dann auf seine Annäherung reagieren?

Das Letzte, was Becca wollte, war, Gefühle für einen Mann wie Josh zu entwickeln. Der Typ Mann, der Frauen abservierte, ohne auch nur eine Sekunde nachzudenken. Er flirtete bereits mit der gewöhnlichen Becca, was würde er erst machen, wenn er auf ein Upgrade von ihr traf? Nein, sie wollte kein Risiko eingehen. Sie hatte bereits mit Männern wie ihm zu tun gehabt, und sie hatte nicht vor, die Erfahrungen der Vergangenheit zu wiederholen.

Als sie Haleys nachdenkliches Lächeln sah, wusste Becca, dass ihre Freundin von Anfang an ihre Ängste richtig eingeschätzt hatte. Haley schaute kurz zu Leanna hinüber und zog Becca dann vom Stuhl hoch. „Keine Ausreden mehr. Wenn Joshua dich heute Abend abholt, wird er nicht wissen, wie ihm geschieht.“

Drei Stunden später stand Haley in einer angesagten Boutique und schüttelte den Kopf. „Nein, das gefällt mir auch nicht.“

Becca runzelte die Stirn, als sie zurück in die Umkleidekabine ging und das letzte Kleid anzog, das sie ausgesucht hatten. Sie hatten bereits einige Läden besucht, und Haley hatte Becca sogar überreden können, sich einige neue Kleidungsstücke für den Alltag und für die Freizeit zuzulegen. Leanna wartete in ihrem Salon auf sie, um Becca den letzten Schliff zu geben.

Nachdem Becca das trägerlose Kleid zurechtgezogen hatte, sah sie sich im Spiegel an. „Oh mein Gott!“, stieß sie hervor. „Das ist wunderschön.“ Das elegante Kleid war mitternachtsblau, figurbetont und endete genau über den Knien. Eine seitliche Schärpe gab dem Kleid ein besonderes Flair. Becca hatte bisher alle Kleider mit silbernen High Heels anprobiert und angenommen, dass so viel Glitzer zu dick aufgetragen wäre, aber zu diesem Kleid wirkten sie plötzlich edel. Da ganze Outfit war … perfekt.

Haley schnappte nach Luft, als Becca aus der Kabine trat. „Wow! Das ist es!“

Becca schaute in den wandhohen Spiegel, der sich neben der Kabine befand. Es war lange her, dass sie so gut ausgesehen hatte. Sie sprach kaum über ihre Familie, weil ihre Beziehung zu ihren Eltern und ihrer älteren Schwester in den letzten fünf Jahren noch angespannter als sonst geworden war. Sie war es leid, zu hören, dass sie eine Enttäuschung für sie war. Und auf dem Weg, ihnen zu zeigen, dass sie ihre eigene Frau stehen konnte, hatte sie sich selbst aus den Augen verloren. Als sie Haley im Spiegel ansah, stiegen ihr Tränen in die Augen.

Haley kam zu ihr herüber und umarmte sie. „Willkommen zurück, meine schöne Herzensbrecherin. Du warst eine Weile fort.“

Becca lachte. „Danke, dass du so viel Geduld mit mir hast.“ Sie hielten sich noch einige Sekunden umarmt, bis Becca wieder in die Kabine ging, um sich umzuziehen.

Nachdem sie das Kleid gekauft hatten, gingen sie in Leannas Salon. Sie wartete bereits auf sie. Becca wurde bereits zu einem der Sessel gebracht, bevor sie auch nur Luft holen konnte.

„Becca, Becca“, sagte Leanna und löste sofort ihren Dutt. „Wie lange träume ich schon davon, in dieses fantastische Haar zu greifen.“

Becca liebte ihre lockigen braunen Haare, aber sie war so beschäftigt, dass sie oft keine Zeit hatte, sie zu stylen. Deshalb hatte sie sich für den Knoten entschieden. Jetzt fiel ihr Haar in üppigen Locken über ihren Rücken.

„Aber bevor ich anfange, möchte ich, dass du Sherry begleitest.“

„Wer ist Sherry?“

„Ich bin Sherry.“

Becca schaute sich um und sah eine große, schlanke Frau mit hellblauen Strähnen hinter sich stehen.

„Und was muss ich tun?“

„Es ist an der Zeit, das Spielfeld vorzubereiten.“ Leanna zog sie aus dem Sessel, umfasste ihre Schultern und schob sie auf Sherry zu.

Leanna schaute hilfesuchend zu Haley, die sich räusperte. „Na ja, schon einmal etwas von Brazilian Waxing gehört?“

Becca schluckte. „Das tut doch schrecklich weh, oder?“

„Halb so schlimm.“

So ganz glaubte sie ihren Freundinnen nicht, aber sie wusste auch, dass es keinen Sinn hatte, noch lange zu diskutieren. So ließ sie sich gehorsam wie ein Lamm zur Schlachtbank führen. Nach der ersten schmerzhaften halben Stunde folgten dann zwei weitere, viel entspanntere, in denen Packungen und Kuren aufgetragen und Augenbrauen gezupft wurden.

Einige Stunden später stand sie fertig angezogen und geschminkt vor dem Spiegel in ihrem Schlafzimmer. Josh würde sie in zwanzig Minuten abholen, und sie war jetzt bereit, ihren Freundinnen das Endresultat zu zeigen. Sie musste zugeben, dass sie nicht nur gut aussah, sondern sich auch so fühlte.

Sie ging zur Küche hinüber und drehte sich einmal für ihre Freundinnen um die eigene Achse. Die beiden klatschten begeistert in die Hände.

„Du siehst fabelhaft aus“, meinte Leanna. „Definitiv bereit für eine Nacht mit den Schönen und Reichen.“

Als Becca Haley anschaute, sah sie, dass ihre Freundin Tränen in den Augen hatte. „Du siehst großartig aus. Du wirst ihn umhauen.“

Becca war so gerührt, dass auch sie sich eine Träne aus dem Augenwinkel tupfen musste. „Danke, dass du mich zurückgebracht hast, Haley.“

„Jederzeit wieder, Liebling. Jederzeit wieder.“

6. KAPITEL

Josh stieg aus dem Wagen, den er für diesen Abend gemietet hatte, und rückte seine dunkelblaue Anzugjacke zurecht. Er war froh, dass er nicht die typische Stretchlimousine ausgewählt hatte. Für eine Autoliebhaberin wie Becca würde so etwas Banales nicht reichen.

Er ging auf den Gebäudekomplex zu, in dem sie wohnte. Sie hatte ihn gebeten, sie fünf Minuten vor seinem Erscheinen anzurufen, und genau das hatte er getan. Er hatte sich kurz gefragt, ob sie ihn nicht in ihrer Wohnung haben wollte, hatte aber keine Fragen stellen wollen.

Auf dem Weg zu ihr hatte er eine einzelne pinkfarbene Rose gekauft. Er hatte schon immer einer Frau eine einzelne Rose schenken wollen, aber die Frauen in seiner Vergangenheit hatten immer Sträuße erwartet. Wenn er dann auch noch die falsche Farbe gewählt hatte, waren die Konsequenzen nicht immer angenehm gewesen.

Hey, Mann, das hier ist kein Date, erinnerte er sich. Seit er Becca eingeladen hatte, war er bemüht, das nicht zu vergessen. Doch er konnte es sich so oft sagen, wie er wollte, er hatte immer noch das Gefühl, zu einem Rendezvous zu gehen. Er hatte sich seit einer halben Ewigkeit nicht mehr so auf ein Treffen mit einer Frau gefreut und fühlte sich so lebendig wie schon lange nicht mehr.

Josh betrat das Gebäude und wollte gerade auf den Sicherheitsmann zugehen, als jemand seinen Namen rief. Es befanden sich nur wenige Leute in der Lobby, und als er sich umschaute, blieb sein Blick an zwei makellosen, braungebrannten Beinen hängen, die auf ihn zukamen.

„Verdammt“, sagte er lauter als beabsichtigt. Normalerweise konnte er seine Reaktionen gut verbergen, aber die atemberaubende Schönheit, die sich ihm jetzt in einem mitternachtsblauen Kleid näherte, ließ ihn alles vergessen.

Es war immer noch Becca, aber die schlichte, stets etwas zu weite Kleidung, die schwarzgeränderte Brille und der strenge Knoten waren verschwunden. Stattdessen trug sie ein elegantes, figurbetontes Kleid und sexy High Heels. Da sie keine Brille trug, nahm er an, dass sie Kontaktlinsen benutzte. Was ihm aber vor allem auffiel, war ihr Haar.

Sie trug es zum ersten Mal offen, und die üppigen dunkelbraunen Locken fielen ihr über die Schultern und den Rücken. Wie gern wäre er jetzt mit den Händen durch diese Haarpracht gefahren, um herauszufinden, ob sie sich genauso seidig anfühlte, wie sie aussah. Becca trug genau die richtige Menge Make-up, nicht zu viel und nicht zu wenig. Und der rote Lippenstift forderte geradezu heraus, sie zu küssen. Josh hatte schon immer ein Faible für roten Lippenstift gehabt. Der Drang, Becca an sich zu ziehen, war beinahe übermächtig.

„Hallo, Josh.“

„Hallo, Becca“, gelang es ihm zu sagen. „Du siehst bezaubernd aus.“

Sie schien einen Augenblick überrascht, dass er sie duzte, hatte sich aber rasch wieder gefangen. „Danke“, erwiderte sie lächelnd. „Du auch.“

Sie schaute auf die Rose in seiner Hand. „Ist die für mich?“

Er reichte sie ihr. „Ja, natürlich, entschuldige. Ich habe sie gesehen und musste an dich denken.“

Sie nahm die Rose und sog tief ihren Duft ein, während sie ihn weiter unvermittelt ansah. „Danke, sie ist wunderschön.“

Ihre Stimme war so sanft und verführerisch, dass er sich unwillkürlich fragte, ob sie auch im Bett so klang. Er blinzelte rasch, um die erotischen Bilder, die vor seinem inneren Auge aufstiegen, zu vertreiben. Das hier ist kein Date. Das hier ist kein Date.

„Können wir gehen?“

„Sicher.“

Sie ging vor ihm zur Tür und bot ihm so einen Ausblick auf ihren knackigen Po. Er folgte ihr und schaute, als sie hinaustraten, gen Himmel. Versucht sie, mich umzubringen? Wie sollte er sich auf den Film konzentrieren können, wenn sie so umwerfend aussah?

Er lockerte den Kragen seines Hemdes und rannte prompt fast in sie hinein, als sie abrupt stehenblieb. „Machst du Witze?“, rief sie aufgeregt. „Es ist Jahre her, seit ich einen weißen Achtsitzer Lincoln Excalibur, Baujahr 1986, gesehen habe.“

Josh lachte. „Verdammt, bist du gut. Ich dachte mir schon, dass du diesen Wagen mehr schätzen würdest als eine normale Limousine.“

„Da hattest du recht.“ Becca ging um die noble Karosse herum. Nachdem sie sich jedes Detail angeschaut hatte, öffnete der Fahrer die Tür, damit sie einsteigen konnten. Daraufhin betrachtete Becca das Interieur der Limousine ebenso gründlich. Josh genügte es vollkommen, ihr einfach dabei zuschauen zu dürfen.

Er betrachtete ihre Beine, als sie sich schließlich neben ihm zurücklehnte, und konnte sich kaum zurückhalten, ihre seidige Haut zu berühren. „Mir ist was aufgefallen.“

Sie sah ihn an. „Ja? Was denn?“

„Du bist erst zufrieden, wenn du dir alle Details angeschaut hast. Man könnte meinen, du hättest eine Checkliste im Kopf, die du im Geist durchgehst.“

Becca lächelte. „Genau so ist es. Ich habe oft Listen im Kopf, die ich dann abhake. Das ist nicht nur mit Autos so, sondern mit allem.“

„Es muss anstrengend sein, mit Checklisten zu leben, statt im Moment.“

„Ach, komm schon“, sagte sie lachend. „Ich bezweifle, dass du heute da wärst, wo du bist, wenn du dir nicht selbst Ziele gesteckt hättest.“

„Das stimmt. Ich setze mir Ziele, aber vor allem größere. Ich bin keiner, der sich gewissenhaft auf kleine Zwischenziele festlegt.“ Als sie eine Augenbraue hochzog, war es an ihm, zu lachen. „Ich verurteile dich nicht, ich frage mich nur, ob deine Checklisten dir noch Spielraum für Spontaneität lassen.“

Ihr Gesicht wurde weicher, und sie schaute kurz aus dem Fenster, bevor sie ihm wieder den Blick auf ihr hübsches Profil bot.

„Mein Leben lässt mir nicht viel Raum für Spontaneität“, gab sie zu. „Aber neuerdings habe ich mich dazu entschieden, einige Dinge zu ändern. Angefangen damit, dass ich deine Einladung heute Abend angenommen habe. Noch vor wenigen Wochen hätte ich sie sofort abgelehnt. Aber jetzt … bin ich einfach zu neugierig, um Nein zu sagen.“

Es war nicht so sehr, was sie sagte, sondern eher, wie sie es sagte, was seine Aufmerksamkeit erregte. Bis jetzt war er es gewesen, der geflirtet hatte, doch wenn sie so redete wie jetzt, wusste er nicht, wie lange er noch die Hände bei sich lassen konnte.

Hat sie eigentlich eine Ahnung, was für eine Wirkung sie auf mich hat?

„Wir sind da“, erklärte der Chauffeur und stieg aus, um ihnen die Tür aufzuhalten. Josh verließ als Erster den Wagen, und in dem Moment, als er ihre Hand ergriff, um ihr beim Aussteigen zu helfen, durchfuhr ein Stromstoß seinen Körper. Ein Gefühl, dass er seit Jahren nicht mehr gehabt hatte.

Becca hatte ihn so in den Bann gezogen, dass erst die Blitzlichter der Fotografen ihn wieder in die Wirklichkeit zurückführten. Als Fotografen sie baten, ein paar Posen einzunehmen, war er überrascht, wie locker Becca dieser Aufforderung nachkam.

„Ist alles in Ordnung?“, flüsterte er ihr zu, als sie kurz darauf zu dem Bereich des Parks hinübergingen, in dem das Event stattfand.

Sie sah ihn an. „Fragst du mich das, weil sie Fotos von uns gemacht haben?“

„Ja. Ich weiß doch, dass du keine Paparazzi magst.“

Sie lächelte und tippte leicht gegen seine Brust. „Komm! Mischen wir uns unters Volk und bringen die Aunt Penny Foundation ins Gespräch.“ Sie nahm sich ein Glas Wein von einem der Tabletts, die von Kellnern herumgereicht wurden, und begann, sich einen Weg durch die Menge zu suchen.

Hier wimmelte es nur so von Schönen und Reichen, doch Becca schien gänzlich unbeeindruckt zu sein. Statt sich in der Menge verloren zu fühlen, ließ sie ihren Charme spielen und plauderte ungezwungen. Josh wurden in diesem Moment zwei Dinge klar. Zum einen, dass Frauen wie Becca selten waren – intelligent, wunderschön und mit genau der richtigen Portion Feuer. Und zum anderen musste er eingestehen, dass er Becca falsch eingeschätzt hatte. Diese Frau war erstaunlich: Immer, wenn er glaubte, sie zu kennen, überraschte sie ihn wieder.

Becca musste zugeben, dass der Abend besser verlief, als sie erwartet hatte. Sie hatte viel Interesse für die Aunt Penny Foundation wecken können, und der Film war wirklich spannend und würde sicher ein Renner werden.

Das Highlight des Abends war jedoch Joshs Reaktion auf sie gewesen. In dem Moment, als er sie in der Lobby erblickt hatte, hatte sie Bewunderung und Verlangen in seinen Augen gesehen. Falls er versucht haben sollte, die Wirkung, die sie auf ihn ausübte, zu verbergen, so war ihm das nicht gut gelungen.

Immer wieder hatte sie ihn dabei erwischt, wie er zu ihr herübergeschaut hatte, wenn er glaubte, sie würde es nicht bemerken. Wie gern hätte sie ihm gesagt, dass er sich keine Mühe zu geben brauchte, weil sie seine Blicke spürte. Ihr Körper meldete ihr immer, wenn Josh sie anschaute. Sie fühlte sich lebendig. Begehrt.

Jetzt, da der Film vorbei war, ging die Party auf einem anderen Teil des Anwesens weiter. Komfortable Sitzmöglichkeiten und Bars waren überall aufgebaut. Das Beste aber war die gläserne Tanzfläche, die sich über dem riesigen Pool befand.

Doch es gab etwas, das einen Schatten auf das unbeschwerte Glück dieses Abends warf. Unglücklicherweise war sie von einem Mann, den sie noch nie gemocht hatte, in ein Gespräch verwickelt worden.

„Ms. Wright, ich muss sagen, ich bin beeindruckt von dem, was Sie und Haley Adams mit der Aunt Penny Foundation machen.“ Ein Kompliment von Richter Chapmen? Ging bereits die Welt unter?

„Danke, Richter Chapmen. Wir sind sehr stolz auf unsere Stiftung.“

„Nun, was bleibt Ihnen auch anderes übrig, nicht wahr?“ Richter Chapmen lachte trocken. „Allerdings frage ich mich, warum Sie studiert haben. Die Arbeit, die Sie machen, könnte von jedem erledigt werden. Dafür braucht man noch nicht einmal einen Uniabschluss.“

Becca verengte die Augen. Da war sie, die Beleidigung, die sie erwartet hatte. Lieber Gott, gib mir die Kraft, das durchzustehen. Becca begann, im Kopf von zwanzig rückwärts zu zählen, um ihren Ärger zu unterdrücken. „Richter Chapmen, ich erwarte nicht, dass jemand wie Sie die Arbeit in der Stiftung versteht. Genauso, wie Ihnen nicht das Recht zusteht, mich und meine Arbeit zu verurteilen.“

„Jemand wie ich? Was soll das heißen?“

Autor

Kate Hoffmann
Seit Kate Hoffmann im Jahr 1979 ihre erste historische Romance von Kathleen Woodiwiss las – und zwar in einer langen Nacht von der ersten bis zur letzten Seite – ist sie diesem Genre verfallen. Am nächsten Morgen ging sie zu ihrer Buchhandlung, kaufte ein Dutzend Liebesromane von verschiedenen Autorinnen und...
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